High Performance - Wolfgang K. Eckelt - E-Book

High Performance E-Book

Wolfgang K. Eckelt

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Beschreibung

Die geheimen Strategien der Top-Manager: Wie Sie mit High Performance Karriere machen Planen Sie eine berufliche Neuorientierung oder einfach den nächsten Schritt in Ihrer Karriere? Wolfgang K. Eckelt zeigt Ihnen, wie Sie mit der richtigen Strategie zum High Performer werden und Ihren Weg an die Spitze finden! Der Autor und Top-Headhunter hat schon viele Karrieren begründet und begleitet. Er erklärt, warum selten Talent, Glück oder Engagement über den großen Karrieresprung entscheiden, sondern vielmehr die richtige Vorgehensweise. Anhand von realen Erfahrungen analysiert er die Strategien und Survival-Kits der erfolgreichsten Manager und warum High Performance und Krisen so oft zusammengehören. •Für mehr Erfolg im Beruf – die fünf Schritte zum High Performer •Coaching für Führungskräfte: Wie Sie es bis ganz nach oben schaffen und Ihren Platz behaupten •Krisenmanagement: Reputation retten, Stress bewältigen, neu durchstarten •Business Coaching, Mentoren und Networking: Auf welche Booster Sie in Ihrer Karriereplanung nicht verzichten sollten •Outplacement-Beratung vs. Headhunter: Was Sie in Ihrer Laufbahn wirklich weiterbringt •Der Weg ist das Ziel: So geht es weiter, wenn Sie oben angekommen sind Karriereberatung in Zeiten von Big Data, Digitalisierung und Industrie 4.0 CEO-Jobs alter Schule werden rar, denn die Spitze eines Unternehmens ist nicht mehr zwingend oben und der Weg dorthin führt längst nicht mehr über die geradlinige Karriereleiter. Was wird High Performance in Zukunft bedeuten und worin unterscheiden sich erfolgreiche Führungskräfte heute von denen, die abgehängt werden? Lernen Sie alles über die richtige Haltung, Motivation und die Kunst, Chancen zu nutzen. Ein unverzichtbarer Ratgeber für alle, die ihren persönlichen Karriereweg finden und berufliche Ziele erreichen wollen!

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Wolfgang K. Eckelt

High Performance

Die geheimen Karriere-Strategien für den Weg an die Spitze

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© FAZIT Communication GmbH

Frankfurter Allgemeine Buch, Frankenallee 71–81,

60327 Frankfurt am Main

Umschlag: Initial Kommunikationsdesign, Ludwigsburg, www.initial-design.de

Julia Desch, Frankfurt am Main

Titelbild: Eckelt Consultants GmbH

Satz: F.A.Z. Creative Solutions

Druck: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

2. Auflage, Frankfurt am Main 2018

ISBN 978-3-96251-018-3

eISBN 978-3-96251-020-6

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

I.Sturz ins Bodenlose

1.1Tanz auf der Nadelspitze

»1.000 Euro für jeden Kontakt«

Karriereknick: Kein Einzelfall

Shitstorm: Der neue Karrierekiller

Reputation: »Perception beats Performance«

Abgestraft: Zurück auf Los

Burnout: Wenn High Performern die Luft ausgeht

Suizid: Verbreiteter als angenommen

Tabuthema: Sex, Affären, »Belästigungsvorwurf«

Kaltgestellt: Endstation Sterbezimmer

1.2Outplacement: Trostpflaster statt Karriere-Booster

Der Händchenhalter wartet im Nebenzimmer

Warum Outplacement nicht funktioniert: Vier Kritikpunkte

1.3Königsmacher: Was Headhunter anders machen

Outplacement-Berater sind abhängig – Headhunter sind unabhängig

Outplacement-Berater lehren »Allgemeinwissen« – Headhunter garantieren »Geheimwissen«

Outplacement-Berater reparieren Profile – Headhunter schärfen Profile

Outplacement-Berater halten Systeme störungsfrei – Headhunter verbinden Systeme

1.4Jetzt erst recht: Durchstarten zur nächsten Etappe

Coaching durch vier Phasen

High Performance und Krise gehören zusammen

Eine Folge der digitalen Transformation

Erstes Fazit

II.Wo ist »die Spitze»?

2.1High Performance neu denken

CEO-Jobs alter Schule sind rar

Die Digitalisierung bringt neue C-Level-Jobs

Digital kills the CEO-Star

2.2Die Haltung macht den Unterschied

Zwischen »Trumpeltieren« und Gentleman

Ein dritter Weg: Innere Unabhängigkeit

Motivation: Alles, nur kein Mythos

Motivatoren alter Schule

Was wirklich antreibt

Zweites Fazit

III.Die Strategie

3.1Wie sie wurden, was sie sind

Kommt die fluide Organisation?

In Orange auf’s Abstellgleis

Mit Magenta an die Spitze

C-Level: Eine geschlossene Gesellschaft?

3.2In langen Wellen denken

Achtung, Verschwörungstheorie!

Von der Kunst, Chancen zu nutzen

»Es kam jedes Mal anders.«

Agilität in eigener Sache

Perspektive wechseln heißt Chancen schaffen

3.3Fünf Schritte zu High Performance

1. Das richtige Fundament legen

2. Weichen stellen

3. Das passende Sprungbrett finden

4. Organisationen lesen

5. Die perfekte Welle reiten

3.4Disruptive Strategien

Kreativ destruktiv denken

Dialektisch denken

Drittes Fazit

IV.Der Booster: Coaching

4.1Verschwiegene Navigationshelfer

Was ist eigentlich Coaching?

