HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND - Ronald M Hahn - E-Book

HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND E-Book

Ronald M. Hahn

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Beschreibung

Roger O'Donnell ist ein kleiner Trickbetrüger. Er nimmt die Reichen aus und beschenkt die Armen: sich selber. Momentan ist er ein ziemlich mittelloser Trickbetrüger, denn er wird vom Pech verfolgt. Gerade als er in Omaha einen alten Freund trifft, der ihm aus der Patsche helfen könnte, wird dieser ermordet. Roger macht das Beste draus: Er schlüpft in die Rolle des Toten. Doch das Pech bleibt ihm treu. Denn der Tote hat sich verpflichtet, eine europäische Gräfin und deren Gesellschafterin zu begleiten – eine Aufgabe, der Roger nun nachkommen muss, um nicht aufzufliegen. Nur mit Mühe gelingt es ihm, vor den beiden Frauen und den sie beschützenden Pinkerton-Detektiven glaubwürdig zu bleiben. Dann aber wird die Gräfin entführt, und die Pinkertons beißen ins Gras... Es bleibt nur noch ein Mann übrig, der Gräfin Lola Montez retten kann... HARDCORE-WESTERN, BAND 2 von Ronald M. Hahn enthält die ebenso spannend-mitreißenden wie humorvollen Adult-Western-Romane DIE ROTE LOLA, ES KREISEN DIE GEIER, HEISSE NÄCHTE IN LAREDO, DAS CHAOS-QUARTETT und IN SCHLECHTER GESELLSCHAFT.

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RONALD M. HAHN

 

 

HARDCORE-WESTERN,

BAND 2

 

 

Fünf Romane in einem Band

 

 

 

 

Der Romankiosk

Impressum

 

 

Copyright © by Ronald M. Hahn/Der Romankiosk.

Mit freundlicher Genehmigung des Apex-Verlags.

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.

Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.

Satz: Apex-Verlag.

 

Verlag: Apex-Verlag, Winthirstraße 11, 80639 München.

Verlags-Homepage: www.apex-verlag.de

E-Mail: [email protected]

 

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

 

1. DIE ROTE LOLA 

2. ES KREISEN DIE GEIER 

3. HEISSE NÄCHTE IN LAREDO 

4. DAS CHAOS-QUARTETT 

5. IN SCHLECHTER GESELLSCHAFT 

 

 

Das Buch

 

Roger O’Donnell ist ein kleiner Trickbetrüger. Er nimmt die Reichen aus und beschenkt die Armen: sich selber.

Momentan ist er ein ziemlich mittelloser Trickbetrüger, denn er wird vom Pech verfolgt. Gerade als er in Omaha einen alten Freund trifft, der ihm aus der Patsche helfen könnte, wird dieser ermordet.

Roger macht das Beste draus: Er schlüpft in die Rolle des Toten.

Doch das Pech bleibt ihm treu. Denn der Tote hat sich verpflichtet, eine europäische Gräfin und deren Gesellschafterin zu begleiten – eine Aufgabe, der Roger nun nachkommen muss, um nicht aufzufliegen.

Nur mit Mühe gelingt es ihm, vor den beiden Frauen und den sie beschützenden Pinkerton-Detektiven glaubwürdig zu bleiben. Dann aber wird die Gräfin entführt, und die Pinkertons beißen ins Gras... Es bleibt nur noch ein Mann übrig, der Gräfin Lola Montez retten kann...

 

Hardcore-Western, Band 2 von Ronald M. Hahn enthält die ebenso spannend-mitreißenden wie humorvollen Adult-Western-Romane Die rote Lola, Es kreisen die Geier, Heiße Nächte in Laredo, Das Chaos Quartett und In schlechter Gesellschaft. 

  1. DIE ROTE LOLA

 

 

 

1.

 

Ein feuchter Wind pfiff durch die Main Street von Omaha als Roger O’Donnell sich mit gespielt fröhlicher Miene von einem Spieltisch im Northern Saloon erhob und seine Karten hinwarf.

»Bye«, sagte er mit einem Grinsen und setzte sich in Richtung Tresen in Bewegung. »Den Rest eures Geldes hole ich mir ein anderes Mal.«

Die Spieler lachten erheitert. Einer lachte besonders laut. Er war als Ken der Kartenhai bekannt und glaubte, einen sehr guten Grund zur Freude zu haben: Er hatte Roger nämlich bis aufs letzte Hemd ausgeplündert und war nun um 5.050 Dollar reicher.

Natürlich hatte Ken mit gezinkten Karten gespielt. Roger wusste es. Er hatte einen Blick dafür. Er nahm es ihm aber nicht übel. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, den Tisch umzuwerfen und seinen Gegenspieler schmutziger Tricks zu beschuldigen. Um die 50 Dollar tat es Roger allerdings Leid, denn sie waren fast seine ganze Barschaft gewesen. Auf die restlichen 5000 konnte er freilich leicht verzichten, denn dabei handelte es sich um die Aktien einer nicht existierenden Silbermine in New Mexico.

Pech im Spiel – Glück in der Liebe? Als Roger am Tresen stand, bestellte er ein Bier und dachte nach. In seiner Tasche klimperten die letzten fünf Dollar. Dafür konnte er hundert Bier trinken oder zehn Nächte im Hotel verbringen. Beziehungsweise fünf Nächte, wenn er Wert auf drei tägliche Mahlzeiten legte. Doch wenn das Geld verpulvert war... Sollte er als Mann von Welt wieder in ein Büro zurückkehren?

Er seufzte und schüttelte sich. Draußen krachte ein Blitz, dann prasselte Regen auf die Stadt herab. Nebraska war nicht Kalifornien. Im Gegensatz zur Westküste gab es hier gelegentlich richtiges Wetter.

Dann ging die Schwingtür auf. Ein Mann trat ein. Seine Kleidung ließ sofort erkennen, dass er aus dem Osten kam. Roger musterte ihn kurz und fragte sich, ob er wohl eine Chance hatte, ihm ein Pfund gefälschte Aktien anzudrehen. Doch dann stutzte er.

Der Neuankömmling sah ihn im gleichen Augenblick.

»Der Teufel soll mich holen«, sagte er. »Roger O’Donnell!«

»Pssst«, sagte Roger leise und schaute sich um. Doch niemand schien seinen Namen gehört zu haben. »Nenn mich nur Roger.«

Der Mann, der in etwa seine Statur hatte, trug einen teuren Bowler. An seiner Weste war die Kette einer goldenen Taschenuhr zu sehen. Er war ein Jahr älter als Roger, und sie hatten vor ungefähr zwei Jahrzehnten in New York zusammen die Schulbank gedrückt. Roger hatte es als Sechzehnjährigen in den Westen gezogen. Homer von Wallenstein war im zivilisierten Osten geblieben und hatte als Journalist Karriere gemacht. Wenn man es genau nahm, gehörte er zur New Yorker Prominenz. Er war als Reporter für mehrere einflussreiche und auflagenstarke Zeitungen tätig.

»Was führt einen gut erzogenen und gebildeten jungen Mann wie dich in ein solches Nest, Homer?«, fragte Roger.

»Die Arbeit.« Homer seufzte. Er war der Sprössling einer reichen Familie und hatte es eigentlich gar nicht nötig, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Aber der Journalismus war sein Leben. Er liebte den Geruch von Papier und Druckerschwärze. Und natürlich las er seinen Namen auch gern in der Zeitung. »Und du?«

»Nun jaaa...« Roger musterte seinen alten Freund und fragte sich, wie er es anstellen sollte, ihm einen Hunderter aus den Rippen zu leiern, ohne sich zu kompromittieren.

Im gleichen Moment wandte Homer sich an den Wirt und bestellte flink eine Runde für zwei. Die beiden Männer prosteten sich zu und tranken. »Um ganz zu offen zu sein«, sagte Roger dann, »ich sitz in der Scheiße.«

»Ach.« Homer musterte ihn. In seinen Augen saß der Schalk. »Das hätte ich von dir nicht erwartet.« Seine Stimme troff vor Ironie.

Roger deutete auf den Spieltisch. »Die haben mir das Fell über die Ohren gezogen.« Er hüstelte. »Ich bin blank.«

»Ach, wirklich?« Homer musterte interessiert Ken den Kartenhai und dessen Freunde. Sie waren gerade im Begriff, ein neues Opfer an ihren Tisch zu locken. Sie gingen dabei ziemlich gerissen vor, denn sie taten so, als hätten sie noch nie im Leben ein Kartenspiel gesehen. Zu ihrem Erfolg trug natürlich auch die Tatsache bei, dass ihre Gesichter von Natur aus sehr einfältig wirkten.

»Ich hätte auch Lust auf ein Spielchen«, sagte Homer.

Leichte Panik wallte in Roger auf. Er musste seinen Freund unbedingt auf andere Gedanken bringen. »Wie gesagt«, fing er an, »mir geht’s ziemlich dreckig, und...«

Homer winkte ab. Der Spieltisch schien ihn wirklich sehr zu interessieren. »Ich weiß schon, Roger. Keine Angst. Ich leih dir was.«

Roger atmete auf.

»Ich hab ohnehin nur wenig Zeit«, fuhr Homer fort, ohne ihn anzuschauen. »Ich muss Morgen früh raus. Ich fahr mit der Union Pacific nach Westen. Begleite ’ne berühmte Gräfin aus Europa, die ’ne Rundreise macht... Soll für ’n paar Zeitungen über sie berichten...« Er kniff die Augen zusammen. Roger sah ihm an der Nasenspitze an, dass er drauf und dran war, an den Spieltisch zu gehen und in sein Unglück zu rennen.

