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Im Herzen der Bundesrepublik, an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze steht umgeben von uralten Wäldern am Lauf des Werraflusses das Schloss Hohenhaus. Das ehemalige Rittergut und seine Umgebung waren in ihrer langen Geschichte immer wieder Gegenstand der Literatur. Die beeindruckendsten Geschichten versammelt dieses Buch, das von der Schönheit der hessischen Natur, den Eigenheiten der Bewohner der Region oder auch von den Schneisen der deutschen Teilung erzählt. Namhafte Autoren wie Siegfried Lenz und Rudolf Hagelstande offenbaren uns auf ihre jeweils ganz eigene Art das Besondere einer selten beachteten Region – in der viel mehr steckt, als es scheint.
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Seitenzahl: 64
Veröffentlichungsjahr: 2025
Siegfried Lenz | Rudolf Hagelstange | Hubert Behr | Horst Krüger
Geschichte und Geschichten eines Schlosshotels
Schloss Hohenhaus nach seiner Fertigstellung im Jahr 1901
Ueber den Ursprung und die Entstehung des Ortes Holzhausen sind Nachrichten nicht vorhanden.
Das Dorf Holzhausen liegt beinahe ganz versteckt in einer fast kesselförmigen Vertiefung des südlichen Theils des sogenannten Ringgaugebirges zu Füßen der Brandenfels auf drei Seiten von gebirgigen Anhöhen, theils Waldungen umgeben, nur in der Richtung nach Süden etwas offen.
Ueber dem Dorfe von Norden her, nimmt ein schmaler Wiesengrund seinen Anfang, welcher sich nach Süden hin, vor dem Nachbarort Nesselröden endigt. Die Lage des Dorfes an sich ist schlecht und abhängig. Die Gebäude hängen beinahe alle an einer ziemlich steilen Anhöhe, dem Fuße eines steilen waldigen Berges – Schloßberg genannt – nur einige unten am Wiesengründchen gelegenen Gebäude haben eine bessere mehr ebene Lage.
Die Gebäude des Rittergutes Hohenhaus, so ungefähr 600 Schritte in der Richtung nach Westen vom Dorfe entfernt, haben eine schöne und zum Ackerbau bequeme Lage, fast in der Mitte des dazu gehörigen Feldes, an einem schmalen Wiesengründchen, was sich von Westen nach Osten, zwischen dem höher gelegenen Felde und Walde hinzieht. Das hinzu gehörige Vorwerk Rittersberg, eine kleine halbe Stunde in nordwestlicher Richtung davon entfernt, liegt auf einer Hochebene, frei und nicht geschützt. Mit Ausnahme des dazu gehörigen, mehr ebenen Feldes besteht die übrige Feldmark von Holzhausen – durchgängig aus Bergabhängen mehr und weniger abgedacht.
Holzhausen liegt (nach Humbert) über dem 27°, 44′ geographischer Länge und 51° 3′ geographischer Breite.
Die Entfernung beträgt:
von der Residenz-Stadt Kassel 14 Stunden
von der Kreisstadt Eschwege 4 – „ –
von dem Amtsort Netra 2 – „ –
von dem Rentamtsort Reichensachsen 4 – „ –
von der Stadt Eisenach im Großherzogtum Sachsen-Weimar Eisenach 4 – „ –
von den umliegenden Ortschaften
Renda 1 – „ –
Markershausen ¾ – „ –
Nesselröden ¾ – „ –
Breitzbach ¾ – „ –
Unhausen ½ – „ –
Ulfen 1 – „ –
Das zu erwähnende Hauptgebirge ist das sogenannte Ringgaugebirge auf dessen Plateau noch das Vorwerk Rittersberg mit seinen Feldern sich zeigt und welches auf südlichen Abneigungen die nachfolgenden zur Gemarkung Holzhausen gehörigen Waldungen trägt und hiermit den engen Thaleinschnitt bildet, in welchen das Dorf Holzhausen mit dem Gute Hohenhaus und den Feldern in stiller ärmlicher Abgeschlossenheit zu finden ist.
Jene Waldungen sind folgende:
Der Schloßberg mit der Eselshecke
Der Hahn
Der Dachsberg, Sumpel, große und kleine Fernberg
Die Ufershecke und der Vogelherd
Das Stöckicht
Der Rüstwagen, Hoheliethe, Albersberg, Semetzen und Buchholz
Der Sandberg
Die Gebirgsart ist größtentheils Kalksteinfelsen nur bei den zuletzt genannten vier Waldarten ist hier der bunte Sandstein – Mineralien werden nicht zu Tage gefördert.
Flüsse durchströmen die Gemarkung nicht, nur ein kleiner Lauf, welcher über dem Dorfe in den sogenannten Oberwiesen durch einige Quellen seine Entstehung erhält, fließt durch’s Dorf und den schmalen Wiesengrund.
Teiche: ein solcher findet sich auf dem Vorwerk Rittersberg. Derselbe dient aber bloß zur Viehtränke und enthält keine Fische.
Auch findet sich ein solcher in den Wiesen über den Gutsgebäuden des Rittergutes Hohenhaus, derselbe ist indessen fast gänzlich verschlammt und enthält nur noch wenig Wasser, worin tannene Rohre zur Wasserleitung aufbewahrt werden.
