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Jeder denkt bei Hanf an das Rauschmittel – dabei kann Hanf so viel mehr! Nutzhanfsorten, also jene die kaum eine berauschende Wirkung haben, finden als Lebensmittel und Faserlieferanten Verwendung. Aus ihren Samen kann Öl erzeugt werden, sie sind aber auch hochwertige Nährstofflieferanten für Mensch und Tier. Die ganze Pflanze wird unter anderm für die Papierherstellung gebraucht. Hanf kann im landwirtschaftlichen Betrieb die Fruchtfolge und die Produktpalette bereichern, den Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln senken und den Boden verbessern. Das Buch informiert über die Ansprüche der Hanfpflanzen an Boden, Wasserversorgung und Düngung. Darüber hinaus beleuchtet es die Auswahl der Sorten ebenso wie die Erntetechnik am Feld. Den vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Hanf und seiner Vermarktung ist ein eigener Abschnitt gewidmet.
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Seitenzahl: 198
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Angelika und Robert Riemelmoser
Anbau, Ernte und Vermarktungvon Nutzhanf
Leopold Stocker VerlagGraz – Stuttgart
Umschlaggestaltung, Layout und Repro: Werbeagentur Rypka GmbH, 8143 Dobl, www.rypka.at
Fotonachweis: Fotos Umschlag-Vorderseite: © Hanfland (3), DeeaF/shutterstock.com (1 re. u.)
Bildnachweis:
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ISBN 978-3-7020-2101-6
eISBN 978-3-7020-2273-0
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© Copyright by Leopold Stocker Verlag, Graz 2024
Vorwort
Geschichte
Hanf im Altertum
Hanf in der Neuzeit
Marihuana Prohibition
George Schlichten – ein österreichischer Erfinder
Henry Ford – Industrie-, Auto- und Hanfpionier
Zweiter Weltkrieg
Hanf aktuell
Hanfanbau weltweit
Vereinigte Staaten (USA)
Europa
Hanf in Österreich
Allgemeine rechtliche Hinweise
Hinweise für Fördernehmer
Nicht-staatliche Fördergeber
Hanf in Deutschland
Hinweise für Fördernehmer
Hanf in der Schweiz
Hanf in Südtirol
Cannabis light
Amalia Wallnöfer – die Südtiroler Hanfpionierin
Hanf in Luxemburg
Forschung
Hanfpflanze
Wurzel
Stängel
Blatt
Blüte
Frucht
Harz
Steckbrief Hanf
Herkunft und Sorten
Ur-Sorten
Kulturhanf – Cannabis sativa
Wildhanf – Cannabis ruderalis
Indischer Hanf – Cannabis indica
Winterhanf
Rauschhanf
Anbau
Innenanbau
Feldanbau
Ansprüche an den Boden
Fasern oder Samen?
Bodenvorbereitung
Aussaat
Saatstärke und Reihenabstand
Sämethoden im Vergleich
Saatstärke an Nutzung anpassen
Fruchtfolge
Zuchtsorten
Finola
Fedora 17
Uso-31
Earlina 8 FC
Pflege
Kontrolle
Pflanzenschutz
Krankheiten
Vorfruchtwirkung
Ernte
Fasernutzung
Nutzung von Körnern und Fasern
Gewinnung von Cannabidiol
Ertrag
Verarbeitung
Hanfwelt Riegler-Nurscher, St. Leonhard am Forst (Mostviertel)
Hanfland Gmbh, Hanfthal bei LAA/THAYA
Schalk-Mühle, Ilz (Oststeiermark)
Bayers Franken Hanf, Kronach (Bayern)
Badische Naturfaseraufbereitung GmbH, Malsch (Baden-Württemberg)
Verwendung
Wurzel
Wurzeltinktur
Stängel und Fasern
Textilien
Segel und Taue
Dichtungen
Dämmstoff
Energie
Schäben
Hanfmulch
Papier
Hanfpapier selbst gemacht
Baustoff
Hanfkalk und Hanfziegel
Hanfkalk selbst herstellen
Shikkui-Kalk
Samen
Öl
Nahrungsmittel
Hanfbier
Hanfbier selbst gebraut
Schrot
Mehl
Protein
Sprossen
Rezepte
Historische Hanfrezepte
Hanfmilch
Hanfmilch selbst gemacht
Hanf-Hummus
Hanfaufstrich
Schoko-Hanf-Creme
Bärlauch-Hanf-Pesto
Hanf-Tomatensalat
Veganer Hanfparmesan
Hanf-Mozarella
Hanf-Käse-Cracker
Hanf-Bananenbrot
Hanf-Vanillekugeln
Topfen-Hanf-Brot
Hanf-Protein-Smoothie
Energiekugeln
Hanfsuppe
Futtermittel
Vogelfutter
Fischfutter
Blätter
Hanftee
Blüten
Heilmittel & Droge
Wirksame Stoffe
THC: Delta-9-Tetrahydrocannabinol
CBD: Cannabidiol
Kohlendioxid-Extraktion
Ethanol-Extraktion
Kohlenwasserstoff-Extraktion
Öl-Extraktion
CBD-Öl
Kosmetik
Hanf-Bodylotion
Einfache Hanfölseife
Gesichtsöl
Parfum
Medizin
CBD-Öl für Tiere
Weitere CBD-Produkte
CBD-Blüten und -Pollen
CBD-Hasch
CBD-Extrakte
Terpene
Gutes oder böses Cannabis?
