Heilende Begegnung - Dorit Wilke-Lopez - E-Book

Heilende Begegnung E-Book

Dorit Wilke-Lopez

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Beschreibung

Gott liebt uns und will nicht, dass wir krank sind. Das Evangelium ist voll von Heilungsgeschichten. Jesus heilt, auch heute noch. Dieses Buch leitet an, wie man Jesus als dem Heiland begegnen kann. Es führt theologisch und psychologisch gut fundiert durch fünf Schritte der Heilung: Vertrauen, Vergebung, Lügen widersagen, die Wahrheit erfahren und den Segen des himmlischen Vaters annehmen. Dabei entsteht eine innere Berührung der Seele mit Jesus Christus, die derjenigen ähnelt, die die Heilige Maria Magdalena erfahren durfte, als sie Jesu Füße mit ihren Tränen benetzte und als sie ihn nach der Auferstehung umarmte. Das Buch ist gedacht für alle, die eine fundierte katholische Anleitung zum Gebet um innere Heilung suchen und erwägen, in den Gebetsdienst um innere Heilung einzusteigen, der um das Magdalenagebet entstanden ist.

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Seitenzahl: 178

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Mir sind als Seelsorger immer wieder Menschen begegnet, die einfach nicht zum „Vater“ sprechen konnten, denen die Erfahrung der Väterlichkeit Gottes versagt war. Sie hatten einen Vater, der ihnen Schlimmes angetan hat oder ihre Mutter verlassen hat… Diese Menschen bräuchten einen Weg der Heilung, der – ich weiß nicht, wie das auf Italienisch heißt, auf Spanisch sagt man – sanacion (dtsch. Gesundung).

Papst Franziskus(Ich glaube, Kösel, S.21)

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Teil I: Grundlagen

Heilt Gott auch heute noch?

Heilungsgeschichten mit Jesus

Berührung: Die Sünderin bedeckt Jesu Füße mit Tränen

Heilung: Heilung des Blinden in Etappen

Gemeinschaft: Heilung der Tochter des Synagogenvorstehers

Vollmacht: Freudige Rückkehr der Jünger, die Jesus zu zweit ausgesandt hat

Liebe

Zeugnisse

Marlies

Jeanette

Georg

Roswitha

Was ist das Magdalenagebet?

Das Magdalenagebet ist Gemeinschaft

Das Magdalenagebet ist Einführung ins ganzheitliche Beten

Das Magdalenagebet führt zur „Nachbeelterung“ durch Bindung an Gott

Das Magdalenagebet ist Hinführung zum betrachtenden Gebet und zum inneren Gebet in Bildern

Das Magdalenagebet ist non-direktiv

Das Magdalenagebet geht an die biografischen Wurzeln

Das Magdalenagebet führt durch Vergebung zur Befreiung

Das Magdalenagebet deckt Lebenslügen auf und führt zur wahren Identität als Kind Gottes

Die Brillen der Kindheit

Bindungsstile

Sichere Bindung

Unsicher-vermeidende Bindung

Unsicher-chaotische Bindung

Übermäßige Verwöhnung

Tabelle 1: Charakteristika der Bindungsmuster

Prägungen

Trauma

Das Magdalenagebet stärkt die Rüstung des Glaubens

Abgrenzung gegen andere Gebetsformen und gegen die Psychotherapie

Teil II Praxisleitfaden

Grundsätze der Gesprächsbegleitung beim Entwickeln innerer Bilder

Innere Bilder anregen

Offene und geschlossene Fragen

Aktives Zuhören

Begleitstil

Eigene Gefühle

Die Werkzeuge

Notwendige Vorabinformationen

Gottesbild

Die vier Türen

Der Segen des Vaters

Jesus wahrnehmen

Umarmung Jesu und heilende Hände

Schoß des Vaters

Neues Gewand

Lösen von Seelenbindungen

Flüche brechen

Gefühle abgeben

Schwierigkeiten

Die Mauer

Geister wegschicken

Der Dienst des Magdalenagebets

Danksagung

Anhang

Informationen zum Magdalenagebet

Fragebogen zum Magdalena-Gebet

Wie geht es nach dem Magdalenagebet weiter?

