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Victor Witte

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Beschreibung

Leo ist Abiturient und weiß, worauf es im Leben ankommt. Das Boss-Sakko sitzt, der Bizeps ist definiert. Er weiß, auf welchem Parkplatz an der Schule er seinen Wagen abstellen muss, um seine Position in der Rangordnung der Clique zu behaupten, er weiß, mit welchem Mädchen er sich sehen lassen kann. Und er weiß auch, welche Gras-Sorte man auf Koks raucht, um nicht zu kollabieren. Ihm gehört die Welt. Er will nach ganz oben. Wie seine Freunde auch. Gemeinsam und gegeneinander kämpfen sie um die Pole Position und um Perfektion. Als bei einer Jachtparty alte Rechnungen beglichen werden, wird aus dem Spiel um Macht und Prestige bitterer Ernst. "Subtiler, präziser und kälter als Victor Witte hat in den letzten Jahren wohl niemand das Lebensgefühl einer wohlstandsverwahrlosten, emotional depravierten und moralisch komplett freidrehenden Jugend eingefangen. Wäre Bret Easton Ellis in den Nuller Jahren in der Berliner Peripherie aufgewachsen, er hätte dieses Buch geschrieben." Thomas Klupp "Victor Wittes Roman atmet den Zeitgeist einer ganz neuartigen Generation zwanghaft selbstreflektierter, aber völlig von sich entfremdeter Teenager. Ein Buch wie der erste Orgasmus beim Masturbieren in der Pubertät und das beklemmende Gefühl danach." Lars Eidinger "Ein beeindruckendes Debüt." Tom Schilling

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Seitenzahl: 261

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Victor Witte

Hier bin ich

Roman

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Über dieses Buch

Leo ist Abiturient und weiß, worauf es im Leben ankommt. Das Boss-Sakko sitzt, der Bizeps ist definiert. Er weiß, auf welchem Parkplatz an der Schule er seinen Wagen abstellen muss, um seine Position in der Rangordnung der Clique zu behaupten, er weiß, mit welchem Mädchen er sich sehen lassen kann. Und er weiß auch, welche Gras-Sorte man auf Koks raucht, um nicht zu kollabieren. Ihm gehört die Welt. Er will nach ganz oben. Wie seine Freunde auch. Gemeinsam und gegeneinander kämpfen sie um die Pole Position und um Perfektion. Als bei einer Jachtparty alte Rechnungen beglichen werden, wird aus dem Spiel um Macht und Prestige bitterer Ernst.

Inhaltsübersicht

AnmerkungWidmungMotto1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. Kapitel24. Kapitel25. Kapitel26. Kapitel27. Kapitel28. KapitelDanksagungTriggerwarnung
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Liebe Leser*innen,

bei manchen Menschen lösen bestimmte Themen ungewollte Reaktionen aus. Deshalb finden Sie am Ende des Buches eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch.

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FÜR MICH

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The better you look, the more you see.

Victor Ward

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1

Ich habe die Ideallinie meiner Augenbrauen genau getroffen. Weder oberhalb noch unterhalb sind nachwachsende Härchen erkennbar, und auch der Übergang von der Nase zur Stirn ist mir einwandfrei gelungen. Meine Augenbrauen ziehen die Aufmerksamkeit aber nicht auf sich allein. Als Bindeglied nehmen sie den Schwung meiner Locken auf und geben ihn an die Lippen weiter. Die Wechselwirkung verleiht meinem Gesicht einen spielerischen Touch, den ich so noch bei niemand anderem gesehen habe. Problemlos kann ich dazu das weiße Hemd unter dem schwarzen Armani-Jackett tragen. In Kombination mit der dunkelblauen Jeans würde das Outfit streng wirken, doch mein Gesicht lockert die Seriosität auf, und so sehe ich nicht zu sehr, aber auch nicht zu wenig nach Prüfung aus.

