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Beschreibung

Lennox Freeman (Free) ist einer der besten Hacker der Welt, was dazu geführt hat, dass er den größten Teil seines Lebens auf der Flucht verbracht hat. Wenn sein bester Freund Tech ihn nicht abgeschirmt hätte, hätte Frees Vater ihn und seine Fähigkeiten an die kriminelle Familie mit dem höchsten Gebot verkauft, als er noch Student am MIT war. Da Free Tech sein Leben verdankte, konnte er auch nicht Nein sagen, als der ihn bat, nach Atlanta zu kommen, um mit ihm zusammenzuarbeiten. Allerdings hatte er nicht mit der überfürsorglichen Gruppe von Detectives gerechnet, die die berüchtigtste Task Force der Polizei von Atlanta bildeten. Und er war ganz sicher nicht auf den großen und einflussreichen SWAT-Captain vorbereitet, der für ihre Sicherheit verantwortlich war. Ivan Hart hat sein ganzes Leben lang nach einem einzigen Credo gelebt und geblutet: dienen und beschützen. Er hatte hart daran gearbeitet, eine Truppe von knallharten Typen zusammenzustellen, die in der Lage waren, ein sehr gefährliches Team von Detectives zu unterstützen. Als letzte Verteidigungslinie von God und Day zu fungieren, brachte eine Menge Verantwortung mit sich, die er sehr ernst nahm. Bis God beschloss, seine Routinen durcheinanderzubringen, indem er einen weiteren technischen Spezialisten für seine Abteilung einstellte. Einen Mann, der Hart mit scharfem Verstand und unglaublich gutem Aussehen sprachlos macht – Lennox Freeman. "His Hart's Command" ist der 6. Band der Nothing Special Reihe.

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Seitenzahl: 419

Veröffentlichungsjahr: 2024

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His Hart’s Command

Nothing Special Band 6

Aus dem Englischen von Florentina Hellmas

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2024

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: His Hart’s Command (SWAT Edition) Nothing Special VI

Übersetzung: Florentina Hellmas

Coverbearbeitung: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Coverartist: Jay Aheer

Simply Defined Art

https://www.simplydefinedart.com/

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-739-2

Inhalt:

Lennox Freeman (Free) ist einer der besten Hacker der Welt, was dazu geführt hat, dass er den größten Teil seines Lebens auf der Flucht verbracht hat. Wenn sein bester Freund Tech ihn nicht abgeschirmt hätte, hätte Frees Vater ihn und seine Fähigkeiten an die kriminelle Familie mit dem höchsten Gebot verkauft, als er noch Student am MIT war.

Da Free Tech sein Leben verdankte, konnte er auch nicht Nein sagen, als der ihn bat, nach Atlanta zu kommen, um mit ihm zusammenzuarbeiten. Allerdings hatte er nicht mit der überfürsorglichen Gruppe von Detectives gerechnet, die die berüchtigtste Task Force der Polizei von Atlanta bildeten. Und er war ganz sicher nicht auf den großen und einflussreichen SWAT-Captain vorbereitet, der für ihre Sicherheit verantwortlich war.

Ivan Hart hat sein ganzes Leben lang nach einem einzigen Credo gelebt und geblutet: dienen und beschützen. Er hatte hart daran gearbeitet, eine Truppe von knallharten Typen zusammenzustellen, die in der Lage waren, ein sehr gefährliches Team von Detectives zu unterstützen. Als letzte Verteidigungslinie von God und Day zu fungieren, brachte eine Menge Verantwortung mit sich, die er sehr ernst nahm.

Bis God beschloss, seine Routinen durcheinanderzubringen, indem er einen weiteren technischen Spezialisten für seine Abteilung einstellte. Einen Mann, der Hart mit scharfem Verstand und unglaublich gutem Aussehen sprachlos machte.

Schnell weckt Free eine Leidenschaft in Hart, von der er lange dachte, sie sei tot. Eine Anziehungskraft, von der er nicht wusste, dass sie existiert. Er kann sich nicht vorstellen, dass das sexy Cybergenie an einem übergroßen, bärtigen Grobian interessiert sein könnte. Egal, was sein bester Freund God behauptete.

Hart weiß, dass eine Zukunft mit ihm potenziell gefährlich sein könnte. Aber er hatte nicht gewusst, dass es genauso gefährlich war, sich in den meistgesuchten Hacker der Welt zu verlieben.

Und alles, was Lennox Freeman im Leben will, ist Sicherheit, Liebe und Schutz.

Kapitel 1

Free

»Okay, Leute, wir werden eine kleine Abkürzung nehmen. Vor der nächsten Ampel biegen wir links in den Feldweg ein.«

»Free, wir werden sie verlieren, wenn wir von dieser Straße abbiegen«, warnte Ruxs.

»Nein, werden wir nicht. Ich habe sie immer noch im Blick.«

»Dann wirst du uns verlieren«, konterte Ruxs.

»Nicht für lange.« Free war so ruhig wie immer, obwohl seine Freunde drei schwer bewaffnete Männer verfolgten.

»Wie heißt die Straße?«, fragte Green.

Free konnte den Detective durch die Kamera seines Armaturenbretts sehen, wie er den mächtigen F350 souverän steuerte, während Free ihn vom Revier aus durch die Straßen von Gainesville navigierte. Frees Hände bewegten sich so schnell über die Tastatur, dass er gar nicht über den Vorgang nachdachte, nur über die Ergebnisse. Er hatte mehrere Karten auf dem Bildschirm zu seiner Linken. »Hm. Sie scheint keinen Namen zu haben.«

»Jede Straße hat einen Namen«, widersprach Tech.

Free sah den finsteren Blick seines besten Freundes, der auf dem Rücksitz von Greens Truck durchgerüttelt wurde. Er zoomte näher an das körnige Satellitenbild heran.

Keine Straßenmarkierung. Hm.

»Nun, diese hier nicht. Biegt jetzt ab!«

»Verdammt«, fluchte Green.

Das Geräusch von quietschenden Reifen drang in Frees Ohren.

»Ähm. Ich glaube nicht, dass das eine richtige Straße ist«, sagte Tech.

»Free, wir sind im verdammten Wald!«, brüllte Green.

Free zuckte zusammen, als er auf den Monitor schaute, der Greens Frontkamera anzeigte. Äste und Gestrüpp flogen in alle Richtungen und schlugen gegen die Windschutzscheibe.

»Das ruiniert meinen Truck«, polterte Green. »Du wirst Furious dafür bezahlen, all diese Beulen zu reparieren, Freeman!«

»Das ist nicht mal eine Straße«, brummte Steele. »Wahrscheinlich heißt sie ‚Die-letzten-Minuten-deines-Lebens-Pfad‘.«

»Weiterfahren«, befahl Syn ruhig.

Der Sergeant des Teams stand hinter Free, während er arbeitete, und mischte sich nur ein, wenn es unbedingt nötig war. Er wusste, wann er Free seine Arbeit machen lassen musste.

»Das Fahrzeug ist immer noch in meinem Blickfeld. Die Verdächtigen biegen links in die E Hall ein. Noch fünfundsiebzig Meter und ihr seid da«, sagte Free zuversichtlich, während er immer noch auf den Monitor blickte, der das Satellitenbild der P Davidson Road zeigte.

»Verstanden«, knirschte Greens Stimme durch das Funkgerät.

Free ließ die Bildschirme nicht aus den Augen. In den 30 Jahren, in denen er sich schon mit Computertechnik beschäftigte, hatte er sich daran gewöhnt, mehrere Geräte und Systeme gleichzeitig zu bedienen. Außenstehenden erschien es schwierig, aber das Hacken von Satelliten und Datenbanken war zu seiner zweiten Natur geworden. Er war nur froh, dass er sie jetzt für das Gute einsetzte.

