Herausfordernde Situationen im Coaching - Karin Kiesele - E-Book

Herausfordernde Situationen im Coaching E-Book

Karin Kiesele

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Beschreibung

Nicht jede Coaching-Sitzung verläuft nach Plan Ob Profi oder Anfänger – fast jeder Coach stößt beizeiten in seiner Arbeit an Grenzen, ist mitunter ratlos, überfordert, überrascht oder hilflos. In vielen Coaching-Büchern aber geht es hauptsächlich darum, wie ein Coach idealtypisch vorgehen sollte, und nicht so sehr um die Fallstricke, die im echten Leben lauern. Es gilt also, die Kluft zwischen Theorie und Herausforderungen im Alltag, zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu überbrücken. Hierfür geben die Autorinnen eine leicht verständliche und strukturierte Hilfe für die tägliche Arbeit mit Klient*innen an die Hand. Sie untersuchen, was bestimmte Situationen überhaupt zu einer Herausforderung werden lässt und bieten zahlreiche praktische Werkzeuge an. U.a. folgende Themen werden behandelt: - Probleme und Krisen der Klient*innen als Herausforderung - Welchen Anteil hat der Coach an schwierigen Situationen? - Resilienz, Umgang mit Stress und Selbstfürsorge - Umgang mit Emotionen - Abgrenzung und Grenzen

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Seitenzahl: 245

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Karin Kiesele & Andrea SchlösserHerausfordernde Situationen im CoachingToolbox Best Practice

Über dieses Buch

Nicht jede Coaching-Sitzung verläuft nach Plan

Ob Profi oder Anfänger – fast jeder Coach stößt in seiner Arbeit an Grenzen, ist mitunter verunsichert, überfordert oder gar ratlos. In vielen Coaching- Büchern geht es jedoch hauptsächlich darum, wie ein Coach idealtypisch vorgehen sollte, und nicht so sehr um die Fallstricke, die in der Praxis lauern. Es gilt also, die Kluft zwischen Theorie und Herausforderungen im Alltag, zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu überbrücken. Hierfür geben die Autorinnen eine leicht verständliche und strukturierte Hilfe für die tägliche Arbeit mit Klientinnen und Klienten an die Hand. Sie beschreiben, welche herausfordernden Situationen im Coaching entstehen können und bieten im Arbeitsalltag erprobte Hilfestellungen und Interventionen an. 

Coaches erhalten konkrete Tipps und Schritt-für-Schritt-Anleitungen u. a. zu folgenden Themen: 

Wirkungsvolle Unterstützung bei herausfordernden Problemen und Krisen der Klienten Reflexionshilfen für Prozesse, die ins Stocken geraten Interventionen im Umgang mit Emotionen Selbstfürsorge durch Abgrenzung, Achtsamkeit und Resilienz Umgang mit Absagen, Zahlungsausfall und geänderten Rahmenbedingungen

Karin Kiesele, Kommunikationswissenschaftlerin (B. A.), zertifizierte Personal- & Business-Coach, zertifizierte Trainerin, Mitglied im Deutschsprachigen Dachverband für Positive Psychologie e. V.

Andrea Schlösser,Coach und Supervisorin DGSv, zertifizierte Trainerin, Mediatorin BM®.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2020

Illustrationen: Jan Scharlau

Coverfoto: © NEJRON PHOTO – Adobe Stock

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsjahr dieser E-Book-Ausgabe: 2020

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-953-1

ISBN dieses E-Books: 978-3-7495-0090-1 (EPUB), 978-3-7495-0092-5 (PDF),  978-3-7495-0091-8 (MOBI).

Arbeitsblätter und Checklisten stellen wir Ihnen zum kostenlosen Download zur Verfügung. Achten Sie auf dieses Zeichen. Gehen Sie dafür auf http://www.junfermann.de auf die Einzelansicht dieses Buches und dort in den Bereich „Mediathek“.

Vorwort

Wenn der Humor das erste Wort haben darf, also das Vor-Wort, dann halten Sie das richtige Buch in den Händen. Denn Humor ist eine wichtige Ressource, sowohl für Berater*innen als auch für Klient*innen. Er ist eine Bewältigungsstrategie und kann ein wunderbares Lösungsmittel für angespannte Situationen sein.

Stellen sie sich vor, Sie haben Ihren ersten Coachingprozess gekonnt gemeistert. Mit Humor, Knowhow und Gelassenheit sind Sie den Fallstricken begegnet und gönnen sich nun ein kleines Gläschen Schampus zur Belohnung. Durchatmen, den Erfolg genießen. Sie freuen Sie sich schon auf den nächsten Prozess. Dann haben Sie wahrscheinlich dieses Buch gelesen, denn es befähigt Sie genau dazu! Herausfordernde Situationen gekonnt zu meistern und Souveränität, Spontaneität und Gelassenheit im richtigen Moment zur Verfügung haben.