»Hör zu, Mann«, sagte er hastig, »bevor du völlig den Verstand verlierst.« Er räusperte sich. »Ich hab kein Dach über dem Kopf, und...«

»Ich wohn im Grand Hotel, gleich gegenüber.« Homer setzte sich in Richtung Spieltisch in Bewegung. »Zimmer fünfzehn. Da ist Platz für zwei. Ich lad dich ein. Geh schon mal rüber. Ich komm dann irgendwann nach...«

Rogers Blick folgte ihm zum Spieltisch hin. Homer nahm neben Ken dem Kartenhai Platz und rieb sich die Hände, wie jemand, der schon im Voraus weiß, dass er gleich einen Haufen Geld gewinnen wird.

Na schön, dachte Roger. Man kann nicht alles haben. Er trank sein erstes Bier aus und wollte gerade zum zweiten greifen, als sein Blick auf eine Dame fiel, die nur wenige Schritte entfernt allein an einem Tisch saß.

Ihr Blick war auf ihn gerichtet, und das Glitzern in ihren Augen sagte ihm, dass sie daran interessiert war, ihn kennen zu lernen. Die Dame war schwarzhaarig, gertenschlank und hatte braune Augen. Roger schätzte sie auf Ende zwanzig. Jedenfalls war sie mindestens zwei Jahre jünger als er. Neben ihr stand eine karierte Reisetasche, an deren Griff ein kartonierter Zettel hing. Er stammte der unverkennbar aus dem Fundus der Union Pacific-Eisenbahngesellschaft. Man brauchte nicht für die Pinkerton-Detektei zu arbeiten, um zu erkennen, dass die junge Frau auf Reisen war und auf den Zug wartete.

Roger schenkte ihr das charmante Lächeln, das er in der Regel immer dann aufsetzte, wenn er vorhatte, jemandem Aktien nicht existierender Silberminen zu verkaufen. Dann trat an den Tisch heran und frage: »Verzeihung, Lady, ist dieser Platz noch frei?«

Die junge Dame schaute sich kurz um. Nur am Tresen war Betrieb. Vom Spieltisch abgesehen war der Saloon leer. Ein Lächeln umspielte ihren roten Mund. Roger wusste sofort, dass er gewonnen hatte.

»Sehr witzig«, sagte sie. »Wirklich sehr witzig.« Sie zwinkerte ihm zu. Roger nahm das Bier, das Homer ihm spendiert hatte, und nahm ihr gegenüber Platz.

»Mein Name ist Roger... ähm... McGuinn.«

»Freut mich, Roger. Ich bin Fifi La Plume.«

Roger glaubte ihr kein Wort. Keine Frau auf de Welt hieß Fifi La Plume. Nicht mal in Frankreich. Es sei denn, sie war auf der Bühne tätig. Oder in dunklen Gassen.

»Ich wette, du bist auf der Bühne tätig«, sagte Roger. »Ich seh’s an deinen hübschen Beinen.«

Fifi grinste und zupfte an dem Kleid, das ihre Beine bis zu den Unterschenkeln bedeckte. Sie trug schwarze Lederstiefel mit hohen Absätzen und einen ausgestellten braunen Wildlederrock. Unter ihrer roten Bluse wölbten sich zwei ansehnliche Hügel, die Rogers Blick magisch anzogen.

Sie schien nichts zu tragen, was ihm den Blick auf ihre Brustwarzen verwehrte. Welch ein Glück für Fifi, dass sie beschlossen hatte, in diesem Saloon auf den Zug zu warten. Die in den anderen Kaschemmen Omahas tätigen Frauen hätten sie mit Sicherheit als unliebsame Konkurrenz empfunden. Roger zweifelte keine Sekunde daran, dass sie eine Hure war. Aber sie war auch sehr schön, und ihre Zutraulichkeit gefiel ihm so sehr, dass er spontan eine körperliche Reaktion zeigte.

Er hatte ein Dach über dem Kopf. Er hatte fünf Dollar in der Tasche, und vor ihm stand ein volles Bierglas. Ihm gegenüber saß ein Wesen, dessen Äußeres seine Phantasie beschäftigte. Was wollte er mehr?

»Ich bin nicht mehr künstlerisch tätig«, sagte Fifi. »Ich habe beschlossen, der Halbwelt Adieu zu sagen und mich zu verheiraten.« Ihre Augen glitzerten auf eigentümliche Weise. Roger hatte den Eindruck, dass sie es mit der Treue nicht sonderlich genau nahm.

»Wer ist der Glückspilz?«

»Ein Unternehmer in einer kleinen Stadt im Westen. Sie heißt Hard Times. Ich habe ihn über eine Zeitungsannonce kennen gelernt.« Fifi deutete auf ihre Reisetasche. »Ich nehme den Abendzug.« Sie warf einen raschen Blick auf die Kuckucksuhr hinter dem Tresen. »Bis der Zug abfährt, muss ich noch ein paar Stunden totschlagen...« Ihr Blick wanderte über Rogers Gesicht, als überlege sie, ob er ein Mann sei, mit dem es sich lohnte, die Zeit totzuschlagen.

Roger nutzte die Gelegenheit. »Ein paar Stunden?« Er räusperte sich. »Ich kenn da eine Räumlichkeit, die viel bequemer ist als die hier.« Er deutete hinter sich. »Was hältst du davon, wenn wir sie... ähm... aufsuchen? Sie liegt gleich gegenüber.«

Er deutete zur Main Street hinaus. Dort ragte das Grand Hotel auf, in dem Homer eingemietet war. Sein Freund saß am Spieltisch und begutachtete konzentriert sein Blatt. Wenn der Spielteufel ihn in den Krallen hatte, war er für einige Stunden schachmatt gesetzt. Auch wenn er verlor, würde es ihn nicht schwer treffen. Im Gegensatz zu Roger hatte Homer noch nie am frühen Morgen in der Unterhose eine Spielhölle verlassen.

Fifi grinste verdorben. »Was wollen wir da machen? Halma spielen?«

»Ich würde dir gern meine Briefmarkensammlung zeigen«, erwiderte Roger.

»Ach, wirklich?« Fifis Augen blitzten auf. Dann leerte sie ihr Glas mit einem Zug und deutete mit dem Kinn auf die Reisetasche.

Roger ließ sein Bier stehen. Er nahm die Tasche an die Hand und sie verließen den Saloon. Draußen stürmte und krachte es. Regen fiel vom Himmel, so dass sie eilenden Fußes über die Straße rennen mussten.

Der Hotelportier war ein Einäugiger mit einer schwarzen Augenbinde. Als er Fifi sah, kniff er sein gesundes Auge zu, und seine Miene zeigte, dass er wusste, wer sie war.

Ein Dollar wechselte den Besitzer. Roger fragte nach Homers Schlüssel, der ihm problemlos ausgehändigt wurde. Wie er sah, war das Hotel voll belegt. Am Empfang standen eine Menge Koffer herum. Also schienen noch andere Gäste auf den Abendzug nach Oshkosh zu warten. Als er hinter Fifi die steile Holztreppe hinaufstieg, riskierte er einen Blick auf ihre schwarz bestrumpften Unterschenkel. Das, was er zu sehen bekam, gefiel ihm.

 

 

2.

 

Homers Zimmer schaute zur Main Street hinaus, die allmählich im Schlamm versank. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet. Das Wasser prasselte in die Tiefe. Trotz der nachmittäglichen Stunde war es inzwischen so finster wie am Abend.

Auf dem Nachtschränkchen neben dem Messingbett brannte eine Kerze. Roger lag mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und einem schwarzen Zigarillo zwischen den Zähnen auf der gesteppten Tagesdecke und schaute Fifi La Plume zu. Sie stand am Fußende und schälte sich aus den Kleidern. Ihre straffen Schenkel steckten in Strümpfen, die von gerüschten roten Bändern gehalten wurden. Die Korsage, unter der sich ihr üppiger Busen wölbte, wirkte wie ein Pariser Modell. Fifis Haut war sonnenbraun, so dass sie eher spanisch als französisch wirkte. Dass sie keine Französin war, bewies schon ihre Aussprache. Doch aus welchem Kreis der Welt sie stammte, war Roger unklar.

»Weiß dein Glückspilz eigentlich, was du bis jetzt getrieben hast?«, fragte er als Fifi wie eine Schlange neben ihn glitt und anfing, ihn aus seinen Kleidern zu schälen.

»Um Gottes willen...« Sie zog ihm die Hosen herunter, betrachtete seinen Unterleib und machte große Augen. »Was ist das denn?«

Roger warf einen Blick auf seinen Junior. »In gebildeten Kreisen sagt man Pe...«

Fifi grinste. »Ich weiß schon, wie man so was nennt, mein Lieber.« Sie leckte sich die Lippen. »Aber wieso ist er so... ähm... groß?«

»Er freut sich, dich zu sehen«, sagte Roger achselzuckend. Er schaute interessiert zu, als Fifi den Kopf auf seinen Bauch legte. Sein Schwengel richtete sich auf und klatschte gegen ihre Wange. Seine Hand fuhr über ihren von einem engen schwarzen Schlüpfer bedeckten Hintern und griff in ihr Fleisch.

»Mmm...« Fifi griff ebenfalls zu. Roger zuckte zusammen. Gleich darauf spürte er ihre Lippen an seiner Männlichkeit, und er sank auf das Kissen zurück und schloss die Augen. Pech im Spiel. Glück in der Liebe. Nun ja, als Liebe wollte er das, was Fifi gerade mit ihm machte, nun doch nicht bezeichnen. Aber es war ein schönes Gefühl, sich von ihr verwöhnen zu lassen. Seine Hand fuhr in ihren Schlüpfer und streichelte ihr Fleisch. Sie strahlte Hitze aus, und als ihr Po sich ihm entgegen drängte, wusste er, dass auch sie das heiße Spielchen genoss.