Brunnen: ein Springbrunnen ist auf dem Hofe des Gutes Hohenhaus, in welchem das Wasser aus einer Quelle einige hundert Schritte über dem Hofe durch Röhren geleitet wird. In dem Dorf selbst sind eigentlich Brunnen nicht vorhanden. Quellwasser zum Trinken kommt durch eine kleine Röhre unten im Dorf am Wege, welcher von der Gemeinde unterhalten wird. Außerdem haben noch verschiedene Einwohner auf ihren Hofwaiden kleine Kümpfe oder Wasserbehälter zur Tränke des Viehes, welche Privateigenthum der betreffenden Hausbesitzer sind.
Zwei Mahlmühlen, jede mit einem Mahlgang und eine Oelmühle mit fünf Stempeln alle oberschlächtig, liegen unter dem Dorfe in dem Wiesengründchen und werden von dem kleinen in dem § 5 erwähnten Laufe getrieben – haben auf das ganze Jahr hindurch notdurchftiges Wasser. Eine dieser Mahlmühlen »die unterste Mühle genannt« gehört dem Besitzer des Rittergutes Hohenhaus als Mannlehn, ist gegenwärtig aber dem Johann Heinrich George auf erhebliche Afterleihe übergeben.
Zum Zweck der Versammlung sämmtlicher Gemeindeglieder bei öffentlichen Bekanntmachungen ist ein kleiner Platz oben im Dorfe unter der Linde vor dem Schulhaus vorhanden.
Straßen und Thore sind hier nicht, außer einem alten Thore vor dem Hofe des Rittergutes Hohenhaus. Auch befindet sich auf diesem Hofe ein kleiner Thurm mit einer Uhr versehen. Im Dorfe ist kein Thurm, selbst auf der Kirche nicht. Zwei Wege sind im Dorfe, einer davon führt von Nesselröden nach Renda und geht durch’s ganze Dorf, der andere fängt oben im Dorfe an und führt nach Markershausen.
Die Gemarkung wird von einer Landstraße nicht berührt, eine Post ist daher in dem Orte nicht vorhanden. Der Durchgangsverkehr von Nesselröden nach Renda ist durchaus von keinem Belang.
Handel findet hier gar nicht statt. Auch sind die Gewerbe sehr gering und unbedeutend, drei Schneider, zwei Schreiner, ein Böttner, ein Korbmacher und einige Leineweber, welche letztere bloß Hausleinen verfertigen, sind dahier wohnhaft, indessen tagelohnen diese sämmtlichen Handwerker noch daneben. Alle übrigen Einwohner – außer den wenigen Ackerbauern – sind Taglöhner und nähren sich größtentheils vom Gute Hohenhaus.
Die Anzahl der Einwohner der Gemeinde Holzhausen einschließlich des Rittergutes Hohenhaus und des obersten Hasengartens ist gegenwärtig folgende:
47 Männer
54 Frauen
64 Söhne
68 Töchter
9 Knechte und
3 Mägde
überhaupt 245 Seelen
Darunter befinden sich an Acker- und Gewerbetreibenden
10 Ackerbauern 1 Böttner
1 desgleichen und Wirth 1 Korbmacher
2 Müller 1 Näherin
1 Oelmüller 24 Taglöhner
2 Schreiner 1 Hirte
3 Schneider 1 Schäfer
In hiesigem Ort ist eine Kirche ohne Thurm, worin eine kleine Glocke befindlich ist. Die Zeit deren Erbauung kann nicht angegeben werden Dieselbe ist seit der Reformation wenigstens ein Filial von der Mutterkirche zu Nesselröden …
Die Konfirmation findet alle 4 Jahre dahier statt, wenn wenigstens drei Confirmanden in Holzhausen sind.
An Invendarienstärke besitzt die riesige Kirche:
zwei zinnerne Weinkannen
einen vergoldeten silbernen Becher mit einem ebenfalls vergoldeten silbernen Palingen (Tellerchen) nebst einer Serviette unter diese letztere
eine zinnerne Taufschüssel
zwei Altar-Tücher, ein schwarzes und ein weißes
zwei Leichentücher, ein schwarzes und ein weißes
ein Opferbeutel
ein Korrock nebst einer Kormütze
zwei Bibeln – eine alte und eine neue
zwei Gesangbücher und eine kleine Kirchenordnung
Das Besoldungs-Einkommen des Pfarrers aus dem hiesigen Orte ist folgendes:
A. ständig, jährlich
– Vom Besitzer des Rittergutes Hohenhaus am Gründonnerstag – 1 Schock Eier
Von jeder Familie in Holzhausen an dem selben Tage – 3 bis 5 Stück Eier
Aus den Waldungen des Rittergutes Hohenhaus – 5 Klafter Buchen – Schnittholz à 6 Fuß im Würfel
B. unständig
1) für die Taufe
eines ehelichen Kindes 5 Silbergroschen – 4 Heller
eines unehelichen Kindes 1 Thaler
Dabei hat jeder Pathe ein Bretzel 4 bis 6 g an Werth zu geben.
Hospitaler und dergleichen Anstalten finden sich hier nicht vor. An milden Stiftungen sind folgende dahier vorhanden:
1) Ein ehemaliger Besitzer des hiesigen Rittergutes, Hofmarschall Trensch von Buttlar hat ein Grundkapital von 12000 Thaler zu einer milden Stiftung angelegt, mit der Bestimmung, daß hülfsbedurftige Diener, welche sich gut und treu betragen, durch Alter und Körperschwäche aber dienstunfähig geworden sind, vorzugsweise daraus unterstützt werden sollten.