Karin Kiesele und Andrea Schlösser, zwei Powerfrauen mit einem Qualitätsanspruch, den ich bewundere, bringen komplexe Themen zielgenau auf den Punkt. Klar, strukturiert, praxistauglich. Wer die beiden kennengelernt hat, weiß warum. Denn genau das leben sie. Dieses Buch ist ein Ratgeber für (fast) alle Coachinglagen. Es betrachtet also den kompletten Coachingprozess. Die beiden erfahrenen Autorinnen haben die Essenz ihres Wissens, quasi den Nektar Ihres Erfahrungsschatzes, hier zusammengefasst. Sie verraten Ihnen, wie Sie Fallstricke umgehen können, denn Karin Kiesele und Andrea Schlösser sind für Sie gefallen, damit Sie es nicht mehr tun müssen. Und sie wissen: „Fallen ist nicht schlimm, nur nicht wieder aufzustehen ist doof.“

Elegant zu fallen ist eine hohe Kunst. Diese Kunst kann man lernen. Die Kunst, nicht perfekt zu sein. Ratlosigkeit zuzulassen. Ja vielleicht sogar sagen zu können: Hurra, ein Problem! Fallstricke, Missverständnisse und Unvollkommenheit wird es immer geben. Der Klient kommt immer zu früh, zu spät, er wechselt ständig das Ziel, der Prozess dreht sich im Kreis. Ratlos, überfordert, hilflos? Nicht mehr nach diesem Buch! Sie können sich darüber ärgern und unnötig Energie verschwenden. Oder Sie fangen an, sich dafür zu begeistern und Planänderungen und Störungen zu nutzen, um sich selbst und Ihrem Gegenüber ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Flexibel, mit Knowhow, Feingefühl und dem nötigen Humor in der Tasche kann Ihnen nach dieser Lektüre nicht mehr viel passieren. Sie sind gewappnet und können sich gut durch Coachingprozesse navigieren.

Humor hat mich mein Leben lang begleitet und ist zu meinem Beruf geworden. Immer wieder hat er mir das Leben, die Aufgaben und schmerzhafte Momente erleichtert und mich handlungsfähig gemacht. Humor ignoriert nicht den Schmerz, macht ihn aber manchmal erträglich. Vor der Geburt meines zweiten Kindes las ich folgenden Spruch: „Eine Geburt ist das einzige Blind-Date, bei dem du die Liebe deines Lebens triffst.“ Ehrlich, das hat mir eine völlig neue Perspektive eröffnet. Wir können die Dinge immer aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Ich kann sagen: „Sie sind mein wunder Punkt“ oder: „Sie sind mein Wunder(!)-Punkt.“

Humor bedeutet oft, kurz durchzuatmen, um dann anders auf die Dinge zu schauen als gewohnt. Welche Perspektive Sie einnehmen, ist Ihre Wahl. Und nun viel Freude beim Lesen dieser nahrhaften Lektüre!

Katrin Hansmeier

Einführung: Warum dieses Buch?

Es gibt eine ganze Reihe an Fachbüchern zum Thema Coaching, die Ihnen sagen, wie ein Coach idealtypisch vorgehen sollte. Diese Bücher sind hilfreich und nützlich, doch im Coaching wie im echten Leben stolpern wir immer wieder, obwohl wir gern sicher gehen möchten. Die Theorie ist das eine, die Herausforderung im Alltag das andere, denn zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegt die Tat! Wir möchten Ihnen mit diesem Buch eine leicht verständliche und strukturierte Hilfe für die tägliche Arbeit mit Ihren Klienten an die Hand geben.

Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass die Herausforderungen in Coachings vielfältig und wir Coaches in der Regel „Einzelkämpfer“ sind, die wenig Gelegenheit haben, sich zeitnah fachkundig auszutauschen. Immer, wenn wir Seminare zum Thema „Hindernisse in Coaching und Beratung“ anbieten, ist der Andrang der Kollegen groß. In unseren Ausbildungen und Intervisionsgruppen erleben wir seit Jahren, dass die Teilnehmer sich über jede Möglichkeit des kollegialen Austauschs und den damit verbundenen fachlichen Input freuen. Das breite Spektrum der Gespräche über die uns geschilderten Herausforderungen haben wir in dieses Buch einfließen lassen. Es war uns wichtig, nicht nur unsere eigenen Erfahrungen zu verarbeiten, sondern auch die Stolpersteine und Hindernisse zu behandeln, die uns andere Coaches beschrieben haben.

Wir bieten Ihnen zum einen eine Sammlung möglicher Fallstricke und zum anderen einen Werkzeugkasten, also eine „Toolbox“ für herausfordernde Situationen an. Wir hoffen, dass dieses Buch Sie in der Praxis begleiten wird und Ihnen in schwierigen Situationen Hilfestellung und Inspiration gibt. Darüber hinaus geht es in diesem Buch um die unterschiedlichen Möglichkeiten, herausfordernde Coachingsituationen zu betrachten. Was wir als herausfordernd einordnen, können wir immer aus mehreren Blickwinkeln angehen. Jede einzelne Betrachtungsweise kann uns Aufschluss über die Situation und ihre möglichen Ursachen und Hintergründe geben.