Die Muskeln seines Schafts spannten sich, und als Fifis Lippen sein Ding umschlossen, stöhnte er sein Wohlbehagen leise heraus. Seine Linke zog ihren Schlüpfer langsam herunter und entblößte die festen Rundungen ihrer Backen. Fifi spreizte willig die Schenkel. Seine Hand glitt zwischen ihre Beine und ertastete feuchte Honigspuren. Ihr Kopf fuhr nun auf und ab, und das aus ihrer Kehle kommende Seufzen sagte ihm, dass er in ihrem heißen Schritt auf die richtige Stelle gestoßen war. Die Kuppe seines Zeigefingers hatte ihr hartes Knöpfchen erwischt und rieb es. Fifi wiegte sich wollüstig auf dem Bett, biss einmal fest in seinen Schwengel und setzte dann dazu an, ihn gänzlich zu verschlingen.

»Großer Manitou«, keuchte Roger. Sein Hintern setzte sich hektisch in Bewegung, und er tauchte in die Kehle der hübschen Frau ein. Sein Zeigefinger flutschte über ihre harte Liebesperle. Seine Ohren fingen wollüstige Laute auf, die seine Phantasie noch mehr anfachten. Er fragte sich, was Fifi wohl machte, wenn er seinen Teil der wortlos getroffenen Abmachung einfach vergaß und explodierte, bevor sie sich auf ihn gespießt hatte. Doch der Gedanke verging ihm, als Fifi ihn aus ihrer Kehle gleiten ließ. Sie richtete sich auf, schaute ihn kurz mit glitzernden Augen an und schwang sich dann mit einer gekonnten Bewegung auf ihn. Ihr Po fuhr hoch, sie packte Rogers Schwengel und richtete die Spitze auf ihre rosige, leicht klaffende Furche. Sie schloss die Augen, machte »Ahhh...« und setzte sich unendlich langsam auf ihn.

Roger hob den Kopf und sah sich halb in ihr verschwinden. Fifi verzog das Gesicht, als habe sie allerlei zu verkraften, dann ließ sie sich auf ihn fallen. Ihr üppiger Busen rieb sich an seiner unbehaarten Brust. Roger spürte ihre harten Nippel, die sich in sein Fleisch bohrten. Wogen der Lust ließen ihn stöhnen, als ihre festen Muskeln sein Gerät packten und kneteten. Er schlang die Arme um ihren Rücken, und sie küssten sich voller Leidenschaft. Dann fing Fifi an, ihn zu reiten. Sie keuchte und winselte vor Lust und spielte mit einer Hand an ihrer Liebesperle.

Rogers Unterleib setzte sich ekstatisch in Bewegung und hob die schlanke Frau in die Luft. Der Wind wehte durch das offene Fenster, setzte die Vorhänge in Bewegung und blies die Kerze aus. Nach einer Minute stieß Fifi ein kehliges Seufzen aus, und Roger wusste, dass sie zum Höhepunkt gekommen war. Er drehte sich mit ihr zusammen auf die Seite, positionierte sie auf dem Rücken, spreizte ihre Schenkel und fuhr erneut in sie ein. Während Fifi, die sich noch immer in einem heftigen Orgasmus wand, die Hände auf ihre Brüste legte und in ihre Warzen kniff, setzte Roger zum Endspurt an. Er war seit vier Wochen mit keiner Frau mehr im Bett gewesen und wunderte sich, wieso er es so lange aushielt. Doch er hatte den Gedanken kaum gedacht, als seine Lenden zuckten. Er wich blitzschnell zurück, denn er wollte keine Frau schwängern, die in Kürze den Bund der Ehe eingehen wollte. Sein Schwengel zuckte in der Luft und explodierte. Fifi drehte das Gesicht zur Seite, aber das Kissen würde er wohl unter Wasser halten müssen.

Roger ließ sich schwer atmend neben sie fallen. Fifi schlang die Arme um ihn und küsste ihn noch mal.

»Warum haben wir uns nicht eher getroffen?«, fragte sie nach einer Weile.

»Weil ich ein unbeständiger Typ bin«, sagte Roger, »und du anständig werden willst.«

»Soll das heißen...?«, setzte Fifi verblüfft an.

»...dass ich der gleichen Welt entstamme?« Roger nickte. Er richtete sich auf und nahm den Zigarillo an sich, den er zuvor auf dem Nachtschränkchen abgelegt hatte. »Du hast jetzt das Alter, in dem man nach Sicherheit sucht, wenn man vernünftig ist«, fuhr er fort. »Du bist eine Frau. Aber ich bin ein Mann. Ich kann’s noch ein paar Jahre aushalten.«

Er zündete den Zigarillo an, setzte sich auf die Bettkante, warf einen Blick aus dem Fenster und paffte blaue Wolken in die Luft. Die wenigen Menschen, die draußen zu sehen waren, saßen unter den Vordächern der Geschäfte und schauten dem prasselnden Regen zu.

»Wie alt bist du?«, fragte Fifi. Sie stand auf.

»Dreißig.«

»Und was machst du so?«

Roger grinste. »Ich verkauf Aktien.«

»Aktien?«

»Von Silberminen.« Roger schnippte Asche aus dem Fenster. Als er sich umdrehte und Fifi in ihrem leicht verdorben wirkenden Aufzug sah, regte sich zwischen seinen Beinen wieder etwas. Sein Blick fiel auf ihr kurzes schwarzes Schamhaar. Es war eindeutig gestutzt, und das gefiel ihm. »Komm doch mal her...«

Fifi setzte sich neben ihn, und er legte einen Arm um ihre Schulter. »Du bist ’ne hübsche Frau – und nicht dumm. Steig aus, solange du noch ’ne Chance hast. Lass dich nicht mit Kerlen wie mir ein. Die meisten taugen nichts und werden eines Tages mit ’ner Kugel im Kopf enden.«

Fifi schmiegte sich an ihn. Ihre Hände waren auf seinem Rücken und seinen nackten Schenkeln. »Es ist komisch, so was von einem Mann wie dir zu hören...«

Roger seufzte. »Die meisten Ganoven sind zu einfältig, um als Verbrecher Karriere zu machen. Sie bilden sich was auf ihre Stärke ein, aber sie ahnen nicht, dass die wirklich erfolgreichen schrägen Geschäfte von ganz anderen Leuten gemacht werden.« Er schaute Fifi an. »Ich kenn meine Grenzen, Fifi. Ich kann das nicht mehr lange machen. Aber solange es noch geht, mach ich es.«

Fifi stand auf und griff nach Rock und Bluse. Roger paffte seinen Zigarillo und schaute ihr beim Anziehen zu. Irgendwie fand er es erotischer, wenn Frauen sich auszogen.

 

 

3.

 

Zwei Stunden später – der Regen hatte inzwischen aufgehört – kehrte Roger O’Donnell vom Bahnhof ins Hotel zurück. Er hatte Fifi zum Zug gebracht und ihre Reisetasche in den Waggon getragen. Sie hatten sich noch mal umarmt und geküsst. Dass Fifi dabei ihren Schoß an dem seinen gerieben hatte, hatte ihm besonderes Vergnügen bereitet.

Doch nun stand der Ernst des Lebens wieder auf dem Terminplan. Er musste nach der Pleite am Spieltisch wieder auf die Beine kommen. Vor allen Dingen musst er Omaha und Nebraska verlassen, bevor Ken der Kartenhai mit seinen tollen Aktien am Montag zur Bank ging. Denn spätestens dann würde er erfahren, dass er auf jemanden reingefallen war, der mindestens so schräg war wie er selbst. Ken hatte in Omaha nicht den besten Ruf. Er galt als jährzornig und nachtragend. Wenn er erfuhr, dass die Aktien keinen Schuss Pulver wert waren, würde er sich rächen. Ob er einen Revolvermann schickte oder selbst kam, war Roger im Moment gleichgültig. Er war kein Held und wollte auch keiner sein. Helden waren seiner Meinung nach phantasielos.

Nachdem er in Brodericks Restaurant ein kleines Steak mit Kartoffeln und eine Tasse Kaffee zu sich genommen hatte, kehrte er ins Grand Hotel zurück. Der einäugige Portier zwinkerte ihm mit seinem gesunden Auge zu. Roger ignorierte ihn. Wie sich zeigte, war Homer noch nicht vom Spieltisch zurück. Sein Zimmerschlüssel hing noch am Empfang. Roger ließ ihn sich geben und ging hinauf. Als er am Fenster saß und den nächsten Zigarillo paffte, sah er seinen Freund durch die Schwingtür des Saloons ins Freie treten. Homer blieb auf dem Gehsteig stehen, schaute sich um und atmete tief die frische Luft des Abends ein. Dann überquerte er mit äußerst beschwingten Schritten die Straße.

Als er sich vor der Treppe des Hotels befand, fiel der Lichtschein aus dem Inneren auf sein Gesicht. Roger sah Homer grinsen und wusste auf der Stelle, dass er eine Menge gewonnen hatte. Kurz darauf polterten die Schritte seines Freundes die Treppe hinauf. Die Zimmertür ging auf, und Homer stand strahlend im Rahmen.

»Nun?«, fragte Roger.

»Dreimal darfst du raten«, sagte Homer. Er blieb im Türrahmen stehen und rieb sich die Hände.

