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Doro May: Hau(p)tsache Schatten - Ratgeber Hautschutz Ein Achtsamkeits-Begleiter nicht nur für Menschen mit heller Haut Deine Haut orientiert sich an deinem Leben: Auf der etwa 2m² großen Hülle zeichnen Kosmetik, Alterung und die Sonne deinen Umgang mit ihr nach wie in einem offenen Buch. Wusstest du, … dass die UV-Strahlen zu 80% für die Hautalterung verantwortlich sind? … dass früher vornehme Blässe trendy war? … dass auch der höchste Lichtschutzfaktor nicht vor schwarzem Hautkrebs schützt? Dieses Buch informiert dich auf unterhaltsame Weise, was du immer schon über deine Haut wissen wolltest und solltest, vor allem, wenn deine Haut Hilfe braucht.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Mein Schattendasein
2. Es werde Licht
3. Hautfarbe: Blass
4. Vornehme Blässe
5. Bräune um jeden Preis
6. Bloß nicht aus der Haut fahren
7. Mit heiler Haut davonkommen
8. Der Vorteil dunkler Haut
9. Strahlend schön?
10. Baywatch versus Gothic
11. Sonnen- und Sommerhasser
12. Urlaub im Schnee
13. UV-Gefahrenindex
14. Sonnencreme ist abgelaufen. Weg damit?
15. UV-Kleidung
16. Was schützt wie vor UV-Strahlen
17. Der Fleck muss weg
18. Wenn niemand in deiner Haut stecken möchte
19. Blut im Schuh
20. Das geht unter die Haut
21. Was haben UV-Strahlen mit Kollagen zu tun und was ist das überhaupt: Kollagen?
22. Ich stehe zu meinem Alter
23. Fühl dich wohl in deiner Haut – die 4-Jahreszeiten-Typologie
24. Puristisches Make-up
25. Das Parfum
26. Die Vorzüge einer Reduktion auf das Wesentliche
27. Es gibt noch Informationsbedarf
28. Der andere Urlaub – persönliche Reisetipps
Danke möchte ich sagen …
Über die Autorin
Impressum
Edition Paashaas Verlag
Doro May Hautsache SchattenOriginalausgabe März 2024 Cover designed by Michael Frädrich Covermotive: Pixabay
Bild "Bratpfanne":
Katrin Dageför - Illustratorin aus Hamburg
Bild Farbkreis:
Klara Hurkowa - tschechisch-deutsche Künstlerin © Copyright Edition Paashaas Verlag Printausgabe: ISBN: 978-3-96174-140-3
Doro May
Hau(p)tsache SchattenEin Achtsamkeits-Begleiter nicht nur für Menschen mit heller Haut
Unsere Haut ist eine Lebenslandkarte: Pflege, Kosmetik, Alterung und die Auswirkung der Sonne zeichnen den Umgang mit unserer zirka 2m² großen Hülle nach. Irgendwo zwischen Grillhähnchen und Nachtschattengewächs bewegen wir uns ein Leben lang unter den lebenspendenden und eben auch vernichtenden Strahlen der Sonne.
Am besten gehst du achtsam mit dir und deiner Haut um.
Wusstest du, dass noch vor gar nicht langer Zeit vornehme Blässe im Trend lag? Dass Sonnencreme auch mit hohem LSF nicht gegen schwarzen Hautkrebs schützt? Dass jedes Jahr 14.000 t Sonnenmilch in die Ozeane gespült werden?
Dieses Buch informiert dich auf unterhaltsame Weise, was du immer schon über deine Haut wissen wolltest – vor allem, wenn es ernst wird, weil deine Haut Hilfe braucht …
Wir borgten uns Räder und fuhren durch die Rostocker Heide nach Warnemünde, wo die Menschenherde auf der Ferienweide noch viel, viel größer war als in Müritz. Sie schmorten zu Tausenden in der Sonne, als sei die Herde schon geschlachtet und läge in einer riesigen Bratpfanne.