Zusammenhängende Geister (angelehnt an den „Unbound“-Befreiungsdienst nach N. Lozano)

Liste der Lügen (angelehnt an den „Unbound“-Befreiungsdienst nach Neal Lozano)

Gebet zum heiligen Erzengel Michael

Bibelstellen, die die Liebe des Vaters zusagen

Liebe

Schutz

Neuanfang

Reinigung

Das Bild der Tempelquelle

Vorwort

Seit Ende der 1960er Jahre gibt es in unserer Katholischen Kirche die Charismatische Erneuerung, ein Gnadenstrom – wie Papst Franziskus es bezeichnete – in dem die Charismen der Urkirche wieder neu entdeckt werden. Dazu zählen Heilung und Befreiung. Jesus hat unzählige Menschen geheilt und befreit, und in der Urkirche gab es noch diese Charismen. Sie waren nie ganz verloren gegangen, auch wenn sie später sehr in den Hintergrund getreten sind. Heute werden sie durch eine neue Ausgießung des Heiligen Geistes wieder lebendig in unserer Kirche.

Eine Auswirkung dieses Gnadenstroms ist das Magdalenagebet, das in diesem Buch von Dr. Dorit Wilke-Lopez vorgestellt wird. Es greift Anregungen aus dem in der Freikirche praktizierten Sozo auf, stellt diese aber in unseren katholischen Kontext. Die wichtigste Grundlage dabei ist das betrachtende Gebet, zu der der Beter von einem Team angeleitet wird. Das betrachtende Gebet ist tief verankert in der biblisch katholischen Tradition. Denken wir an die vielen prophetischen Bilder in der Bibel, denken wir aber auch an Heilige wie Bernhard von Clairvaux, Ignatius von Loyola oder Theresa von Avila, alle große Lehrer des kontemplativen (zu Deutsch „betrachtenden“) Gebets.

Durch das Magdalenagebet werden den Betenden tiefe seelische Heilungen geschenkt: Heilung des Gottvertrauens, Heilung von seelischen Wunden, die andere oder wir selbst uns zugefügt haben. Ein sehr wichtiges Element ist dabei, dass die Teilnehmer behutsam zur Vergebung geführt werden.

Somit beantwortet das Magdalenagebet die Frage des modernen Menschen nach der Relevanz unseres christlichen Glaubens, der nicht nur in der Überlieferung von Traditionen und Glaubenssätzen besteht, sondern uns sehr persönlich Freiheit schenkt und neue Lebensperspektiven erschließt. Im Magdalenagebet erfahren die Beter: Der Glaube an Jesus verändert mein Leben, er ist eine wirkliche Bereicherung.

Für mich als Seelsorger ist unser Magdalena Gebetsteam eine große Bereicherung. Immer wieder kann ich Menschen dieses Gebet empfehlen, und so lastet die Seelsorge auf mehreren Schultern. Die Laien werden im Rahmen ihrer Sendung aktiv und ergänzen den priesterlichen Dienst.

Ich bete, dass dieses Buch dazu beiträgt, dass sich das Magdalenagebet weiter ausbreitet und dass noch viele Menschen die heilende und Befreiende Erfahrung Jesu dadurch machen können.

Pastor Roland Bohnen

Einleitung

Dieses Buch ist entstanden aus meiner Erfahrung als ärztliche Psychotherapeutin im Heilungsgebet. Nachdem ich siebzehn bewegende Jahre als Frauenärztin in Kreißsälen, an Sterbebetten und in Operationssälen verbracht und schließlich eine eigene Praxis geführt hatte, kam es zu der entscheidenden Begegnung meines Lebens, die alles veränderte: ich begegnete Gott.

Nicht mehr abstrakt und ziemlich weit entfernt, wo er, seit ich denken konnte, ein von mir zwar geschätztes, aber doch eher zweitrangiges Eigenleben geführt hatte, sondern existenziell. Er kam von außen gesehen eher unspektakulär in mein Alltagsleben. Innerlich war ich am Ende.

Eine lebhafte Arztpraxis, vier kleinere Kinder, eine pflegebedürftige Tante, ein Ehemann, der sich stets auf Reisen befand, und dazu noch der Umbau unseres Wohnhauses hatten mich an einen Punkt geführt, wo alle Kraft aufgebraucht war. Zudem plagten mich tiefe Ängste vor Tod und Einsamkeit, die ein halb bewusstes Motiv sowohl für meine Berufswahl als auch für die Größe meiner Familie waren.

