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Seit dem Erscheinen der ersten Auflage 1994 ist das Lehrbuch „Hämatologie” nicht mehr aus dem Ausbildungsangebot für Medizinisch-Technische Assistenten wegzudenken. Die dritte Auflage integriert nicht nur den neuesten Stand der MTA-Ausbildung, sondern präsentiert sich mit mehr didaktischen Merkmalen und einem übersichtlicheren Layout. Darüber hinaus wurden die folgenden Themen erweitert bzw. eingeführt:
• Hämatologische Cytogenetik
• Hämatologische Molekulargenetik
• Antikörper-Diff erenzierung
• Nachweis von Kälte-Agglutininen
• Säure-Elution
• Interne und externe Qualitätskontrolle in der Blutgruppenserologie.
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Seitenzahl: 359
Veröffentlichungsjahr: 2014
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
Geleitwort
Abkürzungen
I Theoretischer Teil
1 Hämatologie
2 Das Blut als Organ
2.1 Blutmenge
2.2 Blut und Blutzusammensetzung
2.3 Aufgaben der Blutzellen
3 Blutbildung
3.1 Morphologie der Zellen
3.2 Zellteilungen
3.3 Ursprung und Entwicklung der Blutzellen (Ontogenese)
3.4 Blutentwicklung
3.5 Entwicklung der Blutzellen
4 Erythrozytenformen
4.1 Unterschiedliche Gestalt der Erythrozyten
4.2 Unterschiedliche Anfärbbarkeit der Erythrozyten
4.3 Anordnung der Erythrozyten
4.4 Veränderungen im roten Blutbild
5 Anämien
5.1 Definition
5.2 Einteilung der Anämie
5.3 Hämolytische Anämien
5.4 Hämoglobinbildungsstörung
5.5 Anämie durch Einengung des Knochenmarks
5.6 Aplastische Anämie (AA)
6 Polyzythämien
6.1 Polyzythämia vera (PV)
6.2 Polyglobulie
6.3 Veränderung der Thrombozyten
7 Leukozyten
7.1 Leukozytose
7.2 Toxische Veränderungen der neutrophilen Granulozyten
7.3 Leukozytenanomalien
7.4 Leukopenie
7.5 Agranulozytose
8 Lymphatische Reaktionen
8.1 Infektiöse Mononukleose (Pfeiffer’sches Drüsenfieber)
9 Erkrankungen des blutbildenden Systems
9.1 Myeloproliferative Syndrome
9.2 Akute Leukämien
9.3 Myelodysplastisches Syndrom (MDS)
10 Maligne Lymphome
10.1 Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom)
10.2 Non-Hodgkin-Lymphome
10.3 T-Zell-Lymphome
10.4 Kryoglobulinämie
II Praktischer Teil
11 Einleitung
12 Blutentnahme aus dem Kapillarnetz
13 Blutentnahme aus der Vene
14 Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit
15 Hämatokrit
16 Hämoglobin
17 Bestimmung der „Anzahl der Blutzellen“
17.1 Zählkammer-Methode: Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten
17.2 Automatisierte Zellzählung
17.3 Automatische Leukozytendifferenzierung
17.4 Pipetten
18 Erythrozytenzählung
19 Leukozytenzählung
20 Thrombozytenzählung
21 Zählungen mit der Fuchs-Rosenthal-Zählkammer
21.1 Prinzip der Eosinophilenzählung
21.2 Prinzip der Liquorzellzählung
22 Erythrozytometrische Werte
23 Differenzialblutbild
23.1 Ausstrichtechnik
23.2 Färbung nach Pappenheim
23.3 Differenzierung der Blutzellen
24 Isolierung der Lymphozyten
24.1 Immunfluoreszenzuntersuchungen
24.2 HLA-Typisierung
25 Mononukleose-Test
25.1 Objektträger-Agglutinationsteste im Serum
25.2 Schnelltest mit Blut zum Nachweis des Pfeiffer’schen Drüsenfiebers
26 Spezialfärbungen
26.1 Retikulozytenzählung
26.2 Färbung der Heinz’schen Innenkörper
26.3 Eisennachweis
26.4 Fetales Hämoglobin
26.5 Haptoglobin-Bestimmung
26.6 Sichelzellen-Nachweis
26.7 Säure-Serum-Test nach HAM
26.8 Kugelzellen-Nachweis
27 Price-Jones-Kurve
28 Osmotische Resistenz der Erythrozyten
29 Zytochemische Färbungen
29.1 Alkalische Leukozytenphosphatase (ALPA)
29.2 Peroxidase-Reaktion (POX)
29.3 Alpha-Naphthylacetat-Esterase-Reaktion (EST)
29.4 Periodic-Acid-Schiff-Reaktion (PAS)
29.5 Saure-Phosphatase-Reaktion (SP)
30 Immunchemische Methoden
30.1 Radiale Immundiffusion
30.2 Immunelektrophorese
30.3 Immunfixationselektrophorese
31 Knochenmarksuntersuchung
31.1 Indikationen für die Durchführung einer Knochenmarksuntersuchung
31.2 Knochenmarkpunktion
31.3 Modifizierte Pappenheim-Färbung des Knochenmarks
31.4 Zytologische Knochenmarksuntersuchung
31.5 Zellverteilung im Knochenmark
31.6 Menge des Knochenmarks
31.7 Zellen des Knochenmarks
31.8 Myelogramm
32 Flow-Zytometrie
32.1 Prinzip
32.2 Fluoreszenzmessungen
32.3 Signalverarbeitung und Messung
32.4 Anwendung in der klinischen Diagnostik
33 Hämatologische Histologie
34 Zytogenetik
34.1 Chromosomenanalyse
34.2 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)
35 Molekulargenetik
35.1 Southern Blot
35.2 Polymerasekettenreaktion
36 Referenzwerte in der Hämatologie
37 Blutgruppenserologische Untersuchungen
37.1 Untersuchungsziele und Präanalytik
37.2 Bestimmung der AB0-Merkmale in der Gelzentrifugationstechnik
37.3 Durchführung des Antikörpersuchtestes (AKS) in der Gelzentrifugationstechnik
37.4 Durchführung des direkten Coombs-Testes (DCT)
37.5 Durchführung der Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) in der Gelzentrifugationstechnik
38 Gerinnungsphysiologische Untersuchungen
38.1 Physiologie der Hämostase
38.2 Die plasmatische Gerinnung des extrinsischen und intrinsischen Systems
38.3 Das Fibrinolysesystem
38.4 Kongentiale und erworbene hämorrhagische Diathesen (Blutungsbereitschaft)
38.5 Methoden der Diagnostik
38.6 Erste Methoden zur Gewinnung des Fibrinfadens: Recalzifizierungszeit
38.7 Spezielle Global- und Suchtests
38.8 Einzelfaktorenbestimmungen mit Mangelplasmen
38.9 Faktor-V-Leiden – Nachweis mit der APC-Resistenz
38.10 Inhibitoren (Hemmstoffe)
38.11 Immunchemische Verfahren
39 Qualitätssicherung am Arbeitsplatz
Anhang A Diagnostik im hämatologischen Routinelabor
A.1 Technologie im Wandel der Zeit
A.2 Zusätzliche Hämatologieparameter
A.3 Anforderungen an ein modernes Hämatologiesystem
A.4 Von der Analytik zur technischen Validation
A.5 Eine Komplettlösung für die Hämatologie
A.6 Digitale Morphologie
A.7 Messtechnologie der Sysmex XN-Serie
Weiterführende Literatur
Glossar
Stichwortverzeichnis
Beachten Sie bitte auch weitere interessante Titel zu diesem Thema
McLennan, A., Bates, A., Turner, P., White, M.Molekularbiologiefür Biologen, Biochemiker, Pharmazeuten und Mediziner2013ISBN: 978-3-527-33476-6,auch als eBook erhältlich
Fletcher, H., Hickey, I.Genetikfür Biologen, Biochemiker, Pharmazeuten und Mediziner2013ISBN: 978-3-527-33475-9,auch als eBook erhältlich
Schmid, R.D.Taschenatlas der Biotechnologie und Gentechnik3. Auflage2014ISBN: 978-3-527-33514-5,auch als eBook erhältlich
Thiemann, F., Cullen, P.M., Klein, H. (Hrsg.)Molekulare DiagnostikGrundlagen der Molekularbiologie, Genetik und Analytik, 2. Auflage2014ISBN: 978-3-527-33502-2,auch als eBook erhältlich
Guder, W.G., Narayanan, S., Wisser, H., Zawta, B.Diagnostic Samples: From the Patient to the LaboratoryThe Impact of Preanalytical Variables on the Quality of Laboratory Results, 4. Auflage2009ISBN: 978-3-527-32307-4
Autoren
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Anita LäschMutterhaus der BorromäerinnenZentrallaborFeldstraße 1654290 Trier
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Geleitwort
„Die Hämatologie – Theorie und Praxis für medizinische Assistenzberufe“ erscheint hier in der 3. Auflage. Dies allein zeigt, wie wichtig und wie aktuell das hier vermittelte Wissen ist. Erneut besticht das Buch durch klare konzeptuelle Gliederung in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Diese Trennung führt zu einer sehr klaren, praxisrelevanten, tief greifenden und aktuellen Darstellung der Einzelaspekte. Das dabei ausgebreitete Wissen, beginnend bei der Präanalytik bis zu komplexen Labormethoden, deren Durchführungsbestimmungen ebenso wie die umfassende und abgewogene Interpretation der Befunde, besticht in allen Aspekten. Die klinische Einordnung ist vorbildlich, die erhobenen Ergebnisse und pathologischen Konstellationen werden jederzeit in einen patientenrelevanten Zusammenhang gestellt, der die Benutzung dieses Buches weit über den Informationswert hinaus wertvoll macht.