Wir können …

den Blick nach innen wagen und unsere eigenen Motive, Gedanken und Emotionen hinterfragen, um unsere Interaktion mit den Klienten zu reflektieren;

unser eigenes Verhalten beobachten und versuchen, unsere Beweggründe zu erforschen und das Verhalten der Klienten als mögliche Reaktion darauf;

den Erfahrungsschatz und die Intelligenz einer Gruppe nutzen und mehrere Fremdwahrnehmungen einholen;

Erkenntnisprozesse anstoßen, indem wir uns Impulse durch Input von außen einholen, z. B. Literatur mit fachlichen Analysen und Empfehlungen zu ähnlich gelagerten Situationen zurate ziehen.

Deshalb legen wir einen Schwerpunkt auf die eigenen reflexiven Erkenntnisprozesse des Coaches. Indem wir unsere eigenen Denk- und Handlungsprozesse hinterfragen, stoßen wir bei uns selbst Lern- und Veränderungsprozesse an. „Erkenne dich selbst!“ – der berühmte Ausspruch des griechischen Philosophen Sokrates ist in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Schlüssel zur Bewältigung herausfordernder Coachingsituationen.

Die Erkenntnis, dass das, was wir als herausfordernd empfinden, in der Regel auch viel mit uns selbst zu tun hat, ist kein Grund zum Verzweifeln. Ob Profi oder Anfänger – wir stoßen alle beizeiten in unserer Arbeit an Grenzen. Wir sind mitunter ratlos, überfordert, überrascht oder hilflos. Sehen wir es positiv, hält uns das lebendig und ermöglicht es uns, beruflich und persönlich weiter zu wachsen.

In diesem Sinne viel Freude bei der Lektüre unseres Buches!

Noch ein Wort zum Thema Gender: Uns ist an einem guten Lesefluss gelegen. Deshalb verwenden wir im Wechsel weibliche und männliche Formen. Gemeint sind aber immer alle.

1. Was uns herausfordert

1.1 „Ich habe da ein Problem …“

Als Problem wird meist eine Aufgabe verstanden, deren Lösung mit Schwierigkeiten verbunden ist. Kurz: Bei einem Problem zeigt sich eine „Soll-Ist-Diskrepanz“. Taucht in Coachingprozessen ein Problem auf, liegt ihm – egal auf welcher Seite es sich zeigt – eine individuelle Bewertung zugrunde; es liegt im sprichwörtlichen „Auge des Betrachters“. Ob etwas als Problem angesehen wird, hängt also immer vom jeweiligen Blickwinkel ab. Ein und dieselbe Sache wird kaum universell als Problem erkannt, sondern in der Regel nur von einer bestimmten Person oder einer Personengruppe. Was für den einen also ein Problem darstellt, ist für jemand anderen vielleicht ein ganz normaler und für noch jemand anderen gar ein katastrophaler Zustand.

In Coachingprozessen können Probleme auf zwei Ebenen auftreten:

Probleme, die der Klient mitbringt und die häufig der Anlass für das Coaching sind,

Probleme in der Beziehung zwischen Coach und Klient.

Probleme, die der Klient mitbringt: Anlässe für ein Coaching sind oft Probleme, die ein Klient in seiner Lebenswelt hat. Für uns als Coaches ist es in der Interaktion mit dem Klienten wichtig, unsere Neutralität gegenüber dem Problem zu behalten. Damit meinen wir: Unser Klient hat ein Recht darauf, selbst zu entscheiden, was für ihn ein Problem darstellt. Daraus lässt sich folgern, dass auch er allein Lösungen für sich definiert.

Auf dem Weg zu möglichen Lösungsansätzen kann es hilfreich sein, das Problem in kleine Teilaufgaben zu untergliedern. Manchmal haben unsere Klienten in der Vergangenheit bereits ähnliche Probleme gelöst und können auf den damals gewählten Lösungsweg zurückblicken. Eine heute ähnlich gelagerte Herausforderung wird damit vom Problem zur Aufgabe, und aus der Erfahrung der bereits vorhandenen erfolgreichen Problemlösung können wir gemeinsam mit unserem Klienten Strategien für das aktuelle Thema entwickeln. Im besten Fall kann er dann auch zukünftig für ähnlich gelagerte Probleme auf diese Vorgehensweise zurückgreifen.

Probleme in der Beziehung zwischen Coach und Klient entstehen für uns als Coaches oftmals dann, wenn unsere bisherige Routine versagt oder wenn wir wahrnehmen, dass unsere Vorgehensweise von unserem Klienten infrage gestellt wird oder der Klient auf unvorhersehbare Weise reagiert. Oft sind wir im ersten Moment irritiert und wissen nicht auf Anhieb, wie wir dieses Hindernis überwinden, diese Herausforderung bewältigen können. Aber genau das ist unsere Aufgabe, und wir sind hier gefordert, das Problem anzuerkennen, anzugehen und mögliche Optionen für eine Lösung zu finden.

Was sind herausfordernde Momente im Coaching?

Ein Problem kann also für uns zur Herausforderung werden. Doch was ist eigentlich eine Herausforderung? Versuchen wir es mit einer ersten Annäherung und schauen uns an, wie der Begriff in Wörterbüchern definiert wird. Dort finden sich allerlei kriegerische Verknüpfungen, wie „Aufforderung zum Kampf“, „Kampfansage“, „Kriegserklärung“ oder „Provokation“. Das ist für unseren Kontext jedoch wenig zielführend. Wir wollen Herausforderungen im Kontext Coaching deshalb schlicht als Anlass verstanden sehen, tätig zu werden. Wir müssen keine Kriege gewinnen, sondern uns Aufgaben stellen, die uns unsere aktuellen Grenzen bewusst machen.

