Hauptsache Millionär - Mia Benton - E-Book
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Hauptsache Millionär E-Book

Mia Benton

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Beschreibung

Geld oder Liebe?
 
… Ist für Mia keine Frage. Enttäuscht von ihrem reichen Verlobten, setzt sie jetzt ganz auf Unabhängigkeit und Geldverdienen. Leider ist das schwieriger als gedacht, denn sie bekommt nur schlechtbezahlte Praktika. In ihrer Not versucht sie sich als Autorin eines Liebesromans. So ein bisschen Geschreibsel ist doch eine Kleinigkeit und mit Einhaltung der Genre-Regeln ist der Erfolg praktisch garantiert. So ist ihre Vorstellung, als sie sich in ihrem Stamm-Café motiviert an die Arbeit macht. Sie hätte wohl besser einen Krimi gewählt, denn es ist ihr gerade gar nicht nach Romantik.
Ben, der denselben Lieblingstisch hat, setzt sich zu ihr. Er trägt T-Shirts mit schrägen Sprüchen, ist selbstbewusst, charmant … und geht Mia mit seinen neunmalklugen Kommentaren gehörig auf den Wecker. Als er von ihren schriftstellerischen Ambitionen erfährt, bietet er sich selbstlos als Muse an. Und Mia? Die fühlt sie sich auf sonderbare Weise zu ihm hingezogen...
 
Turbulente Liebesgeschichte mit Witz und Herz.
Überarbeitete Neuauflage 
Jetzt die Fortsetzung des Bestsellers lesen: "Hauptsache Liebe"
 
Hauptsache verliebt – denn das Leben verläuft selten nach Plan.
Diese Reihe von romantischen Komödien wurde mit einem Augenzwinkern geschrieben. Alle Storys stehen hier unter dem Motto: Hauptsache humorvoll. Doch das gewisse Bauchkribbeln kommt garantiert auch nicht zu kurz. Versprochen.
Die Geschichten sind alle vollkommen unabhängig voneinander zu lesen.
 
In der Reihe bisher erschienen:
Band 1: Hauptsache Weihnachten
Band 2: Hauptsache Verheiratet
Band 3: Hauptsache Millionär
Band 4: Hauptsache Liebe
Neu:
Band 5: Hauptsache Strand

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Alica H. White, Mia Benton

Hauptsache Millionär

Romantische Komödie

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Kapitel 1 Schicksalsbegegnung

 

Das Leben ist doch manchmal ein A…, oder? Aber mich kriegt es nicht klein. Ich werde es machen, wie die Maus, die in den Sahnetopf fiel. Irgendwann werde ich die Sahne zu Butter geschlagen haben und klettere heraus aus dem Topf, in dem ich seit meiner Geburt schwimme.

 

Die Sonne scheint durch die Butzenscheiben des gemütlichen Cafés. Ich hätte mich genauso gut ins Moonbucks, gegenüber, setzen können. Aber da ist es mir zu hip. Mehr Plastik geht nicht. Und dann noch diese Musik …

Nein, hier ist es gechillter. In dieser Atmosphäre bekomme ich viel mehr Inspiration für meinen Roman, den auch die Leute dort drüben kaufen sollen, damit ich endlich zu Hause ausziehen kann.

Ja, ich wohne noch bei meiner Mutter – zwangsläufig.

Obwohl ich mit dem Studium fertig bin, muss ich mich zwangsweise als Praktikantin anbiedern. Aber es geht aufwärts. Nach dem ersten (unbezahlten) Praktikum habe ich eindeutig einen Sprung gemacht. Für das zweite bekomme ich immerhin vierhundertfünfzig Euro im Monat. Da muss ich natürlich aufpassen, dass ich auf dem Teppich bleibe.

Zynisch? Ich doch nicht!

Schließlich hätte ich nur das Fremdgehen meines Freundes ignorieren müssen, dann wäre ich bei ihm eingezogen. Der hat genug Schotter. Aber wer will sich schon von so einem windigen Typen abhängig machen? Ich auf jeden Fall nicht, zumal seine Eltern erzkonservativ sind. Darauf habe ich echt keine Lust. Ich werde Einzelkämpferin. Und zwar solange, bis es endlich für eine eigene Wohnung reicht.

Ich stelle mir das so vor: In den acht Wochen, zwischen den beiden Praktika, werde ich einen Liebesroman schreiben, mit dem ich mein spärliches Gehalt aufbessere. Wenn ich es richtig gut mache, dann geht er durch die Decke. Immerhin war ich in der Schule besonders gut darin, Aufsätze zu schreiben. Die Veröffentlichung mit Self-Publishing als eBook geht ja heutzutage ganz einfach, praktisch ohne Risiko.

Nachdenklich sitze ich an meinem Lieblingstisch, hinten in der Ecke. Hier ist es etwas ruhiger. Man kann gut die Leute beobachten oder aus dem Fenster sehen. Ein Ort, um mich zu beflügeln. Ich liebe das Röcheln, Dampfen und Zischen der alten Espressomaschine in diesem Café. Das Klappern des Geschirrs und die leisen Unterhaltungen der Gäste bilden dabei die perfekte Untermalung.

Mein Blick schweift über das zusammengewürfelte Mobiliar, es ist bunt und abwechslungsreich. Die Leute sind hier so echt.

Noch einmal sehe ich durch die Butzenscheiben hinüber zu Moonbucks. Die grelle Fassade passt zum Publikum. In dem großen Schaufenster, wo sich die Hipster zur Schau stellen lassen, blinkt ein Leuchtschriftzug mit »open«. Mich würde das Geblinke wahnsinnig machen, na ja.

Dort gibt es auch Kaffee, aber keinen gewöhnlichen. Dort will keiner durchschnittlich sein. Fast alle Sorten sind aromatisiert. Wahrscheinlich, damit man die schlechte Qualität nicht so schmecken kann. Ja, man muss sich eben verkaufen können.