Die Abbildungen sind instruktiv und ergänzen den Textteil hervorragend, die Tabellen lassen eine rasche Übersicht zu und ermöglichen ein schnelles Nachschlagen. Der Text ermöglicht durch seine Klarheit einen raschen Zugriff auf die vielen hier dargebotenen Informationen.
Auch die morphologischen Abbildungen sind von hoher Qualität und illustrieren diese wichtigen Aspekte hilfreich. Besonders hervorzuheben ist, wie das Buch die Balance zwischen der Vielzahl notwendiger Informationen und der Klarheit der Darstellung mit rascher Orientierbarkeit erneut umgesetzt hat. Der aktuellen Auflage kann man nur eine weitreichende Verbreitung wünschen: Wer sich für Hämatologie interessiert oder diese umfassend, didaktisch geschickt und auf aktuellen Niveau nachlesen oder lernen möchte, ist hier bestens beraten.
München, im April 2014
Prof. Dr. med. Dr. phil. Torsten Haferlach
Geleitwort
Die „Theorie und Praxis für medizinische Assistenzberufe“ erscheint nun in der 3. Auflage. Das spricht dafür, dass die Autoren und der Verlag trotz der heutigen Möglichkeiten, sich umfassend durch Internetrecherchen zu informieren, es erneut als sinnvoll erachtet haben, ein deutlich aktualisiertes und konzeptionell überarbeitetes „Printmedium“ heraus zu bringen. Dies ist außerordentlich erfreulich, denn Büchern kommt trotz Internet unverändert eine wichtige Funktion zu, nämlich einen Überblick über ein gesamtes Gebiet – didaktisch gegliedert und aufbereitet – zu geben. Das ist mit der 3. Auflage gelungen. Über 120 selbst aufgenommene mikroskopische Bilder hoher Qualität wurden eingearbeitet und stehen dem Text zugeordnet zur Verfügung, ohne in einen Anhang umblättern zu müssen. WHO- und FAB-Klassifikationen der hämatologischen Neoplasien werden immer differenzierter und wurden ebenso wie zahlreiche Testverfahren aktualisiert, so auch im Bereich der Blutgruppenserologie und Hämostaseologie. Man merkt auch dieser Auflage den Enthusiasmus an, mit dem sich die Autoren – ein begeisterter Hämatologe und eine äußerst erfahrene Hämatologieassistentin – den Themen gewidmet haben. Zusammenfassend liegt mit der 3. Auflage ein breit gefächertes Buch vor, das es einem leicht macht, sich auf aktuellstem Stand im Bereich der klassischen Hämatologie, der hämatologischen Neoplasien sowie der Blutgruppenserologie und Hämostaseologie weiter- und fortzubilden. Die neue Auflage wird nicht nur für Assistenzberufe im Labor interessant sein, sondern auch für die Ärzte, die sich in der Weiterbildung zum Hämatologen oder Laborarzt befinden.
Trier, im April 2014
Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Michael Clemens
Abkürzungen
A
bekannt hohe Aktivität
a
niedrige Aktivität
AB0-System
AB0-Blutgruppensystem
ABL
ABL-Gen auf Chromosom 9
AG
Antigen
AHG
Anti-Human-Globulin-Serum
AK
Antikörper
AIHA
autoimmunhämolytische Anämie
AITP
autoimmunthrombozytopenische Purpura
AILD
Angio-Immunoblastische Lymphadenopathie
AKS
Antikörpersuche
ALL
akute lymphatische Leukämie
ALP
alkalische Leukozytenphosphatase
ALPA
alkalische Leukozytenphosphatase-Aktivität
α
alpha
AML
akute myeloische Leukämie → ANLL
ANA
antinukleäre Antikörper
ANLL
akute nicht lymphatische Leukämie → AML
aPTT
aktivierte Partielle Thromboplastinzeit
ATP
Adenotriphosphorsäure, Adenosintriphosphat
AUL
akute undifferenzierte Leukämie
Baso
Basophil
B-Zellen
von Bursa fabricii abgeleitete lymphozytäre Zellen
BB
Blutbild
BCR
BCR-Gen auf Chromosom 22
β
beta
BF
Bodyfluid-Modus der Sysmex XN-Serie
BFU
erythropoetisch: burst forming unit
BSG
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit
c-
common Ag (flowzytometrischer Lymphozytenmarker)
CB
zentroblastisches Lymphom
CBC
zentroblastisches Lymphom
CC
zentrozytisches Lymphom
CD
[engl.]cluster of differentiation; AK, die ein bestimmtes Differenzierungsantigen erkennen
CEL
chronische Eosinophilen-Leukämie
CFU
erythropoetisch: colony forming unit; koloniebildende Einheit im Kulturmedium
CLL
chronischlymphatische Leukämie
CML
chronisch myeloische Leukämie
CMML
CMMoL; chronisch myelomonozytäre Leukämie
CNL
chronische Neutrophilen-Leukämie
Cu
Kupfer
Cr
Chrom
51
Cr; radioaktives Chrom-Isotop
CSF
colony stimulating factor
CO
2
Kohlendioxid
DCT
direkter Coombs-Test
DD
Differenzialdiagnose
δ
delta
DIC
disseminierte intravasale Koagulopathie/Gerinnung
DIFF
Differenzialblutbild
DNA
Desoxyribonukleinsäure
dl
Deziliter
DPG
Diphosphoglycerat
E
erythrozytär
EBK
Eisenbindungskapazität
EDTA
Ethylene Diamine Tetra-Acetate
EBV
Epstein-Barr-Virus
Eo
eosinophil
epsilon
EP
Erythropoetin
ER
endoplasmatisches Retikulum
Est
Esterase-Reaktion
ET
essenzielle Thrombozythämie
EVB
Erythrozytenverteilungsbreite
FAB
French-American-British group
FACS
Fluorescence Activated Cell Sorter
Fc
kristallisierbares Fragment
Fe
Eisen
FISH
Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung
FITC
Fluorescein-Isothiocyanat
fl
Femtoliter (10
–15
); (f)
FSC
Vorwärtsstreulicht
γ
gamma
GCS-F
granulo-colony stimulating factor, hämatopoetische Growth Factor
GM
granulozyär, monozytär
GEMM
gemischt determiniert: granulozytär, erythrozytär, monozytär, megakaryozytär
GvL
Graft versus Leukemia
G-6-PDH
Glucose-6-phosphatdehydrogenase
G/E
Verhältnis Granulopoese zu Erythropoese
g
Gramm
H
Wasserstoff
h
Stunde
Hb
Hämoglobin
HbA
adultes Hämoglobin vom Typ A
