Herausgeforderter Vorsehungsglaube - Richard Kocher - E-Book

Herausgeforderter Vorsehungsglaube E-Book

Richard Kocher

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Beschreibung

Die hier in 3. Auflage erschienene Arbeit "Herausgeforderter Vorsehungsglaube. Die Lehre von der Vorsehung im Horizont der gegenwärtigen Theologie" hat seit ihrer Ersterscheinung im Jahr 1992 nichts von ihrer Aktualität verloren. Sie ist im Gegenteil bedeutsamer denn je in einer Zeit, in der sich Hoffnungslosigkeit und Angst immer mehr verbreiten. Die Lehre von der Vorsehung Gottes kann in ihrer existentiellen Bedeutung kaum hoch genug eingeschätzt werden. Dass Gott jeden Einzelnen auf seinem Lebensweg in einmaliger Weise begleitet, gibt Zuversicht und Mut zum Leben. In der vorliegenden Arbeit werden alle relevanten theologischen Sachbereiche der Vorsehung Gottes ausführlich besprochen, besonders auch die Frage nach dem Leid, denn dieses ist der Haupteinwand gegen eine gütige Vorsehung Gottes.

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Richard Kocher

Herausgeforderter Vorsehungsglaube

RICHARD KOCHER

Herausgeforderter Vorsehungsglaube

Die Lehre von der Vorsehungim Horizont der gegenwärtigen Theologie

Diese Dissertation ist 1992 und 1999 in zwei Auflagenim EOS-Verlag, St. Ottilien, erschienen.

Die Zitate wurden zumeist der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.

Herausgeforderter Vorsehungsglaube

Die Lehre von der Vorsehung im Horizont der gegenwärtigen Theologie

Richard Kocher

© Media Maria Verlag, Illertissen 2023

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-947931-55-2

eISBN 978-3-947931-87-3

www.media-maria.de

Ich widme dieses Buch in Dankbarkeit allen Personen, die mich auf meinem geistlichen Weg begleitet haben. Ohne sie hätte ich ihn nicht gehen können.