Als Ärztin versuchte ich, den Tod zu bekämpfen, und als Mutter vieler Kinder wähnte ich mich vor Einsamkeit sicher. Und ich versuchte, mir durch Nächstenliebe und unermüdliche Hilfsbereitschaft die Zuneigung Gottes zu sichern, der ja durch Jesus verspricht, dass er uns vor dem Tod retten wird. Aber ich war dem riesigen Arbeitspensum nicht mehr gewachsen, das mit diesen Angstbekämpfungsstrategien einherging. Die Grenze war erreicht.

Ich ging auf die Suche nach einer Kraftquelle, einer neuen Art zu denken, nach etwas, was mir helfen konnte. Ich entdeckte durch das Buch eines indischen Anglistikprofessors aus Kalifornien die Meditation.1 Und zwar die Textmeditation. Man lernt spirituelle Texte auswendig, die einen im Herzen bewegen, und rezitiert sie so langsam wie möglich vor sich hin. Jeden Tag. Um dieselbe Zeit und am selben Ort, damit der Geist sich daran gewöhnt. Für mich waren es Texte aus den Psalmen und dem Evangelium, aber auch solche von Jörg Zink, dem Meister der meditativen Texte aus meiner Jugend, und von Wolfgang Poeplau. Am Ende dieser Texte erwartete mich Gott.

Ich nahm wahr, dass er mich hörte, auch wenn ich die Meditation aufgenommen hatte in der Haltung: „Hauptsache, mir tut es gut, auch wenn es nur Texte sind.“ Binnen zwei Wochen nach Beginn meiner täglichen inneren Verkostungen der heiligen Worte stellte meine Familie fest, dass ich mich zu ändern begann – ich wurde ruhiger und gelassener, und ich fühlte das auch. Von da an begann eine innere Reise mit Gott, auf der ich nach Hause gekommen bin. Der himmlische Vater hat mich in sein Haus geholt, hat mir eine Mama im Himmel gegeben und mir gezeigt, dass Jesus die Welt erlöst und ich das nicht selber erledigen muss, was mich außerordentlich entlastet.

Ich suchte Reisegefährten und fand sie in der katholischen Gemeinschaft „Regnum Christi“, einer weltumspannenden Familie aus Priestern, gottgeweihten Personen und Laien, die sich gemeinsam um Christus scharen und die die Liebe drängt, die Tatsache der Erlösung allen Menschen nahezubringen. Dort lernte ich den katholischen Glaubensschatz immer tiefer kennen und darin immer mehr Kraft zu finden. Ich verlor Einiges von meiner Angst vor Tod und Einsamkeit und gewann immer mehr Interesse an seelischen und psychischen Zusammenhängen.

Bald lernte ich die Theologie des Leibes von Johannes Paul II kennen und damit die Kostbarkeit des Lebens und das Geheimnis seiner Entstehung und der menschlichen Fruchtbarkeit noch mehr schätzen. Dass ich in meiner Praxis als Frauenärztin ungefähr die Hälfte meiner beruflichen Mühen damit verbrachte, den Frauen dabei behilflich zu sein, genau diese Fruchtbarkeit temporär oder auch dauerhaft zu zerstören, wurde mir immer mehr zu einem inneren Ärgernis. Schließlich verordnete ich keinerlei Verhütungsmittel mehr. Die damit verbundenen Diskussionen mit Patientinnen und Krankenkassen und die aufkeimende Hoffnung, im Rahmen einer Tätigkeit als Psychotherapeutin – ich hatte eine solche Ausbildung in den letzten Jahren erfolgreich absolviert – mit den Menschen tiefer ins Gespräch zu kommen und sie in dieselbe tiefe Freude und Ruhe hineinführen zu können, die Gott mir geschenkt hatte, führten mich schließlich zum Wechsel des ärztlichen Fachgebiets in die Psychotherapie. Auf diesem Gebiet bin ich nun seit dreizehn Jahren tätig.

