Hardcore - H. C. Licht - E-Book

Hardcore E-Book

H. C. Licht

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Beschreibung

Ergänzt von sehr persönlich gehaltenen Tagebucheinträgen wird die Lebensgeschichte eines Pornoregisseurs erzählt, der eine existenzielle Krise durchlebt, die schließlich in einem Selbstmordversuch gipfelt. Da er in seinem labilen Zustand eine Gefahr für sich und andere darstellt, landet er in der psychiatrischen Notaufnahme. Im Zuge des sich an seine Zwangseinweisung anschließenden Entgiftungsprogramms kommen die lange verdrängten Erinnerungen an den sexuellen Missbrauch hoch, dem er als Kind ausgesetzt war. Noch während seines Aufenthalts in der Anstalt lernt er im Rahmen einer Gruppentherapie eine Frau kennen, die einer ähnlichen traumatischen Erfahrung ausgesetzt war. Sie verlieben sich ineinander und fliehen aus der psychiatrischen Klinik, um inmitten eines großen, naturbelassenen Waldes in einem alten Forsthaus gemeinsam einen Neuanfang zu wagen. Bei dem Text "Hardcore – Tagebuch eines Pornoregisseurs" handelt es sich nicht nur um eine Liebesgeschichte der besonderen Art, sondern auch um den authentischen Bericht über den Weg eines Paares hin zu einer geheilten, liebevollen Sexualität. Er erzählt von der Sehnsucht eines Mannes nach innerem Frieden und von seinem Prozess der Aussöhnung mit dem Weiblichen, das in jedem Mann zuhause ist.

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Seitenzahl: 431

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H. C. Licht

Hardcore

Tagebuch eines Pornoregisseurs

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Anmerkung des Verfassers

Vorwort

Erstes Buch – MISSBRAUCH

1.1 Back to reality

1.2 Abort

1.3 Porno

1.4 Mein Tagebuch / 1

1.5 Ernüchterung

1.6 Mein Tagebuch / 2

1.7 Die Arbeit ruft

1.8 Mein Tagebuch / 3

1.9 Cumshot

1.10 Mein Tagebuch / 4

1.11 Mentales Reset

1.12 Mein Tagebuch / 5

1.13 Deep-throat-Massaker

1.14 Mein Tagebuch / 6

1.15 Böses Erwachen

1.16 Mein Tagebuch / 7

1.17 The day after

1.18 Das Opfer

1.19 Mein Tagebuch / 8

1.20 Folterknecht

1.21 Mein Tagebuch / 9

1.22 Drehpause

1.23 Mein Tagebuch / 10

1.24 Stahl-Marie

1.25 Mein Tagebuch / 11

1.26 Hardcore

1.27 Mein Tagebuch / 12

1.28 Backstage

1.29 Mein Tagebuch / 13

1.30 Lebendige Tote

1.31 Mein Tagebuch / 14

1.32 Einsam unter Vielen

1.33 Mein Tagebuch / 15

1.34 Auszeit

1.35 Paranoia pur

1.36 Nahtoderfahrung

1.37 Eine frühkindliche Erinnerung

1.38 Wiederauferstehung

1.39 Mein Tagebuch / 16

1.40 Mein Tagebuch / 17

1.41 Nachbeben

1.42 Klapse

1.43 Mein Tagebuch / 18

1.44 Horrortrip

1.45 Mein Tagebuch / 19

1.46 Defragmentierung

1.47 Mein Tagebuch / 20

1.48 Auf der Pirsch

1.49 Mein Tagebuch / 21

1.50 Störung

1.51 Mein Tagebuch / 22

1.52 Nebenschauplatz

1.53 Mein Tagebuch / 23

1.54 Licht am Horizont

Zweites Buch - HEILUNG

2.1 Mein Tagebuch / 24

2.2 Besuch

2.3 Der Vertrag

2.4 Ab durch die Mitte

2.5 Der Fluss

2.6 Nachtwald

2.7 Vergebung

2.8. Neuanfang

2.9 Mein Tagebuch / 25

2.10 Mein Tagebuch / 26

2.11 Mein Tagebuch / 27

2.12 Mein Tagebuch / 28

2.13 Alltag

2.14 Mein Tagebuch / 29

2.15 Ein Date

2.16 Mein Tagebuch / 30

2.17 Erotischer Supergau

2.18 Mein Tagebuch / 31

2.19 Porno im Kopf

2.20 Mein Tagebuch / 32

2.21 Neuland

2.22 Mein Tagebuch / 33

2.23 Gespräch unter vier Augen

2.24 Mein Tagebuch / 34

2.25 Landpartie

2.26 Mein Tagebuch / 35

2.27 Eine Hausaufgabe

2.28 Brief an meine Familie

2.29 Nachbeben

2.30 Brief an eine Frau

2.31 Mein Tagebuch / 36

2.32 Erotischer Grenzgang

2.33 Mein Tagebuch / 37

2.34 Rechenübung

2.35 Mein Tagebuch / 38

2.36 Atemübung

2.37 Mein Tagebuch / 39

2.38 Der Himmel auf Erden

Nachwort

Impressum neobooks

Anmerkung des Verfassers

Dieser Text erzählt meine Geschichte,

er handelt von meinen Gefühlen, Wahrnehmungen, Entscheidungen, Erfahrungen und Lernprozessen. Darüber hinaus sind die Story und alle darin vorkommenden Charaktere frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.

Vorwort

Es gibt keine Rechtfertigung

dafür, einem anderen Menschen wissentlich Schmerzen zuzufügen. Aber es gibt einen Grund. Ich missbrauche, weil ich missbraucht worden bin. So wie jeder meiner blindwütigen Impulse, hinter dessen Kulisse ich nicht zu schauen wage, Ausdruck meiner tiefverwurzelten Verletzung ist, ist sexueller Missbrauch zu meiner Sucht geworden.

Rückblickend kommt es mir so vor, als wäre ich mein Leben lang blind einem Handlungsmuster gefolgt, dessen ich mir nicht bewusst war. Ich hing wie eine Marionette an den Fäden des Mannes, der mich als Kind vergewaltigt hatte und stellte diese traumatische Erfahrung immer wieder nach, indem ich mir Partnerinnen suchte, die auch Opfer einer Missbrauchserfahrung geworden waren. Auf diese Art fanden unsere verdrängten Traumata ihr passendes Gegenüber und bekamen ihren Platz in unserer Sexualität, genau wie die immer wiederkehrenden Grenzüberschreitungen und die daraus resultierenden Gefühle von Scham und Schuld. Ein Teufelskreis, der unsere Gier nach der Droge stillte, die aus der Verbindung von Lust und Schmerz entstand und dem wir nicht entrinnen konnten, solange wir nicht bereit waren die erschreckend bodenlose Leere des Entzugs auszuhalten.

Inzwischen habe ich verstanden, dass wir, meine häufig wechselnden Sexualpartnerinnen und ich, uns so verhielten, um den verdrängten Schmerz unseres Missbrauchs zu rekonstruieren und am Leben zu erhalten. So vermochten wir die Erinnerungen an unser tief sitzendes Leid in den verborgenen Schichten unseres Gedächtnisses aufzufrischen, ohne uns ihnen wahrhaftig stellen zu müssen. Jeder auf seine Art vergingen wir uns an uns selbst und aneinander, meine Partnerinnen durch das beschämende, scheinbar unauslöschlich in ihre Seelen eingebrannte Stigma ihres Opferstatus und ich in der Rolle des lieblosen Täters, der sie benutzte, um seine Gier an ihnen zu stillen und dafür in Form seiner Schuldgefühle den Preis dafür bezahlte.

Alltäglich fanden wir, Opfer und Täter, uns in unserer selbstgewählten Schuldfalle wieder. Wir fühlten uns wohl in ihr, denn sie war im Laufe der Jahre zu einer sogenannten schlechten, aber dennoch unverzichtbaren Angewohnheit geworden. Die Gefühle von Scham und Schuld waren elementare Bestandteile der Droge, von der wir abhängig waren. Solange wir uns unserem Missbrauchstrauma nicht stellten, zwang es uns ein fremdbestimmtes Verhaltensmuster auf. Meine Beziehungen zu Frauen wurden gesteuert durch einen brennenden Schmerz, den ich über Jahrzehnte nicht wahrhaben wollte und dennoch immer aufs Neue wachrief. Eine tiefe, eiternde Wunde, deren Existenz ich leugnete, bis sie mich schlussendlich beinahe das Leben gekostet hätte.