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort zur dritten Auflage

Rezension von Prälat Prof. Dr. Leo Scheffczyk

0 Einführung: Konzept und Vorgehensweise

1 Relevanz und Problematik des Vorsehungsglaubens

1.1 Die existentielle Bedeutung des Vorsehungsglaubens

1.2 Zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Vorsehungslehre und der Literaturauswahl dieser Arbeit

1.3 Schwierigkeiten und Probleme der Providentialehre

1.3.1 Das naturwissenschaftliche Weltbild der Neuzeit

1.3.2 Die evolutionistische Herausforderung

1.3.3 Die Kontraposition einer Existentialphilosophie

2 Der Missbrauch des Begriffs der Vorsehung

2.1 Darstellung und Wertung der Vorsehung in Lehmkuhls »Die göttliche Vorsehung«

2.2 Die Vorsehungsliteratur während der beiden Weltkriege

2.2.1 Der Aufschrei bei Wiechert und Borchert

2.2.2 Die Vorsehungsliteratur zum Ersten Weltkrieg: Inhalt und Wertung

2.2.3 Die Vorsehungsliteratur zum Zweiten Weltkrieg: Inhalt und Wertung

2.3 Die missbräuchliche Verwendung des Begriffs der Vorsehung im Dritten Reich

2.3.1 Vorsehung, Sendungsbewusstsein und Inspiration bei Hitler

2.3.2 Klarstellungen des Lehramtes und von theologischer Seite

3 Exemplarische Verdeutlichungen gelebten Vorsehungsglaubens

3.1 Die Vernachlässigung von Beispielen gelebten Vorsehungsglaubens in der theologischen Wissenschaft

3.2 Der »Heilige der Vorsehung«: Josef Benedikt Cottolengo

3.3 Vorsehung beim Presseapostolat: Maximilian Kolbe

3.4 Geborgen im Schatten deiner Flügel: Nijole Sadunaite

3.5 Theologische Auswertung der exemplarischen Verdeutlichungen gelebten Vorsehungsglaubens

3.5.1 Zufall oder Fügung der Vorsehung?

3.5.2 Vorsehung und Um-Welt

3.5.3 Das je neu notwendige Vertrauen

3.5.4 Selbstverantwortlichkeit und Prädestination

3.5.5 Die Leidensproblematik

4 Göttliche Vorsehung und menschliche Freiheit

4.1 Bleibender Geheimnischarakter und grundsätzliche Klärungen

4.2 Das christliche Freiheitsverständnis in Abgrenzung von Determination und Autonomie

4.3 Die Freiheitsproblematik im Horizont der quantenphysikalischen Entdeckungen

4.3.1 Die veränderte Situation der Naturwissenschaft und ihrer Beziehung zur Theologie

4.3.2 Theologische Wertung der quantenphysikalischen Erkenntnisse für die Freiheitsproblematik

5 Vorsehung und Evolution

5.1 Die Herausforderung des Glaubens durch den Evolutionismus

5.1.1 Die derzeitige Situation von Glaube und Naturwissenschaft

5.1.2 Der atheistische Vorentscheid im Neodarwinismus

5.2 Die Teleologie im Naturgeschehen

5.2.1 Die antiteleologische Position

5.2.1.1 Die innere Zerrissenheit des Charles Darwin

5.2.1.2 Die neodarwinistische Antiteleologie

5.2.2 Die teleologische Position

5.2.2.1 Das Versagen der neodarwinistischen Antiteleologie

5.2.2.2 Der Portmann’sche Ansatz der Selbstdarstellung alles Lebendigen

5.2.3 Theologische Stellungnahme zur Frage nach der Teleologie

5.3 Die Entwicklungsproblematik: naturwissenschaftlicher Faktenstand und theologische Deutung

5.3.1 Problemstand und Ideologie bei Darwin und Haeckel

5.3.2 Die Entwicklung der Arten: naturwissenschaftlicher Faktenstand

5.3.3 Theologische Aufarbeitung der Übergangsproblematik

5.3.3.1 Rahners Theorie der aktiven Selbsttranszendenz

5.3.3.1.1 Der Inhalt von Rahners Theorie der Selbstüberbietung

5.3.3.1.2 Die Kritik der Rahner’schen Selbsttranszendenztheorie

5.3.3.2 Hengstenbergs Theorie eines dynamischen Kreationismus

5.3.3.2.1 Der Inhalt und die Tragfähigkeit eines dynamischen Kreationismus

5.3.3.2.2 Die Anwendung des Konzepts der schöpferischen Impulse auf die schöpfungsrelevanten Fragen

5.4 Biotechnik und Schöpfungsordnung

5.4.1 Die »Menschenmacher«

5.4.2 Die heutigen Möglichkeiten und Perspektiven der Gentechnologie

5.4.3 Das fragwürdige Ziel des künftigen Umbaus

5.4.4 Der Verweis auf die Schöpfungsordnung

6 Vorsehung und Wunder

6.1 Die Bedeutung des Wunders für die Vorsehungslehre

6.2 Die Lehre vom Wunder in der gegenwärtigen Theologie

6.3 Der philosophische Vorentscheid: Auswirkung und Geschichte

6.3.1 Tragweite und Folgen des philosophischen Vorentscheids in der Theologie der Gegenwart

6.3.2 Der Vorentscheid bei Strauß und Bultmann

6.4 Das Wunder im Horizont des naturwissenschaftlichen Weltverständnisses

6.5 Elemente einer Antwort auf die neuzeitliche Bestreitung des Wunders

6.5.1 Die naturwissenschaftliche Erkenntnisform in der historisch-kritischen Wissenschaft?

6.5.2 Kritik am deistischen Weltbild der geschlossenen Immanenz

6.5.3 Zurückweisung einer naturwissenschaftlich verengten Wirklichkeitsbetrachtung

6.5.4 Erneuerung des Schöpfungsglaubens

6.5.5 Wunder in der Geschichte des christlichen Glaubens

6.5.5.1 Glaubwürdigkeit und Tatsächlichkeit von Wundern

6.5.5.2 Konsequenzen für die Theologie des Wunders

6.6 Zusammenfassung der Ausführungen zu »Vorsehung und Wunder« und Ausblick

7 Das Handeln Gottes in der Welt

7.1 Die gegenwärtige Situation und der geschichtliche Problemstand

7.2 Die Zweitursachentheorie Weissmahrs: Inhalt und Verbreitung

7.3 Kritische Auseinandersetzung mit der Zweitursachentheorie

7.3.1 Die voraus-setzende Art der Argumentation

7.3.2 Zurückweisung einer verengten Wirklichkeitsbetrachtung

7.3.3 Das Versagen der Zweitursachentheorie als Erklärungsmodell der Auferstehung Jesu

7.3.4 Gottes fortdauerndes unvermitteltes Schöpfungswirken

7.3.5 Die Parapsychologie in der Wundertheologie Weissmahrs

7.3.5.1 Die undifferenzierte Berufung auf psychogene Kräfte und die Parapsychologie

7.3.5.2 Reflexionen zu den Wesensgrenzen des Menschen

7.3.5.3 Kritische Wertung der Wundertheologie Weissmahrs und anderer Vertreter der Zweitursachentheorie

7.3.6 Der depotenzierte Gott und der aufgewertete Mensch

7.4 Zusammenfassende Stellungnahme zur Zweitursachentheorie und künftige Aufgabe

7.5 Die Schöpfungsintention eines convivium Gottes mit den Menschen

7.6 Die personalen Strukturen der Schöpfung und das personale Handeln Gottes in der Welt

7.7 Das Konzept der schöpferischen Impulse

7.7.1 Das Steuerungsmodell in seiner theologischen Relevanz

7.7.2 Die Seinsaktmitteilung beim Wunder- und Fügungswirken Gottes

7.8 Zusammenfassende Wertung zum Konzept eines Handelns Gottes in der Welt

8 Vorsehung und Bittgebet

8.1 Die Bedeutsamkeit und die theologische Problematik des Bittgebetes

8.2 Die inhaltliche Bestimmung des Bittgebetes

8.3 Die Betonung des »Mitgeh-Gottes« heutiger Bittgebetstheologie

8.4 Die spannungsvolle Einheit von göttlichem »Muss« und menschlicher Selbstverfügung

8.4.1 Die biblische Grundlage von der göttlichen Allmacht und der menschlichen Freiheit

8.4.2 Einseitigkeiten heutiger Bittgebetstheologie

8.5 Zur Verhältnisbestimmung von göttlichem Plan und menschlich-freiem Beten nach Thomas von Aquin

9 Erkundung der Wege der Vorsehung?

9.1 Die Fragwürdigkeit, Gottes Willen erkunden zu wollen

9.2 Beispiele fehlgegangener Identifizierungen von Gottes Willen mit Geschichtsereignissen

9.2.1 Wilders »Die Brücke von San Luis Rey«

9.2.2 Hegels »Philosophie der Weltgeschichte«

9.3 Vorsehung und Erkenntnis

9.3.1 Die Zeichen der Zeit

9.3.2 Der praktische Vorsehungsglaube als Erkenntnisquelle

9.3.3 Verhältnisbestimmung von Mysterium und Einsicht

10 Vorsehung und Theodizee

10.1 Die Leiden der Welt als Anfrage an die Vorsehung

10.2 Theodizee und Vorsehungsglaube im Umbruch der Zeit: Krise und Chance

10.2.1 Kritische Einwendungen zur traditonellen Theodizeetheologie

10.2.2 Der Umbruch in der Glaubensstruktur

10.3 Das Theodizeeproblem im Horizont eines existentialistischen Denkens

10.3.1 Die »existentialistische« Ethik in Senecas »De providentia«

10.3.2 Der verzweifelte Pessimismus des existentialistischen Evolutionismus

10.4 Theologische Antwortversuche zur Theodizee

10.4.1 Der ohnmächtige oder leidende Gott

10.4.2 Greshakes Theorie vom Leid als Preis der Liebe

10.5 Die Bewältigung des Leides aus der Kraft des Glaubens

10.6 Stellvertretung im Leid

10.6.1 Relevanz und Problematik der Proexistenz im Leid

10.6.2 Biblisch-theologische und personale Begründung der Stellvertretung

10.6.3 Die Bedeutsamkeit der Proexistenz für unsere Zeit

10.7 Das biblische Gottesbild vom machtvollen und geheimnisvollen Gott

10.7.1 Zulassung und Einbeziehung des Bösen durch Gott

10.7.2 Der Deus absconditus et semper maior

10.8 Die eschatologische Vollendung in ihrer theologischen und existentiellen Relevanz

10.8.1 Die Eschatologie in ihrer Relevanz für das Theodizeeproblem und die Vorsehungslehre

10.8.2 Die endzeitliche Vollendung des Menschen in ihren Auswirkungen für den Glaubensvollzug

11 Zusammenfassung und Ausblick

11.1 Überblick über die Ergebnisse der Dissertation

11.2 Weitgespannte Horizonte und »geerdete« Theologie

11.3 Vom Burgfrieden zur konstruktiven Auseinandersetzung

11.4 Die Torheit neuzeitlicher »Emanzipation« des Menschen von seinem Schöpfer

11.5 Die befreiende Kraft des Vorsehungsglaubens

Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Über den Autor

Abkürzungsverzeichnis

AAS

Acta Apostolicae Sedis, Commentarium Officiale, Città del Vaticano 1909 ff.

ATG

Archivo Teológico Granadino, Granada 1938 ff.

BiKi

Bibel und Kirche, Stuttgart 1946 ff.

BL

*Bibellexikon, hg. v. H. Haag, Einsiedeln-Zürich-Köln 31982.

BZThS

Bonner Zeitschrift für Theologie und Seelsorge, Düsseldorf 1924–1931.

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Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, Freiburg 1981 ff.

DH

*H. Denzinger u. P. Hünermann (Hg.), Enchiridion symbolorum, definitionum et declarationum de rebus fidei et morum, Barcelona-Freiburg-Rom 371991.

DT

Divus Thomas. Jahrbuch für Philosophie und spekulative Theologie, Fribourg 1914 ff.

DThC

*Dictionnaire de théologie catholique, hg. v. A. Vacant, E. Mangenot u. E. Amann, Paris 1930 ff.

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*Evangelisches Kirchenlexikon. Kirchlich-theologisches Handwörterbuch, hg. v. H. Brunotte u. O. Weber, Göttingen 1955 ff.

EThL

Ephemerides Theologicae Lovanienses, Brügge 1924 ff.

FKTh

Forum Katholische Theologie, Aschaffenburg 1985 ff.

FZThPh

Freiburger Zeitschrift für Theologie und Philosophie, Fribourg 1955 ff.

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*Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch, hg. v. den Bischöfen Deutschlands und Österreichs und der Bistümer Bozen-Brixen und Lüttich, München 1975.

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Geist und Leben. Zeitschrift für Aszese und Mystik, Würzburg 1947 ff.

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Handbuch der Dogmengeschichte, Freiburg 1951 ff.

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Herder Korrespondenz. Monatshefte für Gesellschaft und Religion, Freiburg 1946 ff.

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*Handbuch theologischer Grundbegriffe, hg. v. H. Fries, 2 Bde., München 1962–63.

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Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament.

HThR

The Harvard Theological Review, Cambridge, Massachusetts 1908 ff.

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*Herders theologisches Taschenlexikon, hg. v. K. Rahner, Freiburg, 1972–73.

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Historisches Wörterbuch der Philosophie, Darmstadt 1971 ff.

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Internationale katholische Zeitschrift »Communio«, Frankfurt 1972–1980, Paderborn 1981 ff.

KEK

*Katholischer Erwachsenen-Katechismus. Das Glaubensbekenntnis der Kirche, hg. v. der Deutschen Bischofskonferenz, Kevelaer u. a. 1985.

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Kleine Katholische Dogmatik, Regensburg 1970 ff.

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Kirche und Gesellschaft, Augsburg 1930 ff.

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*Lexikon für Theologie und Kirche, hg. v. J. Höfer u. K. Rahner, Freiburg 21957 ff.

LThK/E

*Ergänzungsbände: Das Zweite Vatikanische Konzil, Dokumente und Kommentare, 3 Bde., Freiburg 1966–1968.

MB

*Die Feier der heiligen Messe. Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes, Teil II, hg. im Auftrag der Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz sowie der Bischöfe von Luxemburg, Bozen-Brixen und Lüttich, Freiburg u. a. 1984.

MThZ

Münchener Theologische Zeitschrift, München 1950 ff.

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*Mysterium salutis. Grundriss heilsgeschichtlicher Dogmatik, hg. v. J. Feiner u. M. Löhrer, Einsiedeln-Zürich 1971 ff.

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*Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe, hg. v. P. Eicher, 4 Bde., München 1984–85.

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Novum Testamentum. An International Quarterly for New Testament and Related Studies, Leiden 1956 ff.

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Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie, Berlin 1959 ff.

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Orientalia Christiana Analecta, Rom 1935 ff.

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*Patrologia cursus completus, series graeca (161 Bde.), hg. v. J. P. Migne, Paris 1857–1866.

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*Patrologia cursus completus, series latina (221 Bde.), hg. v. J. P. Migne, Paris 1844–1855.

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*Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, hg. v. K. Galling, Tübingen 31956 ff.

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Stuttgarter Bibelstudien, Stuttgart 1965 ff.

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*Summa contra Gentiles, in: S. Thomae Aquinatis opera omnia, Bd. 2, hg. v. R. Busa, Stuttgart-Bad Cannstatt 1980, 1–152.

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Scottish Journal of Theology, Edinburgh 1948 ff.

StdZ

Stimmen der Zeit, Freiburg 1871 ff.

STh

*Thomas von Aquin, Summa theologica. Deutsch-lateinische Ausgabe, Graz-Wien-Köln 1934.

THAT

*Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, hg. v. E. Jenni unter Mitarbeit v. C. Westermann, Bd. 1, München 41984.

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Theologische Literaturzeitung, Leipzig 1878 ff.

ThPh

Theologie und Philosophie, Freiburg 1966 ff.

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Theologische Quartalschrift, Stuttgart 1946 ff.

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Theologische Revue, Münster 1902 ff.

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Theological Studies, Baltimore 1940 ff.

ThW

*Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, hg. v. G. Kittel, fortgesetzt v. G. Friedrich, Stuttgart 1933 ff.

ThZ

Theologische Zeitschrift, Basel 1945 ff.

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*Theologische Realenzyklopädie, hg. v. G. Krause, Berlin 1976 ff.

TThZ

Trierer Theologische Zeitschrift, Trier 1888 ff.

VS

La Vie Spirituelle, Paris 1869 ff.

WA

*M. Luther, Werke. Kritische Gesamtausgabe (»Weimarer Ausgabe«), Weimar 1883 ff. (Nachdruck: Weimar-Graz 1964).

ZKTh

Zeitschrift für Katholische Theologie, Wien 1877 ff.

ZNW

Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche, Berlin 1934 ff.

Die Abkürzungen wurden größtenteils der Theologischen Realenzyklopädie entnommen.

Die im Abkürzungsverzeichnis mit einem Stern (*) versehenen Werke wurden in der Literaturliste nicht noch einmal aufgezählt.

Die Bibelzitate wurden der Einheitsübersetzung entnommen. Die Namen und Abkürzungen der biblischen Bücher entsprechen den Loccumer Richtlinien.

Übersetzungen aus der Patrologia graeca und der Patrologia latina wurden vom Verfasser vorgenommen.

Einfügungen des Verfassers in Zitate sind durch eckige Klammern gekennzeichnet worden <…>, Einfügungen des Verlags durch […].

Dr. H. Grochtmann hat dem Verfasser dieser Arbeit dankenswerterweise Kopien seines Briefwechsels mit den Professoren Bender, Kasper, Knauer, Knoch und Weissmahr zukommen lassen. Teile davon sind in Grochtmanns Dissertation »Unerklärliche Ereignisse, überprüfte Wunder und juristische Tatsachenfeststellung« (Langen 1988) abgedruckt; andere, hier verwendete, nicht. Die Kopien des Briefwechsels liegen vor.

Vorwort zur dritten Auflage des Buches

»Herausgeforderter Vorsehungsglaube« von Pfarrer Dr. Richard Kocher

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1992 von der Katholisch-Theologischen Fakultät Augsburg als Dissertation angenommen. Mit geringfügigen Änderungen wird sie in dritter Auflage veröffentlicht.

Hörerinnen und Hörer von Radio Horeb sowie Mitbrüder haben mich nach der Veröffentlichung meines Buches »Zeitgeist oder Hl. Geist der Zeit« im November 2022 (ebenfalls im Verlag Media Maria erschienen) darum gebeten.

Offensichtlich stößt das Thema der Vorsehung Gottes weiterhin auf Interesse – nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen. Dies verwundert nicht, da die existentielle Relevanz der Vorsehungslehre beträchtlich ist gerade in der heutigen Zeit einer weitverbreiteten Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit.

Im Rückblick auf vergangene Ereignisse unseres Lebens können wir oft feststellen, dass vieles gefügt und offensichtlich so von Gott gewollt war. Das scheinbar wirre Spiel der Fäden in unserem Leben ergibt ein sinnvolles Muster.

»Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt« (Röm 8,28). Wenn diese Glaubenserkenntnis beim Leser dieser Dissertation eine Stärkung und Bestätigung erfahren würde durch die aufgezeigten Beispiele und die theologische Argumentation, dann hätte sie ihren Zweck erfüllt.

