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Der alte Skipper Hans hat eine besondere Liebe. Seit fast dreißig Jahren segelt er mehrmals im Jahr zur kroatischen Insel Cres. Was fasziniert ihn so an dieser Insel? Sicher die Ruhe, die einmalige Schönheit der Natur, aber vor allem auch die Menschen, die hier leben. Vor allem einer, dem er seit Jahren brüderlich verbunden ist, der Fischer und Wirt der kleinen Konoba Kopac. Ihm hat er dieses Buch gewidmet und allen, die diese Insel lieben.
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Seitenzahl: 72
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Prolog
Cres
Der alte Mann und das Meer
Der Anfang nass und salzig
Ein verrückter Tag in Cres
Das Topplicht aus Rochester
Eine Stadt mit reicher Kultur
Die Traumroute
Wieder mal Zuhause
Was machst Du auf Korsika?
Ich suchte Silba und fand eine Perle
Als Jo „über Bord“ sprang
Eine alte Skippermütze
Jetzt hat das Leben wieder Gin
Mayday auf dem Kvarner Golf
Der letzte Törn?
Ich kann nicht anders
Nachwort
Heimweh?
Am Anfang war es wohl eher Sehnsucht nach Ruhe, nach Ursprünglichkeit und nach genau diesen Menschen auf Cres. Gibt es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick wirklich? Ich hatte schon Heimweh nach diesem Ort Cres auf der Insel Cres in Kroatien bevor ich das erste Mal dort war.
Wie ist das möglich?
Ein Versuch, das zu beantworten.
Es begann am Abend während eines Segeltörns nach einem jener nassfeuchten grauen Segeltage im nebligen Englischen Kanal. Ein Crewmitglied schwärmte damals von den weit über tausend kroatischen Inseln, von Sonne und blauem Meer, seinem Segelrevier. Mir war diese Küste damals noch unbekannt, aber seine Begeisterung ging mir nicht aus dem Kopf.
Ich bin leidenschaftlicher Segler, wurde wohl zum Skipper geboren und dieses Kanalwetter schreckt mich nicht. Aber ab und zu jedoch sehnte ich mich nach einem trockenen sonnigen Platz, einem Hafen im Süden, Porto Azzurro auf Elba oder Saint Florent auf Korsika. Damals bat mich ein Freund, ihn nach Kroatien zu begleiten. Zufall oder Schicksal? Kroatien, davon hatte doch dieser Trainee vor Dover so geschwärmt.
Ich sagte sofort zu.
Als wir in Punat auf KRK ankamen und aus dem Auto stiegen, war ich vom Anblick der weißgrauen Karstküste mit grüner Macchia, der Weite und dem fast unwirklichen Blau der Adria überwältigt. Das tiefe Blau eines wolkenlosen Himmels spiegelte sich im unbewegten Wasser.
In der unwirkliche Stille unter der hochstehenden Sonne sah ich keinen Menschen. Fast ehrfürchtig tauchte ich meinen Fuß ins Adriawasser. Ich war angekommen.
Noch in dem selben Jahr bekam ich das Angebot, eine 58 ft Yacht ab Novigrad in Istrien zu segeln. Ohne lange zu überlegen nahm ich das Angebot an. Es sollten im Laufe der Jahre tausende Seemeilen in den kroatischen Gewässern werden. Ich konnte es kaum erwarten, mit dieser großen Ketsch von Novigrad/Istrien zum Kvarner Golf zu starten. Dieses Mal nicht, wie in den Jahren zuvor, zur Ostsee, Nordsee oder Holland. Ich freute mich auf einen ruhigen, sonnigen Törn an den Küsten Kroatiens und auf die Inseln dieses wunderbaren Landes.
Nun bin ich wirklich nicht der Typ, der nach harter Arbeit an Bord einer Yacht mit vom Salzwasser angefressenen Händen und getrocknetem Salz im Bart einen guten ehrlichen Schnaps umstößt, der ein Essen nach dem Preis und nicht nach der Qualität beurteilt oder einer, der bei der Aufforderung zum Tanz durch eine leidlich sympathische weibliche Person kneift. Aber da war diese Sehnsucht und ich spürte, hier finde ich was ich immer suchte.
Wo zum Teufel liegt dieses Cres? dachte ich, über den Seekarten der nördlichen Adria sitzend.
Wenn du mich nachts einuhrdreißig weckst und nach der besten Route von Puntone di Scarlino nach Ajaccio an der Westküste Korsikas fragst, bekommst du eine exakte Antwort. Aber Cres war mir damals unbekannt.
Von Triest, Mali Losinj und Dubrovnik hatte ich von Seglern schon mal etwas gehört, doch nun suchte ich Cres.
Die Insel Cres ist die größte Insel der Adria. Sie liegt im nördlichen Teil der Kvarner Bucht vor der Halbinsel Istrien und gehört zur Gespannschaft Primorje-Gorski Kotar in Kroatien.
Der Name Cres, (italienisch Cherso), rührt vom spätantiken „Crepsa“ her. Bevor die Insel von Kroaten besiedelt wurde, lebten hier die Liburner. Es gibt aber auch Spuren der Griechen, Römer und Byzantiner. Vom 9. Jahrhundert bis 1409 stand die Insel unter kroatischer Herrschaft. Danach gehörte sie zur Republik Venedig, später Österreich-Ungarn und ab 1945 wieder Kroatien, als Bestandteil des Staates Jugoslawien. Kroatien wurde nach dem Zerfall Jugoslawiens wieder ein selbstständiger Staat. Nachdem ich mich mit der Geschichte der Insel Cres beschäftigt hatte, suchte ich nun diesen Ort Cres.