1
und A
2
HbF
fetales Hämoglobin
HbS
Hämoglobin bei Sichelzellanämie
HCl
Salzsäure
H-Ketten
heavy chain; Schwerketten
H
2
O
Wasser
HAES
Hydroxyethylstärke
HES
hypereosinophiles System
HIV
Human Immunodeficieny Virus: Retroviren vom Typ C
Hk
Hämatokrit
HLA
human leucocyte antigen;menschliches Leukozyten-Antigen-System
HP
Helicobacter pylori
HFR
high-fluorescence reticulocytes
HUS
hämolytisch-urämisches Syndrom
HZL
Haarzell-Leukämie
IB
immunoblastisches Lymphom
IBM
IBM-Verfahren beim Lymphozytotoxizitätstest
IC
immunozytom
ICT
indirekter Coombs-Test
ITP
idiopathische thrombozytopenische Purpura
IgA
Immunglobulin A
IgD
Immunglobulin D
IgE
Immunglobulin E
IgG
Immunglobulin G
IgM
Immunglobulin M
IM
Infektiöse Mononukleose
IPF
immature platelet fraction, Plättchenfraktion
IPI
internationaler prognostischer Index
IPSS
international prognostic scoring system
ISLH
International Society for Laboratory Hematology (externes Regel-werk/Expertenwissen)
J
Jod;
–135
J,
–125
J (radioaktive Jod-Isotope)
K
Kalium
K
Kell-Faktor
k
Cellano-Faktor
κ
kappa
KBR
Komplementbindungsreaktion
kDa
Kilodalton
kg
Kilogramm
KM
Knochenmark
l
Liter
λ
lambda
LDH
Lactatdehydrogenase
LE
Lupus erythrematodes
LGL
large granular lymphozyte
LgrX
Lymphogranulomatosis X (angioimmunoblastische Lymphadenopathie)
L-Ketten
light chain; Leichtketten
LFR
low-fluorescence reticulocytes
MDS
myelodysplastisches Syndrom
meg
megakaryozytär
min
Minute
ml
Milliliter
Met-Hb
Methämoglobin
M.
Morbus
MCH
mittleres korpuskuläres Hämoglobin
MCHC
mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration
MCV
mittleres korpuskuläres Volumen
MDS
myelodysplastisches Syndrom
mg
Milligramm
Mg
Magnesium
MFR
medium-fluorescence reticulocytes
MGUS
monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz
MHC
Haupthistokompatibilitätskomplex
MMS
Monozyten-Makrophagen System
MN
mononmorphnukleäre Zellen
MPN
myeloproliferative Neoplasien
μ
mü
μg
Mikrogramm (10
–6
g)
μl
Mikroliter (10
–6
l)
μm
Mikrometer (10
–6
m)
Na
Natrium
NaCl
Natriumchlorid; Kochsalz
NHL
Non-Hodgkin-Lymphom
NIH
Lymphozytotoxizitätstest
NK-Zellen
naturliche Killerzelle
NRBC
nucleated red blood cells, Erythroblasten
n. W.
nach Westergren
O
2
Sauerstoff
OMF
Osteomyelofibrose
OMS
Osteomyelosklerose
PAS
Peridic-Acid-Schiff-Reaktion
PBS
Phosphate Buffered Saline
PC5
Phycoerythrin-CY5
PCP
Primär chronische Polyarthritis
PCR
Polymerase-Kettenreaktion
PE
Phycoerythrin
pg
Pikogramm (10
–12
g)
pH
Wasserstoffionenkonzentration
Ph
1
Philadelphia-Chromosom
Ph
(wird auch als Abkürzung für Phasenring verwendet)
PLF-F
Thrombozyten Zusatzparameter Anteil IPF
PLT
Thrombozyten
PLT-O
Optischer Thrombozytenwert
PMF
primäre Myelofibrose
PMN
polymorphnukleäre Zellen
PNH
paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
POX
Peroxidase-Reaktion
PV
Polyzythämia vera
PZL
Thrombozyten Zusatzparameter
pO
2
Sauerstoff-Partialdruck
pCO
2
Kohlendioxid-Partialdruck
RA
refraktäre Anämie
RAEB
refraktäre Anämie mit Blastenexzess
RARS
refraktäre Anämie mit Ringsideroblasten
RBC
Red blood cells;rote Blutkörperchen
RES
retikuloendotheliales System
RET
Retikulozyten
RET-H
e
Retikulozyten-Hämoglobin-Äquivalent
RFLD
Restriktions-Fragmentlängenpolymorphismen
RNA
Ribonukleinsäure
Rh-Faktor
Rhesusfaktor
Rh-System
Rhesus-System
rpm
rounds per minute
RPI
Retikulozytenproduktionsindex
RT
Raumtemperatur
SFL
Seitwärtsfluoreszenzlicht
SLS
sodium lauryl sulfate
sTfR
löslicher Transferrinrezeptor
SM
systemische Mastozytose
SSC
Seitwärtsstreulicht
TdT
terminale Desoxynukleotidyl-Transferase
Tbc
Tuberkulose
T-Zellen
vom Thymus abgeleitete lymphozytäre Zellen
T4-Zellen
T-Helfer-Zellen
T8-Zellen
T-Suppressor-Zellen, zytotoxische T-Zellen
TEG
Thrombelastogramm
TPO
Thrombopoetin
TPZ
Thromboplastinzeit (Quick-Test)
TTP
thrombotisch-thrombo(zyto)penische Purpura
TZ
Thrombinzeit
V
Gesamtvolumen
v
Testmenge Blut
vWF
Von-Willebrand-Faktor
WBC
white blood cells
WDF
WDF-Kanal differenziert und zählt weiße Blutzellen
WNR
WNR-Kanal unterscheidet NRBC von weißen Blutzellen
X
Geschlechtschromosom für weibliches Geschlecht
Y
Geschlechtschromosom für männliches Geschlecht
ZNS
zentrales Nervensystem
ZPP
Zink-Protoporphyrin
Hämatologie befasst sich mit der Lehre des Blutes und seinen Krankheitsbildern. Die Bezeichnung stammt aus dem Griechischen und steht für:
Der Fachbereich Hämatologie ist in einen Theorie- und einen Praxisteil gegliedert und beinhaltet:
morphologische Untersuchungen,
gerinnungsphysiologische Untersuchungen,
blutgruppenserologische Untersuchungen.
Hämostaseologie, auch ein Begriff aus dem Griechischen, bedeutet Blutungsneigung. Hier werden erste gerinnungsphysiologische Abläufe der Blutgerinnung und der Fibrinolyse beschrieben, insbesondere die Fähigkeit des Blutes, bei Verletzungen zu gerinnen bzw. die Möglichkeit, bei Erkrankungen des Gerinnungssystems Patienten mit Medikamenten einzustellen. Es handelt sich um ein ständiges Fließgleichgewicht zwischen Blutungsneigung und Gerinnung.
Im Bereich der Immunhämatologie führen MTA Bestimmungen der Blutgruppen und der Rhesusantikörper und Blutkomponenten für Bluttransfusionen durch. Für Transplantationen von Organen werden Gewebetypisierungen durchgeführt. Diese Untersuchungen ermöglichen es, Patienten das Leben zu retten bzw. dauerhafte Schäden zu vermeiden.