Mit einem Zwinkern wende ich mich vom Spiegel im Flur ab, greife dann nach meiner Ledertasche und öffne die Haustür. Als ich nach draußen auf das Podest trete, muss ich blinzeln. Der Rasen ist noch feucht vom Tau und schimmert unter den ersten Sonnenstrahlen, als hätte jemand einen Sack Kristalle über unserem Grundstück ausgeschüttet. Ich gehe auf das Gartentor zu. Dabei weiche ich einem Zweig von dem Flieder aus, den meine Eltern im letzten Jahr haben pflanzen lassen und der mittlerweile nicht mehr nur die Hundehütte bedeckt, sondern vereinzelt bis an unseren Steinweg heranwächst. Vorsichtig schiebe ich einen weiteren Zweig beiseite, auf dem feine Wassertropfen wie kleine Käfer lauern, und öffne das Gartentor. Ich drücke den Smart Key, und der Mini One blinkt unter dem Carport auf. Kurz bevor ich einsteige, streife ich den Hemdärmel an meinem linken Handgelenk hoch und werfe einen Blick auf meine Tissot. Die Prüfung beginnt in vierzig Minuten, ausreichend Zeit, um einen guten Parkplatz zu bekommen, ohne Gefahr zu laufen, danach allein auf dem Schulhof zu stehen. Im Mini One schließe ich mein iPhone an und spiele The Game ab, »How we do« feat. 50 Cent. Während der Bass den Track einleitet, starte ich den Motor und schalte in den Rückwärtsgang. 50 Cent und ich beginnen zeitgleich, den Refrain zu rappen. »This is how we do, we make a move and act a fool while we up in the club.« Am Ende unserer Einfahrt schlage ich das Lenkrad ein. Ohne zu bremsen, schalte ich in den ersten Gang. Die Reifen drehen kurz durch, als ich Gas gebe. Im Rückspiegel sehe ich Herrn Schürrle im Jogginganzug. An der Leine hat er seinen Golden Retriever. Der Golden Retriever wedelt mit dem Schwanz.

 

Auf halber Strecke unserer Straße bleibt mein Blick an dem Haus mit der italienischen Veranda hängen. Normalerweise stehen dort ein BMW und ein Familienwagen von Renault, aber allem Anschein nach ist bei den Leuten einiges schiefgelaufen, denn der BMW wurde durch einen Twingo ersetzt. Mit einem breiten Grinsen komme ich am Ende der Elisastraße zum Stehen. Vor mir tauchen jede Menge Fahrradfahrer auf dem Radweg der Kleinmachnower Allee auf, und deshalb entspanne ich meine Mundwinkel ein wenig, bis aus dem Grinsen ein souveränes Lächeln wird. Es scheint, als hätten sich mit Ausnahme unseres Abiturjahrgangs alle Schüler zu einer gemeinsamen Tour verabredet, so dicht ist der Strom der Räder vor mir. Während ich auf eine Lücke warte, senke ich die Fenster und lege meinen Arm in den Rahmen der Fahrertür. Ein paar Unterklässler wenden mir ihre Köpfe zu, und da entdecke ich die brünett gelockten Haare und die Sonnenbrille und dieses verdammt süße Lächeln. Für den Bruchteil einer Sekunde haben wir Augenkontakt, dann richtet Marie ihren Blick wieder nach vorn. Als ich sie nur noch von hinten sehe, versuche ich zu erkennen, ob ihr String rausguckt.

 

Ich lasse die Kupplung kommen und rolle langsam los. Die ersten Räder fahren einen Bogen um mich herum, bis eine Gruppe schließlich anhält, weil ich so weit vorn stehe, dass sie vom Radweg auf die Straße ausweichen müsste. Nachdem ich auf die Allee gebogen bin, drehe ich die Musik ein bisschen lauter und schaue rechts zu Marie, während ich sie überhole. Marie schaut nicht zurück. Benny hat mich vor ein paar Wochen auf sie aufmerksam gemacht. Wir haben sie vorher gar nicht bemerkt, obwohl sie zu dem Jahrgang unter uns gehört, aber das liegt an ihrem Reifeprozess, wie ich auf Facebook feststellen konnte. Von den neun Profilbildern sehen sieben aus wie Vorschauen zu Kinderpornos. Erst ab dem vorletzten fängt ihr Körper an, den lasziven Posen zu entsprechen, mit denen sie in die Kamera schaut, und die Posen selbst werden etwas subtiler. Statt einen offensiven Schmollmund zu ziehen, deutet Marie auf ihrem aktuellen Profilfoto nur einen zarten Kuss an, und ihre Hände sind nicht in die Hüften gestemmt, sondern stecken zwanglos in den Taschen der Jeansjacke, die sie bis zum Bauch geöffnet hat.

 

Beim Edekamarkt wechsle ich auf die Gegenspur, weil der 623er gerade an die Bushaltestelle heranfährt. Dabei fällt mir der schwarze Junge aus der Grashüpfersiedlung auf, der keinerlei Anstalten macht, seine riesigen Kopfhörer für den Einstieg abzunehmen. Wahrscheinlich denkt er, als Diplomatensohn, oder weshalb auch immer er die John F. Kennedy High School besucht, kann er sich alles erlauben, vor allem auf dem Weg nach Zehlendorf, den er jeden Morgen bewältigt. Ich finde zurück in die Spur und erreiche die Kleinmachnower Kreuzung. »How we do« läuft aus, es ist einen Moment lang still, und ich kann hören, wie sich die Fahrradfahrer an der Ampel unterhalten. Und dann schrecke ich zusammen, weil eine Stimme plötzlich meinen Namen sagt, und diese Stimme ist verdammt nah.