»Du hast gewonnen.«

»Das kann man wohl sagen.« Homer griff grinsend in die Innentasche seines Nadelstreifenanzugs und entnahm ihr einen Haufen Papiere. »Aktien für fünftausend Dollar!«, sagte er freudestrahlend. »Was sagst du dazu?«

»Ähm...«, machte Roger. Er konnte es nicht fassen.

»Ich hab diese blöden Hornochsen bis aufs letzte Hemd ausgenommen«, sagte Homer aufgedreht. »Natürlich hab ich auch was verloren. Aber nur einen Tausender.« Er schnalzte mit der Zunge. »Ich bin jetzt Aktionär einer Silbermine in New Mexico! Ist das etwa nichts?«

»Doch, doch«, sagte Roger hastig, während er sich gleichzeitig innerlich verwünschte. »Ich hoffe nur, die tausend, die du verloren hast, waren nicht dein ganzes Bargeld...«

»Leider doch«, sagte Homer. »Aber das macht nichts. Sobald die Bank aufmacht...«

Er nahm seinen Bowler ab, und im gleichen Moment bildete sich auf seiner Stirn ein großer roter Fleck.

Homer öffnete den Mund, als wolle er schreien, doch aus seiner Kehle kam nur ein dumpfes Röcheln.

Erst dann hörte Roger den Knall. Im gleichen Moment gab Homer seine starre Haltung auf und flog wie jemand, dem man einen heftigen Stoß versetzt hat, dem Fußende des Bettes entgegen. Er breitete die Arme aus, die Aktien flatterten durch die Luft, und er schlug lang hin.

Draußen, auf dem Gang, ertönte das Scharren von Stiefeln, dann rannte jemand die Treppe hinunter.

Roger war vor Schreck wie gelähmt. Als er eine Sekunde später in den Gang hinaus hechtete, hörte er den Portier nach dem Sheriff schreien. Vom oberen Treppenabsatz aus sah er einen Mann mit einem großen weißen Champie-Hut und fliegenden Rockschößen durch die Empfangshalle auf die Main Street laufen. An seinen Stiefeln klingelten mexikanische Sporen. Roger eilte mit hämmerndem Herzen ins Zimmer zurück und warf einen Blick aus dem Fenster. Der Mann, der Homer von hinten mit einem Kopfschuss erledigt hatte, bog gerade in eine Seitengasse ein und tauchte im Dunkel der Nacht unter.

Ich muss hier raus, dachte Roger spontan. Wenn er mich gesehen hat, bin ich sein nächstes Opfer. Außerdem hielt er es für unklug, bei einer Leiche angetroffen zu werden, wenn der Sheriff kam.

Er schaute sich rasch um. Homers Reisetasche stand neben dem Bett...

 

 

4.

 

Die Nacht war finster und kalt, als Roger O’Donnell mit der Tasche seines toten Freundes aus dem Fenster sprang.

Als er sich aufrichtete und umschaute, erblickte er den Mann mit einem Champie-Hut. Er lugte aus der Gasse gegenüber und zog sich dann rasch zurück.

Verdammt! Ist er das? Roger machte einen Satz, bog in eine dunkle Gasse ein und bemühte sich, nicht in die vielen Pfützen zu treten, die der Wolkenbruch hinterlassen hatte. Er betete darum, dass der Kerl, der ihn aus dem Fenster hatte springen sehen, nicht mit Homers Mörder identisch war. Doch schon nach einer halben Minute wurde ihm klar, dass Beten nichts half. Hinter ihm wurden Schritte laut, und zwar nicht nur von einem Mann, sondern mindestens von dreien. Da ihn niemand anrief und zum Stehenbleiben aufforderte, konnten es kaum Gesetzeshüter sein. Der Killer mit dem Champie-Hut hatte ihn also gesehen. Und er war nicht allein. Vermutlich wollte er den missliebigen Zeugen nun aus dem Verkehr ziehen.

Roger biss die Zähne zusammen. Da er unbewaffnet war, hatte er jeden Grund, um sein Leben zu fürchten. Er musste die Kerle irgendwie abschütteln. Auf sein Ehrenwort, dass er nichts gesehen hatte, legten sie vermutlich keinen Wert. Außerdem hatte er nicht vor, vor Mördern zu katzbuckeln. Homer war sein Freund und eine Seele von Mensch gewesen. Er hätte ihm gewiss aus seiner momentanen Pechsträhne herausgeholfen.

Er musste Omaha verlassen. So schnell wie möglich. Aber wie? Er hatte kein Pferd. Er hatte nur eine Möglichkeit: die Eisenbahn. Ihm fiel ein, dass Homer gesagt hatte, er wolle am frühen Morgen mit der Union Pacific nach Westen fahren. Was hatte er dort gewollt? Roger hatte es vergessen. Aber es war jetzt nicht wichtig. Er musste erst Mal ein sicheres Versteck finden, um die Reisetasche zu durchsuchen. Wenn Homer eine Bahnreise geplant hatte, hatte er auch den dazu nötigen Fahrschein.

»He, Mann! Bleib doch mal stehen!«

Roger zuckte zusammen und warf einen schnellen Blick über die Schulter. Der Bursche mit dem Champie-Hut war etwa dreißig Meter hinter ihm. Ihm folgten mit wehenden Mänteln zwei andere Gestalten, in deren Händen Roger im Licht des silbernen Mondes Colts aufblitzen sah.

Roger schlug einen Haken nach rechts. Die Gasse war zu Ende. Hier begann die Second Street. Gleich an der Ecke öffnete sich ein Tor in einem Bretterzaun. Dahinter erstreckte sich ein Sägewerk. Vor ihm türmten sich Massen von Balken und mehrere Meter hohe Bretterstapel auf. Roger hatte das Grundstück im Nu betreten und jagte zwischen zwei Holzstapeln dahin. Im spärlichen Licht der Sterne sah er zwar nur wenig, doch der Besitzer des Sägewerkes schien über einen gewissen Ordnungssinn zu verfügen. Der Platz war aufgeräumt, so dass keine Gefahr bestand, dass er stolperte und sich die Knochen brach. Vor ihm ragte ein Schuppen auf. Die Tür stand offen. Im Inneren gähnte Finsternis. Roger eilte hinein und blieb stehen.

Hinter sich, am Eingang des Grundstücks, hörte er leises Getuschel. Dann zog eine Wolke vorbei, und der Mond beschien die drei Gestalten, die ihm auf den Fersen waren. Der Mann mit dem Champie-Hut und den mexikanischen Sporen redete hektisch auf seine Gefährten ein. Einer der Männer, ein hageres Individuum mit einem grauen Staubmantel und einem grauen Stetson nannte ihn »Georgie«.

Roger hielt den Atem an. Sein Herz schlug heftig. Georgie war offenbar davon überzeugt, dass der Mann, den sie verfolgten, durch den Torweg gegangen war. Seine Komplizen schienen ihm wenig gewogen zu sein, denn Roger entnahm ihren wütend geknurrten Worten, dass sie ihm am liebsten eine reingehauen hätten. »Bevor man jemandem umlegt«, knurrte der Hagere und gab Georgie eine Kopfnuss, »überzeugt man sich gefälligst, ob Zeugen in der Nähe sind, du Blödmann!«

Der dritte Mann brummte: »Wenn er überhaupt was von dir gesehen hat, wird er die Schnauze halten, Mann. Dass er sofort abgehauen ist, beweist doch, dass er die Hosen gestrichen voll hat!«

»Weißt du, wie er aussieht?«, fragte der Hagere.

»Ich hab ihn nur von hinten gesehen, Flint«, sagte Georgie. Er wirkte leicht verärgert, als hätte er sich die Sache viel leichter vorgestellt.

»Den finden wir jetzt nicht mehr.«

Georgie murmelte etwas vor sich hin. Schließlich gab er auf und zog mit seinen Gefährten von dannen.

Roger stellte die Reisetasche ab. Er wartete ein paar Minuten, bis er sich ganz sicher war, dass die Männer ihn nicht nur in Sicherheit wiegen wollten. Dann zündete er ein Streichholz an, schirmte es mit der Hand ab und untersuchte Homers Tasche. Er fand das Übliche, das ein Gentleman bei sich hat, wenn er auf Reisen geht: Unterwäsche, Hemden, eine Ersatzhose, ein Handtuch und Rasierzeug. Er stieß auch auf ein in Leder gebundenes Notizbuch, wie Journalisten es bei sich tragen und einige Schreibutensilien.

Kein Geld. Nicht einen Cent.

Keine Fahrkarte.

Homer musste beides am Körper getragen haben.

»Mist!« Roger fluchte unterdrückt. Dann stieß er auf ein kleines Etui. Er öffnete es, und sein Blick fiel auf ein Paar goldene Manschettenknöpfe. Na, immerhin etwas. Er steckte es in die Jackentasche, dann trat er vorsichtig ins Freie und ging in die Second Street hinaus. Nachdem er sich umgeschaut und außer einem einsamen Trunkenbold, der leise vor sich hin singend nach Hause wankte, keinen Menschen erblickt hatte, machte er sich auf den Weg. Er hatte gestern in der Nähe des Bahnhofs ein Leihhaus gesehen. Dass der Laden jetzt noch geöffnet war, hielt er für unwahrscheinlich. Aber vielleicht war der Besitzer noch anwesend. Oder er wohnte im gleichen Haus.