Manchmal drehten sie sich um. Wie freiwillige Koteletts. Es roch, zwei Kilometer lang, nach Menschenbraten.
Erich Kästner: Als ich ein kleiner Junge war. 1957
Es ist Ende August.
„Ihr fahrt wohl dieses Jahr gar nicht in Urlaub?“, fragt Kira, braun gebrannt, die Gesichtshaut leicht gerötet, geschmückt mit einigen Sommersprossen.
„Wir waren schon“, sage ich.
Kira streicht mit einer Hand eine Haarsträhne aus ihrer sonnenverwöhnten Stirn. „In Grönland?“
„Nicht direkt.“ Mit Argusaugen entdecke ich nicht mehr wirklich zarte Linien zwischen ihrem Haaransatz und den Augenbrauen. „Aber immerhin haben wir es bis zum Gardasee geschafft.“
„Wusste ich gar nicht, dass sie diesen Sommer da so schlechtes Wetter hatten.“
„Wir hatten jeden Tag um die 28 Grad im Schatten“, kläre ich Kira auf. „An manchen Tagen auch über 30 Grad. Und ich habe es genossen. Einfach fantastisch, diese Wärme und der klare See. Von dem italienischen Essen ganz zu schweigen. Ich gehöre zum Typ Pizza/Pasta.“
„Haben sie da eigens für Sahnetörtchen einen Urlaubskeller?“
„Hab ich vergessen, nach zu fragen.“
„Und wie hast du es also geschafft, so …“, sie sucht nach Worten, „so völlig bleichgesichtig im Hochsommer Italien wieder zu verlassen?“
„Mit Schutzfaktor 50plus, UV-Schutz-Bluse, UV-Schutz-Langarmshirt fürs Baden und einem gigantischen Sonnenschirm. Besonders gefallen hat mir das Strandcafé. Unter einer Riesenmarkise habe ich mindestens fünf Bücher gelesen und mich mit Cappuccino und Aperol versorgen lassen.“
„Nun ja“, kommt es in Mitleidston, „mit irgendwas muss man ja die freien Tage totschlagen, wenn die Sonne eine Qual ist.“
„Es war Erholung pur“, schwärmt es aus mir heraus. „Und so wunderbar warm. Ach ja – beinah hätte ich vergessen, den Sonnenhut in meinem Gepäck zu erwähnen. Ich besitze übrigens acht Exemplare.“
Wenn du wie ich zu den Nachtschattengewächsen gehörst, dürften dir solche und ähnliche Gespräche bekannt sein. Denn wir sind alle mit etwas zu kurz gekommen: mit Pigmenten. Unsere Haut ist weiß, häufig mit Tausenden kleiner beiger Pünktchen verziert. Auch im Hochsommer können wir keinen goldbräunlichen Schimmer vorweisen, denn wir haben nur die Alternative weiß oder rot.
Meist sind wir blass, als würden wir den Tag nicht überleben, bleiben gerade beim allerschönsten Wetter im Schatten und tun den Mitmenschen leid. Jedenfalls im Sommer, wenn auch der Durchschnittseuropäer zumindest dezent gebräunt ist.
„Kommst du nicht mit an den Strand? Wir spielen Volleyball.“
Du erklärst schon gar nicht mehr, warum du nicht mitspielst, obwohl deine Qualitäten am Netz gefragt sind, sondern sagst bloß: „Heute nicht. Bin ganz gerne mal alleine.“
Während sich die anderen bei mindestens 35 Grad im Schatten verstrahlen lassen, führst du gleich ab dem ersten Ferientag ein einsames Schattenleben.
Demonstrativ ziehst du deinen aktuellen Schmöker aus der Tasche oder zückst lässig dein E-Book, fast gleichzeitig mit deinem besten Freund, dem Lichtschutzfaktor 50plus, ohne den du kaum fünf Minuten Sonne ohne Sonnenbrand überstehst. Du setzt den Hut mit der breitesten Krempe auf und rückst den Liegestuhl bis unter die blauweiß gestreifte Markise des Ferienhäuschens.
