Trouble - Ärger im Anmarsch - A.E. Via - E-Book

Trouble - Ärger im Anmarsch E-Book

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Beschreibung

Die Detectives Mark Ruxsberg und Chris Green sind sehr gut in ihrem Job bei der Atlanta PD Narcotics Task Force, dem Team von God und Day. Doch oft gerät das verrückte Duo auch in höllischen Ärger und die zwei scheinen jede Gelegenheit zu nutzen, ihre beiden Lieutenants in den Wahnsinn zu treiben mit ihren waghalsigen Einsätzen. Ruxs und Green lieben ihren Job und es reicht ihnen, auch in ihrer Freizeit miteinander abzuhängen. Doch irgendetwas verändert sich zwischen diesen beiden Alpha Männern, die bisher dachten, dass sie nicht mehr als Freundschaft füreinander empfinden. Die Hitze, die sich zwischen ihnen entwickelt, lässt sich nicht lange ignorieren. Nothing Special Band 3 Band 1: Nichts Besonderes Band 2: Syn ... wie die Sünde

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Seitenzahl: 437

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A.E. Via

Trouble – Ärger im Anmarsch

Nothing Special 3

Aus dem Englischen von Julie Werner

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2019

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: Here Comes Trouble

Übersetzung: Julie Werner

Cover:

Coverartist: Jay Aheer

Simply Defined Art

https://www.simplydefinedart.com/

Coverbearbeitung: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

1. Auflage

Inhalt:

Die Detectives Mark Ruxsberg und Chris Green sind sehr gut in ihrem Job bei der Atlanta PD Narcotics Task Force, dem Team von God und Day. Doch oft gerät das verrückte Duo auch in höllischen Ärger und sie scheinen jede Gelegenheit zu nutzen, ihre beiden Lieutenants in den Wahnsinn zu treiben mit ihren waghalsigen Einsätzen.

Danke

Wieder einmal muss ich mit einem ganz besonderen Dankeschön an River Mitchell und Andrea Goodell beginnen, die mich während des gesamten Schreibprozesses an diesem Buch begleitet haben. Ich hätte Ruxs’ und Greens Buch nicht ohne Euch vollenden können. Eure Ratschläge und Kommentare waren eine größere Hilfe für mich, als Ihr es Euch überhaupt vorstellen könnt.

Danke an die beste Lektorin, die sich eine grammatikalisch gehandicapte Autorin nur wünschen kann … Tina Adamski. Wir haben noch eins geschafft, Schatz! Vielen Dank, dass Du diese lächerlichen Fristen und mich in Kauf genommen hast. Ich verspreche es zum zweiten Mal … das hier ist zum letzten Mal … und dieses Mal meine ich es ernst. Ich bin einfach nur froh, dass du nicht das Handtuch geworfen hast. Dafür danke ich Dir. Ich habe noch so viel von Dir zu lernen. Liebe Dich.

Danke an Princess So für das absolut atemberaubende Cover mit diesen beiden Unruhestiftern. Ich habe es als Poster in meinem Schreibzimmer aufgehängt und es sieht wirklich wie ein Filmposter aus. Das ist absolut toll. Danke noch einmal für diese wunderbare Arbeit.

Danke an die Dame, die das letze Wort hat: Casey Harvell von Fancy Pants Formatting. Danke für die wunderbare Arbeit – und ja! – für die Geduld beim Fristen-Ausdehnen. Ihre Arbeit ist wunderschön und ich arbeite sehr gern mit Ihnen zusammen. Ich werde Sie auch anderen Autoren gegenüber weiter empfehlen.

Schließlich danke ich von Herzen jedem Einzelnen, der mich unterstützt und geholfen hat, eine weitere „Nothing Special“ Geschichte für meine Leser zu schreiben.

Ich hoffe, dass sie meinen Fans gefällt.

Alles Liebe,

Adrienne

Kapitel 1

Oh nein … nicht schon wieder …

„Ruxs, pass auf den – oh Mist!“ Verdammt. Nicht noch ein Radfahrer. Green saß am Steuer seines riesigen Dodge RAM2500, raste um die Ecke der Marrietta Street und versuchte dabei, seinen Partner, der einem ihrer Informanten hinterher jagte, nicht aus den Augen zu verlieren. Dummerweise konnte er nicht auf den Seitenstreifen fahren und ihnen den Weg abschneiden, weil einfach zu viele Fußgänger unterwegs waren. Ruxs musste es schaffen, diesen Bastard in eine der vielen verlassenen Seitenstraße abzudrängen. Green versuchte, gleichzeitig einigermaßen sicher durch den dichten Nachmittagsverkehr zu kommen und an seinem Freund dran zu bleiben. Der Motor röhrte auf, als er einen schnarchnasigen Buickfahrer überholte, dann eine rote Ampel überfuhr und gerade eben noch hinter einem Bus wieder einscherte. Uups. Das war knapp. Verdammt.

Er sah, wie Ruxs seine Anstrengungen verdoppelte und einen harten Schlag auf die Schulter des Informanten landen ließ. Der Kerl taumelte in eine alte Dame und schlug ihr dabei die Einkaufstaschen aus der Hand. Schon dachte er, Ruxs hätte den Scheißkerl endlich erwischt, aber der wand sich rasend schnell aus seinem Mantel und schoss raketengleich weiter, auf dem schmalen Weg zwischen einem Bürogebäude und einer Parkgarage hindurch. Unmöglich für ihn, hier zu drehen und ihm in die kleine Straße zu folgen. Green beschleunigte und bog in die Cone Street ab. Dann würde er ihm eben am anderen Ende den Weg abschneiden. Er hupte laut – vergeblich. Die Autos, die vor ihm standen, warteten vor der roten Ampel. Scheiße. Er schnitt die Ecke des Bürgersteigs und schleuderte dabei einen Mülleimer hoch in die Luft. Wenigstens waren diesmal keine Menschen auf dem Bürgersteig. Als er fast am Ende der Straße angelangt war, sah er hinter sich im Rückspiegel Blau- und Rotlicht aufblitzen und hörte die Sirenen. Er entschloss sich, das als unbedeutend zu ignorieren, schlingerte quer über zwei Fahrspuren und kam mit der Kühlerhaube nach vorn in dem engen Durchlass der Straße zum Stehen. Und wenn ihr Informant nicht in diesem Moment einen Blick nach hinten geworfen hätte, um zu sehen, wie nah Ruxs hinter ihm war, dann hätte er diesen, seinen Truck auch gesehen und wäre ihm nicht direkt ins Auto gelaufen. Autsch. Das hat wehgetan.

Green sprang aus dem Truck und umrundete das Auto genau in dem Moment, als Ruxs ihren Mann vom Boden hochzog und gegen die Motorhaube drückte.

„Musstest du das tun? Da stand eben direkt der Mülleimer.“ Green verzog stirnrunzelnd das Gesicht. „Schau dir mal die Delle an, Mann.“

„Halt bloß die Klappe, Green.“ Ruxs wurde sauer.

Green lächelte provozierend, er wusste, wie sehr Ruxs es hasste, Verdächtigen hinterherzurennen. Er stand mit über seiner breiten Brust gekreuzten Armen da und beobachtete ihren Informanten, der wiederum leicht nach vornüber gebeugt keuchend da stand und versuchte, den Schmerz vom Aufprall des Trucks und die Anstrengung der letzten Zeit Minuten ihres Wettrennens wegzuatmen.

Hinter ihnen kamen quietschend die Reifen des Polizeiautos zum Stehen. Ruxs und Green drehten sich um. Ein junger Polizist sprang heraus, schrie sie an und befahl ihnen, die Hände über den Kopf zu heben. Aber da erkannte er, wen er vor sich hatte und verdrehte die Augen. Er senkte seine Waffe. „Ruxs, Green, ich hätt’s verdammt noch mal wissen müssen.“

„Wie geht’s, Michaels?“ Green schüttelte die Hand des Officers. Er war einer der wenigen Uniformierten, der die Jungs ihrer Spezialeinheit tatsächlich gern hatte. Einer der wenigen, der manchmal die gewohnten Dienstabläufe außer Acht ließ, um mit ihnen zu reden oder seine Hilfe anzubieten.