Vor dem Hintergrund des in der Kindheit oder Jugend erlebten sexuellen Missbrauchs, hat der Schmerz von Mann und Frau denselben Ursprung. Im Grunde genommen könnten wir uns als eine Art Schicksalsgemeinschaft betrachten, deren Mitglieder sich im Idealfall solidarisch verhalten und gegenseitig den Rücken stärken. Doch obwohl unser Leid gleich groß, gleich übermächtig und unfassbar ist, fühlen wir uns wie Ausgestoßene und glauben fest daran, zu lebenslanger Isolation verdammt zu sein. Anstatt unseren Schmerz zu teilen und im Mitgefühl unserer Mitmenschen Trost zu finden, ziehen wir uns immer tiefer in unsere Schneckenhäuser zurück.

Die Rolle der Missbrauchten scheint sich unauslöschlich in unser Bewusstsein eingebrannt zu haben. In den kurzen Momenten, in denen wir den Mut finden, den Schleier über unserem Trauma ein wenig zu lüften, empfinden wir die vage aufblitzende Erinnerung an die Quelle unseres Leids als einen so überwältigenden und unerträglichen Schmerz, dass es uns unmöglich, geradezu tödlich erscheint, uns ihm zu stellen und uns im vollen Umfang dem zu stellen, was uns widerfahren ist. Deshalb finden wir uns irgendwann damit ab, dass es kein Entkommen gibt und beschließen, uns in unser Schicksal zu fügen und den Kampf um Heilung aufzugeben.

Zum Zeitpunkt unseres Missbrauchs, hatten wir das Gefühl zu sterben. Ich wage sogar zu behaupten, dass wir in gewisser Hinsicht tatsächlich gestorben sind. Unser Schmerz war so unerträglich, dass wir ihn zusammen mit einem Teil unserer Existenz begraben mussten, um dem Rest von uns das Weiterleben zu ermöglichen.

Das entspricht jedenfalls meiner Erfahrung. Ich habe ewig gebraucht, um den Mut aufzubringen, meine volle Aufmerksamkeit auf dieses schwarze Loch zu richten, dass meine Kindheit in zwei Hälften riss: in die Zeit, bevor ich dem sexuellen Missbrauch ausgesetzt war und in die danach. Bis ich bereit dazu war, haben mich mein Selbsthass und mein maßloser Zorn auf die Welt um mich herum immer wieder in gefährliche, grenzwertige Situationen gebracht. Meine rasende Wut hat mich regiert, mein Leben bestimmt und mich manipuliert. Ich war wie ein ferngesteuerter Roboter auf Zerstörung programmiert.

Für mich gab es nur zwei Optionen, fressen oder gefressen werden, nur Schwarz oder Weiß, nichts dazwischen, keine Grautöne. In diesem Weltbild spiegelte sich mein lebensfeindliches Innenleben. Es war die logische Folge des Krieges, der in mir tobte, eines Krieges zwischen Opfer und Täter, zwischen Frau und Mann, zwischen meiner weiblichen und meiner männlichen Seite. Aus meiner durch diesen inneren Konflikt geprägten Sicht auf das Leben, betrachtete ich meine Mitmenschen als feindselige Wesen. Sie mussten entweder gemieden oder in die Knie gezwungen werden. Dieses Verhalten verstärkte sich in exponentiellem Ausmaß, wenn mir ein Mann oder eine Frau zu nah kamen. Jede Art von Nähe erschien mir brandgefährlich, kam einer Bedrohung gleich.

Als umso erstaunlicher empfand ich es, wenn Menschen dennoch meine Nähe suchten und mein verletzendes Verhalten hinnahmen. Aber ebenso wie ich süchtig danach war, zu zerstören, waren andere süchtig danach, zerstört zu werden. Manche Menschen bettelten förmlich darum, zur Zielscheibe meiner eskalierenden Grausamkeit zu werden.

HARDCORE, Tagebuch eines missbrauchten Mannes basiert auf einer Sammlung von Texten, die im Laufe der letzten zehn Jahre entstanden sind. Ich schrieb sie nieder, um den Zustand meines fragmentierten Selbstbildes möglichst detailliert zu dokumentieren, in der Hoffnung so mich selbst und mein Verhalten besser verstehen zu können. Schließlich erwiesen sich meine Tagebucheinträge als Teile eines Puzzles und halfen mir dabei, mich selbst wieder zu einem ganzen Menschen zusammenzufügen. Ein chaotischer Haufen Splitter, die meinen Gedächtnislücken allmählich auf die Sprünge halfen und sich während des Schreibprozesses zu einem sinnvollen Ganzen ergänzten.

Doch zunächst wollte jeder Einzelne dieser Splitter gedreht und gewendet, genauestens unter die Lupe genommen und analysiert werden. Splitter bestehend aus den bruchstückhaften Erinnerungen, die ich nach und nach aus dem pechschwarzen Höllenschlund herausangelte, der inmitten meiner Kindheit klaffte.

Ich war eine zerrissene Persönlichkeit, die, bevor sie überhaupt eine Vorstellung von der eigenen Existenz als sexuelles Wesen entwickeln konnte, mit der zerstörerischsten und dunkelsten Seite der Sexualität konfrontiert wurde, der Vergewaltigung. Ein kleiner Junge, durch dessen Herz und Bewusstsein ein krankhaft verzerrtes Bild von Sexualität, gleich einem vergifteten Pfahl, getrieben wurde. In der Mitte entzwei gehackt durch die brutalen Axthiebe des sexuellen Missbrauchs, fühlte ich mich wie ein Ast, der vom Baum der menschlichen Gemeinschaft abgeschlagen, von der Welt und der Gesellschaft, sogar von der eigenen Familie abgetrennt worden war. Vor allem jedoch trennte dieser Gewaltakt mich von mir selbst. Dieser klaffende Riss, der sich durch alle Ebenen meines Selbst zog, durch meinen Körper, meine Gefühle, meinen Verstand und meinen Geist, dieser Zustand des Getrenntseins, der wie eine eiternde, offene Wunde in meinem Herzen schwärte, war die tiefgreifendste Folge der Vergewaltigung. Denn dieses Gefühl der Trennung, legte den schwarzen Grundstein der Feindschaft zu mir selbst. Sie brachte mich dazu, mich selbst bis aufs Blut zu peinigen und abgrundtief zu hassen, Tag für Tag mein eigener Quälgeist im Folterkeller meiner inneren Hölle, zugleich Täter und Opfer zu sein. Jeder einzelne dieser Tage war eine weitere schwarze Perle an meiner Halskette aus Stacheldraht, die sich immer tiefer in mein Fleisch grub, je mehr ich an ihr zerrte und sie loswerden wollte.

Meine Erfahrung des sexuellen Missbrauchs und mein nahezu lebenslanger Heilungsprozess schrien nach direktem Ausdruck. Mein Schmerz verlangte danach, sich unverblümt mitzuteilen. Trotz der Ängste, die mich auf meinem Weg durch die Welt der Schatten begleiteten, spürte ich stets tief in mir drin, dass meine Liebe dieses Leben überleben und an ihm wachsen würde. Dieses Gefühl ungeduldiger Zuversicht versetzte mich in Goldgräberstimmung. Ich grub tief, ruhelos und ausdauernd. Unermüdlich durchstreifte ich die dunklen Schächte meiner Seele, denn meine Sehnsucht nach Heilung war groß und verzweifelt.

Dieser Text handelt von dem Heilungsprozess, den ich in den letzten zehn Jahren durchlief. Er erzählt vom Entdecken meines Bedürfnisses nach einer liebevollen Form der Sexualität und der Aussöhnung mit mir selbst. Er schildert meinen Weg hin zu einem Zustand inneren Friedens, meinem Friedensvertrag mit den Frauen dieser Welt und dem Weiblichen, das in jedem Mann zuhause ist.

Erstes Buch – MISSBRAUCH

Eins

Einsamkeit

Einzelgänger

Monolog

allein

beziehungslos

Selbstvorwürfe

Masturbation

Schuldgefühle

Selbstzweifel

beziehungsunfähig

ohne Freunde

verlassen

wertlos

selbstbezogen

Egotrip

One-Night-Stands

isoliert

Selbsthass

am Rand der Gesellschaft

nicht eingebunden

auf sich zurückgeworfen

Spiegelbild

Selbstgespräch

1.1 Back to reality

Es kam,

wie es kommen musste. Am Ende seines ausgedehnten Höhenfluges, stürzte der goldene Reiter ab.

Als ich nach dem brutalen Aufprall zu mir kam, wusste ich nicht mehr, wo oben und unten war. Um Selbstmordkandidaten wie mich wieder in die Spur zu bringen, hatte die Psychiatrie verschiedene Instrumentarien auf Lager. Einige davon basierten auf Routinen, sich wiederholende Abläufe, um die kein Weg herum führte.

Als Nichteingeweihter würde man es nicht vermuten, aber auch in der hermetischen Welt der Irren gab es so etwas wie einen Alltag, gab es Strukturen, die als Orientierungshilfe dienen sollten. Die Klapsmühle wartete mit jeder Menge Leitfäden auf, an denen wir Spinner, die die Bodenhaftung verloren hatten, uns zurück in das ganz normale Leben hangeln sollten.