„Lasst mich einfach hier.“
Bei dem Satz lächelst du einigermaßen ungezwungen. An diesem Lächeln hast du schon lange geübt. Zwangsläufig, weil du nicht als Spaßbremse rüberkommen magst. Deine Rachegedanken – ihr Koteletts mit Fetträndern werdet euch noch wundern; Sonne macht alt und hässlich! Beste Grüße an den Hautarzt – behältst du für dich.
Sind wir Bleichgesichter einmal wirklich krank, senken die Mitmenschen die Augen, wenn wir noch etwas schlapp wieder auf der Arbeit aufkreuzen. Da wir in einem solchen Zustand mit Make-up nicht wirklich vorteilhaft aussehen – ausgerechnet bei heller Haut erkennt man besonders leicht, wenn etwas übertüncht werden soll – und daher besser puristisch das Haus verlassen, machen wir den Eindruck, als seien wir von einem Schmink-Handicap befallen. Diskret sammeln die Kollegen für einen Kranz mit Trauerschleife. „Unser Kalkstein macht‘s nicht mehr lange“, wispert es durch die Flure.
Blasse Haut – ein Luxusproblem?
Nein!
Dieser Eindruck ist falsch. Denn unsereins gehört zu einer gefährdeten Spezies. Allen Ernstes: Wir leben gefährlich!
Wir haben oft sensible Haut und leiden als Kleinkinder unter Neurodermitis, erkranken schon aufgrund einer fehlenden ausreichend schützenden Pigmentierung gegen UV-Strahlen leichter an Hautkrebs, haben in null-Komma nichts Sonnenbrand und häufiger als normalpigmentierte Mitbürger Couperose, also rote Flecken und sichtbare Äderchen. Bei heller Haut ist das natürlich besonders augenfällig und schreit nach Concealer: Bitte großflächig auftragen!
Wir gehören ganz klar zu der Sorte empfindlich.
Aber es wäre gut, wenn nicht nur WIR zu Hautverstehern würden.
Motto: Hau(p)tsache Schatten!
„… und es ward Licht.“
So beginnt die Schöpfungsgeschichte. Allerdings kommen Sonne und Mond erst am dritten Tag zur Sprache als „…ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere“. (1.Mose 1)
Tatsache ist, dass erst die Sonne es ermöglichte, dass Pflanzen, Tiere und später der Mensch überhaupt entstehen konnten. Licht und Wärme sind unsere Lebens-Elexiere. Somit beeinflusst die Sonne unseren physischen Zustand. Genauso entscheidend ist sie für die menschliche Psyche.
Doch der Reihe nach. Wir beginnen mit den biologischen Fakten:
Das Licht der Sonne bewirkt die Umwandlung von Blutfetten in Vitamin D. Dieses Vitamin beugt beim Menschen nicht nur Krebsarten vor, sondern sorgt für einen moderaten Blutdruck. Darüber hinaus ist es dafür verantwortlich, dass unsere Knochen das wichtige Kalzium aufnehmen, damit sie nicht morsch werden und der Mensch Osteoporose bekommt. Zumindest nicht vor der Zeit, die erst im fortgeschrittenen Alter beginnt, wenn der Stoffwechsel im Allgemeinen und die Knochendichte im Speziellen abnimmt, was in einem gewissen Rahmen als normal durchgeht.
Mit gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung kann man der zunehmenden Knocheninstabilität erfolgreich entgegenwirken – aber das nur am Rande, denn hier soll es um unsere Haut gehen.
Zwar ist Vitamin D auch in Lebensmitteln wie zum Beispiel in Eiern, Fisch, bestimmten Ölen enthalten, doch erst das Sonnenlicht sorgt für die unmittelbare und damit natürlichste Aufnahme des Vitamins. Gut zu wissen, dass bereits fünf Minuten Sonne pro Tag den Knochenbau ausreichend stärken.