Die Glocke einer Kirche schlug zehn, als Roger sich durch ein Gewirr von Gassen in Richtung Bahnhof durchschlug. Er achtete sorgfältig darauf, keinem Deputy über den Weg zu laufen. Er hatte keine Lust, Fragen zu beantworten die die Aktien betrafen, die in Homers Zimmer am Boden verstreut lagen. Vielleicht wurde der Sheriff misstrauisch, wenn er hörte, wem die Papiere vor Homer und Ken dem Kartenhai gehört hatten. Vielleicht hing in seinem Office sogar schon ein Steckbrief, der vor dem Betrüger Roger O’Donnell und seinen Aktiengeschäften warnte.

Nein, er musste raus aus Omaha. Zum Glück war die Stadt keins der Nester, die er durchquert hatte, bevor er hier angekommen war. Omaha war eine große Stadt. Hier hatte die Union Pacific ihren Anfang genommen. Hier fuhren viele Züge ab, und es musste mit dem Teufel zugehen, wenn es ihm nicht gelang, einen zu erwischen, die in den nächsten Stunden abfuhr.

Das Leihhaus war tatsächlich schon geschlossen, nicht jedoch die Kaschemmen, die es umgaben. Roger fragte einen Cowboy nach dem Inhaber und bekam die genuschelte Antwort, er wohne im ersten Stock. Als er anklopfte, öffnete ihm ein rothaariges Mädchen mit einem kurzen Rock. Er schätzte es auf höchstens achtzehn Jahre. Unter ihrer Rüschenbluse wölbten sich zwei prächtige Äpfelchen, und sie hatte einen so süßen Silberblick, dass Rogers Schwengel sofort zuckte.

»Ja, bitte?« Der prüfende Blick, der ihn traf, hätte Eisberge schmelzen können.

Roger lüftete seinen Stetson. »Entschuldigen Sie, Miss«, sagte er und schaute sich um. »Ich befinde mich in einer finanziellen Notlage. Deswegen muss ich...« Er zückte das Etui mit den Manschettenknöpfen. »...mich von einem Teil meines Besitzes trennen.«

Die Rothaarige runzelte die Stirn, doch Roger sah ihr am Gesicht an, dass er Eindruck auf sie gemacht hatte. Das war vom Ansatz her schon mal positiv. »Wir haben schon geschlossen, Sir...«

Roger setzte sein charmantestes Lächeln auf. Eins wusste er: Sein Aussehen war sein Kapital. Und in seiner momentanen Lage musste er es ausnutzen. »Seien Sie so nett und machen Sie eine Ausnahme...« Er blickte nun ziemlich verzweifelt drein. »Ich muss unbedingt den Zug erwischen, aber ohne Fahrkarte...« Er zuckte hilflos die Achseln. »...wird man mich nicht mitnehmen.«

Die Rothaarige lächelte. Ihr Blick wanderte über Rogers Gesicht und seinen breiten Brustkorb nach unten, bis sie an der Beule haften blieb, die sich in seiner Hose zeigte. Ihre roten Lippen formten ein O, und ihre Augen leuchteten auf. Dann deutete sie mit einer flinken Handbewegung in den Laden.

»Kommen Sie rein.«

Sie ging mit wiegenden Schritten vor Roger her, so dass er ausgiebig Gelegenheit hatte, ihr dralles Hinterteil zu bewundern. Die junge Lady schien sich ihrer Reize bewusst zu sein. Als sie im Inneren des mit allerlei Waren vollgestopften Ladens an einem langen Tresen standen, warf sie einen Blick in einen kunstvoll verzierten Wandspiegel, zupfte an ihrem Haar und spitzte die Lippen. Aus irgendeinem Nebenraum kreischte eine schrille Stimme: »Wer ist da, Josie!?«

»Kundschaft, Mama!«, rief Josie zurück. Sie wandte sich an Roger. »Dann packen Sie mal aus...«

Ihre Augen glitzerten so eindeutig, dass Roger sich fragte, ob sie seine Ware oder ihn selbst zu sehen wünschte. Er beschloss, erst mal mit den Manschettenknöpfen anzufangen.

»Ah, Gold«, sagte Josie. Sie nahm das Etui und trat in ein fensterloses Hinterzimmer, in dem sich ein Schreibtisch und mehrere mit Wertgegenständen beladene Regale befanden. Roger folge ihr und schaute sich um. Josie klemmte sich eine Juwelierlupe ins linke Auge und nahm lässig auf der Ecke des Schreibtisches Platz. Ihre grünen Augen richteten sich auf Roger, und ein schelmisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Haben Sie es sehr eilig?«

Roger warf einen kurzen Blick auf eine leise tickende Standuhr. »Auf ein Stündchen mehr oder weniger soll es mir in Ihrer reizenden Gesellschaft nicht ankommen...«

»Fein, fein«, sagte Josie und legte die Lupe neben sich auf den Tisch. »Auch ich empfinde Ihre Gesellschaft als angenehm...« Sie spitzte erneut die Lippen, dann stützte sie sich mit den Händen auf der Tischplatte ab und spreizte leicht die Beine. Ihr Rock rutschte hoch und entblößte zwei gut gewachsene, sonnenbraune Schenkel. »Ich glaube, wir sollten uns näher kennen lernen«, hauchte sie.

»Ganz meine Meinung.« Roger trat zwischen ihre Schenkel und legte die Hände auf ihre Knie. Josie seufzte, als er sie berührte, und Roger vergaß seine Verfolger. Es war noch nicht Mitternacht, und so weit er wusste, fuhr der nächste Zug erst in den frühen Morgenstunden ab. Hier war er nicht nur sicher. Hier harrte seiner auch eine junge liebesbedürftige Frau. Als seine Hände über ihre Schenkel nach oben fuhren und die Hitze spürten, die unter ihrem Rock herrschte, griffen Josies aufgeregte Hände nach seinem Gürtel. Sekunden später, als Rogers Rechte zärtlich ihren von einem Baumwollhöschen bedeckten Schamhügel streichelte, hatte sie seinen Schwengel in der Hand und rieb ihn mit einem lüsternen Stöhnen auf und ab.

Roger musste an sich halten, um das dünne Textil nicht zu zerreißen. Es war ihm zwar persönlich unverständlich, wie er ausgerechnet in dieser Situation an solche Dinge denken konnte, aber natürlich war es nicht unwichtig, die Schäfchen ins Trockene zu bringen, bevor der Tag zu Ende war. »Sag mir«, keuchte er dem erregten Mädchen ins Ohr, »wie viel sind die Manschettenknöpfe wert?«

Josie, die sich inzwischen an seine linke Schulter schmiegte und sich ganz seiner zärtlichen Hand hingab, ächzte in sein Ohr: »Achtzig Dollar...«

»Sagen wir hundert...« Roger riss den Baumwollstoff nun doch in Fetzen und schob ihren Rock kurzerhand bis an ihre Oberschenkel hoch.

»Fünfundachtzig...«

»Oh, Baby«, raunte Roger ihr ins Ohr. Sein Prügel fuhr zwischen ihre Beine und dehnte ihre heiße Spalte. Josie quietschte entzückt, als sie seine Lanze spürte. »N-n-neunzig...?«

Roger spannte seine Muskeln an. Als er in sie hinein fuhr, biss Josie ihm vor Leidenschaft in den Hals.

Im gleichen Moment ertönte wieder die kreischende Stimme. »Josie! Wie lange dauert das denn noch?!«

»Mach w-w-weiter«, stöhnte Josie. Sie lehnte sich nach hinten, bis sie auf dem Schreibtisch lag und streckte einen Arm aus. Roger packte ihre Beine und legte sie über seine Schultern. Er legte los. Josie zog, ohne die Augen zu öffnen, eine Schublade auf und griff hinein. Während Roger sie schnaufend beglückte, reichte sie ihm einen 100-Dollar-Schein.

»Josie! Ich komm jetzt runter!«

Josie riss die Augen auf. Roger fluchte unterdrückt, zog sich zurück und verstaute seine Juwelen. So ein Mist! Auf der Treppe wurden Schritte laut. Er richtete hastig seine Kleider. Josie atmete mehrmals schnell durch, damit die Röte ihres Gesichts ein wenig verflog. Als die Tür aufging, stand Roger mit der Reisetasche an der Hand mitten im Raum und zwinkerte Josie zu.

»Vielen Dank, Miss Josie... War mir eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen...«

Eine Frau, die er auf Ende dreißig schätzte, schaute ihn neugierig an. Es war unglaublich, dass sie die Besitzerin der grauenhaften Stimme sein sollte, denn sie war so hübsch wie ihre Tochter.

»Mir auch, Sir«, sagte Josie und wandte sich ihrer Mutter zu. »Der Gentleman hat’s eilig, Mama. Er muss noch den Zug kriegen...«

Mamas Blick war voller Misstrauen. Möglicherweise wusste sie, welch nymphomanisches Früchtchen sie in die Welt gesetzt hatte. Aber natürlich konnte sie nicht beweisen, dass der Kunde, der vielleicht ein wenig schwer atmete, es mit ihrer Tochter getrieben hatte.

Sie brachte Roger zur Tür. Er zog den Hut, ließ seinen Charme noch einmal spielen und schlug sich in die nächste Seitengasse, um den Weg zum Bahnhof zu suchen.

Als er dort ankam, schlug die Kirchenglocke elf. Der Zug stand auf den Schienen und wurde gerade mit Wasser und Kohle beladen. Mehrere rußverschmierte Eisenbahner eilten mit Laternen hin und her, und ein paar Arbeiter der US Mail rollten mit Karren Post und Fracht ans Gleis. Roger erfuhr, dass er bis zur Abfahrt noch eine Stunde Zeit hatte. Er kaufte sich eine Zeitung, setzte sich ins Bahnhofscafé und bestellte einen Muntermacher. Zum Glück hatte er einen Fensterplatz erwischt. Von hier aus konnte er den Bahnhof von Omaha gut im Blickfeld halten.