Eigentlich ist es doch ganz einfach. Man braucht eine gute Recherche und orientiert sich am Erfolg der anderen Autoren. Schon kennt man die Zutaten für einen solchen modernen Groschenroman. Ideen? Nein, braucht man eher weniger. Man muss nur die richtigen Klischee-Bausteine neu zusammenstellen, ein paar Details ändern - et voilà. Fast Food fürs Hirn, gleicher Nährwert. Ich glaube, so könnte es etwas werden. Das wird auf jeden Fall meine Strategie.

Ich bestelle einen Cappuccino beim Kellner und fange mit dem Recherchieren an. Reicher Schnösel, selbstverständlich unverschämt gut aussehend, trifft seine Herzensdame. Im Gegensatz zum Helden muss die Heldin nicht perfekt sein, aber taff. Reicher Held, armes Mädchen – das klingt natürlich langweilig. Nur, wenn man genügend Geld verdienen will, scheint man nicht darum herumzukommen. Ich werde mich diesem Diktat beugen.

Der Schnösel hat nur einen einzigen Fehler … die Frauen … an jedem Finger zehn. Er kann sich vor Verehrerinnen nicht retten. Kein Wunder, er ist ja so ein toller Typ … mit unfassbar viel Kohle.

Ja genau, das ist es. Mein Protagonist braucht gaaanz viel Geld.

Millionär! Mindestens.

Am besten taucht das Wort gleich im Titel auf. Probeweise gebe ich das Stichwort beim größten Online-Buchhändler ein … Puh! Fast fünftausend Ergebnisse. Mein Blick fliegt über die Buchstaben: Vom Tellerwäscher zum Millionär – Spüllappen und Handtücher.

Okay, da sind alle Worttreffer dabei. Ach ja, der verkauft mittlerweile ja nicht nur Bücher, sondern alles Mögliche.

Na, dann beschränken wir die Geschichte mal auf Bücher. Oh je, immer noch fast zweitausend! Wie soll ich da hervorstechen?

Runtergehen mit der Kohle? Keine Chance, also rauf. Stichwort ›Billionär‹. Die Ergebnisse sind ziemlich schräg, zu viel Hardcore-Erotik. Nein, damit will ich auch nicht konkurrieren …

Stöhnend reibe ich mir über die Stirn. Es hilft nichts, ich muss einen besonders knackigen Titel mit ›Millionär‹ finden. Ich denke, das wird die größte Herausforderung dieses Romans sein.

»Ist hier noch ein Platz frei?«, vernehme ich, während ich immer noch in der Recherche versunken bin.

Die markante, dunkle Stimme lässt meine Nerven seltsam vibrieren. Ich schaue hoch, in das Gesicht eines seltsam aussehenden Typen. Als Erstes fallen mir die zerzausten Haare auf. Fein gekräuselt und dick lassen, die lassen sich bestimmt nicht gut bändigen. Wahrscheinlich sind sie deshalb so kurz.

Er trägt ein leuchtend blaues T-Shirt mit dem Spruch: Niveau ist keine Creme.

Sehr witzig und eine Spur arrogant. Darf mich so ein Freak nerven? Und was ist das überhaupt für eine blöde Anmache?

Ein Rundumblick sagt mir, dass tatsächlich alle Tische besetzt sind. Und sein Dackelblick ist herzerweichend.

Ich nicke … widerwillig, denn ich brauche doch Ruhe, um mich zu konzentrieren. Warum mache ich nur immer wieder Sachen, die ich eigentlich gar nicht machen will? Definitiv ein Problem, an dem ich arbeiten sollte.

»Danke«, sagt er. »Dies hier ist mein Lieblingstisch. Hier ist es etwas ruhiger. Ich liebe es, von hier aus die Leute zu beobachten. Manchmal sehe ich auch nur aus dem Fenster.«

Er lächelt mich an. Der erste Eindruck ist entscheidend, sagt man. Mein erster Eindruck: sympathisch. Oh Gott, nein! Wie kann ich den sympathisch finden? Der ist doch völlig verpeilt! Hilfe Mia, dein Personenradar ist gerade gestört.

»Ja, das hier ist auch mein Lieblingsplatz«, höre ich mich sagen. Was ist nur mit mir los?

»Ich bin übrigens Ben.«

Dieses Lächeln … es verstärkt diese Kribbeln, das seine Stimme verursacht hat. Puh, irgendwie wird es wärmer hier. Am liebsten würde ich mir Luft zufächeln, aber das wäre zu auffällig. Ich darf keine Unterhaltung führen, das lenkt mich nur ab.

Hatte ich überhaupt nach seinem Namen gefragt? Oh Mann. Er erwartet jetzt hoffentlich nicht, dass ich ihm auch verrate, wie ich heiße.

»Ich muss dir doch wohl nicht meine Lebensgeschichte erzählen, oder?« Okay, das kam ein bisschen zickig rüber. Zur Entschuldigung lächle ich ihn zuckersüß an.

»Nein, dein Vorname würde mir völlig reichen«, sagt er mit einem unschuldigen Blick.

Ich kenne solche Typen, denen man nichts abschlagen kann. Gerade habe ich mich von einem solchen Exemplar getrennt. Erst himmeln sie einen an, wickeln einen spielend leicht um den Finger, bis man alles für sie tut. Zum Dank wird man dann gnadenlos ausgenutzt. Zugegeben, ich habe krasse Vorurteile, aber aufgrund meiner Leidensgeschichte völlig zu Recht.

»Wieso willst du unbedingt meinen Vornamen wissen?«, erkundige ich mich ungeduldig. Seine Anwesenheit macht mich zunehmend nervös.

»Ganz einfach, weil ich immer gerne netten Menschen begegne«, beteuert er … glaubwürdig.

Ich krause die Stirn. »Und mich willst du kennenlernen, warum?«, frage ich und mustere ich ihn skeptisch.

Er weicht zurück und nickt. Das wirkt nicht nur harmlos, sondern … liebeswürdig. Mir stockt der Atem. Was ist nur mit mir los?

»Warum? Dir ist doch klar, dass du baggerst«, presse ich mühsam hervor.