Hämostaseologie und Immunhämatologie sind zwei eigenständige Themen, denen dieses Buch nur einen kleineren Teil der Ausführungen widmet. Umfassendere Informationen finden Sie in der weiterführenden Literatur und im Internet.
Blut ist ein flüssiges Organ, bestehend aus festen und flüssigen Bestandteilen mit verschiedenen Funktionen wie der Transport von Stoffen im gesamten Körperkreislauf.
Das Blutvolumen eines erwachsenen Menschen liegt bei vier bis sechs Litern, das entspricht etwa 6–8% seines Körpergewichts. Neugeborene haben ca. 300–350ml Blutvolumen. Die Menge des zirkulierenden Blutvolumen lässt sich mit Farbindikatoren oder exakter mit Radioisotopen bestimmen. Hierzu wird 131J oder 125J radioaktiv markiertes Albumin oder 51Cr markierte Erythrozyten injiziert und mittels der Isotopenverdünnungsmethode mit der Formel:
die Konzentration des zirkulierenden Blutvolumens errechnet.
Das Gesamtvolumen beträgt im Mittel bei Männern 62–68ml/kg, bei Frauen ist es etwas niedriger. Ein Blut-Depot-Organ wie z. B. bei den Hunden die Milz, gibt es im menschlichen Körper nicht. Sauerstoffgesättigtes Blut (Abb. 2.1 Aorta/Arterien rot dargestellt) aus der Lunge wird von der linken Herzkammer unter erhöhtem Druck in den großen Blutkreislauf gepumpt, wo Gewebe und Organe den Sauerstoff verbrauchen. Gleichzeitig pumpt die rechte Herzkammer sauerstoffarmes Blut (Abb. 2.1 Venen blau) von den Geweben der Peripherie in den Lungenkreislauf, wo es erneut zur Sauerstoffaufnahme kommt. Die Durchblutung der einzelnen Organe ist dabei sehr unterschiedlich. Etwa 1/4 des Herzminutenvolumens von ca. 5 l/min durchströmt die Niere und die Leber. Darm, Haut, Gehirn, Muskulatur und andere Körpergewebe haben unter Ruhebedingungen in abnehmender Reihenfolge einen geringeren Bedarf (Abb. 2.1).
Im Blut findet der Gasaustausch von Sauerstoff (O2) und Kohlendioxid (CO2) und der Transport von ionisierenden Salzen, Nährstoffen und weiteren biologischen Substanzen wie Enzymen, Hormonen, Vitaminen und Spurenelementen statt (Tab. 2.1). Gleichzeitig erfolgt der Abtransport von Abbauprodukten/Stoffwechselschlacken zur Leber und Niere. Für den konstanten pH-Wert des Blutes von 7,38 bis 7,44 sorgen Karbonat-, Phosphat- und Eiweiß-Puffersysteme. Die dabei überschüssige Wärme kann zur Peripherie hin abgeleitet werden. Die allgemeine Infektabwehr ist Aufgabe der Blutzellen mittels Enzyme. Bei Verletzungen wirken die Gefäße durch Zusammenziehung, die Blutplättchen durch Aggregation und das plasmatische Gerinnungssystem für die Blutstillung.
Abb. 2.1 Blutkreislaufsystem des Menschen (aus: Tortora, G.J., Derrickson, B.H. (2006): Anatomie und Physiologie, Wiley-VCH).
Tab. 2.1 Unterschiedliche Funktionen des Blutes.
Blut wird in spezielle Röhrchen mit ungerinnbar machenden Zusätzen (Antikoagulantien) entnommen und je nach Anforderung bzw. normal ca. 10 min bei 3000 U/min scharf zentrifugiert. Hierbei setzen sich die festen Bestandteile der roten und weißen Zellreihe am Boden des Röhrchen ab und die überstehende gelbliche Flüssigkeit, das sogenannte Blutplasma, wird abpipettiert.
Im Durchschnitt setzt sich das Blut zu 55 Vol% aus dem flüssigen Blutplasma und etwa zu 45 Vol% aus den zellulären roten Blutkörperchen (Erythrozyten), den weißen Bestandteilen (Leukozyten) und den Blutplättchen (Thrombozyten) zusammen.
Die zellulären Bestandteile am gesamten Blutvolumen werden als Hämatokrit (griech.: kritc, Beurteiler) bezeichnet. Als Antikoagulanz wird EDTA verwendet, da dieses nicht das Erythrozytenvolumen verändert. Durch hochtouriges Zentrifugieren setzen sich die Bestandteile mit dem höheren spezifischen Gewicht, die Erythrozyten, am Boden ab und darüber die leichteren Leukozyten und Thrombozyten und als Überstand das Blutplasma.
Röhrcheninhalt:
Blutplasma (Überstand)Leuko- und ThrombozytenErythrozyten (Sediment)
Der Anteil der Erythrozyten am Gesamtblut liegt im Mittel bei 45% (Tab. 2.2), bei Neugeborenen um etwa 10% höher, im Gegensatz dazu im Kleinkindalter um ca. 10% niedrigere Hämatokritwerte.
Der arterielle Hämatokrit ist gering niedriger als der venöse: Durch Flüssigkeitsverlust an das Gewebe bei der Passage des Blutes durch das Kapillarnetz (Tab. 2.3). Der Körperhämatokrit liegt zwischen arteriellem und venösem Hämatokrit und wird durch Multiplizieren mit dem empirisch ermittelten Faktor 0,9 berechnet.
Tab. 2.2 Referenzwerte des Hämatokrits.
HK
SI-Einheit
Männer
40–53%
0,40–0,53 l/l
Frauen
36–48%
0,36–0,48 l/l
Tab. 2.3 Hämatokrit Indikationen (lat. indicare: anzeigen).
Hämatokrit erhöht
Hämatokrit erniedrigt
Exsikkose (Austrocknung)
Hyperhydratation (Überwässerung)
Polyzythämia vera
Anämien
sekundäre Polyglobulie
Neugeborenen
Steigt der Hämatokrit sehr stark an, so ist dies eine große Belastung für das menschliche Herz, da die innere Reibung (Viskosität) stark zunimmt.
Im Vergleich:
Wasser hat eine Viskosität 1mittlere Blutviskosität beim Erwachsenen bei 4,5flüssiges Blutplasma bei 2,2.
Die Viskosität steigt bei Anstieg des Hämatokrits überproportional.
Der flüssige Anteil des Blutes besteht zu 90% aus Wasser, darin sind 6–8% kolloid gelöste Proteine (Eiweißkörper: 4–5% Albumine und 2–3% Globuline) und dissoziierte Salze: Natrium (Na+), Kalium (K+), Calcium (Ca+), Chlorid (Cl–)-Ionen. Puffersysteme wie Kohlensäurekarbonatpuffer und Hydrogenphosphatpuffer und Transport spezifischer und unspezifischer Transportproteine gebundener organischer und anorganischer Substanzen sorgen für die konstante Zusammensetzung (Isostruktur) des Blutplasmas (Fließgleichgewicht) (Tab. 2.4).
Tab. 2.4 Inhalte der Isostruktur.
Isionie
konstante Ionenzusammensetzung
Isotonie
konstanter osmotischer Druck
Isohydrie
konstante H
+
-Konzentration
Der menschliche Körper hat drei große Flüssigkeitsräume:
Der Mensch verbraucht ca. 3 l Wasser am Tag. 70% der Plasmaflüssigkeit wird innerhalb einer Minute mit dem Interstitium ausgetauscht. Nur für Eiweißkörper (Proteine) und Zellen besteht ein nennenswerter Unterschied zwischen Gefäßsystem und Interstitium. Eiweiß und Zellen können die Kapillarmembran nicht passieren. Die Elektrolyte wandern zwischen Gefäßsystem und Interstitium frei. Zwischen diesen Räumen und dem intrazellulärem Raum bestehen deutliche Konzentrationsunterschiede. Die gelösten Eiweißkörper im Plasma werden aufgrund ihrer unterschiedlichen Eigenschaften in Albumine, α1-, α2-, β- und γ-Globuline sowie Fibrinogen unterteilt. Sie können durch ihre unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeit im elektrischen Feld (Elektrophorese) aufgetrennt werden.
