Herzbeben (Die Sullivans aus Maine 2) - Bella Andre - E-Book

Herzbeben (Die Sullivans aus Maine 2) E-Book

Bella Andre

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Beschreibung

Rory Sullivan, ein renommierter Kunstschreiner, hat nicht vor, sich bald zu verlieben. Schon gar nicht in Zara Mirren, die sich in Bar Harbor, Maine, eine zur Werkstatt umgebaute Lagerhalle mit ihm teilt. Als Handwerkerin ist sie zwar Spitzenklasse und die von ihr entworfenen Brillenfassungen könnte man fast als Kunstwerke bezeichnen, aber alles andere an ihr treibt ihn in den Wahnsinn. Dass sie ihre Pop-Schnulzen ständig in der falschen Tonlage pfeift. Dass sie auf allen verfügbaren Arbeitsflächen ihre halbausgetrunkenen Kaffeetassen stehenlässt. Und vor allem, dass er seine Augen nicht von ihr abwenden kann, sobald sie den Raum betritt ... und dass sie ihm auch ständig im Kopf herumspukt, wenn sie wieder gegangen ist. An ihrem Beruf liebt Zara einfach alles. Beim Entwerfen und Anfertigen bunter, witziger Brillengestelle kann sie sowohl ihre Kreativität als auch ihr technisches Talent nutzen. Der einzige Nachteil besteht darin, dass ihr an ihrem Arbeitsplatz ständig der viel zu gutaussehende Rory Sullivan über den Weg läuft ... obwohl sie die Wortgefechte mit ihm insgeheim genießt. Wenn sie sich jeden Tag neu überlegt, wie sie Rory ärgern kann, hat das auch den Vorteil, nicht mehr ständig darüber nachgrübeln zu müssen, dass ihr Ex-Freund sie mit ihrer Stiefschwester betrogen hat. Aber als sie erfährt, dass ihr Ex und ihre Stiefschwester sich verlobt haben, ist sie völlig verblüfft von Rorys Vorschlag, sich als ihr Freund auszugeben und sie auf die Verlobungsfeier zu begleiten – und dort als Team anstatt als Gegner aufzutreten. Sozusagen eine Art Waffenstillstand. Es stellt sich heraus, dass unter der Oberfläche der Spannungen zwischen den beiden eine tiefere Leidenschaft und eine stärkere emotionale Bindung besteht, als sie sich jemals hatten vorstellen können. Werden sowohl Rory als auch Zara am Ende dem Menschen ihr Herz schenken, mit dem sie am wenigsten gerechnet haben? "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich *** Die Sullivans aus Maine *** Mit Leib und Seele Herzbeben

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Herzbeben

Die Sullivans aus Maine

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Eine Anmerkung von Bella

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Epilog

Auszug aus Wenn du mich jetzt küsst

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Herzbeben

© 2021 Bella Andre

Die Sullivans aus Maine

Übersetzung Christine L. Weiting – Language + Literary Translations, LLC

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Rory Sullivan, ein renommierter Kunstschreiner, hat nicht vor, sich bald zu verlieben. Schon gar nicht in Zara Mirren, die sich in Bar Harbor, Maine, eine zur Werkstatt umgebaute Lagerhalle mit ihm teilt. Als Handwerkerin ist sie zwar Spitzenklasse und die von ihr entworfenen Brillenfassungen könnte man fast als Kunstwerke bezeichnen, aber alles andere an ihr treibt ihn in den Wahnsinn. Dass sie ihre Pop-Schnulzen ständig in der falschen Tonlage pfeift. Dass sie auf allen verfügbaren Arbeitsflächen ihre halbausgetrunkenen Kaffeetassen stehenlässt. Und vor allem, dass er seine Augen nicht von ihr abwenden kann, sobald sie den Raum betritt … und dass sie ihm auch ständig im Kopf herumspukt, wenn sie wieder gegangen ist.

An ihrem Beruf liebt Zara einfach alles. Beim Entwerfen und Anfertigen bunter, witziger Brillengestelle kann sie sowohl ihre Kreativität als auch ihr technisches Talent nutzen. Der einzige Nachteil besteht darin, dass ihr an ihrem Arbeitsplatz ständig der viel zu gutaussehende Rory Sullivan über den Weg läuft … obwohl sie die Wortgefechte mit ihm insgeheim genießt. Wenn sie sich jeden Tag neu überlegt, wie sie Rory ärgern kann, hat das auch den Vorteil, nicht mehr ständig darüber nachgrübeln zu müssen, dass ihr Ex-Freund sie mit ihrer Stiefschwester betrogen hat.

Aber als sie erfährt, dass ihr Ex und ihre Stiefschwester sich verlobt haben, ist sie völlig verblüfft von Rorys Vorschlag, sich als ihr Freund auszugeben und sie auf die Verlobungsfeier zu begleiten – und dort als Team anstatt als Gegner aufzutreten. Sozusagen eine Art Waffenstillstand. Es stellt sich heraus, dass unter der Oberfläche der Spannungen zwischen den beiden eine tiefere Leidenschaft und eine stärkere emotionale Bindung besteht, als sie sich jemals hatten vorstellen können. Werden sowohl Rory als auch Zara am Ende dem Menschen ihr Herz schenken, mit dem sie am wenigsten gerechnet haben?

Eine Anmerkung von Bella

Herzbeben ist allen Brillenträgerinnen gewidmet!

Seit ich neun Jahre alt war, trage ich eine Brille. Mit dem riesigen braunen Gestell auf der Nase sah ich vielleicht nicht cool aus, aber ihm habe ich es zu verdanken, dass ich Tennis spielen und lesen konnte, was in der Schule an der Tafel stand. Und beim Gehen stolperte ich nicht ständig über irgendwelche Gegenstände.

Schon lange wollte ich ein Buch über eine Frau schreiben, die eine Brille trägt – und über einen Mann, der sie mit Brille noch schöner findet.

Rory Sullivan ist der perfekte Mann für Zara Mirren. Und zwar nicht nur, weil er Schokoladentorte genauso sehr liebt wie sie, sondern weil er, wenn Zara ihn braucht, alles tut, was er kann, um ihr Freude zu bereiten.

Ich hoffe, dass Sie Rory und Zaras Liebesgeschichte, die im schönen Bar Harbor im US-Bundesstaat Maine spielt, in vollen Zügen genießen werden.

Wenn Sie zum ersten Mal ein Sullivans-Buch lesen, sollten Sie wissen, dass sich jedes Buch leicht als Einzelwerk lesen lässt, auch wenn Sie die anderen noch nicht kennen.

Ein glückliches Leseerlebnis wünscht Ihnen Ihre

Bella Andre

P.S.: Weitere Geschichten über die Sullivans aus Maine folgen in Kürze! Bitte melden Sie sich für meinen Newsletter (BellaAndre.com/Germany) an, damit Sie keine Neuerscheinungen verpassen.

KAPITEL 1

Zara Mirren konnte sich gar nicht mehr einkriegen. Um nicht laut loszuheulen, lachte sie. Noch besser wäre es gewesen, sich einen Dreck darum zu scheren, was ihre Stiefschwester und ihr Ex-Freund machten.

Sich verloben, zum Beispiel.