Durch die Strahlung der Sonne werden auch die weißen Blutkörperchen gebildet. Jedenfalls regt das Sonnenlicht den Organismus dazu an. Im Fachjargon nennt man sie Leukozyten. Sie sind ungeheuer wichtig, denn sie dienen zur Abwehr von Fremdkörpern und Krankheitserregern. Sie gehen quasi überall im Körper in Stellung, damit wir gesund bleiben: in Blut und Gewebe, in den Schleimhäuten und Lymphknoten.
Sonnenlicht kurbelt die Produktion von Serotonin an. Im Volksmund wird es das Kuschelhormon genannt. Eine durchaus berechtigte Bezeichnung, denn Serotonin ist hauptverantwortlich für unser Wohlbefinden. Ohne dieses Hormon stellt sich kein Glücksempfinden ein. Bedauerlicherweise leiden Menschen aus Ländern mit wenig Sonne, was man gemeinhin als schlechtes Wetter bezeichnet, verstärkt zu Depressionen. Tatsache ist, dass zum Beispiel Finnland eine hohe Quote an Alkoholikern und leider auch Suizidgefährdeten hat.
Gut nachvollziehbar wird das Phänomen zum Beispiel unter dem folgenden Link beschrieben:
➼https://aempf.de/finnland-glueck-unglueck/
Ganz konkret: Die Selbstmordrate steigt mit der Zunahme des Mangels an Sonnenlicht. In Ländern, wo zumindest zeitweise wenig die Sonne scheint, wird gerne mit Alkoholischem eingeheizt, damit man die Alltagssorgen besser verkraftet. Wofür mangelndes Vitamin D doch so alles verantwortlich gemacht werden kann 😊…
Umgekehrt wirken Südländer meist offener, zugewandter und häufig gut gelaunt. Klar, dass Nord- und Mitteleuropäer gerne nach Spanien, Italien, Portugal und Griechenland reisen. Die berühmte Costa del Sol wird auch als Küste der Liebe bezeichnet. Tja – das sexuelle Verlangen steigt im Sommer, denn die Sonneneinstrahlung ist mitverantwortlich für die Bildung von Testosteron, dem männlichen Power-Hormon. Es steigert bekanntlich die Libido, dient aber auch zur Produktion von Muskel- und Knochenmasse und ist damit gut gegen Osteoporose.
Jetzt könnte man meinen, nichts sei gesünder und verlockender, als jede Gelegenheit zu nutzen, sich in die Sonne zu legen, zumal gebräunte Haut bei uns als attraktiv gilt.
Jedenfalls heutzutage!
Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall.
„Gesund“ ist das Sonnenbaden allenfalls für die Tourismusbranche, hier im Sinne der optimalen Ausnutzung des südländischen Wetters in Europa für Spanien und Italien. Der Anteil des Bruttoinlandprodukts machte 2018 in Sachen Urlaubstourismus für Spanien 14,6 Prozent aus, für Italien lag der Anteil bei 13,2 Prozent. Zum Vergleich seien die Philippinen mit 24,3 Prozent genannt – nahezu ein Viertel der gesamten Landeseinnahmen sind hier also der Sonne zu verdanken. In Thailand waren es 21,6 Prozent, in der Türkei 12,1 Prozent. Auch in Deutschland beschäftigen die Reisefreudigen etwa drei Millionen Menschen und sorgten 2017 für 3,9 Prozent anteilig an der bundesdeutschen Bruttowertschöpfung. Immerhin hat also auch bei uns jeder fünfzehnte Arbeitsplatz mit der Branche zu tun, womit der Tourismus gleichzieht mit den wirtschaftlichen Schwergewichten Autoindustrie und Maschinenbau.