Bei der Arbeit mit den Menschen in ihren Lebenskrisen, Ängsten und Verstrickungen orientierte ich mich gewissenhaft an den gängigen Erkenntnissen über die unbewussten Konflikte und Entwicklungsdefizite. Psychotherapie, so wie ich sie verstehe, besteht im Wesentlichen daraus, dem Klienten oder der Klientin bewusst zu machen, wo Denk- und Beziehungsmuster behindern, die früher einmal nützlich waren, aber unter den momentanen Lebensumständen kontraproduktiv sind, und neue, angemessenere Muster einzuüben. Dies ist keine rein intellektuelle Tätigkeit, sondern man muss die Herzensebene erreichen, damit die Gefühle und das Verhalten sich ändern können. Ein zweiter Erfahrungsbereich in der Psychotherapie ist die Orientierung auf bereits vorhandene, aber verschüttete Ressourcen. Die eigenen Stärken sollen fokussiert und nutzbar gemacht werden. Da der Mensch ein Beziehungswesen ist, dessen Überleben und Entwicklung von der Gruppe abhängt und dessen Ich sich im Spiegel des Du entwickelt, wirkt auch Psychotherapie nachweislich hauptsächlich über die Beziehung zum Therapeuten.

Vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen mit Heilung durch eine wachsende Gottesbeziehung erhebe ich bei meinen Klienten immer auch eine spirituelle Anamnese. Aber mir fehlte lange das Instrumentarium, das hätte helfen können, die Gottesbeziehung der Menschen, mit denen ich arbeitete, als Ressource auszubauen und darüber einen Schritt in Richtung Heilung bewirken zu können. Psychotherapie ist ja weder Seelsorge noch Missionsstunde.

Einmal hatte ich ein sehr unangenehmes Erlebnis im Rahmen der Selbsterfahrung gemacht, als eine Kollegin, mit der ich ein inneres Problem besprechen wollte, mit einem gewissen missionarischen Druck ihr esoterisch gefärbtes Denksystem als Lösung anbot. Das stieß mich geradezu ab und bestärkte mich darin, keinesfalls jemandem mein Wertesystem aufzudrängen, denn Sinn der Psychotherapie ist es, die Wahlfreiheit der Person zu erhöhen, indem sie befähigt wird, sich von Ängsten, Depressionen, Zwängen und Süchten zu befreien, aber nicht, ihr Wertesystem zu ändern.

Neben einer eher ungezielten Suche nach Literatur und Seminaren, wie man in der Psychotherapie mit Spiritualität umgeht und den Glauben der Patienten als Ressource nutzbar machen kann, tat ich das, was mir als Kind des allmächtigen himmlischen Vaters am nächsten lag: ich betete um eine Lösung. Ich kannte das schon, am Beginn meines geistlichen Weges hatte ich auch drei Jahre um eine Weggemeinschaft gebetet, bevor ich das Regnum Christi fand. Also betete ich drei Jahre lang.

Gott erhörte mich. Eines Tages sprach mich nach der Werktagsmesse Pfarrer Wieners aus Wassenberg an, den ich über Freunde aus dem Regnum Christi kannte, und der besuchsweise in unserer Stadt war. Ob ich Lust hätte, bei der Etablierung eines Heilungsdienstes in seiner und der Pfarrei seines Freundes Pfarrer Bohnen mitzuarbeiten.

Es wäre gut, eine Mitarbeiterin mit psychologischer Ausbildung zu haben, um dem Dienst ein psychologisches Fundament zu geben. Das war der Anfang der Antwort Gottes auf meine Bitten!

Der Hintergrund der Idee zum Heilungsdienst war eine Reise der beiden Pfarrer nach Redding in Kalifornien gewesen, wo sie mit einem Gebet der inneren Heilung in Berührung kamen, das sich Sozo nennt und von Dawna de Silva und Theresa Liebscher seit den neunziger Jahren als Geschenk des Heiligen Geistes angewandt und im freikirchlichen Bereich gelehrt wird. Die beiden Priester hatten in Redding selber dieses Gebet empfangen und dann auch den Impuls, dieses Gebet in den katholischen Bereich zu überführen, um so auch den Katholiken mit Gebet um innere Heilung dienen zu können.