Nachdem er die Zeitung durchgelesen hatte, warf er einen Blick hinaus. Der Zug war lang. Roger zählte neun Waggons sowie vier Fracht- und einen Salonwagen, der sich ganz am Ende befand. Er reckte den Hals, um zu sehen, ob der Salonwagen möglicherweise jemandem gehörte, der vielleicht noch ein paar Aktien brauchte, dann fiel ihm ein, dass er keine mehr hatte. Er fluchte leise vor sich hin.

Na schön, er hatte hundert Dollar, das war mehr als ein gewöhnlicher Kuhtreiber in drei Monaten verdiente. Aber als Mann von Welt musste er gut gekleidet sein und konnte nicht in verwanzten Absteigen wohnen. Garderobe und Rasierzeug hatte er zum Glück in Homers Reisetasche gefunden...

Gegen Mitternacht Uhr zuckte Roger plötzlich hoch und stellte fest, dass er geschlafen hatte. Er sprang auf, nahm die Tasche und eilte über den nächtlichen Bahnhof. Außer ihm waren alle Reisenden eingestiegen. Als er sich suchend umschaute, entdeckte er eine dralle Blondine in modisch-schicken Kleidern, die den Eindruck machte, als warte sie auf jemanden.

Da außer den Eisenbahnern und Roger O’Donnell weit und breit niemand zu sehen war, rief sie: »Homer von Wallenstein?«

Roger blieb verdutzt stehen. »Ja?«

Verdammt! Jetzt fiel es ihm wieder ein. Homer hatte ihm erzählt, er wolle mit irgendeiner Berühmtheit eine Reise durch den Westen machen.

»Ja, wo bleiben Sie denn?« Die Augen der Blondine sprühten wütende Funken. Sie hatte ein hübsches Gesicht und war für eine Frau ziemlich groß. Roger schätzte sie auf etwa siebenundzwanzig, und ihr Busen war auch nicht zu verachten.

»Entschuldigen Sie...«, stotterte er und überlegte flink, wie er aus dieser Situation wieder herauskommen sollte. War sie die europäische Berühmtheit, von der Homer gesprochen hatte? Offenbar hatten die beiden einander noch nie gesehen. Im gleichen Augenblick schrie der Zugführer: »Alles einsteigen! Der Zug fährt jetzt ab!«

»Jetzt aber schnell!«, sagte die Blondine und deutete auf die offene Tür des Salonwagens. »Die Gräfin wartet nicht!«

Die Gräfin? Roger fluchte stumm. Er schwang seine Reisetasche auf die hintere Plattform des Salonwagens, und plötzlich fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, einen Fahrschein zu lösen. Großer Manitou! 

Aber als Gast der Gräfin würde ihn vermutlich niemand nach solchen Lappalien fragen. Es war auch gut möglich, dass die Gräfin eine Pauschale für ihren Salonwagen zahlte und die Anzahl ihrer Gäste niemanden interessierte. Mit anderen Worten: Er konnte einen Haufen Dollars sparen, und das war auch nicht schlecht.

Die Blondine eilte hinter ihm her. Als sie auf der Plattform standen, stieß der Stationsvorsteher einen schrillen Pfiff aus.

»Ich bin Roxanne Prentiss«, sagte die Blondine. »Die Gesellschafterin der Gräfin.«

»Angenehm«, erwiderte Roger. »Ich bin R... Homer von Wallenstein. Aber Sie können mich ruhig Homer nennen.« Er fand den Namen Homer ebenso albern wie der echte Homer.

Roxanne öffnete ihm lachend die Wagentür, und sie kamen in einen kleinen Raum, der wie ein Lesezimmer eingerichtet war. Auf dem Boden war ein Teppich. Die Wände waren mit kostbarem Edelholz verkleidet, und an den Fenstern befanden sich Gardinen. »Ihr Abteil ist gleich hier vorn, Mister von... Homer.« Sie deutete auf eine schmale Tür. »Sprechen Sie Deutsch?«

Roger spürte, dass ihm heiß wurde.

»Ähm, nein. Wie kommen Sie darauf?«

»Wegen Ihres Namens.«

»Ach so.« Roger zuckte verlegen die Achseln. Hätte der blöde Homer sich nicht irische Eltern aussuchen können? »Dritte Generation«, sagte er beiläufig. »Meine Großeltern haben meinen Eltern diese Sprache leider nicht beigebracht.«

»Gräfin Landsfeld spricht nämlich leidlich Deutsch«, erläuterte Roxanne. »Und da hat sie gern jemanden um sich, der sie beherrscht. Damit sie in Übung bleibt.«

»Verstehe.« Roger warf einen Blick in das Abteil, das Roxanne für ihn geöffnet hatte. Es war klein, als diene es normalerweise als Quartier für eine Zofe oder einen Butler, aber es enthielt ein Klappbett, einen Klapptisch, einen Stuhl und ein schmales Schränkchen, in dem er seinen Kram verstauen konnte. Er hatte die Reisetasche kaum aufs Bett gestellt, als Roxanne auch schon an seinem Ärmel zupfte. »Kommen Sie, Homer, Sie müssen sich der Gräfin vorstellen.«

Roger seufzte unterdrückt. Er hatte an Homers Stelle mit der Eisenbahn verduften wollen. Doch nun hatte er das nächste Problem am Hals. Er konnte nur hoffen, dass die geheimnisvolle Gräfin seinen Freund nicht persönlich kannte. Er hatte jetzt keine andere Wahl, als auf das Spiel einzugehen.

Doch in der nächsten Stadt, das schwor er sich, würde den Zug still und heimlich verlassen.

 

 

5.

 

Einen ersten Vorgeschmack auf die hohe Position der Gräfin Landsfeld erhielt Roger O’Donnell, als er am anderen Ende des Salonwagens die Gestalten dreier Männer erblickte. Einer von ihnen war ihm bekannt.

Jerry Grover war Anfang vierzig; ein glatt rasierter Bursche mit wachen grauen Augen und einem Grübchen am Kinn. Er trug, wie seine Kollegen, einen langen braunen Mantel, und an seinem Gurt baumelte ein Adams-Perkussionsrevolver. Als er Roger erblickte, verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln, und er hob die Hand, um ihn zu begrüßen.

Roger, der hinter Miss Prentiss ging, gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er die Klappe halten sollte. Grover verstand sofort. Er zuckte die Achseln und wandte sich wieder seinen Kollegen zu, die es sich im Abteil am Anfang des Waggons bequem gemacht hatten.

Roger wusste, dass Grover in den Diensten der berühmten Detektivagentur Pinkerton stand. Wenn er die Gräfin bewachte, musste sie eine wirklich hochgestellte Persönlichkeit sein. Er hätte Grover gern begrüßt und ihm auf die Schulter geklopft, aber er musste unter allen Umständen vermeiden, dass er ihn in Gegenwart Roxannes beim Vornamen ansprach.

Die Gräfin, fand Roger kurz darauf heraus, war nicht nur eine schöne Frau, in deren Gegenwart sich sein Schwengel gewaltig aufblies. Sie war auch ebenso schick gekleidet wie Roxanne. Weniger gefiel ihm jedoch die arrogante Miene, mit der sie den vermeintlichen Journalisten aus New York betrachtete.

Nachdem Roger Platz genommen hatte, schickte die Gräfin Roxanne fort, um Kaffee zu holen. Dann schlug sie ihre bemerkenswert hübschen Beine übereinander, steckte sich eine Zigarette an, klemmte sie in eine elfenbeinerne Zigarettenspitze und musterte ihr Gegenüber wie ein Stück Fleisch. Ihr Haar war kupferrot wie das Josies, doch glatt und lang. Eigentlich, fand Roger, wie sie eher ein Blondinentyp. Sie war für dieses puritanische Land recht heftig geschminkt, und er fragte sich, wie wohl die Bewohnerinnen der Kistenbretterstädtchen des Westens reagierten, wenn sie aus der Eisenbahn stieg, um sich umzuschauen.

Obwohl sie ziemlich freundlich mit ihm sprach, wurde er das Gefühl nicht los, dass sie hochnäsig war und ihn, den Tintenkuli von der Presse, für weit unter sich stehend hielt. Während sie sich nach seinen bisherigen Heldentaten erkundigte, was ihn zwang, ein paar Indianerschlachten zu erfinden, denen er im Auftrag seiner Zeitung beigewohnt hatte, erwähnte sie einen König, mit dem sie ein besonderes Verhältnis verband. Da Roger keine Ahnung hatte, von wem sie sprach, brach ihm bald der Schweiß aus. Nach einer Tasse Kaffee suchte er mit der Ausrede das Weite, er habe seit 36 Stunden nicht mehr geschlafen.

Auf dem Gang traf Grover, der sich von seinen Kollegen löste und stirnrunzelnd auf ihn zukam.