„Wen habt ihr Jungs denn da?“ Michaels’ Augenbrauen hoben sich fragend, als er den zerzausten Junkie erblickte, der versuchte, sich um Greens Truck herumzudrücken, bis Ruxs ihn festhielt und an die Seite des Gebäudes drängte.

„Ist besser, wenn Sie gehen, Michaels.“ Green sah ihn ernst an. Auf gar keinen Fall würde er mit ihrem Informanten reden – und dabei ihre nicht ganz so lupenreine Verhörmethode anwenden – wenn ein anderer Officer dabei war.

Michaels senkte den Blick seiner blauen Augen und spielte nervös mit den Fingern. „Ähm. Ja, okay. Übrigens, Green, konnten Sie schon mit God darüber reden, ob in eurer Truppe bald was frei wird?“

Green unterdrückte einen Seufzer. Auf keinen Fall würde Michaels es bis in ihre Taskforce schaffen. Der Junge war einfach zu nett und zu unbekümmert. Er hatte so gar nichts Hartes oder Gefühlloses an sich. Und man musste schon eine ziemlich dicke Haut haben, um das wegzustecken, was ihre Lieutenants täglich austeilten.

Er erkannte, dass sein Partner dazu ansetzte, genau das auszusprechen. Bevor Ruxs aber den Mund öffnen und damit den netten Kerl wahrscheinlich am Boden zerstört hätte, sagte er schnell: „Noch nicht. Aber ich werde so schnell wie möglich mit ihm sprechen, okay?“

Michaels lächelte strahlend und ging schnell zurück zu seinem Auto. Green fiel auf, wie eng Michaels Uniform an seinen Oberschenkeln und seinem Hintern spannte, und unterdrückte ein Grinsen. Als Michaels ihm noch einmal freundlich zuwinkte und seine Uniform dabei fast seinen riesigen Bizeps abschnürte, schüttelte er innerlich den Kopf. Michaels war genau wie alle anderen Officer der Atlanta Polizei. Er wollte für God und Day arbeiten.

„Warum hältst du ihn nur so hin? Du weißt verdammt gut, dass er niemals bei uns reinrutschen wird.“ Ruxs zog seine schwarze Lederjacke aus und warf sie durch das offene Fenster auf der Beifahrerseite in den Truck. Ihren Informanten hatte er mit Handschellen an den Müllcontainer gekettet.

„Ja, ja, ich weiß. Ich werd’s ihm schon noch sagen. Aber er ist wie ein treuer Hund. Ich meine, wer tritt schon gern einen Golden Retriever?“ Green lächelte seinen Partner an, der seinen Blick genervt erwiderte.

„Was soll der Scheiß? Sei nicht so ein Idiot. Sag ihm, dass er es nicht drauf hat und fertig. Außerdem macht er ständig Besorgungen für dich, holt dir deinen Kaffee und so weiter. Das ist ziemlich mies, Mann.“

Green öffnete den Mund in gespielter Verwirrung. „Ich hab’ ihm nicht gesagt, dass er das tun soll.“

„Können wir später darüber sprechen?“

Green zuckte die Schulter. „Klar, warum nicht.“ Und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder ihrem Informanten zu. Sobald er seine harten, braunen Augen auf ihn richtete, begann der sofort, sich zu rechtfertigen.

„Ich schwöre, ich hab nichts gemacht, Detective Green“, wimmerte er.

„Langsam, langsam. Ich habe dir doch noch gar keine Fragen gestellt“, sagte Green ruhig. „Und schon lügst du mich an, Tommy?“

Bevor er seinen Satz zu Ende sprechen konnte, hatte der Mann schon den Kopf geschüttelt. Ruxs stand neben ihnen, und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, während er seinem Partner zusah. Manchmal hatte Green das Gefühl, dass Ruxs seinen Part fast zu sehr genoss: sich einfach zurückzulehnen und ihm bei der Arbeit zuzusehen. Ihre Aufgabe war es, Informationen zu beschaffen und mögliche Kriminelle auszukundschaften. Informationen aus den Leuten herauszuquetschen. Denjenigen heranzuschaffen, der die richtigen Informationen hatte. Und Verdächtige zu verhaften. Im Grunde genommen waren sie so etwas wie Gods und Days Ohren, Augen und Muskeln zugleich – und sie erledigten ihren Job verdammt gut.

Green hockte sich vor ihren Informanten, der neben dem Müllcontainer leicht zusammengesunken war, und sah ihn sich genau an. Die schäbigen Klamotten schlotterten um seinen dürren Körper, und sein Haar sah aus, als wäre es seit Tagen nicht mehr gewaschen worden. Seine Augen waren glasig und unkonzentriert – der Typ war high. Im Moment war er ihnen wahrscheinlich zu nichts nütze.

„Tommy. Tommy, hör mir zu. Warum hast du uns so einen Scheiß erzählt über das Meth-Labor in East Point?“

„Ich hab’ keinen …“

„Halt die Klappe.“ Green schnitt ihm das Wort ab, seine Stimme hatte den leisen, bedrohlichen Klang angenommen, den er bei Vernehmungen von Verdächtigen stets einsetzte. Eine Stimme, die sich so anhörte, als sei er so zornig, dass er vor Wut nicht mal mehr schreien könne. „Und ob du das hast. Du hast uns nur Müll erzählt. Da gab es überhaupt keinen einzigen von den großen bösen Jungs. Nur zwei dämliche Laufburschen. Was zur Hölle sollen wir mit denen anfangen?“

„Ich war selbst da. Die Typen waren da, Detective Green. Ich schwöre es.“

Green stand langsam auf. „Du lügst immer noch. Jemand hat dich dazu gebracht. Wer?“

„Nein. Niemand. Ich habe doch gesagt, ich werde euch Jungs helfen.“

Und schon war Green fertig. Der Typ war gekauft worden und ihnen damit nicht länger von Nutzen. „Tja, es war nett, mit dir Geschäfte zu machen, Tommy. Aber deine Dienste werden nicht länger benötigt.“ Er trat näher und legte einen Arm um Tommys Nacken. Dann zog er mit der anderen Hand seine Brieftasche aus der hinteren Hosentasche und klappte sie mit dem Daumen auf, sodass seine Polizeimarke zu sehen war. „Bitte lächeln!“, tönte es hinter ihnen.

„Was?“ Kaum schnellte Tommys Kopf zu Ruxs nach hinten, machte der mit seinem Handy ein Foto von ihnen. Green schob Tommy von sich fort. „So. Davon werden wir jetzt ein paar Abzüge machen, sie in East Point aufhängen und die ganze Church Street damit vollpflastern. Nur damit ein paar Jungs erfahren, mit wem Tommy gern abhängt.“

„Seid ihr bescheuert? Versucht ihr, mich umzubringen?“, schrie Tommy und zog an seinen Handschellen, als könne er sie wirklich so öffnen.

„Das ist mir total egal“, meinte Ruxs.

„Komm schon, Mann. Tu das nicht. Ich hab euch gute Informationen geliefert. Ist nicht mein Fehler, wenn ihr es versaut habt“, versuchte Tommy zu argumentieren.

„Oh. Also sind wir die Schuldigen. Ich verstehe.“ Green rieb sich über seinen sorgfältig getrimmten Kinnbart. „Dann sollten wir drei God mal erzählen, dass er selbst und höchstpersönlich diese Pleite verursacht hat.“

Ruxs öffnete schnell die Handschellen und packte Tommys dünnen Oberarm. Der schüttelte den Kopf so heftig, dass dabei kleine Spucketröpfchen aus seinem Mund flogen. „Nein. Nein. Nein. Auf gar keinen Fall. Nein. Mache ich nicht. Ich will nicht mit God reden.“ Er sah aus, als würde er sich fast in die Hosen machen.

„Todsicher werde nicht ich derjenige sein, der ihm deine Nachricht überbringt. Du hast gesagt, er hat es versaut, also werden wir ihm genau das jetzt erzählen“, sagte Green fast beiläufig. Das war normalerweise ihre Trumpfkarte. Niemand wollte mit God oder Day direkt reden.

Mühelos zog Ruxs Tommy hinter sich her in Richtung Truck. „Ich habe nicht gesagt, dass God es versaut hat. Ihr wisst, dass ich das nicht gesagt habe. Okay, okay. Warten Sie eine Sekunde, Officer Ruxsberg. Ich ha-hab da vielleicht ’ne Kleinigkeit, die ich euch erzählen kann. Ich w-weiß n-nicht viel, aber ein bi-bisschen was über eine klei-kleine Sache“, stotterte er nervös.