Zara goss sich noch ein Glas Schampus ein. In Bar Harbor, Maine, war es zwar erst kurz vor neun Uhr morgens … Na und? In Helsinki wären es bald fünf Uhr nachmittags, das musste als Grund genügen.

Sie kippte das zweite Glas so schnell runter, dass der Sekt gar keine Zeit hatte, auf ihrer Zunge zu bitzeln. Normalerweise trank sie nicht viel und würde an einem Glas Prosecco eine gute Stunde lang nippen. Heute war sie allerdings froh, kein Gramm Fett zu viel zu haben. Je schneller der Schampus sie betrunken machen würde, desto besser.

„Gibts hier was zu feiern?“

Zara blickte auf und sah, dass Rory Sullivan am Türrahmen der Gemeinschaftsküche lehnte. In seinem weißen T-Shirt und den abgetragenen Jeans glich er einem modernen James Dean.

Das konnte auch nur ihr passieren, dass Rory an einem Freitagmorgen in aller Frühe hier auftauchte und sie dabei ertappte, wie sie mit einer Flasche Sekt, die letztes Wochenende beim Tag der offenen Tür ihres Künstlerkollektivs übriggeblieben war, ihre Sorgen hinunterspülte.

Zusammen mit sechs weiteren Kunsthandwerkern hatten Zara und Rory ein paar Kilometer von der Innenstadt entfernt einen Co-Working Space in einer umgebauten Lagerhalle gemietet. Mit allen anderen im Gebäude kam Zara gut zurecht. Nur Rory machte sie wahnsinnig.

Und sie war sich ziemlich sicher, dass sie ihn noch wahnsinniger machte.

Bei dem Gedanken musste sie lächeln, schenkte sich noch einmal nach und hob dann das Glas an ihre Lippen, um noch einen tiefen Zug zu tun. Nachdem sie es geleert hatte, antwortete sie: „Noch ein Tag im Paradies. Warum sollte man da nicht feiern?“

Er lehnte immer noch am Türrahmen und sah aus dem Fenster. „Nach all dem Regen sind blauer Himmel und Sonnenschein auf jeden Fall ganz schön“, stimmte er zu, bevor er seinen Blick wieder ihr zuwandte. „Warum gehen wir nicht einfach spazieren und genießen es?“

Ihre ganze Antwort auf diese lächerliche Frage war ein Schnauben. Noch nie hatten sie freiwillig allein Zeit miteinander verbracht, außer, um zu streiten. Dabei verrutschte ihre Brille ein bisschen, aber sie machte sich nicht die Mühe, sie wieder gerade zu rücken. Es machte ihr nichts aus, wenn sie heute alles ein bisschen verschwommen sah. „Nein, danke.“ Sie füllte ihr Glas nochmals und erhob es, als wolle sie ihm zuprosten. „Mir gefällt es hier.“

Er kam näher, und leider war sie noch nicht so betrunken, dass sie nicht bemerkt hätte, wie gut er roch. Wie frisches Zedernholz. Sie arbeitete jetzt seit einem Jahr hier und hatte festgestellt, dass er, egal wie sehr er in seiner Möbelschreiner­werkstatt ins Schwitzen kam, niemals schlecht roch. Außerdem war seine Arbeit immer exzellent.

Verdammt.

Er goss sich eine Tasse Kaffee ein und holte sich einen Stuhl an den Tisch. „Willst du mir sagen, was dich heute so überglücklich macht?“

Sie hatte das Gefühl, dass er seine Worte bewusst wählte, was er bei ihr vorher noch nie gemacht hatte. Bei allen anderen war er der geborene Charmeur. Aber wenn er mit ihr sprach – beziehungsweise einen Schlagabtausch führte – machte es ihm großen Spaß, sich von seiner polemischen Seite zu zeigen.

Und wenn er auch ziemlich oft nahe daran war, ihr ein Lachen zu entlocken, so würde sie das doch niemals zugeben.

Wenn ihr Kopf sich jetzt nicht angefühlt hätte, als wolle er sich von ihrem Hals lösen und davon schweben, dann wäre ihr vielleicht eine schlagfertige Antwort auf seine Frage eingefallen. Stattdessen hörte sie, wie ihr eigener Mund die Worte formte: „Es wird dich umhauen, was ich für eine Neuigkeit habe.“

Er schenkte ihr die Andeutung eines Lächelns, von dem sie sofort ein flaues Gefühl im Magen bekam. Nein, das musste an dem Prosecco liegen. Aber dass er so nah bei ihr saß, dass sie die grünen Punkte in seinen blauen Augen sehen konnte, machte die Sache nicht leichter.

„Ich bin sehr gespannt, es zu hören“, sagte er.

Auch jetzt schien es ihr das Klügste zu sein, noch etwas zu trinken, bevor sie anfing zu sprechen. Als sie das leere Glas hinstellen wollte, kam es ins Schwanken und wäre beinahe umgekippt. Bevor sie jedoch ihre Hand dazu bringen konnte, den Anweisungen ihres Gehirns zu gehorchen und nach dem Glas zu greifen, hatte Rory es bereits aufgerichtet.

„Meine Stiefschwester hat sich verlobt“, sagte Zara. Er zog eine Braue nach oben und wartete offensichtlich auf eine Erklärung, warum dies keine fantastische Neuigkeit war. „Mit meinem Ex.“ Seine andere Augenbraue ging nach oben, aber er schwieg immer noch, so, als ob er instinktiv wusste, dass noch etwas nachkommen würde. „Vor einem Jahr habe ich sie miteinander im Bett erwischt.“

Damals hatte sie beschlossen, Camden zu verlassen und nach Bar Harbor zu ziehen. Camden war einfach zu klein – ständig lief ihr das glückliche Paar beim Einkaufen, im Café oder an der Tankstelle über den Weg. Zwei Wochen nachdem sie das Techtelmechtel entdeckt hatte, hatte sie ihre Sachen gepackt und war nach Norden gefahren.

Rory sah nicht so aus, als hätte er Mitleid mit ihr. Aber immerhin sagte er: „Echt scheiße.“

Genau. Natürlich war es das. Aber Ähnliches hatte Zara in den letzten fünfzehn Jahren mit ihrer Stiefschwester immer wieder erlebt, wenn auch in weniger katastrophalem Ausmaß. Sie machte es Brittany nicht zum Vorwurf, dass sie schön und modebewusst und für alle Männer weit und breit unwiderstehlich war. Stattdessen versuchte Zara, sich einzureden, dass sie Brittany hätte dankbar sein sollen, weil sie ihr Camerons wahren Charakter gezeigt hatte, bevor es zu spät war. Jetzt hatte ihn eben ihre Stiefschwester am Hals. Und sie war ihn los. Gut so.

Außerdem hatte sie schon viel Schlimmeres erlebt. Dass ihre Stiefschwester ihren Ex heiraten würde, war ein Klacks im Vergleich damit, dass sie mit vierzehn ihre Mutter verloren hatte.

Zara zuckte mit den Schultern. „Sie passen zusammen. Besser als er und ich je zusammengepasst haben. Es ist kein Beinbruch.“ Zumindest wäre es keiner mehr, wenn sie erst noch etwas mehr getrunken hätte.