»Hast wohl keinen guten Tag heute, was?«, fragte er jovial und schlug Roger auf die Schulter. Er schaute sich um, ob ihnen auch niemand zuhörte. »Was hast du mit der Montez zu schaffen, alter Junge? Ich hoffe doch, du bist nicht hier, um ihr deine faulen Aktien anzudrehen?«

»Montez?«, fragte Roger. »Heißt die Gräfin so?«

»Ja, Mensch, kennst du sie denn nicht?« Grover machte große Augen. »In Europa ist die tolle Lola ’ne echte Berühmtheit. Sie hat einen deutschen König an der Angel. Er heißt Louis oder so. Er ist unser Auftraggeber.«

Roger zupfte sich an der Nase. »Ich muss zugeben, dass ich noch nie was von ihr gehört habe. Wo kommt sie her? Aus Mexico?«

Grover grinste. »Das weiß kein Mensch. Sie behauptet, Spanierin zu sein, aber ich habe in ’ner Zeitung gelesen, dass sie in Wirklichkeit aus Irland stammt und in England aufgewachsen ist.«

»Wieso heißt sie Lola...?«

»Lola Montez«, half Grover ihm aus. »Ist wohl ’n Künstlername. Bevor der König sie zur Gräfin gemacht hat, war sie ’ne berühmte Tänzerin.« Er deutete auf seine Kollegen. Der eine schlief, der andere verschanzte sich hinter einer großformatigen Zeitung. »Wir sollen ein Auge auf sie halten.«

»Verstehe.«

»Und was machst du hier?«, fragte Grover. »Bist du etwa der Reporter, den sie erwartet hat?«

Roger grinste gequält. »Sozusagen.«

»Was heißt sozusagen?«, fragte Grover. »Bist du’s oder bist du’s nicht?« Seine Miene zeigte unverhüllte Neugier, so dass Roger den Eindruck gewann, dass er vermutete, er sei auf irgendeine schlüpfrige Weise mit der königstreuen Gräfin verbunden.

»Hör zu, Mann...« Roger beugte sich vor. Er kannte Grover seit zehn Jahren, und sie hatten zusammen manches Fass aufgemacht. Einmal hatten sie sich sogar eine Geliebte geteilt. Er konnte ihm vertrauen, denn er war imstande, Beruf und Privatleben zu trennen. »Nenn mich Homer, wenn die Gräfin oder die Prentiss dabei sind...« Er berichtete, was ihm widerfahren und wie er in diese verzwickte Lage gekommen war.

Grover machte große Augen, doch er grinste. »Ich kenn außer dir niemanden, der es immer wieder schafft, sich in solche Schwierigkeiten zu bringen«, sagte er und lachte leise. »Aber mach dir keine Sorgen. Bei mir ist dein Geheimnis gut aufgehoben.« Er deutete auf die Tür des Abteils der Gräfin. »Diese Zicke ist ein entsetzlich verwöhntes Balg. König Louis...« Grover verzog das Gesicht. »...hat strengste Anweisung erlassen, dass wir jeden ihrer Schritte bewachen. Vor allem sollen wir darauf achten, dass sie sich schicklich aufführt und nicht mit Kuhhirten und Zeitungsschmierern fraternisiert«.

»Ach, wirklich?« Roger schaute Grover überrascht an. »Auf mich macht sie eigentlich nicht den Eindruck, als hätte sie Lust, sich mit Bürgerlichen abzugeben.«

Grover grinste erneut. »Dort, wo sie herkommt, hat sie alles andere als einen guten Ruf. König Louis ist wegen seines Umgangs mit ihr heftiger Kritik ausgesetzt.«

»Aus welchem Land kommt sie?«, fragte Roger interessiert.

»Bavaria«, sagte Grover.

»Kenn ich nicht.«

»Ich auch nicht«, erwiderte Grover, »aber mein Freund Schnauz ist dort geboren. Wenn er nicht weiter weiß, sagt er immer Jo, mei. Ich würd gern wissen, was es bedeutet, aber er sagt’s mir nicht.« Er deutete auf seinen Zeitung lesenden Kollegen, der frappierend einem Walross glich. Schnauz schaute kurz auf und streckte Grover die Zunge heraus.

»Ich hau mich jetzt was aufs Ohr«, sagte Roger und klopfte Grover noch mal auf die Schulter. »Ich hab seit Gott weiß wann kein Auge mehr zugemacht...«

»Na, dann Gute Nacht.«

»Pfüat di«, sagte Schnauz.

»Ja«, erwiderte Roger im Weggehen. »Du mich auch.«

 

 

6.

 

Trotz seiner Müdigkeit konnte Roger nicht einschlafen. Als er die Reisetasche auspackte und seine Sachen in den schmalen Schrank legte, fiel ihm Homers Notizbuch wieder in die Hände.

Er blätterte es durch und stieß auf zahlreiche Eintragungen, die sich mit der Gräfin beschäftigten. Allem Anschein nach hatte Homer seine Hausaufgaben ordentlich gemacht. Das, was er zusammengetragen hatte, war ein fast lückenloser Lebenslauf der berühmten Tänzerin.

Wenn seine Notizen stimmten, war die Gräfin Landsfeld 1822 unter dem Namen Eliza Marie Gilbert als Tochter eines Offiziers und einer Kreolin in dem schottischen Städtchen Montrose zur Welt gekommen. Ihrer Mutter sagte man große »Liederlichkeit« nach, denn sie hatte ihren Gatten mit einem Offizier namens James betrogen, sich scheiden lassen, James geehelicht und dann mit ansehen müssen, wie ihre Tochter ihr den neuen Gatten ausgespannt hatte.

Eliza und James waren nach Frankreich gegangen, hatten dort Bigamie betrieben und Elizas Mutter später mit Geld abgefunden. Dann war Mr. James mit seiner jungen Frau nach Indien gegangen, wo Eliza nicht nur allen Männern den Kopf verdreht, sondern nun ihrerseits Ehebruch mit dem bis dato unbescholtenen Lord Auckland, dem Generalgouverneur von Indien, begangen hatte, der daraufhin geschasst und von der Königin nach England zurückbeordert worden war. Elizas Gatte war danach dem Trunk verfallen und hatte eine Inderin aus einer angesehenen Familie entführt.

In Indien hatte Eliza sich eine Weile in finsteren Kreisen herumgetrieben, die Gunst eines Gewürzhändlers ausgenutzt, um ihn um 1000 Pfund in Gold zu erleichtern und war nach England zurückgekehrt, um dort als Tänzerin ihr Glück zu machen. Ein spanischer Tanzlehrer hatte sie ausgebildet und ihr zu spanischen Sprachkenntnissen verholfen. Bald darauf war sie unter dem Namen »Maria Dolores de Porris y Montez« aufgetreten. Sie hatte sich eine Abstammung aus der Linie eines gewissen Don Juan d’Austria erdichtet, eines Halbbruders des Königs von Spanien.

In Paris hatte sie den ihr sexuell hörigen Grafen Poincaré in den Selbstmord getrieben. In Brüssel hatte sie einen Monsieur Beulemans schwer verletzt, indem sie ihr Pferd hochriss, so dass dieser von dessen Hufen getroffen wurde – denn Monsieur Beulemans hatte sich die Frechheit herausgenommen, schlecht über sie zu reden. In Holland hatte ihr Geliebter Marquis de Villiers einen Mann ermordet, weil er in ihm einen Nebenbuhler zu erblicken glaubte.

In Russland war Graf Porwanski spurlos verschwunden, nachdem er angeblich in eine Orgie hineingeplatzt war, an der seine Geliebte Lola und fünf Herren teilnahmen. In Polen hatte ihr der Vizekönig Prinz Paskiewicz nachgestellt, dessen Liebeswerben sie jedoch ausgeschlagen hatte, weil er sechzig Jahre alt gewesen war.

Momentan sagte man ihr ein heftiges Techtelmechtel mit dem verheirateten deutschen König Ludwig nach, der sie, damit er standesgemäß mit ihr umgehen konnte, sogar in den Adelsstand erhoben hatte.

All dies war starker Tobak, fand Roger – aber auch ein gutes Mittel zum Einschlafen, denn er hatte noch nie verstanden, wieso ein Mann, der viele Frauen hatte, als Teufelskerl, und eine Frau, die viele Männer hatte, als Hure galt.

Am nächsten Morgen war der Himmel bedeckt, und es sah nach weiterem Regen aus. Als Roger fertig war, gehorchte er dem Knurren seines Magens und folgte dem Geruch frisch aufgebrühten Kaffees.

Im Salon des Salonwagens, der wie ein Wohnzimmer eingerichtet war, nahm er an einem gedeckten Tisch Platz. Kurz darauf rauschten die Gräfin und Roxanne herein und leisteten ihm Gesellschaft. Roger tafelte zum ersten Mal seit Tagen fürstlich und versuchte die Gräfin und ihre Gesellschafterin mit Bonmots zum Lachen zu bringen. Bei Roxanne hatte er teilweise Erfolg, doch Gräfin Landfeld betrachtete ihn nur aus kleinen Augenschlitzen, als frage sie sich, welchen Proleten man an ihre Seite gesetzt hatte.

Roger kramte im Schatzkästlein seiner Erinnerungen und erzählte drollige Geschichten aus dem Journalismus, die er von Homer kannte und über die er herzlich hatte lachen müssen. Doch dass die Gräfin für die amerikanische Presse, die in ihren Augen nur Krawall- und Revolverblätter unterhielt, nur Spott übrig hatte, zeigte sich bald.

Roger schlug seinem Frühstücksei frustriert den Schädel ein und bemühte sich, Charme zu versprühen, der nichts mit seinem angeblichen Beruf zu tun hatte. Doch vergebens. Die Gräfin gähnte, und ihm wurde immer klarer, dass sie wirklich eine hochnäsige Zicke war.

Als schließlich gar nichts mehr lief, griff er in seiner Verzweiflung zu der alten Masche, die er nur anwendete, wenn er jemandem Aktien andrehen wollte: Er lobte ihr tänzerisches Können, bewunderte ihren adeligen Umgang und versuchte sich bei ihr einzuschleimen, indem er vorgab, ein großer Bewunderer der europäischen Lebensart zu sein.