Eine besondere Rolle in diesem künstlich erzeugten Wirrwarr aus sich überkreuzenden Leitfäden spielte der Morgenkreis, der jeden Morgen direkt im Anschluss an das Frühstück stattfand. Ein Ritual, in dem gelabert wurde bis zum Abwinken und bei dem niemand fehlen durfte.

Und so saßen wir wie jeden Morgen nach dem Frühstück im Kreis und ließen uns die selbstgestrickten Problemchen aus der Nase ziehen. Eine chronisch übermüdete Therapeutin und wir, die Idioten aus der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie. Professionelles Ringen um Verständnis und Aufmerksamkeit traf hier in zuverlässiger Regelmäßigkeit auf sture, bleichgesichtige Verweigerungshaltung.

„Mit einem fröhlichen Guten Morgen begrüßen wir diesen wunderschönen Tag. Willkommen, liebe Bewohner der Station B1 zu unserem Morgenkreis!“

Station B1. B wie bekloppt, irreparabel und unwiderruflich. 1 wie die oberen Zehntausend, das dreckige Dutzend der besonders Bekloppten. „Ihnen auch einen ganz besonders wunderschönen, guten Morgen, Frau Doktor Hansen-Meyer.“

Nach der Begrüßungsformel kehrte meistens erst einmal Grabesstille ein. Alle starrten betreten auf den Boden und mieden den Augenkontakt mit Hansen-Meyer, weil uns ihr ellenlanger Rundumblick total auf den Keks ging. Er sollte so etwas wie Mitgefühl suggerieren. Kam bei uns aber nur extrem klebrig und künstlich an und gab uns das Gefühl, nichts wert zu sein. Ihr Mitleid war echt das allerletzte, definitiv nichts, was wir haben wollten.

Konnte die bescheuerte Kuh das nicht aus unserer Reaktion ablesen? Die war hochgebildet, hatte während ihres Studiums jedes nur erdenkliche Feintuning bekommen, um mit Kapeiken wie uns zu arbeiten, checkte aber eigentlich gar nichts.

„Ja, wie geht es uns denn heute? Nur frei von der Seele weg!“

„Uns geht’s ganz wunderbar, Frau Doktor Hansen-Meyer.“, nuschelte, murmelte der vielstimmige Chor der Sedierten. Und dann ging es los. Auf dieses Stichwort hin öffnete sich die Büchse der Pandora und alle legten los wie irre. Jeder wollte am liebsten eine Stunde lang pausenlos sabbeln und dieselbe Story wie am Tag zuvor erzählen. Jeder wollte am liebsten ganz allein auf der Bühne stehen und den Rest der Mannschaft mit immer demselben Scheiß zu Tode langweilen. Aber dann mussten sich alle damit abfinden, dass das Interview, wie Frau Hansen-Meyer den morgendlichen Smalltalk vornehm titulierte, wie immer nach strengen Richtlinien ablief. In hohem Bogen warf sie einem in der Runde das sogenannte Quasselkissen zu, wobei man, wie beim Hochzeitsstrauß vorher nie wusste, wer diesmal den Anfang machen durfte. Dann stellte sie die Eieruhr, deren lautes Uhrwerk einen ständig daran erinnerte, dass andere auch noch ein Wörtchen mitzureden hatten.

Ich hielt mich meistens kurz. Mein Redebedarf tendierte ohnehin gegen Null. Am liebsten hätte ich einfach nur immer denselben Text abgespult:

Danke der Nachfrage Frau Hansen-Meyer. Ja, heute ist wirklich ein wunderschöner Tag. Ein schöner Tag, um zu sterben.

Meinen aktuelles Lieblingszitat entstammte der total abgegriffenen Ausgabe eines Wildwestromans, den ich mir in unserer kleinen Bücherei hier auf dem Anstaltsgelände ausgeliehen hatte. Im Gegensatz zu dem tapferen Indianerkrieger, dessen würdevolle Abschiedsworte mir in diesem Moment durch den Kopf schossen, sprach ich mein Wort zum Montag natürlich nicht aus, Pokerface.

Wenn SIE erfahren hätten, was in mir vorging, wäre ich bis an mein Lebensende hier eingesperrt geblieben. Und nichts hasste ich mehr, als nicht mehr Herr meiner selbst, ein Gefangener des feindlichen Systems zu sein.

Ein irrer Drogenfreak, eine Gefahr für sich selbst und andere, lautete ihr Urteil. Dabei hatte ich doch einfach nur versucht, mir das Leben zu nehmen. Kein halbherziges, dilettantisches Schmierentheater, kein jämmerlicher Schrei nach Aufmerksamkeit, nein, ich wollte tatsächlich sterben.

Aber das war eigentlich kein Wunder. Selbstmord war doch eigentlich nur das konsequente Finale meines Lebensmottos.

Life like fucking suicide!

1.2 Abort

Ungefähr einen Monat,

bevor ich ins Irrenhaus eingeliefert wurde, saß ich bereits am frühen Vormittag bis obenhin zugedröhnt mit Koks in der beengten Kabine einer öffentlichen Herrentoilette und schrieb folgenden Satz in mein Tagebuch:

Wenn man das Gesamtwerk der Drehbücher erotischer Filmkunst oder passender formuliert, die Fick- und Gebrauchsanweisungen aller Pornos analysieren würde, wäre das öffentliche Klo, also eine dieser Hundehütten, die einen eher zu klaustrophobischen Angstzuständen als zum Kacken animieren, zumindest der zweithäufigste Drehort.

1.3 Porno

Die Location

war winzig, die Luft zum Schneiden. Die Gluthitze der Scheinwerfer brachte das ekelerregende Gemisch aus Gleitmittel, Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten so richtig schön zum Kochen. Den ganzen Vormittag hatten wir schon in den Katakomben einer nach abgestandenem Rauch und verschüttetem Fusel stinkenden Dorfdisco verbracht, ohne auch nur eine einzige, vollständige Szene im Kasten zu haben. Erst hatte die Darstellerin keinen Bock auf Analverkehr und dann war ihr Partner plötzlich völlig abgetörnt und kriegte keinen mehr hoch. Aber die Leute von der Produktion hatten in solchen Fällen ihre bewährten Methoden. Sie bekam mehr Gage und er eine Spritze in den Schwanz.

Schließlich kam das Traumpaar also doch noch in die Gänge. Er hämmerte volles Rohr drauf los und schielte dabei beifallheischend in die Kamera, während das arme Mädel die Zähne zusammenbiss und gleichzeitig krampfhaft versuchte, möglichst vorteilhaft rüber zu kommen. Aus meiner Perspektive hinter dem Monitor wirkte ihr verkniffener Gesichtsausdruck jedoch weder besonders geil noch fotogen. Sichtlich gequält stöhnte sie mit den unbeholfenen Stößen ihres übereifrigen Stechers um die Wette. Mit ihrem vor Anstrengung knallrot angeschwollen Kopf und den aufgepumpten, an ihrem dürren Body reichlich überproportioniert wirkenden Kunsttitten ähnelte sie einer aufblasbaren Bumspuppe, die jeden Moment platzten konnte.

Extrem unerotisch das Ganze. Ich drehe mal wieder eins dieser Bilder, die die Welt nicht braucht, gestand ich mir ein. Aber was soll ich machen, auch einem Pornoking sind manchmal die Hände gebunden.

Während der Kameramann kniend und mit gequältem Gesichtsausdruck auf den schmierigen Fliesen herum rutschte und sich nach Kräften bemühte, den Hintereingang der Darstellerin und dass rasende Glied darin möglichst ungewöhnlich durch eine extrem untersichtige Perspektive in Szene zu setzen, verdrückte ich mich unauffällig in das benachbarte Herrenklo.

Die Kamera kannte das Spiel inzwischen ja in- und auswendig, wusste quasi im Schlaf, welche Einstellungen man brauchte, damit der Fick nachher geschnitten möglichst flüssig und authentisch wirkte. Als Regisseur war ich in dieser Phase des Drehs relativ überflüssig. Mein Amt waren eher die schauspielerischen Einlagen zwischen den koitalen Highlights, die allerdings trotz etlicher Wiederholungen und arbeitsintensiver Proben mit den, meist leicht unterbelichteten Darstellern, oft nur als unfreiwillige Lachnummern endeten. Für den wichsenden Konsumenten mochte das natürlich nebensächlich sein, für mich als ehemaligen Filmstudenten war so ein Ergebnis auf Dauer ziemlich frustrierend.

Aber was soll ich machen? Job ist Job und Wurst ist Wurst und stumpf ist sowieso Trumpf.