Sie griff nach der Flasche und hielt sie kopfüber über ihr Glas. Dabei war sie allerdings nicht mehr sehr zielsicher. Wäre die Flasche nicht fast leer gewesen, dann hätte sie den Tisch überschwemmt. Sie stellte sie wieder hin, ließ ihre Finger durch die kleine süße Sektlache fahren und leckte sie ab. Dann hielt sie ihr Handy hoch und wedelte damit vor Rorys Gesicht in der Luft.

„Ihre Nachricht kam ein paar Minuten, bevor du gekommen bist.“ Sie blinzelte auf den Bildschirm und las noch einmal, was ihre Stiefschwester geschrieben hatte. „Es gibt auch eine Verlobungsparty. Nur eine kleine Feier.“ Beinahe hätte Zara wieder gelacht. Klein gab es bei Brittany nicht. Abgesehen vom Umfang ihrer Taille.

„Wann soll sie denn stattfinden?“

Zara stützte ihr Kinn auf die Hände. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sich ihr Kopf das letzte Mal so schwer angefühlt hatte. Er kam ihr doppelt so groß vor wie normal. Was hatte Rory gerade gefragt? Ach ja, wann die Party stattfand. „Morgen. Sie sind so aufgeregt, sie sagte, sie könnten es kaum erwarten, mit allen zu feiern.“ Ihre Stiefschwester hatte ein Selfie geschickt, auf dem Cameron sie küsste, während sie selbst einen protzigen Diamantring in die Kamera hielt.

„Morgen passt gut“, sagte Rory.

Zara waren die Augen zugefallen, aber als seine Worte schließlich in ihr Gehirn drangen, starrte sie ihn mit großen Augen an. „Was haben denn deine Samstagspläne mit mir zu tun?“

„Ich habe Zeit, mit dir dahin zu fahren.“

Hatte er den Verstand verloren? „Ich habe dich nicht eingeladen, mitzukommen.“

Er griff nach der Rolle Papierhandtücher, die hinter ihm auf der Theke lag. Dabei zog sich sein T-Shirt hoch und legte einige Zentimeter gebräunte Haut frei. Die Bauchmuskeln darunter ließen ihre Augen noch größer werden.

Sanft hob er ihre Arme etwas an, wischte die Prosecco-Pfütze darunter weg und sagte dann: „Mit mir dorthin zu fahren, ist bestimmt besser als allein.“

An jedem normalen Tag hätte sie auf diese Behauptung nur mit Spott reagiert. Aber dieser hatte so schrecklich begonnen, dass sie sich dabei ertappte, seinen Vorschlag ernsthaft in Betracht zu ziehen. Sie starrte ihn an. „Ich denke schon, dass dich manche für attraktiv halten könnten.“

Das entlockte ihm einen Lacher. „Im Laufe der Jahre habe ich schon ein paar Komplimente abbekommen.“

Angesichts seiner falschen Bescheidenheit rollte sie die Augen. „Und du bist überhaupt nicht selbstgefällig.“ Ihre Worte trieften vor Sarkasmus.

„Du kannst es einem doch nicht verübeln, wenn er dir sagt, dass du richtig liegst.“

Diesmal war sie diejenige, die einen Lacher ausstieß. „Egal.“ Sie fühlte sich plötzlich so schlaff und benommen, dass ihr eine Fortführung des Gesprächs sinnlos erschien. „Wenn du tatsächlich kommen willst, dann wirst du es wohl tun, schätze ich.“ Sie konnte kaum die Augen offenhalten, aber eins musste sie ihm noch sagen, bevor sie dem Drang nachgab, sie zu schließen. „Meine Stiefschwester wird dir gefallen. Sie gefällt allen. Brittany ist wirklich hübsch. Sie ist perfekt.“

Mit diesen Worten legte Zara ihren Kopf auf den Tisch und ließ sich vom Schlaf einholen.

KAPITEL 2

Welcher Teufel hatte ihn da eigentlich gerade geritten?

Rory streckte die Hand aus, um Zara ihre leuchtend grüne Brille abzunehmen, aber obwohl er sie anstupsen musste, um den Bügel zwischen ihrer Wange und ihren Armen herauszuziehen, schnarchte sie einfach weiter.

Seit einem Jahr arbeiteten sie jetzt zusammen, aber er würde es nicht als eine Freundschaft bezeichnen. Im Gegenteil, an den meisten Tagen schafften sie es kaum, einen zivilisierten Umgangston zu wahren.

Beispiel: Er war in die Küche gekommen, um sich zu beschweren, dass sie schon wieder seinen Stellplatz besetzt hatte. Da Rory bereits am längsten von allen hier arbeitete, ging er davon aus, dass der Parkplatz vor seiner Werkstatttür ihm zustand. Außerdem musste er als Möbelschreiner in der Regel die schwersten Materialien und Gerätschaften rein und raus befördern.

Alle anderen hielten sich daran, aber Zara schien sich am wohlsten zu fühlen, wenn sie gegen diese Regel verstieß und ihm in die Quere kam.

Niemals hätte er damit gerechnet, dass er sie einmal morgens dabei antreffen würde, wie sie sich mit Schampus volllaufen ließ. Wenn jemand ihn aufgefordert hätte, Zara Mirren in einem Wort zu beschreiben, dann hätte er unkaputtbar gesagt.

Heute schien sie alles andere zu sein.

Allein schon die groben Fakten ihrer Geschichte waren schlimm genug. Er konnte sich nicht vorstellen, einem seiner Brüder die Freundin wegzuschnappen. Der Geschwisterkodex war eindeutig: Wenn er, Brandon, Turner oder Hudson eine Frau nur ansahen, dann war sie für die anderen Brüder tabu. Die Familie hatte Vorrang.

Zaras Stiefschwester empfand das offensichtlich nicht so. Sie hatte nicht nur keine Skrupel, mit Zaras Freund herumzumachen, nein, sie würde ihn sogar heiraten. Er vermutete, dass mancher jetzt vielleicht meinte, weil sie auf dem Weg zum Traualtar waren, habe am Ende die „wahre Liebe“ gesiegt und jedes Unrecht sei dadurch beseitigt. Aber Rory sah das ganz und gar nicht so.

Wenn überhaupt, dann machte das den Verrat für Zara nur noch schmerzhafter.

Deshalb hatte er sich spontan angeboten, sie zur Verlobungsfeier zu begleiten. Er musste nicht Zaras bester Freund sein, um es unerträglich zu finden, wenn seine Kollegin sich allein in ein solches Haifischbecken begeben müsste.

Er wollte ja nicht eingebildet sein, aber man hatte ihm mehr als einmal gesagt, dass er durchaus eine gute Figur abgeben konnte. Und es würde nicht schaden, Zaras Exfreund ein bisschen eifersüchtig zu machen, nach allem, was dieser Idiot Zara hatte erleiden lassen: Nicht nur, dass er fremdgegangen war, sondern auch noch mit ihrer Stiefschwester!

Wenn irgendein Typ einer von Rorys Schwestern so etwas angetan hätte …

Am Henkel der Kaffeetasse ballte sich seine Hand zur Faust. Niemand hatte es verdient, wie Dreck behandelt zu werden.

Selbst wenn Zara fürchterlich nervte.