1. Akute Hilfe in der Krise

2. Die Reputation retten

3. Stress managen

4. Die Karriere beschleunigen

5. Radikale Freiheit kultivieren

4.2Wildwuchs am Coachingmarkt

Ein neuer »Massenmarkt«

Warum »Auch-Coaches« der Normalfall sind

Wenn Coaching instrumentalisiert wird

Was Coaching kostet

4.3Coaching – aber richtig

High Performer brauchen ein Gegenüber

Die Maske wegblasen

Transitiv, reflexiv, provokativ

Viertes Fazit

V.An der Spitze: Wie geht es weiter, wenn man oben ist?

5.1Den Berg im Blick behalten

Das Ego bändigen

Der dunklen Seite der Macht widerstehen

Versteckte Machtzirkel aufspüren

5.2Endlich beim Spitzentreffen

Die unheimliche Macht der heimlichen Torhüter

Zugang zu den Top-Netzwerken

5.3Plan B: Das eigene Unternehmen gründen

Plan C: »Send Me an Angel«

Plan D: High Performance Privatier

Fünftes Fazit

VI.High Performance als Markenzeichen

6.1Es geht nicht ohne: Präsenz zeigen

Sich selbst zur Marke machen

Herrenanzug oder T-Shirt?

Marken zeigen oder verstecken?

6.2Die Kunst der Kommunikation

Storytelling schafft Vertrauen

Oft unterschätzt: Schlagbilder

Muss das sein? Social Media

6.3Eine Marke – und trotzdem frei?

Sechstes Fazit

VII.Die Sinnfrage: High Performance um jeden Preis?

7.1Den richtigen Weg gibt es nicht

Sinnverlust im »Hier und Jetzt«

Spitzen-Lifestyle als goldener Käfig

»Born to Run«

7.2Raus aus der Zwickmühle

Auf der Suche nach sinnstiftender Arbeit

Bitte Abstand halten

Überholspur ins Nirwana

Im Dialog sein – weiter kommen

Siebtes Fazit

Executive Summary

Der Autor

Literatur

Vorwort

Fusseln – ich hatte sie überall: an den Händen, an der Kleidung, im Gesicht. Ich atmete Fusseln und ich hasste ihren Geruch, damals, als ich im stickigen Keller eines Dortmunder Herrenausstatters unter kalt flackerndem Neonlicht mutterseelenallein Pullover faltete. Erst die schwarzen, dann die grauen, dann die blauen und die grünen, dann wieder die schwarzen. Hunderte. Tausende, gefühlte Milliarden Pullover. Jeden Tag bis 17 Uhr. Dann katapultierte mich der Aufzug hoch auf die Verkaufsfläche, wo ich im hellen Glanz des Warenhauses jäh an einem gläsernen Tisch platziert wurde, um dort die Pullover zu falten, die tagsüber zerwühlt worden waren. Sisyphos hätte statt seines Steins auch einen Stapel Pullover bearbeiten können.

Wie Sisyphos fing ich jeden Tag von vorne an und kam keinen Meter weiter. Ich war 19 und eindeutig am ersten Tiefpunkt meiner Karriere angelangt. Dabei hatte es doch wie eine brillante Idee ausgesehen, mit meinem völlig frei von jeglicher Spezialbegabung angelegten Talentprofil einen ganz anderen Weg einzuschlagen als all die Schulkameraden, die jetzt in den Unis Paragrafen, Physiopathologie und Pädagogik paukten. Hätte das nicht der fast track in die schillernde Businesswelt der »high performing« Anzugträger sein können, in der ich unbedingt mitspielen wollte?

»Eckelt!«, riss mich mein Chef brüllend aus meinem Selbstmitleid am Pullovertisch. »Eckelt! Watt is los? Umsatz machen! Sons wird dat nix mit Ihnen und se fliejen hier im hohen Bogen raus! Eckelt, am Samstach gense in die Anzüge!«

Super: Erst machen sie einen zur Kellerassel und dann zerquetschen sie einen mit Umsatzdruck. Als Jungspund »auf der Fläche« hatte man ohnehin keine Chance, weil die alten Hasen unter den Anzugverkäufern mit ihrem untrüglichen Gespür für herannahende Brieftaschenträger alle Kunden wegschnappten, bevor man überhaupt Luft für den ersten, den entscheidenden Ranschmeißer-Satz geholt hatte. Aber rausfliegen? Ich? Auf meinem Textileinzelhandel-Karrieresonderweg auch noch scheitern? Niemals. Nicht mit mir.

In den schlaflosen Nächten bis »Samstach« wurde ich zum Regisseur in eigener Sache. Ich ging im Geiste jede Sekunde durch, die ich auf der »Fläche« würde durchstehen müssen und wusste mittwochs um drei Uhr früh endlich genau, was in mein survival kit gehörte: ein perfekt sitzender Anzug. Eine Armbanduhr, die am Handgelenk eines Mannes auf fünf bis sieben Hierarchiestufen über mir gut ausgesehen hätte. Schuhe, mit denen ich die britische Königin hätte besuchen können. Die Lektüre von mindestens sieben aktuellen Ausgaben des örtlichen Boulevardblatts inklusive Sportteil. Und die detaillierte Kenntnis aller Hersteller von Herrenanzügen und aller Herrengrößen – von klein und untersetzt über mittelgroß mit zu kurzen Armen bis Basketballspielerformat mit Beinüberlänge.

