Die See erzählt von Seglerliebe - Hans H. Paul Naumann - E-Book

Die See erzählt von Seglerliebe E-Book

Hans H. Paul Naumann

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Beschreibung

Skipper Hans hat sich mit Leib und Seele dem Segelsport verschrieben. Nach über 50 Jahren als Segler, Segellehrer und Skipper zieht er Bilanz, kramt in seinen alten Logbüchern, die über 40.000 Seemeilen akribisch dokumentieren, findet längst vergessene Episoden und Berichte von seinen Sturmfahrten, Flauten und traumhaften Abenden in den Häfen. Er erinnert sich an ungewöhnlich kuriose Begebenheiten, Freundschaften in den besuchten Häfen zwischen Rochester und Dubrovnik, aber auch an längst vergangene Affären, die nicht im Logbuch stehen. Vor allem seine Liebe zur See wird in vielen Geschichten deutlich.

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Rochester for Order

Eine blinde Passagierin

Im Orkan

Magische Momente

Wo das Meer den Himmel berührt

Ich liebe dich, sprach die See und verschlang ihn

Die Hafenmeisterin

Die achte Welle

Das Tattoo

Kurioses

Der Hafen-Clown

Eine Sternschnuppe streifte mich

Umarmung für die Unvergessenen

Der Skipper im Garten Eden

Das Lied des wilden Vogels

Der Klabautermann

Seemannsgarn?

Wahre Liebe

Rückblick auf die wilde Jugend

Nachwort

Prolog

Es gibt Freundschaften, die viele Jahre überdauern, obwohl man nur wenige Male persönlichen Kontakt hatte. So geht es mir mit dem Autor und Skipper Hans. Wir lernten uns 1997 im Hafen von Chatham an der Themse kennen, ich zeigte ihm meine Stadt London, den Trafalgar Square, Buckingham Palace, leider war die Queen nicht zu Hause, dann den Tower und die Nelson Säule. Hans war sehr interessiert, besonderes an der maritimen Geschichte meiner Stadt. Ein paar Jahre später, er lag wieder mit dem Schiff in Chatham, trafen wir uns in Rochester, meinem Wohnsitz. So war es dann nur eine Frage der Zeit, bis ich ihn in Erfurt in Thüringen besuchte. Eine zauberhafte Stadt in diesem kleinen Land Thüringen. Jetzt, als er mich wieder bat, ein paar einleitende Worte für sein neues Buch zu schreiben, tue ich das gern. Wir Briten sind ja ein traditionell maritimes Volk. Als ich Hans in Chatham auf diesem großen viermastigen Windjammer „SEDOV“ sah und seine Begeisterung erlebte, begriff ich, dass dieser Mann von Jugend an für die See und das Segeln lebt.

Ab und zu schickt er mir eines seiner Bücher, die von seinem Erlebten als Skipper berichten. Im Laufe der Jahre begriff ich, warum er nicht als passenger segeln kann: Er muss immer dieses lebende Wesen Schiff spüren, es verstehen und fühlen, dass es ihn als Partner akzeptiert. Diese Leidenschaft begleitet ihn sein ganzes Leben. Manchmal glaube ich, dass er darauf wartet, dass das Meer ihn anruft und fragt: Hans, wo bleibst du?

Jetzt hat er sein letztes Logbuch aufgeschlagen, um die noch möglichen Meilen zu segeln und in der Erinnerung festzuhalten. Ich wünsche ihm dabei viel Erfolg und seinen Lesern viel Freude.

Matthew Taylor

Rochester

Rochester for Order

Es war eine jener Nächte, in denen man unbedingt allein sein möchte.

Seit über 50 Jahren segle ich, davon 25 Jahre als Skipper. In meinem wahrlich ereignisreichen Leben gab es nur wenige wirkliche Ruhepunkte. Es waren die Nächte auf See oder in den Hafenstädten, die ich allein und ohne schlechtes Gewissen gegenüber meinen Kameraden, Freunden oder Trainees genießen konnte. Meist saßen wir ja gemeinsam in einer der Hafenkneipen, je nach Gegend ein Pub, eine Osteria oder eine Konoba und wir tobten uns mit unseren alten Geschichten bei Whisky, Bordeaux oder auch Slibowitz und gutem Essen aus. Die Sangesfreude meiner Crews war sprichwörtlich.