Es gab in Süsterseel, der Pfarrei von Pfarrer Bohnen, daraufhin drei aufeinander aufbauende Seminare zum so genannten „Sozo“. Sozo ist ein griechisches Wort aus dem Evangelium, das immer gebraucht wird, wenn Jesus heilt, und eben diese Bedeutung hat. In den Freikirchen rund um die Vineyard Church in Speyer gibt es in Deutschland ein ganzes Sozo-Netzwerk mit standardisierter Ausbildung und einer gewissen Qualitätskontrolle durch Fragebögen und Weiterbildung für die, die in diesem Dienst mitarbeiten.2

Die Seminare wurden gehalten von Dr. Holger und Ana Luisa Lötterle, er Allgemeinarzt und sie Psychologin. Sie waren zu jener Zeit für die Ausbildung im Netzwerk verantwortlich, ein Ehepaar, das nicht nur immer wieder betonte, dass es beim Sozo-Gebet vor allem auf die Liebe ankommt, mit der die Sozo-Geber dem oder der Empfangenden begegnen, sondern dies auch in ungewöhnlicher Weise selbst ausstrahlte. Obwohl mir die Theorie im ersten Seminar noch etwas verwirrend vorkam, überzeugte mich neben der Art des Gebets eben besonders diese Liebe, ferner die Tatsache, dass es sich trotz aller mehr oder weniger standardisierter Frage- und Vorstellungstechniken um ein auf Christus zentriertes Gebet handelt. Die Anleiterinnen sind, wie meine Kollegin Marlies Schröder zu sagen pflegt, nur „Hebammen“. Sie katalysieren einen Dialog des oder der Heilungssuchenden mit Gott, indem sie immer bitten: „Frag mal Jesus!“ Das ist der entscheidende Unterschied zur Psychotherapie, in der ich als Therapeutin die Verantwortung trage. Im Sozo trägt Gott die Verantwortung, und das wird schon durch die Fragerichtung klar: ER ist der Ansprechpartner, nicht die Anleiterinnen oder die heilungssuchende Person.

Damit wird deutlich, dass auch im Sozo – wie in der Psychotherapie – es die Beziehung ist, die heilt, nämlich in diesem Fall diejenige zwischen dem Heilung suchenden Menschen und Gott. Auf ihn vertraut dieser Mensch. Das Vertrauen auf Jesus Christus ist die Voraussetzung für diese Art von Gebet, so wie ja auch im Evangelium Christus nur die heilen kann, die Glauben haben.

Jeder, der in diesem neuen Heilungsdienst mitzuarbeiten berufen war, sollte zunächst selbst einmal ein solches Sozo empfangen. Ich meldete mich bei der Christusgemeinde in Duisburg an und empfing dort mein erstes Heilungsgebet. Zwei Damen nahmen sich einen Abend Zeit für mich und führten mich durch die Schritte, die dieses Buch beschreibt, weil sie ins Magdalenagebet mit eingeflossen sind. Ich durchbetete mit ihnen eine schwierige Vaterbeziehung, heulte ein Paket Taschentücher durch und verließ den Gebetsraum mit einem versöhnten Herzen, friedlicher Seele und großer Dankbarkeit. Ich staunte über die Wirksamkeit dieser göttlichen Heilung. Das war ja effektiver als mindestens fünfzehn therapeutische Sitzungen, in denen der Therapeut mühsam eine Beziehung zum Klienten aufbauen muss, während in diesem Gebet die Beziehung zu Gott schon da ist (und dabei noch viel intensiver wird) und Gott mit seiner Allmacht der Therapeut ist!

Im letzten der drei Ausbildungsseminare war nur eine Handvoll Teilnehmer übriggeblieben, die der Pastor nach menschlicher und geistlicher Eignung ausgesucht hatte. Jeder sollte hier mit jedem ein Sozo beten.

Ich merkte hierbei, dass meine Ausbildung als Psychotherapeutin im Gebet zunächst einmal hinderlich war, weil ich mich zu sehr auf mich und zu wenig auf Jesus verließ.

Damals habe ich gelernt, wie wichtig und entlastend es ist, den oder die Gebetssuchende immer Jesus fragen zu lassen. Wir brauchen nicht selber zu ergründen, was Er mit dem Menschen vorhat. Der Heilige Geist offenbart es. Jedes Mal.