Abb. 2.2 Normale Elektrophorese.
Abb. 2.3 Immunelektrophorese.
Tab. 2.5 Albumine und Globuline.
In der Immunelektrophorese/Immunfixation erfolgt die Aufschlüsselung der Eiweißkörper sowohl aufgrund ihrer elektrischen Ladung als auch entsprechend ihrer spezifischen Antigeneigenschaften. Von Bedeutung ist hier der Einzelnachweis der Immunglobuline IgG, IgA, IgM, IgD, IgE sowie eventuell vorkommender abnormer Proteine (Abb. 2.2 und 2.3, Tab. 2.5).
Immunglobuline werden im Zytoplasma der Lymphozyten und Plasmazellen gebildet. Sie sind y-Globuline mit spezifischen Antikörpereigenschaften gegenüber antigenen Fremdstoffen. Ihre Moleküle setzen sich einheitlich aus vier Polypeptidketten zusammen, von denen jeweils zwei paarweise identisch sind. Entsprechend ihres geringen Molekulargewichtes werden die beiden kürzeren λ- oder κ-Ketten als L (engl.: light, leicht)-Ketten bezeichnet und sind über Disulfidbrücken mit den beiden längeren H (engl.: heavy, schwer)-Ketten verbunden. Die Einteilung der Immunglobuline in fünf Klassen erfolgt über die Schwerketten vom Typ γ, α, μ, δ und (Abb. 2.4).
Abb. 2.4 Das Immunglobulinmonomer. Fab: antikörperbildende Fragmente; Fc: kristallisierbares Fragment Disulfidbrücken, welche die einzelnen Polypeptidketten verbinden (modifiziert nach Hoffbrand und Pettit (1986)).
Drei Zellklassen werden unterschieden (Tab. 2.6):
Leukozyten sind vollständige Zellen mit Zellkern und Zellleib, Erythrozyten sind beim Menschen kernlos. Thrombozyten bestehen aus Hyalomer und Granulomer – ohne Kernsubstanz – abgeschnürt aus dem Zytoplasma des Megakaryozyten.
Ein normaler Blutausstrich enthält Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten.
Die Leukozyten werden differenzialdiagnostisch wie folgt unterschieden:
neutrophile Granulozyten (Stab- und Segmentkernige),
eosinophile Granulozyten,
basophile Granulozyten,
Lymphozyten,
Monozyten.
Die Entwicklung der Blutzellen erfolgt im roten Knochenmark. Die Lymphozytenbildung entwickelt sich in der Milz und in den Lymphknoten und vereinzelt in den Lymphfollikeln des Knochenmarks. Die Erythrozyten und Thrombozyten erfüllen ihre Funktion in der Peripherie. Die Zellen werden im retikuloendothelialen System (RES) abgebaut, überwiegend in der Milz, der Leber und dem Knochenmark. Für die Leukozyten ist das Blut nur Transportmittel; ihre spezifische Abwehrfunktion üben sie im Gewebe aus.
Tab. 2.6 Aufgaben der Blutzellen.
Korpuskuläre Bestandteile
Funktion
Erythrozyten
• Transport von O
2
+ CO
2
• Pufferung
Thrombozyten
• Bildung des hämostatischen Pfropfes• Freisetzung von Plättchenfaktor 3• plasmatische Gerinnung
Leukozyten
• Phagozytose (Bakterienabbau)• Migration (Eigenbeweglichkeit oder Wanderung)• Diapedese (Austritt aus der Blutbahn/Gewebe)• Chemotaxis (Ansammlung im Bereich von Entzündungen durch bestimmte freiwerdende Stoffe)
basophile Granulozyten
• Aufnahme und Transport von Histamin und Heparin
Eosinophile
• Phagozytieren AG-AK-Komplexe
Neutrophile
• Mikrophagozytose
Monozyten
• Makrophagozytose
Lymphozyten
• AK-Produktion• Erkennung und Speicherung von antigener Information
Plasmazellen
• humorale Immunabwehr
Der Aufbau der Zellen ist elektronenmikroskopisch erforscht (Abb. 3.1). Sie bestehen aus dem Zellleib (Zytoplasma) und dem Zellkern (Nukleus). Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten) sind keine vollständigen Zellen. Ihnen fehlt der Zellkern und auch weitere wichtige Zytoplasmastrukturen.
Die Zellen sind morphologisch und biologisch im Wechsel mit anderen Zellen in der Lage, die verschiedenen Funktionen wie Energieaustausch, Zellteilungen und Reize zu bewältigen. Beispielsweise bedingt das Fehlen des Kerns bei den Erythrozyten den Verlust der Zellteilung.
Abb. 3.1 Zellaufbau (aus Knoche (1980)).
Das Plasmalemm benötigt zur Aufrechterhaltung seines vierschichtigen Zellhäutchens ständige Energiezufuhr. Lichtmikroskopisch erscheint das Zytoplasma homogen und besteht aus einer Matrix (Grundzytoplasma und Hyalomer).
Das Hyalomer beinhaltet Eiweiß, Wasser, Salze und zytoplasmatische Strukturen. Die Zellorganellen setzen sich aus dem endoplasmatischen Retikulum, den Ribosomen, den Zytosomen, den Lysosomen (elektronenmikroskopisch erkennbar) und aus den Mitochondrien, dem Golgi-Apparat und dem Zentrosom (lichtmikroskopisch mit besonderen Färbungen darstellbar) zusammen.
Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist ein verzweigtes, dreidimensionales Hohlraumsystem, dessen Membran Fermente (Enzyme) für den Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel enthält. Mit Ausnahme der Erythrozyten ist es in allen Zellen zu finden. Man unterscheidet das raue ER von dem glatten ER. Das raue ER entsteht durch die auf der Membran sitzenden Ribosomen. Diese sind der Hauptort der Proteinsynthese. Durch den Gehalt an Ribonukleinsäure (RNA) ist dieses Gebiet sauer und färbt sich mit basischen Farbstoffen basophil (blauliebend) an. Diese blaugefärbte Zone wird auch Ergastoplasma genannt. Das glatte ER hat keine Ribosomen aufsitzen und spielt beim Kohlenhydratstoffwechsel eine bedeutende Rolle.
Die Zytosomen (Microbodies) sind kleine Speicherorganellen mit überwiegend verdauungsfördernden Fermenten, Lipiden, Eisen, Pigmenten und Fremdstoffen.
Lysosomen sind die spezifischen Granula der Granulozyten, die Abbaufermente enthalten und bei Entzündungen aktiviert werden. Sie enthalten Hydrolasen, wie z. B. saure Phophatase.
Zellorganellen wie Mitochondrien, Golgi-Apparat und Zentrosom sind Strukturen mit Aufgaben in den Zellfunktionen.
Mitochondrien besitzen eine Doppelmembran und bilden in ihrer inneren Membran durch Einfaltungen sogenannte Christae (Leisten), in denen intensiver Stoffwechsel stattfindet. Sie weisen einen kleinen Anteil an Desoxyribonukleinsäure (DNA) auf.
Der Golgi-Apparat besteht aus Bläschen mit glatten Doppellamellen und Vakuolen in der Nähe des Zellkerns und spielt eine wichtige Rolle beim Sekretstoffwechsel: Er verpackt Sekrete oder Enzyme zu Lysosomen.
Das Zentrosom (Zytozentrum) besteht aus Zentriol und Zentroplasma. Es bildet bei der Zellteilung die Spindelfasern.
Der Zellkern ist das wichtigste Steuerungszentrum der Zelle. Er hat eine doppelte Membran mit einem perinukleären Spalt, der über die Poren der Außenmembran mit dem endoplasmatischen Retikulum in Verbindung steht. Der Zellkern besteht aus Chromatin (basophile DNA- und RNA-Grundsubstanz > Chromosomen, die Träger der Erbanlagen).