In dieser Woche lieh ich mir 5.000 D-Mark von meinen Eltern und besorgte mir meine erste Kampfausrüstung: Anzug, Hemd, Krawatte, Schuhe, Uhr. Im Rückblick klingt das abgedreht übertrieben, tatsächlich aber war es in diesem Augenblick für mich die richtige Entscheidung und das erste, das vielleicht wichtigste Stipendium meines Lebens.

Am Samstag, meinem ersten Kampftag, stand ich morgens um sieben im Frühnebel in der Dortmunder Innenstadt vor dem Personaleingang des ersten Herrenausstatters am Platze und war bereit, alles zu geben. Ich war der Erste auf der Fläche und hatte zwei Stunden Zeit, um mir das komplette Sortiment einzuprägen. Der Uhrzeiger drehte sich langsam Richtung neun Uhr, mein Adrenalinspiegel stieg immer schneller bis knapp unter Herzinfarkt und dann stand er da, mein erster Kunde. Er war eine Frau.

Daran hatte ich nicht gedacht! Natürlich ist es die Ehefrau, die den Mann zum Shoppen zwingt. Der Mann hat keine Lust dazu, natürlich nicht! Jetzt half nur Improvisationstheater: In der Schule hatte ich in der Aula lediglich den Atomtod dargestellt – das war damals das Thema – jetzt mimte ich den perfekten Schwiegersohn, fachsimpelte über italienische Stoffe und perfekte Hosenlängen, überraschte mit der Auswahl sofort sitzender Hemden und war derartig charmant unterwegs, dass ich en passant noch drei Krawatten verkaufte. An diesem Tag gab ich alles, ich machte einen Mords-Umsatz, am Abend war ich verschwitzt und mir war speiübel, ich fuhr zurück in meine Kleinstadt im Münsterland, schleppte mich nach Hause zu den Eltern und wusste: Schluss mit Fusseln. Es gibt einen Weg aus dem Keller. Und um den zu schaffen, brauche ich eine besondere Fähigkeit: den Scannerblick für Silberrücken. Anzuggröße und Kragenweite, Uhrenmarke und Krawattenfarbe, Fußball und Bier, Talkshow und Theater, Auto und Wetterwarnung – ein erfolgreiches Verkaufsgespräch in der Anzugabteilung eines Herrenausstatters geht nur mit allen Infos. Und um die zu sammeln, analog natürlich, gibt’s eine halbe Sekunde Zeit. Eine halbe Sekunde.

Wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich meine erste Lektion Menschenkenntnis in der obersten Etage eines Warenhauses zwischen Hosenbeinen und Manschettenknöpfen lernen würde, hätte ich ihm den Vogel gezeigt. Aber so war es. Irgendwann hatte ich den Dreh raus, kannte den Chef der Dortmunder Brauerei, Hans Rosenthal und Wim Thoelke, ich stieg ein paar Hierarchieebenen auf und stand dann am oberen Ende der Herrenoberbekleidungskarriereleiter. Diese Ebene war für meinen Geschmack immer noch viel zu dicht an der Fusselgrenze und weit entfernt von dem, was ich mir damals unter High Performance vorstellte. Ich brauchte einen Neustart mit mehr PS. Die wollte ich mir an der Universität holen – und zwar viel davon und schnell.

»Irgendeine« Uni kam deshalb nicht infrage, es musste eine private Business School sein. Und dann noch ein MBA in den USA – das wäre, so meine Vorstellung, das richtige Futter für den »High Performer«, der ich in Zukunft sein wollte.

An beiden Unis gehörte ich zwar zu denen mit relativ viel Watt in der Birne, war aber eindeutig derjenige mit dem wenigsten Geld in der Tasche. Wenn ich meinen Fiat Panda zwischen all den Cabrios und E-Klassen abstellte, meldete sich das alte Fusselgefühl aus dem Keller zurück. In der Abteilung für Herrenoberbekleidung aber hatte ich etwas gelernt: Schaumschläger ignorieren und Silberrücken für mich gewinnen. Und das half mir dabei, die Profs auf meine Seite zu bringen und die Arroganz der Studenten an mir abgleiten zu lassen, die am Wochenende auf die Hamptons gefahren wurden, während ich fieberhaft nach Wegen suchte, nicht kellnern gehen zu müssen.

Ich kam durch. Doch als ich meine hart erarbeiteten Abschlüsse endlich in der Tasche hatte, stand ich vor dem Nichts: Die Wirtschaft lag 1995 am Boden, ich hatte keinen Mentor, ich hatte kein Netzwerk, ich hatte keinen Coach und ich hatte keine andere Wahl, als meinen Wunsch nach einem glorreichen Einstieg in die Wirtschaft zu vergessen. Was mir blieb, waren Waschmaschinen.