Die Tür zu ihrem Büro schwang auf, aber Free drehte sich nicht um, um zu sehen, wer hereinkam. Er konzentrierte sich auf seine Arbeit. Vier der besten Männer von Atlanta waren im Einsatz und in Gefahr. Sie verließen sich auf ihn, also hatten sie seine volle Aufmerksamkeit. Er arbeitete seit zwei Monaten mit dieser erstaunlichen Gruppe Detectives zusammen, und bis jetzt hatte er das Team noch nie im Stich gelassen. Sie alle bildeten eine ziemlich beeindruckende Einheit, mit der der Bürgermeister nicht zufriedener sein könnte.

»Harts Team hat seinen Einsatz beendet. Sie sind endlich auf dem Weg nach Hause«, drang Gods Stimme vom anderen Ende des großen Büros zu ihm.

Hart. Auf dem Weg nach Hause.

Free drehte den Kopf so schnell, dass er ein leichtes Knacken in seinem Nacken hörte. Seine Lieutenants hatten sich beide an ihren Schreibtischen niedergelassen und fuhren ihre Computer hoch. God und Day leiteten die erfolgreichste Drogenfahndungseinheit der Polizei von Atlanta. Sein bester Freund Tech hatte die letzten drei Jahre mit ihnen zusammengearbeitet, bevor er beschlossen hatte, dass er nicht länger ein Technologiespezialist hinter den Kulissen sein, sondern an der Seite seines Geliebten an vorderster Front im Einsatz stehen wollte. Free hatte das verstanden. Als sein bester Freund angerufen und ihn gebeten hatte, ihn in seiner Position zu ersetzen, hatte Free nicht ablehnen können. Er verdankte Tech sein Leben.

»Ich habe gehört, dass der Chief mit Harts Team und der Arbeit, die es geleistet hat, verdammt zufrieden ist.« God grinste breit, als er über seinen Freund sprach.

»Erzähl mir was Neues«, murmelte Day. »Du und er, ihr schwelgt in Lob und Anerkennung.«

»Gar nicht wahr.« God runzelte die Stirn. »Wir sind einfach gut in dem, was wir tun. Wir können nichts dafür, wenn das anerkannt wird. Ich bin nur froh, dass mein wilder Hund nach Hause kommt. Und das rechtzeitig zur Footballsaison.«

»Free!«

Syns kräftiger Schlag auf seine Schulter ließ ihn aufschrecken, bevor feste Hände ihn wieder auf seine Monitore lenkten.

Oh Scheiße.

Er überlegte angestrengt, was er getan und was Green ihn gerade gefragt hatte.

»Nicht mehr lange«, antwortete Syn stattdessen.

»Dreißig Meter«, antwortete Free schließlich und fühlte sich plötzlich irgendwie neben der Spur.

»Was ist in dreißig Metern?«, bellte Green.

»Hm?« Free blinzelte. Er konnte nicht verhindern, dass sich Harts Name wieder in den Vordergrund drängte. Der große SWAT-Captain ging ihm schon seit Wochen nicht mehr aus dem Kopf.

»Hast du gerade ‚hm‘ gesagt?«, fauchte Ruxs.

»Es ist die Straße. Ihr seid kurz davor, die E Hall zu kreuzen. Ihr seid bereits vor ihnen«, antwortete Syn.

Free überprüfte den Monitor und schluckte schwer, als er versuchte, das Gespräch von God und Day im Hintergrund auszublenden. Sein Team fluchte und zischte durch das Kommunikationssystem. Nachdem er kurz durchgeatmet hatte, gab Free sich Mühe, sich wieder zu konzentrieren.

»Wenn ihr auf E Hall seid, schaut einfach nach Norden und richtet eure Waffen aus«, sagte Free, dessen Gehirn nach der Erwähnung von Harts Namen einen Neustart gebraucht hatte.

Greens Truck brach schließlich durch die Lichtung. Free atmete auf, als er durch Greens Armaturenbrettkamera wieder die Straße und keinen Wald mehr sah. Der Rest der Aktion spielte sich in seinem Ohr ab, während er das Satellitenbild für seinen Sergeant hochhielt, damit dieser die Verhaftung beobachten konnte. Die vier Vollstrecker, die das Team von God und Day bildeten, bewegten sich mühelos, warfen schnell Reifenspikes aus, setzten den Tacoma außer Gefecht, den sie verfolgt hatten, und zerrten die Männer so aus dem Fahrzeug, dass sie mit dem Gesicht voran auf den Asphalt fielen.

Auch God und Day kamen in diesem Moment zu seinem Arbeitsplatz und ihre Aufmerksamkeit war auf einen der sieben Bildschirme von Free gerichtet.

»Sind das die Jungs von der Cornelia-Gang?«, fragte God.

»Ja. Sie haben sie erwischt.« Syn nickte. »Das sind die wichtigsten Komplizen des Bandenchefs und sein kleiner Bruder. Jetzt fehlt uns nur noch der Anführer.«

»Gute Arbeit«, sagte Day, der hinter Frees Stuhl stand und ihm sanft die Schultern massierte. Sein Lieutenant war ein wirklich empfindsamer Typ, der Berührung mochte. Day konnte ein harter Hund sein, wenn es darum ging, seine Männer auf Linie zu bringen, aber er war auch der coolste Freund, den ein man haben konnte. Er war das genaue Gegenteil von seinem einschüchternden Ehemann. God rührte niemanden an, es sei denn, es handelte sich um Day oder um einen Mann, der ihm auf den Sack ging.

Free drehte den Kopf zur Seite und ließ Day den Knoten an seiner Schädelbasis bearbeiten. Er wusste wirklich, wie man massierte, besonders wenn er seine Hände gedankenverloren bewegte.

»Free, schick Ro eine Nachricht und hol ihn zum Verhör hierher. Er meinte, er werde heute Abend um sechs kommen, aber sag ihm, er soll sich beeilen. Ich will diesen skrupellosen Methdealer in Gewahrsam haben, und zwar gestern. Der Chief reißt mir den Arsch mehr auf, als God es tut.«

»Schon erledigt«, antwortete Free und tippte bereits die Nachricht, während Day noch sprach.

»Du bist so perfekt für mich«, meinte Day und beendete seine Massage.

Free lachte über seine Bemerkungen, die ihn immer wieder dazu brachten, die Augen zu verdrehen.

Während die Vollstrecker wieder auf dem Weg zum Revier waren, hatte Free ein wenig Zeit, um eine Pause einzulegen. Als er seinen Stuhl umdrehte, sah er sich seinem Sergeant gegenüber. Er versuchte, unter Syns strengen Blick nicht zu zappeln. »Ich werde mir eine Limonade holen. Willst du auch eine?«

Syns dunkle Augen beobachteten ihn aufmerksam. In den paar Wochen, in denen Free mit dem Team gearbeitet hatte, war Syn zu einem seiner Lieblinge geworden. Da God und Day oft nicht im Büro waren, war es Syns Aufgabe, die Abteilung zu leiten; und er tat dies mit einer harten, aber verständnisvollen Hand. »Nein, danke.«

»Okay.« Free stand auf und vermied im Vorbeigehen jeden Kontakt mit dem scharfsinnigen Mann.

Werde ich jemals in der Lage sein, etwas zu verbergen, wenn ich für eine Gruppe Detectives arbeite?

Er war erleichtert, dass Syn nicht weiter darauf einging, warum Free mitten in einer Mission erstarrt war, aber er wusste, dass das Thema irgendwann zur Sprache kommen würde.

Free verließ seinen Arbeitsplatz und durchquerte das belebte Großraumbüro. Die meisten Streifenpolizisten saßen um diese Zeit an ihren Schreibtischen. Einige arbeiteten an ihren Berichten für den Tag. Verwaltungsbeamte befragten Zeugen oder nahmen Beschwerden auf und verschiedene Zivilbeamte gingen ihrer Arbeit nach.

»Hey, Free. Freeman! Kannst du mal kurz rüberkommen, bitte?«

Free bog automatisch zwischen den Schreibtischreihen zu Officer Mason ab. Er war seit sieben Jahren bei der Polizei und verdammt gut im Erstellen von Profilen, aber im Umgang mit Technik eine Niete. Free war sich nicht sicher, wie der Mann den grundlegenden Qualifikationstest bestanden hatte, aber er half ihm jedes Mal, wenn Mason ihn darum bat.

Sobald die Leute auf dem Revier herausgefunden hatten, dass God einen der besten Technologieexperten für sich arbeiten ließ, waren sie in Scharen gekommen. Es gab nur wenige Leute, die wussten, wer er wirklich war, nämlich einer der fünf besten Hacker der Welt. Wenn er durch die Abteilung ging, wurde er immer in eine Million verschiedene Richtungen gezogen. Zu Menschen, die ihn brauchten, um irgendein technisches Problem zu beheben, egal ob es sich dabei um ein defektes Handy oder einen von Viren befallenen Laptop handelte. Es machte ihm nichts aus. Free half gerne. Er mochte das Gefühl, gebraucht zu werden, und zwar aus den richtigen Gründen. Niemand hier versuchte, ihn auszunutzen.

»Es tut mir leid, dass ich dich schon wieder überfalle. Du hast wahrscheinlich schon die Nase voll von mir«, sagte Mason und fuhr sich über sein markantes Kinn mit dem permanenten Bartschatten. Seine Stirn war knallrot und Schweißtropfen benetzten seine Schläfen. Er war ein hoffnungsloser Fall, wenn es um das neue Schnittstellensystem des Reviers ging, aber er könnte kein höflicherer Mann sein. Mason war einer der Beamten, die sich anfangs besonders viel Mühe gegeben hatten, wenn Free eine Frage gehabt oder Hilfe gebraucht hatte, um etwas zu finden.

»Auf keinen Fall. Du weißt, dass alles cool ist.« Free lächelte. Er ließ sich auf einen der Befragungsstühle sinken, die Mason neben seinem Schreibtisch stehen hatte, und schaute auf seinen Monitor. »Wenn du mich brauchst, rufst du einfach.«

Mason nickte. Die mechanische Grimasse, die er kurz zuvor noch getragen hatte, wich einem schiefen Grinsen. »Okay. Danke, Freeman. Du bewahrst mich immer wieder vor Gespött. Wenn ich meinen nervigen Partner um Hilfe bitte, will er immer zuerst seinen Senf dazugeben. Computer sind nicht für jeden einfach.«

»Stimmt. Also, was ist los?«, wollte Free wissen. Er hatte bereits die Kontrolle über Masons Maus und öffnete seinen Dateiexplorer, denn in neun von zehn Fällen hatte Mason eine Datei verloren.

»Ich habe alle Notizen des Klienten zum Fall Silvia in einer Datei gespeichert und die Notizen des Vernehmungsbeamten in einem separaten Ordner, und jetzt sind beide weg.« Mason drückte wiederholt mit dem Finger auf die ESC-Taste und knurrte den Monitor an, als wäre er sein Feind.

Free legte sanft seine Hand auf die des Officers und besänftigte seine Wut. »Ganz ruhig. Das wird nicht helfen. Erinnerst du dich, was ich letztes Mal gesagt habe? Wenn du dich überfordert fühlst, atme einfach tief durch und schick mir eine Memo.«

Mason lachte. »Du würdest es bald satthaben, wenn diese Nachrichten jede Stunde auf deinem Bildschirm auftauchen wie von einem nervigen Messenger-Junkie. Außerdem glaube ich nicht, dass es God gefallen würde, wenn ich dich ständig von seiner Abteilung abziehe.«

»Wenn ich nicht an meinem Schreibtisch gebraucht werde, habe ich viel Zeit, also mach dir keine Sorgen. Schick mir einfach eine Nachricht mit deinem Problem. Ich kann mich per Fernzugriff auf dein Terminal darum kümmern, ohne aufstehen zu müssen.«

»Ernsthaft?« Mason grinste.

Er ist einfach zu süß.

Aus irgendeinem Grund fand Free Männer, die mit der Technik auf Kriegsfuß standen, liebenswert.

»Ja, klar. Wenn Cox Cable das kann, warum nicht auch ich?« Free lachte und holte die Datei zurück, die Mason in einem anderen Ordner abgelegt hatte, direkt unter dem, in dem er sie ablegen wollte. »Aber sag es niemanden. Ich tue das nur für dich, damit du nicht denkst, du würdest mich ständig von der Arbeit abhalten.«

»Du bist ein cooler Typ.« Mason klopfte Free auf die Schulter und hielt ihm eine Hand hin, als hätten sie eine geheime Abmachung.

Free kicherte und stieß ihre Fingerknöchel zusammen. »Ähm, du bist auch ein cooler Typ, Mason.«

Wer sagt denn so etwas?

»Wenn du jetzt die Silvia-Akte öffnest, sollten alle Notizen und Unterordner darin zu finden sein.«

»Ja!«, jubelte Mason. Sein strahlendes Megawattlächeln kehrte zurück. »Du hast mir gerade zwei Tage unnötige Arbeit erspart, Free.«

»Oh nein. Freeman, du musstest tatsächlich rüberkommen und diesem Idioten schon wieder helfen? Jemand soll Mason mal das Buch ‚Windows für den Dümmsten der Dummen‘ besorgen!«, rief Masons Partner quer durch das Büro und stupste ihn im Vorbeigehen an.

Free schüttelte den Kopf, während Mason abwinkte. »Alles in Ordnung?«

»Ja. Danke, Free. Du hast mir eine Menge Zeit erspart.«

Free schob sich durch das Gedränge an Schreibtischen und winkte Mason und seinem Partner zum Abschied zu. Er ging in den Pausenraum, um sich einen Snack zu holen, bevor er an seinen Arbeitsplatz zurückkehrte. Er freute sich darauf, an dem neuen Gerät weiterzubasteln, an dem er gearbeitet hatte. Sobald die vier Vollstrecker des Rauschgiftdezernats zurückkehrten, würden sie stundenlang in den Vernehmungsräumen sein, sodass er nichts Dringendes zu tun hatte. Er liebte diese Zeit für sich, in der er nichts als das System, das er an seine speziellen Bedürfnisse angepasst hatte, und ungestörte Ruhe hatte.

Free lächelte vor sich hin, als er ein paar Dollar in den Automaten warf, um sich ein Frikadellensandwich zu kaufen. Nicht viele auf der Station wussten, wozu Frees Computersystem in der Lage war: im Grunde zu allem, was seine Lieutenants von ihm verlangten. Natürlich war das meiste davon im Rahmen des Gesetzes, und deshalb liebte Free seinen Job. Ein Mann mit seinen Talenten könnte für jeden arbeiten, von der NASA bis zum Pentagon, aber das würde er nicht tun. Niemals. Denn täte er es, würde es nicht lange dauern, bis sich seine Aufgaben ändern und an die Grenze zur Unmoral gelangen würden. Er hatte es satt, unter Druck gesetzt zu werden. Das war ein weiterer Grund, warum er nicht gezögert hatte, den Job anzunehmen, als ihn Tech, sein bester Freund vom College, angerufen hatte. Er hatte gewusst, dass Tech seit Jahren eine Ausbildung zum Detective absolviert hatte. Sobald er befördert worden war und Zugang zum Außendienst erhalten hatte, hatte er Free gebeten, nach Atlanta zu kommen und seine Stelle als Technologiespezialist zu übernehmen. Sein Vorstellungsgespräch bei God und Day war komisch verlaufen. Es war nicht gerade ein konventionelles Treffen gewesen. Er hatte sich vom Flughafen aus in ihr System gehackt, als wäre es nichts, und in einen Fall hineingeschnüffelt, den sie gerade untersucht hatten. Das hatte God vielleicht ein bisschen verärgert, aber der große Mann hatte sich in den zwei Monaten, die er nun schon hier war, schnell auf ihn verlassen.

Er bezahlte für eine Cola Light, während er sein Sandwich in der Mikrowelle aufwärmte. An den Wänden standen mehrere Fernseher, aber auf allen liefen verschiedene Nachrichtensendungen. Er war nicht in der Stimmung, an all das Schlechte erinnert zu werden, das in der Welt geschah.

Er setzte sich an einen der Tische, die dem Eingang zugewandt waren. Manchmal benutzte er die Ausrede, dass es an den Automaten im oberen Pausenraum eine bessere Auswahl gab, um dort zu essen, aber eigentlich wollte er nur einen Blick durch die Glaswände der SWAT-Abteilung werfen. Es gab keinen Grund, sich heute Abend dorthinzuwagen und etwas vorzutäuschen. Die ganze Abteilung war dunkel und leer, genau wie in den letzten zweieinhalb Wochen.

Aber er ist auf dem Weg nach Hause.

Free lächelte, als er in das langweilige Sandwich biss, das in zwei Tagen abgelaufen wäre. Nicht vieles konnte ihm die gute Laune verderben. Nur Tech wusste, wie sehr er sich in den riesigen Captain verguckt hatte. Jedes Mal, wenn Free daran dachte, wie Hart ihm auf der Junggesellenparty von God and Day gegen diesen unheimlichen Cop Vasquez beigestanden hatte, bekam er Herzklopfen. Er hatte ihn sogar sicher nach Hause begleitet. Dann hatte sich Hart in den ersten Wochen seiner Arbeit in der Abteilung echt Mühe gegeben, nach ihm zu schauen, um sicherzugehen, dass er sich eingewöhnt hatte und ihm niemand mehr Ärger machte. Er war so fürsorglich und rücksichtsvoll zu ihm gewesen. Aber es war alles so verdammt verwirrend und noch dazu ärgerlich, weil es hieß, Hart wäre hetero. Nun, das wollte er ein für alle Mal herausfinden.

»Hey«, sagte Syn und lenkte Free von seinen Gedanken ab.

»Was gibt es, Sergeant?«, wollte Free mit einem Bissen Sandwich im Mund wissen.

»Nichts Besonderes. Ronowski und Michaels sind für ihre Schicht da. Es wird eine lange Nacht werden, also werde ich mich auf den Weg machen. Du kannst gehen. Wir haben heute sonst nichts vor«, sagte Syn, lehnte sich gegen den Tresen und trank aus einer Flasche Wasser.

»Sind die Lieutenants weg?«

»Ja. God hat auf Hart gewartet, aber sein Team verlässt St. George erst in ein paar Stunden, also werden sie nicht vor morgen früh ankommen.«

Verdammt.

Free hatte Hart heute wirklich sehen wollen. Seine gute Laune verflüchtigte sich schnell und sein Sandwich kam ihm nun wie Dosenfleisch auf trockenem Toast vor. Free zerknüllte die letzten Bissen in der Plastikverpackung und warf sie in den Mülleimer.

»Entspann dich. Er wird morgen früh wieder hier sein.« Syn kicherte, als er den Raum verließ.

Free fuhr sich übers Gesicht und rutschte noch tiefer in den harten Plastikstuhl. Er konnte niemanden täuschen.

Kapitel 2

Hart

Hart stand am Heck des Wagens und blickte auf die zierliche Frau hinunter, für deren Sicherheit er seit 16 Tagen verantwortlich war. Sie legte ihre zitternde Hand auf seinen Bizeps und lehnte sich näher an ihn heran. Er spürte, wie die Augen seines Teams auf ihn gerichtet waren, als die Frau vor zehn voll ausgerüsteten SWAT-Beamten, einer Reihe Polizisten aus St. George und mehreren FBI-Agenten emotional wurde. Sie ignorierte sie alle und konzentrierte sich auf ihn. In den letzten acht Monaten war es Teil ihres Lebens gewesen, von Uniformierten umgeben zu sein, während der Staat einen Prozess gegen eine gewalttätige Bande geführt hatte. Gestern war der letzte Tag des Verfahrens gewesen; es war zu Ende. Maryanne streckte sich so weit wie möglich nach oben und versuchte, ihre Hände auf seine Schultern zu legen.

Hart fühlte mit ihr mit. Maryanne hatte im Leben so viele Schicksalsschläge erlitten, dass man sich fragen musste, ob es einen Gott gab. Ihr Mann und ihr einziges Kind waren im letzten Jahr Opfer eines von einer Bande verübten Attentats geworden, bei dem im Vorbeifahren auch vier andere Menschen getötet worden waren. Als einzige Überlebende des Anschlags hatte sie mit dem FBI kooperiert und als Augenzeugin ausgesagt. Im Gegenzug für vollen Schutz und eine neue Identität. In den letzten zwei Wochen war es Harts Aufgabe gewesen, sie sicher zum Gerichtsgebäude hin- und wieder von diesem wegzubringen.

»Ich werde nie vergessen, was Sie letzte Nacht für mich getan haben.« Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust und schmiegte sich an die Schutzweste, die er trug. »Sie sind ein ganz besonderer Mann.«

»Danke«, sagte Hart rau.

Die Frau war eine gebrochene Hülle gewesen, als er sie zum ersten Mal in dem sicheren Versteck außerhalb von Scottsdale gesehen hatte. Im Laufe des langwierigen Prozesses waren zwei weitere Anschläge auf sie verübt worden, was sie nur noch entschlossener gemacht hatte, ihrem Ehemann und ihrer neunjährigen Tochter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

»Nein. Ich danke Ihnen, Ivan.« Sie schaute ihn mit wässrigen grünen Augen an. Sie holte ein paarmal tief Luft und versuchte, die Tränen zu unterdrücken.

Er ließ ihr so viel Zeit, wie sie brauchte. Das taten sie alle. Niemand räusperte sich unhöflich oder unterbrach ihre Verabschiedung. Sie verabschiedete sich nicht nur von den Männern, die jeden Tag ihr Leben für sie riskiert hatten, sondern auch von dem Menschen, der sie gewesen war.

Maryanne griff in ihre Tasche und holte den Notrufsender heraus, den er ihr letzte Woche gegeben hatte, damit sie sich sicherer fühlte. Er war wie eine Halskette gestaltet, nur dass der Anhänger, ein irisches Kreuz, auf der Rückseite einen Knopf hatte, der gedrückt werden konnte, um die mobile Einsatzleitung über ihren genauen Standort zu informieren. Sie legte ihn in seine Hand. »Sie werden nicht mehr wissen, wo ich bin, oder?«

»Nein. Keiner wird es wissen.« Hart beugte sich zu ihr herunter und umarmte sie fest. Er spürte, wie sie seufzte und die Umarmung erwiderte. Er ließ den Kopf sinken und flüsterte ihr ins Ohr: »Es wird alles gut werden, Mary. Wie auch immer Ihr neues Leben sein wird, versuchen Sie, es anzunehmen. Okay? Kämpfen Sie nicht dagegen an, es wird Ihnen gutgehen.«

Sie lächelte düster. »Ja. Ich werde mein Bestes geben.«

Hart zog sich zurück und nickte dem FBI-Agenten zu, der darauf wartete, sie zum Flughafen zu bringen. Wo sie landen würde, wusste er nicht. Sie winkte ihm zu und er winkte zurück, bis das Auto ohne Kennzeichen aus seinem Blickfeld verschwand.

Hart setzte sich auf den Beifahrersitz des gepanzerten Trucks und gab seinem Team ein Zeichen, loszufahren. »Los, Jungs. Zeit, nach Hause zu fahren.«

»Mit Vergnügen, Captain«, antwortete sein Sergeant fröhlich und manövrierte den riesigen gepanzerten Mannschaftstransporter vom Parkplatz weg. Als sie auf die I-75 auffuhren, überkam Hart eine beängstigende Unruhe. In Atlanta gab es eine bestimmte Person, die er unbedingt sehen wollte, aber er war sich nicht sicher, was er sagen sollte, wenn er sie sah. Es war an der Zeit, dass er aufhörte, sich zu zieren. Ein erwachsener und alleinstehender Mann im Alter von 44 Jahren sollte in der Lage sein, sich zu nehmen, was er wollte.

»Also, Cap. Was genau hast du gestern Abend für Ms. Maryanne getan, dass sie so verdammt dankbar war?«, fragte Fox ihn.

Hart sah seinen Lieutenant nicht an. Er war sich sicher, dass Fox dieses nervtötende Grinsen im Gesicht hatte, und er war nicht in der Stimmung, es wegzuwischen. »Ihr seid alle Tiere, inklusive dir, Dinah.«

»Hey. Nicht ich habe die dumme Frage gestellt, sondern Fox. Aber die Wissbegierigen hätten schon gerne eine Antwort«, mischte sich sein Sergeant ein.

Dinah war eine wunderschöne schwarze Frau mit langen schwarzen und blonden Dreadlocks, die sie zu einem großen, komplizierten Dutt hochgesteckt hatte. Sie war ein prächtiger Skorpion mit einem bösartigen Stachel. Und Hart verließ sich voll und ganz auf sie und seinen Lieutenant, wenn es darum ging, dieses sehr gefragte SWAT-Team zu managen.

»Die Wissbegierigen? Eher neugierige Nervensägen oder einfache Gemüter wollen so etwas wissen. Oder auch …«

»Ach komm. Wir sind nichts von alledem«, sagte Fox von hinten. »Aber du kannst nicht erwarten, dass eine Frau vor uns allen diese Art von Gefühlen kundtut und wir nicht danach fragen.«

»Stimmt. Du warst lange Zeit in ihrem Boudoir, Cap.« Dinah kicherte und lenkte den Dieseltruck hart auf die Interstate.

»Boudoir?« Hart lachte.

Dinah rollte mit ihren braunen Augen. »Du weißt, was ich meine. In ihrem Schlafzimmer.«

»Ich war weder in ihrem Boudoir noch in ihrem verdammten Schlafzimmer. Ich war im Zimmer der Zeugin und habe sie getröstet.«

Es folgte lauter Jubel und einige riefen »Oh«.

»Manchmal frage ich mich, wie alt ihr alle seid«, brummte Hart. »Ich habe nicht diese Art von Trost gemeint.«

»Sie hat sich sicher wohlgefühlt, als sie ihre Hände auf dich gelegt hat«, fügte Fox hinzu.

»Er ist so groß und knuddelig«, meinte Dinah und versuchte, seine Schulter zu drücken.

»Okay, das reicht. Bring uns einfach sicher nach Hause, Dinah«, befahl Hart.

Er wusste, dass sein Team ihn verarschte, das taten es oft, aber er wollte nicht darüber scherzen, was letzte Nacht passiert war. Die Frau hatte vor Kurzem ihren Mann und ihr Kind verloren. Er hatte ihr nichts weiter als ein offenes Ohr und eine Schulter zum Ausweinen angeboten. Der Prozess war vorbei und sie hatte einen langen, kathartischen Tränenstrom gebraucht. Erst nachdem sich Maryanne an seiner Brust in den Schlaf geweint hatte, hatte er schließlich eine Decke über sie ausgebreitet und sich um 4 Uhr nachts aus dem Haus geschlichen. Die missbilligenden Blicke der beiden Agenten, die vor ihrer Tür Wache gehalten hatten, hatte er ignoriert, als er sich auf den Weg zurück in den Bereich seines Teams gemacht hatte.

Es war kurz nach 10 Uhr, als Dinah den Truck in die Tiefgarage des Reviers lenkte. Sie waren alle erschöpft, weil sie fast die ganze Nacht wach geblieben und dann die letzten fünf Stunden unterwegs gewesen waren. Aber es gab keine Ruhe für sie. Sie mussten ihre gesamte Ausrüstung katalogisieren und in der Waffenkammer verstauen. Außerdem mussten sie duschen, ihre Uniformen anziehen und an ihren Schreibtischen erscheinen, um sich zu melden. Dann würde der Commander vorbeikommen und eine sofortige Nachbesprechung verlangen. All das musste erledigt sein, bevor er überhaupt frühstücken durfte. So war das Leben eines SWAT-Officers nun mal.

Sein Team kam durch die Türen des Reviers, immer noch in voller Montur und mit ihren Spezialeinsatz-Sturmgewehren vor der Brust. Das Büro wurde von Rufen erfüllt, Fäuste schlugen auf Tische und Stühle quietschten, als sich alle auf dem Revier erhoben, um sie zu begrüßen. Hart nickte vielen Beamten zu, als sie sich auf den Weg zu den Aufzügen machten, und ließ sich sogar von ein paar Mitarbeiterinnen umarmen.

»Schön, dass ihr wieder da seid, Hart!«, rief Captain Myers aus seinem Büro. »Verdammt gute Arbeit da draußen.«

Die Beamten jubelten noch mehr. Es war ein großer Tag für Atlanta, und es war ein großer Erfolg für die Abteilung, da sie eine weitere Bande von der Straße geholt hatte.

Hart nickte dem Captain zu, dann drehte er sich um und blickte in Richtung der Rauschgiftabteilung seines Freundes God. Das Licht in dem riesigen Büro war hell und durch die Glasscheiben konnte er einige der Detectives an ihren Schreibtischen sehen. God stand mit erhobenen Händen und einem breiten Grinsen im Gesicht da. Hart reckte die Faust in die Höhe und gab God ein Zeichen, dass er zurückkommen würde, nachdem er sich oben um seine Angelegenheiten gekümmert hatte. Kurz bevor er um die Ecke bog, sah er ein vertrautes Paar dunkler, markanter Augen, die ihn genau beobachteten und ihm einen Schauder über den Rücken jagten.

Als sich die Fahrstuhltüren öffneten, war er sehr erleichtert, seine eigene Abteilung zu sehen. Sein Assistent saß bereits an seinem Schreibtisch und sein Büro war für ihn geöffnet. Hart reichte sein Gewehr an Fox weiter und ging in die entgegengesetzte Richtung, während sein Sergeant und sein Lieutenant das Team zur Waffenkammer führten.

»Hey, Hart. Willkommen zu Hause.« Sein Assistent Carlos sprang von seinem Schreibtisch auf, als er eintrat. »Wie geht es Ihnen? Ach du meine Güte. Sie sehen erschöpft aus.«

»Bin ich auch.« Hart stöhnte und bemühte sich, seine Schutzweste auszuziehen. »Irgendwelche Nachrichten, die gleich meine Aufmerksamkeit erfordern?«

»Nein. Die können warten.«

»Gut. Ich bin um elf in einer Konferenz mit dem Commander. Planen Sie nach vierzehn Uhr bitte nichts für mich ein.«

»Aber sicher«, antwortete Carlos. Er kam herbei und begann, die Verschlüsse seiner Ausrüstung zu öffnen und sie Stück für Stück abzunehmen, wie er es immer tat. Als die meisten Sachen auf dem Boden seines Büros lagen, stand Hart nur noch in seiner Diensthose und einem verschwitzten T-Shirt der Polizei von Atlanta da. Carlos schnappte sich die Ausrüstung und ging.

Das Erste, was er wollte, war Essen. Er war ein großer Mann und hasste es, Mahlzeiten auszulassen, aber er musste duschen und für seinen Chef bereit sein. Hart war froh, zu sehen, dass Carlos seine Uniform aus der Reinigung geholt und sein Büro aufgeräumt hatte. Sie hatten so schnell gehen müssen, dass er ein ziemliches Chaos hinterlassen hatte.

Auf dem Weg zu den Aufzügen begegnete er einer Verwaltungsangestellten aus der Buchhaltungsabteilung. »Hallo, Officer Lawrence. Wie geht es Ihnen?«

»Mir geht es gut. Und, bitte, zum Millionsten Mal, ich heiße Sasha.« Sie grinste freundlich, bevor sich ihr Lächeln in ein mitleidiges Stirnrunzeln verwandelte. »Oh, Sie sehen aus, als haben Sie kaum Schlaf gehabt.«

»Ehrlich gesagt, hat keiner aus meinem Team viel Schlaf gehabt. Aber, ja, danke.« Er wusste eigentlich nicht genau, wofür er sich gerade bedankt hatte. »Und es gibt noch mehr zu tun, bevor ich Feierabend machen kann, also gehe ich besser duschen, bevor Commander Lark hier eintrifft.«

Hart scheute vor der Lust in ihren hübschen Augen zurück. Officer Lawrence, Sasha, war eine schöne und vor allem mutige Frau. Sie war Streifenpolizistin gewesen, bis sie von einem Querschläger in die linke Kniescheibe getroffen worden war, was ihre Karriere im Außendienst abrupt beendet hatte. Dennoch hatte sie an diesem Tag zwei Leben gerettet.

Sie leckte sich über die Lippen und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Er stand unbeholfen da, weil sie ihm den Weg versperrte. Er wollte ihr nicht sagen, dass sie sich bewegen sollte, und es würde dämlich aussehen, wenn er versuchte, sich an ihr vorbeizudrängen. Er war 1,90 m groß und wog fast 120 kg. Es gab keine Möglichkeit, an ihr vorbeizukommen, ohne sie zu streifen. So wie sie ihn anstarrte, war er sich nicht sicher, ob es ihr etwas ausmachen würde.

»Ich weiß, dass Sie erschöpft sind, aber unsere Gruppe möchte wissen, ob Sie dieses Wochenende noch unseren Kurs abhalten. Oder soll ich eine E-Mail schicken, dass Sie nächste Woche weitermachen?«, fragte sie süß.

Hart liebte den Selbstverteidigungskurs für Polizistinnen, den er für die Frauengruppe der Abteilung gab. Er und Fox waren die Ersten gewesen, die sich freiwillig gemeldet hatten, um bei der Organisation zu helfen. Er hielt es für wichtig, die Frauen in der Polizei zu unterstützen und ihnen das Rüstzeug zu geben, das sie zum Überleben auf der Straße brauchten. »Nein. Fox und ich werden da sein. Ausgeruht und bereit. Ich hoffe, ihr habt eure Takedowns geübt.« Hart schenkte ihr sein freundlichstes Lächeln.

»Sie sind einfach unglaublich. Ich weiß nicht, wie Sie das machen. Sie müssen zum Teil eine Maschine sein.« Sie kicherte und ihre haselnussbraunen Augen strahlten heller.

Er räusperte sich und schaute auf die Uhr in der Hoffnung, sie würde den Wink verstehen. Er wollte wirklich nicht unhöflich sein.

»Ich lasse Sie besser gehen. Ich wollte mich nur nach dem Kurs erkundigen.« Sie hob eine Augenbraue. »Und ich habe Ihnen einen Nudelauflauf mit Thunfisch mitgebracht. Als ich hörte, dass unser SWAT-Captain zurückkommt, wusste ich, dass Sie mit großem Appetit zurückkehren würden. Er ist unten im Kühlschrank, ich bringe ihn heute Nachmittag rauf, sobald Sie sich wieder eingelebt haben. Aufläufe sind so etwas wie meine Spezialität.«

»Das ist wirklich nett von Ihnen, Officer Lawr…« Sie warf ihm einen scharfen Blick zu und er beeilte sich, sich zu korrigieren. »Sasha.«

Sie lächelte und ihre Augenbrauen kehrten an ihren Platz zurück.

»Meine Crew wird sich über den Auflauf freuen, wenn wir die Nachbesprechung hinter uns haben. Vielen Dank.«

Sie sah ein wenig verlegen aus. »Ich habe ihn für Sie gemacht.«

Hart kratzte sich an seinem Bart. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn ich ihn teile.«

Ihre Wangen röteten sich. »Nein, natürlich nicht. Ich wollte nur sichergehen, dass Sie einen Teller bekommen, Captain. Ich weiß, wie schlau Fox ist. Er wird die Hälfte davon allein essen.«

Als sie schließlich im Aufzug war, stieß er einen langen Seufzer aus.

Die hintere Fahrstuhltür öffnete sich und Carlos trat mit einem besorgten Gesichtsausdruck heraus. »Was ist denn hier los? Warum sind Sie noch nicht unter der Dusche? Der Boss wird innerhalb einer Stunde hier sein.«

Hart legte Carlos eine Hand auf die Schulter, um ihn zu stoppen. Ohne sein Duracel-Häschen von Assistenten wäre er verloren. Die wichtigen Menschen in seiner Welt waren Fox, God, Dinah und dann noch Carlos. Er brauchte jeden Tag eine Dosis dieser Menschen, um seinen hektischen Alltag zu bewältigen und durchzuhalten. Allerdings war er nicht in der Stimmung für Carlos und seine große Klappe. Er war sich nicht sicher gewesen, ob er und der 1,70 m kleine, schlagfertige Typ zusammenpassen würden, als er sich für die Stelle beworben hatte. Aber von dem Moment an, als er Harts Büro betreten hatte, hatte er ihn in der Hand gehabt. Das war vor zwei Jahren gewesen. Und genau wie am ersten Tag konnte Carlos Harts Bedürfnisse vorhersehen, ohne dass er sie äußern musste.

Hart rieb sich über seine pulsierende Schläfe. »Ich gehe jetzt. Ich wurde abgelenkt.«

»Hier, nehmen Sie das.« Carlos hielt ihm etwas hin.

Hart streckte automatisch die Hand aus und nahm das kleine, weiße, gefaltete Päckchen. Carlos wusste immer, was er brauchte.

Gott segne dich, kleiner Mann.

Er öffnete das Päckchen, kippte das bittere Aspirinpulver auf seine Zunge und nahm die bereits geöffnete Flasche Orangensaft, die Carlos ihm mit der anderen Hand entgegenhielt. »Danke.« Hart verzog das Gesicht.

»Ich habe zwei Steak-Bagels bestellt, die sollten rechtzeitig hier sein, damit Sie sie verschlingen können, bevor Lark kommt.« Carlos erhob die Stimme und fuchtelte mit den Händen vor Harts Brust herum. »Aber nicht, wenn Sie nicht endlich unter die verdammte Dusche gehen! Meine Güte. Beeilen Sie sich. Sie haben eine frische Uniform in Ihrem Spind.«

»Schon gut, ich gehe ja schon, ich gehe ja schon.« Hart wusste, dass seine Stimme wie I-Aah aus Winnie Pooh klang. Der Gedanke an die Steak-Bagels gab ihm jedoch etwas Schwung, als er sich auf den Weg zum Umkleideraum machte und versuchte, nicht noch einmal aufgehalten zu werden.

Kapitel 3

Free

Free goss sich eine weitere Tasse heißes Wasser für seinen Tee ein. Es war schon nach 14 Uhr und er wollte sich mit dem Koffein zurückhalten, denn er vibrierte bereits von Kopf bis Fuß. Seit er gesehen hatte, wie sich die Türen des Reviers geöffnet hatten und Hart sein Team in voller Ausrüstung durch das Büro geführt hatte, hatte er sich nicht mehr beruhigen können. Der Mann sah so verdammt gefährlich und gleichzeitig gut aus. Free hatte sich schon immer zu großen Männern hingezogen gefühlt. Männer, die ihn festhalten und kontrollieren konnten. Aber seit sein Vater vor all den Jahren sein Vertrauen missbraucht hatte, fiel es ihm schwer, seinen Körper jemandem zu überlassen, der ihn verletzen könnte.

Nachdem er ein paar Monate in Harts Nähe gewesen war und all die wunderbaren Geschichten über seine Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit gehört hatte, war er sich sicher, dass er die Möglichkeit ausloten sollte, ob sie zumindest enge Freunde sein könnten. Er hatte eine Entscheidung getroffen, um die er nicht länger herumschleichen wollte. Er würde Hart zu einem Bier einladen.

»Hallo.«

Free sprang so abrupt auf, dass die drei Zuckerpäckchen, die er in der Hand hielt, durch die Luft flogen. Der Klang dieser knurrigen, bärigen Stimme brachte ihn dazu, sich an die Kante der Arbeitsplatte zu klammern. Er schmunzelte über seine Reaktion. Hatte er so intensiv an Hart gedacht, dass dieser sich aus dem Nichts materialisiert hatte? Immer noch mit gesenktem Kopf und auf die dunkler werdende Flüssigkeit in seinem Becher starrend, sagte er etwas heiserer als beabsichtigt: »Ich bin froh, dass du wieder da bist.«

»Du hast also bemerkt, dass ich weg war?«

Free schmunzelte und drehte sich um, bereit, dem Captain eine schlagfertige Antwort zu geben, aber stattdessen verschluckte er sich fast. Hart war geduscht und frisch angezogen. Seine SWAT-Bürouniform betonte seinen muskulösen Körper genau an den richtigen Stellen. Er wirkte so verdammt groß, und das hieß etwas, denn Free war auch nicht klein. Hart hatte die perfekte Größe. Seine Glatze schimmerte unter den Neonröhren so verlockend, dass Free sie anfassen wollte. Mit der Handfläche darüberstreichen. Das Gesicht in dem langen, buschigen Bart vergraben. Es war ein Anblick, der nur für ihn gemacht war.

Natürlich habe ich gemerkt, dass du weg warst. Jeden Tag.

»Das habe ich«, war alles, was er herausbrachte. Er versuchte, Harts Duft nicht einzuatmen, aber dann hätte er riskiert, gar nicht zu atmen und ohnmächtig zu werden.

»Dein Lieutenant sagte, du werdest eine späte Mittagspause einlegen.« Hart griff um ihn herum und holte einen Becher aus dem Schrank über seinem Kopf. »Ich dachte, ich komme mal vorbei und sage Hallo.«

»Ich habe gehört, dass dein Team mit der Zeugin des FBIs großartig umgegangen ist. Glückwunsch.«

Harts schüchternes Lächeln war liebenswert. Anstatt sich zu bedanken, stieß er Free mit der Schulter an. Harts Deo brachte ihn dazu, seine Nase in seiner Schulter vergraben zu wollen. Free schüttelte den Kopf und musste seine Gedanken beruhigen, bevor der ganze Pausenraum mitbekam, wie sehr ihn Ivan Hart anmachte.

»Und, wie ist es dir ergangen?«, fuhr Hart fort.

»Mir geht es gut. Wirklich gut. Es läuft gut.« Free hätte am liebsten die Augen verdreht.

Verdammt noch mal. Hör auf, gut zu sagen.

»Ähm, gut.«

Hart lächelte ihn an, während er seinen großen Becher füllte. »Das ist wirklich schön zu hören.«

Free spürte, wie sich seine Wangen erhitzten. Er stand wie ein Idiot da, während Hart beiläufig ein paar Päckchen Süßstoff in seinen Kaffee gab.

Frag ihn jetzt. Keiner achtet darauf.

Free nahm stattdessen einen großen Schluck von seinem dampfend heißen Tee und verbrühte sich dabei die Lippen, da er irgendwie vergessen hatte, Milch hinzuzufügen.

Autsch, Scheiße! Verdammt!

»Alles in Ordnung?«, fragte Hart und kicherte hinter seinem Becher.

»Klar. Ich brauche nur etwas Milch. Ist irgendwie bitter.« Free versuchte, den Schmerz aus seiner Stimme herauszuhalten. Aber was er wirklich brauchte, war ein Eiswürfel, den er sich direkt auf die Zunge legen konnte. »Nachdem ich die ganze Woche die Cornelia-Bande gejagt habe, könnte ich etwas Stärkeres als diese mickrige Tasse Schwarztee gebrauchen.«

»Stimmt. Herzlichen Glückwunsch auch dir. Ich habe gehört, ihr habt sie eingeholt.« Harts eisblaue Augen leuchteten. »God hat mir gesagt, dass du maßgeblich daran beteiligt warst, sie aufzuspüren.«

»God hat dir das gesagt …? Wann?« Free schenkte ihm seine volle Aufmerksamkeit. Er stockte, als wäre er in ein Fettnäpfchen getreten. Harts Blick wanderte über Frees Gesicht, bevor er auf einem Punkt über seiner Schulter landete.

»Gestern.«

»Du hast gestern mit God über mich gesprochen?«

Hart antwortete nicht und versuchte auch nicht, herumzustammeln und eine Ausrede zu finden. Er starrte ihn ein paar Sekunden lang an und sagte dann: »Mein Team und ich gehen heute Abend in den Pub, um uns von den letzten Wochen zu erholen. God und Day kommen mit, und ich glaube, auch ein paar von deinen Jungs. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du dort einen stärkeren Drink bekommen kannst.«

Das kam seinem Vorhaben nahe genug. Er würde nehmen, was Hart ihm hinwarf.

»Es sei denn, du hast andere Pläne«, ergänzte Hart.

»Nein. Ich werde da sein.«

»Gut. Die erste Runde geht dann auf mich«, sagte er und verließ den Pausenraum.

Free würde also nicht derjenige sein, der Hart auf einen Drink einlud, aber sie würden trotzdem zusammen etwas trinken. Das wäre das erste Mal seit dem Junggesellenabschied, dass sie die Gelegenheit bekamen, zusammen abzuhängen. Hoffentlich würde er am Ende des Abends wissen, ob er eine Chance auf mehr als nur Freundschaft hatte.

Free verließ den Pausenraum mit dem Gefühl, dass nichts ihm die Laune verderben konnte und es am Abend nur noch besser werden würde. Doch nachdem er um die Ecke gebogen war, verschwand das Lächeln von seinen Lippen, als er am Ende des Flurs Officer Vasquez erblickte. Er sprach gerade mit einem anderen Polizisten, doch als er über die Schulter Free sah, murmelte er etwas und kam auf ihn zu.

Free drehte sich um und eilte den Weg zurück, den er gekommen war. Er drückte auf den Aufzugknopf und war froh, dass bereits eine Kabine in seinem Stockwerk war. Die Tür schloss sich gerade, als Vasquez um die Ecke bog und auf die Kabine zustürzte, um sie noch zu erwischen. Doch zu spät.

Free atmete erleichtert auf. Er hatte es seit dem Junggesellenabschied von God und Day geschafft, Officer Vasquez zu meiden, aber dieser hatte hartnäckig versucht, Free zu erwischen, um sein Verhalten zu erklären. Er war nicht interessiert und kannte solche Männer, die ihre verdammten Hände nicht bei sich behalten konnten.

~*~

»Bist du fertig da drin? Ich hämmere schon seit einer Stunde«, beschwerte sich Tech, sobald Free die Tür zu seinem kleinen Wohnmobil öffnete. Sein bester Freund war so freundlich gewesen, es in seinem Wohnkomplex zu parken und ihn sein Bad benutzen zu lassen, solange sich niemand beschwerte. Er war sich ziemlich sicher, dass es illegal war, es in einem Wohnkomplex abzustellen, aber er würde das Risiko eingehen, da Techs Wohnung nur ein paar Straßen vom Revier entfernt lag.

»Wo ist deine Geduld geblieben? Du hast zweimal geklopft.« Free schloss seine Tür und stieg auf den Beifahrersitz des Trucks seines Freundes.

»Kein Steele heute Abend?« Free runzelte die Stirn. Tech und dessen Liebhaber, der Ex-Marine, waren fast unzertrennlich, deshalb war es ungewöhnlich, einen der beiden allein zu sehen.

»Nö. Sein Onkel veranstaltet eine Art Spieleabend in seinem Haus.«

»Sein Onkel ist ein Stadtrat, richtig?«

»Ja. Ein wirklich netter Kerl. Er liebt seinen Neffen, als wäre er sein eigener Sohn«, sagte Tech und bog bereits fünf Minuten später auf den überfüllten Parkplatz des Pubs ein. Wäre es nicht so schwül und feucht, wären sie wahrscheinlich zu Fuß gegangen.

