Horror Western 04: Der Fluch des Mexikaners - Ralph G. Kretschmann - E-Book

Horror Western 04: Der Fluch des Mexikaners E-Book

Ralph G. Kretschmann

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Beschreibung

In den Weiten des texanischen Llano Estacado treibt ein Monstrum sein Unwesen, gegen das keine gewöhnliche Waffe etwas ausrichten kann. Das ungleiche Duo Hardin und Jackson trifft auf einen Mann, der die Grenzen zwischen Wahrheit und Wahnsinn verschwimmen lässt. Ist er die Rettung oder das Verderben? Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch nur bei www_blitz-verlag_de erhältlich!!! Die Printausgabe des Buches umfasst 166 Seiten.

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Ralph G. Kretschmann

Der Fluch des Mexikaners

Ein Horror-Western

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerInnenillustration: Ralph G. KretschmannVignette: iStock.com/IMOGISatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-284-4Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Prolog

Eine gnadenlose Sonne brannte auf das ausgedörrte Land des Panhandle nieder. Hier gab es nichts als Sand, Steine und trockene Gräser. Nichts, für das es sich lohnen würde, diese unwirtliche Gegend zu durchqueren, die als Llano Estacado bekannt war. Niemand, der bei Sinnen war, kam hierher, es sei denn, er wollte sich vor dem Gesetz verstecken. Dieser Teil von Texas war so gut wie gesetzlos. Nicht einmal die viel gerühmten Ranger wagten sich in diese lebensfeindliche Umgebung, und ein Mann, der das Gesetz zu fürchten hatte, konnte hier ganz einfach verschwinden.

Two Shot hatte die Satteltaschen voll mit 10.000 Gründen, jeden Kontakt mit den Hütern der Ordnung zu meiden. Von Fort Chadbourne aus war er direkt nach Norden geritten, in den Llano hinein.

Er war nicht allein geritten. Wer eine Bank ausrauben will, sollte das nicht allein unternehmen. Joseph Smith, Longhorn Sam, Billy Bretlin und ein Mexikaner namens Rodriguez waren an seiner Seite gewesen und jeder von ihnen hatte gute 2.000 Dollar in der Tasche gehabt. Billy Bretlin war der Erste gewesen, der ins Gras gebissen hatte. Er hatte sich bei der Flucht aus Fort Chadbourne eine Kugel eingefangen und war nach ein paar Stunden Ritt einfach aus dem Sattel gefallen. Two Shot hatte ihm mit dem Messer den Rest gegeben, ohne dass die anderen es mitbekamen. Ein sauberer Stich ins Herz und Schluss! Sie hatten seinen Anteil an der Beute untereinander aufgeteilt.

Er hatte von vornherein vorgehabt, sich seiner Kumpane zu entledigen, aber sie hatten es ihm einfach gemacht. Nachdem Billy krepiert war, gerieten Smith und Longhorn Sam aneinander. Am Ende lag Smith tot am Boden und Sam war schwer verwundet worden. Smiths Kugel hatte ihn in den Bauch getroffen. In der Nacht hatte Two Shot der Sache ein Ende bereitet und Longhorn Sam die Kehle durchgeschnitten. Er hätte die Nacht ohnehin nicht überlebt ...

Blieb nur noch der Mexikaner, den Two Shot loswerden musste. Und dann hatte er dagestanden, in der einen Hand die Zügel von zwei Pferden, in der anderen seinen Revolver und vor dem Lauf wartete Rodriguez darauf, dass er den Zeigefinger krümmte.

„Du bist ein Scheißkerl, Two Shot. Ich verfluche den Tag, an dem ich dich getroffen habe! Ich verfluche dich!“, hatte er gesagt.

Der Mexikaner hatte ausgespien, wild herumgefuchtelt und ein paar Worte in Spanisch hinzugefügt. Two Shot sprach kein Spanisch.