Ich nahm einen Recruiting- und Management-Development-Job bei einem Hersteller von »Weißer Ware« an. Ganz gut, eigentlich, aber in Relation zu meinen Karriereplänen absolut uncool, unsexy, fahl. Auf dem Boden der Tatsachen in einem derartigen Unternehmen lag zu dieser Zeit überhaupt kein Glamour. Im Gegenteil. Hier lernte ich die ganze Bandbreite der Macchiavelli-Karriere: Beziehungen knüpfen, Konkurrenten ausschalten, nach oben den Bückling mimen und nach unten den drill instructorspielen. Eine lehrreiche Zeit, aber auch nicht das, was ich mir unter »High Peformance« vorstellte.

Ganz ehrlich? Auch wenn jetzt ein hochrangiger jobtitle auf meiner Visitenkarte prangte – meinen Job auf der Anzugfläche hatte ich angenehmer in Erinnerung. »Wie kriege ich diese Welten nun zusammen? Der direkte Kontakt zu den Silberrücken dieser Welt – und die eigene Karriere?« Das war die Frage, die mir den Schlaf raubte. Bis mir in einem Wirtschaftsmagazin ein Artikel über den größten Headhunter aller Zeiten ins Auge fiel – besser gesagt: mir die Augen öffnete. Executive Consulting, hierzulande weniger glamourös Personalberatung genannt, das sah nach meinem Weg zu »High Peformance« aus.

Mit Silberrücken kannte ich mich aus. Von Recruiting und Management wusste ich mittlerweile einiges. Wie High Performance mit gelernter Eloquenz und geschickter Auswahl hochpreisiger Kleidermarken zusammenhängt, davon konnte ich auch ein Lied singen. Der Glamour der imageverliebten 1980er Jahre lag noch in der Luft, die erste Start-up-Welle nahm Ende der 1990er Fahrt auf – das war genau der richtige Moment für den Schritt in die Selbständigkeit.

Als Headhunter.

Das klang nach harter Arbeit, nach Abenteuer und nach einer Laufbahn, die mich nie wieder mit Fusseln und Kellerluft in Verbindung bringen würde.

Ich wollte High Performance und hatte als Rüstzeug Bildung, Erfahrung und den unbändigen Willen, den Spitzenmanagern der Wirtschaft auf Augenhöhe zu begegnen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Damit hatte ich nicht viel mehr zu bieten als heiße Luft in Tüten. Ich konnte zwar dafür sorgen, dass auf der Tüte »Prada« stand, aber von den geheimen Strategien für den Weg zur Spitze wusste ich nichts.

•Die Strategie: Weder hatte ich ein klares Bild von meiner Positionierung noch konnte ich sehen, wo ich in zehn oder 15 Jahren stehen würde. So startete ich als »Eckelt und Partner« – einem Personalberatungsbüro mit Anzeigengeschäft. Damals State of the Art, für meinen Geschmack aber zu uninteressant, zu bürokratisch. Vom Anzeigengeschäft befreite ich mich so schnell wie möglich und gründete schließlich »Eckelt Consultants«.

•Die Booster: Mentoren, Coaches, Netzwerke. Hatte ich nicht, lernte aber, dass Kontakte von Kristallisationspunkten aus wachsen – wenn man diese eines Tages endlich findet.

•An der Spitze: Was tun, wenn die eigene Position auf einem Level angekommen ist, das man sich immer gewünscht hat? Wie um Himmels willen schafft man es, dort oben zu bleiben? Was ich anfangs nicht wusste, das ist, dass es auf diese Frage keine Antwort gibt. Aber individuelle Ansatzpunkte.

•Neue Parkettsicherheit: Anzüge verkaufen ist eine Sache. Aber heute den Vorstand eines Automobilherstellers überzeugen und morgen den Schraubenzulieferer auf der Schwäbischen Alb – da braucht man unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Themen, unterschiedliche Schuhe und neuerdings auch … Pullover.

•Die Sinnfrage: Oben mitspielen – das war meine erste, zugegebenermaßen ausgesprochen vage Geschäftsidee. Dass die Sache langfristig für mich Sinn ergibt, das zeigte sich im Laufe der Zeit. Je größer mein Netzwerk wurde, desto erfolgreicher konnte und kann ich neue Perspektiven öffnen. Knoten aufdröseln. Karrieren in Bewegung bringen. Krisen lösen. Manchmal sogar Katastrophen verhindern helfen. Für Einzelpersonen, auch für Unternehmen.

Nach einer Ausbildung, zwei Studienabschlüssen und einer Promotion, nach Hunderten erfolgreich vermittelter Kandidaten und fast 20 Jahren »Eckelt Consultants« stehe ich jetzt auf dem Level, das ich mit 19 Jahren im Visier hatte: auf Augenhöhe mit den Silberrücken. Dabei stehe ich nicht im Zentrum, sondern als Berater eher am Spielfeldrand. Immerhin bei Tageslicht.

Was ich mit 19 nicht ahnen konnte, das war die Wirkung der zweiten Start-up-Welle: Um die Jahrtausendwende war die erste wie eine schlechte Kaugummiblase zerplatzt. Mitte der 2010er Jahre aber hatte plötzlich eine ganz neue Spezies die obersten Level der Wirtschaft gekapert. »High Performing«-Jungs mit Turnschuhen, T-Shirt, Bart und Bommelmütze. So erfolgreich, dass hiesige Spitzenmanager seitdem mit schreckgeweitetem Blick nach Silicon Valley starren, sich die Krawatten vom Hals reißen und mutig »Nenn mich beim Vornamen!« rufen.