In unseren Coachingprozessen begegnen uns im Hinblick auf Herausforderungen vor allem zwei Aspekte:

Klienten kommen zu uns, weil sie aktiv eine Veränderung herbeiführen wollen.

Klientinnen kommen zu uns, weil sie (meist ungewollt) von einer Veränderung betroffen und gefordert sind.

1.2 Krisen als Herausforderung

Der Begriff Krise kommt aus dem Griechischen (krisis) und bezeichnet eine „entscheidende Wendung“, also „eine schwierige Situation, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt“. Der Arzt und Familientherapeut Thomas Hülshoff (2017, S. 12) spricht von Krisen, „wenn wir mit einem bis dato zumindest in dieser Ausprägung unbekannten Ereignis konfrontiert sind, das eine Entscheidung verlangt und ein Problem darstellt, für dessen Lösung wir keine hinlänglichen Erfahrungen und bewährten Lösungsstrategien haben oder zu haben meinen“. Eine ähnliche Definition finden wir bei James und Gilliland (2001): [Eine] „Krise ist ein Ereignis oder eine Situation, die als untragbare Schwierigkeit wahrgenommen wird und welche die für die betroffene Person vorhandenen oder im Moment zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien überfordert.“

In einem durch eine Krise unterbrochenen Lebensverlauf scheinen Begriffe wie „Kontinuität“ und „Normalität“ zumindest vorübergehend außer Kraft gesetzt zu sein. Und doch sind Krisen etwas ganz Normales, wir alle kämpfen zeitweilig mit ihnen: Wir verlieren geliebte Menschen, werden vom Partner verlassen, müssen um unseren Job bangen oder werden krank. Lebenskrisen lassen diejenigen, die sie treffen, oft hilflos und ohnmächtig zurück, und manche Betroffenen suchen deshalb Unterstützung, z. B. in einem Coaching. Für uns als Coaches wiederum ist es sinnvoll, über Hintergrundwissen zu den verschiedenen Krisen-Typen und den dazugehörigen Krisenverläufen zu verfügen. Wir sind dann besser in der Lage zu erkennen, welche Interventionen und Vorgehensweisen in der Arbeit mit den jeweiligen Klientinnen angemessen sind.

1.2.1 Krisentypen

In der Literatur wird grob zwischen Lebensveränderungskrisen (= Entwicklungskrisen) und traumatischen (= situativen) Krisen unterschieden (Sonneck 2000).

Veränderungskrisen können in sozialen oder biologischen Übergangs- oder Ausnahmesituationen auftreten.

Beispiele für soziale Ausnahmesituationen:

Geburt eines Kindes

Partnerverlust

Wohnortwechsel

Arbeitslosigkeit

Beispiele für biologische Ausnahmesituationen:

Pubertät

Wechseljahre

Krankheit

Behinderung

Lebensveränderungskrisen zeichnen sich dadurch aus, dass der kritische Zustand erst nach einer längeren Phase erreicht wird. Zuvor hat die betroffene Person bereits Bewältigungsversuche unternommen, die aber gescheitert sind (Berger & Riecher-Rössler 2004).

Als traumatische Krise(Psychotrauma) wird in der Literatur ein überwältigendes Ereignis bezeichnet, das zu schnell, zu heftig, zu früh und / oder unvorbereitet auf den Menschen einwirkt. Folgende Beschreibung findet sich in der aktuellen Fassung der International Classification of Deseases (ICD-10, 2019): „Kurz oder lang anhaltende Ereignisse von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei jedem tief greifende Verzweiflung auslösen würden.“

Was wir Coaches zum Thema Trauma wissen sollten

Menschen machen schreckliche Erfahrungen, die Ohnmacht, Todesangst und Hilflosigkeit hervorrufen, auf die der menschliche Organismus nicht eingerichtet ist. Deshalb erlebt er solche Ereignisse als übermächtige existenzielle Bedrohung, und die normalen Bewältigungsmechanismen sind wirkungslos und überfordert.

In vielen Coachingprozessen tauchen Themen aus der Vergangenheit auf, die bis heute Einfluss auf das Verhalten der Klienten haben. Handelt es sich um Folgen körperlicher Gewalt oder Vernachlässigung in der Kindheit, sind diese ohne therapeutische Hilfe oft schwer zu bewältigen. Ohne Zulassung als psychologischer Psychotherapeut oder Heilpraktiker für Psychotherapie möchten wir davor warnen, Dienstleistungen durchzuführen, die die Diagnose und Behandlung aller katalogisierten Krankheiten nach ICD-10 beinhalten (siehe auch Kap. 3.3).