Und heute denke ich zurück an den Mai 1996. Ich sitze wie damals allein am Medway-River, im Rücken die Quais von Rochester in der Grafschaft Kent.

Rochester am Medway

Die wenigen Lichter funzeln vor sich hin, spiegeln sich im träge fließenden Medway, der heute am späten Abend dunkel und dickflüssig wie mein Stout aussieht. Den Krug hab´ ich mir drüben im „Medway Inn“ füllen lassen, dort wo meine Mitsegler an der Theke stehen, Whisky trinkend und laut palavernd.

Heute brauche ich mal die Ruhe.

Vorgestern sind wir mit der Fähre nach einer fast zweitägigen Fahrt von Hamburg die Elbe runter, durch den Englischen Kanal nach Schottland in Harwich/Port eingetroffen. Ein Bus brachte uns nach Chatham, das liegt etwas südlicher als Rochester. Dort musterte ich auf dem russischen Viermaster „SEDOV“ an. Gebucht hatte ich vor einem halben Jahr. Ich hatte das Privileg, eine Koje in einer 6er Kabine zu bekommen, die anderen Trainees in 12er Kabinen. Dieser imposante alte Großsegler, heute der schönste und größte noch segelnde Viermaster der Welt, hat eine Länge von 117,5 Metern und eine Masthöhe von 58 Metern.

Einmal noch Windjammer segeln, wie früher.

Es war im Jahr 1963. Mit fünf Monaten seemännischer Ausbildung auf dem Segelschulschiff der DDR, einer Schonerbrigg, begann mein Seglerleben. In den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts bin ich mit der „Towarischtsch“, der „Krusenstern“ und der „Dar Pomorza“ gesegelt, ebenso mit der „Falken“ und der „Gladan“. Unvergessen diese Törns.

Und jetzt bin ich hier in Rochester.

Gestern früh fuhr ich mit der U-Bahn nach London, um die Gelegenheit zu nutzen, nochmal einige Sehenswürdigkeiten aufzusuchen. Zuerst Piccadilly Lane, dann die Towerbrigde und den Tower, zum Schluss noch die Nelson-Säule. Der Tag war interessant, aber auch ermüdend.

Heute habe ich mir das alte Marinearsenal von Rochester am Medway angesehen. Das war beindruckend und man versteht danach die maritime Geschichte Britanniens besser. Rochester ist eine Stadt und ehemalige City in der Grafschaft Kent mit etwa 24.000 Einwohnern. Diese kleine alte Stadt liegt an der letzten Furt des Flusses Medway vor seiner Mündung in die Themse, etwa 50 km von London entfernt. Neben vielen älteren Gebäuden stechen vor allem die Burg von Rochester und die Kathedrale hervor. Viele Gebäude aus der Innenstadt stammen aus dem 18. Jahrhundert, für mich wie ein Ausflug in die Geschichte des Mutterlandes der Schifffahrt. Und für den Spätnachmittag hatte ich mich mit der Crew im „Medway Inn“ verabredet. Rainer spendierte eine Runde „London Porter“. Von diesem Starkbier kannst du wirklich nur ein Glas trinken. Ist nicht mein Fall.

Ja, ab und zu ein Irish Stout, dass schmeckt mir besser und hilft auch. Heute aber haben wir uns hier beim „St. Austell“ festgetrunken.

Bei mir meldet sich der Hunger. Die Karte ist gut, eigentlich untypisch für Kent.

Als Starter bestelle ich mir sechs King Prawns in Butter und Olivenöl gebacken mit Chillies, serviert mit heißem Krustenbrot. Hallo, das habe ich hier nicht erwartet, der Koch Ruby ist richtig gut. Als Hauptgang empfiehlt er mir dann Ruby´s Chicken Curry.

Danach bin ich satt und fast zufrieden mit der Welt, lasse mir meinen Krug mit schwarzem Stout füllen und gehe rüber zum Medway River. Da sitze ich nun und schaue über den Fluss, in Gedanken versunken und hätte beinahe den Kutter übersehen. Er kommt sicher von der Themse-Mündung und arbeitet sich mit dem dumpfen Klopfen seines Einzylinders den Medway aufwärts, auf dem Fluss die dunkle Linie des Kielwassers hinterlassend.

Ein kleines Schiffchen auf dem großen Wasser.