Bis also eine der sogenannten Spielszenen dran war, machte ich mich in der Regel unsichtbar und frönte einem meiner Lieblingshobbys, dem ungehemmten Drogenkonsum. Denn eigentlich war diese Arbeit nur stoned zu ertragen. Ich schloss die Toilettentür hinter mir und schniefte zwei fette Prisen Koks, für jedes Nasenloch eine, aus meinem kleinen, fein ziselierten Silberdöschen.

Zeit für ein wenig kreative Innenschau. All der Schrott, der mir den ganzen Tag schon durch den Kopf geisterte und für den ich auf dem Pornoset keinen Ansprechpartner fand, wollte schließlich irgendwohin, er verlangte nach einem Platz in meinem Leben. Was gab es da besseres, als so richtig schön zugedröhnt, mein Tagebuch zu zücken. Es war ohnehin der Gesprächspartner, der mir am liebsten war. Es konnte zuhören.

1.4 Mein Tagebuch / 1

In letzter Zeit

fühle ich mich oft so schrecklich antriebslos. Es fällt mir schwer, mich zu motivieren, mir vorzumachen, dass ich mich als Pornoregisseur auf der Gewinnerseite der Gesellschaft befinde. Tief in meinem Inneren fühle ich, dass ich eines Tages einen hohen Preis für all meine faulen Kompromisse bezahlen werde.

In den kurzen klaren Momenten, die ich zwischen meinen durch Drogen und Sex bedingten Höhenflügen habe, sehe ich eine Art Damokles-Schwert über meinem Kopf pendeln, das jedes Mal, wenn ich es wahrnehme, noch größer und schärfer geworden zu sein scheint. Dann rollt diese schwarze Flutwelle namens Depression auf mich zu und ich ziehe den Kopf ein, stecke ihn in einen klebrigen Treibsand, der sich aus dem Wunderheiler Alkohol, diversen Drogen und kurzen, uniformen Affären mit beliebigen Frauen zusammensetzt.

Den Alltag der Pornodrehs kann ich inzwischen nur noch ertragen, indem ich mich hinter einer Maske aus beißendem Zynismus verstecke. Ich spritze mein Gift in die Welt und verkaufe es meinen Mitmenschen als schwarzen Humor. Wenn auch das als Puffer zwischen mir und der Welt nicht mehr ausreicht, feiere ich eben krank. Und dann geht es erst richtig bergab. Vollgas und ungebremst hinein in einen watteweichen, zeit- und uferlosen Dämmerzustand. Hauptsache, ich bin frei von Gedanken und lästigen Zweifeln. Neben den üblichen, multidrogiden Exzessen hilft mir dann eine gelegentliche Überdosis Schlaftabletten, mich in ein emotionsloses, graues Nichts zurückzuziehen. Auszeit zu nehmen von mir und der Welt.

Aber auch das schützt mich nicht vor den abgründigen Träumen, die klammheimlich in mein schwammiges Bewusstsein dringen. Nachts marschieren regelmäßig nackte Frauen in einem schier endlosen Gänsemarsch an meinem Bett vorbei. Frauen, die keine Hände mehr haben, sie sind ihnen abgehackt worden. Stumm treten sie nacheinander vor mich hin, flehen mich mit gequälten Blicken an und strecken mir ihre blutigen Armstümpfe entgegen. Bevor ich entsetzt hochschrecke, höre ich mich selbst im Halbschlaf weinend um ein Ende des grauenvollen Reigens flehen.

„Ich kann euch nicht helfen. Ihr müsst euch selber helfen.“

Ein schmerzhaftes Stechen in der Brust weckt mich dann ganz und ich habe jedes Mal wahnsinnige Angst vor einem Herzanfall, richtige Todesangst. Bis zum Morgengrauen bleibe ich wach und fürchte mich davor wieder einzuschlafen, von meiner bleiernen Müdigkeit erfasst und zurückgetragen zu werden in jene grauenvollen Folterkeller, dort unten im Land meiner Albträume.

1.5 Ernüchterung

Das Zauberpulver

hatte den euphorisierenden Effekt auf meine Stimmung leider schon wieder verloren. Deshalb legte ich eine extralange Line nach. Bei all dem Gestöhne und dem hektischen Klatschen von Fleisch auf Fleisch war es zwar ziemlich unwahrscheinlich, dass jemand vom Team nebenan etwas mitbekam, ich zog mir das Koks aber trotzdem möglichst leise rein.

Pornosets sind zwar naturgemäß keine Orte, an denen Enthaltsamkeit gepredigt wird, die meisten hauen sich irgend welche Muntermacher rein, um bei Stimmung zu bleiben, aber mein Drogenkonsum war meine Privatsache und ging niemanden etwas an. Vielleicht war der eigentliche Grund für meine Heimlichtuerei, dass ich befürchtete, es hätte meine Autorität untergraben, wenn die anderen gewusst hätten, was für Junkie ich hinter meiner coolen Kulisse war.

Ein Regisseur, den keiner mehr für voll nimmt? Dann wäre das Chaos ausgebrochen, und chaotisch waren die Pornodrehs ohnehin schon genug.

Wie auch immer, der Stoff kreiste wieder hochdosiert durch meine Blutbahnen und mein kreativer Drive kehrte schlagartig zurück.

1.6 Mein Tagebuch / 2

Die Frequenz

meines Konsums schnellt in letzter Zeit unkontrollierbar in die Höhe und das High auf Knopfdruck nutzt sich immer mehr ab. Der sündhaft teure Stoff trägt immer weniger zu meiner Entspannung bei, im Gegenteil, er scheint meine Ängste sogar noch zu schüren. Neben dem erwünschten wohligen, leicht beschwingten Entspannungszustand überfällt mich neuerdings eine hochgradige Nervosität, als mache ein ganzer Ameisenstaat meine Nervenbahnen unsicher und spiele auf ihnen Fangen. Zwei extreme Impulse, gleichzeitig und gegenläufig, ein gelähmter Supermann.

Ich steigere mich in paranoide Zukunftsvisionen hinein, erwarte geradezu, dass ein weiteres apokalyptisches Vorzeichen hinter der nächsten Ecke auf mich lauert. Zum Beispiel dieser seltsame Spruch, den ich neulich beim Asia-Imbiss aus dem Glückskeks zog.

Wer sich mit herzlosen Menschen umgibt, dessen Herz wird im Laufe der Zeit auch steinhart werden.

Hardcore, Hartherz.

Mir verging schlagartig der Appetit und ich musste den Schnellimbiss fluchtartig verlassen. Meinen erstaunten Kollegen von der Pornofront, nannte ich als Grund für meinen überhasteten Aufbruch irgendeinen fadenscheinigen Vorwand. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, ihnen reinen Wein einzuschenken. Allein die Befürchtung, für verrückt erklärt zu werden, hielt mich davon ab.

Dabei war es doch klar wie Kloßbrühe.

Hardcore, Hartherz. Ein verschlossenes Herz. Ein Herz aus Stein.

Das war doch bestimmt ein Zeichen, ein schlechtes Omen.

Ich bin zum heimlichen Sammler geworden, wie besessen horte und verwalte ich einen komplexen Fundus aus kryptischen Botschaften und düsteren Träumen. Um eventuelle Parallelen und Muster sofort zu erkennen, sortiere ich dieses Puzzle täglich neu und versuche manisch, es zu einem vollständigen Bild zusammenzusetzen.

Eine Frage, die mich im Moment vordringlich beschäftigt, ist die, ob es möglich ist, die eigene Seele zu verkaufen und ob sie tatsächlich existiert, diese ominöse Seele.

Was passiert denn mit einem, der keine Seele mehr hat? Fehlt dem dann etwas? Stirbt man daran? Und wer zur Hölle, kauft eigentlich all diese Seelen?

1.7 Die Arbeit ruft

Ich starrte

auf die Zeilen. „Seele verkaufen“, eine echt kranke Fantasievorstellung...

Manchmal war ich beim Schreiben wie in Trance. Kein Wunder bei all dem Stoff, der 24 Stunden am Tag durch meine Blutbahnen zirkulierte.

Noch einmal zog ich mir den Kunstschnee bis weit hinter die Hirnrinde. Die weißen Pferde, wie erwartet erwachten sie schockartig aus ihrem trägen Tagtraum. Ich ließ die Zügel los und sie galoppierten fröhlich drauflos so wie mein Herz, das mit jedem hektischen Schlag das Gift durch meine Blutbahnen pumpte und in meinem Körper verteilte. Ich lehnte mich gegen den Spülkasten und versuchte, mich zu entspannen. Das Koks löste manchmal ein echt beängstigendes Chaos in mir aus. Andererseits herrschte ohne das Zeug leider meistens nur noch Funkstille.

Ich zündete mir einen Glimmstengel an, klappte den Klodeckel hoch und beschloss, erst einmal ein fettes Ei zu legen. Meiner Erfahrung nach waren es gerade die profanen Alltäglichkeiten wie zum Beispiel der Stuhlgang, die am nachhaltigsten zur Entspannung meiner überdrehten Hirnzellen beitrugen.