Unter dem folgenden Link findest du die genaue Aufschlüsselung:
➼https://de.statista.com/statistik/daten/studie/289171/umfrage/ beitrag-der-spanischen-tourismusbranche-zum-bip-im-vergleich
Viele Gewerbe sind unmittelbar Teil vom Tourismus. Hierzu gehören Gastronomie, Unterkunft, Flug- und Bahnverkehr, um nur einige zu nennen. Die Reisebranche bietet Städte- und Länderreisen an.
Fakt ist: In allererster Linie bevorzugen Urlauber das unmittelbare Sonnen-Erleben. Damit sind wir wieder beim Aspekt des überaus beliebten Strand- und Badeurlaubs mit UV-Strahlen satt. So viele Menschen mit denselben Vorlieben können nicht irren.
Das ist leider ein gründlicher Irrtum …
Sie irren gewaltig!
Seit wann gibt es überhaupt Urlaub?
Aus Spaß zu verreisen, gibt es noch nicht so lange.
Dieses Vergnügen konnten sich vor gut zweihundert Jahren nur die Superreichen leisten. Maximal ein Prozent der Menschen entfernte sich unabhängig von Job, Soldatentum oder Verwandtschaftsbesuchen von ihrem Zuhause – und das in erster Linie zu Bildungszwecken.
Ziele waren in erster Linie große, berühmte Städte wie Rom, Venedig, Florenz, Paris, wo man etwas über Baukunst und Kultur lernen konnte und natürlich etwas fürs Prestige tat: Hört alle einmal her: Ich habe Italien bereist, bin Rom-Kenner und habe in Spanien einem Stierkampf beigewohnt. Außerdem war ich im Louvre und habe Notre-Dame besichtigt.
Niemals wäre man auch nur auf die Idee gekommen, sich in Italien an den Strand zu legen, um wie ein im Freien schuftender Arbeiter nach Hause zurückzukehren: mit gebräunter Haut.
Igitt!
War man noch früher unterwegs, zum Beispiel im Mittelalter, handelte es sich allenfalls um eine Wallfahrt, um einen Kreuzzug oder der Ritter musste sich einer angeordneten Heeresbewegung anschließen.
In allen Fällen waren die Reisenden männlich. Die Dame blieb in dem ihr zugedachten Refugium: Zu Hause.
Warum das Reisen zur Ausnahme gehörte, liegt auf der Hand: Die weitgehend noch ungezähmte Natur war kein guter Reisepartner. Wehe, man verlor die Orientierung. Weder gab es Wegweiser noch handliche Landkarten. Und bei schlechtem Wetter versank man durchaus im Matsch. Und nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass Ronja Räubertochter auf realistischen Füßen steht: Wegelagerer überfielen die Reisenden ebenso wie Wildschweine, Bären und Co, sodass die Angelegenheit so oder so durchaus tödlich enden konnte. Da waren UV-Strahlen das kleinere Problem.
Im 19. Jahrhundert stand der Bildungsaspekt an erster Stelle, wenn sich die Reichen eine Luxusreise gönnten. Mit dem Orientexpress ging es bis nach Istanbul mit seinen für Europäer fremdländischen Luxusgebäuden oder man reiste mit einem Dampfschiff nach Ägypten, wo die Pyramiden warteten, besichtigt zu werden. Das Gepäck war mit den berühmten Schrankkoffern und Hutschachteln aufwändig. Immer noch stand die Mode auf Abdeckung der gesamten Haut. Bloß keine Bräune und erst recht keine Rötung!
Die Romantik, die ebenfalls dieses Jahrhundert prägte, steht für Sehnsucht nach dem Unendlichen; auch nach dem Verborgenen und Geheimnisvollen, was man eben nicht in den großen Städten suchte. Man wanderte in die Natur. Mit Stock und Hut, der einen vor der Sonne schützte.
Ein Jahrhundert später reiste dann auch der wohlhabende Bürger, in den meisten Fällen für maximal zwei Wochen. Lieblingsziele waren die Nord- und Ostseebäder.