Roland hält seinen Kopf in das Auto. Er sagt: »Wie geht’s, wie steht’s?«, und seitdem er seinen Vater wieder ab und zu sieht, kommt er mir noch blasser vor als sonst. Seine Haut ist mehlweiß, und die wenigen Pigmente, die seine Haare vielleicht einmal hatten, sind praktisch komplett verschwunden. »How we do« beginnt von vorn.

»Alles klar«, rufe ich und trete ein bisschen auf das Gaspedal, aber Roland verschwindet nicht. Erst als die Ampel auf Grün schaltet und ich ihn wegnicke, geht er einen Schritt zurück. Ich sehe noch, wie er den Daumen hochstreckt, bevor er auf sein Fahrrad steigt, dann habe ich die Kreuzung schon überquert.

 

Das Einbahnstraßenschild steht immer noch schief. Seit drei Tagen zeigt es leicht nach oben, und während ich in den Fichtenweg biege, frage ich mich, weshalb sich noch niemand darum gekümmert hat. Ich bekomme Gänsehaut. Die Luft, die aus dem kleinen Waldstück herüberweht, fühlt sich an, als käme sie aus einer Kühlanlage. Ich fahre die Fenster hoch und passiere die ersten Parklücken. Nicht unweit des Schultores könnte ich hinter der C-Klasse einlenken, aber ich sehe, dass ein paar Meter weiter noch ein Parkplatz frei ist. Ich rolle vor, und dann muss ich schmunzeln. Das weiße Kurzarmhemd, das sich um Pauls Körper spannt, schließt mit einem schwarzen Kragen ab. Paul steht am Eingang, und hinter den gusseisernen Stäben des Tores ragt unsere Schule empor, und die Schule spiegelt mit ihrem weißen Haupttrakt und dem dunklen Ziegeldach genau das Farbmuster wider, das Paul heute trägt. Als er mich sieht, tastet er nach seinen Haaren, die er in der Mitte zu einem angedeuteten Iro gestylt hat, doch das ist kein prüfendes Tasten, das ist die reinste Verlegenheit. Paul hat die Lücke offensichtlich übersehen oder sich nicht getraut, weiter vorzufahren, obwohl er viel früher da war als ich, und jetzt muss er zuschauen, wie ich an seiner Stelle direkt vor dem Schultor parke. Ich hupe die Fahrradfahrer beiseite, die sich im Rückspiegel nähern. Sie steigen ab und beobachten ebenfalls, wie ich die Lücke ansteuere, wie ich gerade einlenke, als ein Motor aufheult und mein Fuß instinktiv auf die Bremse springt. Ein Achtziger-Jahre-Porsche kommt aus einer Seitenstraße geschossen und rast an mir vorbei auf den Parkplatz, den ich bis eben noch sicher hatte. Ich starre auf das Heck. Ich höre das Ticken des Blinkers. Ich spüre die Blicke der Fahrradfahrer, aber ich schaffe es nicht, meinen Fuß von der Bremse zu nehmen. Im Zentrum der Heckscheibe klebt der preußische Feldjägerstern, den Steffens Großvater angebracht hat, als der den Wagen noch fuhr. Ein Loorbeerkranz rahmt den achtzackigen Stern ein. In der Mitte des Sterns ist ein Adler abgebildet. Über dem Adler befindet sich eine lateinische Inschrift. SUUM CUIQUE, steht dort: Jedem das Seine.

 

Ich fahre vorsichtig weiter in der Hoffnung, eine andere Lücke zu finden, doch die Plätze nach dem Schultor sind alle besetzt. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als eine komplett neue Runde zu drehen.

An der Kleinmachnower Kreuzung schaltet die Ampel auf Rot, genau so, dass ich an erster Position stehen bleibe. Hinter mir ordnet sich ein Touareg ein. Ich versuche, in das Gesicht des Fahrers zu schauen, erkenne aber nichts, weil die Scheibe verstaubt ist und sich an der Stelle seines Kopfes eine braune Schicht befindet, die fast den gleichen Farbton hat wie die Verfärbung auf meinem linken oberen Schneidezahn. Der Fleck ist deutlich kleiner geworden, seitdem ich die Paste benutze, die mir Benny empfohlen hat, als er mich auf meinen Zahn aufmerksam machte: White Polish. Trotzdem ist die Verfärbung immer noch zu sehen, wenn man genauer hinschaut, und dann höre ich das Hupen hinter mir, und in dem Moment merke ich, dass die Ampel längst auf Grün gesprungen ist.