Drogenproblem
Rauschhanf und Straßenverkehr
Vermarktung
Wirtschaftlichkeit
Vertragsanbau
Direktvermarktung
Investorenmodell
Hanftourismus
Hanfdorf Hanfthal
Hanfmuseen
Hanfmuseum Hanfthal
Hash Marihuana & Hemp Museum in Amsterdam
Hanfklopfer
Hanf-Museum in Berlin
Cannabis-Museum in Zagreb
Museo della Canapa bei Bologna
Hanfverarbeitung in Carmagnola bei Turin
Museum des Hanfs und der Frauenarbeit in Prazzo bei Cuneo
Alte Seilfabrik „Verona“ in Thiene bei Vicenza
Verwendete Literatur
Weiterführende Literatur
Detaillierte Geschichte und Biologie des Hanfes:
Kochen und Backen mit Hanf:
Medizinischer Einsatz von Hanf:
Glossar
Die Autoren
Foto: CO2 EA GmbH
Hanf ist eine jahrtausendealte, vielseitige, landwirtschaftliche Nutzpflanze. Schon in der Antike kurierten Ärzte in China und Europa mit Hanf, Gutenberg druckte seine Bibel auf Hanf, Columbus entdeckte Amerika mit Segeln aus Hanf, Levi Strauss fertigte Jeans aus Hanf und Henry Ford baute sogar ein Auto aus Hanf. Wegen Hanf wurden Kriege geführt – um an Anbauflächen für Nutzhanf zu kommen oder solche für Rauschhanf zu zerstören – und mit ihm wurden Kriege gewonnen. Sein Niedergang begann mit der Industrialisierung, zuerst mit dem Aufkommen der – durch Sklavenarbeit billigeren – amerikanischen Baumwolle, später mit petrochemischen Produkten wie Kunststofffasern.
Aufgrund der von den USA ausgehendenden Verurteilung von Hanf als Rauschgift in Form von Marihuana wurde diese Pflanze vor knapp hundert Jahren weltweit geächtet. Dadurch blieben Züchtung, Ernte- und Verarbeitungsmethoden im Wesentlichen auf dem Stand des 19. Jahrhunderts stehen. In den letzten Jahrzehnten haben sich hauptsächlich Hanfraucher (sogenannte „Kiffer“) mit den berauschenden Eigenschaften des Hanfes beschäftigt, was sich an einer schier unüberschaubaren Menge einschlägiger Literatur zeigt. Erst in letzter Zeit wurden die vielfältigen Vorzüge dieser Pflanze als nachwachsender Rohstoff wiederentdeckt. Mitunter wird Hanf nun als „grünes Gold“ bezeichnet und als Wundermittel für und gegen alles überhöht.
Nüchtern und sachlich betrachtet haben wir mit Cannabis sativa, so der lateinische Name, eine interessante landwirtschaftliche Produktionsalternative, die zu einer besseren Bodenbewirtschaftung beitragen kann und weitere ökologische Vorteile bietet. Unsere eigenen Erstversuche auf offensichtlich völlig ungeeigneten alpinen Böden in der Obersteiermark und mit einer ungeeigneten Sorte verliefen vorerst enttäuschend. Damit befinden wir uns aber in guter Gesellschaft: Hanf-Neueinsteiger müssen anfangs meist mit Rückschlägen rechnen. Die Wahl der richtigen Sorte, der optimalen Saatstärke und Anbaumethode sowie des regional unterschiedlichen besten Aussaattermins lassen sich oft nur durch Versuch und Irrtum erarbeiten.