Ruxs ließ Tommys Arm los und der fiel wieder hin.

„Autsch. Verdammt.“ Tommy rieb sich sein Handgelenk und starrte Ruxs von unten böse an. Dann überkreuzte er seine Beine, als säße er auf einem Perserteppich und nicht auf dreckigem Beton. „Es könnte sein, dass es eine ziemlich große Lieferung ins Haus an der Cleveland Avenue geben wird.“

„Wie groß?“, hakte Green nach, jetzt hellhörig geworden.

„Groß, Mann. Ich weiß nicht. Einfach ver-verdammt groß, okay. Macht alle ’n bisschen unruhig, verstehst du?“

„Wann?“, fragte Ruxs.

„In ’n paar Wochen. Kommen noch ’n paar Fremde mit. Chainz hat da irgend ’ne große Scheiße vor.“

„Bist du sicher?“, hakte Green nach.

„Mein Mädchen arbeitet in einem der Häuser von Chainz. Sie hat gehört, wie einer von den großen Jungs davon erzählt hat. Sie bereiten schon alles Mögliche dafür vor.“

„In dieser heruntergekommenen Gegend? Er will seine neuen Kontakte und so viel Zeug in diesem üblen Scheißhaus in der Cleveland Avenue unterbringen?“, wiederholte Green skeptisch.

Auch Ruxs schüttelte den Kopf. „Das macht überhaupt keinen Sinn.“

„Genau.“ Der ernste Blick, den Tommy ihnen zuwarf, sagte alles. Er erzählte die Wahrheit.

Kapitel 2

Ein neues Gewitter

Voller Selbstvertrauen ging Ruxs an der Seite seines Partners. Er war daran gewöhnt, dass die Menschen sie entweder voller Verachtung oder voller Bewunderung ansahen. Neutral waren nur die wenigsten. Green zeigte einem der Vizedetectives den Mittelfinger, als der vor ihnen aus dem Revier kam und ihnen die Tür vor der Nase zufallen ließ, sodass sie Greens Arm traf. Ein höflicherer Mensch hätte sie aufgehalten und sie eintreten lassen, bevor er selbst das Gebäude verließ.

Der arrogante Detective drehte sich noch einmal zu ihnen um. „Ich an eurer Stelle wäre heute nicht so selbstbewusst, weil …“

„Du bist nicht an unserer Stelle. Also halt einfach die Klappe“, schnitt ihm Ruxs das Wort ab.

„Und ich bin froh darüber. Denn eure Lieutenants sind seit über einer Stunde beim Captain im Büro. Ihr beiden habt es mal wieder in die Nachrichten geschafft.“ Das Arschloch schüttelte den Kopf, als würde er sie bedauern. „Glaube, die sagten was davon, dass irgendein Radfahrer wegen euch in einer kritischen Verfassung ist, und noch irgendwas über verletzte Leute im Bus. Pfft. Ihr beide seid echte Trottel.“

Ruxs runzelte die Stirn, während der Detective zufrieden mit sich davon schlenderte und sie einfach stehen ließ. Er hatte es auf einmal etwas weniger eilig, in ihr Büro zu kommen. „Das ist völliger Blödsinn.“

„Wem sagst du das. Ich hab’ den verdammten Bus kaum berührt. Wahrscheinlich haben sie erst den Krankenwagen gerufen, als sie herausgefunden haben, dass ich ein Cop bin. Verdammt.“ Green fuhr sich mit der Hand durch sein kurzes dunkles Haar. Er wusste, dass es ihm jetzt wahrscheinlich kreuz und quer vom Kopf abstand.

Sie setzten ihren Weg durch das Großraumbüro fort und gingen durch die Glastür mit der Aufschrift „Drogenfahndung: Sondereinheit Lieutenant Cashel Godfrey, Lieutenant Leonidis Day, Sergeant Corbin Sydney“. Nur ein paar Jungs der Truppe befanden sich in ihrer Abteilung, und Ruxs holte unruhig Luft. Die beiden IT-Detectives sahen zu ihnen herauf und lächelten sie an.

„Was ist los, Leute? Wo sind die anderen?“ Ruxs ließ sich in seinen Stuhl fallen und legte die Füße auf seinen Schreibtisch. Green setzte sich ebenfalls hinter seinen Tisch, der direkt vor Ruxs’ stand, und tat es ihm nach.

Einer der Detectives zeigte auf die Bürotür des Captains. „Die Bosse sind da drin. Syn und Ro sind unten und befragen die beiden, die ihr gestern Abend mit reingebracht habt. Alle anderen sind im Einsatz.“

Green sah zu Ruxs hinüber, der gerade wahrscheinlich genau das Gleiche dachte wie er. Wenigstens konnten sie God und Day mit einer verdammt guten Information aufwarten, wenn sie gleich aus dem Büro kommen würden. Das würde sie vielleicht vor einer umfangreichen Strafpredigt bewahren. Es gab kaum etwas, das God mehr liebte als einen guten Hinweis, der dann auch noch zu einer bedeutenden Festnahme führte.

Detective Vikki Seasel kam herein. Sie trug wahre Aktenberge vor sich her, legte sie ab und begann dann, sie auf Gods und Days großen Schreibtischen zu sortieren. Ruxs legte den Kopf zur Seite, als sie sich in ihrer engen schwarzen Hose darüber lehnte. Sie hatte ihr langes braunes Haar zu einem Knoten hochgesteckt, der von äußerst interessanten, wie Essstäbchen aussehenden Stöckchen fixiert wurde. Sie war wunderschön und brillant. Seitdem sie im letzten Jahr im Einsatz angeschossen worden war, war sie nicht mehr im Außeneinsatz gewesen; mittlerweile war sie die persönliche Assistentin von God und Day. Sie war immer noch ein außergewöhnlich gewitzter Detective und hatte immer noch ein scharfes Auge für Details. Den Respekt der Jungs hatte sie sich schon vor langer Zeit verdient und konnte sich sehr gut behaupten, dabei war sie unverblümt und furchtlos. Überflüssig zu erwähnen, dass Day sie vergötterte und sie deshalb besser niemand despektierlich behandelte.

„Green, Ruxs. Geht besser nicht mehr so weit weg. God und Day möchten für heute Nachmittag um vier ein Meeting. Seid hier und seid pünktlich.“ Sie nahm Days Kaffeetasse vom Tisch und drehte sich um, um zu gehen.

„Hey Vick. Kannst du für das Meeting wieder eine dieser kalten Platten bestellen, so wie du’s letzte Woche gemacht hast?“ Ruxs warf ihr sein charmantes Lächeln zu.

Vikki sah ihn angewidert an und sekundenschnell schmolz das Lächeln aus seinem Gesicht wie Eis in der Sonne. „Ich nehme von dir keine gottverdammten Bestellungen an. Denkst du etwa, ich bin hier, um dich zu bedienen, Ruxs? Hm?“ Ihre Stimme stieg an und Ruxs machte jetzt ganz offensichtlich einen gescholtenen Eindruck. Besonders, weil Day genau in dem Moment aus dem Büro des Captains kam, als sie herumwirbelte, um zu gehen.

Day küsste sie auf die Wange. „Wie läuft dein Tag, Baby?“

Sie warf einen Blick zurück auf Ruxs und schnaubte. „Super. Bis vor genau zehn Sekunden. Ich hole dir schnell deinen Kaffee, Leo.“

Day öffnete ihr die Tür und lächelte, als sie an ihm vorbei stürmte. „Ich werde ihn mir schon noch vornehmen.“ Er zwinkerte, und allein das reichte aus, um Vikkis Lächeln wieder hervorzuzaubern.

Ruxs und Green sahen zu, wie Day sich im Büro bewegte und dabei dies und das erledigte, ohne ihnen auch nur einen winzigen Blick zuzuwerfen. Das als zermürbend zu bezeichnen, wäre eine glatte Untertreibung gewesen. Es war die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Dann flog die Bürotür des Captains auf und schlug so kräftig gegen den Schreibtisch, der dahinter stand, dass es ein Wunder war, dass das Glas in der Tür nicht zerbrach. God. Der Sturm brach los. Die ITler wandten sich erwartungsvoll von ihren Monitoren ab, um den Beginn der Show nicht zu verpassen. Sogar ein paar der Officers im Büro nebenan erhoben sich von ihren Stühlen, um einen Blick durch die trennende Glasscheibe zu werfen. Ruxs verspürte urplötzlich den starken Drang, alle Jalousien zu schließen. Neugierige Arschgeigen.