Die Nukleinsäuren DNA und RNA sind Polynukleotide, deren Grundbausteine die Purin- bzw. Pyrimidinbasen, Monosaccharide und Phosphorsäure sind. DNA enthält D-Desoxyribose und die Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin und liegt in den Chromosomen in Form einer superspiralisierten Helix vor. RNA enthält D-Ribose und die Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Uracil.
Das Kernchromatin befindet sich in der Karyolymphe (Karyoplasma), einem eiweißhaltigen Kernsaft.
Die Kernkörperchen (Nukleoli) steuern die Proteinsynthese. Diese wird mithilfe der Boten-RNA (messenger-RNA oder m-RNA) in den Ribosomen des Zytoplasmas ausgelöst.
Weitere Informationen unter http://de.wikipedia.org/wiki/chromosom.
Die Kern-Plasma-Relation ist abhängig von Zellalter, Zelltyp und dem Differenzierungsgrad. Neben der normalen einkernigen Zelle können unter physiologischen und pathologischen Bedingungen Doppel- und Mehrkernigkeiten auftreten.
Zellteilungen dienen dem Organismus zum Aufbau, zur Erhaltung und zur Erneuerung (Abb. 3.2). Die Teilungsvorgänge (Zellkinetik) sind abhängig von der Gewebeart.
Es gibt vier Arten der Zellteilung:
Abb. 3.2 Zellteilung.
Bei der Zellteilung können aus der Mutterzelle unterschiedlich geartete Tochterzellen entstehen:
Homoplastische Teilung: Hier entstehen zwei der Mutterzelle gleichenden Tochterzellen.
Heteroplastische Teilung: Hier entstehen zwei differente Tochterzellen, z. B. bei der Entwicklung der Blutzellen aus den mesenchymalen Stammzellen und späteren weiteren Reifeteilungen.
Hemihomo-hemiheteroplastische Teilung: Hier entstehen eine der Mutterzelle gleichende und eine differente Tochterzelle zur Erhaltung des Zellpotenzials.
Sukzedian-Teilung: Diese Teilung ohne vorherige Chromosomenverdopplung führt zu hypoploiden Zellkernen, z. B. bei der Normoblastenentwicklung.
Die Mitose verläuft in mehreren Phasen (Abb. 3.3). Nach der Verdopplung des paarigen Chromosomensatzes während der DNA-Synthesephase werden die Chromosomen gleichmäßig auf beide Tochterzellen verteilt. Es entstehen zwei erbgleiche Zellen mit gleicher Chromosomenzahl.
Wir unterscheiden bei der Mitose folgende Phasen:
Abb. 3.3 Mitose: Pro-, Meta-, Ana-, Telo- und Rekonstruktionsphase.
Die Meiose (Reife- oder Reduktionsteilung) findet man bei der Reifeteilung der Geschlechtszellen Spermatozyt und Oozyt. Die Teilung selbst verläuft nach der Art der Mitose, nur ohne vorherige Teilung des Chromosomensatzes (der Mensch hat 23 Chromosomenpaare; das Chromosomenpaar 23 sind die Geschlechtschromosomen: XX für weiblich und XY für männlich). Die Tochterzellen erhalten je eine Hälfte eines Chromosomenpaares und haben damit nur die halbe Chromosomenzahl der Mutterzelle. Sie sind haploid und ungleich im Erbgut, z. B. kommt von dem Chromosomenpaar XY das X in die eine und das Y in die andere Tochterzelle. Geschlechtsbestimmend in den Körperzellen ist die Kombination wie folgt:
XX bedeutet weiblich und
XY bedeutet männlich.
Diese Kombination ist dann in allen Körperzellen zu finden. Bei der Meiose kann auch ein krankes und gesundes Genpaar getrennt werden, sodass das Kind krank oder gesund sein kann.
Bei der Amitose schnürt sich der Kern ohne Sichtbarwerden der Chromosomen durch und meistens erfolgt auch keine Zellteilung, sodass Zellen mit mehreren Kernen, z. B. Riesenzellen wie die Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) entstehen. Durch die vergrößerte Kernsubstanz kommt es zu einer größeren funktionellen Leistungsfähigkeit.
Bei der Endomitose oder der inneren indirekten Teilung werden die Chromosomen durch Längsspaltung verdoppelt, wobei die Kernmembran erhalten bleibt. Der entstehende polyploide große Kern kann Kernabschnürungen aufweisen. Ein typisches Bild sind die Megakaryozyten bzw. deren Vorstufen (Blutplättchen bildende Zellen des Knochenmarks). Polyploide Zellkerne kann man fast in allen Geweben und bei bösartigen Geschwülsten finden.
Zelltod: Zellen, die ihre Teilungsfähigkeit verlieren, sterben und führen somit zur Zellnekrose. Erst kommt es zur Kernschrumpfung (Karyopyknose), dann zerreißt der Kern (Karyorrhexis) und zum Schluss löst sich der Kern auf (Karyolyse). Bei einem programmierten Zelltod spricht man auch von der Apoptose oder „Zellselbstmord“.
Das Zytoplasma verliert durch den RNA-Abbau seine Basophilie, und die Auflösung des Zellleibes (die sogenannte Plasmolyse) bedeutet den endgültigen Zelluntergang. Bei der Hämolyse der Erythrozyten kommt es meist ganz plötzlich zur Zelllyse (Zelltod).
Die Blutzellen haben ihren Ursprung in der befruchteten omnipotenten Eizelle (Zygote) und entwickeln sich mit fortschreitender Zellteilung über mehrere Zwischenstufen und Differenzierungsschritte zu pluripotenten, myelogenen (Knochenmark bildenden) Stammzellen. Aus diesen Vorläuferzellen – beim Kind in der fetalen Leber und Milz und beim Erwachsenen vorwiegend im Knochenmark – entstehen die Vorläuferzellen für die Hauptzellreihen der medullären Hämatopoese.
Erythrozytopoese
Granulozytopoese
Monozytopoese
Megakaryozytopoese
Lymphozytopoese.
Die pluripotenten Stammzellen sind nur zu ca. 10% im Zellzyklus aktiv und füllen nach Bedarf in den Pool ein (dynamischer Pool). Die Stammzelle hat zwei Eigenschaften:
die Selbsterneuerung
die Ausdifferenzierung.
Die Differenzierungsmöglichkeiten werden schrittweise eingeschränkt und somit entsteht als nächstes die multipotente Progenitorzelle, die durch weitere Zellteilung und Differenzierung weitere reife Vorläuferzellen bildet. Blasten sind die letzten Vorläufer (Progenitorzellen). Sie sind Mutterzellen, die durch weitere Teilung und Differenzierung bis hin zur einzigen Zellreihe, z. B. der erythrozytären oder granulozytären Zellreihe, determinieren.
Sicher nachweisbar sind die Stamm- und Vorläuferzellen durchflusszytometrisch durch die Immunphänotypisierung (Flow-Zytometrie) anhand der Antigene C-Kit oder CD34, welches sie auf ihrer Oberfläche exprimieren. Alle Zellen besitzen Oberflächenantigen (CD-Antigene; cluster of differentiation, CD). In der panoptischen Färbung nach Pappenheim entsprechen Stamm- und Progenitorzellen kleinen rundkernigen Lymphozyten, wobei hier erst die Blasten wie Myeloblast, Proerythroblast etc. eindeutig zugeordnet werden können.