Ob der Fischer herüber schaut zu der Silhouette des einsamen Mannes, der hier im Dunkel unbeweglich auf den Stufen neben der Brücke sitzt?

Sicher nicht.

Wenn der Fang gut war, wird er zufrieden an der Zigarette oder der Pfeife ziehen und eine Mug mit heißem Tee schlürfen.

Ich schaue ihm hinterher, bis sein Hecklicht verlöscht. Die Männer auf diesen Schiffen sind aus dem harten Holz der Insel geschnitzt, sie wurden mit Salzwasser getauft, da auch ihre Väter schon mit diesen Schiffen das Meer vor der großen Insel befahren haben. Es ist ihr Leben seit Generationen, etwas anderes können sie sich nicht vorstellen. In diesen Minuten beneide ich sie.

Meine Vorfahren kamen von der Küste des baltischen Meeres, vielleicht Nachfahren der Wikinger.

Sie waren Händler und wurden sesshafte Bauern am großen Fluss Oder. Vielleicht ist meine Liebe zur Seefahrt ein spätes Aufflammen einer langen verschütteten Sehnsucht nach dieser einfachen klaren Tätigkeit eines Seemanns.

Vielleicht auch die Sehnsucht nach dem Kräftemessen mit der Urgewalt der Natur, bei der Intuität, Verlässlichkeit und Wissen Voraussetzung für einen erfolgreichen Broterwerb sind.

An Land bin ich selten zur Ruhe gekommen. Hast und unruhiger Schlaf waren mein Begleiter, jedes Mal bis zum nächsten Törn.

Nein, auf Fischfang war ich nie, habe auch nur für kurze Zeit Güter transportiert (Trampfahrt), aber ich habe wohl über tausend Mal ein Schiff mit Trainees sicher von Hafen zu Hafen gebracht, bei jedem Wetter. Und ich bin überzeugt, dass dies die einzige Aufgabe eines Skippers ist. Dass ich dabei zukünftige Schiffsführer ausgebildet habe, versucht habe, in ihnen die Liebe zum Segeln zu wecken, anderen die Schönheit des Meeres zu zeigen, das war die Zugabe.

Und wenn ich am Ruder saß, die Crew in den Kojen lag, einen neuen Tag erwartend, wenn die Segel gut getrimmt das Schiff stetig vorantrieben, dann war ich zufrieden, wie der Fischer vorhin.

Ich denke an die Nächte auf der Adria, 26 Stunden von Zadar nach Dubrovnik oder viele Male nachts von Rab nach Cres, das waren Highlights.

Dreimal von Scarlino an Elba vorbei, um das Nordkap von Korsika nach Calvi an der Westküste von Korsika zu segeln, mit dem Glück, immer guten Wind zu haben, das

ist das wahre Leben.

Die Ostküste von Istrien auf dem Kvarner am 24.09.2004

Aber auch die Zufriedenheit, am 24.09.2004 ein Schiff sicher durch einen Orkan mit 65 kn Wind gebracht zu haben.

Nicht dass ich gefährliche Situationen brauche, im Gegenteil. Wer behauptet, das Risiko zu lieben, hat den Sinn seiner Aufgabe als Skipper nicht verstanden.

Der liebt auch das Meer nicht, der hasst es und will es besiegen, welch unmögliches Ansinnen.

Es wäre auch gegenüber den Trainees an Bord, die dem Skipper vertrauen, mehr als unfair. Dagegen fühle ich, nachts hier am Medway mit einem leeren Bierkrug sitzend, den Fluss vor mir wie ein lebendes Wesen, das sich langsam zum Meer wälzt.

Manchmal, wenn das Meer zornig ist, mein Schiff emporhebt, kurz abbremst und wieder beschleunigt, fühle ich Gleiches. Es bremst mich ab, nur um mir einen kurzen Blick hinunter in sein Inneres zu ermöglichen, spürt dann, wie ich es mit dem Ruderblatt streichle und gibt mir die Geschwindigkeit wieder, die ich zum Manövrieren brauche. Und so sind wir beide zufrieden, die See und ich.