Nachdem ich zum zweiten Mal in den Fichtenweg gebogen bin, nehme ich einen Platz weit vorn, am Ende des Waldes. Ich könnte noch auf die Lücke neben Pauls C-Klasse spekulieren, doch das Risiko, eine weitere Runde drehen zu müssen, ist mir zu hoch. Ich schalte den Motor ab, stecke das iPhone ein und greife nach meiner Ledertasche. Zwei Mädchen schieben ihre Fahrräder den Gehweg entlang. Ich steige aus und drücke den Smart Key. Als der Mini One aufblinkt, drehen sich die Mädchen zu mir, und ich deute ein Lächeln an, während ich den Autoschlüssel in die Tasche meines Jacketts gleiten lasse. Die Mädchen kichern, aber leider sind sie völlig entstellt. Die eine trägt eine Zahnspange, und die Haare der anderen sind hellrot.

 

Vorn am Eingangstor stehen Paul und Steffen und rauchen. Ich schlage erst mit Paul ein, dann mit Steffen, der mich angrinst. Als ich sage, dass sein Manöver ziemlich knapp war, und meine Hand wegziehen will, hält er mich fest.

»Wirklich?«, entgegnet er, und für einen Moment verschwindet sein Grinsen. »Du weißt doch, dass das mein Parkplatz ist.«

Ich schaue ihm ins Gesicht. Mir fallen die Falten unter seinen Augen auf. Jetzt, wo er nicht grinst, sieht er fast bedrohlich aus.

»Wie auch immer«, antworte ich, und dann schlägt er mir gegen die Schulter und lacht, und ich lache auch. Ich greife nach meinem Etui, als er sich zu mir lehnt und halblaut flüstert, dass er für heute Abend schon einiges verkauft habe.

Ich murmle »Cool«, und Steffen erzählt, es handele sich um ganz frisches Zeug: »Wie wär’s mit einem Probepäckchen?«

Ich flippe den Magnetverschluss auf. »Sicher«, sage ich, »warum nicht«, nehme mir eine Zigarette heraus und halte Paul, der gerade seinen Stummel austritt, das Etui hin.

Als Paul zugreift, sehe ich seine Unterarmmuskulatur, die mich an einen Junior Football erinnert. Paul bedankt sich und zündet seine Zigarette an. Nachdem ich mein Etui weggesteckt habe, gibt er mir Feuer und fragt, wo ich hergekommen sei. Verwundert ziehe ich die Augenbrauen hoch. Ich sei von da hinten gekommen, sagt Paul, da wo der Wald aufhört.

»Klar«, erwidere ich.

Paul guckt stirnrunzelnd die Straße herunter, dann holt er seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und lässt seine C-Klasse wenige Meter von uns entfernt aufblinken: »Hab noch was vergessen, gut, dass ich hier vorne stehe.«

Ich ziehe an meiner Zigarette. Die Lücke neben Pauls Mercedes ist immer noch frei.

Steffen hebt seinen Zeigefinger, hält ihn mir vor die Brust und richtet ihn schließlich auf den Boden. »Warte hier.« Er geht zu seinem alten Porsche direkt vor uns.

Ich ziehe wieder an meiner Zigarette, atme diesmal tiefer ein und behalte den Rauch einige Sekunden in der Lunge. Als ich ihn ausstoße, kommen die beiden zurück. Paul balanciert betont lässig einen abgenutzten Radiergummi zwischen den Fingern. Steffen schaut sich kurz um, bevor er mir seine Hand entgegenhält. Ich nehme ihm das kleine Tütchen ab und stecke es in die Innentasche meines Jacketts. Ich schaue beide abwechselnd an und erkläre, dass heute die einfachste Prüfung der Welt ansteht.

»The easiest one«, sage ich, jede Silbe deutlich betonend.

Steffen nickt, und Paul gibt mir mit einem »Stimmt schon« recht, und dann füge ich hinzu, dass das auch nur mein Empfinden sein könnte, weil ich ein halbes Jahr in den Staaten war. Ich zucke mit den Schultern.

»Aber Englisch«, sage ich, »ist so oder so eine leichte Sprache, right?«

In dem Moment höre ich einen lauten Bass kommen: The Game feat. 50 Cent, »How we do«, und ich muss eigentlich gar nicht hinschauen, um zu wissen, dass das Benny ist, der gerade in seinem eissilbernen Audi A3 den Fichtenweg entlangfährt und in der Lücke neben Pauls C-Klasse parkt. Seine nach hinten gegelten Haare und die auf den Kopf geschobene Gucci-Sonnenbrille sind das Erste, was ich sehe, als er aussteigt. Er trägt ein weißes Hemd, dunkelblaue Jeans und braune Lederschuhe, die auf seine Businesstasche abgestimmt sind. Auf der anderen Seite des A3 erscheint Linda. Ich brauche einen Augenblick, bevor ich sie erkenne, weil sie ihre langen schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden hat. Während die beiden auf uns zukommen, löst sie den Haargummi und streift sich ein paar Strähnen vorn über die Schulter, so, dass sie eine Art Tribalmuster auf ihrem weißen Top bilden. Linda begrüßt mich und die anderen mit Wangenküsschen, Benny schlägt bei jedem von uns ein.