Folgende Themenbereiche sind ausdrücklich keine Inhalte für einen Coachingprozess:

Phobien

Depressionen

Paranoia

Angstzustände

Magersucht / Bulimie

Suchtkrankheiten wie Alkohol-, Drogensucht oder Medikamentenmissbrauch

krankhafte Gewalttätigkeit bzw. krankhafte Aggressionszustände

Allergien

Traumata, z. B. nach sexuellem Missbrauch

psychosomatische Leiden

1.2.2 Coaching in Krisen

Ob jemand eine herausfordernde Situation als Krise erlebt oder nicht, ist sehr individuell und hängt davon ab, wie der Betroffene die Umstände einschätzt. Es ist also gut möglich, dass zwei Menschen sich objektiv gesehen in der gleichen Situation befinden und der eine sie als Krise erlebt, während sie für den anderen eine Herausforderung des Alltags ist. Drei Fragen können Ihnen gut Aufschluss über den Zustand des Klienten geben:

Wie hoch empfindet der Klient die Bedrohung durch die Situation?

Wie schätzt er seine Handlungsmöglichkeiten ein?

Wie denkt er über einen möglichen Erfolg seiner Handlungen?

Haben wir uns einen Überblick über die Krisenwahrnehmung verschafft, klären wir mit dem Klienten ab, ob der Coachingprozess zu diesem Zeitpunkt überhaupt Sinn macht.

Auf keinen Fall und zu keinem Zeitpunkt stellt ein Coach jedoch „Diagnosen“ über die Erkrankung seines Klienten. Vielmehr ist es ratsam, eine vorsichtige Vermutung über die Schwere der Krise zu äußern, die der Klient aufgreifen kann. Hier sollte man vor allem darauf achten, den Klienten zur Reflexion anzuregen. Erkennt er für sich keine Möglichkeit, eigene Ressourcen einzusetzen, und weiß nicht, wie er seine Selbststeuerung aktivieren kann, sollte ein Coach unbedingt wiederholt die Empfehlung aussprechen, sich einem Spezialisten anzuvertrauen. Es ist vollkommen in Ordnung, hierfür Unterstützung anzubieten oder eine Kontaktstelle zu empfehlen.

Wer an diesem Punkt als Coach die weitere Arbeit unterbricht oder beendet, handelt verantwortungsbewusst und auf jeden Fall zum Schutz des Klienten. Es folgen zwei konkrete Formulierungen für Ihre möglicherweise traumatisierten Klienten:

„Mir scheint es sinnvoll zu sein, sich zunächst einmal mit einem Fachmann darüber auszutauschen,“

Oder: „Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich professionelle Unterstützung im Hinblick auf dieses Thema zu suchen?“

Diese Handlungsempfehlungen sind wichtig und richtig, um den Klienten zu entlasten und auch sich selbst. Wenn der Klient den Coachingprozess dennoch fortsetzen möchte, ist es für die weitere Zusammenarbeit unbedingt nötig, genau abzuklären, welche Inhalte ins Coaching gehören und welche nicht.

1.2.3 Phasen einer Krise

Krisen haben ihre Aufs und Abs, sie verlaufen in Phasen. Wollen Sie Ihre Klienten in einer Krise gut unterstützen, ist es hilfreich, sich diese Phasen zu vergegenwärtigen. Auch wenn jede Krise etwas anders ist, ist ihr genereller Verlauf meist gleich. Für Sie als Coach ist es im Sinne einer guten Begleitung Ihrer Klientinnen sinnvoll, sie jeweils in der Phase abzuholen, in der sie sich aktuell befinden. Im Folgenden stellen wir Ihnen ein Modell der Schweizer Psychologin Verena Kaste vor. Sie habilitierte sich zum Thema Bedeutung von Trauer und erkannte hier vier Bewältigungsphasen. Neben Trauer lassen sich diese auch auf weitere Lebenskrisen übertragen.

Phase 1 – Verleugnung und Nicht-wahrhaben-Wollen

Der Klient wehrt sich gegen die Veränderung. Er will nicht akzeptieren, dass jetzt alles anders ist, als es einmal war. „Meine Frau hat mich nicht verlassen“ oder: „Es kann nicht sein, dass mein Vater gestorben ist“, könnten Reaktionen in der ersten Phase sein.

Hier ist es wichtig, dass Sie in Ihrer Rolle als Coach vor allem Verständnis und Empathie zeigen. Es macht zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn, nach vorne zu schauen. Was Ihr Klient jetzt braucht, ist, dass Sie die Krise anerkennen, die über ihn hereingebrochen ist. Sie paraphrasieren das Gehörte und eruieren mögliche externe und interne Ressourcen Ihres Klienten. Sie besprechen in dieser Phase, was ihn in seinem momentanen Zustand stabilisieren kann.

Mögliche Fragen

Was können Sie in der jetzigen Situation für sich tun?

Was hat Ihnen bislang Halt und Stabilität gegeben?

Was könnte dazu beitragen, dass Sie sich besser fühlen?

Wer kann Ihnen beistehen?

Wo können Sie sich Unterstützung holen?

Phase 2 – aufbrechende Gefühle

Ihre Klientin fühlt sich machtlos, ist ohne Hoffnung und hadert mit ihrem Schicksal. Ihre Gedanken fahren Karussell: Schuldgefühle, Wut, Ängste, Unsicherheit und Selbstzweifel machen sich breit. Sie fragt sich und andere: „Warum trifft es ausgerechnet mich?“, „Was habe ich verbrochen, dass ich so eine schlimme Strafe auferlegt bekomme?“

Als Coach begleiten Sie Ihre Klientin und erkunden mit ihr, welche widerstreitenden Gefühle sie beschäftigen. Sie hinterfragen ihre Schuldgefühle und entlasten sie, soweit dies möglich ist. Sie reflektieren ihre Selbstzweifel und loten mit ihr gemeinsam aus, was genau sie so sehr bewegt.