Als ich das leise Knurren meines leeren Bierkruges höre, möchte ich mich sofort entschuldigen, habe ich doch die Zeit vergessen. Nach dem kurzen Weg zurück ins „Medway Inn“ bestelle ich mir last Order noch ein Stout, so schwarz wie die Seele eines ehrlichen Seemanns. Drüben an der Bar entdecke ich Matthew Taylor, einen Freund aus Rochester, den ich auf einer früheren Reise nach Chatham kennengelernt habe.

„Schade, dass du so spät kommst“, sagt er. Und als ich ihm berichte, dass ich auf der SEDOV in Chatham angemustert habe, bietet er mir die Verlängerung des Abends an. „Wenn du noch den gleichen Whisky trinkst wie vor zwei Jahren, dann kannst du bei mir übernachten.“ So geschieht es dann auch.

Wir haben uns viel zu erzählen, der Whisky schmeckt mit jedem Glas besser und draußen wird es langsam hell.

Jahre später besuchte mich Matthew in Thüringen und ich zeigte ihm meine Stadt, von der er begeistert war.

Am nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg nach Chatham. Unterwegs trinke ich noch schnell einen doppelten Espresso im „La Toretta“.

Dann liegt er vor mir, der Letzte der großen alten Windjammer.

Die Vier-Mast-Bark SEDOV wurde 1921 in Hamburg für die Reederei Laeiz gebaut, fuhr unter dem Namen „Magdalene Finnen“ in der Salpeterfahrt um Kap Hoorn nach Valparaiso und zurück.

Später in den 20ern fuhr dieses Schiff unter dem Namen „Kommodore Johnson“ in der australischen Weizenfahrt.

Nach dem 2.WK wurde es schließlich von der Sowjetunion als Reparationsleistung übernommen und fuhr einige Zeit als Ausbildungsschiff der Fischereiflotte.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion erfolgte die Überführung vom Schwarzen Meer nach Murmansk und später wurde es der dortigen Technischen Universität geschenkt. Seitdem segelt das Schiff mit 60 Mann Besatzung und 110 Kadetten sowie bis zu fünfzig Trainees weltweit.

Und mit dieser alten Lady der längst vergangenen Segelschiffszeit werde ich nun den Englischen Kanal und die Nordsee besegeln.

Die Tage in Chatham sind sehr schön, fünf Tage „Open ship“ für die Engländer. Dann kommen die Schlepper und ziehen uns von der Pier. Es ist ein bewegender Abschied durch die maritim-traditionsbewussten Engländer. Wir segeln die Themse hinunter, an Helgoland vorbei in die nördliche Nordsee mit fünf Metern Wellenhöhen bei sieben Windstärken. Nach ständigen Segelmanövern erreichen wir die Elbe und am nächsten Tag Hamburg.

Für eine Weile zufrieden und mit salziger Luft durchweht, mache ich wieder in Thüringen fest. Bis bald mal wieder.

Eine blinde Passagierin

Seltsam, es gibt Begegnungen, die man sein Leben lang nicht vergisst. Sind es die Menschen, denen man in einer besonderen Situation nahekommt, ist es ein außergewöhnliches Geschehen, oder ist es einfach eine besondere Stimmung an einem besonderen Ort? Oder auch alles zusammen?

Ich will mich da nicht festlegen, aber ich habe in meinem Leben Situationen erlebt, in denen das eine oder andere, manchmal auch alles zutraf.

Von Heiligenhafen segelte ich 2001mit einer kleinen Crew und einer großen Yacht auf der Ostsee mit dem ersten Ziel Kopenhagen. Für Juni war es auf der See am Tage schon angenehm warm, bei einem frischen Nordwestwind machte das Segeln richtig Spaß. Der zurückliegende Winter war lang genug gewesen und als wir die Fehmarnsundbrücke passiert hatten, stimmten wir Neptun mit einem Begrüßungsschluck gnädig.

Die Stimmung war prächtig und als die Neustädter Bucht hinter uns lag, die Bugwelle gleichmäßig auf- und abschwellend den auf Nordost drehenden, zunehmenden Wind anzeigte, waren wir wunschlos glücklich. Endlich segeln!

Der Wind nahm zu und unsere Stimmung wurde immer besser. Der Druck im Tuch und das geschmeidige Stampfen in den Wellen machten uns happy.

Das ist etwas anderes, als im Mittelmeer in der Flaute zu dümpeln. Erst als eine Welle über den Bugkorb stieg, dachte ich ans Reffen des Großsegels. Als das erledigt war, machte ich den Eintrag ins Logbuch. Dabei bemerkte ich, dass die automatische Lenzpumpe sich eingeschaltet hatte. Es war Wasser im Schiff.

Ich entdeckte das kaputte Oberlicht in der Bugkabine, die Vorreiber ließen sich nicht mehr schließen, alles war nass in der Kabine. Um nicht noch mehr Wasser aufzunehmen, änderte ich den Kurs auf Nystedt, ein kleiner Ort westlich von Gedser. Die Wellen kamen jetzt mehr von Steuerbord und das Schiff lag ruhiger im Wind. Vor uns lag die Nystedter Bucht, an Backbord der Windpark und vor uns das Fahrwasser. Wir kamen glatt durch und liefen dann vor dem Wind in den kleinen Hafen des Ortes.

An der Außenmole fand ich einen guten Liegeplatz, direkt am Häuschen des freundlichen Hafenmeisters. Herrlich schmeckte uns das ungeplante Anlegebier. Draußen nahm der Wind an Stärke zu, wir saßen in der Bucht „hoch und trocken“, wie der Segler sagt. Ich wollte erst mal durch den Hafen bummeln, den ich von früheren Törns kannte.

Diese kleine Stadt hat ein Schloss, von einem wunderbaren Park umgeben. Stundenlang streifte ich schon durch seine Alleen, stand an den Teichen und genoss die Ruhe. Noch in der beginnenden Dämmerung ging ich zurück zum Hafen. Hat sich kaum verändert, dachte ich.

Nebenan lagen zwei mir gut bekannte alte Segelschiffe aus Holland und im Hafenbecken ein paar kleinere Yachten. Alles sehr gemütlich. An den Stegen im Schilf ankerten einige Fischerboote und draußen in der Bucht schwamm ein seltsames Etwas, ein Floß mit ein paar Stangen darauf. Da wird doch nicht jemand zelten wollen?

Wir machten es uns in der Plicht unseres Schiffes gemütlich, grillten mitgebrachte Steaks und tranken dazu eben erworbenes dänisches Carlsberg-Bier. Kann man trinken, ist die einhellige Meinung der Crew.

Der Wind ließ nach, und nach dem dritten Bier kam die Dämmerung.

Mitten in der Bucht auf dem Wasser flammte ein seltsames Feuer auf. Ein schwimmendes Lagerfeuer?

Und nun auch am Ufer, hier und dort, plötzlich brannten überall Feuer. Ich kletterte auf die Pier, doch beim Hafenmeister war schon geschlossen. Dort drüben auf der Westseite standen einige Zuschauer und beobachteten die Feuer, die wollte ich fragen.

Da fiel mein Blick auf eine Frau mit langem blondem Haar. Sie stand etwas abseits an der Kante der Pier, war ziemlich groß und was mir besonders auffiel, sie trug einen bodenlangen Fellmantel, im Juni. Neugierig ging ich näher, bis ich fast neben ihr stand.

„Ist das nicht wunderschön?“ fragte sie mich mit ihrem dänischen Akzent.

Verblüfft ob der Anrede hauchte ich: „Wunderschön, fast wie Feuerzangenbowle“.

„Was ist Feuerzangenbowle?“

Ich erklärte es ihr.

„Aber was sind das für Feuer rund um den Hafen?“ wollte ich wissen. Erstaunt schaute sie mich eine Weile an und lachte dann: „Kennst du nicht die Johannisfeuer?“

Tatsächlich, heute ist der 23. Juni, wir Städter haben diesen uralten Brauch schon fast vergessen, die Dänen nicht. „Komm, wir schauen sie uns alle an“, sagte sie und nahm meine Hand. Es war plötzlich, als wenn mich eine Sternschnuppe streifte.

Ihr Mantel war weich, ihre Hand warm. Als wir das erste Feuer am Ufer erreichten, sahen wir davor eine Gruppe von singenden Menschen. Nein, es waren keine Gebete.

Es war eine irgendwie vertraute, ruhige Szene, die Lebenslust ausdrückte.

Sie sangen: „vi vil fred hertillands, Sante Hans, Sante Hans.“

(wir wollen Frieden überall, Sankt Johan, Sankt Johan.)

„Bist du glücklich?“ fragte sie mich plötzlich.

„In diesem Moment, Ja.“