Ich dachte lange, ich hätte meine Lektion gelernt und in Performance-Fragen könnte mir keiner so leicht etwas vormachen. Doch die Welt hat sich gedreht. In den Management-Etagen sagt man jetzt »Du«. Wie bei Ikea. Ich sehe Umbrüche als Chance – und dies ist auch das erste Geheimnis auf dem Weg an die Spitze: High Performance ist nichts, was man irgendwann einmal sicher erreicht hat und nichts, auf dem man sich ausruhen könnte. High Performance ist jeden Tag ein neues Ringen in dünner Luft. Es ist jeden Tag ein Abenteuer, ein Tanz am Abgrund, und das Beste daran ist: Jedes Mal, wenn man glaubt, jetzt aber wirklich an der Spitze angekommen zu sein, öffnet sich eine weitere Perspektive.

High Performance ist eine Story ohne Ende.

Ich wünsche Ihnen strategischen Weitblick, fruchtbare Kontakte, viel Erfolg auf Ihrem Weg an die Spitze, kluge Antworten auf alle Sinnfragen und allzeit ein gutes Gefühl dafür, ob Sie, liebe Leserin und lieber Leser, heute lieber Pullover oder doch noch mal »feinen Zwirn« tragen sollten. In diesem Moment aber vor allem eine inspirierende Lektüre!

Zu guter Letzt sei erwähnt, dass es sich bei den Beispielen in diesem Buch um wahre Geschichten und reale Erfahrungen handelt. Diese wurden allerdings im Sinne des Kandidatenschutzes alle anonymisiert und verfremdet. Selbstverständlich sind auch Kandidatinnen darunter, jedoch wird im Folgenden zur besseren Lesbarkeit nur von Kandidaten die Rede sein.

Dr. Wolfgang K. Eckelt

Einleitung

Die klassische Karriere ist zu Ende. Das trifft den Dax-Vorstand, der nach zig Jahren Höhenflug plötzlich vor dem Nichts steht – und ein Dreivierteljahr später ratlos in meinem Büro. Das trifft den Shootingstar der Tech-Gründerszene, den niemand mehr braucht, nachdem er sein Start-up verkauft hat und es im Bauch eines Mega-Konzerns verschwunden ist – und der partout nicht einsehen will, dass sein orangefarbenes T-Shirt konzernintern unverdaulich ist. Das trifft auch die einstmals erfolgreiche Abteilungsleiterin, die seit Jahren in dubiosen Projekten geparkt, von Informationen abgeschnitten und in einem staubigen Büro isoliert wird – die dann durch mein großes Fenster auf den Stuttgarter Kessel starrt und jäh erkennt: ihre Position ist das interne »Sterbezimmer«.

Für die Kandidaten auf der alten Karriereleiter ist es ungemütlich geworden: Längst sitzen die Digital Natives an den Schalthebeln der Macht. Facebook? Google? Amazon? Das sind keine Start-ups mehr, das sind die neuen Giganten. Deutschland AG? Kennen die gar nicht. Preußische Präzision? Interessiert die nicht. Seit Beginn der Industrialisierung haben die Deutschen ihre Unternehmen so logisch konstruiert wie Maschinen. Da wurde geplant, organisiert, umgesetzt. Diese Räderwerke waren so effizient, dass sie sich gut gegen die Konkurrenz behaupten konnten.

Doch dann zog das Tempo an. Die Ansprüche zogen an. Es wurde unübersichtlich, man fing an zu tricksen, blickte nicht mehr durch, selbst ein so glanzvoller Konzern wie VW geriet ins Straucheln. Heute programmieren Start-up-Klitschen die Zukunft, Minifirmen printen billige Bauteile mit 3-D-Druckern, Apple und Google verblüffen mit Ideen für neue Autos, für vernetzte Fahrzeuge, für autonomes Fahren und das auch noch in Verbindung mit Sharing-Diensten. Wobei im Mittelpunkt der Entwicklung nicht einmal mehr das Auto selbst steht, sondern … Big Data. Im Automobilbau der Zukunft hat wohl der das Heft in der Hand, der schnell ist. Vor allem: der die Daten hat. Und das sind neue Start-ups, das sind Apple und Google – das sind nicht die etablierten Player.

Das sind nicht die großen Automobilhersteller-Marken. Das sind auch nicht die großen Zulieferer-Marken. Bei denen geht derweil die Angst um: »Wir müssen uns ändern«, höre ich in jedem Gespräch von jedem Entscheider. »Wir wissen nur nicht genau, wie!« Um nicht allzu ratlos auszusehen, zieht man in den Führungsetagen nicht nur Krawatten aus, sondern probiert neue Geschäftsideen:

So werden autonome Fahrzeuge in Stuttgart und München getestet, es werden Elektrofahrzeuge präsentiert, Mobilitätsdienstleistungen an den Start gebracht und in Berlin eigene Start-ups eröffnet, um mitten im Hauptstadt-Feeling alles zu testen und weiterzuentwickeln, was die Branche umwälzt: Big Data, Machine Learning, Micro Services, Cloud Technologien, Industrie 4.0, Internet of Things.

Was das für die Automobilindustrie in Deutschland heißt, liegt auf der Hand: Da bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Konzerne, Zulieferer, kleine und auch auf hunderttausende Mitarbeiter gewachsene Unternehmen werden sich umstrukturieren, Hierarchieebenen abbauen, neue Bereiche aus dem Boden stampfen, auf andere Produkte fokussieren, verschwinden. Und das gilt nicht nur für die Automobilindustrie. Ob Kühlschrank oder Sportschuh, Klima- oder Alarmanlage, Versicherung oder Supermarkt: Big Data ist ein Thema für die gesamte Industrie, für alle Services. Big Data krempelt alles um.