Durch In-vitro-Kulturtechniken können Zytokine (colony stimulating factor, CSF) aus Progenitorzellen Zellkolonien bilden. Die Zytokine werden von Knochenmarkstromazellen, Mono- und Lymphozyten gebildet und sind hormonähnliche Substanzen. Die Ausnahme bildet das Erythropoetin. Es ist der Wachstumsund Differenzierungsfaktor der roten Zellreihe und wird in der Niere produziert. Die verschiedenen Wachstumsfaktoren werden in Mehrreihen-CSF und linienspezifische CSF unterteilt. Die Mehrreihen-CSF regen die pluripotenten und frühen Progenitorzellen oder mehrere Zellreihen an, z. B. Interleukin 3 und GM-CSF. Die linienspezifischen CSF stimulieren die reifen Vorläuferzellen und sind herangereift für eine Zelllinie wirksam, z. B. G-CSF für granulopoetische Kolonien, Erythropoetin für die Erythropoese oder Thrombopoetin für die Megakaryozytopoese. Neben den hämatopoetischen Wachstumsfaktoren gehören auch die Interleukine, Interferone und die Tumor-Nekrose-Faktoren zu den Zytokinen.
Abb. 3.4 Differenzierung und Reifung der Myelopoese (verändert nach Boll und Heller (1991)).
Zytokine reifer Blutzellen hemmen die Produktion der Wachstumsfaktoren.
In Kulturmedien entstehen durch Proliferation und Differenzierung der Vorläuferzellen kleine Zellanhäufungen (Kolonie bildende Einheiten bzw. colony forming units, CFU). Die am frühesten nachweisbare multipotente Vorläuferzelle kann zur Granulo-, Erythro-, Mono- und Megakaryozytopoese differenzieren und wird als CFU-GEMM bezeichnet. Die Progenitorzellen einer Zelllinie können sich nur noch unipotent differenzieren. Entsprechend der Zelllinien bei der Differenzierung kommt es zu folgenden Differenzierungszellreihen (Abb. 3.4):
CFU (colony forming unit bzw. Kolonie bildende Einheit im Kulturmedium),
GEMM (gemischt determiniert; granulozytär, erythrozytär, monozytär und megakaryozytär),
BFU (erythropoetische Progenitorzelle vor erythroid burst forming unit, CFU-E),
CFU-E (erythrozytär),
CFU-Meg (megakaryozytär),
CFU-GM (granulo- und monozytär),
CFU-EO (eosinophil).
In der Embryonalzeit entstehen aus dem Mesenchym (mittleres Keimblatt) Bindegewebe, Knochen, Muskulatur und weniger differenzierbare lockere Zellen des retikuloendothelialen Systems (RES). Hierzu gehören die hämozytoplastischen Zellen (Blutbildungszellen).
In der embryonalen Blutbildung unterscheidet man (Abb. 3.5):
Abb. 3.5 Schema der embryonalen Blutbildung nach Rohr: (1) mesodermale Phase; (2) hepatische Phase; (3) lienale Phase; (4) medulläre Phase.
Alle Knochen enthalten zur Zeit der Geburt rotes, blutbildendes Mark, wovon ein Teil langsam zu gelbem Fettmark umgewandelt wird. Bei Schulkindern ist etwa eine Hälfte rotes, die andere Hälfte gelbes Mark und beim Erwachsenen ist das blutbildende Knochenmark nur noch in den kurzen Plattenknochen (Wirbeln, Schädel, Sternum, Becken und den proximalen Enden des Röhrenknochens) zu finden (Abb. 3.6). Im Krankheitsfall kann innerhalb von 48 Stunden Fettmark wieder in rotes Knochenmark umgewandelt werden. Auch Leber und Milz können ihre fetalen blutbildenden Funktionen wieder aufnehmen (extramedulläre Hämatopoese).
Im Knochenmark entstehen aus einer gemeinsamen hämatopoetischen Stammzelle hauptsächlich die Zellen der Erythro- und Granulozytopoese im Verhältnis 1 : 3. Die Anzahl der Monozyten und Thrombozyten spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Lymphozytopoese entwickelt sich in den Lymphknoten und in der Milz, aber auch in den Lymphfollikeln des Knochenmarks.
Abb. 3.6 Verteilung des hämatopoetischen Knochenmarks (dunkel schraffiert) beim Kind und beim Erwachsenen (Heimpel, Hoelzer und Lohrmann (1988)).
Die Entwicklung der Erythrozyten findet im roten Knochenmark statt (Abb. 3.7). Alle Zellen der Erythrozytopoese sind kernhaltige Erythroblasten. Sie liegen im Zellhaufen (Erythroblastenklon bzw. Erythron), da sie unbeweglich sind.
Die erste differenzierbare Zelle der Erythrozytopoese ist der basophile Proerythroblast mit den typischen Merkmalen einer unreifen Zelle: großer Kern mit gleichmäßig netziger bzw. körniger Struktur und etwa zwei bis drei Nukleolen, schmaler tiefbasophiler Zytoplasmasaum. Durch homoheteroplastische Teilung (Sukzedianteilung) entstehen aus zwei Zellen, von denen die eine wieder zum Proerythroblasten und die andere sich zum Erythroblasten (Makroblast) differenziert. Morphologisch handelt es sich um eine etwas kleinere Zelle mit dichterem Kernchromatin und meist ohne Nukleolen. Eine Mitosephase dauert etwa ein bis zwei Stunden, eine vollständige Zellteilung etwa 24 Stunden. Vom Proerythroblasten zum Erythrozyten beträgt die Ausreifung etwa fünf Tage. Ab dem basophilen Normoblasten (basophilen Erythroblasten) führt die Hämoglobineinlagerung bis zum reifen Erythrozyten zu oxiphilem Zytoplasma, die Basophilie der RNA-haltigen Ergastoplasmastruktur verliert sich. Die nächsten Reifungsstufen, jeweils durch Mitose-Sukzedianteilung entstanden, sind die Normoblasten (Erythroblasten).
Abb. 3.7 Erythrozyten und ihre Entstehung (verändert aus Soost (1976)).
Basophile Normoblasten (basophile Erythroblasten) mit blauem Zytoplasma,
polychromatische Normoblasten (polychromatische Erythroblasten) mit blaurotem Zytoplasma,
oxiphile Normoblasten (oxiphile Erythroblasten) mit rötlichem Zytoplasma.
Der Zellkern wird in diesen Reifungsstufen zunehmend dichter und kleiner. Schließlich wird noch innerhalb des Knochenmarks der Zellkern aus der Zelle ausgestoßen, wodurch das Retikulozytenstadium erreicht wird. Diese Zellen enthalten noch ribosomale RNA, die als Substantia granulofilamentosa sichtbar ist. Etwa drei Tage noch verbleibt die jugendliche kernlose Zelle (Retikulozyt) im Knochenmark. Durch eigene Beweglichkeit ist der Retikulozyt in der Lage, durch die Spalten der Sinuswände durchzuschlüpfen und kommt dabei in den Blutstrom. Einen weiteren Tag zirkuliert der Retikulozyt im peripheren Blut, bevor er – haupt-sächlich in der Milz – durch den Verlust von RNA zum kernlosen, bikonkaven Erythrozyten heranreift. Die Regenerationsfähigkeit der Erythrozyten kann mit der Retikulozytenzählung erfasst werden. Aus einem Proerythroblasten entstehen normalerweise 16 reife Erythrozyten. Reife Erythrozyten haben eine Lebenserwartung von 100–120 Tagen.
Abb. 3.8 Erythrozyten-Querschnitt.
Bei der extramedullären Erythrozytopoese erscheinen kernhaltige Erythrozytenvorstufen (Erythroblasten) im Blut. Auch bei einigen Knochenmarkserkrankungen tritt dieser Befund auf. Im peripheren Blutausstrich sind normalerweise keine Erythroblasten vorhanden.
Die Produktion der Erythrozytopoese wird durch das Hormon Erythropoetin reguliert. Erythropoetin wird in der Niere gebildet und durch die Sauerstoffsättigung im Nierengewebe reguliert. Es dient als Wachstums- und Differenzierungsfaktor der roten Blutzellreihe. Bei Auftreten einer Anämie steigt die Erythropoetinbildung an und stimuliert die Erythrozytopoese durch:
vermehrte Bildung erythrozytopoetisch determinierter Stammzellen,
erythrozytäre Vorstufen mit erhöhter Hämoglobinsynthese,
erythrozytäre Vorstufen mit verminderter Reifungszeit,
vorzeitige Ausschwemmung medullärer Retikulozyten in das periphere Blut (Retikulozytenschub).