Wir Autoren haben uns der Herausforderung gestellt, ein Buch zu verfassen, das Landwirten einen kurzen und kompakten Einstieg in die faszinierende Welt des Hanfes ermöglicht.
Dieses Buch beschäftigt sich daher in erster Linie mit dem landwirtschaftlichen Anbau von Hanf in Mitteleuropa. Wir wollen die Pflanze, ihre Herkunft und Besonderheiten vorstellen sowie einen kurzen Überblick über ihre Verwendungsmöglichkeiten, vor allem auch in der bäuerlichen Direktvermarktung, geben. Die Verwendung als Rauschmittel, wegen der Cannabis in Verruf geraten ist, wird dabei zum besseren Verständnis des Hanfes gestreift.
In diesem Praxisbuch greifen wir neben eigenen Versuchen und Erfahrungsberichten langjähriger Hanfpioniere auf eine Vielzahl von Quellen aus der Fachliteratur zurück, die zwecks flüssigerer Lesbarkeit im Text zumeist nicht gesondert angeführt sind. Wir haben versucht, aus dem vorhandenen, weitreichenden Expertenwissen die für den Hanfbauern wesentlichen Punkte herauszufiltern und zusammenzufassen. Im Literaturverzeichnis sind die von uns verwendeten, vorwiegend wissenschaftlichen, Dokumente vollständig aufgelistet.
Abschließend bedanken wir uns sehr herzlich bei den engagierten Praktikern des Hanfanbaus und der Hanfverarbeitung, die ihr Wissen und ihre Erfahrung mit uns geteilt haben. Ohne sie wäre dieses Buch wohl nie zustande gekommen.
Unser ganz besonderer Dank gilt dem Leopold Stocker Verlag, der trotz aller Verzögerungen immer an dieses Buch geglaubt hat, und vor allem unserer Lektorin, Dipl.-Ing. Karin Ch. Taferner, die uns mit profundem Fachwissen und beständiger Hartnäckigkeit massiv unterstützt und es so geschafft hat, dass dieses Buch – anders als viele andere, von uns angefangene Projekte – auch fertig wurde.
Wir wünschen Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, eine informative Lektüre und eine spannende Reise in die Welt des Hanfes.
Angelika und Robert Riemelmoser
Rottenmann/Graz, 2024
Die spannende Geschichte des Hanfes reicht bis in die Steinzeit zurück. Als eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit hatte sie bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts eine herausragende Bedeutung. Durch die industrielle Revolution, das Aufkommen alternativer Fasern und petrochemischer Öle, vor allem aber durch die politisch motivierte Prohibition des 20. Jahrhunderts geriet Hanf fast in Vergessenheit, um mit dem Beginn des neuen Jahrtausends wieder eine Rückbesinnung zu erleben.
Manche Forscher meinen, Nachweise für die Verwendung von Hanffasern bereits in der Steinzeit gefunden zu haben, etwa in der Dzudzuana-Höhle in Georgien vor 34.000 Jahren. Neuere Forschungen gehen davon aus, dass es sich bei diesen Fasern um Flachs handelt. Die Menschen in der Jung-Steinzeit sammelten und verarbeiteten jedoch bereits nachweislich Fasern, wie Abdrücke von Hanfkordeln auf 8.000–10.000 Jahre alten Scherben von Tonkrügen zeigen, die in Taiwan gefunden wurden. Auch Spuren von Hanftüchern aus dieser Zeit wurden in Mesopotamien entdeckt.
Die ersten Nachweise von Hanf in Europa stammen aus dem Jahr 5500 v. Chr., wie Grabungen in Eisenberg/Thüringen ergeben haben. Mitunter werden diese auch auf 7500 v. Chr. datiert. Aus der Zeit um 3500 v. Chr. existieren die ersten Nachweise für Hanfverwendung, unter anderem in Bayern und Thüringen, um 3000 v. Chr. wurden Hanffasern im zentralasiatischen Turkestan verarbeitet. König Salomon ließ seinen Tempel um 960 v. Chr. mit phönizischen Hanfseilen erbauen.
Die bisher ältesten gefundenen Hanfseile stammen aus der Eisenzeit (800 bis 400 v. Chr.) und wurden im Salzbergwerk Hallein bei Salzburg zusammen mit verschiedenen Geräten bei damals verunglückten Bergleuten gefunden. Ein anderes Fundstück stammt aus dem Grabhügel des keltischen Fürsten von Hochdorf bei Stuttgart (500 v. Chr.). Dort lag der tote Fürst auf einem bronzefarbenen Liegesofa, das u. a. mit verschiedenen Stoffen aus Hanfbast gepolstert war.