»Let’s get started, right?« Er lacht in die Runde, und dabei hebt er den linken Arm und schaut auf seine neue Glashütte. Es dauert einen Tick zu lang, bis er den Arm wieder senkt und sagt, dass in zehn Minuten die einfachste Prüfung der Welt losgeht. Dann fügt er hinzu, dass das vielleicht auch nur für ihn so sei. Schließlich habe er ein ganzes Jahr in den Staaten verbracht.

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2

Die Luft in der Aula ist stickig. Ich habe mein Jackett zu Beginn der Prüfung nicht ausgezogen, und jetzt ist es zu spät, weil meine Achseln nass sind. Ein paar Reihen vor mir wirft Benny einen Blick auf seine Glashütte. Ihr zurückhaltendes Design entfaltet eine subtile Wirkung. Sogar von hier hinten sticht mir die Uhr ins Auge, macht gleichzeitig aber überhaupt keinen aufdringlichen Eindruck wie etwa die Modelle von Rolex. Als Benny seine beschriebenen Blätter zu einem Stapel zusammenlegt, schaue ich auf meine Tissot. Sie zeigt Viertel vor elf, in fünfzehn Minuten ist Abgabe. Ich habe den Text gut zusammengefasst, die Verständnisfragen ohne Probleme beantwortet und schlüssig argumentiert. Ich formuliere meinen Schlusssatz.

Therefore, Mr. Gates’ thesis, that poor people do not need the benefits of high technology, is right.

Ich kratze mir den Nacken, strecke meinen Rücken durch. Benny schiebt seinen Stuhl nach hinten und geht mit dem Stapel zum Lehrertisch, an dem Frau Stienecke sitzt. Lächelnd nimmt sie die Arbeit entgegen, und lächelnd kehrt Benny an seinen Platz zurück, streift seine Tasche über die Schulter und nickt Richtung Ausgang. Ich forme gleich mit den Lippen.

Therefore, Mr. Gates’ counter thesis, stating that poor people are not interested in the benefits of connectivity and technology, is right.

Frau Stienecke kündigt die letzten zehn Minuten an. Ich lege meine Blätter zusammen und stecke Bleistift, Lineal und meinen Füllhalter in die Federtasche. Jetzt, da Benny seinen Platz verlassen hat, sehe ich Steffen an dem Tisch davor sitzen. Er lehnt sich zu Paul rüber, und im Profil wirkt sein Mund noch um einiges breiter als von vorn. Der letzte Satz muss absolut stimmig sein, denke ich und hole meinen Füllhalter und das Lineal wieder hervor. Nachdem ich den Schluss ein zweites Mal durchgestrichen habe, halte ich das Blatt etwas von mir weg. Das Ende zieht nun unnötig viel Aufmerksamkeit auf sich. Ich setze einmal in der Mitte der Seite und einmal am Anfang an, streiche jeweils eine Wortgruppe durch und schreibe sie daneben an den Rand. So entsteht ein Gleichgewicht der Verbesserungen, und ich vermeide den Eindruck, ich hätte mir über den letzten Satz zu viele Gedanken gemacht.

Therefore, Mr. Gates’ counter thesis, stating that people who subsist on a dollar or two a day are not interested in the benefits of connectivity and technology, is true.

 

Als ich die Treppe nach unten gehe, klingelt es zur großen Pause. Benny steht vor dem kleinen Springbrunnen in der Nähe der Fahrradständer und unterhält sich mit jemandem. Ich will gerade zu ihm rübergehen, da kommen aus einem Seiteneingang mehrere Schüler aus den unteren Klassen. Ich lockere meinen Gang und achte darauf, dass mein Jackett vorne nicht zu weit auseinanderfällt. Marie geht auf den Springbrunnen zu. Nach ein paar Schritten schließe ich zu ihr auf. Mit etwas Training für den Lower Back könnte sie ihr Potenzial voll entfalten. Ihr Po deutet schon ein sichtbares Volumen an. Er dürfte sich aber durchaus noch etwas mehr absetzen, und auch die Form ließe sich verfeinern. Ein regelmäßiger Workout auf dem Roman Chair käme nicht nur dem Volumen zugute, er würde den Po gleichsam ein wenig anheben und somit den Übergang zum Rücken akzentuieren. Ich berühre Marie aus Versehen am Arm. Sie bleibt stehen, und in ihrer Sonnenbrille kann ich erkennen, dass meine Haare sehr gut sitzen.

»Ist was?«, frage ich.