Balderschwang, im November 2023 Richard Kocher

Rezension von Prälat Prof. Dr. Leo Scheffczyk, von Papst Johannes Paul II. am 21. Februar 2001 zum Kardinal erhoben

»Vorsehung« als Schlüssel zum Geheimnis von Gottes Welthandeln1

Das philosophisch-theologische Denken der Gegenwart bewegt sich in der Frage des Gott-Welt-Verhältnisses in merkwürdigen Sprüngen, die von einem Extrem zum anderen wechseln. Betont man auf der einen Seite in beinahe pantheistischer Manier die Welthaftigkeit Gottes (der »werdende Gott«; Gott als »die Zukunft«; Gott als »Motor der Evolution«), so nähert man sich auf der anderen Seite der deistischen Weltlosigkeit Gottes (etwa dort, wo Gott existentialistisch und agnostizistisch als das »Woher meines Umgetriebenseins« ausgegeben wird oder wo Gott als die gesetzliche Harmonie alles Seienden verstanden wird, die nicht eingreift und würfelt (A. Einstein), oder wo er nur noch als der die Autonomie des Menschen ermöglichende und begrenzende Horizont angesehen wird).

In der transzendentaltheologischen Fassung des Gott-Welt-Verhältnisses greifen diese Extreme sogar ineinander über, da Gott einerseits als Grund alles Seienden erscheint und andererseits in seiner Selbstmitteilung als absolutes Insein in der Tiefe der menschlichen Existenz verstanden wird, aber gerade deshalb nicht in der Welt »vorkommen« darf.

1) Demgegenüber ist es das Anliegen dieser umfangreichen, material äußerst gefüllten und denkerisch differenzierten Arbeit, wieder die vom vernunftgemäßen Glauben vorgegebene Mitte zwischen den unheilvollen Extremen zu finden, ohne welche die menschliche Existenz an den Problemen des Gott-Welt-Verhältnisses scheitern müsste. Den Schlüssel zur Öffnung und Erhellung dieser Probleme entnimmt der Verfasser generell der christlichen Schöpfungswahrheit, speziell aber jenem Moment dieser Wahrheit, in dem das Weitergehen des Schöpfungshandelns als Vorsehung seine Konkretisierung und gleichsam seine Immanentisierung in der Welt erfährt. So wird die Wahrheit von der Vorsehung hier zum Testfall des wahren Gottes- und Weltverständnisses und der Deutung des gegenseitigen Bezuges von Gott und Welt erhoben.

Aber dies geschieht nicht in einer theoretisch-abstrakten Fixierung auf den Vorsehungsbegriff allein und seinen theologischen Gehalt, sondern durch die Eröffnung der ganzen Spannweite von Erkenntnisbereichen und Ordnungen, in die das Licht der Vorsehungswahrheit hineinstrahlt und an denen seine Gültigkeit, aber auch seine Güte und Ergiebigkeit erwiesen werden können.

2) Das Werk trägt zutreffend den Untertitel »Die Lehre von der Vorsehung im Horizont der gegenwärtigen Theologie«. Unter dem Begriff des »theologischen Horizontes« ist nicht nur die grundsätzliche Einstellung auf den theologischen Gesichtskreis und dessen besondere Bedeutung verstanden, sondern auch die Entgrenzung des Blickes auf den ganzen Umfang der zahlreichen Problemfelder, in die sich die Wahrheit von der Vorsehung als »articulus mixtus« [gemischter Glaubensartikel] zwischen Philosophie, Theologie und heute besonders auch der Naturwissenschaft hineinerstreckt.

Unter »Horizont« kann hier aber auch im Sinne der modernen Hermeneutik und ihrer Anthropozentrik das ganze den Menschen betreffende Bezugssystem verstanden werden, in dem der Mensch zum Verständnis seiner selbst als gottbezogenes Wesen vorkommt. Tatsächlich eignet der Arbeit eine starke Ausrichtung auf die Vorsehung als Frohbotschaft für den Menschen, der sich in der anonymen Massengesellschaft »als winziges Rädchen einer riesigen Maschinerie« wie verloren vorkommen muss, aber im Vorsehungsglauben die Gewissheit seiner vom Schöpfer geschenkten Einmaligkeit im Ursprung wie im geschichtlichen Werden empfangen kann.

Unter diesem Gesichtspunkt nehmen die entscheidenden Problemaussagen des Werkes einen personologischen Charakter an, der Vorsehung nicht als deterministisches Gesetz, sondern als personales Geschehen zwischen Gott und dem Menschen auslegt. Das verleiht dem Werk einen deutlich hervortretenden praktischen Bezug und eine Lebendigkeit, wie sie dem Vertrauensglauben an die Vorsehung einzig angemessen ist. Trotzdem weiß der Verfasser in einer bemerkenswerten Verknüpfung von Praxis und Theorie den praktischen Bezug immer wieder auf die Höhe der theoretischen Reflexion zu erheben, auf der dann die geistigen Entscheidungen fallen.

Aber was an dem Werk inhaltlich zuerst ins Auge fällt, ist die mit dem Begriff des Horizontes verbundene Spannweite der aufgenommenen Sachgebiete und Problemfelder. Als Vorbau dient die Erörterung der »Relevanz und Problematik des Vorsehungsglaubens«, dessen zentrale theologische Position vielfach verkannt und vom gleißenden Licht des naturwissenschaftlichen Denkens wie des weltanschaulichen Evolutionismus überblendet, aber auch von einem tragisch gestimmten Existentialismus (Heidegger, Sartre) angefochten wird. Es spricht für die lebensnahe und konkret-realistische Einstellung des Verfassers, dass unter den widerständigen Kräften des christlichen Vorsehungsglaubens nicht nur der »Missbrauch des Begriffes Vorsehung« auf gegnerischer Seite (Hitler; Weltkriegsliteratur; Erfahrung des überdimensionierten Leides in einer »verratenen Generation«, für die E. Wiechert und W. Borchert als Sprachrohre herangezogen werden) aufgeführt wird, sondern auch manche Formen christlicher Erbauungsliteratur dazu gerechnet werden mit ihrer Überzeichnung eines strafenden Gottes und eines sich der Passivität verschreibenden Menschen.

Diese realistisch aufgenommenen Negativposten dürfen und können nach Meinung des Verfassers aber den Blick auf die positiven Zeichen eines wirklichkeitserfüllten Vorsehungsglaubens nicht verstellen. In dem umfänglichen Material zur »exemplarische[n] Verdeutlichung gelebten Vorsehungsglaubens«, das aus den Biografien zeitnaher Heiliger und Märtyrer genommen ist (Josef Benedikt Cottolengo, Maximilian Kolbe, Nijole Sadunaite), werden beredte Zeugnisse für das erkennbare Wirken der Vorsehung erhoben. Sie könnten von der Kritik möglicherweise als zu demonstrativ empfunden werden, als ob damit das Geheimnis der Vorsehung, auf das immer Bedacht genommen ist, bewiesen werden sollte. Aber es ist zu beachten, dass diese Zeichen bewusst an die Bedingung einer bestimmten Welterfahrung, an das Vorhandensein einer Innendimension im Menschen und zuletzt an den Glauben zurückgebunden sind, ohne dass sie hinwiederum als schlichte Produkte dieses Glaubens ausgegeben werden könnten. Darum ist der Einwand des »Homo Faber« (Max Frisch) und einer rein positivistischen Weltsicht zwar immer möglich, aber gerade wegen seines Reduktionismus nicht überzeugend.

Nachdem so der zeit- und geistesgeschichtliche Grundriss entworfen ist, beginnt seine Ausführung mit der Grundsatzerörterung über »Göttliche Vorsehung und menschliche Freiheit«, der sich die Sach- und Problemkapitel »Vorsehung und Evolution«, »Vorsehung und Wunder«, »Das Handeln Gottes in der Welt«, »Vorsehung und Bittgebet«, die kritische Frage nach der »Erkundung der Wege der Vorsehung?« und das besonders dornige Thema »Vorsehung und Theodizee« anschließen. Die Thematik ist so weit gefächert, dass in diesem fortlaufenden Gespräch mit der Theologie, der Philosophie und den Naturwissenschaften eigentlich kein wesentlicher Aspekt unberücksichtigt bleibt. Freilich ist die Abfolge der Themen, wie der Verfasser selbst vermerkt, nicht linear entwickelt und in eine logisch zwingende Aufeinanderfolge gebracht. Das sich hier nahelegende Bild ist eher das von Segmenten, die einander berühren und sich zu einem Kreis zusammenfügen. Das mag einer systematischen Betrachtungsweise unvollkommen erscheinen, wird aber aufgewogen durch die nur so zu bewältigende Materialfülle, die sich am Ende doch zu einem Ganzen rundet.

Der Verfasser weiß, dass er mit vielen Themen »heiße Eisen« anpackt, an denen sich heute kontroverse Meinungen entzünden. Er scheut aber die Auseinandersetzung nicht und gibt sich nicht mit vorschnellen Harmonisierungen zufrieden, die häufig nur Anbiederungen der Theologie an die Meinungen der Mehrheit sind. So vertritt er z. B. nicht die Auffassung von dem heute angeblich herrschenden friedlich-schiedlichen Nebeneinander von Naturwissenschaft und christlichem Glauben, sondern weiß um die vielen weltanschaulichen Extrapolationen der Naturwissenschaften, die um eines vordergründigen Friedens willen mit dem Glauben nicht zu harmonisieren sind. Trotzdem verfällt der Autor keineswegs einem szientistischen Fatalismus, für den es keinerlei Anzeichen einer Annäherung zwischen Naturwissenschaft und Religion gäbe. So weist er z. B. beim Eingehen auf die Freiheitsproblematik nach, dass die quantenphysikalischen Entdeckungen der Indetermination durchaus einen Ansatz von analog verstandener »Freiheit« zulassen, freilich ohne dass damit der Determinismus in den Reihen der Naturwissenschaftler als gänzlich aufgegeben angesehen werden könnte.

Da manche naturwissenschaftlichen Ergebnisse auch von der Theologie übernommen werden, muss es folgerichtig auch zu innertheologischen Auseinandersetzungen mit theologischen Entwürfen kommen, die in einem neuen Konkordismus Ungleiches vermittels verbaler Kombinationen zusammenzwingen möchten, dabei aber in die Gefahr geraten, das Glaubensgeheimnis rationalistisch zu verwässern.

Demgegenüber ist es das Anliegen des Verfassers, der sich hier des Grundsatzes versichert, dass Glauben und Wissen sich im Wesen nicht widersprechen können, in allen Grenzfragen nicht nur den Standpunkt des Dogmas einzunehmen, sondern ihn mit z. T. neuen Argumenten in das Gespräch einzubringen. Darum werden die das Gott-Welt-Verhältnis betreffenden Grundsätze nicht einfach aus der Allmacht Gottes und aus der Kausalursächlichkeit abgeleitet, sondern aus der personalen Unmittelbarkeit Gottes im Mittun mit der Schöpfung (besonders deutlich hervortretend im Kapitel über das Bittgebet) erklärt, sodass sich das Wirken Gottes auch am Mitwirken des Menschen entscheidet.