»Nein, tu ich nicht. Ich glaube einfach nur, dass du nett bist. Du siehst jedenfalls so aus … bis eben. Aber möglicherweise bist du auch nur …«, antwortet er grinsend.

»Auch nur was?«, frage ich und beuge mich vor, während ich meine Augen zusammenkneife.

»Nett«, beteuert er mit erhobenen Händen.

»Nett? Nett ist die kleine Schwester von langweilig.« Okay, das ist jetzt … sagen wir mal … ein selbstbewusster Spruch. »Ich. Bin. Nicht. Nett. Du willst dich bei mir einschmeicheln.«

»Na gut, dann sagen wir du bist unnahbar«, verkündet er. »Ich kapier schon, du machst einen auf spröde. Und nein, du bist nicht gezwungen mir deinen Namen zu verraten, wenn du nicht willst. Natürlich nicht«, mault er.

Geht doch! Ich atme unauffällig durch.

Er mustert mich aufmerksam.

Um seinem Blick auszuweichen, senke ich den Kopf und führe meine Recherche weiter. Ich scrolle durch die vielen Titel mit Millionär. Oh Mann, da hatten schon viele Autoren, viele gute Ideen. Das muss jetzt etwas Griffiges sein … Doch mein Kopf ist nicht nur leer, er ist ein von Schädelknochen umhülltes Vakuum. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Hoffentlich haut er bald ab.

»Was machst du da?«, fragt er kurz darauf und beugt sich zu mir rüber.

Eine neugierige Nervensäge. Was antwortet man so einem Typen? Vielleicht sollte ich ihn mit der Wahrheit schocken.

»Ich suche einen Buchtitel mit Millionär.«

»Aha. Das dürfte ja kein Problem sein, da hat man sicher viel Auswahl.«

»Ganz sicher nicht, aber ich brauche einen, den es noch nicht gibt.«

Er sieht mich verwirrt an. »Wieso?«, fragt er.

»Weil ich einen benötige, für mein Buch.«

»Du willst ein Buch schreiben?«

»Du bist ein echtes Cleverchen.« Gibt der jetzt nicht eher Ruhe, bis ich ein Loch im Bauch habe?

Er lacht … verdammt gewinnend. Ich muss mir ein Mitlachen verkneifen.

»Ein Buch? Mit Millionär im Titel? Du bist doch auf einen Bestseller aus.«

»Jep«, antworte ich. »Wie ich schon sagte, Cleverchen.«

»Du bist Autorin?«

»Noch nicht.«

»Stehst du denn auf diese Bücher?«

»Ben, ja? Willst du mir eigentlich ein Loch in den Bauch fragen? Nein, natürlich nicht. Ich stelle mich nie auf Bücher, nicht einmal auf diesen Schund.«

Ben lacht auf. »Sehr witzig. Warum willst du dann eins schreiben?«

»Ich bin jung und brauche das Geld«, gebe ich pathetisch zurück.

Er nickt mit verkniffenem Grinsen.

»Fällt dir etwa einer ein?«, frage ich.

»Ein Millionär?«

Mir entweicht ein genervtes Stöhnen. Was soll der Blödsinn? Ich sehe wieder auf mein Smartphone und scrolle weiter.

»Dem Millionär ist nichts zu schwer«, kommt es kichernd.

Ich blicke auf, er zwinkert.

»Na, dann darf die Herzensdame ja ruhig Übergewicht haben«, erwidere ich.

»Übergewicht hat sie nie, sie glaubt es nur«, antwortet er immer noch grinsend.

Mir entfährt ein »tsst«, dann führe ich meine Recherche fort.

»Der Millionär und sein Smombie«, sagt er nach einer Weile.

»Was ist ein Smombie?«, frage ich, obwohl ich nicht glaube, dass es mich interessiert.

»Das kennst du nicht? Eine Wortkombination aus Smartphone und Zombie.«

»Interessant, aber ich muss jetzt weiter recherchieren«, bemerke ich, während ich erneut auf das Handy schaue.

Er räuspert sich. »Das war eine Anspielung.«

»Schon kapiert, interessiert mich aber nicht«, murmle ich. Mann, ist der anstrengend!

»Das ist nicht zu übersehen.«

Mit meinem energischsten Blick sehe ich auf. »Sag mal, hast du eigentlich nichts Besseres zu tun, als die arbeitende Bevölkerung zu nerven?«, ranze ich.

»Nein. Stört dich das etwa?«, antwortet er wie aus der Pistole geschossen.

Jetzt ist mein Interesse geweckt. »Wieso nicht? Was machst du eigentlich hier?«

»Ich bin ein Millionär und suche eine Frau, die nicht hinter meinem Geld her ist.« Schon wieder dieses … Grinsen. Dieses Mal die süffisante Variante, die schnell wieder charmant wird.

Ich schlucke. Irgendwie hat er etwas Faszinierendes an sich.

»Du suchst eine Frau? Da bist du bei mir an der falschen Adresse«, erwidere ich kopfschüttelnd.

»Tatsächlich? Warum?« Sein Blick durchbohrt mich geradezu.

»Weil ich definitiv hinter Geld her bin«, gehe ich frech in die Offensive. Wird auch Zeit, dass ich meine Schlagfertigkeit wiederfinde.

Ben liftet die Augenbrauen. »Hinter meinem Geld?«

»Wenn du wirklich welches hast.«

Er streicht sich demonstrativ am Kinn. »Hm, so hätte ich dich gar nicht eingeschätzt«, antwortet er mit sinkender Stimme.

»Ich mich auch nicht«, erwidere ich und seufze.

Warum gehe ich eigentlich auf solch ein dämliches Gespräch ein?

»Sagst du mir jetzt, wie du heißt?«, bohrt er nach.

»Nur, wenn du dann endlich Ruhe gibst … Mia.«

»Oh, was für ein schöner Name«, schwärmt er.

»So schön, dass viel zu viele so heißen. Massenware«, brumme ich.