Für mich sind vor allem die kleinen, romantischen und ursprünglichen Häfen interessant. In der Seekarte fand ich Valun, Martinscica, Beli und Cres, eine Stadt mit venezianischem Flair, Hauptort der Insel.
Die Gemeinde Cres hat fast 3000 Einwohner. Sie liegt in einer natürlichen Bucht und bietet den Seglern in der ACI-Marina 460 Liegeplätze im hinteren Teil der Bucht. Es gibt auch einige Liegeplätze an der Außenmole des Stadthafens. Später habe ich noch den Werfthafen entdeckt. Schon beim ersten Besuch fühlte ich mich in Cres zu Hause.
Seither habe ich den Ort mehr als hundert Mal besucht. In meinen Logbüchern sind fast 400 Trainees vermerkt, die hier mit mir angelegt haben und viele schwärmen noch heute von Cres.
Auch ich habe unzählige Erinnerungen an die Stadt und seine freundlichen Bewohner. Besonders aber an den Wirt der Konoba Kopac, Stjepan Slavicek und seine Familie. Wie wir Freunde wurden und warum ich diesen Ort liebe, beschreibe ich in den folgenden Kapiteln.
Altes venezianisches Stadttor von Cres
Die Abendsonne spiegelt sich ein letztes Mal an diesem sonnigen Tag im bleiblauen Wasser der Bucht westlich von Cres. Ein betörender Salbeiduft strömt aus den noch sonnenwarmen Olivenhainen, die von alten Steinmauern umrahmt sind, die in hunderten von Jahren sehr mühselig aufgesetzt wurden. Einige wilde Schafe sind noch unterwegs. Sonst keine Menschenseele.
Oder doch? Aus den Kräutern am Boden erhebt sich schwerfällig ein alter Mann und geht langsam hinunter zum Wasser. Was macht er da am Strand? Bis zu den Waden im Wasser stehend, schweifen seine ruhigen Blicke gedankenverlorenen über die Bucht. Weit über hundert Mal hat er hier gestanden, am nachmittags nach einen Tag mit seiner Yacht auf See. Ein kurzes Bad und zufrieden mit sich tritt er heute wieder diesen Weg an, am Strand entlang über die Lungomare zum Stadthafen von Cres und zur Konoba Kopac. Hier ist sein Herz seit 25 Jahren zu Hause.
Hunderte fremde Häfen hat er als Skipper kennengelernt, in Holland, England, Schottland, Irland, auf Elba, Korsika, Italien und Kroatien. Das Skipper-Handwerk hat er schon als 17-Jähriger auf dem Schulschiff gelernt. Später die amtlichen deutschen Sportbootführerscheine bis zum Sportseeschiffer-Patent inclusive Seefunk und Radar. Dann das Segellehrer-Diplom an der Hanseatischen Yachtschule in Glücksburg. 42.000 Seemeilen sind es geworden.
Wehmütig denkt er an den Törn zu den westfriesischen Inseln mit John, Albert, Arnold und Klaus-Dieter. Oder die Themse aufwärts zur Towerbrigde, leider war die Queen nicht im Palast, sodass die teatime ausfiel. Unvergesslich die Abende im irischen Waterford mit Molly, der irischen Braut. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht und er geht etwas langsamer weiter Richtung Stadthafen von Cres.
Elba und Korsika zählten zu seinen Highlights, ebenso die Gesänge im „Il Buccino“ und der ungewöhnliche Hafenmeister Giovanni in Porto Azzurro. Da hatte er schon über 30.000 Seemeilen im Logbuch stehen und fühlte sich immer noch jung und unverwundbar. Eins mit seiner Yacht überstand er den Orkan auf den Kvarner mit ungewöhnlichen Wellenhöhen von 6 Meter. Sein heimlicher Wunsch: Nie wieder.
Sein Herz weitet sich, wenn er an die Nächte auf See im westlichen Mittelmeer von Italien nach Calvi auf Korsika oder in der Adria von Pula nach Dubrovnik denkt. Wunderbare Bilder entstehen in seinem Kopf. Ob die rothaarige Korsin Juliette aus Bastia noch manchmal an ihn denkt?
Wie lange ist das her?
Seine Freunde Horst, Hanne und Wolfgang sind ihm vorausgeeilt. Sie haben den Krieg auf See überlebt, jetzt warten sie auf ihm, dort wo nur die Besten hinkommen.
Der vor ihm liegende Törn wird sein Letzter sein. Vor fünf Jahren ereilte ihn eine der schlimmsten Krankheiten. Seine Freunde waren sich sicher, dass er nicht mehr segeln wird. Doch er kämpfte sich wieder ins Leben und segelte noch fünf schöne Törns in Kroatien. Bis sein Körper endgültig „Nein“ sagte.
Nun ist er wieder auf Cres, seinen kranken Freund und Bruder Stjepan Slavicek in der Konoba Kopac zu besuchen.
Er geht absichtlich langsam durch die Gassen, die Rialto hinunter, dann über die Zagrebacka und auf der Varosina parallel zum Hafen zur Osorsca. Seine Schritte werden immer langsamer. Hier hat er in 25 Jahren glückliche Tage erlebt. Die meisten seiner über 200 Törns hatten die Konoba Kopac zum Ziel. Wunderschöne Abende unter Segelfreunden mit Gesang und viel Wein und Grappa ließen ihn vergessen, dass irgendwann auch das Alter naht.
Doch nun ist es soweit. Er genießt die ruhige Schönheit dieser Stadt und begreift, warum sie in all den Jahren und immernoch diese Anziehungskraft auf ihn hat.