Wir starteten dann den Dienst zu zweit, Roswitha Willems, eine sehr charismatische und doch sehr bodenständige Dame, deren mütterliche, fröhliche und zupackende Ausstrahlung so viel Liebe ausdrückte, und ich. Im Rahmen einer zweiten Seminarrunde, die wir zwei Jahre später starteten, ebenfalls gehalten vom Ehepaar Lötterle, gewannen wir im Endeffekt leider nur eine Person dazu, Marlies Schröders, die völlig unkompliziert und voller Liebe und geisterfüllt Fürbitte leistet und anleitet. Später stieß noch Jeanette Karbig dazu, deren große Sehnsucht, Menschen zum heilenden Gott zu bringen, sich auf diese Weise erfüllte.

Pfarrer Bohnen wollte sich jedoch weder dem Sozo-Netzwerk anschließen noch einen ökumenischen Dienst ins Leben rufen, sondern das Heilungsgebet sozusagen auf katholische Füße stellen. Dadurch hat das Gebet nach und nach eine „katholische Färbung“ angenommen. Wir nannten es Magdalena-Gebet, weil es zu einer intimen Berührung zwischen Jesus und der Seele führt. Diese Berührung ist das Ziel des Gebets. Diese Berührung ist das, was heilt. Diese Berührung verändert die Perspektive des oder der Empfangenden und schenkt die Erfahrung, Kind des himmlischen Vaters zu sein. Diese Berührung ist ähnlich intim wie bei der heiligen Maria Magdalena im Evangelium, die Jesu Füße mit ihren Tränen benetzt und sie mit ihrem Haar trocknet, die ihn mit wohlriechendem Öl übergießt, die unterm Kreuz in seiner Nähre ausharrt und die Jesus nach der Auferstehung so lange umarmt, bis er sagt: „Halte mich nicht fest!“. Diese Heilige ist daher unsere Patronin und Namensgeberin geworden. Auch der Schutz der seligen Jungfrau Maria ist sehr wichtig, deren Bildnis beim Gebet immer dabei ist und die wir immer um ihre Fürsprache bitten. Katholische Färbung erhält das Gebet auch durch den Hinweis auf die Beichte und den Empfang der Eucharistie, den wir an passender Stelle oft geben, und durch Schutzgebete wie dasjenige zum Erzengel Michael und durch den Rosenkranz.

Obwohl sich immer mehr herauskristallisiert, dass dieser Gebetsdienst ein Dienst der Laien ist, ist es wichtig, dass das Gebetsteam immer von einem Pfarrer beauftragt ist und von ihm geistlich geschützt wird, und auch der Bischof sollte Bescheid wissen über diesen Dienst. Die katholische Kirche ist durch Jesus Christus apostolisch und hierarchisch organisiert, und unter ihrem Dach sind die Betenden geistlich abgeschirmt. Das ist wichtig, weil es im Rahmen der inneren Heilung teilweise auch zum Lösen von Bindungen an ungute Geister kommt, vor denen die Betenden durch die Vollmacht der Kirche Schutz finden: durch die Taufe, die uns ermächtigt, dem Satan zu widersagen, und durch die Zugehörigkeit zum Leib Christi, seiner Kirche.

Ich habe nun schon weit über hundert Personen im Magdalenagebet begleitet und dieses Gebet immer wieder selbst empfangen, wenn es mir nicht gut ging. Ich habe auch gelernt, die Schritte des Gebets im persönlichen Gebet für mich allein zu gehen. Mein Glaube an die konkrete und zärtliche und mächtige Liebe unseres Gottes, an seine Barmherzigkeit und die Macht der Vergebung wird mehr und mehr zur Gewissheit. Ich bin Naturwissenschaftlerin und brauche Evidenz, um zu glauben. Durch das Magdalenagebet hat Gott mir da eine belastbare Brücke gebaut: es ist so bewegend, wie konkret Gott liebt und heilt und in den Seelen wirkt!

Das Magdalenagebet ist eine Möglichkeit, Gott unsere tiefen Verletzungen und Wunden zu bringen und vergeben zu lernen, um aus dieser Vergebung Heilung zu erlangen und von Denkmustern befreit zu werden, die uns hindern, die unendliche Liebe Gottes zu erkennen und anzunehmen.