Und schnarchte wie ein Staubsauger.

Auf dem Parkplatz wurde eine Autotür zugeschlagen und die anderen Kunsthandwerker, die sich in der Lagerhalle eingemietet hatten, trudelten langsam ein. Rory war zwar nicht Zaras bester Freund, aber kannte sie doch so weit, dass er wusste, es wäre ihr unerträglich, wenn jemand anders hier sie so sehen würde. Sie wirkte nicht nur unkaputtbar, sie war auch unheimlich stolz.

Außerdem würde er es sich nie verzeihen, wenn ihr im volltrunkenen Zustand etwas zustieß. Besonders nach dem, was letztes Jahr mit Chelsea passiert war …

Er zwang den Gedanken zurück in die dunklen Tiefen seiner Seele, legte Zara seine Hand auf die Schulter und stieß sie sanft an. „Hey, du Schlafmütze. Ich bringe dich wohl am besten nach Hause, damit du deinen Rausch im Bett ausschlafen kannst.“

Sie öffnete ein Auge. „Ich wusste schon immer, dass du mir an die Wäsche willst.“

Sie lallte so undeutlich, dass er ihre Worte fast nicht verstehen konnte. Auch sein Lachen konnte er nicht zurückhalten. „Träum weiter.“

„Ich war am Träumen“, murrte sie, „bis du mich aufgeweckt hast.“

Bei der Vorstellung, dass er ihr an die Wäsche wollte, musste er immer noch lachen. Dass es ihn angetörnt hatte, als sie sich den Schampus von den Fingern leckte, führte er nicht auf Zaras Lecken, sondern auf sein Jahr der Enthaltsamkeit zurück. Er legte sich einen ihrer Arme um die Schultern, schob seinen Arm um ihre Taille und hob sie in den Stand.

„Wo wohnst du?“, fragte er.

„Geht dich nichts an.“

Obwohl sie nur halb bei Bewusstsein war, war sie wirklich nervtötend. Ehrlich gesagt, war es ziemlich beeindruckend.

„Dann eben zu mir“, sagte er.

Er erwartete entsetzten Protest, aber jetzt war sie endgültig weggetreten. Er schob ihre Brille in seine Tasche und hob sie dann in seine Arme, um sie zu seinem Truck zu tragen, bevor jemand sie sehen konnte.

Glücklicherweise wachte sie gerade so weit auf, dass er sie leichter auf den Beifahrersitz heben und anschnallen konnte. Aber bereits, als er rückwärts aus der Parklücke fuhr, lag sie ganz gegen ihn gelehnt. Da er nicht riskieren wollte, dass sie in den Fußraum abrutschte, legte er seinen Arm um sie und hielt sie auf der Fahrt zu sich nach Hause fest.

In einer Million Jahren hätte er so etwas nicht kommen sehen. Zara trank normalerweise nicht viel, das hatte er bei mehreren Veranstaltungen in ihrem Co-Working Space bemerkt. Deswegen war ihm heute Morgen klar gewesen, dass etwas nicht stimmte. Hätte Zara wirklich etwas feiern wollen, hätte sie viel eher seine Schwester Cassie gebeten, ihr das Fruchtgelee-Konfekt mitzubringen, das sie so gern mochte. Seine Schwester konnte mit Zucker wahre Wunder vollbringen. Aber noch nicht einmal er mochte Fruchtgelee-Ecken. Nur so jemand komisches wie Zara konnte ein ebenso komisches Konfekt mögen.

Rorys Haus lag am Ufer, es war ein Leuchtturm, der so heruntergekommen war, dass der Staat Maine ihn fast abgerissen hätte. Letztes Jahr hatte sein Bruder Brandon diesen beim allwöchentlichen Familienessen am Freitagabend erwähnt und Rory hatte sofort gewusst, dass er ihn kaufen musste. Er brauchte einen Ort, an dem er allein sein konnte und wo keine besorgten Nachbarn vorbeikämen, um nach dem Rechten zu sehen, wenn er einmal stundenlang in dem hohen Turm stand und auf die raue, stürmische See starrte.

Seitdem er hier eingezogen war, hatte er in seiner Freizeit die Wohnräume renoviert. Obwohl er noch nicht fertig war, war er mit Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer und Bad schon ziemlich weit gekommen. Er hatte auch alles getan, was notwendig war, um den Leuchtturm wieder voll funktionsfähig zu machen – einschließlich der Teilnahme an einer staatlichen Leuchtturmwär­terschulung – und wenn ein starker Sturm aufkam, stand er im Turm Wache, so wie es ein echter Leuchtturmwärter getan hätte.

Rory war in Bar Harbor aufgewachsen und hatte sich dort immer wohlgefühlt. Obwohl er nach der Universität viel gereist war, hatte er immer vorgehabt, in die Kleinstadt im Norden des Bundesstaates Maine zurückzukommen. Hier war seine Familie, hier waren seine Freunde, und auch die Wälder und das Meer, von denen er sich beim Möbelbauen inspirieren ließ, waren hier.

Zara wachte auf, als er sie aus dem Truck hob. „Warum trägst du mich?“

„Das macht ein Ritter in glänzender Rüstung nun einmal so.“ Auch wenn sie heute Morgen durch die Hölle ging, konnte er nicht widerstehen, sie zu necken.

Er meinte gesehen zu haben, dass sie ihre Mundwinkel leicht nach oben zog, bevor sie ihr Gesicht an seiner Brust verbarg. „Du riechst gut.“ Sie atmete so laut ein, dass er es hören konnte. „Ich wünschte, das würdest du nicht.“ Und dann schlief sie wieder ein.

Sie roch auch gut. Ein wenig nach dem Prosecco, der auf sie getropft war, aber vor allem nach Shampoo mit Lavendelduft.

Wieder sagte er sich, dass er sich nur von ihr angezogen fühlte, weil er ein langes, kaltes Jahr ohne weibliche Gesellschaft hinter sich hatte. Ohne Sex und ohne Rendezvous. Seit der schrecklichen Nacht von Chelseas Unfall.

Er wusste, dass seine Familie immer noch besorgt war um ihn, obwohl keiner von ihnen in den letzten Monaten etwas gesagt hatte. Sie brauchten ihre Sorgen gar nicht laut zu äußern, ihre Blicke sprachen bereits Bände.

Während er sein Haus betrat, überlegte er sich, dass Zara ihren Rausch sicherlich bequemer in einem Bett ausschlafen könnte. Allerdings sollte sie sich aber beim Aufwachen keine Gedanken machen müssen, ob zwischen ihnen irgendetwas vorgefallen war. Natürlich würde eher ein Blitz aus heiterem Himmel in sein Dach einschlagen, als dass sie jemals miteinander schlafen würden. Aber ihm war schon klar, dass sie Zweifel bekommen könnte, falls sie in seinem Bett aufwachte.

Also legte er sie auf die Ledercouch, stützte ihren Kopf mit zwei Kissen ab und deckte sie mit einer Decke zu, die er von der Textilkünstlerin in ihrem Coworking-Gebäude gekauft hatte. Die Hälfte seines Hausrats kam von Kunsthandwerkern aus Bar Harbor. Er war dankbar für die Unterstützung, die er hier am Ort von Anfang an erhalten hatte, und war froh, sich bei der Handwerkergemeinde revanchieren zu können, zumal sie alle äußerst talentiert waren.