Als ich eine Viertelstunde später die enge Kabine verließ, fühlte ich mich wie neugeboren. Du musst die Sache positiv sehen, sagte ich mir. Denk an all die Kohle, die du hier verdienst.

In der Frauentoilette nebenan war der öde 08/15-Fick endlich im Kasten. Jetzt fehlte nur noch der sogenannte Cum-Shot, also die Einstellung, wo der Typ abspritzt. Meistens volle Pulle ins Gesicht der Frau, weil die Kunden das angeblich ganz toll fanden und sich gar nicht sattsehen konnten an Frauengesichtern, die mit zähflüssigem Sperma besudelt waren.

Ich fand diese Bilder, die ganze Situation am Set während dieser speziellen Kameraeinstellung, immer ziemlich daneben. Da knieten die Mädels vor den Typen, die sich einen runterholten, nur um ihr ihren Samen an den Kopf zu ballern. Mit ihren weit aufgerissenen Mündern wirkten sie auf mich wie fleischgewordene Pissbecken, sie ähnelten den Urinalen auf dem Herrenklo.

Irgendwie kam es mir absurd vor, wie wir vom Aufnahmeteam um diese ohnehin schon irre Szenerie herumlungerten und darauf warteten, dass die Stecher endlich zum Schuss kamen.

Ich fragte mich, warum die Konsumenten diese Störung hatten und so verrückt waren nach diesen hässlichen Bildern. Meine Vermutung war, dass die Typen in ihrer Kindheit ihre orale Phase nicht richtig ausgelebt hatten. Egal, irgendwann hörte ich auf, darüber zu grübeln, warum die Leute so kaputt waren. Was ging es mich an?

1.8 Mein Tagebuch / 3

Oh, wie geil,

jetzt kriegt die alte Fotze noch eine leckere Eiweißkur gratis in die Fresse!

Da geht ihm aber einer ab, dem gehirnamputierten Flachwichser. So ganz heimlich und allein vor der Glotze daheim...

Was ist eigentlich so erregend daran, einer Frau eine Spermadusche zu verpassen?

Manchmal verspüre ich einen regelrechten Abscheu vor den Pornokonsumenten. Ihre emotionale Beschränktheit, ihre verschissene Abhängigkeit von dem Stoff, den wir am Fließband produzieren, widert mich zutiefst an. Was unterscheidet mich von einem Drogendealer, der seine Kunden verabscheut, weil sie willenlose Junkies sind und ihm so widerlich sklavisch aus der Hand fressen?

Und ja ich weiß, in diesen Zeilen schwingt jede Menge Verachtung mit. Sie ist zeitweilig so stark, dass sich mir eine existenzielle Frage aufdrängt.

Was wäre die Konsequenz, wenn ich dieses Maß an Verachtung auch für mich selbst empfinden würde? Könnte ich damit leben, mich so vor mir selbst zu ekeln? Oder würde ich mir die Kugel geben?

1.9 Cumshot

Der Schlappschwanz

stand verbissen masturbierend und mit geschlossenen Augen in der Ecke. Wahrscheinlich staubte er in seiner beschränkten Vorstellungswelt gerade seine Sammlung an dreckigen Lieblingsphantasien ab, polierte sie zusammen mit seinem Pimmel auf Hochglanz, um endlich zum Orgasmus zu kommen. Seine Partnerin lümmelte derweil demonstrativ gelangweilt auf einem Klodeckel, rauchte mechanisch Kette und wartete auf ihren eiweißhaltigen Fangschuss.

Während der Kerl wie besessen seinen unansehnlichen Halbsteifen bearbeitete, versuchten wir die obszönen Graffiti auf den Klowänden zu entziffern, rätselten im verhaltenen Flüsterton über die diversen Interpretationsmöglichkeiten der literarischen Spontanergüsse triebgesteuerter Discobesucher. Als die Kunstwerke auf den weißen Kacheln nichts mehr hergaben, fingen wir an, hinter dem Rücken des Darstellers, in aller Stille, ähnlich einem Stummfilm mit großen Gesten und überzogener Mimik, die dämliche Wichsfresse des Darstellers nachzuäffen und machten hinter seinem Rücken böse Scherze über ihn. Auch wenn er in der Hackordnung der Pornowelt meilenweit unter uns stand und es der Produktionsleitung scheißegal war, wie wir unsere Ficksklaven behandelten, sollte er doch trotzdem nichts mitbekommen von unseren fiesen Hänseleien, denn jede weitere Verzögerung des Cum-Shots würde zu unseren Lasten gehen und unsere wohlverdiente Pause herauszögern.

Dann war endlich Mittagspause in der Pornofabrik und da blieb das Filmteam gerne unter sich. Schließlich machten wir hier nur unsere Arbeit und hatten ansonsten nichts gemeinsam mit diesen ganzen Nutten und Zuhältern. Auf den Glückskeks verzichtete ich diesmal dankend, irgendwie brachten mir diese Dinger überhaupt gar kein Glück.

Nachmittags, wir kurbelten gerade eine dieser unterbelichteten Lesbenszenen, in der sich zwei ausgemachte Heterofrauen bemühten, geil und begeistert rüberzukommen, während sie sich gegenseitig mit einem Doppeldildo in XXL-Format in die Ärsche bumsten, kam wieder mal einer dieser aufgeplusterten Aushilfsluden ans Set und lieferte Frischfleisch ab. Zwei blutjunge Küken, die nicht für sich selbst sprechen durften. Das erledigte ihr Herr und Meister für sie.

„Das ist taufrische Ware, erste Sahne, gerade erst eingeritten...“

Aus dem Hinterzimmer hörten wir, wie der Typ stümperhaft mit der Produktion um mehr Gage feilschte, er wollte wohl ein bisschen nachverhandeln. Den Mädels war das sichtlich peinlich, unsicher traten sie von einem Stöckelschuh auf den anderen. Ich wollte sie nicht länger zappeln lassen und stellte mich vor.

„Hy, ich bin Clemens Mahler, der Regisseur.“

Die Mädels waren ziemlich gut dressiert, auf das Stichwort Regisseur hin nahmen sie pronto Haltung an. Bauch einziehen, Hohlkreuz machen, Arsch und Titten raus, alles wurde in Windeseile tipptopp getunt auf maximale Optik. Als ob ich der Oberlude vom Dienst wäre.

Ich hasste diese unterwürfige Reaktion, für mich ist das alles nur ein großes Missverständnis. Wer außer mir brachte denn so etwas wie Mitgefühl und Verständnis für diese ganzen Bräute auf? Ich war doch der Einzige am Set, der sie nicht nur wie ein Stück Fleisch taxierte, sondern auch den Menschen hinter dieser billig aufgemotzten Fassade wahrnahm. Ich fragte mich, warum die gar nicht merkten, dass ich anders war und sich hinter meiner Rolle als Pornoregisseur eigentlich ein guter Mensch verbarg, der so weit ging, einen Hauch Mitgefühl in seinen Job einfließen zu lassen? Natürlich so, dass niemand checkte, welch zartes Innenleben sich unter meiner harten Schale verbarg, Mitgefühl undercover sozusagen.

Nein, ich bin nicht so ein Drecksschwein von Ausbeuter wie du, hätte ich dem Muskelmann mit blondierter Dauerwelle am liebsten entgegnet, als er mir kollegial grinsend seine klobige Ghettofaust zum Abschied hinhielt. Meine Meinung sagte ich ihm dann doch lieber nicht, ignorierte aber immerhin erfolgreich seinen Anbiederungsversuch. Die Tatsache, dass ich ihn links liegenließ, war ihm nicht mehr als ein Achselzucken wert. Anstatt sich mit mir anzulegen, hob er noch einmal drohend seinen wurstigen Zeigefinger und starrte seine Hühner in Grund und Boden.

„Das ich keine Klagen höre!“

Um die Ernsthaftigkeit seiner Aussage etwas abzumildern, lächelte er dünnlippig, ich spürte aber allzu deutlich, dass er es bitterernst meinte.

Was mich angesichts solcher Szenen immer wieder beschäftigte, war die Frage, warum reihenweise hübsche, nette Frauen auf solche brutalen Hinterwäldler hereinfallen und sich nach Strich und Faden von ihnen verarschen ließen. Dieses Phänomen zwischenmenschlicher Anziehung war mir absolut schleierhaft.

Steckte dahinter der fragwürdige Wunsch, unter dem Schutzschirm einer archaisch anmutenden Männerherrschaft zu stehen oder eine fragwürdige Sehnsucht nach Anerkennung, die sie glaubten durch Erbringung sexueller Dienstleistungen erarbeiten zu können? Oder waren sie schlicht und einfach knallhart auf Unterwerfung programmiert?