Die Kelten und Germanen legten ihren Verstorbenen im 5. Jahrhundert v. Chr. Hanfsamen als Beigaben ins Grab. Die im Jahre 565 v. Chr. in Paris begrabene Merowingerkönigin Adelgund wurde in Kleidung aus Hanfgewebe bestattet. Dieser Fund ist der früheste gewebte Stoff der vollaufbereiteten Hanffaser. Bereits um 450 v. Chr. schrieb Herodt über Kleidung aus Hanf. Er berichtet, dass die Thraker Kleidung aus Hanf machen, die „ganz so aussehen wie leinerne, so dass Leute, die sich nicht ganz genau darauf verstehen, sie nicht voneinander unterscheiden können”.
Beschreibungen der Hanfpflanze sind sowohl von den Ägyptern als auch den Assyrern überliefert, die die Pflanze „Qunnu-Bum“ nennen. Die Römer machten daraus zuerst „Cannabum“, dann „Cannabis“. Cannabis galt bereits seit 1400 v. Chr. als heilige Droge. In manchen Quellen heißt es, dass sich Buddha auf seinem Erleuchtungspfad im Jahr 800 v. Chr. ausschließlich von Hanfsamen ernährt haben soll. Buddhisten schätzen Hanf auch heute noch vor allem als berauschendes Getränk, genannt „Bhang“.
In der Antike war Hanf sowohl Medizin als auch Kleidungsstoff der Ägypter, Griechen und Römer. Plinius der Ältere (23 bis 79 n. Chr.) schreibt, dass Hanf Schmerzen lindere. Der griechische Arzt Pedanios Dioscurides berichtet im 1. Jahrhundert n. Chr. von der Wirksamkeit des Saftes der Hanfsamen gegen Ohrenschmerzen.
Kaiser Karl der Große erwähnte 812 n. Chr. den Hanf (canava) im Kapitel LXII seiner Landgüterverordnung „Capitulare de villis vel curtis imperii“, wohl auch weil Hanfsehnen damals für Langbögen wichtig waren.
Manche Historiker sehen im Anbau der Hanfpflanze sogar einen der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung der modernen Zivilisationen und des Steuerwesens: Im alten China wurde Hanf bereits in der Medizin eingesetzt und sogar Steuerschulden konnten mit Hanfstängeln beglichen werden. In Europa galten Hanfsamen unter Kaiser Karl dem Großen (747 bis 814 n. Chr.) und in England unter König Heinrich VIII. (1491 bis 1547) ebenfalls als akzeptiertes Zahlungsmittel für Steuern.
Ab dem 13. Jahrhundert etablierte sich auch in Europa die Papiererzeugung aus Hanf, die in China bereits um 100 v. Chr. nachgewiesen wurde. Das wahrscheinlich bekannteste Hanfprodukt – neben den ersten Jeans von Levi‘s – ist die Gutenberg-Bibel aus den Jahren 1452–1454, das erste gedruckte Buch der westlichen Welt. Sie wurde ebenso auf Hanfpapier gedruckt wie die ersten Entwürfe der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1776 und viele Werke der Weltliteratur, die vor 1850 veröffentlicht wurden.
Aber nicht nur Bücher wurden auf Hanf gedruckt, auch viele Bilder des 17. Jahrhunderts wurden auf Leinwänden aus Hanf mit Hanföl-basierten Farben gemalt – und zeigen Hanfraucher. Hanföl wurde aber auch zur Befeuerung von Lampen verwendet.
INFO!
Der erste Präsident der USA, George Washington, war Hanfbauer, ebenso wie Thomas Jefferson, der Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung; Amerikas 16. Präsident, Abraham Lincoln, war Hobby-Hanf-Pflanzer – „Grower“, wie man heute sagen würde.
Hanf war sowohl für die Eroberungszüge der Wikinger als auch für die Entdeckungen des Christoph Columbus unerlässlich. Die Pflanze erlebte ihre Glanzzeit vor allem im 17. Jahrhundert, der Zeit der Segelschifffahrt, wo sie als Material für Segel, Seile, Netze und Matrosenbekleidung diente. Bis hin zu Flagge, Bibel und Logbüchern war Hanf allgegenwärtig. Allein für die Segel eines durchschnittlichen Schiffes wurden zwischen 50 und 100 Tonnen Hanffasern benötigt.