Zara war eine der talentiertesten unter ihnen. Rory brauchte keine Brille, aber die Brillengestelle, die sie entwarf und herstellte, gefielen ihm so sehr, dass er sich manchmal wünschte, er hätte eine. Er hatte bereits mehrere für seine Cousins und Cousinen an der Westküste gekauft, und er hatte sich gefreut, als sie ihnen so gut gefielen, dass sie sie an ihre Freunde weiterempfahlen, die dann auf Zaras Online-Portal selbst welche bestellt hatten.

Rory wusste, wie schwer es war, sich selbstständig zu machen. Man musste das Kapital für die ersten drei Monate Material-, Versand- und Mietkosten aufbringen, bevor man seine Rechnungen bezahlt bekam. In den ersten Jahren war jedes verkaufte Stück wichtiger, als die Kunden ahnen konnten.

Er ging in seine offene Wohnküche, schüttete Kaffeepulver in die Kaffeemaschine und behielt dabei Zara im Auge, um sicher zu sein, dass es ihr gut ging. Wenn sie aufwachte, würde sie dringend eine Tasse brauchen. Und da sie ihn schon an guten Tagen meist anknurrte, konnte er sich vorstellen, wie laut sie erst an einem schlechten Tag knurren würde.

Obwohl in seiner Werkstatt viele Stunden Arbeit auf ihn warteten, schob er die To-Do-Liste in seinem Kopf erst einmal zur Seite und zog ein Skizzenbuch heraus. Er könnte ja die Ruhe nutzen, um für eine Bank ein paar neue Ideen in Schwarz-Weiß zu skizzieren.

In diesem Moment wurde Zaras Schnarchen um Einiges lauter. Okay, jetzt war es in seinem Haus also einmal nicht ruhig. Aber auch wenn er sich nie hätte vorstellen können, mit ihr zusammen zu sein, war er doch überrascht, dass es ihm angenehm war, einen anderen Menschen im Haus zu haben. Ein Jahr lang hatte er alle auf Distanz gehalten. Und nun hatte er heute keine andere Wahl gehabt, als die letzte Frau auf Erden, von der er jemals angenommen hätte, dass sie seine stützenden Arme brauchen könnte, mit nach Hause zu nehmen.

Aus einer Stunde Schnarchen wurden zwei. Und dann setzte sie sich plötzlich auf.

Die Haare standen ihr an einer Seite vom Kopf ab, auf der Wange sah man den Abdruck des Kissens und doch berührte es Rory, wie hübsch sie war. Mit Brille war sie sogar noch attraktiver. Er hatte ihre schönen Gesichtszüge sofort bemerkt, aber nachdem sie gleich an ihrem ersten Tag im Lagergebäude aneinander geraten waren, weil sie auf seinem Parkplatz geparkt und sich geweigert hatte, ihr Auto wegzufahren (woraufhin er zu ihrem großen Ärger beschlossen hatte, sich ausgiebig an ihrem teuren, handwerklich gerösteten Kaffee zu bedienen), hatte er sich nach besten Kräften bemüht, nicht auf ihr Aussehen zu achten.

„Wo bin ich?“ Sie schielte erst durch den Raum, dann auf ihn. „Und warum bist du hier?“

KAPITEL 3

In Zaras Kopf drehte sich alles wie auf einem alten Plattenspieler, als Rory durch den Raum ging und ihr die Brille hinhielt. Erleichtert, endlich mehr als nur verschwommene Figuren erkennen zu können, setzte sie sie auf. Optisch sah sie zwar jetzt klar, aber sonst schien überhaupt nichts klar zu sein.

Ja, sie erinnerte sich, dass sie fast eine ganze Flasche Prosecco getrunken hatte. Aber trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie sich bereit erklärt hatte, mit zu Rory zu kommen, falls das hier sein Zuhause war.

Das Haus war wunderschön, mit Holzbalken, dunklen Fußböden und natürlichem Licht, das durch raumhohe Fenster hereinströmte.

Und … wow, war das etwa ein Leuchtturmhaus?

Sie befanden sich direkt am Wasser. Die See war ruhig heute, aber sie konnte sich vorstellen, wie rau und wild es hier mitten in einem Sturm sein würde. Es wäre ein Traum, in diesem Haus zu wohnen, vor allem mit all den genial konzipierten und handwerklich gefertigten Möbeln hier.

„Ich konnte dich doch nicht in der Gemeinschaftsküche schnarchen lassen“, sagte er und beantwortete damit endlich ihre Fragen. „Deswegen habe ich dich, als du mir deine Adresse nicht sagen wolltest, stattdessen zu mir nach Hause gebracht.“ Seine Stimme klang so laut, dass sie sich die Ohren zuhalten musste. „Das hier wird dir hoffentlich helfen, einen schlimmen Kater zu vermeiden.“ Er stellte zwei Aspirin, ein Glas Wasser und eine Tasse Kaffee auf den Tisch vor der Couch.

„Zu spät“, stöhnte sie, schluckte dann die Pillen und trank das Glas bis zum letzten Tropfen aus.

Als sie fertig war, zeigte er von sich aus gesehen nach links. „Da drüben ist das Bad, falls du …“ Er musterte sie von Kopf bis Fuß. „Dich frischmachen willst.“

Normalerweise hätte sie ihm eine schlagfertige, spitze Antwort gegeben, aber zuerst musste sie sich den Sand aus den Augen und den Belag von der Zunge waschen. Sie erhob sich, stellte dann erst fest, dass ihre Beine alles andere als stabil waren und plumpste abrupt wieder auf die Couch. Was ihren Kopf wie wild zum Pochen brachte.

Er hielt ihr seine Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Fast hätte sie sie weggeschoben, da wurde ihr plötzlich klar, dass ihre üblichen Reaktionen auf Rory nicht mehr ganz angemessen waren. Schließlich hatte er sie davor bewahrt, sich vor ihren sechs Kollegen im Lagerhaus zum Affen zu machen.

Sie ergriff seine Hand und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen und festhalten.

„Okay?“, fragte er und sah ehrlich besorgt aus.

Sie nickte. Es war keine Lüge, wenn es nur darum ging, wie ihre Beine ihr Gewicht trugen.

Alles andere hingegen war nicht okay. Nicht nur, dass ihre Stiefschwester und ihr Ex den nächsten Schritt in Richtung ewige Bindung taten, sondern auch, dass ihr Rorys Berührung eigentlich gar nicht unangenehm war.

Im Gegenteil, nach der Gänsehaut zu urteilen, die sie plötzlich überall spürte, war sie einem Teil von ihr durchaus sehr angenehm.

Der Schock dieser Erkenntnis hätte sie dazu bringen sollen, ihre Hand gleich wieder zurückzuziehen. Aber es war viel einfacher, sich von ihm zum Badezimmer führen zu lassen, als sich allein dorthin zu schleppen. Sie war zwar dickköpfig, aber sie war nicht dumm.

Als sie die Schwelle erreichten, sagte sie: „Von hier an komme ich klar.“ Ihre Stimme klang, als hätte sie den ganzen Morgen über Sandpapier geschluckt.