Die beiden Frischlinge hatten kaum Zeit Luft zu holen, da war schon einer dieser abgefuckten Altprofis zur Stelle, die als Darsteller durch die Pornoszene swingten und sich für lau durchfickten. Er hieß Manfred und wollte die neuen Küken natürlich sofort Probefahren.

„Na, ihr süßen Jungfotzen? Hat man euch denn heute schon den Arsch gepudert? Oder steht ihr mir als schön enge Jungfrauen zur Verfügung?“

Schon beim widerlich säuselnden Klang seiner Stimme, standen mir sofort die Haare zu Berge. In meinen Augen war der Typ nichts anderes als ein verkappter Pädophiler, der die Rolle des alternden Dandys spielte. Der charmante, liebe, nette Onkeltyp, der die Finger nicht von den Teenies lassen konnte, je jünger, desto besser.

Er nervte mich dann auch gleich mit einer seiner wahnsinnig geilen Ideen für eine Szene, bei der die jungen Hühner um die Wette blasen sollten und die Begabtere von beiden mit einem extra Scheinchen belohnt würde. Das alte Sexmonster war immens stolz auf seinen langen Spargel und musste ihn einfach zwanghaft in jedes Loch stecken, das nicht amtlich versiegelt war.

So genannte Schnellschüsse, die fast nichts kosteten und bei längeren Drehs nebenbei entstanden, wurden bei der Produktion gerne gesehen. Die wurden dann später in sinnentleerten Kompilations wie Best-of-total-versaute-Teenies oder Best-of-total-arschgefickte-Hausfrauen zusammengefasst und mit schickem Hochglanzcover unters wichsende Volk gebracht. Aus Scheiße Gold machen, so nannten das die Herren von der Produktion.

Fickt euch doch ins Knie! Das ist mir doch alles scheißegal. So oder so ähnlich lautete mein lautloser Kommentar. Dann nickte ich abschließend resigniert in die Runde und während alle auf Position gingen, verkrümelte ich mich erneut in Richtung Herrenklo. Ich hatte schon wieder Schmacht, Lust auf ein bisschen Schnee, obwohl ich ab dem späten Nachmittag eigentlich lieber Joints rauchte, die Dinger eigneten sich gut zum Runterkommen. Allmählich kam es mir so vor, als ob ich mehr Zeit auf dem stillen Örtchen verbringen würde, als auf sonst einem Platz auf der schönen, weiten Welt. Auf eine verdrehte Art gefiel es mir sogar, high auf einem Klodeckel zu sitzen, mit mir selbst über das Leben zu philosophieren und meine sporadischen Erkenntnisse meinem Tagebuch anzuvertrauen. Da kam einem keiner quer und laberte mich mit irgendwelchen hirnverbrannten Dünnsinn voll.

Irgendwie gefiel ich mir auch in der Pose eines postmodernen Philosophen. Eine öffentliche Toilette war das perfekte Ambiente für schwermütige, gesellschaftskritische Einflüsterungen der Seele. Mir mein Klo, so wie Diogenes seine Tonne. Mein griechischer Urahn und Bruder im Geiste, wäre bestimmt stolz auf mich gewesen.

1.10 Mein Tagebuch / 4

Wie ist es

eigentlich möglich, gleichzeitig ein naturalborn Frauenversteher und ein potentieller Vergewaltiger sein?

Das ist der groteske Spagat, der mich innerlich zu zerreißen droht. Ich will die Frauen vor den bösen Männern beschützen. Also letztendlich auch vor mir selbst? Was für ein völlig verdrehtes Helfersyndrom.

Das eigentlich Verstörende in meinem Leben sind diese ganzen inneren Widersprüche. Zum Beispiel mein Job als Pornoregisseur. Ich hasse diese moderne Form der Sklaverei, bin aber schon seit meiner frühen Pubertät pornosüchtig. Im zarten Alter von 13 Jahren entdeckte ich das Versteck, in dem mein Vater sogenannte erotische Literatur sammelte.

Da waren ziemlich kranke Texte dabei, ein kriegsverherrlichender Porno zum Beispiel, der Sex und Gewalt grausam verknüpfte. Er handelte von einer Horde durchgeknallter Soldaten, die marodierend durch das Hinterland zogen, um sich an der Zivilbevölkerung für den verlorenen Krieg zu rächen. In einigen Passagen des Buches wurden Männern und Frauen während des erzwungenen Koitus die Bäuche aufgeschlitzt und die Hälse durchgeschnitten, damit ihre Arschlöcher und Mösen im Todeskampf verstärkt zuckten und krampften. Und die Monster in Uniform schwärmten anschließend über die besonders geilen Schwanzmassagen und den besonderen Kick, den sie sich auf diese Art beschafft hätten. Selbst in puncto Lustmorde an Kleinkindern, kannte dieses kranke Machwerk keine Grenzen.

So abschreckend und ekelerregend ich diese bestialischen Schilderungen auch fand, es machte dennoch sofort Klick in mir, nicht nur im Kopf, sondern auch in meinem Körper. Und ich entwickelte eine starke Abhängigkeit von solchen Bildern und Fantasien, bekam ohne brutale Wichsvorlagen schließlich keine Erektion mehr.

Bis dahin hatte ich mir die lustvollen Situationen immer selbst ausgedacht. Meine Vorstellungswelt beim Onanieren war noch erfüllt von kindlicher Naivität und dementsprechend harmlos gewesen. Sie besaß einen gewissen Touch von Unschuld. Doch nun verkümmerte meine eigene, bunte Erfindungsgabe und wurde ersetzt durch fremde, kalte Klischees. Am Ende dieses Prozesses, fühlte ich mich wie ausgebrannt und musste diese Leere täglich zwanghaft mit den Hochglanzbildern der Pornoindustrie vollstopfen.

Und dann begann diese Gewaltspirale, sie fing an sich schneller und schneller zu drehen. Ich gierte nach immer härteren Motiven, je brutaler der Sexualakt und devoter die Rolle der Frau, desto mehr geilte es mich auf. Schließlich war ich programmiert auf eine Fusion aus massiver Pfählung und knochenbrechender Kreuzigung. In meiner maßlosen Gier wurde ich zu einem sabbernden Monstrum.

Es war ein Teufelskreis aus Gier und Scham. Kaum war ich gekommen und meine Erregung verpuffte, schämte ich mich in Grund und Boden. Blutige Kastrationsfantasien quälten mich. Ich mochte kein Mann mehr sein. Ich wollte das verdorbene, todbringende Genital mit Stumpf und Stil aus mir herausschneiden, mich selbst ausweiden und meine mörderische Sexgier mit dem Feuer der Selbstzerstörung bekämpfen.

Das ging solange, bis meine Lust meine Scham erneut überwucherte und mich zurück an den Futtertrog aus geilen Abziehbildern zog. Und damit schloss sich der Teufelskreis um mich und alles ging wieder von vorne los. Eine endlose Kette aus zwanghaften Wiederholungen, aus der es kein Entkommen gab. Scham, Gier, Scham, Gier.

Seitdem bin ich ein Junkie, neben zig anderen Abhängigkeiten, die sich inzwischen dazugesellt haben, bin ich vor allem pornosüchtig. Bei Muschibildern hakt es bei mir vollständig aus. Ich höre auf zu denken, bin nur noch ein hungriger Schwanz. Ich bin verrückt nach dem geilen Scheiß.

Das Zeug hat weit mehr Suchtpotential, als die meisten User zugeben würden. Meiner Ansicht nach, ist Porno wohl einer der am meisten unterschätzen Suchtstoffe weltweit. Eine verfluchte Droge, die damals klammheimlich in mich hineinkroch, Teile meines Bewusstseins auslöschte und begann, mein Herz und mein Hirn langsam von innen her aufzufressen.

Ein hinterhältiger Parasit, der sich seit meiner Pubertät nachts in meine Träume bohrt und mich auf den Pornoplaneten entführt. Dort gibt es abertausende fickwilliger Mösen und Ärsche und Münder, allesamt dauerfeucht und scharf auf mich. Die bespringen mich im Akkord, um mich mit meinen Suchtstoff, ultrahartem Zombiesex, zu betanken.

Sexuelle Zwangsbeglückung, genitale Druckbetankung am laufenden Band, und ich reagiere selbst im Tiefschlaf mit einen Dauersteifen, lüstern sabbernd wie ein debiler Vollidiot.

Träume, die meine Sinne vernebeln, verkleben und aus denen ich mit quälender Schuld erwache, um mit zerrissenen Gefühlen den Feind in meinem Spiegel anzustarren. Obwohl ich mich dafür hasse, so willenlos und schwach zu sein und nicht Nein sagen zu können zu diesen ferngesteuerten Pornofotzen, spiele ich das böse Spiel doch freiwillig mit.