George Washington, der erste Präsident der Vereinigten Staaten, war – wie viele seiner Nachfolger – Hanfbauer.
Foto: gemeinfrei; Quelle: Wikimedia Commons; Artist: Gilbert Stuart; Location: Sterling and Francine Clark Art Institute, Williamstown
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts verdrängte Baumwolle zunehmend die bis dato für Segelschiffe verwendeten Segel aus Hanf.
Foto: gemeinfrei; Quelle: State Library of Victoria; Artist: Allan C. Green
Das Aufkommen der Dampfschifffahrt, der Einsatz billigerer Natur- und Kunstfasern sowie von Holz als Rohstoff für die Papiererzeugung führten zu einem Einbruch der Nachfrage nach Hanf im späten 19. Jahrhundert. Dennoch heißt es, dass Napoleons Russlandfeldzug im Jahr 1812 auch erfolgte, um die russischen Hanfexporte zu unterbinden. Immerhin deckte Russland zwei Jahrhunderte lang 80 Prozent des Hanfbedarfs der westlichen Welt.
Alternative Naturfasern wie die – mittels Sklavenarbeit billig hergestellte – Baumwolle, aber auch Jute und Sisal sowie das Aufkommen von petrochemischen Kunstfasern trugen zum Niedergang der Hanfindustrie im 19. und 20. Jahrhundert bei. Auch das zunehmende Suchtverhalten der Menschen gegenüber Alkohol, wie Bier oder Whisky, der nun industriell hergestellt wurde, so wie gegenüber Drogen, wie Opium, Kokain und Heroin, erschwerten die Hanfproduktion zusehends.
Wer die heutigen Probleme des (Nutz-)Hanfanbaues verstehen will, muss zurückblicken in die Vereinigten Staaten ab 1915. Missionarische Kirchen wie die Mormonen wandten sich nach der wohl nur aus ihrer Sicht erfolgreichen Alkoholprohibition (1920–1933) neuen Zielen zu. Die nach 1933 „arbeitslosen Alkohol-Agenten“ fanden im Hanf ein neues Arbeitsgebiet.
Finanzminister Andrew Mellon, der Eigentümer von GulfOil, sowie Randolph Hearst, Besitzer von Papierfabriken und Zeitungen, sowie Chemiekonzerne wie DuPont kriminalisierten Hanf durch hetzerische Propaganda als Killerdroge. Sie wollten damit die Konkurrenz für die amerikanische Öl-, Baumwoll-, Holz- und Stahllobby vernichten.
Hearst hatte bereits um die Jahrhundertwende durch sensationslüsterne Berichterstattung einen Krieg der Vereinigten Staaten gegen Spanien um dessen Kolonie Kuba forciert und 800.000 Hektar ertragreiche mexikanische Wälder besetzen lassen.
DuPont patentierte 1937 Verfahren zur Herstellung von Kunststoffen aus Öl und Kohle sowie ein neues Bleichverfahren zur Herstellung von Papier aus Zellstoff. Das Unternehmen riet seinen Aktionären, in seine neue petrochemische Industrie zu investieren, da die „Regierung die Akzeptanz dieser neuen Industrien erzwingen würde.“ So kam es auch.
Harry J. Anslinger, Leiter des amerikanischen Drogendezernats, ging mit missionarischem Eifer gegen Cannabis vor und erreichte dessen weltweite Ächtung über viele Jahrzehnte.
Foto: gemeinfrei; Library of Congress, Prints & Photographs Division, LC-USZ62-87322
Das 1931 gegründete Federal Bureau of Narcotics mit seinem berüchtigten Leiter Harry Jacob Anslinger, einem Neffen von Finanzminister Andrew Mellon, erreichte 1937 ein landesweites Hanf-Verbot. Der „Marihuana Tax Act“, der Nutzhanf von der Energie-, Papier- und Kunststoffproduktion ausschloss, wurde nach nur 50 Minuten Beratung durch den amerikanischen Kongress angenommen.
Im 19. Jahrhundert war der Hanfanbau in einzelnen Bundesstaaten noch verpflichtend, in Virginia drohte jenen sogar eine Gefängnisstrafe, die den Hanfanbau verweigerten. Zwei Jahrhunderte später sieht es genau umgekehrt aus. Die von den USA ausgehende sogenannte Marihuana-Prohibition hat fast die gesamte westliche Welt (außer Frankreich) erfasst.