Nachdem sie abgeschlossen hatte, erblickte sie ihr Spiegelbild über dem Waschbecken und hätte fast laut aufgestöhnt. Sie wusste nicht, was schlimmer war – der Sabber, der auf ihrer Wange getrocknet war, oder ihre Haare, die ihr jetzt wie die Haare der Medusa vom Kopf abstanden.

Nicht, dass Rory sie jemals für eine Schönheitskönigin halten würde. Oder dass sie das von ihm erwarten würde. Aber trotzdem. Sie legte gewisse Maßstäbe an, und im Moment befand sie sich einige Stufen unterhalb des Mindestmaßes.

Es war ein herrliches Gefühl, sich kaltes Wasser übers Gesicht laufen zu lassen. Sie setzte ihre Brille wieder auf, dann kämmte sie sich mit den Fingern, so gut sie konnte, und drückte sich etwas Zahnpasta auf die Fingerspitze, um damit einen frischeren Geschmack in den Mund zu bekommen. Als sie damit fertig war, atmete sie tief durch und verließ das Badezimmer, um die Komplikationen aufzuarbeiten, an denen ihr großes Mundwerk schuld war.

Rory stand am Wohnzimmerfenster und blickte hinaus auf den Ozean. Es war nicht nur das Haus ihrer Träume – diese Aussicht war auch eine der besten, die sie je gesehen hatte. Sie konnte sich leicht vorstellen, bei Sonnenaufgang oder bei Vollmond ganz frei im Meer zu schwimmen.

„Danke, dass du dich heute Morgen um mich gekümmert hast.“ Es war viel einfacher, als sie erwartet hatte, Rory ihre Dankbarkeit auszudrücken. Keine Frage, er hatte ihr einen Riesengefallen getan, indem er sie aus dem Lagerhaus gebracht hatte, bevor die anderen auftauchten und Zeugen ihres emotionalen Zusammenbruchs werden konnten.

„Kein Problem.“

Erstaunlich. Sie hätte erwartet, dass er ihr diesen Vorfall bis in alle Ewigkeit vorhalten würde. Anstatt ihn achselzuckend als etwas abzutun, das zum Alltag eines renommierten Möbelschreiners einfach dazugehörte.

Sie musste ihm wirklich leidtun.

Kaum etwas konnte jedoch schlimmer sein, als von Rory bemitleidet zu werden, dessen war sie sich sicher. Also sagte sie: „Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so viele Stunden von der Arbeit abgehalten habe, aber jetzt kann ich auch wieder zurück zur Arbeit.“

„Keine Sorge, und keine Eile, was mich angeht. Ich habe hier schon vieles erledigen können.“ Er zeigte auf den Küchentisch, wo in seinem aufgeschlagenen Skizzenbuch eine Schwarz-Weiß-Zeichnung zu sehen war. Sogar von der anderen Seite des Raumes aus konnte sie sehen, dass er wieder einmal dabei war, ein prachtvolles Möbelstück zu entwerfen. „Schon seit geraumer Zeit will ich diese Idee zu Papier bringen. Dein Schnarchen war dafür die perfekte Geräuschkulisse.“

Aha, da war sie also, die höhnische Bemerkung. Ihr rasch klopfendes Herz beruhigte sich. Allzu sehr konnte er sie also nicht bemitleiden, wenn er sie hochnahm, wie er es auch sonst immer tat.

„Du hättest es aufnehmen sollen, um es gleich noch einmal hören zu können“, gab sie zurück.

„Wer sagt, dass ich das nicht gemacht habe?“ Sie hoffte, dass das ein Witz war, und er reichte ihr noch eine Tasse Kaffee. „Am besten trinkst du die noch, bevor wir zurückfahren.“

Obwohl sie sich jetzt fast völlig nüchtern fühlte, konnte sie den Koffeinschuss gebrauchen. Das würde ihr auch ein bisschen mehr Zeit geben, ihre Gedanken zu sortieren, bevor sie dann die Kollegen mit einem Lächeln begrüßte. Außerdem sagte ihr der aus der Tasse aufsteigende Duft, dass er fantastischen Kaffee hatte, vielleicht kam er sogar aus derselben Rösterei wie der, den er ihr an ihrem ersten Arbeitstag geklaut hatte.

Beim Trinken zwang sie sich, den ganzen Morgen in der Erinnerung noch einmal Revue passieren zu lassen. Zuerst die Textnachricht. Dann das Selfie mit dem Verlobungsring. Dann die Flasche Prosecco, in der sie ihre Sorgen ertränken wollte. Dann war Rory angekommen und …

Moment mal. Nein. War es möglich, dass er ihr angeboten hatte, sie zur Verlobungsfeier zu begleiten?

Und dass sie sich revanchiert hatte, indem sie ihn beschuldigte, ihr an die Wäsche zu wollen?

Sie konnte ihr Stöhnen nicht zurückhalten. Das hatte sie nun davon, dass sie Alkohol trank, obwohl sie keine Fettreserven hatte. Das nächste Mal, wenn sie wütend war, würde sie einmal um den Block rennen, um sich abzureagieren, oder irgendwohin gehen, wo man Geschirr gegen die Wand werfen konnte, anstatt sich zu betrinken.

„Natürlich brauchst du morgen Abend nicht mitzukommen“, sagte sie zu ihm. „Es war nett von dir, mir deine Begleitung zur Verlobungsparty anzubieten, aber es ist wohl besser, wenn ich allein gehe.“

„Bist du dir da ganz sicher?“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er unerhört sexy aus. „Wenn du dort mit mir auftauchen würdest, dann wäre das meiner Meinung nach eine sehr effektive Methode, um den beiden überzeugend klarzumachen, dass du dich einen Dreck darum scherst, was sie tun.“

„Ich hab meine Stiefschwester aber lieb“, beteuerte sie. Die Worte „Ich freue mich für sie“ über die Lippen zu bringen, fiel ihr etwas schwerer.

„Dann hat sie ja großes Glück, dass sie dich hat. Aber auf ihrer Seite zu sein, heißt noch lange nicht, dass du dich von ihr als Fußabtreter behandeln lässt.“

„Ich bin nicht Brittanys Fußabtreter!“ Aber war ihr nicht früher schon ein- oder zweimal dieser Gedanke gekommen? „Wie auch immer, du würdest dich auf ihrer Party zu Tode langweilen.“

„Eins muss ich dir lassen, Zara, und zwar, dass ich mich in deiner Gegenwart noch nicht ein einziges Mal gelangweilt habe.“

Da sie nicht begriff, was er vorhatte, fragte sie ihn unverblümt: „Warum bist du so wild darauf, mit mir dahin zu gehen?“

„Du kennst doch meine Schwestern.“

Cassie kam regelmäßig zu Besuch in die Lagerhalle und lieferte den Kunsthandwerkern Konfekt auf Bestellung. Ashley war auch bei ein paar Eröffnungen dabei gewesen, ebenso wie zwei von Rorys Brüdern. „Zwei davon habe ich kennengelernt“, sagte sie, „sie sind spitze. Aber was haben sie mit der Sache zu tun?“

„Allein der Gedanke, dass einer meiner Schwestern so etwas passieren könnte wie dir, ist mir ein Graus.“

Zara wollte zwar protestieren und sagen, dass sie durchaus in der Lage wäre, mit dieser Verlobungsparty klarzukommen, aber dann beschloss sie, ihre Stimme zu schonen. Rory wusste sowieso, wie schlimm das Ganze für sie war, denn immerhin hatte sie deswegen Prosecco in sich hineingekippt und an einem Vormittag zwei Stunden schlafend auf seiner Couch verbracht.