Komplett umgekrempelt werden in Folge auch die Erfolgschancen für den Einzelnen. Für Sie, für Ihre Kollegen, Ihre Mitarbeiter. Den sicheren Job auf Lebenszeit, den wird es so nicht mehr geben. Der sichere Aufstieg von Level zu Level, das ist vorbei. Wege an die Spitze wird es zwar immer noch geben – nur werden wir unter »Spitze« etwas anderes verstehen und uns an den Gedanken gewöhnen müssen, dass jederzeit, praktisch aus dem Nichts, neue Erfolgschancen auftauchen können und andere, vermeintlich tolle Ideen plötzlich implodieren.

Weil neue Player auftauchen: Zum Beispiel die Plattform Uber, die das Thema Mobilität über Nacht verändert hat. Zum Beispiel die drei Kreisel-Brüder aus dem österreichischem Mühlviertel, die im Wettlauf um die weltbesten Akkus für die elektromobile Zukunft plötzlich ganz vorne mitspielen. Schon gehört? Das genau ist der Punkt. Wir haben heute von Vielem noch nichts gehört, das unsere Welt – und damit unsere Jobs – morgen radikal umkrempeln wird.

Kein Wunder also, dass mein Telefon klingelt. Zunehmend mehr Führungskräfte der mittleren Ebenen bis hin zu C-Level-Managern stellen fest, dass sich ihr Karriereplan in Luft aufgelöst hat: Ganz oben an der Spitze stehen zu wollen in einem Unternehmen, das stahlgeschmiedete Rohteile für Pleuelstangen und Ausgleichswellen produziert, das ist keine gute Idee mehr in einer Zeit, in der die Industrie den Verbrennungsmotor Schritt für Schritt zu Grabe trägt. Produktionsstätten für Turbolader und eigene Schmieden werden derzeit verkauft, Portfolios strategisch sinnvoll aufgeräumt – und damit Karrieren ausgebremst, Karrieren abgeschnitten. Zack und aus.

Dieses Buch ist für alle gedacht, denen genau das passiert ist und die jetzt wissen wollen, wie es mit ihrer Karriere weitergeht. Es ist für diejenigen, die das Ende ihrer Karriereleiter vor Augen haben und rechtzeitig umsteuern wollen, damit der Weg woanders Richtung High Performance weiterführen kann. Außerdem ist es für alle, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen und denen die Frage auf den Nägeln brennt: »Welche Karriere ist in Zeiten wie diesen überhaupt noch möglich?«

Der Start oder Neustart Richtung High Performance muss nicht mit einer Krise beginnen. Weil es in der Praxis aber sehr häufig genau so kommt, geht dieses Buch von diversen Krisen-Szenarios aus, fragt dann nach dem Erfolgsgeheimnis von »High Performern«, nach ihren Strategien, Boostern und Survival-Kits. Weil die Frage »Anzug oder Hoodie« in meinen Beratungen einen erstaunlich großen Raum einnimmt, komme ich abschließend doch noch einmal auf das Thema zu sprechen, mit dem meine eigene Karriere begann: Herrenoberbekleidung. Schließlich aber auf das, was die meisten von Ihnen am meisten umtreibt: die Sinnfrage. Die Themen im Einzelnen:

Krise: Was ist los in der Wirtschaft? Warum werden High Performer von heute auf morgen aus dem Job gekegelt? Und wie kommt es, dass neben der Karriere zumeist auch noch das Privatleben einen Knacks bekommt? Gibt es Gegenmittel? Um es gleich zu sagen: Ja, gibt es.

High Performer: Es gibt sie immer noch, die Hochleister, doch mit einem völlig anderen mindset. Wie unterscheiden sich heute erfolgreiche Führungskräfte von denen, die irgendwann abgehängt werden? Sind sie härter, kälter, radikaler? Das sind sie gerade nicht. Und was treibt High Performer an? Geld, Macht, Anerkennung? Um Status geht es heute auch noch, aber längst nicht mehr nur darum.

Die Strategie: Wer kommt weiter? Und wie? Mit Macchiavelli-Methoden lässt sich die Karriere effektiv vorantreiben – leider kommt man dabei ganz schnell vom eigenen Kurs ab. Das geht anders besser.

Die Booster: High Performance ist nie das Ergebnis eines genialen Einzelkämpfers. Der Einzelne wird stark durch sein Umfeld – also braucht er eins mit Potential. Dazu gehören mächtige Mentoren, Coaches mit harter Kante und Netzwerke. Aber Achtung: Nicht jeder Mentor kann relevante Türen öffnen, so mancher Coach hat seinen Job an einem einzigen Wochenende gelernt und etliche Netzwerke sind nicht mehr als Kaffeeklatsch!

An der Spitze: Endlich Vorstand? Gratulation! Doch die wirklich harte Arbeit fängt jetzt erst an. Oben ankommen ist etwas für Anfänger, oben bleiben ist die Kunst der Fortgeschrittenen. Und oben ist gar kein Platz für alle! Gerade in der Automobilindustrie ist die Zahl der Spitzenpositionen begrenzt – und sie wird in Zukunft noch kleiner. Höchste Zeit also, über alternative Wege an neue Spitzen nachzudenken.