Free entdeckte sofort Harts Motorrad. Er holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Meine Güte, er hatte es so satt, nicht zu wissen, woran er war, dass er fast Lust hatte, da hineinzurennen und Hart ins Ohr zu schreien, um ihn zu fragen, ob sie mehr als Freunde sein könnten. Ob der Mann wenigstens neugierig war?

»Sprich mit mir, Freebaby. Bist du noch nicht bereit, dich auf einen großen Kerl einzulassen?«, fragte Tech und schob den Steg seiner schwarz gerahmten Brille auf seiner Nase höher. Er stellte den Motor ab, machte aber keine Anstalten, seine Tür zu öffnen. Stattdessen drehte er sich zu Free und beobachtete aufmerksam sein Gesicht.

Es erinnerte Free an die Zeit, als sie sich ein Zimmer, ja sogar ihr Leben am MIT geteilt hatten. Der Rest der Welt spielte keine Rolle, wenn einer von ihnen über etwas verärgert war. Free schüttelte den Kopf. »Ich bin bereit. Ich bin überhaupt nicht von ihm eingeschüchtert. Ich meine, es wird nicht ohne Grund jeder all diese unglaublichen Geschichten über ihn erzählen und er wäre sicher nicht Gods bester Freund, wenn er ein Arschloch wäre. Er erfüllt wirklich alle Kriterien für mich. Weißt du, was ich meine?«

»Oh ja. Ich weiß genau, wer dein Typ ist.« Tech grinste. »Du träumst wahrscheinlich von seinem langen Bart.«

Free stieß ihn an. »Ich will ihn kennenlernen wie euch alle. Und wenn er nur mit mir befreundet sein will, dann ist das auch in Ordnung für mich.«

»Blödsinn.«

»Shawn, du weißt, dass ich vorsichtig sein muss, aber dieses Mal meine ich es ernst. Ich werde mit Hart zur Sache kommen.« Sein Rücken versteifte sich.

»Okay, dann lass mal deinen Plan hören, vielleicht kann ich helfen. Du hast immer irgendeine Strategie für alles. Also, spuck es aus. Ich kenne Hart ziemlich gut, vielleicht habe ich eine Eingebung.«

Kapitel 4

Hart

»Er hat doch gesagt, dass er kommt, oder?«, fragte Hart God noch einmal, als er sich an ihm vorbeidrängte, um sich noch einen Drink zu bestellen.

»Ja, verdammt.« God warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Ich habe dir doch gesagt, dass er heute Morgen im Pausenraum war. Hast du ihn nicht selbst gefragt?«

Hart wippte nervös mit dem Bein. Er versuchte, lässig zu wirken, während er auf dem Barhocker neben dem Billardtisch saß, aber das war er nicht. Er behielt die Eingangstür im Auge, während sich sein Magen wegen seiner flatternden Nerven verkrampfte.

Warum habe ich nur das Motorrad genommen? Ich brauche einen stärkeren Drink.

Er ließ seinen Blick durch den geräumigen Pub schweifen und beobachtete ihre Teams, die sich um die sechs zusammengeschobenen Tische herum tummelten. Vor dreißig Minuten hatten Stacy und Aaron, ihre üblichen Kellner, vier Platten mit Chicken Wings und ein extra langes Submarine-Sandwich hingestellt. Außer Beilagen und Resten war nichts mehr übrig. Hart war froh, dass sie alle dort drüben und zu faul waren, sich zu bewegen, denn so gestresst, wie er war, brauchte er Zeit allein. So konnte er seinen kleinen Zusammenbruch vor urteilenden Blicken verbergen.

»Ich habe ihn gefragt. Ich habe genau das gesagt, was du mir geraten hast. Und ich habe sogar gesagt, dass die erste Runde auf mich geht.« Hart kniff sich in die Nasenwurzel. Nie hätte er gedacht, dass er mal von God einen Ratschlag für eine Verabredung annehmen würde, aber hier war er nun. Er war irgendwie verzweifelt. Free war seit über zwei Monaten im Büro und hatte schnell Bekanntschaften geschlossen. Er war so locker, immer bereit zu helfen, egal wie groß oder klein die Aufgabe war, also genau die Art von Mann, die er besonders mochte. Aber wenn er vor Free stand, konnte sein Gehirn mit seinem Mund nicht mithalten und er sagte immer etwas Dummes. »Es wirkte so, als sei er mit der Idee einverstanden.«

God sagte nichts weiter. Er versenkte nur die Sechs in der Ecke und fegte dann noch die Zwei und Vier weg, bevor er schließlich danebentraf. Seine langen Haare fielen ihm über die Schulter, als er herüberkam, nach seinem Becher Blue Moon griff und die letzte Hälfte davon austrank. God rülpste laut und setzte sich auf den Hocker neben ihm.

Hart blickte wieder zur Tür. Nichts. Wo zum Teufel war er? »Vielleicht haben er und Tech etwas anderes geplant.«

»Steele ist nicht in der Stadt, also hat Tech keine anderen Pläne. Sie werden herkommen«, antwortete God gelassen, während er Aaron ein Handzeichen für ein weiteres Bier gab.

Hart fragte sich kurz, wie es wohl wäre, einen Mann zu haben, nach dem er verrückt war und der dasselbe für ihn empfand. Tech und Steele waren noch nicht einmal ein Jahr zusammen, aber sie konnten nicht genug voneinander bekommen, egal ob auf der Arbeit oder zu Hause. Hart hielt sich für einen ziemlich optimistischen Kerl, aber er wurde die Zweifel nicht los, weil er die Dreistigkeit besaß, den heißesten Kerl ins Visier zu nehmen, der je auf die Station gekommen war. Er blickte sich im Raum um, um zu überprüfen, ob er Free vielleicht übersehen hatte, aber er sah ihn nicht.

Es gab im Pub viele gut aussehende, gut gebaute Männer und genug Frauen, um die Heteromänner glücklich zu machen, aber dies war ein LGBTQ-freundlicher Ort. Die beiden Frauen, denen der Pub gehörte, waren verheiratet und duldeten keinerlei Hass in ihrem Lokal. Ganz zu schweigen davon, dass es mitten in dem Gebiet lag, das als Blaues Zentrum bezeichnet wurde, weil es hier überall Polizisten und Beamte gab. Ihr Revier war buchstäblich nur eine Straße entfernt. Das SWAT-Hauptquartier war knapp sechs Kilometer entfernt und das Gerichtsgebäude und das Stadtgefängnis waren gleich um die Ecke.

Er war mit God und Day schon in diesen Pub gegangen, als sie noch Streifenbeamte gewesen waren. In all diesen Jahren waren ihm die starken Männer, die durch die Vordertür ein- und ausgingen, durchaus aufgefallen. Er war ganz sicher nicht blind. Verdammt, sogar der Mann, der neben ihm saß, war dafür bekannt, Köpfe zu verdrehen, ebenso wie dessen Partner, aber Hart hatte noch nie einen von ihnen auf diese Weise wahrgenommen. Wahrscheinlich, weil viele der Männer eine stattliche Größe hatten, und God war genauso kräftig wie er. Er glaubte nicht, dass er sich zu dieser Art von Männern hingezogen fühlte.

Sein Bein wippte noch stärker.

Ich kann nicht glauben, dass ich vorhabe, das zu tun. So wird er mich nicht wollen.

Hart kratzte sich an seinem dichten Bart. Er war während seines letzten Auftrags noch länger geworden. Er nahm einen nervösen Schluck von seinem Sodawasser, während seine Gedanken an seinem Selbstvertrauen nagten.

Was, wenn Free keine Körperbehaarung mag? Teresa hat sie gehasst.

»Du musst dich entspannen«, meinte God ernst. »Nach einem langen Einsatz musst du runterkommen.«

»Ich bin entspannt«, brummte Hart und mied Gods scharfe grüne Augen. Stattdessen presste er die Zähne zusammen und spannte seinen Kiefer an.