„Okay, sich mit einem Begleiter zu zeigen, wäre wahrscheinlich geschickter“, gab sie zu. „Aber ich will nicht, dass du mitkommst, wenn du nicht absolut sicher bist, dass du es nicht die ganze Zeit unerträglich finden wirst. Zumal Camden nicht gerade in der Nähe liegt.“

„Mir gefällt Camden.“ Er war wie ein Elefant in ihrem Porzellanladen. „Um wie viel Uhr fängt die Feier an?“

Sie blinzelte nur. Selbst wenn ihr Gehirn heute voll leistungsfähig gewesen wäre, hätte sie Schwierigkeiten gehabt, aus ihm schlau zu werden. „Um sechs Uhr, also wollte ich möglichst schon um vier losfahren. Aber wir können uns auch einfach dort treffen.“

„Auf keinen Fall.“ Er war strikt dagegen. „Sie sollen schließlich denken, ich sei völlig in dich vernarrt.“

„Vernarrt?“ Sie konnte nicht glauben, dass er dieses Wort in seinem Wortschatz hatte. „Es ist schon mehr als genug, wenn sie uns zusammen sehen.“

„Da bin ich anderer Meinung. Ich glaube nämlich, wir sollten sogar noch etwas weiter gehen, um das Ganze glaubwürdig zu gestalten. Zum Beispiel unsere Lieblingsfarben auswendig lernen und was Paare sonst so machen.“

Paare? Er wollte so tun, als wären sie ein Paar?

Dieser Tag wurde ja immer schlimmer.

Ein Rory Sullivan, der sich als ihr Freund ausgab, wäre ganz klar eine Strafe, die ihr Karma ihr für eine Sünde der Vergangenheit auferlegte.

Wie ein Hieb in die Magengrube traf sie die lang begrabene Scham für vergangene Missetaten, die jetzt in ihr aufstieg. Sie brauchte jedes Quäntchen Selbstbeherrschung, um diese Scham wieder zurück in die Tiefe zu schieben. Und zwar so tief, dass es ihr mit ein bisschen Anstrengung gelingen würde, sie zu ignorieren.

Da bemerkte sie sein Grinsen – es war ein Gesichtsausdruck, den Rory Sullivan sich anscheinend bereits bei der Geburt hatte patentieren lassen – und wusste, dass es mit Karma nichts zu tun hatte. Nein, es war viel eher die Revanche für den besetzten Parkplatz. „Du hast richtig deinen Spaß, stimmt‘s? Mich mit diesem ganzen Pärchengetue zu verarschen?“

Er machte sich nicht die Mühe, sein Lachen zu verbergen. „Du solltest dein Gesicht sehen. Je mehr ich sage, desto grüner wirst du.“

Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. „Also willst du nicht wirklich so tun, als wären wir ein P…“ Sie bekam das Wort kaum über die Lippen. „Paar?“

Nein war die richtige Antwort. Natürlich nicht wäre noch besser.

„Wir sollten es wohl tatsächlich machen“, war in jeder Hinsicht die verkehrte Antwort. Aber er sagte es trotzdem.

Wenn sie nur nicht heute schon so viel getrunken hätte. Dann hätten gleichzeitig mehrere ihrer Synapsen feuern können und sie hätte eine bessere Antwort herausgebracht als: „Das nimmt uns ja doch keiner ab.“

„Natürlich tun sie das.“ Er sah viel zu selbstbewusst aus, als er auf sie zukam. „Zwei ungebundene Kunsthandwerker, die sich in all diesen Monaten den Arbeitsplatz geteilt haben.“ Kaum einen halben Schritt von ihr entfernt blieb er stehen. „Wahrscheinlich haben sich schon viele Leute gefragt, was wir spätabends so machen, wenn wir allein im Gebäude zurückbleiben.“

„Arbeiten!“ Sie war entsetzt über jede andere Möglichkeit. Zumal sie tatsächlich mehr als einmal geheime Fantasien entwickelt hatte, wenn Rory an besonders heißen Abenden ohne T-Shirt mit seinen Sägen, Bohrern und Schleifmaschinen hantierte. „Wir haben beide gearbeitet. Getrennt!“

„Du weißt das und ich weiß es auch. Aber deine Stiefschwester und dein Ex nicht.“ Das schalkhafte Glitzern in seinen Augen war nicht zu übersehen. „Sie werden nur sehen, dass wir unsere Hände nicht voneinander lassen können.“

Diesmal war sie diejenige, die lachte. „Wir haben uns vor fünf Minuten zum ersten Mal berührt. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie es sich anfühlen würde, dich die ganze Zeit anzufassen.“

Erst als sie die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, was sie gerade getan hatte. Die paar Worte waren eine klare Herausforderung. Deutlich und unbestreitbar hatte sie den Mann herausgefordert, der sie das ganze letzte Jahr über wahnsinniger gemacht hatte als jeder andere. Und der sie garantiert niemals gehen lassen würde, ohne die Herausforderung anzunehmen.

Kein Wunder also, dass er daraufhin seine Arme weit öffnete. „Nur zu. Fass mich an.“

Klang seine Stimme plötzlich etwas heiser? Oder hatte sie einfach den Bezug zur Realität verloren?

Sie musste sich über ihre plötzlich trocken gewordenen Lippen lecken, bevor sie reagierte. „Es ist ja nicht viel dabei, wenn ich es tue.“ Sie zwang sich zu einem Achselzucken. „Du bist halt ein Arbeitskollege, der mir einen Gefallen tut. Wofür“, betonte sie, „ich dir einiges schuldig bin, bevor wir quitt sind.“

Er hob seine Arme leicht an. „Ich warte immer noch darauf, dass du deine Abscheu überwindest und mich berührst. Damit fängst du besser heute an, wo wir unter uns sind, als morgen Abend vor allen anderen.“

Das war genau das Problem. Sie empfand alles andere als Abscheu.

KAPITEL 4

Zara hatte sich geschworen, nie mehr den fatalen Fehler zu begehen, dass sie sich in Typen verliebte, die sich letztendlich immer wünschten, sie wären mit Brittany zusammen. Am Anfang waren sie alle immer so überzeugend. Sie sagten Zara, wie sehr sie sie für ihre Geschäftstüchtigkeit bewunderten, wie toll sie es fanden, dass sie sich nicht anzog oder benahm wie die anderen Frauen, die sie kannten – bis sie sich zu guter Letzt bis über beide Ohren in ihre Stiefschwester verliebten, auf die mit ihrer blonden Mähne, ihrem Job in der PR-Branche und ihrer modischen Kleidung jedes einzelne Kriterium der „perfekten Freundin“ zutraf.

Zaras Ex war eine blassere, kleinere, weniger muskulöse Version von Rory. Und das hieß nur, dass es eine Riesendummheit wäre, wenn sie diese seltsamen neuen Empfindungen für Rory zulassen würde.