Mit dem UN-Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel aus dem Jahr 1961 wurde der Hanfanbau nahezu weltweit verboten (Ausnahmen sind Staaten wie Nordkorea). In Österreich wurde diese völkerrechtliche Konvention durch die sogenannte „Einzige Suchtgiftkonvention“ 1961 umgesetzt, die nach wie vor in Kraft ist.
Zur Zeit der heraufdämmernden Marihuana-Prohibition entstanden aber auch wichtige Erfindungen zur Verwendung von Nutzhanf. Der heute kaum mehr bekannte gebürtige Österreicher Georg Schlichten erhielt 1919 ein US-Patent für einen verbesserten Dekortikator. Dabei handelt es sich um eine Maschine zum Schälen von Nüssen, Holz, Pflanzenstielen und Getreide. Dessen Urform, der sogenannte Scavenzzatrice, wurde bereits 1861 von einem Bauern aus Bologna namens Bernagozzi hergestellt. Durch Schlichtens Dekortikator sollten der Arbeitskräftebedarf der Hanfpapiererzeugung um den Faktor 100 gesenkt werden, Holzpapier wäre demnach im Vergleich deutlich teurer geworden.
Dekortikatoren werden auch heute noch genutzt, um Faserpflanzen, wie etwa Hanf, maschinell zu bearbeiten.
Foto: Wikimedia Commons/123Audry; Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED
George Schlichten hatte Kontakt mit dem bedeutenden Zeitungsverleger Edward W. Scripps, dem Gründer des United Press Syndicate. Trotz dessen Ablehnung seiner Erfindung kaufte Schlichten im Mai 1919 neunzig Morgen Land in der Nähe der University State Farm, wo er verschiedene Faserpflanzen anbaute und eine Papierfabrik bauen wollte. Lokalen Bauern bot er ordentliche Preise für Hanf an. Jedoch wurde Kalifornien ab 1921 zum Vorreiter für ein Hanfverbot. Nach Polizeieinsätzen nahe Schlichtens Farm distanzierte sich die University Farm vom Hanfanbau. Dennoch wurde weiterhin die Errichtung einer Hanfstadt und einer Hanfplantage von 100.000 Hektar bis 1924 geplant, um „Faden, Stoff und feinen Stoff“ zu produzieren. George Schlichten bekam jedoch gesundheitliche Probleme und starb 1923.
Mit dem Hemp Car konstruierte Henry Ford bereits 1941 ein revolutionäres Auto aus nachwachsenden Rohstoffen.
Foto: gde-fon.com
Der amerikanische Autopionier Henry Ford hat sich bereits seit 1920 mit der Verwendung nachwachsender Rohstoffe beschäftigt. Er konstruierte 1941 aufgrund der kriegsbedingten Metallknappheit ein Auto aus Pflanzenfasern, um das sich Legenden ranken. Das sogenannte Hemp Car (manchmal auch: Soybean-Car) soll eine Karosserie aus Flachs, Weizen, Hanf und Holzmasse gehabt haben und dadurch statt 1.400 nur 900 Kilogramm gewogen haben – bei zehnfach höherer Stoßfestigkeit. Zeitzeugen berichten aber auch, dass dieses Auto aus Sojabohnenfasern in einem Phenolharz bestand. Als Treibstoff soll Hanföl bzw. Methanol verwendet worden sein. Henry Ford hob bereits vor 80 Jahren in fast schon prophetischer Weitsicht die günstige CO2-Bilanz des Hemp Car hervor. Weder die genaue Zusammensetzung der Werkstoffe noch das Fahrzeug selbst sind jedoch erhalten. Letztlich haben starke Lobbyinggruppen unter anderem der petrochemischen Industrie (etwa der Nylon-Hersteller DuPont) Hanf erfolgreich kriminalisiert und damit seine industrielle Nutzung über mehrere Jahrzehnte verhindert.