„Wenn du das sagst, Hombre!“

Sein Zeigefinger hatte den Abzug durchgezogen, der Hammer hatte auf das Zündhütchen der Patrone geschlagen und die Kugel aus dem Lauf getrieben. Sofort hatte der Daumen den Hahn wieder gespannt und Two Shot hatte die zweite Kugel hinterher gejagt. Die Geschosse hatten Rodriguez in die Stirn getroffen. Er war sofort tot. Two Shot hatte ihm seinen Anteil abgenommen und den Toten liegen lassen, wo er hingefallen war. Der Sheriff und seine Posse würden ihn vielleicht finden. Vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich eher nicht! Hier draußen, im Panhandle, war nichts leicht zu finden!

Two Shot, der eigentlich Liam Burgess hieß, hatte seinen Weg fortgesetzt, hinein in den Llano Estacado. Die Pferde trugen genug Proviant, um es ein paar Wochen lang in der Einöde aushalten zu können. Nur so lange, bis Gras über die Sache in Fort Chadbourne gewachsen war und der Sheriff nicht mehr nach ihm suchte. Was konnte ihm schon passieren? Er und die anderen waren maskiert gewesen und er selbst hatte sogar seine Kleidung und sein Pferd gewechselt.

Two Shot ritt in die Halbwüste hinaus, die Taschen voller Geld und mit genug Whiskey und Tequila ausgestattet, dass er die Saloons eine ganze Weile lang nicht vermissen würde. Was kümmerten ihn die Toten, die er hinter sich ließ. Sie hätten sich eben nicht erschießen lassen dürfen!

Kapitel 1 – Ein Anfang ist auch ein Ende

Barter war nicht die Stadt, die Hardin sich nach den Beschreibungen vorgestellt hatte. Der Ort lag im Nirgendwo im Pfannenstiel von Texas und mehr als einen schäbigen Saloon hatte er nicht erwartet. Umso angenehmer die Überraschung, ein Badehaus und sogar ein Restaurant vorzufinden! Aber bevor er sich ein Zimmer suchte, stellte er seinen Braunen unter und genehmigte sich ein kaltes Bier, um sich den Staub aus der Kehle zu spülen. Der Staub auf seiner Kleidung konnte warten.

Der Saloon war ein langgezogener Holzbau mit einer aufragenden Holzfassade, auf der in verzierten Buchstaben der Name Golden Nugget prangte. Hardin suchte sich einen abgelegenen Tisch, setzte sich und genoss den bitteren Gerstensaft.

Nachdem sie Fillmore verlassen hatten, waren sie nach Süden geritten. Es gab da noch etwas, was Jackson in Kalifornien zu erledigen hatte, weshalb sie sich getrennt hatten. Hardin mochte dieses Kalifornien nicht. Vielleicht war es das Meer, das das Land begrenzte, vielleicht das ewig gleiche Wetter, er konnte es nicht an irgendetwas festmachen. Er mochte Kalifornien einfach nicht. Also war Jackson allein weitergeritten und Hardin hatte mit ihm verabredet, dass sie sich in Tucson treffen würden. Als Hardin in Tucson eintraf, stellte er erstaunt fest, dass seit seinem letzten Aufenthalt eine Nachricht auf ihn wartete. Der Barkeeper erinnerte sich an ihn und übergab ihm einen versiegelten Umschlag, der hier für ihn hinterlegt worden war.

Hardin hatte in den letzten Wochen Dinge erlebt, die er nicht für möglich gehalten hatte, bevor sie ihm zugestoßen waren, und dieser Brief gehörte mit Sicherheit zu diesen Dingen. Auf den Umschlag war mit einer sauberen Handschrift sein Name geschrieben worden. Ebenfalls stand darauf der Name dessen, der diesen Brief abgesandt hatte.

Doc Elliot.

Ein Lächeln hatte Hardins Mundwinkel umspielt, als er den Umschlag geöffnet hatte. Doc Elliot. Der Mann, der ihm den Colt Walker gegeben hatte, den er nun an der Hüfte trug. Den Colt, der alles tötete, selbst das, was schon tot war. Der Mann, den es nicht gab. Der Mann, der ein Geist war. Hardins Mentor.

Was Doc Elliot war, oder wer er war oder gewesen war, wusste Hardin nicht. So, wie es aussah, war der Doc tot. Und niemand sah ihn oder hatte ihn gesehen, denn Doc Elliot war tot und lag auf dem Friedhof von Fillmore. Hardin hatte sein Grab gesehen ...