»Dass ein typischer Amerikaner wie Sie sich nach so etwas sehnen kann«, sagte die Gräfin, »ist mir völlig unverständlich. Sie sind laut, aufgeblasen und gehen mit der Zutraulichkeit eines Welpen auf andere Menschen zu.«

Roger schluckte. Was war falsch daran, seinen Mitmenschen offen entgegenzutreten?

»Auch wenn mein Freund, der König, mit Ihrem Verleger auf gutem Fuß steht«, fuhr die Gräfin fort. »Ich verabscheue die Kultur, die Sie vertreten. Genau genommen ist es überhaupt keine.«

Das war deutlich. Sie hatte ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er gesellschaftlich meilenweit unter ihr stand.

Als sie aufstand, um in ihr Abteil zurückzukehren, atmete Roger auf. Zu seiner Überraschung entdeckte er im Gesicht Roxannes Sympathie für ihn. Als die Gräfin zur Tür hinausging, tippte sie sich an die Stirn, als wolle sie sagen, dass ihre Herrin einen Vogel hatte.

Als die Frauen gegangen waren, sagte er »Puh« und trat in den Gang hinaus, um sich zu Grover und den Pinkertons zu gesellen. Diesmal schlief Schnauz. Der dritte Mann war offenbar zum Frühstück in den Speisewagen gegangen. Der Zug ratterte am Platte River vorbei, und einmal sah Roger sogar eine kleine Bisonherde.

»Du siehst aus, als hätte dich ein Pferd getreten«, sagte Grover.

»Ich hatte gerade das Vergnügen, mit der Gräfin zu frühstücken.«

»Verstehe.« Grovers Miene zeigte echtes Mitgefühl. »Wir sind schon seit einer Woche mit ihr zusammen – seid sie in New York das Schiff verlassen hat. Mit uns spricht sie kein Wort. Sie gibt nur Anweisungen.« Er seufzte. »Jetzt versteh ich erst richtig, warum sich unsere Vorfahren gegen das europäische Adelspack erhoben haben. Sie hatten wirklich einen guten Grund.«

»Wem sagst du das...« Roger drängte sich an Grover vorbei in den vorderen Teil des Zuges. Er wollte sich ein wenig die Beine vertreten, um nicht einzurosten.

Die Waggons waren gut besetzt. Die meisten Reisenden schienen Geschäftsleute und Rancher zu sein und hatten sich in ihren Sonntagsstaat geworfen.

Roger sah auch drei Cowboys, die mit zwei Kavalleristen auf Urlaub Poker spielten. Er kiebitzte eine Weile und liebäugelte mit dem Gedanken, sich zu ihnen zu gesellen, um den Verlust vom vergangenen Tag wettzumachen. Doch dann sah er, dass sie nur um Kleingeld spielten und verwarf ihn wieder.

Als er die Tür des Speisewagens öffnete, fiel sein Blick auf einen Mann mit einem großen weißen Champie-Hut und er blieb starr vor Schreck stehen. Georgie. Homers Mörder. Neben ihm saßen der hagere Flint und ein kompakt gebauter Knabe, dessen Namen er nicht kannte.

Hatte das Trio ihn in den Zug steigen sehen? Waren sie an Bord gekommen, um ihn auszuschalten?

Natürlich, dachte er. Keine Frage. Ich bin erledigt... 

Bevor ihn jemand sehen konnten, zog er die Tür zu und eilte durch die Waggons zum Salonwagen zurück. Er musste Grover ins Vertrauen ziehen und ihn um eine Waffe bitten...

Als er das Abteil der Pinkertons erreichte, hatte Grover sich auf einem der beiden Sitze zusammengerollt und schnarchte. Schnauz hielt Wache. Der dritte Mann war noch nicht zurückgekehrt.

»Er hat die ganze Nacht Wache geschoben«, sagte Schnauz mit starkem deutschem Akzent. »Es ist wohl besser, wenn du später noch mal wiederkommst...«

»Ja, mach ich«, sagte Roger. Zum Glück hatten die Lumpen ihn noch nicht gesehen...

 

 

7.

 

Als Roger den Salon betrat, stand Roxanne auf einem Stuhl und staubte mit einem Federwisch eine Blumenvase ab. Sie drehte ihm den Rücken zu und beugte sich so weit vor, dass er Gelegenheit hatte, ihre entzückenden Kniekehlen zu sehen. Ihre Beine erinnerten ihn an Josie, und ihm fiel ein, dass er wegen des plötzlichen Auftauchens ihrer Mutter nicht zum Abschuss gekommen war.

Zwar hätte er Roxannes Kniekehlen noch gern eine Weile angeschaut, doch er räusperte sich, wie es sich für einen Gentleman geziemte.

»Ah, Homer...« Roxanne drehte sich herum. »Wollen Sie mir beim Wedeln helfen?«

Ich hätte da was anderes, was du wedeln könntest, du süßes kleines Biest, dachte Roger und hoffte, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte. »Da wüsste ich was Schöneres«, sagte er und zwinkerte. Er war eigentlich in den Salon gekommen, um nachzusehen, ob es hier etwas gab, das er als Waffe verwenden konnte. Ein Schießeisen zum Beispiel wäre nicht schlecht gewesen... Aber es sah nicht danach aus.

»Sie sind mir ja ein ganz Schlimmer«, sagte Roxanne. Ihre blauen Augen glitzerten auf eigentümliche Weise. »Vielleicht helfen Sie mir erst mal vom Stuhl herunter.«

»Aber gern.« Rogers Arme zuckten hoch und packten ihre Taille. Bevor er sie am Boden abstellte, schaute er ihr in die Augen, wie immer, wenn er eine Frau im Arm hielt und darauf aus war, etwas von ihr zu kriegen. Zu seiner Verwunderung zuckte sie mit keiner Wimper, und er las in ihren Augen etwas, das seine Hose sofort spannte. Als sie am Boden stand, fragte sie, ob er Lust auf ein »Likörchen« hätte.

»Natürlich.«

Sie nahmen Platz. Die Flasche und mehrere Gläser standen auf dem Tisch. Roxanne schenkte ein. Das Zeug war süß wie Honig, brannte aber angenehm in der Kehle.

»Wo ist Ihre Durchlaucht?«, fragte Roger und deutete über seine Schulter.

Roxanne kicherte. »Sie hält ihren Schönheitsschlaf.«

»Was denn? So kurz nach dem Aufstehen?« Es war noch nicht mal zehn Uhr.

»Sie ist um fünf Uhr aufgestanden«, sagte Roxanne, »um ihr Reisetagebuch zu führen.«

»Reisetagebuch?« Roger runzelte fragend die Stirn.

»Der König verlangt es«, erwiderte Roxanne. Sie schenkte nach. »Er finanziert ihre Reise. Da möchte er wissen, was seine... Freundin so alles treibt.«

»Könige scheinen merkwürdige Angewohnheiten zu haben.« Roger trank das zweite Gläschen leer und empfand ein leichtes Schwindelgefühl. Er fragte sich, ob er Roxanne ins Vertrauen ziehen und sie fragen konnte, ob sie eine Schusswaffe besaß. Doch was sollte er ihr erzählen? Dass er nicht Homer von Wallenstein war, sondern der Aktienhändler Roger O’Donnell? Wie sollte er ihr erklären, dass Georgie, Flint und der dritte Mann im Speisewagen darauf aus waren, ihn zu skalpieren, ohne sich selbst in die Pfanne zu hauen?

»Sie sind ein netter Mensch«, sagte Roxanne, als sie beim dritten Likörchen angekommen waren. Ihr Blick war nun leicht glasig, und das Glitzern ihrer Augen erinnerte Roger an eine geile Katze. Er kannte diesen Blick. Wenn Frauen ihn aufsetzten, würde bald etwas passieren.

»Sie auch, Miss Prentiss«, erwiderte er.

»Nennen Sie mich Roxanne«, meinte sie. »Dasch... ich meine, das tun alle meine Freunde.«

»Ich bin gern Ihr Freund, Roxanne.« Rogers Kragen wurde eng. Er wurde noch enger, als sein Blick auf ihre entzückenden Knie fiel. Er hatte so dünne Strümpfe noch nie an den Beinen einer Frau gesehen – außer vielleicht bei den Huren in St. Louis, die gute Beziehungen zu Seeleuten hatten die öfters nach Frankreich kamen.

»Sie sind ein attraktiver Mann...«

Roger errötete. »Danke. Sie sind aber auch sehr attraktiv.« Irgendwie empfand er es immer als peinlich, wenn erwachsene Frauen sich unter dem Einfluss von Alkohol Männern gegenüber zum Affen machten. Andererseits hatte er sie immer als Engel im Bett empfunden.

»Bevor wir uns jetzt beide zum Affen machen«, sagte Roxanne, »musch ich... muss ich...« Sie stand auf, presste eine Hand vor den Mund und schaute Roger mit riesengroßen Augen an. »...mal eben rausch.« Sie flog förmlich aus der Tür.

Roger spitzte die Ohren, doch er hörte das Klackern ihrer Absätze nicht, da auch der Gang des Salonwagens mit einem Läufer versehen war. Er leerte sein Glas, schaute eine Weile missmutig vor sich hin, stand dann auf und öffnete alle Schränke und Schubladen. Er fand nur Gegenstände, die man in gut sortierten Salons fand, aber keine Schusswaffen.

Da Roxanne nicht zurückkehrte, ging er hinaus und schaute nach, ob Grover vielleicht wacht war. Doch er schlief wie ein Bär. Schnauz und der dritte Detektiv zuckten hilflos die Achseln.