Auch andere Erfinder der Automobilbranche setzten auf nachwachsende Rohstoffe. Rudolf Diesel hatte zwar seinen ersten Motor, den er auf der Weltausstellung 1900 in Paris vorstellte, mit Erdnussöl betrieben, experimentierte aber auch mit Hanföl als Treibstoff. Wäre der geniale Ingenieur nicht 1913 unter mysteriösen Umständen im Ärmelkanal umgekommen, wären wir heute womöglich weniger stark von der Petroindustrie abhängig.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden viele Rohstoffe knapp und die Regierungen – die US-Regierung genauso wie die des Deutschen Reichs oder jene des Königreichs Schweden – forcierten den Anbau von Nutzhanf. Aus dieser Zeit stammen staatliche Werbefilme wie „Hemp for victory“ (USA) und Lehrschriften wie „Die lustige Hanffibel“ oder „Svensk Hampodling“. Die Vereinigten Staaten sahen Hanfanbau als derart wichtig an, dass Bauern und deren Söhne, die Hanf anbauten, vom Wehrdienst befreit waren.
INFO!Hemp for victory
1942 ließ das amerikanische Landwirtschaftsministerium den kurzen Propagandafilm „Hemp for victory” (Hanf für den Sieg) herstellen. Durch den Angriff der Japaner auf Pearl Harbour 1941 musste die amerikanische Kriegsproduktion so schnell wie möglich hochfahren. Da jedoch die ostindische und philippinische Hanfproduktion in den Händen der Japaner war und die Juteeinfuhr aus Indien nachließ, gab es zu wenig Hanffasern für Taue, Seile und Fallschirmschnüre für die US-Marine. Zwar war die Hanfproduktion damals in den USA illegal, trotzdem wollte man die Bauern der Staaten Kentucky und Wisconsin überzeugen, statt Mais nun Hanf anzubauen. Im Film heißt es unter anderem: „als Teil des Kriegsprogramms muss die Hanfproduktion mit sofortigem Eingang gesteigert werden.”
Im Jahr 1939 erschien die erste Ausgabe von „Die lustige Hanffibel“. In Reimen wurde der Anbau von Nutzhanf erklärt, um der Rohstoffknappheit der Kriegsjahre entgegenzuwirken.
Foto: Riemelmoser
Mit Ende des Krieges änderte sich die Einstellung zum Hanfanbau wieder, das Verbot lebte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erneut auf. Diesmal spielte eine von Präsident Ronald Reagan eingesetzte „Drug Task Force“ mit ihrem Leiter George Bush die entscheidende Rolle. Bush war Direktor eines Pharmakonzerns und hielt beträchtliche Aktienpakete an weiteren Pharmariesen, etwa eine Sperrminorität bei Pfizer. Noch als Vizepräsident der Vereinigten Staaten betrieb er derart intensives Lobbying für die Pharmaindustrie, dass er vom amerikanischen Höchstgericht kritisiert wurde. Er versuchte sogar, Ergebnisse der Cannabis-Forschung aus Universitätsbibliotheken zu verbannen.
INFO!Welt-Cannabis-Tag: 20. April
Weltweit wird an diesem Tag die Legalisierung des Rauschmittels thematisiert. An mehreren amerikanischen Orten, aber beispielsweise auch im Görlitzer Park in Berlin, wird dieser Tag als inoffizieller Feiertag der Hanfszene begangen. Der Tag wurde wegen seiner englischen Schreibweise 4:20 gewählt. Um diese Uhrzeit machten sich ein paar kalifornische Schüler im Jahr 1971 stets auf, um eine sagenumwobene Hanfplantage zu suchen, die nie gefunden wurde. Fourtwenty etablierte sich jedoch rasch zum Code der Kifferszene und wird von Bands wie Grateful Dead, Filmemachern wie Quentin Tarantino und selbst den Simpsons verwendet.
Erst seit der Jahrtausendwende erlebt Hanf als Nutzpflanze wieder ein Comeback. Selbst berauschendes und medizinisches Cannabis wird in weiten Teilen der Gesellschaft immer seltener als Teufelskraut angesehen. Immer mehr Staaten legalisieren die Verwendung von Hanf.
Die Hanfpflanze kann in unterschiedlichen Klimazonen wachsen und wird daher auch auf der ganzen Welt angebaut. Weltweit führend im Hanfanbau ist Asien mit etwa 80.000 Hektar. Demgegenüber liegen die Anbauflächen in der Europäischen Union bei weniger als einem Viertel davon.
Das Land mit der größten Hanfproduktion der Welt ist China. Es produziert jährlich die größte Menge an Nutzhanf und ist auch der größte Exporteur von Hanfpapier und Textilien. Das wird vermutlich auch so bleiben, denn in Chinas 13. Fünfjahresplan ist von dem Vorhaben zu lesen, bis 2030 auf 3,2 Millionen Hektar Hanffasern für Textilien anzubauen.