Finanziell chancenlos blieb Otto Normalverbraucher daheim, bis durch das Programm des Nationalsozialismus‘, Kraft durch Freude, auch ihm ein Erholungsurlaub möglich wurde.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg dachte man zunächst sehr verhalten ans Verreisen, denn deutsche Urlauber waren in Ländern wie Holland oder Frankreich nicht gerade willkommen. Allenfalls die Mittelgebirge wie Eifel, Hunsrück und Spessart zogen Wander- und Frischlufthungrige an. Außerdem war man mit dem Wiederaufbau beschäftigt und viele besaßen kaum das Notwendigste zum Leben.
Ein gutes Jahrzehnt später gab es allerdings kein Halten mehr: Mit dem Wirtschaftswunder der Sechziger Jahre muss wohl auch die bundesdeutsche Haut ihre Unschuld verloren haben: Italien und Spanien wurden regelrecht okkupiert. Diesmal ohne Panzer und mit zunehmend blanker Haut. Urlauber mutierten für einige Länder zur Haupteinnahmequelle. Der Pauschaltourismus entwickelte sich – und mit ihm und den Billigflugreisen der weiße und schwarze Hautkrebs.
Beides, Tourismus und Hautkrebs, steigern sich munter weiter. Denn zahlreiche Events finden, bezogen auf die Sonneneinstrahlung, unter extremen Bedingungen statt: Klettern, Surfen, Schwimmen sind Aktivitäten, bei denen man sich unter Umständen nicht andauernd neu eincremen kann und mag. Sonne und Meer haben Hochkonjunktur.
Die Folgen leider auch.
Ob der vorsichtige Trend zum sanften Tourismus auch die Hautprobleme wieder eindämmen wird, wird man abwarten müssen – zumal dieser Trend mehr als vorsichtig ist. Betrachtet man die Fotos im Netz aus bekannten Urlaubsgebieten wie Spanien, Portugal, Kroatien oder auch Holland, entsprechen die Bilder nach wie vor dem Eindruck Erich Kästners aus dem Zitat über der lustigen Skizze in der Einleitung:
Sie schmorten zu Tausenden in der Sonne, als sei die Herde schon geschlachtet und läge in einer riesigen Bratpfanne. (siehe oben)
Was wäre, wenn die Krankenkasse und damit WIR uns weigerten, für die Folgen von diesem Wahnsinn zu bezahlen? Den Irrsinn, die eigene Haut zu Markte zu tragen, schlichtweg zu finanzieren? Wenn man sozusagen zusätzlich zur Kurtaxe einen „Schmor-Euro“ pro Tag dazulegen müsste, der umgehend den Hautarzt-Praxen und -Kliniken überwiesen würde?
Ja, ich weiß! Dann müssten jede Menge-Risiko-Euros von allen möglichen Fun-Sportarten, schnellen Motorradlern, Autofahrern, Rauchern, Übergewichtigen, um nur einige Beispiele zu nennen, eingesammelt werden …
Interessant zu wissen:
Bereits fünf Minuten Sonne pro Tag reichen aus für die Stärkung des Knochenbaus
Erst ab den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts beginnt das Sonnenbaden im großen Stil
Mit der Entwicklung des Pauschaltourismus geht der rasante Anstieg des weißen und schwarzen Hautkrebs’ einher
Klettern, Surfen, Kiten, Schwimmen, Beach-Volleyball entwickeln sich seitdem zu beliebten Sportarten, bei denen man sich nicht andauernd neu eincremen kann und mag. Ein Problem für die Haut
Wie bereits angedeutet, gehören Leute wie ich zu der Spezies der nur für Sekunden wirklich frisch wirkenden Sahnetörtchen, bei denen der Konditor die zündenden Mittel für die Haltbarkeit vergessen hat.