Dass der Verfasser sich bei Aufnahme dieser differenzierten Thematik den von vielen Seiten kommenden Herausforderungen stellen und sie geistig bewältigen kann, liegt an der Breite und Sicherheit des aus den verschiedensten Sachgebieten erworbenen Wissensstandes. Zwar ist nicht auszuschließen, dass in manchen Spezialfragen (etwa der Molekularbiologie, der Interpretation der Abstammungslehre oder der theologischen Abstimmung von Schöpfung und Entwicklung) die Einzelforschung noch andere Erklärungen anzubieten vermag, was aber die Konsistenz und Solidität des Argumentationsverfahrens des Autors ernstlich nicht gefährden kann, zumal dieses Verfahren immer an einer reichen Zahl von Zeugen Anhalt sucht, aber auch durch die Stringenz der eigenen Gedanken und Beobachtungen abgesichert ist.

3) Fragt man nach den tragenden Grundvorstellungen des Werkes, so lassen sie sich besonders in den Problemkreisen »Evolution«, »Wunder« und »Theodizee« ausmachen. Mit Recht wird im ersten Problemkreis anerkannt, dass die Teleologie [Zielgerichtetheit eines Prozesses oder einer Handlung] im Evolutions- und Naturgeschehen zwar keinen Beweis für Gottes Vorsehung zu liefern vermag, dass aber ein förmlicher Antiteleologismus den Ansatzpunkt für ein Wirken der göttlichen Vorsehung zerstören müsste, sodass der Vorsehungsglaube nur noch (nach Art Calvins) als ein abgründiges Geheimnis dem Menschen zur Verehrung vorgestellt werden könnte. Aber der Verfasser intendiert auch keine Rationalisierung dieses Glaubens mithilfe der naturwissenschaftlichen Teleologie, sondern beabsichtigt nur die Grundlegung eines vernunftgemäßen Zuganges zu ihm nach Art einer Präambel. Für solche haben Biologen wie A. Portmann mit ihrer Deutung der »Gestalt« der Organismen dem Theologen den Blick geöffnet.

Dieser aber zeigt sich nach dem Durchschreiten des Zugangsweges vor allem an der innertheologischen Frage interessiert, wie das Einwirken des vorsehenden Gottes auf die zielgerichtete, zum Höheren aufsteigende Schöpfung gedanklich gefasst und umgrenzt werden kann. Der Verfasser ist hier offensichtlich von der sachgemäßen Überzeugung bestimmt, dass ein Verfehlen dieses entscheidenden Punktes der Zusammenführung von göttlicher Allursächlichkeit und geschöpflicher Zweitursächlichkeit alles verderben und Gott entweder auf subtile Weise (trotz verbaler Gegenbehauptungen) aus dem Geschehen verbannen oder ihn zu einem einfachen Gehilfen des Geschöpfes degradieren kann.

Diese Gefahr sieht der Verfasser in der Theorie von der »aktiven Selbsttranszendenz des Geschöpfes« gegeben, die Gott bezeichnenderweise als »zur Konstitution der endlichen Ursache gehörig« betrachtet und zu einem bloßen »Moment an der Wirkkraft des Endlichen« erklärt, was allein schon in der Ausdrucksweise das Fehlen jeder personalen Sicht des Gott-Welt-Mensch-Verhältnisses erkennen lässt, die der Verfasser seinerseits mit der biblischen Vorstellung des Wort- und Rufgeschehens einzubringen sucht.

Das Problem erfährt eine Verschärfung auf der höheren Ebene des Wunders, an dem sich, obgleich es nicht das Wesen der Vorsehung ausmacht, sondern nur ihren sichtbaren Ausdruck darstellt, heute Wesentliches in der Auffassung vom Gott-Welt-Verhältnis entscheidet, dies schon auf biblisch-exegetischem Boden; denn die hier herrschende Ablehnung der Wunder (der Naturwunder) erfolgt letztlich nicht aus historischen Beweisgründen, sondern (wie bei Bultmann) aus einem philosophischen Vorentscheid. Ihm unterliegt im Grunde auch die neuere Theorie von dem alleinigen Wirken Gottes vermittels der Zweitursachen, die Gott vorgeblich seiner Göttlichkeit wegen aus dem innerweltlichen Getriebe der Zweitursachen heraushalten möchte, aber so in die Gefahr gerät, Gott das direkte, unmittelbare Einwirken zu verbieten und ihn so quasideistisch aus dem Wirken und Leben der Welt auszuschließen; denn die Kennzeichnung Gottes allein als des »tragenden Grundes« der Welt besagt noch kein wirkliches Tätigsein und kein Hervorbringen von Neuem, das es in der Welt tatsächlich gibt und das so von den Geschöpfen hervorgebracht werden müsste.

Der Verfasser erbringt in umsichtigen Überlegungen den Nachweis, dass die Meinung, Gott könne nur über geschöpfliche Zweitursachen in der Welt tätig sein, weder den hier verwandten Begriff der »causa prima«, der Erstursache, trifft, die grundsätzlich einer Zweitursache nicht bedarf, noch auch die entscheidende Behauptung zu begründen vermag, dass das Ganze der Welt (das Gott ohne Zweitursache geschaffen hat) einen anderen ontologischen Status besitze als die Einzelseienden (denen sich Gott angeblich angleichen müsste, wenn er ohne sie auf die Welt einwirken würde). Diese Theorie zieht aus der Wahrheit, dass die Zweitursachen auf die Erstursache angewiesen sind, den falschen Schluss, dass auch die Erstursache der Zweitursachen bedürfe. Sie setzt ontologisch den generellen und universalen concursus divinus [göttliche Mitwirkung], den Gott bei jeder geschöpflichen Bewegung tätigt, mit den außerordentlichen Wunderwirkungen gleich und kann so das Außerordentliche an ihnen nicht erklären.

Die Unstimmigkeit dieser Theorie wird besonders an der Auferstehung Christi veranschaulicht, von der in der Theorie behauptet wird, dass die geschöpfliche Ursache für das Wunder in der äußersten Gottes- und Nächstenliebe des Menschen Jesus gelegen sei. Aber es bleibt unerfindlich, wie ein endlicher menschlicher Liebesakt Mitursache für ein alle Kräfte der Natur übersteigendes Ereignis sein kann. Wenn man ihm aber diese Kraft, die nur eine schöpferische sein kann, zubilligt, dann ist der Schritt nicht mehr weit zur Anerkennung einer gänzlich geschöpflichen Verwirklichung des Wunders. Tatsächlich fallen im Kreis der Verfechter dieser Theorie auch schon die Begriffe vom »vollmächtigen Menschen« und einer vollmächtigen Zweitursächlichkeit, die das Wunder »aus eigener Kraft« hervorbringt. Ist dem Geschöpflichen einmal schöpferische Kraft zuerkannt, dann bleibt die Berufung auf Gott als den »transzendentalen Urgrund« ein überflüssiger theologischer Überbau. Damit fällt die Theorie wieder auf den Boden des Immanentismus zurück, den sie zu überwinden angetreten ist. Die Behauptung, dass Gott immer nur durch Zweitursachen wirken könne und hinter ihnen allein als der tragende Urgrund stehe, ist eine Preisgabe der tätigen unmittelbaren Allursächlichkeit Gottes; sie kann insbesondere den Seinszuwachs, der in den Wundern erster Ordnung (quoad substantiam [was die Substanz angeht]) geschieht, nicht begründen.

Die entscheidende Herausforderung erwächst dem Vorsehungsglauben aber, zumal »nach Auschwitz«, aus der Existenz des Leidens in der Welt, weshalb der Verfasser auch das Theodizeeproblem in seiner ganzen Schwere aufnimmt. An dieser Einbeziehung wird zunächst deutlich, dass der Vorsehungsgedanke nicht gleichzusetzen ist mit einer frommen Versicherung irdischen Wohlergehens. Dann würde er zur »Ideologie vom Rechtsanspruch (des Menschen) auf Glück in der Welt« entarten. Im Angesicht der menschlichen Leiderfahrung beweist der Vorsehungsglaube auch seine Dunkelheit, die mit der Souveränität und Hoheit Gottes gegeben ist, dessen Gedanken nicht des Menschen Gedanken sind. Aber Dunkelheit ist keine totale Finsternis, die für das theologische Denken absolut undurchdringlich wäre. So weist der Verfasser zunächst per viam negationis [auf dem Weg der Verneinung] nach, dass der existentialistische Pessimismus genauso wie die Theorien vom ohnmächtigen und leidenden Gott am Geheimnis vorbeizielen. Das gilt aber auch von der Zweitursachentheorie, insofern sie, konsequent festgehalten, die irdische Wirklichkeit sich selbst überlassen und das Übel in der Welt einfach aus der Existenz der Zweitursachen ableiten muss, d. h. konkret als Konsequenz der mit Unvollkommenheiten behafteten Evolution und der störungsanfälligen Freiheit des Menschen ausgeben muss. Dem stellt der Verfasser die biblisch-soteriologische Deutung des Leides entgegen, die im Kreuz, in der Proexistenz Christi und nicht zuletzt im Ausblick auf das eschatologische Vollendungsziel ihre Gründe hat. Im Glauben an die erst im Jenseits gegebene Vollendung des Menschen, die der eigentliche Zielpunkt des göttlichen Vorsehungshandelns ist, wird das jetzt waltende Geheimnis nicht erklärt, aber doch mit so viel Licht versehen, dass der Mensch das Leid sinnvoll tragen und daran wachsen kann.