Der Umschlag enthielt ein beschriebenes Blatt und einen Zettel mit einer Zeichnung. Hardin las.

Der Brief war an Doc Elliot gerichtet. Er war von einem Mexikaner, der nach seinem Bruder suchte und Elliots Hilfe anforderte, weil dieser Bruder ein Houngan war, ein Voodoo-Priester, ebenso wie der Mexikaner selbst auch. Der Mann schrieb, er habe gespürt, dass sein Bruder zu einem Bocore geworden sei, zu einem bösen Voodoo-Priester, und dass er nun tot sei. Der Mexikaner bat Elliot, ihm zu helfen, den Bruder zu finden, um ihn zu erlösen.

Auf dem Zettel war ein seltsames Symbol aufgezeichnet, das Hardin nicht im Entferntesten bekannt vorkam.

Hardin hatte während des Krieges schon von Voodoo gehört. Unten, in Louisiana, auf den Baumwollfeldern. Die Sklaven, die sie befreit hatten, als er in der Unionsarmee diente, hatten von Voodoo geredet. Er hatte nie zugehört. Was ging ihn der Aberglaube der Schwarzen an?

Jetzt wusste er es besser. Aberglaube war das mitnichten.

Hardin faltete den Zettel und das Schreiben zusammen und schob sie in seine Tasche. Sein Bier war getrunken und es war an der Zeit, sich ein Zimmer zu suchen.

„Señor Elliot?“

Die Stimme war rau und das rollende r sagte Hardin, dass der Sprechende Mexikaner war.

„Nein. Mein Name ist Hardin. Elliot schickt mich“, erwiderte Hardin. Er ahnte schon, worauf diese Sache hinauslief, und dem Mann, der ihn angesprochen hatte, den Sachverhalt zu erklären, wäre verschwendete Zeit und auch nicht nötig.

„Ich hatte mit dem berühmten Doc Elliot gerechnet, Señor Hardin. Deinen Namen habe ich noch nie gehört.“

„Dann geht’s dir wie mir. Ich habe deinen Namen auch nicht gehört“, seufzte Hardin und sank zurück auf den Stuhl, von dem er sich eben hatte erheben wollen.

„Ich bitte um Entschuldigung!“

Der Mexikaner trat einen Schritt zurück, deutete eine Verbeugung an und nahm seinen Hut ab.

„Rodrigo Rodriguez, Señor!“

Hardin musste sich ein Grinsen verkneifen. Er deutete auf den freien Stuhl an seinem Tisch.

„Setz dich, Mister Rodriguez und erzähl mir, was ich für dich tun kann!“

Er winkte dem Barkeeper zu und bedeutete ihm, zwei Bier zu bringen. Rodriguez nahm Platz und seinen Hut ab, einen flachen mit breiter, gerader Krempe, wie ihn die Vaqueros bevorzugten, die mexikanischen Rinderhirten. Er bot nicht so viel Schatten wie ein Sombrero, aber behinderte nicht beim Umgang mit dem Lasso.

Der Keeper brachte die Biere und Hardin zahlte.

Er nahm sein Glas und prostete Rodriguez zu.

„Erzähl!“, forderte er den Mexikaner auf.

„Was weißt du von Voodoo, Señor Hardin?“, fragte Rodriguez leise.

„Genug, um daran zu glauben“, antwortete Hardin und das entsprach sogar der Wahrheit.

„Das ist gut!“

Rodriguez nickte.

„Das ist sehr gut! Mein Bruder und ich, wir sind ... wir beide glauben an die Voodoo-Götter! Unser Vater war Mexikaner, Señor, meine Mutter stammte aus New ­Orleans. Wir sind mit Voodoo aufgewachsen. Es ist kompliziert ... du musst wissen, dass wir verbunden sind, mein Bruder und ich! Wir fühlen, wie es dem anderen geht, verstehst du?“

Hardin nickte nur und schwieg.