Marie schüttelt den Kopf. Ihre Brüste wirken auf dem aktuellen Profilbild etwas größer, dafür macht sie live einen noch souveräneren Eindruck. Sie hält meinem Blick stand, und den Ausschnitt ihres Tops setzt sie nicht zu offensiv ein.

»Hey«, sage ich, »ich hab dich doch vorhin gesehen. Als ich im Auto war und du mit dem Fahrrad an mir vorbeigefahren bist.« Und dann füge ich hinzu, dass ich gerade aus der Englischprüfung komme und etwas erschöpft bin. »War aber ganz easy, alles in allem.«

Marie mustert mich. »Ja, ich sah dich auch.«

Ich halte ihr die Hand hin. »Ich bin Leo«, sage ich.

»Marie«, entgegnet sie.

Und während ich ihre Hand drücke, frage ich, ob sie heute Abend mit zu Paul kommen will, wo wir das Ende der schriftlichen Prüfungen feiern. Marie nimmt ihre Hand weg, um jemandem neben uns zu winken.

»Das ist in dieser Villa, oder?«, sagt sie. »Da fuhr ich zufällig vor ein paar Tagen vorbei«, und da fällt mir auf, dass Marie tatsächlich im Imperfekt spricht, als würde sie eine Kurzgeschichte erzählen.

Ich warte, bis sie sich mir erneut zuwendet, fahre dann mit dem kleinen Finger meiner rechten Hand über meine rechte Augenbraue und wiederhole: »Und, kommst du heute Abend?«

Die Marie mit dem Schmollmund-Profil wäre einem jetzt sicher um den Hals gefallen, aber mittlerweile ist sie reif genug, um zunächst den Kopf zur Seite zu neigen und ein paar Sekunden verstreichen zu lassen, bevor sie antwortet: »Gern.« Dann lächelt sie Benny an, der sich zu uns stellt.

»Marie kommt heute auch«, sage ich. »Machen wir ein Warm-up?«

Benny legt Marie seinen Arm um die Hüfte. »Klar«, erwidert er. »Ich hol euch ab. Von mir aus fahren wir weiter mit dem Taxi.«

 

Marie hat doch noch einiges zu lernen. Als Benny seinen Arm von ihrer Hüfte nimmt und fragt, ob sie auch morgen Zeit habe, steht sie relativ locker da. Aber über ihre Wangen hat sich sanfte Schamesröte gelegt, die sie wie ein pubertierendes Mädchen erscheinen lässt.

»Ich glaube schon«, antwortet sie, und Benny erzählt von dem Jachtclub seines Vaters, und dabei klingt er wie sein Vater selbst, der uns vor ein paar Tagen erklärt hat, dass das eigentlich ein Geschenk zum Abi sein sollte, man den Club ab Juni allerdings nicht mehr mieten könne, weil die Mitglieder dann auch wieder nachts auf ihre Boote wollten.

»Ich bin DuDe auf Facebook«, sagt Benny. »Wenn du mich addest, lad ich dich ein«, und plötzlich fällt mir seine Unterlippe auf. Sie sieht merkwürdig feucht aus, doch als ich ansetze, etwas zu sagen, kommt mir Marie zuvor. Sie freue sich auf heute Abend und auf morgen, versichert sie und gibt Benny ein Wangenküsschen. Nach einem unsicheren Schritt in meine Richtung deutet Marie ein Winken an, dann läuft sie davon.

»Tut mir leid, wir kriegen das Clubhaus wirklich nur morgen«, sagt Benny und holt einen USB-Stick hervor »Hier. Kleine Entschädigung.«

Ich erwidere, dass ich an MP3s gut versorgt sei.

»Right«, entgegnet Benny. Er zippt das Außenfach meiner Ledertasche auf, lässt den Stick hineingleiten und schaut rüber zu Marie. »Gehen wir noch trainieren?«

Ich kann mich nicht an unseren letzten Ruhetag erinnern. Er liegt sicher über eine Woche zurück. Marie umarmt eine Freundin aus ihrem Jahrgang.

»Brust?«, frage ich.

»Brust«, antwortet Benny.

 

»Wasn’t too bad, was it?«, wendet sich Benny an Paul und Steffen, die zu uns stoßen.

Paul zuckt mit den Achseln. Bis auf die außertextlichen Bezüge sei es tatsächlich recht einfach gewesen.

»Don’t try and kid me«, sagt Benny und erzählt von seinem Praktikum, das er in den letzten Ferien bei einem Kunden seines Vaters in den Staaten gemacht hat. Die Firma hätte ein Förderbudget gehabt. »WWW«, erklärt Benny, »Wealth World Wide.« Immer wenn irgendein Betrag dafür vorgesehen war, hätten die Kollegen nur gesagt Goes to the Double-Us.