Unser natürlicher Teint entspricht leider so gar nicht dem, was man landläufig unter einem natürlichen Teint versteht: ein frisches Gesicht, das vor Gesundheit nur so strotzt. Ein Gesicht, das beweist, dass man niemals geraucht und keinen Tropfen Alkohol angerührt hat.
Niemals!
Vom täglichen Fitnessprogramm ist die Haut gut durchblutet und man sieht ausgeschlafen aus. Das Gesicht ist leicht gebräunt und die Wangen sind rosig. Das ist diese Art von „natürlich“, wie sie uns Models und Stars aus Film und Fernsehen häufig in den Medien präsentieren. Sie wirken gerade so, als wäre diese „Natürlichkeit“ ihr weiblich-genetisches Fundament. Sie müssen es lediglich ein wenig pflegen, damit sie so bleibt, die sogenannte „Natürlichkeit“.
Doch es gibt eben auch die anderen.
Mich zum Beispiel!
Wir sind mit einer Blässe gesegnet, damit man die anderen nur deshalb als natürlich schön erkennt, weil es uns eben auch gibt.
Unsere Augen sind in den allermeisten Fällen hellblau, graublau oder irgendwas mit grün. Unser Haar hat durchaus das Zeug zur Farbe. Von tiefschwarz über braun, manchmal rot, weniger gerne straßenköterblond und besonders gerne bis lichtblond ist alles drin. Doch es rahmt uns ein, als hätte ein Maler über die Frisur unseren Teint vergessen. Wenigstens ein wenig Rosa hätte er unseren Wangen gönnen können. So müssen wir selbst zum Rouge greifen, um dem Schreck vor unserem Spiegelbild eins auszuwischen – äh – etwas hinzuwischen, falls man das so sagen darf: nämlich ein klein wenig Farbe. Natürlich dezent, damit die anderen nicht wegen des offenbar fieberglühenden Gesichts Reißaus nehmen.
Damit komme ich zum ersten Thema:
Liebe Schneeweißchen!
Vorsicht bei Tiegel- und Tuben der Marke Selbstbräuner. Das ist nämlich nur bedingt für unsereins geschaffen, weil man davon gerne eine leicht gelbliche Färbung bekommt, und dann Leute wie Kira mitleidig feststellen, dass wir offensichtlich ein Problem mit der Leber haben.
„Trinkst du schon länger?“, höre ich Kira mit diesem speziellen Unterton fragen, einer Mischung aus Vorwurf und Überheblichkeit, weil die blasse Freundin wohl heimlich Trost bei der Flasche sucht, während sie sich selbst trocken durchs Leben kämpft.
Sagt unsereins daraufhin, man habe ja nur den Versuch unternommen, etwas gegen die krank wirkende Blässe auszurichten, laufen wir Gefahr, mit dieser Behauptung unser Alkoholproblem kleinreden zu wollen.
Vielleicht wolltest du immer schon einmal Urlaub in China machen. Das wäre für Menschen mit blasser Haut DAS Favorit-Ferien-Erlebnis!
Da ist es in manchen Regionen absolut in, außer Handtuch und Badeanzug eine dünne Ski-Maske einzustecken, wenn es im Sommer an den Strand oder ins Freibad geht. Die Ladys haben nämlich strikt etwas dagegen, mit einem gebräunten Gesicht nach Hause zu kommen. Angeblich sind solche Maskeraden mittlerweile verboten worden, weil entsprechende Postings im Netz weltweit für Gelächter gesorgt haben.
“Eine reine, weiße Haut war (und ist) in vielen Zeiten und Epochen ein begehrtes Schönheitsattribut. Zeugte sie doch von einem müßigen Leben und einer vornehmen Herkunft. Nur Menschen niedrigen Standes, die gezwungen waren ihren Lebensunterhalt mit körperlicher Arbeit im Freien zu verdienen, hatten eine dunkle Haut”, schreibt Liane Vorwerk-Gundermann.