Ich hasse Porno und kann trotzdem nicht die Finger davon lassen. Er hat etwas Fesselndes, Zwingendes. Ich werde die Bilder einfach nicht mehr los. Sie werden zur Besessenheit, zu Geistern, die mich unablässig verfolgen. Sie rufen mich Tag und Nacht. Sie quengeln und befehlen, peitschen mich zurück zur schier unerschöpflichen Quelle meines Selbsthasses.

Ihr kranken Kinderlein kommt herbei, so kommt doch alle! Ich weiß wonach euch dürstet! Trinkt, sauft das Gift, das Schuld und Scham so prächtig gedeihen lässt! Und eure Gier wird sich bis ins Unermessliche steigern!

Hereinspaziert, ein Platz in der Vorhölle ist für euch reserviert. Hier werdet ihr erstklassig bedient, mit Schlüsselreizen am laufendem Band. Kommt und genießt das kunterbunte Programm, das affengeile Frauenopfer, das wir so schön lecker für euch in Szene gesetzt haben.

Kommt und rubbelt eure Schwänze blutig. Ja, wichst euch restlos um den Verstand!

1.11 Mentales Reset

Und wieder einmal

machte sich Erleichterung in mir breit. Ich war etwas losgeworden, hatte geistigen Ballast abgeworfen, einen gigantischen Bärenschiss voller nebulöser Düsternis in den Orkus namens Tagebuch gejagt.

Mal ehrlich, wem, zur Hölle, sollte ich sonst all diesen kranken Bullshit guten Gewissens anvertrauen? Bei meinen wirren Hirngespinsten, hätte doch garantiert jeder noch so abgebrühte Therapeut schreiend Reißaus genommen, oder?

Ich klappte mein geliebtes Tagebuch zu und verließ kurz mein räumlich beengtes Exil, um mir einen Kaffee zu holen. Auf dem Weg zurück in mein, nach altem Urin stinkendes Refugium, machte ich einen kurzen Abstecher an das Filmset und sah nach dem Rechten. Da ging alles seinen gewohnten Gang.

Münder gaben unartikulierte Stöhngeräusche von sich und hübsch geformte Körper klatschten rhythmisch aufeinander.

Der Kaffee schmeckte schal und abgestanden, wie alles an diesem Tag. Ich nahm noch eine gut bemessene Nase, zündete mir eine Zigarette an, inhalierte tief und zückte erneut meinen goldenen Stift.

1.12 Mein Tagebuch / 5

Unter dem Deckmantel

von Lifestyle und fadenscheiniger Liberalität wird unser natürliches Bedürfnis nach erotischem Genuss und lustvoller Freude am Körperlichen zerstört und uns eine sogenannte freie, tabulose Sexualität verkauft, die zu Lieblosigkeit und Abstumpfung führt.

Alles steht unter einer Devise:

Der Trennung von Liebe und Lust.

Ficken als Selbstzweck, möglichst frei von jeglicher emotionaler Bindung.

Die Experten dieser Glaubensrichtung versammeln sich einmal im Jahr bei einer sogenannten Sexmesse. Bei dieser Gelegenheit feiern sie sich selbst und den ganzen kranken Schrott, den sie im Jahr zuvor fabriziert haben. Die begabtesten Ficksklaven und die kreativsten Hersteller von Wichsvorlagen werden mit schicken Trophäen ausgezeichnet.

Glänzende Frauentorsos aus hochglanzpoliertem Edelstahl. Ausladende Geschlechtsteile mit Brüsten dran.

Frauen ohne Arme und Beine, ein Pokal mit vielsagender Symbolik. Er verdeutlicht, worauf das Weibliche in diesem Mikrokosmos reduziert wird. Kopflose Gebär- und Fickmaschinen, das entspricht im Großen und Ganzen dem gängigen Frauenbild in Pornofilmen.

Weglaufen oder sich wehren, kann eine Frau, die weder Füße noch Hände hat, nicht. Die Möglichkeit, einen eigenen Willen zu entwickeln oder jemanden zu streicheln, hat sie als Torso natürlich ebenfalls nicht, aber dergleichen ist in diesem Business auch nicht besonders gefragt.

1.13 Deep-throat-Massaker

Als ich zurück

an das Set kam, waren die beiden Frischlinge schon voll in Aktion, fest ins Team eingebunden sozusagen. Während sie es knallhart von hinten besorgt kriegten, mussten sie auf Manfreds Kommando hin abwechselnd an seiner Nudel lutschen, je tiefer desto besser. Als die eine würgend und erstickt schluchzend anfing zu weinen, packte er sie an den Haaren, schob seinen monströsen Riemen noch ein bisschen weiter in ihren Hals und wedelte zur Motivation mit einem Hunderter.

„Ja, meine kleine Schwertschluckerin, so ist es brav. Ohne Schweiß kein Preis.“

Das Set brach in schallendes Gelächter aus, selbst der Kameramann verlor leicht hysterisch gackernd die Beherrschung. Ich starrte benommen auf den Monitor, sah das verwackelte Bild der jungen Frau und ihre rot aufgequollenen, ängstlich aufgerissenen Augen. Die Kamera filmte sie gerade sehr nah, close-up, damit später auch jeder Konsument haargenau ihre bitteren Tränen sehen kann und wie sehr sie sich an Manfreds langem Rohr abmühte. Es kam mir vor, als würde hinter den dünnen Wänden der Diskothek, jenseits des Pornosets, ein unsichtbarer Dämon die männlichen Akteure der legitimierten Misshandlung anfeuern, ihnen mit den Worten applaudieren:

Ist das nicht einfach megageil, Jungs, wie diese Jungfotze mit dem Brechreiz kämpft? Wie herrlich sie sich quält für einen läppischen Bonus? Wie sie sich aufgibt für eine kleine Finanzspritze?

Der Kommentar, der mir in diesem Moment durch den Schädel ging, schien einen Kontrapunkt zu bilden zu dem des Dämons.

Na los, Mädel, dachte ich. Kotz dem kranken Kinderficker jetzt die teure Hose voll. Oh ja bitte, tu mir den Gefallen.

Ich fing einen hilfesuchenden Seitenblick der Darstellerin auf. Wahrscheinlich hoffte sie, dass ich als Regisseur gleich einschreiten und die Aufnahme beenden würde.

Aber es war wie in meinem Traum von den Frauen, die keine Hände mehr hatten. Ich hatte zwar noch beide Hände, aber sie waren gebunden von Sachzwängen und anderen Verpflichtungen. Ich konnte ihr nicht helfen. Aber ich hatte einen guten Rat für sie. Auch wenn ich ihn wie üblich nicht laut aussprach, sendete ich ihn ihr in Gedankenform.

Gewöhne dich schon mal daran, meine Kleine. Du bist nun in den Händen von Menschenfressern. Dir bleiben nur zwei Optionen und die sind beide nicht besonders erfreulich.

Entweder du frisst den Dreck oder du wirst gnadenlos aufgefressen.

1.14 Mein Tagebuch / 6

Wer Montags

schön scheiße aussieht, hat ein tolles Wochenende hinter sich. The day after, das ist auch so eins meiner ewigen Déjà-vus.

Heute morgen bin ich mit bleischwerem Kopf aufgewacht. Gestern ist es sehr spät geworden, ich habe mich mit dem Kameramann volllaufen lassen. Der Typ ist zwar auch ein Zombie, aber in diesem Pornoknast der Einzige, mit dem ich überhaupt mal ein einigermaßen normales Wort wechseln kann.

Denn das ist das Schlimmste an diesen marathonartigen Produktionen, sie gleichen einer vorübergehenden Inhaftierung. In der Regel dauern sie zwei Wochen und finden irgendwo im Niemandsland in Ferienanlagen statt, wo man sich aus Mangel an Touristen über gut zahlende Pornoproduktionen freut.

Da werden dann wie am Fließband Wichsvorlagen hergestellt. Pornofabrik, von früh morgens bis spät nachts, vierzehn, unerträglich endlose Tage lang. Mit mehreren Teams gleichzeitig, um Produktionskosten zu sparen und die Darsteller, Männer wie Frauen optimal auszunutzen.

Nach diesem Schema läuft die Gewinnmaximierung nach Pornoart ab. Als würde man in einem Restaurant dasselbe Steak gleich drei mal hintereinander an verschiedenen Tischen servieren. Spätestens nach einer Woche fangen die Schwänze und Mösen an zu glühen. Dann ist die Luft raus und alle bräuchten eigentlich eine Fickpause.

Aber keine Chance, es ist wie auf einer mittelalterlichen Galeere. Die Produktion gibt den Takt vor, trommelt unerbittlich und die Sträflinge müssen weiter rudern, ob sie wollen oder nicht.