»Massenware?«

»So wie Ben«, schiebe ich schnell hinterher. »Immer in den Top Ten der häufigsten Namen.«

»Mein eigentlicher Name ist Benjamin.«

»Auch nicht viel besser.«

Ben weicht fast unmerklich zurück.

Inzwischen ist der Kellner da und stellt mir meinen Cappuccino auf den Tisch. Erwartungsvoll blickt er danach zu Ben.

»Wie immer«, murmelt Ben lakonisch.

Der Kellner nickt. »Gerne.«

Ich sehe überrascht zu Ben. »Du bist wohl öfter hier?«

»Wie ich merke, bist du auch sehr clever«, kontert er.

»Blitzmerker.«

»Ja, ich liebe diese Atmosphäre hier. Die Menschen sind hier so echt.« Er lächelt mich an, ich lächle zurück. Jetzt hat er meine Sympathie gewonnen und ich sehe genauer hin. Er hat große dunkelbraune Augen, die warm funkeln. Ich fühle mich von seinem Blick zärtlich umhüllt und möchte darin versinken … seufz.

»Warum seufzt du? Alles in Ordnung?«

Fuck! Was mache ich denn da schon wieder? Schnell hole ich die abschweifenden Gedanken zurück in die Realität. »Ja … klar«, stammle ich.

Was ist das denn? Der Kellner bringt Ben in Rekordzeit einen Espresso. Der benimmt sich ja so, als sei er ein Promi. Oder er ist einer, der sich gern wichtig macht.

»Darf ich dich einladen?«, fragt Ben mich.

Ich nicke. »Wenn damit keine weiteren Verpflichtungen verbunden sind.«

»Nimm den Cappuccino doch bitte mit auf meine Rechnung, Gregor, ja?«

Gregor nickt. »Natürlich.«

Ich bin beeindruckt, man scheint Bens Ton hat eine bestechende Routine. So, als ob er es gewohnt ist, Anweisungen zu geben.

»Warum willst du eigentlich unbedingt das Wort Millionär in deinem Buchtitel?«, holt er mich aus meinen Gedanken.

»Dann weiß man doch gleich, worum es geht, oder? Billiges Schnulzen-Geschreibsel.«

»Du magst keine Liebesromane?«

»Ich finde sie unerträglich unrealistisch, um nicht zu sagen verlogen«, schnaube ich verächtlich.

»Aber dann muss es doch für dich eine Qual sein, so etwas zu schreiben?«

»Das werde ich ja herausfinden. Auf jeden Fall ist es leicht, einen solchen Roman zu Papier zu bringen, weil es so einem einfachen Schema folgt. Man braucht keine besondere Kreativität, die Dinger sind alle gleich.«

»Ach so … und woher weißt du das, wenn du keine liest?«

»Meine Mutter hatte früher auf dem Klo immer diese Heftchen liegen. Ich kann dir genau sagen, wann etwas passierte. Gewechselt wurden nur das Aussehen der Helden und der Schauplatz. Am wenigsten Änderungen kamen bei der Handlung vor.«

»Und warum dann Liebesromane, wenn du sie langweilig findest?«

»Weil ich ein umsatzstarkes Genre brauche, um möglichst viel Geld zu verdienen.«

»Such dir doch lieber einen Millionär.«

»Sehr witzig«, stöhne ich. »Ich habe gerade von Männern die Nase voll, speziell von Millionären. Und … ein nicht unerhebliches zusätzliches Problem.«

»Oha. Welches denn?«

»Verrat ich dir nur, wenn du dann Ruhe gibst.«

Er nickt eifrig. »Klar.«

»In der Realität sind doch alle echten Millionäre alt und hässlich. Jedenfalls, wenn sie sich ihre Kohle selbst verdient haben. Ein verwöhntes Millionärssöhnchen, das geht ja wohl noch weniger, das hatte ich schon.«

»Interessant. Du bist also von einem reichen Mann enttäuscht worden.«

»Exakt. Und ich glaube übrigens auch nicht, dass arme Männer besser sind.«

»Aha!« Bens Augen blitzen auf. »Jetzt weiß ich auch, warum du auf unnahbar machst«, antwortet er und streicht sich übers Kinn. »Dann scheint ›reich zu heiraten‹ ja ein Thema für dich zu sein«, schiebt er nach. Bei ›reich zu heiraten‹ macht er Gänsefüßchen mit den Fingern in der Luft.

»Du wolltest doch Ruhe geben«, stöhne ich genervt. »Und im Übrigen ist es eher das Lieblingsthema meiner Mutter. Was mich betrifft, ich möchte mein Geld lieber selbst verdienen.«

»Deine Eltern wollen, dass du reich heiratest?«

»Meine Mutter. Sie hat zugunsten meines Vaters einmal den Antrag eines Baulöwen abgelehnt. Da sie aber inzwischen von meinem Vater geschieden ist, bereut sie es heute.«

»Tja, das ist natürlich dumm gelaufen.« Ben grinst.

»Ich weiß nicht. Der Baulöwe ist inzwischen auch pleite.«

»Oha.«

Eine Weile ist Sendepause. Gott sei Dank! Ich nutze die Zeit, um weiter zu recherchieren, kann mich aber immer noch nicht konzentrieren. Dafür versuche ich, Ben aus meinem Kopf zu verdrängen.

»Bist du eigentlich öfter hier?«, baggert er hartnäckig weiter.

»Nur, wenn ich nicht arbeiten muss. Apropos, musst du gar nicht arbeiten?«, erwidere ich genervt.

»Doch, ich komme immer für die Pausen hierher. Meine Firma ist nicht weit von hier.«

»Nicht weit von hier? Womöglich bei der GET SMARTER-Group?«

»Ja genau.«

Na, prima! Er ist ein zukünftiger Kollege. Ich muss trocken schlucken und überlege, was er wohl dort arbeiten könnte. Bei dem Aufzug kann er ja eigentlich nur ein Bürobote sein … oder etwas in der Art. Obwohl ich vor Neugier platze, frage ich ihn nicht. Vielleicht ist es ihm ja sogar peinlich. Dann ist es sicher besser, ihm nicht zu verraten, dass ich demnächst dort mein Praktikum antreten werde. Nur, was soll ich jetzt antworten?