4) Die hier vorgelegte Arbeit gewinnt ihre Bedeutung für eine theologisch begründete und lebensbezogene Vorsehungslehre aus der Zusammenschau der wesentlichen Bezugspunkte dieser Wahrheit im zeitnahen Denken. Die häufig disparat erscheinenden Elemente des Vorsehungsglaubens sind hier zu einer Einheit gefügt, die jenen »nexus mysteriorum inter se« [Zusammenhang aller theologischen Aussagen] verwirklicht, aus dem Licht auf das Wesen der Sache fällt. Dabei ist nicht zu verkennen, dass eine besondere Antriebskraft der aus allen Bereichen der Wirklichkeit schöpfenden Gedankenbewegung (auch aus Literatur, Dichtung und moderner Lebenswelt) die Auseinandersetzung mit einer zuletzt wohl idealistisch zu nennenden Deutung des Gott-Welt-Verhältnisses ist, die das »inkarnatorische« Verständnis allen Welthandelns Gottes vernachlässigt oder gar aufgibt und so in einer symbolischen Fassung der göttlichen Weltbewegung dem modernen Menschen das Herausfordernde und Anstößige eines heilsrealistischen Glaubens nehmen möchte mit dem zweifelhaften »Erfolg«, dass der Glaube entgegenständlicht, Gott entpersönlicht (vgl. die entlarvenden Ausdrücke über Gott als »Moment« am Endlichen oder als »transzendenter Grund«, ähnlich der Tillich’schen »Tiefe des Seins«) und sein Handeln in der Geschichte auf der rein gedanklichen Ebene und in der Innerlichkeit des Menschen angesiedelt wird, was der Verfasser mit Recht als gnostischen Zug im Glaubensverständnis ansieht. Zu welchen Folgerungen das im Leben des Glaubens führt, insbesondere im Bereich des Vorsehungsglaubens, zeigen Aussagen vonseiten der »autonomen Moral«, die Einspruch gegen die Vorstellung erheben, dass Gott konkret hinter jedem Leiden oder Sterben stehe; denn diese Geschehnisse gehören einfach »zur rätselvollen und angstbewirkenden Dimension der menschlichen Existenz«. Die Nähe zu einem praktischen Deismus ist hier nicht zu verkennen.

Dass der Verfasser gegen diese Entstellungen des heilsrealistischen Glaubens mit treffenden Argumenten angeht, ist aber nicht das einzige Verdienst dieses Buches. Es erschöpft sich nicht in der Abwehr denkerischer Fehlentwicklungen, sondern zeigt die Möglichkeiten zu einer abgewogenen Neuinterpretation des Schöpfungs- und Vorsehungsglaubens auf der Grundlage eines personalen Denkens auf. Danach ist Schöpfung, dem biblischen Verständnis entsprechend, die Eröffnung einer Gemeinschaft Gottes mit dem Menschen, eines convivium [Mit-lebens], das sich im ganzen Weltverlauf an allen Kreaturen als wirksame Gestalt des Weltbezuges Gottes aufweisen lässt. So rückt die Beweisführung von der einseitigen Bindung des Schöpfungsverstehens an das Kausalschema ab, an dem im Grunde auch die moderne Transzendental-Scholastik noch hängt, mit dem aber weder die Schöpfung am Anfang noch in ihrem Verlauf zu verstehen ist; denn schon die creatio prima, die uranfängliche Erschaffung der Welt, besagt keine einfache Wirkursächlichkeit, da diese immer an ein Werden und Verändern gebunden ist. »Schöpfung dagegen bedeutet eine einzigartige Setzung einer Begründungs- und Mitteilungsrelation« (vgl. H.-E. Hengstenberg), die angemessen nur als personales Wort- und Rufgeschehen verstanden werden kann.

Daraufhin sind der Schöpfung personale Strukturen eingeprägt, die sich im Welthandeln Gottes als seine Freiheit (grundsätzlich auch über die Naturgesetze), seine Souveränität und an seiner personalen Unmittelbarkeit in seinem Handeln erweisen. Was der Verfasser innerhalb der personalen Fassung des Gott-Welt-Verhältnisses an Argumenten beibringt (das »Konzept der schöpferischen Impulse«, des »dynamischen Kreationismus«, der Indienstnahme der Stufungen der Schöpfung durch Gott, der neuen Sinnstiftung), ist zwar keine vollständige Ausführung dieses Neuansatzes, aber wohl eine Bereitlegung wesentlicher Elemente.

Es ist nicht zu erwarten, dass das Werk wegen seines entschiedenen Eintretens für eine am Geist der Schrift und der Tradition der Kirche orientierten Fassung der Schöfungswirklichkeit, die zugleich mit der Verwendung personologischer Denkmittel ihre Neuheit erweist, überall Zustimmung finden wird. In manchen Einzelheiten (wie etwa im geringen Eingehen auf die biblisch-hermeneutische Wunderproblematik, im Verzicht auf die von A. Kolping angeschnittene Frage nach den »Wundergrenzen«, in dem nur geringen Eingehen auf die verschiedenen Wunderarten) sind kritische Nachfragen möglich und dürften nicht ausbleiben. Sie werden aber die Bedeutsamkeit und Gediegenheit dieses neue Aspekte erschließenden Werkes nicht mindern können.

Veröffentlicht in: Forum Katholische Theologie, 9. Jahrgang, Heft 4/1993, 299–305.

0 Einführung: Konzept und Vorgehensweise

Die Lehre von der Vorsehung ist gegenwärtig herausgefordert wie selten zuvor in der Geschichte. Die vorliegende Arbeit will versuchen, auf Anfragen an die Vorsehung eine Antwort zu geben. Beim Blick ins Inhaltsverzeichnis dieser Dissertation mag es erstaunen, in welcher Breite das Thema angegangen wurde: Nicht nur die klassischen Themen der traditionellen Vorsehungslehre1 sind behandelt worden, sondern auch andere neu hinzugekommene Bereiche – bedingt durch den enormen Wissenszuwachs und die technische Entwicklung – wurden aufgearbeitet. Es sollte der Versuch gemacht werden, entgegen manchen Atomisierungstendenzen in der Theologie einen systematischen Überblick und Durchstieg zu bringen. Es ist an der Zeit, die Lehre von der Vorsehung wieder in einem größeren Zusammenhang darzustellen und nicht wieder eine Detailstudie zu bieten. Die Konzentration auf das Wesentliche brachte es mit sich, dass manches nur angeschnitten wird, was eigentlich weiter vertieft werden müsste. Vielleicht kann diese Dissertation Impulse dazu liefern.

Ein personales Denken durchzieht wie ein roter Faden die Ausführungen dieser Arbeit. Der »personale Rahmen« dürfte wohl der beste hermeneutische [erklärende] Schlüssel zur Besprechung der aufgeworfenen Fragen sein. Personalität ist in der Tat schon der Ausdruck einer »endlichen Unendlichkeit«, die ein kausal-relationales Denken weit hinter sich lässt und auch für die Übertragung auf Gott geeigneter ist als alle anderen Begriffe.2

Es wurde nicht versucht, Überleitungen zwischen den einzelnen Kapiteln herzustellen; jedes steht mehr oder weniger für sich, wenngleich durchgehende theologische Leitlinien und etliche Querverweise für eine gewisse Vernetzung sorgen. Manchmal ließ es sich nicht vermeiden, dass bestimmte Themen, wie etwa die Theodizee, öfters auftauchen. Dies wäre aber nur dann ein Manko, wenn damit Wiederholungen verbunden wären und nicht verschiedene Facetten einer Problemstellung aufleuchten würden. Die Anordnung der Abschnitte ist trotz deren »relativer Autonomie« nicht beliebig. Dies wird ersichtlich, wenn jetzt – in gebotener Kürze – der Inhalt der einzelnen Kapitel umrissen wird.

In einem einführenden Abschnitt wird die existentielle Relevanz, aber auch die weltanschauliche und theologische Problematik der Vorsehung deutlich. Für das zunächst verblüffende Faktum einer nur geringen Bearbeitung der Providentialehre [Vorsehungslehre] in der theologischen Literatur sind die Gründe darzulegen.

Bevor eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen an das Lehrstück von der Vorsehung aufgenommen werden kann, ist es notwendig, »Altlasten« aufzuarbeiten. Jeder, der heute über die Vorsehung etwas schreibt, wird den argen Missbrauch berücksichtigen müssen, der mit ihr begangen wurde. Sie diente als Vorwand machtpolitischen Kalküls in einem totalitären System und musste in theologischen Traktaten zur Rechtfertigung von Krieg und Gewalt herhalten. Sie wurde so zu einem durch die Geschichte belasteten Begriff. Jeder Missbrauch schlägt aber zurück und macht eine Sache verdächtig.

Vor theologischen Darlegungen auf mehr theoretischer Ebene gilt es gerade bei der Providentia [Vorsehung], sich zunächst der christlichen Erfahrung zuzuwenden, sich in exemplarischen Verdeutlichungen gelebten Vorsehungsglaubens gleichsam der Tatsächlichkeit der Vorsehung überhaupt zu vergewissern. Es gibt kaum eine andere Lehre, die ähnlich stark auf den existentiellen Vollzug drängt und sich in ihm bewähren muss, wenngleich eine Grundlagenreflexion nicht durch ein vorschnelles Ausweichen auf praktisches Handeln übergangen werden darf.3 Die Beispiele gelebten Vorsehungsglaubens können nachhaltig der Gefahr wehren, die Vorsehung zu weit entfernt von der Erfahrungswirklichkeit darzulegen.4 Auf diese kann bei den weiteren Ausführungen als gediegene Ausgangsbasis zurückgegriffen werden.

Die Ergebnisse der Dogmatikertagung im Jahr 1987 wurden unter dem Titel »Vorsehung und Handeln Gottes« veröffentlicht. Diese Titelangabe zeigt, welche Bedeutung im Lehrstück der Providentia dem Wirken Gottes zukommt. Eine grundsätzliche Besinnung darauf und die Beziehung Gottes zum Menschen, der Welt und der Geschichte ist unumgänglich. Wer allerdings heute von einem »Weltplan« oder einem »Eingreifen« Gottes in Natur und Geschichte spricht, trägt die Beweislast: Er muss darlegen, wie ein derartiges Handeln denkbar ist. Wenn dieses nicht auf Theorieniveau begründet werden kann, erübrigt sich die Rede über die Vorsehung, denn wie soll Gott Relevanz für unser Leben haben, wenn er gar keine lebendige Beziehung dazu hat? Die Lehre von der Vorsehung ist hierbei Testfall des Gottesbildes und Kritik des Zeitgeistes,5 denn von jeher schon erfolgte bei ihr eine Auseinandersetzung mit geistesgeschichtlichen Strömungen und Zeittendenzen. Ein Großteil dieser Arbeit setzt sich deshalb mit diesem Themenkomplex auseinander.

Den Reflexionen zum Handeln Gottes wurde ein relativ kurz gehaltenes Kapitel über das Verhältnis von göttlicher Allmacht und menschlicher Freiheit vorgeschaltet. Es ergibt sich mit einer inneren Notwendigkeit, hier zuerst Position zu beziehen, da die nachfolgenden Abschnitte wesentlich darauf aufbauen.

Die Frage nach dem Handeln Gottes wird in der theologischen Wissenschaft besonders bei der evolutiven Höherentwicklung und der Theologie des Wunders erörtert. Bei Ersterem werden deshalb neben den Fragen der Teleologie im Naturgeschehen und der Gentechnologie, durch die der Mensch in die Lage versetzt wird, eine geradezu schöpferische Mächtigkeit zu übernehmen, die vorgelegten Theoriemodelle einer aktiven Selbsttranszendenz (Rahner) und eines dynamischen Kreationismus (Hengstenberg) angesprochen werden müssen. Im Abschnitt über das Wunder wird vor allem der neuzeitliche Rationalismus zur Sprache kommen müssen, der die Möglichkeit des Wunders von vornherein negiert, obwohl dieses in der Heilsgeschichte ein bevorzugtes Mittel der Vorsehung ist, ihre Ziele zu erreichen.