Nun gut. Sie musste sich jetzt eben zusammenreißen, ihn berühren und beweisen, dass sie nichts dabei empfand. Das war jetzt ihr neues Mantra. Sie würde einfach nichts fühlen.

Ohne Vorwarnung klatschte sie ihm ihre Hände auf die Brust. So laut, dass es durch den ganzen Raum hallte.

„Sorry.“ Sie zuckte zusammen und fügte eine Notlüge hinzu. „Ich glaube, ich habe mein Gleichgewicht noch nicht ganz wiedergefunden.“

„Ich bin hart genug im Nehmen.“

Na, wenigstens einer von beiden. Denn jetzt, da sie spürte, wie seine Wärme durch sein Hemd an ihre Handflächen drang … jetzt, da sie genau wusste, wie hart und kräftig seine Brustmuskeln waren … jetzt, da sie seinen köstlichen Duft nach Holzspänen und Zedern in ihre Lunge gesogen hatte …

Jetzt fühlte sie sich plötzlich wackeliger auf den Füßen als vorher, als sie noch betrunken gewesen war.

„Es könnte helfen, nicht mehr diese Grimasse zu ziehen“, schlug er vor.

Sie bemühte sich, ein Lächeln aufzusetzen. „Besser?“

„Wenn du willst, dass alle meinen, du hättest starkes Sodbrennen, ist es perfekt.“

Sie zwang sich, an Welpen und Schmetterlinge zu denken und sich vorzustellen, jeder Einwohner des Staates Maine trüge eine ihrer Brillen.

„Schon viel glaubwürdiger“, sagte er. „Obwohl es besser wäre, wenn du mir in die Augen schauen würdest, anstatt auf meine Schulter.“

Verdammt. Sie hatte gehofft, damit durchzukommen. Denn sie wollte seinem Blick wirklich und wahrhaftig nicht begegnen. Zumal sie Angst hatte, dass er die aufkeimende Anziehung bemerken würde, die sie unbedingt vor ihm verbergen wollte.

Langsam hob sie den Blick, um ihn anzusehen, und wiederholte immer wieder das Mantra in ihrem Kopf. Nichts fühlen. Nichts fühlen. Nichts fühlen.

Natürlich musste er sich genau diesen Moment aussuchen, um sie anzulächeln. Angesichts der Lachfältchen, die um seine Lippen spielten, und dem Leuchten in seinem Blick hätte sie es nicht einmal bei Vollnarkose geschafft, nichts zu fühlen. „Kein Problem.“ Es kostete sie all ihre Kraft, unbeteiligt zu klingen. „Irgendwelche Probleme für dich?“

Er sah ihr lange in die Augen. „Nein, passt alles.“

Sie ließ ihre Hände sinken und trat zurück, Erleichterung durchströmte sie, weil sie gerade eine der härtesten Prüfungen ihres Lebens bestanden hatte. „Super. Dann sind wir bereit für morgen.“

„Noch nicht ganz.“

Sie runzelte die Stirn. „Was denn noch?“

„Du weißt jetzt, wie ich mich anfühle, aber ich weiß noch nicht, wie es sich anfühlt, dich anzufassen, abgesehen davon, dass ich dir vom Sofa geholfen habe.“

Sie hatte im Laufe der Jahre schon Erotischeres gehört. Rorys Worte waren eindeutig nicht verführerisch gemeint. Und doch hatte ihr Körper noch nie so auf ein paar Sätze reagiert. Es war, als wäre sie ein Feuerwerkskörper und er das Streichholz.

„Du nimmst das wirklich ernst, was?“

„Wenn wir es machen, dann lieber richtig“, konterte er. „Wenn du bei meiner geringsten Berührung zusammenzuckst, würde das die ganze Sache verderben.“

Verdammt, er hatte Recht. Nur hatte es ihr bereits alles abverlangt, stoisch zu bleiben, während sie ihn berührte. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch die Kraft hätte, ihre nächste Reaktion zu bekämpfen. Offensichtlich musste sie an ihre Reserven gehen.

„Ok.“ Sie blickte finster. „Sobald du bereit bist, kannst du loslegen.“

Aber anstatt näher heranzukommen, trat er plötzlich zurück. „Weißt du was? Ich bin echt ein Arsch. Ich hätte dich damit nicht in die Enge treiben dürfen. Wenn du nicht willst, dass ich mit dir zu der Party gehe, dann muss ich das respektieren.“ Es war ihm eindeutig peinlich. „Es tut mir echt leid, dass ich dich überreden wollte, dich anfassen zu lassen. Meine Mutter würde mich dafür zur Schnecke machen.“ Er achtete darauf, sie nicht zu berühren, als er ihren Kaffeebecher zur Spüle brachte und ihn zusammen mit seinem ausspülte.

Zara war überrascht, wie enttäuscht sie plötzlich bei dem Gedanken war, dass er sie nicht begleiten würde. Vor allem, weil ihr im letzten Moment klargeworden war, dass er recht hatte: Sie musste Brittany und Cameron zeigen, dass sie nicht der Fußabtreter war.

„Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen“, sagte sie zu ihm. „Es ist nur … Ich habe so etwas noch nie gemacht, so zu tun, als hätte ich eine Beziehung mit jemandem. Deswegen bin ich ein bisschen kratzbürstig.“ Normalerweise hätte er eine scharfe Bemerkung darüber gemacht, dass sie nicht nur ein bisschen kratzbürstig war. Dass er sie nicht fertig machte, zeigte, dass er wirklich befürchtete, sich unangemessen verhalten zu haben. „Du zwingst mich zu gar nichts“, beharrte sie. „Es war vielleicht nicht meine Idee, dass du morgen Abend mitkommst, aber wenn ich dich nicht dabeihaben wollte, hätte ich es dir gesagt. Also …“ Sie konnte kaum glauben, wie nervös sie war, als sie fragte: „Gilt es noch?“

Er trocknete seine Hände auf einem Geschirrtuch, bevor er antwortete. „Es gilt. Aber ich möchte, dass du mir ab jetzt etwas versprichst. Wenn ich etwas tue oder sage, das dir unangenehm ist – auch wenn ich nur Spaß mache, wie vorhin – musst du es mir sagen.“

„Das wirst du schon nicht.“

„Versprich es mir, Zara.“

Sein leiser, leicht fordernder Tonfall löste bei Zara wieder eine Gänsehaut aus. „Versprochen. Aber nur, wenn du mir auch etwas versprichst.“

„Was meinst du?“

„Dass du mich nicht mit Glacéhandschuhen anfasst.“ Sie breitete ihre Arme aus, so wie er es vorher getan hatte. „Ich hatte heute Morgen vielleicht einen Durchhänger, aber ich bin hart im Nehmen.“

„Das weiß ich.“

Zum ersten Mal heute hatte sie Lust zu lächeln. „Wenn das so ist, warum bringst du dann das mit dem Anfassen nicht hinter dich, und dann fahren wir zur Arbeit?“

„Bist du sicher, dass du das möchtest?“

Sie hob eine Braue. „Du erinnerst dich: Hart im Nehmen. Und“, fügte sie in einem neckenden Ton hinzu, „ganz wild darauf, dass du mich anfasst.“