»Na dann«, erwidere ich schließlich und erhebe mich. »Hier komme ich heute nicht mehr weiter. Ich werde nach Hause gehen und dort weitermachen. Vielleicht ergibt sich der Titel dann ganz von selbst. Vielen Dank für den Cappuccino«, ergänze ich mit grüßender Hand.

Ben hat wieder den enttäuschten Dackelblick von eben aufgesetzt. »Sehr gerne. Bist du morgen eigentlich wieder hier?«

Überrascht stelle ich fest, dass ich mich noch gerne weiter unterhalten würde, aber heute geht es nicht mehr. Der Kerl bringt mich zu sehr aus dem Konzept. »Vielleicht, kommt darauf an«, wiegle ich ab.

»Worauf?«

»Ob ich Lust habe.«

»Aha. Na dann hoffe ich doch mal, dass du Lust bekommst. Natürlich nicht doppeldeutig gemeint«, antwortet er und zwinkert.

Er sieht dabei niedlich aus, aber der Kommentar könnte kaum blöder sein.

Ich verdrehe die Augen. Schnell weg hier!

»Bis morgen … vielleicht«, murmle ich, während ich meinen Stuhl an den Tisch schiebe.

 

Kapitel 2 Der ganz normale Wahnsinn

 

Auf dem Weg nach Hause geht mir dieser Ben nicht mehr aus dem Kopf. Ständig habe ich sein Gesicht vor mir. Nicht klassisch schön, aber hübsch, und dann diese Augen … Es war, als hätten sie mir tief in die Seele geschaut und mit dem Funkeln getröstet. Dazu noch dieses überwältigende Lächeln …

Durchatmen, Mia! Ignorieren und weiterlaufen.

Doch immer wieder muss ich den Gedanken an ihn aus meinem Kopf verbannen. Eigentlich habe ich mit dem Thema Männer abgeschlossen, denn mein Ex Gerrit hat mich betrogen. Ganz klassisch, mit meiner besten Freundin. Beide beteuern zwar, dass es nichts Ernstes war und nichts zu bedeuten hatte, aber das kennt man ja … aus Romanen und kitschigen Filmen.

Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob er nichts weiter als ein Wichtigtuer ist. Kennt man ja, die Charmebolzen sind die schlimmsten.

Ich kann ja wirklich viel gebrauchen, aber sicher keinen neuen Mann in meinem Leben. Und schon gar keinen schrägen Büroboten, der T-Shirts mit dämlichen Sprüchen trägt.

Nach der Bahnfahrt muss ich die letzten Meter zu Fuß zurückzulegen und zwinge mich dabei, über die Handlung meines Bestsellers nachzudenken. Wenn man selbst ein eher miserables Liebesleben hat, ist es gar nicht so einfach, gute Ideen zu entwickeln. Also werde ich gezwungen sein, mir die Ideen irgendwo anders zu besorgen. Nein, klauen würde ich es nicht nennen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass jede Idee zu dieser Thematik schon mal jemand hatte. Schließlich ist das Thema so alt wie die Menschheit.

Endlich bin ich an meinem Elternhaus angekommen, ein Reihenhäuschen mit schlauchartigem Grundstück. Der Vorgarten ist der ganze Stolz meiner Mutter. Er ist nach Süden ausgerichtet. Auf dem drei Meter langen Weg bis zur Haustür sind links und rechts edle Rosen gepflanzt. An warmen Sommertagen verströmen sie einen betörenden Duft.

Aber Rosen haben nicht nur Dornen, sondern auch Blätter. Sobald eine Blüte richtig aufgeblüht ist, könnte das erste Blättlein fallen, deshalb wird sie von meiner Mutter sofort abgeschnitten. Sonst müsste sie ja ständig gefallene Blätter von der Erde aufsammeln, weil sie das triste Braun derselben unterbrechen. Und die Regenwürmer hätten Futter – das geht gar nicht. Ja, meine Mutter ist eine ganz ordentliche. Sie verbringt endlose Stunden mit der Pflege dieser, eher kleinen, Beete. Schließlich sind es die, die von allen Leuten gesehen werden.

Aber nicht nur das – natürlich sieht das ganze Haus so perfekt aus. Mich hat das früher immer zur Rebellion animiert. Ich habe mir alle Mühe gegeben, mein Zimmer so schlampig und unordentlich wie möglich zu halten. Erst als Gerrit, mein Ex, immer zu Besuch war, änderte sich das. Jetzt, wo Gerrit Geschichte ist, treibe ich meine Mutter wieder zur Weißglut.

Vielleicht ein Grund, warum meine Mutter Gerrit so abgöttisch liebt. Aber er hat auch die Gabe, sich mit endlosen Loborgien über ihren exzellenten Geschmack erfolgreich bei ihr einzuschmeicheln. Dieser Schleimer.

Vor dem Küchenfenster steht eine kleine Holzbank, auf der man in der Sonne sitzen kann. Der rückseitige Garten ist mehr eine verlängerte Terrasse, die nach zwei Metern englischem Rasen mit einer öden, hohen Thujahecke endet. Durch den vielen Schatten ist sie praktisch nur an heißen Sommertagen nutzbar.

Ich setze mich noch ein wenig vor das Haus in die Sonne. Es ist ein wahres Highlight, die Schmetterlinge zu beobachten, die manchmal hier vorbeiflattern. Das Gesurre und Gebrumme der anderen Insekten ist wunderbar beruhigend für mein aufgewühltes Gemüt.

Ich muss mich unbedingt auf meine Ziele konzentrieren.

Wie komme ich wohl mit meiner Recherche am schnellsten zu einem Ergebnis? Ob ich die Bestseller der letzten Jahre mal lesen soll? Und dann aus jedem einen Happen nehmen, alles gut mixen und: tada … der Bestseller.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als sich die Tür öffnet. Die Stimme von Gerrit jagt mir einen Schauer über den Rücken. Warum lässt er nicht einfach von dieser Rolle als ›Schwiegermamis Liebling‹ ab?