Die Ausführungen über das Wunder und die Evolution führen hin zur Frage des Handelns Gottes in der Welt. Die von Weissmahr vorgelegte Zweitursachentheorie, wonach Gott nur zweitursächlich vermittelt in dieser Welt handeln kann, hat sich weitgehend durchgesetzt. Diese Theorie wird kritisch auf ihre Tragfähigkeit hin zu analysieren sein. Sollte sie nicht überzeugen können, wird es unumgänglich sein, einen eigenständigen Antwortversuch zu unterbreiten.

Fragen des Bittgebetes, die sich im Zusammenhang mit der Vorsehungslehre stellen, greift der folgende Abschnitt auf. Es muss besonders erörtert werden, ob die Vorsehung starr vorgegeben ist oder ob sie durch Gebet »beeinflusst« werden kann.

Es ist ein dringendes Desiderat der Vorsehungslehre, diese nicht in abstrakte theologische Höhen hinaufzuschrauben und von der konkreten Wirklichkeit loszulösen. Dem wurde schon im Kapitel der exemplarischen Verdeutlichungen gelebten Vorsehungsglaubens Rechnung getragen. In der Frage nach der Erkennbarkeit des Planes der Vorsehung für den Menschen wird ein weiterer Abschnitt dieser Art eingeschaltet. Für den Glaubenden ist es unerlässlich, die Spuren und Fügungen Gottes in seinem Leben deuten zu können. Deshalb sind Unterscheidungskriterien zu ermitteln, die klären, ob etwas nur der Einbildung oder dem Wunschdenken zuzuschreiben ist oder ob Gott in einem Ereignis, einer Begegnung »gesprochen« hat.

Von jeher war die Providentialehre verbunden mit der Theodizee; manchmal so sehr, dass der Eindruck einer Identifizierung dieser beiden Lehrinhalte vermittelt wird.6 Die klassische Frage »Si Deus – unde malum?« [Wenn es Gott gibt, woher kommt das Böse?] stellt sich gerade vor dem Hintergrund des biblischen Gottesbildes und der in der Vorsehungslehre entfalteten Fürsorge Gottes für sein Geschöpf in voller Schärfe. Der wirre und oft ungerechte Lauf des Weltgeschehens wurde schon von den Kirchenvätern und wird bis heute als ein gewichtiger Einwand gegen einen barmherzigen und vorsehenden Gott angeführt. Die allgemeine »Dürre des Daseins« tritt hier besonders hervor in einem Jahrhundert, das wie keines zuvor in der Geschichte von Krieg, Gewalt und Massenvernichtung gezeichnet ist.

Schon dieser kurze Inhaltsüberblick der Dissertation zeigt die enorme Komplexität der Vorsehungslehre. Scheinbar einfache Inhalte erweisen sich zudem bei schärferem Hinblick als sehr schwierig und abgründig. Was Augustinus über die Erbsündenlehre gesagt hat, kann auch hier Anwendung finden: »Sed inter omnia quae in hac uita possidentur, corpus homini grauissimum est uinculum iustissimis dei legibus propter antiquum peccatum, quo nihil est ad praedicandum notius, nihil ad intelligendum secretius« [Aber unter allen Dingen, die sie (die Menschen) in diesem Leben besitzen, ist der Körper für den Menschen die schwerste Fessel aufgrund der äußerst gerechten Gesetze Gottes wegen der alten Sünde, im Vergleich zu der nichts für die Verkündigung bekannter und nichts für das Verstehen geheimnisvoller ist].7 Trotzdem wird man es nicht bei Anfragen oder der schweigenden Verehrung eines Mysteriums bewenden lassen können, weil der Vorsehungsglaube zum einen »keineswegs in einer bloßen Resignation gegenüber einem bloßen Unerforschlichen und Übermächtigen bestehen«8 kann und zum anderen das munus defensivum [Aufgabe der Verteidigung], das die Theologie von Anfang an hatte, mitbedacht werden muss: »Wenn wir nicht reden, sprechen die anderen; wenn wir nicht erklären, was etwa Entwicklung oder Evolution theologisch bedenkt <gemeint ist wahrscheinlich bedeutet> … erklären es die anderen, und zwar gegen die Theologie.«9

Eine längst überfällige Diskussion muss neu in Gang gebracht werden.10 Die bei der Dogmatikertagung in Erfurt angesprochenen Fragen zur Vorsehung sind quaestiones disputatae [Fragen, die bereits diskutiert worden sind], aber auch weiterhin quaestiones disputandae [Fragen, über die noch diskutiert werden muss]. Es besteht beachtlicher Klärungsbedarf. Der Disput muss wieder gewagt werden.

Meine Vorsehung wird keinem ermangeln, der sie annehmen will und unverbrüchlich auf mich hofft.1

Caterina von Siena

1 Relevanz und Problematik des Vorsehungsglaubens

1.1 Die existentielle Bedeutung des Vorsehungsglaubens

Vorsehung im eigentlich christlichen Sinn meint Vor- bzw. Fürsorge, selbst wenn die deutsche und lateinische (pro-videre [vorher-sehen]) Vokabel eher einen auf die Zukunft ausgerichteten Erkenntnisvorgang im Blick hat und der griechische Ausdruck »Pronoia« wieder einen anderen Akzent setzt.2 Die existentielle Relevanz des Vorsehungsglaubens kann wohl kaum hoch genug eingeschätzt werden. Dies soll anhand einiger Beobachtungen zur providentiellen Deutung christlicher Existenz, der Liturgie und biblisch-theologischer Reflexionen verdeutlicht werden. Ebenso muss aber auch auf unverkennbare Krisenzeichen eingegangen werden.

Man spricht wieder von der Vorsehung. Im Zusammenhang mit den epochalen Umbrüchen und Veränderungen durch die Reformpolitik Gorbatschows ging man in der letzten Zeit öfters auf sie ein.3 Bei der Jahreswende oder anderen ähnlichen markanten Daten, wie Geburtstagen oder Jubiläen, legt es sich nahe, auf sie zu rekurrieren.4 Jeder hat in seinem Leben wahrscheinlich schon die Erfahrung von Fügungen gemacht, die gar nicht spektakulärer Art sein müssen. Fragen folgender Art stellen sich oft: Warum begegnete man einem bestimmten Menschen, fiel einem dieses Buch in die Hand, das man gerade brauchte, war man wie bestellt da, um helfen zu können, obwohl nichts geplant war? Auch unser Sprachgebrauch weist in reicher Fülle auf die Fügungen der leitenden Vorsehung Gottes hin.5 Das seelsorgliche Interesse an Fragen, die sich im Umfeld des Vorsehungsglaubens bewegen, ist groß. Es wird wohl kaum einen Seelsorger geben, der nicht mit Menschen zu tun gehabt hat, die ihm Fügungen ihres Lebens berichteten und anschließend mit der Frage aufwarteten, ob alles nur Zufall oder Einbildung sei oder ob nicht doch Gott seine Hand mit im Spiel gehabt habe. Vieles erscheint dem Glaubenden als eine gute Fügung: die Erfahrung einer großen Liebe, eine Errettung aus einer Gefahrensituation, eine positive Wendung im Berufsleben, die Genesung nach einer schweren Krankheit.6 Aus vielen Lebenszeugnissen geht hervor, dass Gott unmittelbar und schöpferisch am Werk ist, ohne dass dies auffällt und Wunder genannt werden müsste. Das Wissen darum, dass Gott letztlich alles gut machen wird, kann den Menschen tragen. Wie viele haben in schwierigen Situationen ihres Lebens im Vertrauen auf den vorsehenden Gott nicht aufgegeben und dadurch die Kraft bekommen durchzuhalten! Der Vorsehungsglaube als persönliches Vertrauen ist »immer eine Quelle von Ruhe und Trost gewesen, die dem Einzelnen niemals versiegen darf, wenn dieser Glaube nicht wieder zu einer theologischen Theorie werden soll«.7 Die Glaubenstreue vieler Menschen wurzelt deshalb weniger in Unterweisungen als in religiös gedeuteten Lebenserfahrungen. Die Menschen rechnen – im Gegensatz zur Theologie, wie Krolzik vermerkt8 – mit einem vollmächtigen Handeln Gottes oder eines »höheren Wesens«. Die praxis pietatis [Glaubenspraxis, gelebte Frömmigkeit] erweist sich hier wohl stärker als manche theologischen Erwägungen, die einem Handeln Gottes in Welt und Geschichte reserviert gegenüberstehen.

Die Liturgie der Kirche mit ihren Liedern und Gebeten ist eine Fundgrube eigener Art. Worte der Zusage, des Beistands und des Geleits – entnommen aus der Liturgie oder der Heiligen Schrift – haben Menschen so tief angesprochen und tun es immer noch, dass sie ihr ganzes Leben unter solche Aussagen stellen.9 In den Psalmen und den von ihnen durchtränkten Lob- und Dank-, Vertrauens- und Bittliedern im Gotteslob wird mit Freude und Dankbarkeit die Erfahrung des Schutzes und der Regierung des allmächtigen und gütigen Schöpfers gepriesen.10 Die aus der Tradition hervorgeholten Fürbitten bezeugen mit »einer geradezu brachialen Gläubigkeit«11 den jetzt und hier helfenden und rettenden persönlichen Gott. Gebete für den Frieden wären sinnlos, wenn es kein machtvolles Handeln Gottes in der Welt gäbe. »Jedes Morgen- und Abendlied würde sich erübrigen, wenn Gott nicht als helfender Begleiter unseres Lebens, ja der Geschichte aller Menschen und der Welt verstanden werden könnte.«12 Die Kirche scheut sich nicht, in der Trauungsliturgie diese Leitung Gottes als konkreten Grund anzugeben, der das Brautpaar zusammengeführt hat.13 Umgekehrt empfinden auch die meisten Brautleute die Art und Weise ihres ersten Kennenlernens und Zusammenfindens nicht als Zufall, sondern als eine Fügung Gottes oder zumindest eines wohlwollenden Schicksals. Bei Orationen für plötzlich Verstorbene oder kleine Kinder wird zum Ausdruck gebracht, dass man sich dem Ratschluss der Vorsehung fügt und nicht daran glaubt, dass blindes Schicksal oder Zufall am Werk war.14 Die Berufung in ein hierarchisches Amt der Kirche wird als ein Wirken der Vorsehung Gottes interpretiert.15 In Votivmessen für Staat und Gesellschaft wird in den Orationen die Überzeugung ausgesprochen, dass Gott auf geheimnisvolle Weise die Geschicke der Welt lenkt und dass in seiner Hand die Herzen der Menschen sind.16 Überhaupt ist in den liturgischen Texten von der Vorsehung viel häufiger die Rede, als man gemeinhin annehmen mag.17

Die Fürsorge Gottes für den Menschen ist in der Heiligen Schrift grundgelegt und dort aus jeder Seite ersichtlich. Die Geschichte der Erzväter enthält besonders viele Beispiele der Leitung durch Gott. Die göttliche Führung ist beim Jahwisten sogar das Hauptthema seiner Theologie.18 Aus der Lebensbeschreibung des ägyptischen Josef geht exemplarisch hervor, dass Gott in der Lage ist, scheinbare Zufälligkeiten wie das Passieren einer Karawane in Dotan, eine Begegnung mit einem königlichen Beamten im Gefängnis oder eine siebenjährige Dürrekatastrophe zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzukomponieren. Man hat es mit Zufällen zu tun, »in gläubigen Augen jedoch [mit] Segnungen und Führungen Gottes«.19 »Gott … hat mich vor euch hergeschickt« (Gen 45,7) nach Ägypten, sagt Josef zu seinen Brüdern, obwohl er genau weiß, dass sie es waren, die ihn in die Sklaverei verkauft haben.