Die USA zählen zu den führenden Hanfproduzenten der Welt, was vor allem auf das Agrargesetzgebungspaket „Farm Bill“ 2018 zurückzuführen ist. Seither unterliegt Hanf mit weniger als 0,3 Prozent THC-Gehalt nicht mehr dem Gesetz über kontrollierte Substanzen (Controlled Substances Act, kurz CSA).
Nachdem die Vereinigten Staaten jahrzehntelang die Speerspitze der globalen Cannabis-Prohibition waren, haben mittlerweile 37 US-Bundesstaaten sowie Washington DC den Marihuana-Konsum zu medizinischen Zwecken freigegeben.
Da die nötigen Atteste sehr einfach zu bekommen sind, ist eine weitgehende Cannabis-Legalisierung die Folge. In 18 dieser Bundesstaaten ist nicht einmal eine medizinische Begründung erforderlich. In Bundesstaaten wie Minnesota ist es seit Juli 2022 jeder Person über 21 Jahren erlaubt, Speisen und Getränke mit bis zu fünf Milligramm THC pro Portion zu kaufen.
Im April 2022 verabschiedete das US-Repräsentantenhaus zudem einen Gesetzesentwurf, mit dem Marihuana auch auf Bundesebene legalisiert werden soll – und somit über Bundesstaatsgrenzen hinaus transportiert werden darf und nicht mehr in Bargeld bezahlt werden muss. Die legale US-Marihuana-Industrie beschäftigt mittlerweile eine halbe Million Menschen, legale Cannabis-Verkäufe werden entsprechend einer Prognose zu diesem Gesetzesentwurf bis zum Jahr 2025 über 40 Milliarden Dollar ausmachen. An diesem boomenden Wirtschaftszweig möchte natürlich auch der Finanzminister mitnaschen – derzeit ist eine Verkaufssteuer von fünf Prozent geplant. Dieser sogenannte „More Act“ wird unter anderem vom Handelsriesen „Amazon“ tatkräftig unterstützt. Andererseits kostet die Cannabis-Bekämpfung allein in den USA etwa 3,6 Millionen Dollar jährlich, ohne dass deswegen Verfügbarkeit und Konsum wesentlich eingeschränkt wurden.
In Europa ist Frankreich der größte Hanfproduzent und war von 1995 bis 2015 für mehr als die Hälfte der in Europa produzierten Menge an Hanfsamen und Zellstoff für Papier verantwortlich. Auch die meisten Hanfsamen- und Faserhanfsorten kommen aus Frankreich.
In den 1940er Jahren war Italien neben der Sowjetunion der zweitgrößte Hanfproduzent der Welt. Auf über 100.000 ha wurde Hanf angebaut. Das von der Regierung unterzeichnete Übereinkommen über Suchtgift setzte dem 1961 ein vorläufiges Ende. Durch gesetzliche Erleichterungen steigt der Hanfanbau jetzt wieder an.
In den USA gibt es ernsthafte Legalisierungsbestrebungen für Cannabis.
Foto: Hanfland
Entwicklung der für den Hanfanbau genutzten Landfläche in der Europäischen Union in den Jahren 2015 bis 2022
Quelle: Eurostat
Auch die Niederlande verstärken ihre Hanfproduktion. Das Land ist nun der drittgrößte Hanfproduzent in Europa. Zusätzlich bauen niederländische Unternehmen (z. B. Hemp-Flex) Hanf auch verstärkt in Rumänien an. Rumänien war einst Europas größter Hanfproduzent.
In Großbritannien war der Hanfanbau früher auch vor allem für die Herstellung von Schiffssegeln und Seilen von großer Bedeutung. Heute ist Großbritannien der größte Hersteller von medizinischen Hanf- und CBD-Produkten.
Entscheidend für die Zulässigkeit des Hanfanbaues ist der THC-Wert. Der Grenzwert für die psychoaktiv-wirkende Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) betrug in der Europäischen Union ursprünglich 0,5 Prozent. Er wurde später auf 0,3 Prozent gesenkt und im Jahr 1999 auf Drängen Frankreichs, wo Cannabiskonsum weit verbreitet ist, nochmals auf 0,2 Prozent THC herabgesetzt. Dieser Wert gilt in den meisten EU-Mitgliedstaaten, lediglich in der Slowakei muss Hanf komplett THC-frei sein. Österreich, Tschechien und Luxemburg erlauben weiterhin 0,3 Prozent, Italien sogar 0,6 Prozent und die Schweiz 1,0 Prozent THC-Gehalt.