»Ah Mia, da bist du ja. Jetzt wollte ich gerade gehen«, sagt er enttäuscht. Ja, Gerrit ist ein toller Schauspieler.

»Ja, wie schade«, antworte ich übertrieben und setze ein künstliches Lächeln dazu. So wird wohl auch solch ein Dummbeutel wie Gerrit begreifen, dass ich auf seine Besuche keinen Wert lege – sie schmerzen.

Jedes Mal wenn ich ihn sehe, zieht sich mein Herz zusammen. Wie kann man jemanden nur so kalt hintergehen? Und Elena erst, die Schlange. Mit ihr werde ich nie wieder ein Wort reden.

Ich mustere meinen Ex ausgiebig. Er hat Ringe unter den Augen, sieht erschöpft aus. Es wird ihm doch wohl nicht mitnehmen, dass Schluss ist? Egal! Mir geht es schlechter – schließlich bin ich die Betrogene.

Er kommt auf mich zu und küsst mir die Wangen. Ich schließe kurz die Augen, um seinen vertrauten Geruch wahrzunehmen. Früher war es für mich der Geruch nach Sicherheit und Geborgenheit. Das hat sich gründlich geändert, jetzt lässt sein Rasierwasser meinen Atem stocken.

»Ja, wirklich schade. Ich hätte so gerne ein bisschen mit dir geplaudert«, murmelt er in mein Ohr.

Fast angewidert unterdrücke ich ein Schütteln.

»Musst du gar nicht arbeiten?« Das hätte ich besser nicht gefragt, denn er setzt sich einfach neben mich.

»Mir ging es heute nicht so gut. Da hab ich mir einen Tag freigenommen. Seit wir uns getrennt haben, schlafe ich so schlecht.«

Meine Mutter verkrümelt sich schnell mit einem »Tschüss Gerrit, und danke für den Katalog.«

Jetzt sitze ich neben meinem Ex auf der Bank vor unserem Haus – in der Sonne. Aber meine Laune ist ganz und gar nicht sonnig.

»Wie geht es dir, mein Häschen?«, fragt er und legt seine Hand auf mein Knie.

Vor meinem geistigen Auge erscheine ich als Playboy-Bunny. Das Blut schießt in meinen Kopf. »Gut - bevor du kamst. Und ich bin nicht dein Häschen, nie gewesen. Spar dir das«, gifte ich zurück.

»Ist ja schon gut. Ich wollte nur freundlich sein. Früher hattest du nie was dagegen, wenn ich dir Kosenamen gegeben habe«, versichert er.

»Da habe ich nur nichts gesagt, ich dumme Gans. Ich fand sie immer herablassend. Wenn du willst, dass wir Freunde bleiben, dann nennst du mich nie wieder Häschen. Kapier das endlich.«

Gerrit seufzt und senkt den Kopf. »Ja, entschuldige«, kommt es im reumütigen Ton.

Diese Unterhaltung hier bringt mich nicht weiter.

»Ich muss jetzt rein, habe Hunger«, entschuldige ich mich mit einem aufgesetzten Lächeln. Er sieht enttäuscht zu mir auf. Weil er mir dann doch ein bisschen leidtut, lege ich beim Vorbeigehen kurz meine Hand auf seine Schulter.

Sofort hält er sie fest und legt seine Wange darauf. Wie war das noch mit dem kleinen Finger? Er nimmt immer die ganze Hand.

 

»Warum bist du nicht noch ein bisschen draußen geblieben?« Meine Mutter ist enttäuscht, dass ich so schnell das Weite gesucht habe. Mit einem Staubtuch in der Hand kommt sie mir entgegen.

»Mama, du weißt doch, dass es nichts mehr wird, zwischen Gerrit und mir.«

»Kind … Schätzchen … er vermisst dich so. Das hat er mir eben gestanden. Man muss doch auch einmal einen Fehler verzeihen können.«

»Ja? Hast du Papa denn seine Fehler verziehen? Ich kann Gerrit einfach nicht mehr vertrauen. Punkt. Wenn es irgendeine Frau gewesen wäre … aber meine beste Freundin?«

Nervös fummelt sie an ihrem Tuch. »Ich will ja nur nicht, dass du dieselben Fehler machst, wie ich.«

»Ach, ist ja interessant. Fehler, in Bezug auf Papa?«

Meine Mutter seufzt, das ist Antwort genug.

»Soll ich uns was kochen?«, frage ich, um sie von diesem Thema wegzubringen.

»Oh ja«, antwortet sie mit einem freudigen Lächeln. »Mach uns doch mal wieder deine fantastischen asiatischen Nudeln. Ich habe auch alle Zutaten besorgt.«

Meine Mutter kocht nicht, sie erwärmt höchstens Fertiggerichte. Deshalb habe ich mich schon früh im Kochen versucht. Mit der Zeit ist aus mir eine sehr gute Köchin geworden, die gutes Essen zu schätzen weiß.

Meine Mutter findet das auch gut, aber mehr von der Kostenseite her. Deshalb kauft sie auch dafür ein, damit sie die Kostenkontrolle behält. Schließlich läuft sie bei mir Gefahr, dass ich zu viel Geld für hochwertige Lebensmittel aus dem Fenster schmeiße.

Meiner Mutter ist es egal ob das Essen gesund ist. Hauptsache es macht satt und nicht dick. Wenn es nach ihr ginge, bräuchte man nur eine Pille einzuwerfen, die den Hunger beseitigt. Eine schlanke Figur ist ihr allemal wichtiger als alle Gaumenfreuden. Deshalb trägt sie auch eine Konfektionsgröße weniger als ich. Und diese, für ihr Alter fantastische Figur, ist natürlich wie geschaffen für die neuste, edle Mode. Da sie aber von Arbeit nicht so viel hält, ist ihr Budget dafür sehr bescheiden.