Dass der allmächtige Gott in einer besonderen und persönlichen Vorsehung sich der Belange des einzelnen Menschen annimmt, wie dies in den unübertreffbaren Bildern der Bergpredigt von den Lilien des Feldes und den Vögeln des Himmels zum Ausdruck kommt (vgl. Mt 6,26.28), ist in der Tat eine ungeheure Botschaft. Eine das Individuelle und den Einzelnen betreffende Providentia ist das Kernstück des Vorsehungsglaubens.20 Erst in dem Pro-me-Bezug [Für-mich-Bezug, Bezug auf den einzelnen Menschen] wird der Vorsehungsglaube christlich. Ausdruck der sorgenden Hilfe, die Gott dem Menschen gibt, sind behütende Mächte, die Engel. Wieder wird der individuelle Zug deutlich, denn nach der Lehre der Kirche ist jedem Einzelnen ein schützender Engel zur Seite gestellt.21 Trotzdem darf die Vorsehung nicht existentialistisch atomisiert und nur erfahrungsbezogen gesehen werden. Die Einordnung in den übergreifenden Zusammenhang der Weltgeschichte, die für den Einzelnen eine Einfügung bedeutet, muss gewahrt und das unmittelbare Betroffensein durch die väterliche Herrschaft Gottes verlängert werden in Aussagen über den Menschen, die Geschichte und das Wirken Gottes überhaupt. Gerade von der Botschaft des Neuen Testamentes her wird eine scheinbare Individualisierung der Vorsehung, wie man sie aus der Bergpredigt herauslesen könnte, abgewehrt, da sie von der universalen Gottesherrschaft übergriffen verstanden wird.

Die Vorsehung ist nicht nur in der Vorstellung »einfacher Menschen«, sondern auch aus theologischer Sicht so zentral, dass sie und der Gottesgedanke eine unauflösbare Einheit bilden. Es wäre, so Ambrosius, höchste Grausamkeit, den Menschen zu erschaffen und ihn dann sich selbst zu überlassen.22 Ein Gott, der sich nicht sorgt, der nicht vorsieht, würde nach Laktanz jegliche Göttlichkeit verlieren;23 er wäre mit jemandem zu vergleichen, der für die Einrichtung eines Hauses die größte Sorge trägt, nicht aber für die Bewohner. Von Clemens von Alexandrien wird die Vorsehung als derart bedeutend eingestuft, dass ihre Leugnung gleichbedeutend ist mit einer Negation der christlichen Glaubenslehre, ja der Existenz Gottes.24 Im religiösen Bewusstsein sind nach Scheeben der Name Gottes und die Vorsehung deckungsgleich.25

Obwohl dem Vorsehungsglauben eine große existentielle, liturgische und biblisch-theologische Relevanz zukommt, dieser sich als ungeheuer zählebig erweist – er überlebte nicht nur das »Feuer der Aufklärung«, sondern hält sich, wie aus Umfragen ersichtlich ist, auch heute noch in beachtlicher Weise im Bewusstsein der Menschen26 –, sind Krisenzeichen doch unverkennbar. Eine säkularisierte Sprache27 und magische bzw. abergläubische Praktiken (Talisman, Horoskope, Unglückszahlen und -zeichen …) verraten, dass er kaum noch prägende Kraft hat; sonst dürfte auch die Angst der Menschen vor der Zukunft nicht so groß und irrational aufgeladen sein. Die schlimmste Erfahrung von Goritschewa im Westen war, dass sich die Christen von den Nichtchristen nicht abheben; sie haben keine Ausstrahlungskraft: »Es gibt praktisch keine Ereignisse, die sie als von Gott kommend verstehen würden.«28 Die mangelnde Erfahrbarkeit des Wirkens Gottes in dieser Welt ist sicher ein Grund dafür. Man muss sich deshalb auch fragen, ob nicht ein beachtlicher Riss klafft zwischen der lex orandi [Gesetz des Betens] und der lex credendi [Gesetz des Glaubens], denn das Bewusstsein, dass Gott mit seiner lenkenden Kraft in den Geschicken der Welt tätig ist, ist auch unter Christen kaum mehr vorhanden; eine deistische Grundeinstellung prägt das Denken vieler. Nicht zu übersehen ist auch die große Zahl jener, deren Glaube an eine gütige Vorsehung im Ansturm des Leides zusammengebrochen ist, zumal es manchmal den Anschein hat, als ob es auch Fügungen negativer Art geben kann.29 Der Verlust des Vorsehungsglaubens hat für den Einzelnen freilich schlimme Folgen. Das Gefühl des Preisgegebenseins ist entsetzlich.30

1.2 Zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Vorsehungslehre und der Literaturauswahl dieser Arbeit

Aufgrund der Bedeutsamkeit des Vorsehungsglaubens wäre zu erwarten, dass ihm auch in der theologischen Wissenschaft ein entsprechender Platz eingeräumt wird. Es ist auf den ersten Blick wenig verständlich, warum das Lehrstück von der Vorsehung »gegenwärtig zu den gemiedenen und offenkundig uninteressant gewordenen Provinzen der christlichen Lehre gehört«31 und in die theologisch weniger bedeutsame sekundäre Frömmigkeitsliteratur (was keine Wertung im Sinn von zweitklassig sein soll!) abgewandert ist. Populärwissenschaftliche Bücher oder Veröffentlichungen, die für den Schriftenstand in der Kirche bestimmt sind, also »Frömmigkeitsliteratur«, die sicher ihren Anspruch und ihre eigene Berechtigung hat, können diese Lücke nicht füllen. Die Wichtigkeit der Providentialehre wird in den einschlägigen Veröffentlichungen zwar durchweg hervorgehoben,32 zugleich ist aber die Klage über die Vernachlässigung unüberhörbar.33 Angesichts der überbordenden Fülle von Literatur auf anderen theologischen Gebieten, die oft selbst vom Fachmann nicht mehr in ihrer Totalität eingesehen werden kann, ist die mangelnde Aufarbeitung der Vorsehung erstaunlich. Verstärkt wird dieser Sachverhalt durch einen Blick in das Register von Katechismen. Aufgrund der spärlichen Erwähnung der Vorsehung dort könnte man meinen, dass sie keine Relevanz habe.34 In den einschlägigen Dogmatikhandbüchern35 und Lexikaartikeln36 wird man zwar schon fündig, aber auch hier fließen die Quellen nur sehr dürftig (was sicher damit zusammenhängt, dass die Vorsehung ein Einzelthema der Gotteslehre war); meist sind die entsprechenden Artikel ziemlich ähnlich, sodass sie keine neuen Einsichten und Ansätze liefern. Selbst das Lehramt der Kirche hat sich kaum zur Vorsehung geäußert. Die seltenen lehramtlichen Verlautbarungen sind grundsätzlicher Art und nehmen in der umfangreichen Schmaus-Dogmatik nicht einmal eine ganze Seite ein!37

Es gibt kaum neuere Arbeiten, die das Thema direkt angehen. Nur wenige Veröffentlichungen stellen hier eine gewisse Ausnahme dar:38 »Vorsehung und Handeln Gottes«, welche die Vorträge der Dogmatikertagung vom Januar 1987 in Erfurt enthält,39 und der Teilband 4 der Reihe »Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft« (1982)40. Die Vorträge und anschließenden Diskussionen eines interdisziplinären Treffens, das Luyten 1975 unter dem Titel »Zufall, Freiheit, Vorsehung« herausgegeben hat, könnte man auch noch hierzu zählen.41 Bei der gründlichen Arbeit von L. Scheffczyk »Schöpfung und Vorsehung« (1963) liegt der Schwerpunkt auf der dogmengeschichtlichen Entfaltung und der Schöpfungslehre. Außerdem endet diese Darstellung mit dem 19. Jahrhundert und enthält somit gerade die uns heute interessierenden Fragen nicht. Die letzten wissenschaftlichen Monografien im deutschen Sprachraum wurden vor über 40 (!) Jahren geschrieben von E. Stakemeier »Über Schicksal und Vorsehung« (1949)42, J. Konrad (aus evangelischer Sicht) »Schicksal und Gott« (1947)43 und H.-E. Hengstenberg »Von der göttlichen Vorsehung« (1940)44. Damit ist die Zahl der größeren Monografien schon erschöpft. Zwei Kleinschriften, eine theologische Meditation und eine Dissertation sind noch der Erwähnung wert: F. v. Steenberghens »Vorsehung heute« (1971)45, K. P. Fischers »Zufall oder Fügung?« (1977)46, H. W. Unkels »Theorie und Praxis des Vorsehungsglaubens nach Pater Joseph Kentenich« (1980–81)47 und G. Hubers »Machtvoll wirkt sein Arm. Vom Walten der Göttlichen Vorsehung« (1984)48.

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass schon seit Jahrzehnten das Thema der Vorsehung in einer umfassenden Systematik nicht mehr angegangen worden ist.