Der Erythrozyt besteht zu 63% aus Wasser, zu 33% aus Blutfarbstoff (Hämoglobin), aus etwa 300 000 Molekülen und 4% Eiweißgerüst (Stroma, Abb. 3.8). Die Erythrozytenmembran benötigt zum Transport von Elektrolyten Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP). Der Sauerstofftransport in Ruhe beträgt 250ml O2 min–1. Die Gesamtzahl der Erythrozyten beim Erwachsenen beträgt etwa 25 · 1012 Zellen. Die Membran der Erythrozyten ist Sitz der Blutgruppenantigene.
Durch die Ermittlung des Retikulozytenproduktionsindex (RPI) ist die Regenerationskapazität der Erythrozyten bewertbar. Der RPI wird gemäß folgender Berechnung ermittelt:
Herkömmlicherweise ist schon die Retikulozytenzahl in Prozent im peripheren Blut eine Kennzahl, um die Neubildung von Erythrozyten im Knochenmark abzuschätzen. Über die Berechnung vom RPI wird die Retikulozytenzahl korrigiert, wodurch die Beurteilung von Anämien deutlich besser gelingt.
Tab. 3.1 Berechnung Retikulozyten-Shift.
Hämatokrit [%]
Retikulozyten-Shift [Tage]
45
1
35
1,5
25
2
15
2,5
Über den Retikulozytenshift wird die Verschiebung des Reifungsortes der Retikulozyten vom Knochenmark in das periphere Blut in Abhängigkeit vom Hämatokrit beschrieben. Bei einem starken Abfall des Hämatokrit kommt es zu einem früheren Übertritt von Retikulozyten aus dem Knochenmark ins periphere Blut und somit durchschnittlich zu einer längeren Verweildauer der Vorstufen der Erythrozyten (Retikulozyten) im peripheren Blut.
Die Verschiebung des Reifungsortes zeigt bei gleicher Produktion an Retikulozyten einen erhöhten Anteil an Retikulozyten. Die Interpretation bzw. die Bewertung der Aktivität der Erythropoese ist hierbei nicht konkret möglich. Deshalb korrigiert der RPI den Anteil der Retikulozyten im Blut um den Retikulozyten-Shift in Tagen, d. h. um die Tage, die ein Retikulozyt im peripheren Blut verbringt (Tab. 3.1).
Gesunde, nicht anämische Personen zeigen einen RPI von 1. Im Falle einer Anämie kann zwischen Blutarmut mit ungestörter Erythropoese (RPI > 3) und anämischen Krankheitsbildern mit eingeschränkter Funktionalität der Erythropoese (RPI < 1) sehr gut unterschieden werden.
Erythrozyten haben in erster Linie die Aufgabe, Sauerstoff ins Gewebe und Kohlendioxid zur Lunge zu transportieren. Für diesen Gasaustausch besitzen die Erythrozyten das Hämoglobin. Die Hämoglobinsynthese vollzieht sich überwiegend in den Mitochondrien der Erythroblasten, den kernhaltigen Vorstufen der roten Zellen im Knochenmark und zu etwa 35% in den Retikulozyten.
Das Hämoglobin ist ein zusammengesetzter Eiweißkörper, ein Chromoproteid, bestehend aus dem Eiweißanteil Globin und der Farbstoffkomponente Häm. Die Ausgangsprodukte des Häm stammen aus dem Zitronensäurezyklus:
Bernsteinsäure COOH-CH
2
-CH
2
-COOH und
Glykokoll (Glycin, auch Aminoessigsäure NH
2
-CH
2
-COOH).
Diese bilden unter Abspaltung von CO2 und H2O die δ-Aminolävulinsäure COOH-CH2-CH2-CO-CH2NH2: Zwei Moleküle δ-Aminolävulinsäure lagern sich so zusammen, dass ein Pyrrolring mit Seitenketten entsteht: das Porphobilinogen (Abb. 3.9).
Abb. 3.9 Porphobilinogen.
Vier Moleküle Porphobilinogen lagern sich zu den verschiedenen Porphyrinen zusammen, die sich jeweils durch die Seitenketten unterscheiden. Die Verbindung wird durch die Methinbrücken (=CH-) hergestellt (Uroporphyrin III).
Durch weiteren Umbau entsteht Koproporphyrin. Die letzte Stufe vor der Einlagerung von Eisen zur Hämbildung ist das Protoporphrin III (Abb. 3.10).
Das Chlorophyll der Pflanzen unterscheidet sich vom Häm durch das Zentralatom (Abb. 3.11). Anstelle von zweiwertigem Eisen ist hier das zweiwertige Magnesium eingelagert.
Zur Synthese wird außer Fermenten auch Kupfer (Cu) in Spuren benötigt. Störungen können in den verschiedenen Entwicklungsstufen auftreten. Von zwei freien Valenzen des Eisens wird eine zur Anlagerung des Sauerstoffs, die andere für das Globin gebraucht. Das Globin wird an den Ribosomen des Zytoplasmas synthetisiert.
Das Hämoglobin besteht aus vier Polypeptidketten, an jeder Kette hängt ein Häm.
Die normal vorkommenden vier Polypeptidketten setzen sich aus 18 verschiedenen Aminosäuren zusammen, darunter die Hexonbase Histidin. Die Aminosäuresequenz der einzelnen Ketten ist wie folgt:
die
α
-Kette enthält 141 Aminosäuren,
die
β
-Kette enthält 146 Aminosäuren,
die
γ
-Kette enthält 146 Aminosäuren,
die
δ
-Kette enthält 146 Aminosäuren.
Abb. 3.10 Protoporphyrin III.
Abb. 3.11 Bestandteile des Hämoglobins.
Eine Änderung in der Folge der Aminosäuresequenz führt zu Hämoglobinopathien wie z. B. HbS (hier befindet sich an sechster Stelle Valin anstatt Glutamin). Die Aminosäuresequenz der Polypeptidketten wurden 1961 entschlüsselt. An die Aminogruppe wird CO2 als Carbaminoverbindung gekoppelt und so zur Lunge zur Abatmung transportiert. Das menschliche Hämoglobin besteht aus vier Polypeptidketten, je zwei davon sind identisch. Je nach Zusammensetzung findet man unterschiedliche Hämoglobintypen (Abb. 3.12).
Bei der Geburt liegen 60–80% als HbF vor, der Rest als HbA1. Nach drei Monaten überwiegt HbA1, HbA2 liegt unter 3%. Nach sechs Monaten liegt der HbF-Anteilnormalerweise unter 20%. Ab dem fünften Lebensjahr setzt sich das Erwachsenenhämoglobin wie folgt zusammen: HbA1 zu 96–98 %, HbA2 unter 3% und das fetale Hämoglobin (HbF) unter 1%.
Abb. 3.12 Hämoglobinarten.
Als Eiweißkörper ist Hämoglobin ein Ampholyt, d. h. eine Substanz, die je nach pH-Wert als Anion oder Kation vorliegt. Hämoglobin dient somit als Puffersubstanz mit Aufrechterhaltung des konstanten pH-Wertes. Während Sauerstoff (O2) an zweiwertiges Eisen ohne Wertigkeitsänderung gebunden wird, koppelt das Kohlendioxid (CO2) an das Globin. 96% des Hämoglobins bestehen aus Protein. Von den 4% Häm sind etwa 3,66% Protoporphyrin, der Rest von 0,34% ist Eisen. 1 g Hämoglobin bindet in vivo, d. h. im Körper, etwa 1,34 ml O2 (Hüfner’sche Zahl).
Im arteriellen Blut transportieren die Erythrozyten O2