Neue Parkettsicherheit: Die Zeit, in der Kostüm oder Anzug plus Krawatte plus eine schöne Powerpointpräsentation eine sichere Nummer waren, die ist offensichtlich vorbei. Jetzt heißt es Krawatte ab und Social Media an. Oder doch nicht?

Die Sinnfrage: Was wird High Performance in Zukunft heißen? Wird es auch in zehn, zwanzig Jahren noch um die Größe des Dienstwagens, um die Qualität der mechanischen Armbanduhr und um Luxus-Fernreisen gehen? Oder werden wir nach anderen Werten suchen: Lebensqualität? Zeit? Oder gar … Sinn?

Wir leben in turbulenten Zeiten. Was heute gilt, mag in einem, in zwei Jahren schon kaum mehr Gültigkeit haben. High Performance aber fasziniert immer. Exzellenz wirkt hochgradig attraktiv, Leistung macht den entscheidenden Unterschied. Nur anders. Der Weg an die Spitze ist immer noch erreichbar. Nur anders. Weil sich, erstens, unsere Vorstellung von High Performance geändert hat. Zweitens ist die Spitze eines Unternehmens nicht mehr zwingend »oben« und der Weg dorthin führt nicht mehr über Karriereleitern. Und, drittens, funktioniert »Leistung« heute anders als noch zu Zeiten der Deutschland AG.

Wie also geht heute High Performance? Dieser Frage wollen wir in diesem Buch nachgehen.

I.Sturz ins Bodenlose

Abgeschoben aufs Abstellgleis, angestoßen an der gläsernen Decke, abgestürzt kurz vor dem Ende der Karriereleiter – High Performance ist ein hartes Geschäft und der Chefsessel entpuppt sich häufig als Schleudersitz. Durch welche Krisen High Performer scheitern, wie sie es zurück auf den Weg zur Spitze schaffen, warum Outplacement nicht funktioniert und wieso es sinnvoll ist, nicht auf den Anruf eines Headhunters zu warten, sondern selbst anzurufen.

»Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen, auf denen wir in die Höhe steigen.«

Friedrich Nietzsche

1.1Tanz auf der Nadelspitze

Der Lieblingsplatz des typischen High Performers ist der CEO-Sessel (CEO: Chief Executive Officer). Das ist das Lebensziel, dafür setzt er alles aufs Spiel und nicht wenige High Performer erreichen dieses Ziel auch in erstaunlich jungen Jahren. Nur: Einmal an der Spitze angekommen heißt noch lange nicht, für immer oben zu stehen. CEO-Sessel werden immer häufiger zu Schleudersitzen – und das, obwohl es der Wirtschaft im Moment ganz gut geht. 2014 flog jeder zehnte Vorstandschef aus seinem Job, 2015 war es schon jeder sechste, und es sieht nicht so aus, als würde sich die Lage entspannen.

Doch für die Karriere des Einzelnen haben Durchschnittszahlen und Wahrscheinlichkeiten nicht die geringste Relevanz. Was in der Wirtschaftspresse als blutleere Statistik erscheint, erlebe ich jeden Tag in meiner Beratungspraxis. Live, dramatisch, drastisch.

»1.000 Euro für jeden Kontakt«

Er klingelt so ungeduldig wie jemand, der kaum irgendwo klingelt, weil das immer ein anderer für ihn tut. Reflexartig hole ich Luft, um meinen Oberkörper so weit aufzublähen, wie es bei meiner Körpergröße maximal möglich ist. Was sich als gute Idee erweist, als ich die Türe öffne und mir ein riesiger Mann im feinsten Zwirn gegenübersteht. Im Hintergrund brummt der Motor einer großen, schwarzen Limousine mit getönten Scheiben. Der Fahrer wartet. Ich bitte herein.

Was nicht nötig gewesen wäre, weil mein Besucher längst in mein Büro vorgedrungen ist und auf einem meiner schwarzen Sessel Platz genommen hat. »Ich will Herrn X, Herrn Y und Herrn Z kennenlernen, außerdem Herrn A, Herrn B und Frau C. Machen Sie das möglich, ich zahle für jeden Kontakt«, überrascht er mich. Er kramt aus der Innentasche seines Jackets ein Smartphone hervor, dann noch eins und schließlich ein dickes Bündel Papiergeld – hauptsächlich 500-Euro-Scheine. Wenn das hier ein Fernsehfilm wäre, könnte ich ausschalten, doch das geht jetzt nicht.

»Ich kenne diese Menschen«, sage ich möglichst sachlich. »Warum sollte ich Sie mit meinen wertvollen Kontakten vernetzen?« Ich setze mich in den zweiten Sessel, schlage die Beine übereinander und versuche, kühl und desinteressiert auszusehen.

»Weil ich ein guter Kandidat bin. Ein sehr guter sogar. So einen kriegen Sie nicht jeden Tag zu sehen.«

»Glaube ich nicht.«

»Das ist mir egal. Ich will, dass Sie mich vernetzen. Sofort. Wissen Sie überhaupt, mit wem ich mich alles unterhalten kann?« Er zählt Namen auf, die sich auch auf den Pappkärtchen in meinem Visitenkartenstapel befinden.