God warf ihnen einen bösen Blick zu, der sie beide schnell ihre Füße von den Tischen nehmen und sich aufrecht hinsetzen ließ. Gods lange Haare waren wie gewöhnlich zu einem festen, schlichten Pferdeschwanz zurückgebunden. Er trug seine goldene Polizeimarke; sie baumelte direkt zwischen seinen beiden Desert Eagles, die er in den Schulterholstern trug. Seine grünen Augen sprühten vor Zorn. Mist. Er war wirklich wütend. Er zeigte auf sie und überwand die große Distanz zwischen ihnen mit fünf großen schnellen Schritten.

„Ihr zwei. Was ist eure verdammte Berufsbezeichnung?“ Gods Stimme war tief, und wenn er schrie, so wie jetzt, war sie wie ein Donnergrollen. „Macht verdammt noch mal die Klappe auf! Wie lautet eure Berufsbezeichnung?“

Ruxs murmelte „Taktische Informations…“

God schlug die Faust auf den Schreibtisch, bevor Ruxs den Satz beenden konnte und ließ dabei ein paar Blätter Papier zu Boden segeln. „Das ist richtig! Taktische Informationsgewinnungspezialisten!“ Sein tiefer Südstaatenakzent dröhnte, als er sich über ihnen aufbaute, und Ruxs fühlte sich sehr klein dabei, so vor ihm zu sitzen. Er war nicht in Lebensgefahr – God würde niemals die Hand gegen jemanden erheben. Aber das bedeutete nicht, dass er nicht furchteinflößend sein konnte. Er fuhr fort. „Und wie lautet eure verdammte Aufgabenbeschreibung?“

Ruxs und Green wechselten einen schnellen Blick. Es waren eine völlig blödsinnige Berufsbezeichnung und eine mindestens ebenso völlig blödsinnige Aufgabenbeschreibung. Das wusste jeder. God und Day hatten sie sich ausgedacht, damit Ruxs und Green Mitglieder der Taskforce werden konnten. Die einzige Aufgabe, die sie mit Bravour gemeistert hatten, war der Nahkampf – Mann gegen Mann. Sie gehörten nicht zur IT, nicht zum SWAT und auch nicht zu den Psychologen. Ihre Spezialität war es, die Leute in ihre Einzelteile zu zerlegen und alle Informationen aus ihnen rauszuholen. Auf diese Weise musste God nicht mehr ständig auf der Straße unterwegs sein. Er schickte sie aus, um Informationen zu besorgen. Darin waren sie richtig gut. Aber ihre Position musste noch ihre Berechtigung erhalten – sinnvoll ausgegebene Steuergelder und so weiter und so weiter.

„Taktisch! TAKTISCH!“, schrie God. „Bedeutet: Sorgfältig geplant und mit Subtilität und Finesse ausgeführt.“ Er riss eine Akte aus Days Hand und öffnete sie. „Es bedeutet nicht, wie Verrückte durch die Straßen zu rasen! Einen Mann auf dem Fahrrad niederzumähen und ihn beinah umzubringen. Einen Bus voller Leute zu rammen. Fast eine alte Dame zu töten! Und wofür? Für irgendeinen zugedröhnten, unzuverlässigen Crack-Informanten! Gottverdammt!“

Day trat näher an God heran und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Rücken. God sah aus, als würde ihm gleich die Schlagader platzen. Ruxs und Green hatten schon so oft vor ihm auf dem heißen Stuhl gesessen, dass sie gar nicht erst versuchten, zu diskutieren. Denn wenn man mal ehrlich war, waren schließlich sie diejenigen ihrer rund zwanzigköpfigen Truppe, die die notwendigen Informationen beschafften und absicherten. Ohne sie konnte der der Abschaum nicht gejagt werden.

„Kommt schon, Jungs. Ihr wisst, dass es nicht leicht ist, einen verdammten Cracksüchtigen einzufangen. Ich habe keine Ahnung, wieso zum Teufel die immer so eine Geschwindigkeit draufhaben. Mist.“ Green zuckte die Achseln.

Von der Tür hinter Ruxs erklang ein dunkles Glucksen. Syn betrat das Büro und warf einen amüsierten Blick auf ihre Runde. Ihr Sergeant war einer der entspanntesten Menschen, die Ruxs je kennengelernt hatte – paradoxerweise war er aber auch fast schon lächerlich unnachgiebig und streng. Scheinbar mühelos steuerte er ihre Taskforce mit anspruchsvoller Leichtigkeit. Er war die rechte Hand ihres Lieutenants und selbst knallhart. Aber als God jetzt erneut losschrie, wandten alle ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zu.

„Dreißigtausend gottverdammte Dollar. So viel kostet ihr beiden Dumpfbacken meine Abteilung.“ God knallte die Akte zurück auf ihren Schreibtisch und starrte sie mit grün glühendem Ärger in den Augen an. „Das sollte eure Information verflucht noch mal mindestens wert sein. Redet!“

Ruxs zögerte nicht. Er wusste, dass das, was sie erfahren hatten, Gods und Days Interesse wirklich wecken würde. „Chainz bereitet sich darauf vor, dass innerhalb der nächsten paar Wochen eine große Lieferung kommt. Er verhandelt mit irgendwelchen ausländischen Kontaktmännern, die die Schiffsladung auch begleiten werden.“

Green setzte sich auf und fuhr für ihn fort: „Wir werden uns die Arschlöcher schnappen! Er will alles zur Cleveland Avenue bringen, weil er denkt, dass die Bullen die Häuser da sowieso nicht beschatten.“

Ruxs wusste, dass Gods Zorn sich bei dem Gedanken daran, einen so großen Fang machen zu können, schnell legen würde. Endlich einen der Hauptdrahtzieher und Drogenkönige in Atlanta und ein paar ausländische Drogenschmuggler festnehmen zu können … Verdammte Scheiße, ja. Das würde es bis in die nationalen Nachrichten schaffen.

„Wie sicher war sich euer Informant?“, wollte Syn wissen.

Ruxs erwiderte überzeugt: „Er sah erschüttert aus. Sagte, das ganze Viertel versteht nicht, was vor sich geht. Es ist, als ob sie wollen, dass Chainz diesmal Einhalt geboten wird. Tommy Tee war todernst, als er uns davon erzählt hat. Sagte, ein paar von Chainz’ Hauptkurieren hätten versucht, sich aus dem Deal zurückzuziehen … als wollten sie nicht dran teilhaben.“

God strich sich über seinen Kinnbart und sah Day an – sie hielten wieder ihren stillen Dialog, wie sie es immer taten. Day nickte, als ob God tatsächlich laut gesprochen hätte, und wandte sich an Syn. „Syn, das schauen wir uns mal an. Mal sehen, was wir daraus machen können.“ God und Day verließen das Büro – wahrscheinlich, um sich kurz mit dem Captain zu besprechen.

Syn ging zu den IT Detectives und legte beiden kurz die Hand auf die Schultern. „Leute. Ich möchte, dass ihr euch alle Häuser näher anseht, die Chainz in der Cleveland Avenue gehören. Versucht rauszufinden, ob er irgendwo renoviert hat, denn er muss die Lieferung verstauen. Sie so lagern, dass sie nicht entdeckt wird oder verdirbt. Man kann Koks und Heroin schließlich nicht einfach mal eben ins Wohnzimmer stellen. Und man braucht ein bestimmtes Raumklima. Schaut nach, ob er irgendwo Klimaanlagen repariert oder neue eingebaut hat.“

„Denkst du, wir könnten da irgendwo mal einen Blick reinwerfen?“, fragte Green.

„Nein, wir haben noch nicht genug für einen Haftbefehl. Wir sollten nicht mal einen winzig kurzen Blick riskieren. Nicht nur wegen der Aussage eines zugedröhnten Junkies.“ Syn stützte sich auf Greens Schreibtisch. Seine dunklen Augen fokussierten sich auf ihn. „Du hast gesagt, Tommy hätte ausgesehen, als hätte er Angst.“

Ruxs und Green nickten.