Bereits in den 1980er-Jahren hat der amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky herausgefunden, dass Menschen in krisenhaften Lebenssituationen handlungs- und lösungsorientiert bleiben können, sofern sie Ressourcen in sich verankert haben, die in stürmischen Zeiten für Standfestigkeit sorgen.

Mögliche Fragen:

Was genau macht Sie so wütend / traurig / verzweifelt?

Was hätten Sie sich anders gewünscht?

Was war Ihre Motivation, sich so zu verhalten?

Auch hier paraphrasieren Sie das Erleben der Klientin und suchen mit ihr nach stabilisierenden Ressourcen:

Wie können Sie sich jetzt ein wenig Halt geben?

Wer kann Sie unterstützen?

Was können wir hier gemeinsam tun, dass es Ihnen besser geht?

Phase 3 – Neuorientierung

Ihr Klient beginnt jetzt nach Möglichkeiten zu suchen, wie es für ihn weitergehen könnte. Sie klären mit ihm mögliche Lösungswege und Vorgehensweisen und unterstützen ihn dabei, zu erkennen, welche Ressourcen und Strategien für ihn passend sind.

Sie bestärken den Klienten darin, vorhandene Ressourcen aktiv für die Zeit nach der Krise zu nutzen. Ggf. machen Sie ihn darauf aufmerksam, dass er selbst einen Anteil an einer möglichen Lösung hat und die Situation zum Positiven wenden kann.

In der Phase der Neuorientierung können Sie mit dem Ansatz arbeiten, diese „Krise als Chance“ zu sehen. Sehr gut lässt sich das an den beiden chinesischen Zeichen für das Wort „Krise“ verdeutlichen. Das Zeichen „wéi“ (links) steht für Gefahr, das Zeichen ji (rechts) hingegen für Chance. Für einen Klienten an einem Wendepunkt im Leben kann dies auch bedeuten, dass sich ab jetzt die Dinge für ihn zum Besseren wenden.

Mögliche Fragen:

Was könnte Ihnen diese Lebenskrise sagen wollen?

Was würden Sie gern in 20 Jahren über diese Krise sagen?

Welche anderen Herausforderungen haben Sie in der Vergangenheit bereits erfolgreich gemeistert? Wie genau haben Sie das geschafft?

Kennen Sie jemanden in Ihrem Umfeld, der eine ähnliche Krise erlebt hat? Wie ist er damit umgegangen? Was davon könnte für Sie passen?

Auch Personen aus dem Umfeld, die ihre Krise (noch) nicht überwunden haben, können eine Inspirationsquelle für Ihren Klienten im Umgang mit seiner Krise sein.

Beispiel für einen Dialog im Coaching:

Coach: Kennen Sie jemanden in Ihrem Umfeld, der eine ähnliche Krise erlebt hat?

Klient: Ja, ich kenn da jemanden – Petra. Die geht seit dem Tod ihrer Tochter gar nicht mehr aus der Wohnung, aber so will ich nicht enden.

Coach: Wie hat Petra auf die Krise in ihrem Leben reagiert?

Klient: Sie geht seit Monaten nicht mehr aus dem Haus und verkriecht sich. Sie hat alle Kontakte nach außen abgebrochen und möchte niemanden sehen. Sie geht nicht ans Telefon und lässt niemanden zu sich herein. Wir alle machen uns große Sorgen, aber es ist kein Herankommen an sie.

Coach: Wie erleben Sie das Verhalten von Petra?

Klient: Ich kann sie so gut verstehen! Aber davon wird ihre Tochter auch nicht lebendig.

Coach: Was hätte die Tochter sich wohl für Ihre Mutter gewünscht?

Klient: Die Tochter würde sich in jedem Fall wünschen, dass es ihrer Mutter wieder besser geht.

Coach: Wie lässt sich das auf Ihre Situation übertragen?

Klient: Ich glaube, dass ich für mich einen Weg finden muss, mit dem Verlust umzugehen. Aber auch ich schaffe das nicht allein.

Coach: Wer könnte Sie dabei unterstützen?

Klient: Keine Ahnung. Richtig verstehen kann das keiner, der es nicht selbst erlebt hat.

Coach: Könnten Sie sich vorstellen, bei einer Selbsthilfegruppe für Trauernde Verständnis und Halt zu finden?

Klient: Darüber muss ich erst mal nachdenken …, aber vielleicht schon …

Phase 4 – neu gefundene Balance

Die Klientin hat sich mit ihrer neuen Situation arrangiert und sie kann aus der bewältigten Krise neue Kraft schöpfen. Hier können Sie sie ermutigen und stärken, ihren neuen Weg zu gehen. Reflektieren Sie gemeinsam das Erreichte und würdigen Sie den Prozess, den die Klientin durchlaufen hat. Gemeinsam eruieren Sie mögliche potenzielle Stolpersteine und besprechen, wie Ihre Klientin darauf reagieren kann.

Wer die Erfahrung macht, wie belebend es sich anfühlt, eine schwierige Situation gemeistert zu haben, geht aus diesem Prozess gestärkt heraus. Im späteren Verlauf des Coachings kann es sinnvoll sein, sich darüber auszutauschen, wie sich zukünftig ähnliche Krisen angehen lassen.

Mögliche Fragen:

Wie geht es Ihnen jetzt?

Was würden Sie jemandem sagen, der Ähnliches wie Sie durchmacht?

Was ist Ihnen in der letzten Zeit gut gelungen?

Welche Ressourcen / Strategien waren da besonders hilfreich?

Wie können diese Ressourcen / Strategien Ihnen bei der Bewältigung zukünftiger Krisen helfen?

1.2.4 Welchen Sinn haben Krisen?

Krisen lassen uns verändert zurück. Hier kann ein Coachingprozess dazu dienen, den infrage gestellten bisherigen Lebensentwurf zu analysieren und im besten Fall neu zu gestalten. Wir alle kennen Brüche in unserem Leben, die sich im Nachhinein betrachtet als Chance erweisen. Sie haben neue Impulse, Sichtweisen und Verhaltensweisen ermöglicht.

An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass immer alle vier Phasen durchlaufen werden müssen, um eine Krise nachhaltig zu einem „positiven“ Abschluss bringen zu können.

Krisen können Positives bewirken!

Sie lehren uns, …

das Leben bewusster wahrzunehmen,

Alltägliches wieder schätzen zu können,

uns selbst sowie Freunde und Partner wichtig zu nehmen,

unsere Bedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen,

Prioritäten neu zu setzen,

unsere Werte zu überprüfen und nach ihnen zu handeln und zu leben,

behutsam mit uns selbst und anderen umzugehen.

1.3 Resilienz als Lösung

1.3.1 Was ist Resilienz?

Forschungen zur Persönlichkeitsentwicklung gingen lange Zeit davon aus, dass sich die Charakterzüge eines Menschen im Lauf des Lebens nicht wesentlich verändern. Neuere Studien widerlegen diese Annahmen jedoch. Inzwischen gilt als wissenschaftlich belegt, dass sich unsere Persönlichkeit ein Leben lang entwickelt und verändert und dass dies im Zusammenspiel mit unseren aktuellen Lebensräumen, Vorerfahrungen und der Art und Weise geschieht, wie wir gelernt haben, mit Belastungen und Krisen umzugehen.

Aktuell forscht u. a. die Psychologin Jule Specht (Humboldt Universität Berlin) zu dem Thema: „Wer wir sind und wie wir uns verändern“. Mit Kolleginnen und Kollegen untersuchte sie im Rahmen einer umfangreichen Studie den Einfluss einschneidender Lebensereignisse, wie z. B. Heirat, Geburt eines Kindes, Schicksalsschläge und Renteneintritt, auf die Persönlichkeitsentwicklung von Menschen. Es bleibt unstrittig, dass sich unsere Erlebnisse in der Kindheit maßgeblich auf die Entwicklung unserer Persönlichkeit und somit auf unser Verhalten auswirken. Darüber hinaus belegt aber diese Studie, wie auch andere neuere Forschungsergebnisse, dass sich unsere Persönlichkeit über die gesamte Spanne unseres Lebens verändert. Auch die seelische Widerstandskraft (Resilienz) – die Fähigkeit, emotionale und mentale Belastungen zu verarbeiten – ist demnach ein innerer Erfahrungsschatz, der durch Entwicklungs- und Veränderungsprozesse erweitert werden kann.

Was hier besonders interessant ist: Neben unserer Fähigkeit, Bindungen einzugehen, haben eigene positive Erfahrungen im Umgang mit herausfordernden Situationen maßgeblichen Einfluss auf unsere Widerstandsfähigkeit. Je größer unsere Gewissheit ist, dass wir Krisen erfolgreich meistern können, desto positiver entwickelt sich unsere Fähigkeit, neuen, unbekannten Lebensereignissen mit seelischer Flexibilität zu begegnen.

Für das Coaching heißt das: Wer sich damit auseinandersetzt, welche Faktoren an der eigenen Gesundheit, der aktuellen Widerstandsfähigkeit und den bislang erlernten Bewältigungsstrategien beteiligt sind, kann seine individuelle Resilienzfähigkeit positiv beeinflussen.

1.3.2 Was Menschen stark macht: Die sieben Säulen der Resilienz

Wir alle kennen in unserem Leben Situationen, in denen wir kopflos, niedergeschlagen oder unruhig sind und uns, überrollt von zu vielen Anforderungen, machtlos und ohnmächtig fühlen.

Die Resilienzforschung hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, was Menschen stark und widerstandsfähig macht. In Studien wurde untersucht, welche Fähigkeiten, Einstellungen und Eigenschaften Menschen in die Lage versetzen, in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben und nicht zu verzweifeln. Diese Forschungsergebnisse lassen sich auch in Coachingprozessen verstärkt nutzbar machen. Gemeinsam mit unseren Klienten können wir mithilfe gezielter Interventionen an ihrer Widerstandsfähigkeit arbeiten. Über Impulse und die Art und Weise, wie wir sie geben, können wir bei unseren Klienten unterschiedliche Reflexionsprozesse auslösen.

In der Fachliteratur ist häufig von „Säulen der Resilienz“ die Rede. Darunter versteht man im Allgemeinen sieben Persönlichkeitsmerkmale oder Charaktereigenschaften, die verantwortlich für eine gut ausgeprägte Fähigkeit zur Stress- und Krisenbewältigung sind. Je nach Modell können die einzelnen Säulen zwar etwas anders benannt sein, sie bieten uns aber in jedem Fall Ansätze und Interventionen, mit denen wir in unseren Coachingprozesses an der Resilienzfähigkeit unserer Klienten arbeiten können.

Säule 1: Die Dinge sind wie sie sind – Akzeptanz

Wer für sich akzeptiert, dass manche Dinge so sind, wie sie sind, hält einen wichtigen Schlüssel zur inneren Stärke in Händen. Veränderungen und herausfordernde Situationen sind Bestandteil unseres Lebens. Gelingt es uns, diese Erkenntnis zu verinnerlichen, kommen wir besser mit den Widrigkeiten des Alltags zurecht und können unsere Fähigkeiten und Stärken einsetzen, um schwierige Situationen zu meistern. Negative Erlebnisse oder Krisen sind belastend und mitunter furchtbar, aber immer auch eine Chance, sich weiterzuentwickeln und neue Ufer für sich zu erobern.

Mögliche Impulsfragen:

Wenn wir uns die Situation genau angucken, auf welche Aspekte haben Sie Einfluss, auf welche nicht?

Was fällt Ihnen zu der Lebensweisheit „Die Dinge sind, wie sie sind“ ein?

Nehmen wir an, die Dinge sind im Augenblick so, wie sie sind. Was würde das für Ihre konkrete Situation bedeuten? Wofür könnte es ggf. auch gut sein, dass Sie momentan nichts verändern können?

Wenn Sie an den Dingen augenblicklich nichts ändern können, was können Sie sonst tun?

Säule 2: Alles hat auch eine positive Seite – Optimismus

Es wird auch wieder besser! Jede schwierige Situation im Leben beinhaltet sowohl positive als auch negative Aspekte. Das Glas ist entweder halb leer oder halb voll. Menschen, die einen optimistischen Blick auf ihr Glas haben können, nehmen im Leben die positiven Dinge stärker und bewusster wahr als Pessimisten.

 Mögliche Impuls-Intervention: Waterfalls

Schritt 1: Fragen Sie Ihre Klientin, ob sie das geflügelte Wort „Das Glas ist halb leer oder halb voll“ kennt. Stellen Sie ihr eine Karaffe Wasser und ein erstes Glas hin und fragen Sie sie, wie sie ihre momentane Situation im Hinblick auf die Lösung ihres Anliegens beurteilt: Wenn dieses Glas Sinnbild ihrer momentanen Situation wäre, wie voll wäre es? Bitten Sie die Klientin, die entsprechende Menge Wasser einzufüllen. Wofür steht die Menge Wasser, die sie eingeschenkt hat? Was müsste passieren, damit sie das Glas noch ein wenig voller machen könnte?

Schritt 2: Stellen Sie ihrer Klientin ein zweites Glas hin. Fragen Sie sie, was eine unverbesserliche Optimistin zu ihrer Situation sagen würde. Bitten Sie sie, das Glas entsprechend zu füllen.

Schritt 3: Was denkt Ihre Klientin über sich selbst? Ist sie eher eine Optimistin oder eine Pessimistin? Welche von beiden könnte möglicherweise mit der Situation besser umgehen?

Schritt 4: Wie könnte eine positive Affirmation im Hinblick auf die Lösung ihres aktuellen Anliegens lauten?

Schritt 5: Bitten Sie Ihre Klientin, diese Affirmation zu visualisieren und sie so zu platzieren, dass ihr Blick im Alltag möglichst oft darauf fällt.

Säule 3: Aktiv werden und nach Wegen suchen – Lösungsorientierung

Resiliente Menschen sind bei Herausforderungen schnell darauf fokussiert, Lösungsmöglichkeiten für sich zu entwickeln. Sie überlegen, wie sie handeln könnten, und prüfen auch, welche Chancen sich dabei möglicherweise auftun.

 Mögliche Impuls-Intervention: Das Ressourcen-Missgeschick

Schritt 1: Sie laden Ihren Klienten ein, sich folgende Situation vorzustellen:

„Sie haben Ihre Familie / Freunde zu sich nach Hause eingeladen und wollten alle mit einem selbst gebackenen Kuchen überraschen. Dieser Kuchen ist leider total misslungen – klein, hart und verbrannt. Beim Herausholen aus dem Ofen fällt er Ihnen auch noch herunter.

Sie sind enttäuscht, verzweifelt und auch wütend auf sich selbst. In einer halben Stunde werden die Gäste kommen, was machen Sie?“

Warten Sie die Antwort ab und nur dann, wenn so gar nichts von allein kommt, geben Sie Impulse für eine mögliche Lösung.