»Und? Was ist bei Ihren Unterhaltungen herausgekommen? Nichts – oder?« Die Gesichtsfarbe meines Besuchers verändert sich in eine deutlich ungesunde Richtung. Er atmet schwer, ringt um seine Fassung, schlägt mit der flachen Hand auf das Geldschein-Bündel: »Hier, für jeden Kontakt 1.000 Euro. Cash.«

»Warum sollte ich das tun? Was soll ich den Kontakten denn über Sie erzählen? So etwas mache ich nicht. Nein. Niemals.« Mein Puls rast. In diesem Augenblick hätte der Antagonist im Fernsehfilm vielleicht eine Knarre gezogen, doch mein Besucher stemmt sich lediglich aus meinem Sessel und stopft Geld und Telefone zornig in die Innentasche zurück. Sicherheitshalber erhebe ich mich ebenfalls und ergreife das Wort, bevor er zu irgendetwas anderem greifen kann.

»Passen Sie auf, ich schicke Ihnen eine Mail mit Fragestellungen. Die arbeiten Sie durch und dann schauen wir weiter«, sage ich schnell. Der Kandidat würdigt mich keines Blickes, rauscht zur Tür, reißt sie auf und wirft sie hinter sich ins Schloss. Laut. Kurz darauf heult draußen der Motor auf.

Ich atme durch, öffne das Fenster und schaue ins Grüne. Mein Puls normalisiert sich erst, als ich den Rechner hochfahre und dem Kandidaten schreibe: »Wie stellen Sie sich die Zukunft vor? Was sind Sie bereit, dafür zu tun?« Ich formuliere zehn einfache Fragen, sende sie per Mail und höre dann vier Wochen lang nichts von meinem Besucher.

Dann klingelt das Telefon. »Hören Sie«, ich erkenne die Stimme, doch der Ton ist deutlich milder geworden. »Hören Sie, ich will DAX-Vorstand werden und Sie sollen mir helfen. Ich brauche einen Sparringspartner. Um mich herum springen nur noch dressierte Affen!«

»Okay«, sage ich. »Aber nach meinen Regeln. Dazu gehört absolute Aufrichtigkeit. Das kann wehtun. Wenn Sie das aushalten, dann können Sie zu mir kommen.«

Tatsächlich habe ich mich auf diesen Deal eingelassen. Wir haben intensiv gearbeitet und treffen uns immer noch gelegentlich: Auftritt und Kommunikation, Rollenverständnis und Strategiefragen, das sind die wichtigsten Themen.

Im Laufe unserer Zusammenarbeit ist etwas Interessantes passiert: Der Kandidat ist niemals von seinem Weg an die Spitze abgekommen, er hat an seinem Ziel »Vorstand« festgehalten, er hat im Laufe der Zeit aber gewissermaßen den Berg ausgetauscht. Aus dem Weg zur Himalaya-Spitze wurde der Weg zur Zugspitze. Und siehe da: Diesem Ziel fühlte er sich sehr viel mehr verbunden, den Weg meisterte er souverän – und unsere erste Begegnung scheint mir im Rückblick so unwirklich wie Hollywood.

Karriereknick: Kein Einzelfall

Plötzlich weg vom Fenster. Fälle wie diesen gibt es zu Hunderten jedes Jahr in Deutschland. Dabei sind die Gründe für das jähe Aus einer steilen Karriere so unterschiedlich wie diejenigen, die es jeweils trifft. Bei einem Teil der CEOs läuft schlicht und ergreifend der Vertrag aus, andere stürzen über illegale Geschäfte oder werden nach einem kleinen Fauxpas von einem großen Shitstorm begraben. Wieder andere stolpern über ein Burnout oder werden intern kaltgestellt.

Die aktuelle Wechsel-Studie des Beratungsunternehmens Strategy& (früher: Booz & Company und zählt seit 2014 zum Netzwerk von PriceWaterhouse-Coopers, PwC) zeigt, dass sich im Jahr 2015 in den 300 größten Unternehmen fast ein Drittel der geschassten Vorstandschefs vor dem Vertragsablauf verabschieden mussten. Im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei rund 10 Prozent. Fünf interessante Details bringt die Strategy&-Studie ans Licht:

1. Viele Branchenwechsel: Ein Drittel der neu berufenen Vorstandschefs kam aus anderen Branchen. Das galt zum Beispiel für Telekommunikations- und Healthcare-Unternehmen sowie Energieversorger auf der Suche nach Kompetenz in Sachen Digitalisierung.1

2. Kaum Frauen: Nur gut 2 Prozent der CEO-Posten wurden mit Frauen nachbesetzt. 2014 war jeder zehnte Vorstandsposten an eine Frau gegangen.

3. Hohe Diversity: Das ist überraschend: Jeder dritte neue CEO hat eine andere Nationalität als das Unternehmen, das er leitet. In den USA – die allerdings insgesamt eine höhere Diversity aufweisen – liegt dieser Wert bei 17 Prozent, in Japan (3 Prozent) und China (6 Prozent) werden lediglich homöopathische Diversity-Dosen erreicht.

4. Schnell an die Spitze: Durchschnittlich waren die neuen CEOs der untersuchten deutschsprachigen Blue Chips bei Amtsantritt erst 49 Jahre alt und damit im Vergleich zum internationalen Median von 53 Jahren mit Abstand die jüngsten.

5. Relativ lange Chef: