Heisse Hunde - Kurt Lanthaler - E-Book

Heisse Hunde E-Book

Kurt Lanthaler

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Beschreibung

VIELE "SELTSAME" UND "HIRNRISSIGE" GESCHICHTEN UND EIN THEATERSTÜCK, in dem sogar der Krimistar Tschonnie Tschenett auftaucht Pointierte Geschichten, klassische Short-Stories, mit Schwung erzählt, hintergründig, skurril, Geschichten aber auch, die sich Zeit nehmen, dem Menschen schrittweise in seine Abgründe zu folgen, dorthin, wo er zum "Heißen Hund" wird. Der Band enthält auch das Theaterstück "Heiße Hunde. Hot dogs", eine Szenenfolge an der Imbissstube, wo sich das Leben der wenig Erfolgreichen abspielt, der Arbeitslosen, aber auch der Lebenskünstler, die sich ihr Stück Karibik im Traum erobern. "Geschichten über Menschen am Rande der Gesellschaft, aber auch Geschichten über den ganz normalen Wahnsinn im Alltag, ein echt skurriles Lesevergnügen!" WEITERE BÜCHER DES AUTORS: - Das Delta - Goldfishs reisen um die halbe Welt - Offene Rechnungen AUS DER TSCHONNIE-TSCHENETT-REIHE: - Der Tote im Fels - Grobes Foul - Herzsprung - Azzurro - Napule

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Seitenzahl: 235

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KURT LANTHALER

HEISSE HUNDE

HIRNRISSIGEGESCHICHTENUNDEIN STÜCK KARIBIK

Aktualisierte E-Book Ausgabe 2013

© 1997HAYMON verlagInnsbruck-Wienwww.haymonverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7099-7683-8

Umschlag: Benno PeterSatz: Haymon Verlag

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.

Die Aufführungsrechte für das im Buch enthaltene Theaterstück „HEISSE HUNDE, HOT DOGS“ können ebenfalls beim Haymon-Verlag erworben werden.

INHALT

I HIRNRISSIGE GESCHICHTEN

Weisswein und Aspirin

Roma Stazione Termini

Die Mutter Gottes in Pavillon IX

Die Festung

Das Kettenkarussell

Arbeitsbuch zum Fall des weissen Uno

II ORTSBESCHREIBUNG

Pigenò

Rebibbia

Zorneding

Maderneid

III KARIBISCHE TRÄUME

Frohes neues Jahr

Zeugeneinvernahme

Gin Fizz

IV HEISSE HUNDE. HOT DOGS. Ein Stück

HIRNRISSIGE GESCHICHTEN

WEISSWEIN UND ASPIRIN

Die Kopfschmerzen waren schon dagewesen, bevor ich den Raum betreten hatte. Die Klimaanlage machte alles nur noch schlimmer. Drei Stunden, das wußte ich, würde ich aushalten müssen. Dann ein Glas Weißwein und ein Aspirin, und hoffen. Hoffen, es bald überstanden zu haben.

Entsprechend unkonzentriert war ich. Stellte, nachdem ich meine drei ersten Sätze gesagt hatte, mitten im vierten fest, daß ich nicht mehr wußte, wovon im ersten die Rede gewesen war.

Zweieinhalb Stunden noch, eine Qual. Aber gutes Geld, das ich mir eben ersitzen mußte. Ich hatte ein Seminar zu halten, zwanzig Studenten hatten ein Seminar zu besuchen. Wir waren schon vor einiger Zeit stillschweigend übereingekommen, uns das Leben gegenseitig so erträglich wie möglich zu machen. Deswegen fragte auch keiner nach, was ich mit dem, was ich sagte, eigentlich meinte. Weswegen ich auch nicht darüber nachdenken mußte. Was wiederum meinen Kopf freute.

Daß ich meine Kopfschmerzen schließlich vergaß, solange, bis sie weg waren, verflogen, lag an der Geschichte. Einer Geschichte, die plötzlich, ohne Vorwarnung, da war, sich in den Raum gesetzt hatte. Gesprochen wurde die Geschichte von einer Studentin, keine zwanzig Jahre alt, grünbuntes Haar, deutsch mit Schweizer Einschlag, Türkin, noch nicht durch besondere Strebsamkeit aufgefallen. Sie hatte eine Geschichte erzählt bekommen.

Es lebte in Stambul ein weitum berühmter Professor für Alte Stambuler Geschichte. Ein ruhiger, in langen Sätzen und mit den Händen sprechender Gelehrter alter Zeiten, ein Mann, der gerne gut aß und trank und den Tänzerinnen zusah dabei. Der Professor litt seit Jahren unter den immergleichen, ihn immer begleitenden Kopfschmerzen. Er lebte leise lächelnd damit, und aß und trank und sah dabei den Tänzerinnen zu.

Bis die Kopfschmerzen eines Tages stärker wurden. Sagte der Professor. Und wußte, daß es nicht die Kopfschmerzen waren, die stärker, sondern er, der schwächer geworden war. Weil er an Essen und Trinken und Tänzerinnen immer weniger Freude hatte. „Das Alter“, sagte er zu seinem Freund, dem Arzt.

„Dann werden wir uns eben einbilden“, sagte sein Freund, der Arzt, „daß in der Kunst die wahren Freuden des Lebens liegen.“

Die Kopfschmerzen des Professors wurden von Tag zu Tag unerträglicher, so unerträglich, daß er grau wurde im Gesicht. Er ging zu seinem Freund, dem Arzt, und sagte: „Hilf mir.“

Sein Freund, der Arzt, war ein Arzt just für alle Fälle, in denen der Kopf Schwierigkeiten macht. Er klebte Drähte auf den Kopf seines Freundes, schloß sie an einen Apparat an, zeichnete sein Hirn in Linien auf Papier, ließ ihn an Essen und Trinken und Tänzerinnen denken und verglich die neuen Linien mit den alten, er schob seinen Freund, den Professor für Alte Stambuler Geschichte, in eine Röhre und sah sich seinen Kopf auf einem Schirm von innen an, scheibchenweise, und als der Professor sein Hirn in Scheibchen und in Farbe auf dem Computermonitor sah, wurde er noch grauer im Gesicht und verließ wortlos die Klinik und trank den Rest des Tages Raki und wurde traurig.

Am nächsten Tag schickte ihn sein Freund, der Arzt, zu einem anderen Arzt. Dem Professor wurden Dutzende Fragen gestellt, und er beantwortete sie alle, freundlich und geduldig, in der Hoffnung, daß es seinem Kopfschmerz abhelfen würde. Aber es half nicht. „Im Kopf sind Sie noch ganz in Ordnung für Ihr Alter“, sagte der Arzt. „Ich würde mir keine Sorgen machen, Ihr Geist ist nicht defekt.“

Und der Professor wurde von seinem Freund, zu weiteren Ärzten geschickt, und immer wieder ließ sein Freund, der Arzt, sein Hirn Linien auf Papier zeichen, und der Professor sagte: „Schade ums Papier, welche schönen Dinge könnte man darauf schreiben, Buchstaben, Worte, Sätze. Und nicht nur Linien.“ Und die Wochen vergingen damit und die Monate, bis der Arzt, sein Freund, sagte: „Ich kann nichts finden, lieber Freund. Und ich kann es dir nicht erklären.“ „

... und meine Kopfschmerzen kannst du mir auch nicht nehmen“, sagte der Professor. „Wir haben alles versucht“, sagte der Arzt, „mir fällt nichts mehr ein.“

Da stand der Professor wortlos auf und ging und trank den Rest des Tages und die Nacht lang Raki und wanderte von einer Bar zur anderen. Als ihn sein Freund, der Arzt, endlich in einer Hafenbar gefunden hatte, nahm er ihn an der Hand und sagte: „Eine Möglichkeit, Liebster. Wir haben noch eine Möglichkeit.“

Und er nahm den Professor mit und legte ihn schlafen. Und als der Professor wieder aufwachte, sagte sein Freund, der Arzt: „Ich werde deinen Kopf aufschneiden und nachsehen. Vielleicht finde ich doch etwas.“ Und der Professor sah ihn an, nickte dann und sagte: „Tu das.“

Und als der Freund des Professors, der Arzt, von dem man wissen muß, daß er ein weitum berühmter Hirnchirurg war, den Schädel seines Freundes geöffnet hatte, entfuhr ihm ein erstauntes Ahhh. Dann sah er sich den geöffneten Schädel von allen Seiten an, näherte sich langsam und vorsichtig dem Hirn seines Freundes, und schleckte es ab. Dann sagte er: „Ist gut, machen wir ihn wieder zu“, und gab seinen Assistenten einen Wink.

Als sein Freund, der Professor, aus der Narkose erwachte, sagte er: „Und, wie sieht es aus?“

„Gut“, sagte der Arzt, „du wirst keine Kopfschmerzen mehr haben.“

„Das ist schön“, sagte der Professor, „und, was war’s?“

„Ein Haar“, sagte der Arzt.

„Ein Haar?“

„Da war ein Haar, das auf deinem Hirn lag, eineinhalb Zentimeter lang, mein Freund. Es muß durch die Nase und die Stirnhöhle bis auf die Dura gewandert sein.“

„Dura?“ sagte der Professor. „Hirnhaut“, sagte der Arzt, „und da hat dir das Haar wehgetan. Jetzt ist es weg.“ Der Professor lächelte und sagte: „Du bist ein Freund.“

Wochenlang lebte der Professor für Alte Stambuler Geschichte und hatte seine Kopfschmerzen schon längst vergessen, das Grau war aus seinem Gesicht verschwunden, und man sagte, er ist wieder ganz der Alte, bis auf die Tänzerinnen, aber das wird auch noch werden, als man den Arzt rief. Man hatte seinen Freund im Rakirausch auf der Straße liegend gefunden.

„Ich weiß auch nicht, wieso“, sagte der Professor zu seinem Freund. Und auch beim nächsten Mal wußte er nicht, wieso.

Erst als er Tag und Nacht wach war und Tag und Nacht Raki trank, fiel ihm ein, wieso. „Mein Arzt und Freund“, sagte er zu seinem Freund, dem Arzt, „ich kann nicht schlafen. Ich träume. Ich träume jede Nacht von einer Zunge, die mein Hirn leckt. Dann wache ich auf. Und dann spüre ich eine Zunge, die mein Hirn leckt. Langsam und Zentimeter für Zentimeter. Manchmal hilft der Raki, und dann spüre ich nichts mehr. Aber er hilft immer weniger.“

„Gehen wir Raki trinken“, sagte der Arzt. Und als sie vor dem Raki saßen, sagte der Arzt zu seinem Freund, dem Professor für Alte Stambuler Geschichte: „Ich habe es abgeschleckt, dein Haar. War einfacher und sicherer, als es mit einem scharfen Instrument zu entfernen. Tut mir leid.“ Und der Professor küßte seinen Freund, den Arzt, und umarmte ihn.

„Gut“, sagte ich und sammelte meine Papiere ein, die ich sinnloserweise vor mir ausgebreitet hatte, „morgen um neun geht’s weiter.“ Dann stand ich auf, verließ den Seminarraum, leicht gebeugt wegen meiner Kopfschmerzen, und überlegte, wie ich an ein Glas Weißwein und ein Aspirin kommen würde, oder zwei.

ROMA STAZIONE TERMINI

Rom im November ist feucht und kalt. Ich hatte mich sechs Tage in der Stadt aufgehalten und nichts von ihr gesehen außer meinem Hotelzimmer, dem Kongreßsaal, einer Bar für den morgendlichen Espresso und einer kleinen Trattoria, in der ich mich jeden Abend vor den anderen Kongreßteilnehmern versteckte.

Kongresse sind die unangenehmste Begleiterscheinung meiner beruflichen Tätigkeit, aber nur selten zu umgehen. Schlimmer, aber glücklicherweise meistens vermeidbar, sind nur noch die Whiskeyabende an der Hotelbar, Veranstaltungen, die zum Groteskesten und Sinnlosesten gehören, das ich in meinem Leben gesehen habe. Innenarichtektonische Geschmackswüsten, deren Messinggreuel mit der Anzahl der Sterne zunehmen, Barkeeper, die das Glas vollgähnen, bevor sie ihre ebenso schlechten wie teuren Spirituosen hineinschütten, und dann: der Leidensgenosse auf dem Hocker nebenan. Kongreßteilnehmer, Vertreter, angetrunkener Heimatloser, zieht er im zweiten Satz ungefragt häßliche Fotos dicker Kinder und zerfallender Frauen aus der Tasche, zeichnet den Grundriß seines Häuschens im Grünen auf den Artikel in deiner Zeitung, den du gerade lesen wolltest, und ist um den Preis einer Bloody Mary gern bereit, dir die Adressen der letzten gesunden Transsexuellen der Stadt zu überlassen.

Ich denke also, es ist menschlich verständlich und nachvollziehbar, daß ich mich für die Dauer meines römischen Aufenthaltes allabends klammheimlich in die Seitenstraßen schlug und durch Gassen schlich, immer in der Angst, ein Kongreßteilnehmer oder einer der Hotelgäste könne meinen Weg kreuzen. Ich hatte Glück und erreichte jedesmal unerkannt die Trattoria „da Toni“, die Sie bitte nicht im Telefonbuch suchen, weil sie selbstverständlich nicht so heißt. Ich habe nämlich berechtigterweise die dumpfe Vorahnung, daß ich schon gegen Ende dieses Jahres aus beruflichen Gründen wieder nach Rom fahren muß. Und ich teile Toni ungern, auch mit Ihnen nicht, verzeihen Sie. Toni, der, Sie vermuten es sicher schon, genausowenig Toni heißt wie seine Trattoria „da Toni“, dieser Toni war ein großherziger Gastgeber, der mich Abend für Abend mit sanftem Zwang dazu brachte, genießerisch lächelnd mehr zu essen und zu trinken, als zur bloßen Erhaltung meiner Körperfunktionen notwendig gewesen wäre. Ich dankte ihm seine Fürsorge damit, daß ich bis in die frühen Morgenstunden an dem immer gleichen kleinen Tisch in einer nur spärlich ausgeleuchteten Ecke seines Lokals saß. Dann setzte er sich an meinen Tisch und wir tranken stumm zwei letzte Schnäpse.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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