Bisher sind ihre Bemühungen, einen reichen Partner zu finden, im Sande verlaufen. Kaum jemand auf dem ›Premium Partner‹ Portal genügt ihren Ansprüchen. Anscheinend tummeln sich da viel zu viele Leute, die selbst nichts im Portemonnaie haben. Ich muss mir immer das Grinsen verkneifen, wenn sie wieder einmal ein enttäuschendes Date hatte.

Eilig verdrücke ich mich in unsere Hochglanzküche. Die darf ich nur benutzen, wenn ich hinterher auch gut aufräume. Zumindest habe ich durchgesetzt, dass meine Mutter die Fingerabdrücke danach allein entfernt. Das ist mir dann doch zu blöd. Ich würde mir nie so eine Küche kaufen, bei der die Arbeit solche Spuren hinterlässt.

Beim Essen fängt meine Mutter wieder mit ihrem Lieblingsthema an. Gerrit hier, Gerrit da …

Natürlich hatte ich das befürchtet und kaue automatisch mit mehr Kraft, was ein knirschendes Geräusch meiner Zähne verursacht. Ich schlucke den besonders gut gekauten Brocken hinunter, bevor ich kontere.

»Mama, willst du mir eigentlich den Appetit verderben? Hör doch bitte endlich auf, auf diesem Thema herumzureiten. Gerrit ist für mich Geschichte, basta!«

Meine Mutter tupft ihren Mund mit der Serviette, bevor sie schluckt und flehend antwortet.

»Liebling, sieh doch. Selbst wenn du dich nicht wieder zu Gerrit durchringen kannst, so sollte eure Freundschaft fortbestehen. Dadurch bleibst du in den richtigen Kreisen und kannst dich nach adäquatem Ersatz für ihn umsehen.«

Ich schnappe nach Luft. »Adäquater Ersatz. Wie sich das anhört! Mama du spinnst doch. Auch wenn du seine Freunde als die richtigen Kreise ansiehst, so muss ich das noch lange nicht tun, oder?«

Es ist kein Geheimnis, ich hatte mich unter seinen Freunden nie wohlgefühlt. Allesamt verwöhnte Wohlstandskinder, die zum Kaffeetrinken ins Moonbucks gehen. Dort wird dann endlos über Tennis, schnelle Autos und Geld geredet. Bei solchen Treffen zog sich für mich die Zeit endlos hin. Meistens habe ich dort am Tisch nur Kartenhäuser mit Bierdeckeln gebaut.

Noch schlimmer war es, wenn sie etwas getrunken hatten. Dann wurde auch noch über Frauen geredet und Noten von eins bis zehn verteilt. Dabei kringelten sich manchmal meine Fußnägel. Selbst wenn die Schwachmaten eigentlich auf große Brüste standen, es musste trotzdem ein dürres Klappergestell als Freundin her. Man muss ja angemessen repräsentieren …

Diese Dinge haben sie natürlich nur kundgegeben, wenn sie meinten, ich höre nicht zu. Aber ich hörte immer zu, mit einem Ohr … jedenfalls bei diesen Themen. Ja, und was soll ich sagen? Heute kommt es mir zugute, ich durchschaue die Männer.

»Gerrit braucht eine Begleitung für ein Charity-Event, nächste Woche. Dort werden Haute-Couture-Kleider für einen guten Zweck versteigert. Willst du ihn nicht begleiten? Er würde dir auch ein angemessenes Kleid dafür besorgen«, reißt Mama die Aufmerksamkeit auf sich.

»Und da hat er dich gefragt? Warum fragt er mich nicht selbst? Oder er nimmt am besten gleich Elena mit?«, sprudelt es ärgerlich aus mir hervor.

»Dafür hat er den Katalog mitgebracht. Sieh doch mal hinein. Er hat erst mich gefragt, weil er meint, du würdest dich sowieso dagegen sperren.

»Ja, da meint er richtig.«

»Zwischen ihm und Elena war doch nichts, nichts Ernstes jedenfalls. Beide haben ein fürchterlich schlechtes Gewissen«, fährt meine Mutter unbeirrt fort.

»Ja, das schlechte Gewissen haben sie verdient. Und ich hatte noch nie Lust, auf eine solche Veranstaltung zu gehen. Das Thema Gerrit ist für mich durch … und das Thema Elena auch. Und jetzt möchte ich in Ruhe essen.«

Für den Rest der Mahlzeit schweigt meine Mutter. Halleluja! Sie kann wirklich gut die Beleidigte spielen. Wie schön, dass es mich nicht beeindruckt. Ich genieße die Stille, das war der Streit wert.

 

Nach dem Essen verziehe ich mich auf mein Zimmer. Ich muss endlich mit meinem Roman anfangen, damit ich hier so schnell wie möglich ausziehen kann. Aber Lust zum Schreiben habe ich leider gar keine, erst recht nicht für einen Liebesroman. Es muss trotzdem sein, ich sehe keinen anderen Weg. Ich bin mir immer noch nicht über die Handlung im Klaren. Egal. Einfach hinsetzen und anfangen …

So schreibe ich:

 

Lina war ein liebenswertes Mädchen. Leider schien das in ihrer Welt keinen Wert zu haben. Geld zum Leben musste her. Damit sie dafür nicht arbeiten musste, brauchte sie einen Millionär.

 

Ob ich so mit der Tür ins Haus fallen kann? Wohl eher nicht. Vielleicht konnte sie ja auch nicht arbeiten, weil sie keine Stelle fand – so wie ich. Fuck! Es ist wohl doch nicht so einfach, wie ich dachte. Vor allen Dingen ist es schwer, auf Romanlänge zu kommen. Da sollten diese paar Sätze eigentlich die ganze Aussage im ersten Kapitel darstellen … mindestens.

Genervt lösche ich den Text. Jetzt habe ich noch weniger Lust zu schreiben. Ich muss mich doch noch ein wenig mehr inspirieren lassen …

Ich glaube, ich werde es einmal mit einem Film versuchen. Der Klassiker »Wie angelt man sich einen Millionär« scheint mir am geeignetsten. Ich schnappe mir die DVD aus dem Regal meiner Mutter und schiebe ihn in den Laptop. Cool, dass er so alt ist, dass er so was noch abspielen kann. Wer Hätte gedacht, dass ich das alte Schätzchen meines Vaters nochmal schätze.