„Er hat gesagt, dass vielleicht seine eigene Bande möchte, dass Chainz gestoppt wird.“ Syn feixte. „Schnüffelt ein bisschen herum und versucht herauszufinden, wer es sein könnte, der Chainz tatsächlich stoppen will. Vielleicht ist einer seiner eigenen Leute bereit, ihn zu verpfeifen.“

Sie standen auf. Es war Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen.

„Macht das, was ihr Jungs immer tut.“ Syn warf ihnen einen strengen Blick zu. Alle wussten, dass der Sergeant kein Blatt vor den Mund nahm. Er war genauso gut darin, sie zusammenzustauchen, wie ihre beiden Lieutenants. „Aber tut es mit etwas mehr Taktgefühl. Verstanden? Ihr seid die Typen, die eigentlich nicht existieren, die Sachen machen, die gar nicht passieren – auf die Befehle hin, die niemand erteilt hat.“

„Ja, Sir!“, nickten beide einstimmig.

Kapitel 3

Beste Freunde

„Und wieder eine Krise überstanden.“ Green schlenderte über den Parkplatz des Reviers. Er bemerkte, dass Gods Truck fort war. Wahrscheinlich fortgefahren, um irgendetwas zu regeln. Entweder das, oder sie sind für ein Schäferstündchen nach Hause gefahren. Schnell schüttelte er den Gedanken ab.

„Bin froh, dass wir die Standpauke hinter uns haben.“ Green seufzte.

„Du musst damit aufhören, allen möglichen Mist mit dem Truck anzufahren, Kumpel.“ Ruxs schlang einen muskulösen Arm um Greens Hals und zog ihn nah an sich heran, um ihm eine Kopfnuss zu verpassen. Green wehte der Duft des Deodorants seines Partners entgegen, bevor er sich mit Leichtigkeit aus Ruxs’ Griff herauswand. Dann sprang er wie ein Preisboxer auf der Stelle, traf Ruxs mit zwei rechten Haken und stachelte ihn dazu an, bei seinem Spiel mitzumachen. Ruxs stieg mit ein. Er blockte Greens nächsten Schlag ab und rempelte ihn an.

„Au! Du Mistkerl.“ Green lachte. So herumalbernd setzten sie ihren Weg bis zum Truck fort, und Green tat so, als würde er auf Ruxs Gesicht zielen, duckte sich dann aber und erwischte seinen Magen und rannte weg. Er wusste genau, dass Ruxs schneller laufen konnte als er, also versuchte er auch nicht ernsthaft, ihm zu entwischen. Als er den Parkplatz fast ganz überquert hatte und beinah seinen Truck erreicht hatte, spürte er plötzlich, wie sich Ruxs’ kräftige Arme um seine Taille schlossen und er ihn an seine steinharte Brust zog. Er wurde hochgehoben und herumgewirbelt, so als ob Ruxs ihn kopfüber auf den Bürgersteig fallen lassen wollte – aber kurz vorher stoppte er; so wie immer. Als Green wieder festen Boden unter den Füßen spürte, schubste er Ruxs gegen die Beifahrertür, und beide lachten über ihr Spiel. Es war wie immer eine Art befreiendes Ritual für sie, nachdem sie eines von Gods Donnerwettern über sich hatten ergehen lassen müssen. Green kletterte in die große Fahrerkabine und warf einen Blick auf seinen Partner, der jetzt über das Display seines Handys wischte; die dunklen Brauen gerunzelt und auf seiner vollen Unterlippe kauend. Er kannte diesen Gesichtsausdruck. Um ehrlich zu sein, kannte er jeden einzelnen von Ruxs’ Gesichtsausdrücken. Ruxs war genervt.

„Wer schreibt dir?“, fragte Green, während er auf die Straße in den Nachmittagsverkehr abbog. Er schätzte, dass sie gerade noch genug Zeit hatten, um etwas zu essen und danach einen kurzen Streifzug über die Cleveland Avenue zu unternehmen, bevor es Zeit war, für das Meeting zurück zur Wache zu fahren.

„Diese Kollegin aus der Verwaltung – dieser Officer, von der ich dir erzählt habe, die das Archiv leitet. Sie hat mich vor ein paar Tagen in die Ecke getrieben.“ Ruxs lachte.

Green schenkte ihm einen ungläubigen Blick, und augenblicklich begann Ruxs zu erzählen.

„Doch, ich schwöre es.“ Wieder lachte er. „Ich habe auf die Hernandez-Akte gewartet, und sie wollte sie nicht rausrücken, wenn ich ihr nicht meine Nummer gebe und mit ihr ausgehe. Ehrlich. Sie ist nicht übel, Mann. Ein bisschen geschwätzig, aber … hat eine gute Figur. Lange blonde Haare. Hübsches Lächeln.“

Green schüttelte den Kopf. „Wie auch immer. Wann?“

Ruxs rieb über seine dunklen, stoppeligen Haare. „Heute Abend.“

„Oh. Tatsächlich.“ Green nickte kurz und bog ab zu ihrem Lieblingsburgerladen. Er stellte den Motor ab und öffnete die Tür. „Viel Spaß.“

Ruxs holte ihn an der Tür des Restaurants ein und öffnete zog sie für ihn auf. Green ging hinein, ohne den Blick seines Partners zu erwidern. Er wusste selbst nicht so genau, warum es ihn so anpisste, dass Ruxs eine Verabredung hatte. Vielleicht, weil es schon ziemlich lange her war, dass einer von ihnen beiden ein Date gehabt hatte; für ihn selbst war es sogar noch länger her als für Ruxs. Immer ging es nur um die Arbeit, und wenn sie mal ein bisschen Freizeit hatten, verbrachten sie sie gemeinsam, entspannten und unternahmen etwas, an dem sie beide Spaß hatten. Vielleicht war es wirklich für sie beide an der Zeit, mal rauszukommen und sich mit anderen zu treffen … ohne einander. Manchmal war es fast so, als wären sie an den Hüften zusammengewachsen. Gerade, als ihm dämmerte, dass er sich wie ein Idiot verhielt, spürte er Ruxs‘ Hand auf der Schulter und seinen Atem an seinem Ohr.

„Bestell für mich mit. Ich muss pinkeln.“

Dann war die Wärme seiner Berührung fort. Green hielt sich nicht lange damit auf, die angeschlagene Speisekarte zu studieren, er wusste, was er wollte – und auch, was Ruxs essen würde.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte ihn die quirlige Frau hinter dem Tresen.

Er holte tief Luft. „Ich habe zwei Bestellungen. Einmal zwei doppelte Cheeseburger ohne Gurken mit extra Senf. Eine Portion Süßkartoffelpommes ohne Salz und gesüßten Tee dazu. Die andere Bestellung: zwei doppelte Burger ohne Käse und ohne Ketchup, die Gurken extra. Eine doppelte Portion Zwiebelringe und Wasser ohne Zitrone dazu.“

„Ist das alles?“ Sie lächelte ihm zu.

Er erwiderte das Lächeln. „Ja, das ist alles.“

Sie legte ihm alles auf zwei Tabletts und zog gerade seine Karte durch das Lesegerät, als sein Partner zurückkam und wieder neben ihn trat. Während Green den Beleg unterzeichnete, musterte sie sie beide interessiert, und eine leichte Röte überzog ihr Gesicht. Diese Reaktion riefen sie häufig bei Frauen hervor, besonders bei jüngeren. Greens Nacken zierten Tribaltattoos, die aus dem Kragen seines üblicherweise weißen, engen T-Shirts hervor blitzten. Seine strubbeligen Haare standen kreuz und quer ab – je nachdem, in welche Richtung seine Hände sie im Laufe des Tages gerauft hatten. Er trug blaue Jeans, die tief auf seinen schlanken Hüften saßen und dazu einen schwarzen Nietengürtel; seine Polizeimarke hatte er in Hüfthöhe festgesteckt. Ruxs’ hellgrüne Augen dagegen reizten auch verheiratete Frauen. Sein Dreitagebart war immer ordentlich getrimmt; er kleidete sich wie ein Calvin-Klein-Model. Ledermantel. Cargohosen mit schwarzen Motorradstiefeln. Dazu immer ein Band-Shirt; heute von seiner Lieblingsband Metallica. Morgen wahrscheinlich von Green Day oder den Stones. Ruxs fuhr sich mit der Hand über seinen schlichten Igelschnitt. Green wusste, dass die pechschwarzen Haare seidig weich waren und nicht stachelig.

Beide nahmen ihre Bestellungen und gingen zu ihrem gewohnten Tisch – dem neben dem Fenster, von wo aus sie den Eingang des Restaurants und den gesamten Parkplatz überblicken konnten. Sobald sie saßen, nahm Ruxs das Gespräch auf. „Was denkst du – worum geht’s bei dem Meeting?“

Green zuckte die Schultern und biss ein Riesenstück aus seinem Burger. „Hab’ nicht die geringste Ahnung.“ Ruxs klaute ein paar von Greens Süßkartoffelpommes und legte automatisch ein paar seiner Zwiebelringe auf Greens Tablett. So wie immer.

Als sie ihr Essen fast beendet hatten, fragte Green Ruxs schließlich: „Und – wohin wirst du dieses Mädchen ausführen?“

Ruxs antwortete erst, als sie ihr schmutziges Geschirr weggebracht hatten und zu Greens Truck zurück gingen. „Hm … wahrscheinlich ins Kino. Dann holen wir uns was zu essen.“ Ruxs schloss seinen Gurt. „Was machst du heute Abend?“

„Ich sehe mir das Spiel an“, erwiderte Green, fädelte sich wieder in den Verkehr ein und fuhr zurück in Richtung Cleveland Avenue. Normalerweise würden Ruxs und er heute Abend auf Ruxs’ Couch sitzen, ein Sixpack leeren und dabei gemeinsam das Spiel ansehen. Er versuchte, sich nicht zu ärgern – schließlich war das nicht Ruxs’ erstes Date, verdammt noch mal. Und er selbst hatte definitiv auch schon seinen Spaß gehabt.

„Scheiße, Mann. Das ist heute Abend. Mist.“ Ruxs warf einen Blick auf sein Telefon, als wolle er sie anrufen und das Date absagen. „Oh, hey. Sie hat mir noch eine Nachricht geschickt. Vielleicht will sie absa…“

Green wandte den Kopf und sah seinen Partner an, der plötzlich still geworden war. Ruxs starrte auf sein Handy.

„Was?“

„Sie hat mir eine Nachricht mit ihrer Adresse geschickt. Schreibt, dass sie sich schon fertigmacht.“

„Verdammt! Um wie viel Uhr seid ihr noch gleich verabredet?“ Green gluckste humorlos.

„Um acht Uhr, Kumpel.“

„Oh Gott. Dann viel Spaß damit!“, sagte er mit ausdruckslosem Gesicht. Er bog so rasant in Richtung Cleveland ab, dass Ruxs in seinem Sitz zur Seite gedrückt wurde. Green spürte den Blick der dunklen Augen auf sich, schaute aber weiter stur geradeaus.

Eine Weile fuhren sie schweigend weiter. Ruxs griff schließlich unter seinen Sitz und zog sein Gewehr, Kaliber .12 – von Green auch Der Angstmacher genannt – hervor und legte sie sich auf den Schoß. Sie erreichten die Straße, in der die meisten von Chainz’ Häusern standen. Heute würden sie niemanden zum Verhör mitnehmen, nur durch den drogenverseuchten Stadtteil fahren und nach möglichen Kandidaten Ausschau halten. Außerdem sollten sie besser ihr Standpaukenlevel möglichst niedrig halten – wenigstens für ein paar Tage.

Sie drehten ein paar Runden und ernteten einige böse Blicke. Ruxs aber behielt seinen stoischen Gesichtsausdruck bei, wie immer. Ein paar Jungs standen draußen herum, drehten ihnen aber die Rücken zu, sobald sie vorbei fuhren.

„Da drüben ist einer von Chainz’ Komplizen, auf der Veranda da hinten.“

Green fuhr auf die Bordsteinkante, hielt an und beobachtete den Mann aufmerksam. Die meisten Anwohner in dieser Straße wussten, wer sie waren; wussten, dass sie Cops waren. Aber Green und Ruxs kümmerte das absolut nicht, denn die Leute wussten ebenso, dass sie beide vollkommen verrückt waren und dass Ruxs sein gottverdammtes Gewehr mit einer geradezu chirurgischen Perfektion bedienen konnte. Der Typ erwiderte ihren Blick mit der gleichen konzentrierten Aufmerksamkeit, aber Green sah auch die winzige Bewegung seiner Augen, als er sich vergewisserte, wer noch zusah. Ja, das hab ich gesehen. Der Kerl erhob sich, riss die Haustür auf und verschwand im Inneren, ohne sich noch einmal umzusehen und ohne die Tür hinter sich zu schließen.

„Bingo.“ Ruxs lächelte. Green machte den Motor an und fuhr weiter.

„Ja. Ich glaube, da haben wir vielleicht was gefunden.“ Green sah seinen Partner an.

Seit Jahren hatten sie mit diesem Dealerabschaum zu tun. Sie hatten gelernt, die allerkleinsten Hinweise und die winzigsten Eigenheiten zu erkennen und zu lesen. Wenn es etwas gab, das Kriminelle gern den Cops gegenüber taten, war es, ihnen die Tür vor der Nase zu zuschlagen. Was Chainz’ Handlanger gerade getan hatte, hätte als unbedeutend abgetan werden können, tatsächlich aber war es ziemlich symbolisch. Er hatte die Tür offen gelassen.

Kapitel 4

Date Night

„Hört sich gut an, Jungs. Bleibt an ihm dran. Haltet aber den Ball flach und verbockt nicht alles. Wenn ihr glaubt, dass ihr ihn zum Reden bringen könnt, wäre das großartig, aber wir wollen nicht riskieren, dass er Schiss kriegt – und natürlich wollen wir auch nicht, dass die anderen Jungs es mitkriegen“, sagte Day und schaltete den Projektor aus.

Nachdem God und Day ihnen jeweils kurze Zusammenfassungen einiger neuer Fälle geliefert hatten, hatten Ruxs und Green von dem möglichen Informanten erzählt, der ihnen die kleine „Einladung“ hatte zukommen lassen: James Carter, auch bekannt als JJ. Sie gingen davon aus, dass er innerhalb von Chainz’ Organisation eine Art Lieutenant war. Er hatte auf jeden Fall Zugang zu vielen Informationen. Aber sie wussten nicht, ob er vielleicht nur auspacken würde, um Chainz auszuschalten und dann das Geschäft zu übernehmen. Das Drogengeschäft war hart, und jeder kämpfte hier gegen jeden. Oder ein paar von Chainz’ Jungs wollten verhindern, dass er sein Geschäftsfeld erweiterte und sich mit ausländischen Dealern zusammenschloss. So eine Art von Geschäft konnte einem nämlich locker fünfundzwanzig Jahre oder gar lebenslänglich Knast einbringen.

„Ich werd mal meine FBI-Kontakte anrufen und ihnen sagen, was hier läuft“, räusperte sich God.

Die anderen stöhnten auf und lehnten sich mit angewidertem Gesichtsausdruck in ihren Sitzen nach hinten. Wenn es etwas gab, das ihnen überhaupt nicht gefiel, dann war das eben genau dieser Moment, in dem das FBI die Bühne betrat und ihre Gefangenen übernahm, nachdem sie die ganze Drecksarbeit geleistet hatten. Und das passierte JEDES Mal.

God sah von seiner Akte auf und starrte sie an. „Höre ich da etwa, dass meine Männer jammern? Was zum Teufel soll das? Wollt ihr die Gesetze etwa neu schreiben? Verbrechen gegen die Bundesgesetze sollen nicht mehr durch die staatlichen Strafverfolgungsbehörden kontrolliert werden?“

Niemand sagte etwas. Sie kannten die Gesetze, aber sie schmeckten ihnen trotzdem nicht. Als Syn, der an der Seite stand, sah, dass God sich wieder aufregen wollte, drückte er sich von der Wand ab. Er legte seine Hand mit festem Druck auf Gods Schulter und stellte sich vor ihn. „Wir wissen, dass das beschissen ist. Aber eure Lieutenants und euer Captain haben immer dafür gesorgt, dass ihr Jungs eure Anerkennung bekommen habt, wenn es nötig war. Und das wird sich auch bei dieser Operation nicht ändern. Alle werden erfahren, wer es war, der diese Bastarde hochgenommen hat.“

Day fügte noch ein „Verdammt, ja!“, hinzu und er und Syn schlugen ihre Fäuste gegeneinander. Nur Sekunden später standen alle anderen auf und taten es ihnen nach. Ihr Serge schaffte es immer wieder, die Wogen zu glätten – und das war beileibe kein Kinderspiel, wenn zwanzig Männer und zu viel Testosteron in einem Zimmer zusammengepfercht waren.

Die meisten verließen den Raum direkt nach dem Meeting. Ruxs und Green bekamen noch eine ernste Ermahnung hinsichtlich Taktgefühl und kostensenkendem Verhalten mit auf den Weg. Dieses Mal stellte Syn ihnen mehrere Monate Schreibtischdienst in Aussicht. Sie würden sich zusammenreißen müssen – Syn machte keine leeren Versprechungen. Denn auf gar keinen Fall würden sie es aushalten, nur im Büro zu sitzen, das würde sie wahnsinnig machen.

***

Green aß den letzten Rest seines griechischen Salats, den er sich zum Abendessen zubereitet hatte. Das Baguette, das er noch in der französischen Bäckerei gekauft hatte, war die perfekte Ergänzung dazu gewesen. Das Spiel war mittlerweile in der achten Runde; aber er hatte das Interesse verloren, als die Braves schon nach dem dritten Lauf Rückstand hatten. Er machte es sich wieder auf seiner Couch bequem; einen Arm verschränkte er hinter dem Kopf, die andere Hand wanderte fast unbewusst in seine Sweathose und massierte nachlässig seine Hoden. Heute Abend war es ungewöhnlich ruhig in seinem zweigeschossigen Loft. Die renovierten Räume lagen über einem Auslieferungslager, in dem überwiegend tagsüber gearbeitet wurde. Der Eigentümer des Gebäudes verlangte nur eine geringe Miete, weil Green ihm – wie er zu sagen pflegte – das Lumpengesindel fernhielt. Obwohl Ruxs ein kleines Appartement nur zwanzig Minuten von hier entfernt hatte, war er sonst eigentlich auch immer hier.

Das Loft bestand aus einem großen Raum in der ersten Etage, von dem eine Sitzecke abgetrennt worden war und aus einem Essbereich, auf dessen Tisch sich jedoch meistens ein Computer und zwei Laptops sowie ein paar Akten befanden. Es gab einen Billardtisch am einen Ende des Raums sowie eine kleine Bar mit ein paar Barhockern. Einen Kicker und einen Flipper. Die Couchgarnitur mit der niedrigen Rückenlehne stand direkt vor dem 60 Zoll großen Fernseher, der meistens für Videospiele genutzt wurde. Ruxs nannte diese Ecke den Unterhaltungsbereich. Ein weiches, üppiges Sofa mit Ottomane und mehrere Sessel kamen noch hinzu. Der Raum war so groß, dass er trotzdem nicht überfüllt wirkte.

Green stieß einen leisen Seufzer aus und schaltete den Fernseher aus. Er überprüfte die Fenster und sah die Straße hinab. Alles war ruhig. Dann nahm er die Treppe nach oben. Hier gab es drei Räume. Einer war mit Gewichten und einem Laufband ausgestattet. In dem großen Schlafzimmer schlief er, und Ruxs schlief häufig in dem kleineren Raum. Green hatte ihm gerade erst noch einmal gesagt, dass er doch einfach direkt einziehen solle. Der Kerl haute schließlich gar nicht mehr ab. Wahrscheinlich hatte er mehr Klamotten hier in diesem Zimmer als bei sich zu Hause.

Er ging an der kleinen Sitzecke in seinem Schlafzimmer vorbei, ohne das Licht einzuschalten. Seine Stromrechnung war so lang wie das Telefonbuch von New York dick, wenn er nicht darauf achtete, alle Lampen in seiner Wohnung wieder auszuschalten. Als er gerade seine Hose ausziehen wollte, klingelte sein Telefon auf dem Nachttisch. Er warf einen Blick auf das Display und sofort breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Green nahm das Telefon in die Hand und schaltete den Lautsprecher ein. Statt einer Begrüßung sagte er:

„Ist das Date schon zu Ende?“

„Nö, Mann. Was machst du?“ Ruxs’ tiefe Stimme füllte den Raum.

Green lachte knurrend. „Spielt das eine Rolle? Du bist bei einem Date. Solltest du nicht mal langsam den Ball einlochen?“

„Ach ja – Bälle. Wer hat das Spiel gewonnen?“

„Das waren nicht die Bälle, die ich gemeint habe, Kumpel“, prustete Green. „Was ist da los, zum Teufel?“

„Wer hat gewonnen, Green?“

Green räusperte sich. Er schaltete seinen Fernseher ein und warf einen Blick auf das Spiel. „Die Braves sind immer noch drei Punkte zurück.“

„Gottverdammt! Welche Runde?“

„Am Ende der neunten!“, rief er. „Wo ist dein Date?“

„Sie ist drinnen und wartet auf einen Tisch.“

„Ganz allein? Mark, zum Kuckuck.“

Schweigen.

„Mark.“

Ruxs’ Stimme war nur ein Flüstern. „Du sagst nur ganz selten meinen Vornamen.“

Sekundenlang saß Green regungslos da. Was war das für ein Unterton in Ruxs’ Stimme gewesen? Er hatte seinen Namen doch schon oft ausgesprochen. Oder nicht? Er wollte gerade etwas sagen, als Ruxs ihm zuvor kam.

„Sie geht mir auf die Nerven. Wir haben nichts gemeinsam. Ständig fragt sie mich wegen God aus und wie er so ist. Und sie hat die ganze Zeit nach meinem Arm gegriffen, wenn der Film spannend wurde.“

Green lauschte. Die Absurdität der Situation ließ ihn den Kopf schütteln.

„Ihr seid beide bei einer Strafverfolgungsbehörde – also habt ihr schon mal ziemlich viel gemeinsam. Außerdem will einfach jeder mehr über God wissen, er ist scheiß-verrückt-beängstigend-interessant. Und wenn du ein Mädchen in einen Gruselfilm einlädst, wird sie eben genau das tun – nach deinem Arm greifen.“

„Sie ist langweilig, und wir müssen noch das Essen und die Drinks überstehen.“

„Du schaffst das schon. Rede über die Arbeit. Über einen guten Fall – nicht über einen verkorksten. Erzähl ihr von dem Puff, den wir haben hochgehen lassen, und von den Mädchen, die zurück in ihre Familien konnten. Du bist auch witzig, erzähl ihr von irgendeinem verrückten Scheiß, den du auf der Arbeit angestellt hast. Bevor du dich versiehst, zieht sie ihr Höschen für dich aus. Rede einfach mit ihr.“

„Ich will nicht mit ihr reden. Ich will mit dir reden.“ Wieder klang Ruxs’ Stimme leise und tief … fast sexy.

Green versuchte, es zu ignorieren. „Du hörst dich an wie ein kleines Kind. Ich geh jetzt ins Bett. Ich sehe dich dann morgen früh.“

„Warte! Warte!“

Diesmal ließ Green seinen Ärger deutlich hören. „Was noch, Mark?“

Ruxs stieß ein leises, sanftes Lachen aus. „Du hast es schon wieder gesagt.“

Green saß einfach nur da. Sollte das jetzt ein Witz sein?

„Komm her.“

„Was?“ Green richtete sich auf.

„Wir sind im Brick Bookhouse. Komm schon. Ist nur ’ne Viertelstunde von dir weg“, bettelte Ruxs.

„Und wenn ich nur die Treppe runtergehen müsste – ist mir scheißegal, Ruxs. Ich werde nicht dein Date ruinieren. Was für ein armseliges Bild würde ich dann abgeben – was denkst du?“

„Würdest du nicht.“

„Doch. Würde ich. Außerdem – wie willst du flachgelegt werden, Kumpel, wenn ich auch da bin? Sie wird denken, dass du irgendeine versaute Nummer abziehen willst, wenn du mich fragst, ob ich mich dazu setzen will“, kicherte Green.

„Sie wird sowieso nicht mit mir schlafen. Sie ist eine von diesen ‚es-müssen-mindestens-fünf-Dates-sein‘-Mädchen. Komm schon, Green. Ich lade dich auch zum Essen ein. Und ich kauf’ dir was zu trinken.“

„Ich habe schon gegessen“, erwiderte er gelangweilt.

„Komm schon, Mann.“

„Nein!“

„Bitte, Chris“, sagte Ruxs leise. „Bitte.“

Verdammt. Warum hörte es sich so gut an, wenn sie sich mit ihren Vornamen ansprachen? Schon stand Green von seinem Bett auf. Er öffnete seinen Schrank und nahm ein schlichtes, weißes T-Shirt heraus.

„Ich kann hören, dass du dich anziehst. Danke! Ich werde draußen auf dich warten.“

„Nein, Ruxs. Geh wieder rein zu deinem Date. Ich bin in zwanzig Minuten da.“

„Sag noch einmal meinen Namen“, neckte ihn Ruxs.

„Halt die Klappe, Armin!“ Green lächelte.

„Hey! Du weißt, dass ich diesen Namen hasse. Jeden anderen würde ich dafür einfach umhauen.“ Aber Green hörte das Lachen in seiner Stimme. Er legte auf. Verdammter Armin Mark Ruxsberg. Er konnte kaum glauben, dass er sich tatsächlich auf den Weg dorthin machte. Schnell zog er noch ein Paar bequeme Jeans an und seine Jordans. Warum er noch sein brandneues Aftershave auftrug, war ihm selbst nicht ganz klar – aber er tat es. Nachdem er seine Haare mit Gel verstrubbelt hatte, bis sie in alle Richtungen abstanden, schaltete er alles aus und lief die Metalltreppe hinunter.

Was mach ich hier eigentlich, zum Teufel nochmal? Er hat ein Date, um Himmels willen. Kurz stand er noch ganz still im dämmrigen Licht vor seiner Wohnungstür. Zögerte. Er hatte Ruxs, Mark, versprochen zu kommen. Und bevor er sich versah, saß er in seinem Truck und raste auf der belebten Straße Richtung Innenstadt.

Kapitel 5

Ein Date aus der Hölle

„Ah-ha“, wiederholte Ruxs zum gefühlt hundertsten Mal und tippte dabei mit seinem Zeigefinger an die Flasche seines Draftbiers. Das war die einzige Äußerung, die er zwischen den Wortschwallen einschieben konnte. Er warf einen Blick auf seine Uhr und sah dann wieder zur Tür. Wo bleibt er nur? Wär besser für ihn, wenn er mich nicht angelogen hat. Aber er wusste, dass das nicht der Fall war. Sie logen sich nicht an … niemals.

„Ja. Genau. Ich war so aufgeregt, als ich in die Aktenabteilung versetzt wurde. Weil alle müssen mal da runter kommen. Ich komme mit allen ins Gespräch und krieg’ ein Gefühl dafür, was so läuft. Ich sehe meine Abteilung als Nabel oder als so eine Art Kommunikationszentrum.“ Sie kicherte, und es hörte sich an, als kratzte sie mit langen Fingernägeln über eine Tafel. „Und es ist so entspannt. Ich kann praktisch gehen, wann immer ich will und Lust dazu habe. Jemand reicht eine Anfrage ein und manchmal bearbeite ich sie erst am nächsten Tag. Aber ich versuche, eigentlich immer da zu sein. Ich bin nicht alleine da. Da bin ich und Fowler und Christianson und Veracruz und – “

„Ja, ich weiß. Ich war auch schon einmal da unten.“ Ruxs schnitt ihr das Wort ab und konnte sich gerade noch davon abhalten, die Augen zu verdrehen. Warum nur hat sie anscheinend das Bedürfnis, jeden kleinen Moment der Stille auszufüllen? Ruxs nahm die Speisekarte und sofort machte sie es ihm nach. Vielleicht ist sie jetzt mal für ’ne Minute lang ruhig.

„Ich weiß. Ich hab dich unten gesehen.“ So viel zum Wunschdenken. „Ich finde es einfach toll, wenn ich dich den Flur runterkommen sehe. Du bist so groß und hast so viele Muskeln.“ Sie hüpfte wie ein Gummiball in ihrer Nische ihm gegenüber auf und ab. „Ich hab’ mich schon gefragt, wann du endlich runterkommst und mich um ein Date bittest. Ich meine, oh Gott. Da kann ein Mädchen noch so sehr flirten.“

Wirklich? Hab’ ich dich ernsthaft um ein Date gebeten, oder hast du mich einfach nur hierher gequatscht?

Sie war hübsch genug. Wirklich. Aber sie war auch das reinste Plappermaul und strengte sich einfach zu sehr an. Er brauchte niemanden, der sich überschlug, um ihn zu beeindrucken. Er mochte es lieber entspannt und mühelos.

„Guten Abend, Mark.“

Jesus. Einfach so. Weich wie Butter. Ruxs sah von seiner Karte auf. Die tiefe, sanfte Stimme strömte über seinen Körper hinweg und klang tief in ihm wider. Unwillkürlich breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, das von seinem Partner erwidert wurde. Greens Lächeln war ebenso breit wie seines, und seine perfekten weißen Zähne leuchteten hell in dem gedämpften Licht des Restaurants.

Ruxs sprang auf und bevor er sich versah, hatte er seinen Partner so fest umarmt, als hätte er ihn wochenlang nicht gesehen. Als wäre er nicht den ganzen verdammten Tag über mit ihm zusammen gewesen. Aber das war noch verrückter. Green erwiderte seine Umarmung und gluckste leise in sein Ohr. „Hey, Kumpel. Geht’s dir gut?“

Ruxs wich zurück, peinlich berührt. „Ja. Na klar.“ Er sah sich kurz um und wechselte den Platz, ließ Green in die große Lücke hineingleiten. Er stieß leicht gegen Greens Hüfte, damit er weiter hineinrutschte. Sein Partner warf ihm einen neugierigen Blick zu und tat ihm den Gefallen.

„Du hättest dich neben mich setzen können, Mark“, schnurrte sein Date verführerisch. Aber ihre Mühe verpuffte.

„Mir geht’s gut.“ Ruxs lächelte. Jetztjedenfalls.

Green sah zwischen ihnen hin und her und streckte dann seine Hand quer über den Tisch. „Hi, ich bin Chris Green.“

Sie ergriff Greens Hand, hielt sie aber mit spitzen Fingern, als sei sie schmutzig. „Ich weiß, wer du bist. Du bist sein Partner.“

„Bei der Truppe“, platzte Ruxs dazwischen. Beide sahen ihn an, als sei er ein Idiot. Was er auch war … Warum verdammt noch mal hatte er das klarstellen müssen?

Green warf ihm dieses schiefe Grinsen zu – genau das, was normalerweise bedeutete, dass sein Partner auf dem besten Weg war, Spaß zu haben. Ruxs hatte es sich selbst eingebrockt. Green lehnte sich zurück und legte seinen Arm auf die Rückenlehne ihrer Sitzecke. Seine Fingerspitzen berührten so gerade eben Ruxs’ Nacken. Er spürte, wie an den kurzen Härchen dort gezogen wurde. Das kleine Blinzeln, das Green ihm mit seinem linken Auge zuwarf, war nur für ihn bestimmt. „Ich denke, das ist auch genau das, was sie meinte … Mark.“

„Es ist schön, dich auch offiziell kennenzulernen. Ich bin Sarah. Ich wusste nicht, dass du uns heute Abend Gesellschaft leistest, Christopher.“

„Chris“, korrigierten sie Ruxs und Green einstimmig.

„Er bevorzugt Chris“, stellte Ruxs klar.

„Oh. Entschuldigung.“ Sie fühlte sich anscheinend ziemlich unbehaglich, aber Ruxs beunruhigte das nicht sonderlich. Vielleicht würde das dafür sorgen, dass sie sich nicht mehr mit ihm treffen wollte.

Er warf einen Blick auf seinen Partner. Green sah so lässig aus wie immer. Schlichtes weißes T-Shirt und ein kleines goldenes Kreuz, das er um den Hals trug … der kleine diamantene Ohrring, der Ruxs insgeheim besonders gut gefiel … seine Haare waren heute Abend besonders wild … locker geschnittene Jeans (Green sagte immer, dass seine Eier in enge Jeans einfach nicht hineinpassten). Erst als Green sich räusperte und Ruxs wieder das leichte Ziehen an seinen Haaren spürte, merkte er, dass er seinen Partner lächelnd angestarrt haben musste.