In diesem Zusammenhang erscheint es angebracht, Anmerkungen zur Literaturauswahl dieser Dissertation zu machen. Es wurde eine Beschränkung auf den deutschen Sprachraum und dort auf Veröffentlichungen seit 1960 vorgenommen, ohne allerdings einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Dieses Prinzip wurde aber nicht streng durchgezogen, wie die Bezugnahme auf nicht wenige fremdsprachige Bücher und Aufsätze zeigt.49 Insofern Grundsätzliches zur Vorsehung anzumerken ist, wurde dies auch an Gestalten der Geschichte, wie etwa Hegel oder D. F. Strauß, gezeigt. Da der Misskredit, in den die Vorsehung heute gefallen ist, seine Wurzeln in der weiter zurückliegenden Vergangenheit hat, war es notwendig, besonders in diesem Punkt den oben genannten Zeitrahmen beträchtlich zu überschreiten. Von esoterischer und anthroposophischer Seite für das Thema dieser Dissertation relevante Schriften wurden eingesehen; sie sind aber in der Regel derart abstrus, dass sie keiner weiteren Erörterung wert sind.50 Vereinzelt waren Bücher nicht mehr erreichbar51, erwiesen sich als wenig hilfreich für die Themenstellung der Dissertation (weil sie fast nur philosophischer Art sind52 oder sich auf bestimmte Einzelaspekte beschränken53) oder verdienen es nicht, näher in Betracht gezogen zu werden54. Zur Literaturauswahl macht Fischer in seiner exzellenten Schrift »Zufall oder Fügung?« folgende Anmerkung: »Der Umstand, dass die hier thematisierte Frage <der Vorsehung> von geistlichen Autoren nur selten gesucht wird, bringt es mit sich, dass die fast unüberschaubare theologische Literatur hierzu wenig Greifbares bietet. Der Kritiker dieses Essays muss diesen Umstand gerechterweise berücksichtigen.«55 Dies gilt auch für die vorliegende Arbeit. Es dürfte bei einiger Suche nicht schwerfallen, einen Theologen zu finden, der sich irgendwo zur Vorsehung geäußert hat und hier nicht berücksichtigt wurde; das Thema ist ja auch derart zentral, dass man kaum daran vorbeikommt. Allerdings ist es eben nur selten explizit in das Zentrum einer eigenen Veröffentlichung gerückt worden. Auffallend ist bei Fischers Literaturangabe auch die beträchtliche Zahl von naturwissenschaftlichen Büchern.56 Die Zeit, in der die Vorsehung rein »binnendogmatisch« abgehandelt werden konnte, ist vorbei. Ein Gespräch mit Vertretern der Naturwissenschaft ist unabdingbar geworden; dies erklärt, warum den aus diesem Bereich sich ergebenden Fragen ein großer Raum gegeben wurde.

Die zur Vorsehungslehre angebotene Literatur offenbart eine verbreitete Skepsis und massive Zweifel, die schon aus den Buch- und Aufsatztiteln ersichtlich sind.57 Besonders klar ist die Frontstellung in C. Amerys »Das Ende der Vorsehung. Die gnadenlosen Folgen des Christentums« (1974)58. Veröffentlichungen dieser Art sind wohl nicht immer nur als publikumswirksame Aufmachungen zu deuten, sondern verraten die Nöte und Anfragen der Zeit, auf die nun eingegangen werden soll.

1.3 Schwierigkeiten und Probleme der Providentialehre

Die Gründe für die Vernachlässigung der Vorsehungslehre haben sicher eine längere Vorgeschichte in der geistesgeschichtlichen Auseinandersetzung der letzten Jahrhunderte.59 Wer im Horizont gegenwärtiger Theologie bleibt, wird allerdings keine lange Ursachenanalyse machen müssen. Die traditionellerweise im Lehrstück über die Vorsehung behandelten Themen sind fast ausnahmslos »heiße Eisen« heutiger Theologie. So braucht es dann auch nicht zu verwundern, dass sie von kaum jemand mehr angegangen werden. Verschärft wird dies dadurch, dass zusätzlich zu den sowieso schon recht schwierigen theologischen Fragen60 noch Strömungen und Tendenzen der Zeit kommen, die für den Vorsehungsglauben geradezu kontraproduktiv sind.

Die moderne Existentialphilosophie mit ihrer negativen Bestimmung des menschlichen Daseins setzt der Lehre von der Vorsehung beträchtlich zu. Die Konstellationen haben sich zudem durch das neuzeitliche Natur-, Welt- und Menschenverständnis negativ verändert. Angesichts eines wissenschaftlich geschulten Bewusstseins will man das Lehrstück von der Vorsehung heute kaum mehr vertreten. Im Denkhorizont des Evolutionsparadigmas werden eigene Vorstellungen und Modelle über Ursprung und Vollendung des Lebens und der Welt vorgelegt, die oft erheblich vom biblischen und lehramtlichen Verständnis von Schöpfung und Vorsehung differieren.

1.3.1 Das naturwissenschaftliche Weltbild der Neuzeit

Die Manager der wissenschaftlich-technischen Weltgestaltung versuchen mit respektablem Erfolg, die Differenz zwischen ihren Berechnungssystemen und der Welt zu minimieren.61 Die Wirklichkeit wird den Bedingungen der Mathematik angepasst durch eine Normierung in nahezu allen Bereichen des Lebens, angefangen von Begriffsbestimmungen bis hin zu den Güteklassen der Lebensmittel. Da eine solche Normierung sich als zweckmäßig erweist und zuverlässige Berechenbarkeit möglich macht, wird sie bewusst zum allgemeinen Grundsatz erhoben. Als Resultat ergibt sich ein Gesamtgefüge einer technisch gestalteten Welt mit einer eigenen Verlässlichkeit. Eine solche künstliche Welt, die erheblich abweicht von der real vorgegebenen mit ihren Unwägbarkeiten und Risiken, wird in ihrem sekundären Charakter kaum mehr erkannt. Sie wird immer mehr als die Welt schlechthin erlebt. Es entsteht eine veränderte Sicht der Wirklichkeit; man spricht von der »modernen Welterfahrung«. Das künstlich verkehrte Weltverhältnis sorgt für eine beträchtliche bewusstseinsmäßige Kluft zwischen einer durch technische Konstruktionsmächtigkeit umgestalteten Welt und jener, wie wir sie aus der Offenbarung kennen.

Die Ränder der Welt waren früher sozusagen numinos, in Bezug auf das Göttliche schaudervoll und anziehend zugleich, eingesäumt. Der Übergang von der sichtbaren zur unsichtbaren Wirklichkeit erfolgte nahtlos. Wie wohl kaum zuvor in der Geschichte wird die Welt heute dagegen in ihrer Profanität erlebt: »Was früher ›hierophan‹ oder ›theophan‹ empfunden wurde, erscheint jetzt als ›profan‹.«62 Vieles wird nicht mehr Gott und seinem Wirken zugeschrieben, sondern erscheint durch den Siegeszug der Naturwissenschaften in den letzten beiden Jahrhunderten natürlich erklärbar ohne die Einschaltung eines metaphysischen Prinzips.63

Die technisch-konstruktivistische Mentalität einer nur eindimensionalen Weltbetrachtung wird in dem Roman »Homo faber« von M. Frisch treffend zum Ausdruck gebracht. Die Hauptperson des Romans, der Ingenieur Walter Faber, schreibt in sein Tagebuch: »Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt, mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Wieso Fügung?«64 Er erlebt zwar eine »ganze Kette von Zufällen«, bleibt aber bei seinem Bekenntnis zur Stochastik [Sammelbegriff für die Gebiete Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik]: »Ich brauche, um das Unwahrscheinliche als Erfahrungstatsache gelten zu lassen, keinerlei Mystik; Mathematik genügt mir.« Zwischen dem Wahrscheinlichen und dem Unwahrscheinlichen gibt es keinen Wesens- oder Seinsunterschied, sondern nur Unterschiede der Häufigkeit nach: »Es ist aber, wenn einmal das Unwahrscheinliche eintritt, nichts Höheres dabei, keinerlei Wunder oder Derartiges, wie es der Laie so gerne haben möchte. Indem wir vom Wahrscheinlichen sprechen, ist ja das Unwahrscheinliche immer schon inbegriffen, und zwar als Grenzfall des Möglichen, und wenn es einmal eintritt, das Unwahrscheinliche, so besteht für unsereinen keinerlei Grund zur Verwunderung, zur Erschütterung, zur Mystifikation.« Der »Homo faber« steht hier für den vom naturwissenschaftlichen Denken geprägten Menschen, der gegenüber dem, was man früher oft vorschnell als Fügung der Vorsehung betrachtet hat, misstrauisch und ablehnend geworden ist.65 Nicht wenige Erzählungen von »wunderbaren Ereignissen«, selbst wenn sie noch so engagiert vorgetragen werden, tragen in der Tat das Gepräge eines Konstrukts an sich. Allzu offensichtlich spielen andere Motive mit hinein, die von einseitiger subjektiver Belichtung bis hin zum Betrug oder gar Wahn reichen. Die Psychologie erhebt ihren Einspruch, wenn in die Gleichungen menschlicher Lebenserfahrungen allzu rasch Fügungen als unbekannte Größen eingebracht werden. Sie entlarvt (so zumindest bei S. Freud) religiöse Ideen dieser Art als Illusion, ein Produkt kindlichen Wunschdenkens, und stellt dem illusionären Denken das Realitätsprinzip entgegen. Auch von theologischer Seite wird man dem nicht immer widersprechen, zumal eine gewisse »Entgötterung« der Welt sicher dort angebracht ist, »wo Glaube an ›höhere Gewalt‹ oder ›Fügungen‹ nachweislich menschliche Verfügungsgewalt ersetzen oder Verantwortung abtreten soll«.66

Die fortschreitende Entdeckung der naturgesetzlichen Zusammenhänge bleibt für das Bekenntnis des christlichen Vorsehungsglaubens nicht ohne Folgen. In gewisser Weise stellt sich uns heute, wenngleich unter völlig anderen äußeren Bedingungen, die gleiche Frage wie bei der Landnahme der Israeliten nach dem Exodus. Damals ging es darum, ob der Nomadengott, der Mitgeh-Gott, wie ihn die Israeliten auf ihrer Wüstenwanderung erfahren hatten, auch zuständig ist für die Sesshaftwerdung und die damit verbundene Lebenskultur; konkret, ob Jahwe ein Gott ist, der für Fruchtbarkeit und Wachstum verantwortlich ist, oder ob man sich einen neuen Gott suchen muss, was dann in der Baalsverehrung auch geschehen ist. Die Frage ist für viele heute in einer vergleichbaren Umbruchsituation ähnlich: Ist Gott angesichts einer technisch durchrationalisierten Welt, die immer mehr nur die vestigia hominis [Spuren des Menschen] erkennen lässt, in der bisher gedachten Weise zuständig oder muss man sich vom »alten Gott« verabschieden? Entsteht nicht für den Christengott aufgrund des modernen Verständnisses von Welt und Geschichte »Wohnungsnot«? Schon in Spinozas theologisch-politischem Traktat wird man des Problems ansichtig, das entsteht, wenn man die rationalistische Weltsicht an die Offenbarung heranträgt: »Wenn sich nun manches in der Heiligen Schrift findet, von dem wir die Ursachen nicht anzugeben wissen und das außerhalb der Naturordnung, ja ihr entgegen geschehen zu sein scheint, so darf uns das nicht stutzig machen; wir müssen vielmehr ohne Weiteres annehmen, dass das, was wirklich geschehen ist, auf natürlichem Wege geschah.«67