Dieses Geschenk Gottes an seine Gläubigen zu verbreiten, deren Verletzungen und Wunden ihn so sehr schmerzen und deren Heilung er sich so innig wünscht, ist Ziel dieses Buches.

Es ist so konzipiert, dass der Leser sowohl Hilfestellung erfährt, die einzelnen Gebetsschritte für sich allein anzuwenden, als auch durch die Beschreibungen befähigt wird, im Zusammenhang mit den Ausbildungsseminaren und nach Beauftragung durch den verantwortlichen Priester die Gebetselemente im Dienst an anderen und im gemeinsamen Gebet mit anderen anzuwenden.

1 Eknath Easwaran: „Meditieren als Lebenskunst“, Herder Spektrum, 1998

2https://bethelsozo.de/netzwerk/

Teil I: Grundlagen

Heilt Gott auch heute noch?

Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. (Mt 9, 12)

Wie krank ist unsere Gesellschaft? Brauchen wir denn überhaupt den Arzt? Wenn ja, welcher Arzt wird uns heilen? Haben nicht die moderne Medizin und unser moderne staatliches Fürsorge- und Gesundheitssystem genügend Mittel für eine optimale Gesundheit aller Bürger?

Schauen wir uns die Zahlen an.

Die Zahl der psychischen Erkrankungen mit Arbeitsunfähigkeit ist in Deutschland von 2006 bis 2020 auf das Doppelte angestiegen.3 Das liegt einerseits daran, dass Unternehmen dazu neigen, überflüssige Arbeitnehmer, die Kündigungsschutz haben, durch Verschärfung von Arbeitsbedingungen und Umgangston zur Kündigung zu bewegen, andererseits auch daran, dass der Leistungsdruck auf die Arbeitnehmer von vornherein so groß ist, dass deren Krankwerden schon einkalkuliert ist. Im Privatbereich wirkt die Lockerung der zwischenmenschlichen Beziehungen destabilisierend auf die Psyche. Als ein vierter, diesmal erfreulicher Aspekt erscheint, dass Ärzte heute der psychischen Mitverursachung von Erkrankungen mehr Aufmerksamkeit schenken und häufiger Diagnosen aus dem psychischen Bereich stellen.

Die Zahl der vollendeten Suizide hat sich zwar in Deutschland seit 1980 in etwa halbiert von 18451 im Jahr 1980 auf 9041 im Jahr 20194, sicherlich eine Folge der besseren medizinischen Versorgung von psychisch kranken Menschen, aber es bringen sich immer noch dreimal mehr Menschen um als durch Verkehrsunfälle sterben (2019 etwa 3000 Verkehrstote in Deutschland)!

Dazu sind bei jedem einzelnen Suizid etwa 135 Menschen mitbetroffen – Angehörige, Kollegen, Nachbarn, Ersthelfer, Polizisten5 - sie trauern, verzweifeln, begehren auf, sind verletzt, alleingelassen, verwirrt und tragen vielleicht lebenslange seelische Narben. Das sind über 1,2 Millionen Menschen pro Jahr in Deutschland (immer noch mehr als es in den ersten beiden Pandemiejahren Coronatote gab).

Laut Polizeistatistik wurden 2019 in Deutschland 15701 Kinder als Opfer von sexuellem Missbrauch polizeilich erfasst. Die WHO schätzte 2016 für Deutschland eine Million betroffene Personen.6

2010 wurden etwas über 4000 Misshandlungen von Schutzbefohlenen unter 13 Jahren bei der Polizei angezeigt.7

Diese Daten können hier als Spitze des Eisbergs nur andeuten, wie viele Menschen innerlich leiden. Aus traumatischen Erlebnissen in der Kindheit erwachsen lebenslange Schwierigkeiten und seelische Schmerzen, die zwar in oft großartiger Weise von der Psyche abgewehrt werden können, aber dadurch die innere Freiheit der Betroffenen einschränken, weil ein Teil der psychischen Energie zur Abwehr abgezweigt werden und das schmerzhafte Erinnerungsfeld mit allen Mitteln ausgespart werden muss.

Dazu kommt Leid, dass wir als alltäglich betrachten, weil der ein oder andere Aspekt fast jeden betrifft und wir im täglichen Leben trotzdem immer noch einigermaßen funktionieren. Die Übergänge sind fließend.