Pornodrückerkolonne. So titulieren wir im Team unsere momentane Arbeitssituation. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

1.15 Böses Erwachen

Mein Kopfkissen

war klitschnass. Ich schob es über die Bettkante und hörte, wie es mit einem dumpfen Plumpsen auf der billigen Auslegeware landete. Stöhnend angelte ich mir Ersatz von der anderen, unbelegten Seite des Doppelbettes. Und war heilfroh, als ich feststellte, dass dort keine Frau lag. Im Laufe so einer versoffenen Nacht wäre es immerhin gut möglich gewesen, dass ich schwach geworden wäre und einen meiner wenigen löblichen Grundsätze über den Haufen geworfen hätte.

Keine Frauen aus dem Cast zu bumsen.

Denn es gab nichts, was mich an einer Frau mehr abturnte, als ihr den ganzen Tag dabei zuzuschauen, wie sie von diversen Mackern in diverse Löcher penetriert wurde. Ich weiß, dass diese Art von Peeping manche Regisseure total aufgeilte. Je durchgenudelter die Weiber waren, desto besser. Eine Vorliebe, die ich nicht als eine Frage des Geschmacks einordnete. Hinter solch einer Neigung vermutete ich andere Beweggründe. Vielleicht, weil sie dann ihre ohnehin nur rudimentär ausgebildeten Hemmungen vollends über Bord werfen konnten und den Starletts nach Drehschluss so richtig ungehemmt Saures geben konnten.

Für mich waren die Mädels von Set jedenfalls ein echtes No-Go. Und ich war erleichtert, dass diese Sicht der Dinge auch meinen gestrigen Vollsuff unbeschadet überstanden hatte, denn mir war jetzt weder nach Smalltalk noch nach einer schnellen Nummer zumute. In meinem momentanen Zustand war es besser allein zu sein.

Mein Schädel drohte zu zerspringen, jede ruckartige Bewegung löste ein in Wellen heranrollendes Nachbeben hinter meiner Stirn aus. Ich beschloss, dass es am besten war, erst einmal gar nichts zu tun und legte meinen Kopf vorsichtig wieder ab.

Es war nicht allein die Nachwirkung des Besäufnisses, die in mir rumorte. Unscharf konnte ich mich an einen grauenhaften Albtraum erinnern, in dem ich selbst der Hauptdarsteller war.

Während ich mich bemühte, den Traum zu rekonstruieren, dämmerte ich benommen zwischen Schlafen und Wachen, meine Sinne noch halb versunken im dunklen Meer der Nacht. Ich spürte, dass dort unten, in der unendlichen Finsternis, etwas auf mich lauerte. Ich wurde dort erwartet, wusste aber nicht von wem.

1.16 Mein Tagebuch / 7

Es ist

einer dieser Momente, in denen der bunte Schleier des Alltags kurz vom Gesicht der Lebens rutscht. Eine dieser raren Gelegenheiten, in denen ich hinter die Kulissen der irdischen Existenz blicken darf. Auf diese Erfahrung kann ich mich nicht vorbereiten. Und ich weiß, dass ich jetzt all meinen Mut zusammenzunehmen muss, wenn ich diese flüchtigen Eindrücke festhalten und ergründen will.

Meine Neugier oder meine Furcht vor dem Unbekannten, welcher von diesen beiden Impulsen gewinnt die Oberhand? Denn ich bin nicht zum Abenteurer geboren. Wenn es wirklich ernst wird, pflege ich zu kneifen und bin froh, wenn der Kelch der Wahrheit an mir vorüberzieht. Meistens bin ich froh, wenn diese düsteren Traumbilder wieder in den tiefen Falten meines Gedächtnisses verschwunden sind.

Doch dann ertaste ich unversehens den losen Traumfaden, der geduldig vor meiner Nase baumelt und ziehe wagemutig an ihm. Einer nach dem anderen erscheinen dunkle Gestalten auf der Bildfläche, die unter der verspiegelten Oberfläche meines Bewusstseins an unsichtbaren Fäden ziehen. Meister der Manipulation, die sich im Alltag als Menschen tarnen und selbst in der Welt der Träume und Geister ihr wahres Gesicht hinter Masken verbergen.

Fleißig und gut organisiert wie Termiten sammeln sie pausenlos Macht über andere und wickeln sie ein in einen Zustand sklavischer Abhängigkeit.

Eine Vorstellung, bei der mir eine kalte Gänsehaut über den Rücken läuft. In meinem Bauch rotiert ein großer, grauer Eisklumpen, geformt aus Angst.

Denn plötzlich sehe ich sie glasklar vor mir. Die Meister der Manipulation, die mich an unsichtbaren Fäden dirigieren.

Genau das geschieht hier an jedem einzelnen Tag auf diesem verdammten Pornodreh. Wir verwandeln uns allmählich in Leibeigene. Das Schlimme ist, dass wir eigentlich ganz genau wissen oder zumindest spüren, was mit uns geschieht. Doch aus Furcht, uns den Tatsachen zu stellen, machen wir auf ahnungslos und stellen uns vorsätzlich dumm.

Ich frage mich, was denen wohl wichtiger ist. Die fleischliche Hülle namens Mensch oder die Seele, die im durchgefickten Körper eines namenlosen Darstellers wohnt?

Sind diese Menschenfresser auch Seelenfresser? Sind sie es, denen ich meine Seele verkaufe? Ist diese ganze Pornoindustrie vielleicht nur die Kulisse für etwas ganz anderes? Für eine groß angelegte Hetzjagd auf orientierungslos durch die Welt taumelnde Seelen?

1.17 The day after

Im Frühstücksraum

herrschte ein wildes Durcheinander, Hauen und Stechen am Buffet. Der Tonmann organisierte sich gerade englisches Frühstück, ein nach ranzigem Fett stinkender Berg von Rührei, Speck und Würstchen. Allein von dem Geruch, verging mir schlagartig der Appetit. Als ich vorsichtig an meinem Kaffee nippte, hatte ich starke Schluckbeschwerden und mein Hals fühlte sich merkwürdig geschwollen an.

Dieses Unwohlsein rief mir einen weiteren Traum der letzten Nacht in Erinnerung. Nur einen winzigen Ausschnitt daraus, ähnlich des Witterns eines unangenehmen Geruchs. Ein diabolisches Fragment.

Mitten in der Nacht stank es plötzlich penetrant nach Schwefel. Ein bleischweres Gewicht lag auf mir und drückte mich tief in die Matratze meines Bettes. Eine gallertartige, schwammige Substanz, aus deren unförmiger Mitte heraus ein schwarzer, undeutlicher Schemen, unerbittlich wie ein Schraubstock, meinen Kopf umklammerte und einen harten Gegenstand in meinen Mund zwängte. Ihn derart brutal tief in meine Kehle schob, als versuchte er mein Gehirn zu pfählen.

Wie diese grausame Geschichte endete, erschloss sich mir leider nicht. Oder Gott sein dank...

Ich ließ mir nichts anmerken und schlürfte gequält lächelnd den lauwarmen Kaffee, um mein säuerlich aufkeimendes Gefühl von Übelkeit im Schach zu halten.

Nebenbei bemühte ich mich, mir einen Reim auf diese, wie eine Vergewaltigung anmutende, Szene zu machen. Konnte es sich bei diesem Albtraum eventuell um den verzweifelten Versuch meines Unterbewusstseins handeln, den gestrigen, spontanen Dreh mit den beiden Frischlingen zu verarbeiten?

Wie hieß die Kleine noch mal, der am Abend zuvor so übel mitgespielt wurde? Nadja?

Als ich mich verstohlen umblickte, entdeckte ich ein paar Tische weiter die junge Frau, die Manfred zum Deep-Throat genötigt hatte. Sie sah leichenblass und übernächtigt aus, stocherte lustlos in ihrem Müsli und machte eine angestrengt gute Miene zum bösen Spiel.

Widerwillig gestand ich es mir ein. Sie tat mir leid.

Aus Erfahrung wusste ich, dass sich jede Art von Mitgefühl an einem Pornoset ganz fix zu einem Luxusproblem auswachsen konnte. Trotzdem lag mir erneut eine Botschaft auf der Zunge. Ich wollte ihr etwas mitteilen, tat es aber nicht.

Gestern haben alle diese fiesen Stecher gecheckt, dass du deine Gefühle nicht im Griff hast. Sie haben deine Angst und dein Ausgeliefertsein gerochen. Deine Angst vor deinem Zuhälter und auch vor dem, was im Rahmen des Drehs auf dich zukommen wird.

Die Meute hat Witterung aufgenommen. Dein sichtbarer Schmerz, dein unverhülltes Leid ist das Licht, auf das diese Bestien gewartet haben. Ab jetzt umkreisen dich die Motten des Missbrauchs. Und so schnell wirst du sie nicht wieder los. Jetzt will die Elite der besonders kranken Arschficker mit dir drehen. Sie sind ganz scharf darauf, dich zu quälen und sich auf deine Furcht einen abzuwichsen.

Nach und nach werden sie dich totficken. Denn darin haben sie jede Menge Übung. Sie sind die Profis unter den Killerfickern.