Der Film beginnt mit der Beschreibung der drei Freundinnen, die aus Geldnot unbedingt reich heiraten wollen. Drei völlig unterschiedliche Frauentypen gehen auf Männerfang. Der Film endet überraschenderweise damit, dass jede ihren Traummann findet. Das nennt man Happy End. Ein Muss für jeden schnulzigen Liebesroman.

Die eine fährt mit einem verheirateten Geldsack in die Ferien. Dort trifft sie ihren Traumtypen, leider ein armer Schlucker. Aber sie lieben sich doch so … Zuckerguss pur.

Die zweite muss eigentlich nur ihre Brille aufsetzen und schon kann sie ihren (durchaus wohlhabenden) Prinzen sehen. Der ist, wie sie, ohne Brille blind wie ein Maulwurf. Ja, das hat schon etwas mehr. Eine Brille, mit der man Millionäre sehen kann … das wäre der Verkaufsschlager.

Die Geschichte der dritten gefällt mir am besten. Sie verliebt sich in einen coolen Typen, von dem sie meint, er wäre nur Tankwart. Natürlich ist er Millionär, aber er spielt die Geschichte mit, um sie auf die Probe zu stellen. Als sie schließlich seinetwegen ihre reiche Heirat mit einem alten Sack platzen lässt, weiß er natürlich, dass sie ihn und nicht sein Geld liebt … seufz. Das rührt sogar mein Herz.

Alle drei starten ihr Abenteuer auf einer Veranstaltung, bei der sich viele reiche Leute treffen.

Verdammt! Erst jetzt geht mir ein Licht auf. Ich habe das Charity-Event zu früh abgesagt! Es wird der perfekte Ort sein, um sich für den Roman inspirieren zu lassen.

»Mama!« …

 

Kapitel 3 Wiedersehen

 

Am nächsten Morgen ist meine Mutter immer noch aus dem Häuschen, dass ich doch mitkommen will. Und vor allem, dass sie mich in der Kleiderfrage unterstützen darf.

»Oh mein Liebling ich freue mich ja so, dass du endlich vernünftig geworden bist. Danke, dass ich dich beraten darf. Du könntest mich nicht glücklicher machen«, jubelt sie.

»Können wir jetzt anfangen? Ich muss noch etwas erledigen«, knurre ich.

»Ja, ja natürlich. Ich hole schnell meine Zeitschriften. Weißt du, Satin ist das neue Samt. Du wirst großartig in einem Satinkleid aussehen.«

Aufgeregt sprintet meine Mutter in ihr Schlafzimmer. Auf dem Nachtschränkchen befinden sich immer große Stapel von Modezeitschriften. Ich finde ja nicht, dass es die richtige Einschlaflektüre für sie ist. Sie ist immer ziemlich aufgedreht, wenn es um Mode geht.

Mit ein paar Heftchen in der Hand wedelnd, kommt sie zurück und setzt sich neben mich auf die Couch. Sie blättert und zeigt, und zeigt, und blättert. Ihr endloses Geplapper macht mich müde. Seltsamerweise denke ich an Ben. Er wollte mich heute noch einmal sehen – und ich ihn auch.

»Was meinst du dazu?«, fragt Mama auf einmal unvermittelt.

»Zu was?« Leider muss ich aufwachen und setze mich etwas auf.

»Na, zu diesem Kleid hier.« Sie zeigt auf ein Bild und mein Blick folgt ihrem Finger.

»Das sieht aus wie ein Nachthemd, tut mir leid. Ich finde, sie sehen alle aus wie Nachthemden.«

»Na ja, die Mode ist eben zurzeit leicht, seidig und pastellfarben.«

»Du weißt doch, ich mag keine Kleider … und Röcke.«

»Und warum hast du eben nichts dazu gesagt?«

»Wozu?«

»Na zum letzten Schrei, den salonfähigen Satinpyjamas. Sieh nur, wenn du das Hemd aufknöpfst, kannst du ein Brokat Bandeau-Top darunterziehen. Das zeigt eine unaufgeregte Sinnlichkeit … steht hier so. Ich finde, da hat die Autorin recht.«

»Mama! Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Ich geh doch nicht zu einer Pyjamaparty.«

»Damit würdest du aber zeigen, dass du dich für die aktuellen Modetrends interessierst.«

»Tu ich doch gar nicht. Und außerdem würde ich mich darin niemals wohlfühlen. Ich glaube, ich ziehe die einfache schwarze Stoffhose an. Darin fühle ich mich wenigstens wohl. Dazu vielleicht das blaue Glitzertop, das dir zu groß ist. Das ist doch ein Designerstück, oder?«

»Aber warum willst du es nicht ausnutzen, wenn Gerrit dir etwas Schönes kaufen will?«

»Ich werde ihn fragen, ob er etwas für dich ersteigert. Das wäre doch viel besser angelegtes Geld. Damit würde er doch viel mehr Freude bereiten«, rede ich mich raus.

Das Gesicht meiner Mutter hellt sich auf. »Ich finde das ja nicht richtig«, bemerkt sie trotzdem pflichtbewusst.

»Das hast du dir verdient«, heuchle ich. Hoffentlich habe ich jetzt endlich den Ausschaltknopf bei meiner Mutter gefunden.

»Aber was ist mit dir?«

»Das ist doch sowieso nicht mein Ding, du weißt es viel mehr zu schätzen. Bei mir ist es wie Perlen vor die Säue werfen. Ist das Thema jetzt endlich durch? Ich will noch in die Stadt.«

»Aber eins musst du mir dann versprechen.«

Ich reibe mir genervt über die Stirn. »Das wäre?«

»Du musst zumindest High Heels tragen. Damit zeigst du ein Mindestmaß an Stil.«

»Du weißt, darauf kann ich nicht laufen«, grummle ich und presse die Lippen zusammen.