Steffen lacht, und ich überlege, was genau meine außertextlichen Bezüge waren, aber Paul klatscht in die Hände. »Hauptsache, wir sind durch.« Heute stünde die Villa bereit, und morgen ginge es schön mit der Jacht auf den Wannsee. Paul mustert mich.

»Leo«, sagt er nach einer Weile. »Es wird riesig.«

Steffen lacht erneut über irgendetwas, das Benny erzählt.

»Sicher«, erwidere ich. »Ich kann nur morgen nicht. Da ist die Premiere meines Vaters.«

Paul fragt, ob ich nicht nachkommen könne, und ich bemerke Bennys Blick, der von Steffen zu mir rutscht.

»Sie spielen den ganzen Faust«, sage ich. »Den ersten Teil. Der dauert sechs Stunden.«

Paul verzieht das Gesicht, als hätte er jemanden übel stürzen sehen.

»Immerhin treffe ich eine alte Freundin wieder«, fahre ich fort. »Anna.«

Paul nickt.

»Anna Maria Mühe, kennst du vielleicht. Was nützt die Liebe in Gedanken?«

Auch Steffen schaut mich jetzt an.

»Wir haben uns auf einem Geburtstag meines Vaters kennengelernt. Sie ist etwas kleiner als im Film.«

Paul nickt noch einmal. Ich warte einige Sekunden, bevor ich in lockerem Tonfall hinzufüge, dass ich morgen zwar nicht könne, heute aber sicher dabei sei, und Paul reagiert wie auf ein Stichwort.

»Na siehst du«, sagt er und boxt mir hart gegen die Schulter. »Der ganze Jahrgang kommt.«

Und jetzt schaltet sich Benny ein: »Der ganze Jahrgang«, wiederholt er. »Und Marie.«

Und dann tauchen Linda und Anna hinter ihm auf, unsere Anna, die sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit Anna Maria Mühe hat, weil ihr Teint ebenso astrein ist wie der meiner Schauspielerfreundin.

Die beiden stellen sich links und rechts an Bennys Seite. Anna trägt wie Linda ein enges weißes Top und einen kurzen Jeansrock. Und wie Linda hat sie lange, glatte Haare, bloß dass sie nicht schwarz, sondern dunkelblond und vorn zu einem Pony geschnitten sind, der nur knapp über ihren Augen endet.

»Wer ist Marie?«, versucht es Linda auf Deutsch. Zwischen ihren vollen Lippen bleibt ein winziger Spalt, nachdem sie die Frage gestellt hat.

»Just some party guest«, antwortet Benny. »By the way, we start at ten tonight.«

Linda lehnt sich an Benny. »The rest is partying«, sagt sie mit gespielter Theatralik.

»I told you«, erwidert Benny, »the best time was gonna be right before you go back to the States.«

 

Anna steht mit etwas Abstand neben Benny. Ihre Lippen sind genauso voll wie die von Linda, denke ich, als mein iPhone vibriert. Ich hole es aus meinem Jackett und schaue auf den Screen. Die SMS ist von meiner Mutter, ich muss den Mini One zurückbringen. Ich stecke das iPhone wieder ein und greife nach meinem Autoschlüssel.

»Also«, sage ich, »hab noch was zu erledigen.« Ich werfe Anna einen Blick zu. »Bis heute Abend.«

Annas Lippen öffnen sich, und ihre Pupillen huschen zur Seite wie immer, wenn sie mit einem spricht, und dann höre ich: »Ja, bis heute Abend«, aber die Stimme passt nicht ins Bild. Die Stimme kommt von hinten. Ich drehe mich um, und da ist das Milchgesicht von Roland.

Roland grinst mich an, als würde er erwarten, dass ich irgendetwas sage, und weil mir in dem Moment nichts anderes einfällt, antworte ich nur »Klar, bis nachher« und versuche, neutral zu gucken. Doch ich merke, wie sich meine Augenbrauen zusammenziehen, während ich ihn anschaue, und dann fällt mir auf, dass ich seit einigen Sekunden genau in der Mitte stehe, zwischen allen anderen, und alle fixieren mich. Wie zum Verhör aufgestellte Kameras sind ihre Augen auf mich gerichtet, zeichnen jede Bewegung meines Körpers auf, jedes Zucken in meinem Gesicht, jedes noch so winzige Detail, und ich spüre, wie Schweiß von meinen Achseln tropft, wie er sich auf Hüfthöhe im Hemd verfängt und feucht durch den weißen Stoff hindurchschimmert, sichtbar für alle vor mir, und wenn ich mich umdrehe, sehen es auch die anderen, ich rühre mich nicht.

Roland hebt seine Hand. »Bis heute Abend«, wiederholt er, und dabei winkt er wie eine Comicfigur, und die Wut, die ich in diesem Moment empfinde, löst mich aus meiner Starre, steigt mir in die Brust, in die Arme, aber ich schaffe es, den Impuls zu unterdrücken.

»Wir sehen uns«, sage ich nur.

Ich wende mich von Roland ab und nicke in die Runde. Als ich zwischen Benny und Anna hindurchgehe, streife ich beiläufig Annas Arm.

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3

Vor unserer Einfahrt muss ich Herrn Schürrle ausweichen, der seine Mülltonnen auf die Straße gestellt hat, um sie dort zu putzen. Im Jogginganzug hockt er vor der blauen Papiertonne und wischt mehrfach über dieselbe Stelle. Als ich an ihm vorbeirolle, fällt mir der Spalt zwischen seinem Hosenbund und der Trainingsjacke auf. Die eigentlich weiße Hautfarbe von Herrn Schürrle kann man kaum erkennen, weil sein Rücken von unzähligen dunkelbraunen Leberflecken bedeckt ist. Eine verlässliche Laserbehandlung kostet pro Quadratzentimeter einhundert Euro. Herr Schürrle dreht sich zu mir um und winkt freundlich, dann wendet er sich wieder der Mülltonne zu. An seiner Stelle würde ich einen Tausender investieren, Minimum.

 

Als ich das Gartentor öffne, steht meine Mutter bereits auf dem Steinweg. Sie trägt eine helle Bluse über einem dünnen schwarzen Rock und hat ihre Sonnenbrille auf, die sie mit der linken Hand etwas anhebt, während sie mit der rechten nach einem Fliederzweig greift. Sie betrachtet die violetten Blüten, riecht daran und murmelt »Herrlich«, bevor sie von dem Flieder ablässt und mich fragt, wie die Prüfung gelaufen sei.

Ich antwortete: »Gut, war ziemlich easy«, und reiche meiner Mutter den Autoschlüssel.

»Das freut mich«, erwidert sie und fügt hinzu, dass sie heute Abend italienisch kochen wolle, weil mein Vater zu Hause sei, und dafür müsse sie in den Großhandel fahren. »In ein, zwei Stunden bin ich zurück.«

Ich sage »Bis später« und will reingehen, als sich meine Mutter noch einmal umdreht.

»Auf dem Herd steht eine Spinatcremesuppe für dich«, ruft sie. »Falls du schon Hunger hast. Und die Endfassung ist gekommen. Schau doch mal rein.«

Daraufhin wendet sie sich ab, streckt den Arm in die Luft und formt eine Art Peacezeichen, wobei sie ihren Mittelfinger etwas einknickt. Für einen Moment hat es den Anschein, meine Mutter deute auf die Sonne oder auf irgendetwas anderes am Himmel, aber dann nimmt sie ihre Hand wieder runter und drückt den Smart Key für den Mini One, der unter dem Carport aufblinkt.

 

Der gestochen scharfe Dreitagebart, das kleine Muttermal unter dem linken himmelblauen Auge. Die Falten, die sich über die Stirn bis zum Ansatz seines kahlrasierten Schädels ziehen. Ich lege die Fernbedienung auf die Glasplatte, lehne mich zurück in das weiche Leder meines Sofas und schaue auf den Flatscreen. Mein Vater redet über das erste Treffen mit der jungen Regisseurin, darüber, wie er sofort gemerkt hätte, dass da jemand genau weiß, was er will. Er sagt, der Eindruck, den er von dem Drehbuch hatte, habe sich bestätigt. Die Kamera wechselt zu einer schüchtern lächelnden jungen Frau mit kurzen brünetten Haaren. Die Moderatorin fragt sie, ob sie damit gerechnet hätte, schon im Vorfeld ihres ersten Filmes so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Regisseurin verneint und sagt, das habe nicht so sehr mit ihr, sondern vielmehr mit der Besetzung der Rollen zu tun. Schnitt auf meinen Vater, der sehr sympathisch guckt.

Ich drücke die Menütaste auf der Fernbedienung und wähle den Hauptfilm aus.

Der Titel erscheint auf schwarzem Hintergrund, dann setzt dezente Streichmusik ein. Das Schwarz löst sich auf, und man erkennt nach und nach den Establisher. Der Fernsehturm ragt hinter Altbauten hervor, es ist früher Morgen. Die Kamera zoomt langsam zurück, ein Fensterrahmen kommt ins Bild. Mit Christopher Baalberg wird jetzt eingeblendet. Die anderen Namen werden jeweils mit und angekündigt, während die Kamera vom Fenster aus in die Wohnung schwenkt. Irgendwann erreicht sie das Bett, auf dem er liegt. Sein gut trainierter Rücken ist zu sehen, die Kamera zoomt auf den Kopf, auf den Dreitagebart und auf die Augen, die er plötzlich öffnet. Im Film sind sie braun.