„Es ist ein paar Wochen her, da habe ich gefühlt, dass er Angst hatte, mein Bruder ... und dann wurde er ... Bocore! Wie soll ich sagen? Er wurde ein böser Geist! Und dann war er fort! Ich konnte ihn nicht mehr spüren. Er ist tot.“

„Tut mir leid, Mister!“

„De nada! So ist das Leben. Es endet. Aber ich mache mir Sorgen um die Seele meines Bruders, Señor Hardin. Verstehst du?“

„Du willst also, dass ich mit dir in den Llano hinausreite, um deinen Bruder zu suchen, Mister Rodriguez, richtig?“, fasste Hardin zusammen. „Du weißt, wie es da draußen aussieht? Dort jemanden zu finden, von dem man nicht einmal ansatzweise weiß, wo man suchen muss, ist ein höllisches Unterfangen!“

Rodriguez nickte.

„Aber ich weiß, wo wir ihn finden werden. Ich sagte doch, ich habe eine besondere Verbindung zu meinem Bruder! Doc Elliot hatte geschrieben, er wäre bereit, mich zu unterstützen.“

Hardin leerte sein Glas und betrachtete den schlanken Mann mit dem scharf geschnittenen Gesicht, der vor ihm saß. Elliot hatte Hilfe zugesagt. Das setzte ihn auf eine unausweichliche Weise unter Zugzwang.

„Warum Elliot? Jeder gute Fährtensucher wäre ­geeigneter!“, fragte er nach einigen Minuten des Schweigens.

„Wegen dem, was geschehen sein kann. Es heißt, Elliot kann etwas ausrichten, wo andere es nicht vermögen. Möglicherweise wird es nötig sein, auf diese Fähigkeiten zurückgreifen zu müssen“, antwortete Rodriguez ernst.

„Wegen dem, was aus deinem Bruder geworden sein könnte?“, hakte Hardin nach, aber Rodriguez schüttelte den Kopf.

„Wegen dem, was er ausgelöst haben könnte.“

Hardin schob seinen Stuhl zurück und erhob sich.

„Nun gut, dann gehen wir deinen Bruder suchen, Mister Rodriguez! Aber erst, nachdem ich ein Bad ­genommen und etwas Vernünftiges gegessen habe. Morgen ist früh genug, um aufzubrechen, denke ich.“

„Gracias, Señor! Ich habe ein Zelt nördlich der Stadt aufgeschlagen. Du wirst mich finden!“

„Morgen früh, gegen neun!“

Hardin tippte an die Hutkrempe und ging. Alles, was er wollte, war ein Bad, saubere Sachen und ein dickes Steak.

Kapitel 2 – Durst

Er konnte kein Wasser finden. Natürlich nicht, hier im Llano Estacado gab es keine Flüsse, keine Seen. Die Sonne ließ jede Feuchtigkeit sofort verdunsten. Und sie ließ Two Shot austrocknen. Nachdem seine Wasser­flaschen leer getrunken waren, hatte er sich an den Schnaps gehalten, aber Alkohol löscht den Durst nicht.

Das Packpferd brach zusammen und er war gezwungen, den restlichen Proviant auf sein Reittier umzuladen. Am folgenden Tag starb auch dieses. Two Shot schleppte sich weiter, Schritt für Schritt, in der Hoffnung, auf irgendjemanden zu treffen. In der Hoffnung auf Rettung. Er ließ immer mehr seiner Sachen zurück, stolperte weiter, bis er zum Schluss nur noch die Beute aus dem Bankraub mit sich schleppte.

Die Zunge war geschwollen und klebte an seinem Gaumen, die Haut war wie Pergament und die Sonne kannte keine Gnade. Weiter! Nicht aufgeben, sagte er sich immer wieder. Solange du atmest, gibt es Hoffnung auf Rettung.

Die Nacht kam und er fiel in einen von Albträumen zerrissenen Schlaf. Der Morgen weckte ihn mit sengender Hitze nach einer kalten Nacht unter den Sternen, für die Two Shot kein Auge hatte.

Er quälte sich weiter. Ein Schritt, zwei Schritte, drei Schritte. Die Stiefel schlurften nur noch durch den Sand. Ihm fehlte schon lange die Kraft, die Füße anzuheben. Schritt ... Schritt ... Schritt.

Der Kadaver des Pferdes ließ ihn in die Knie gehen. Vor ihm lag der verwesende Körper seines Packpferdes. Er war im Kreis gelaufen ...

Er hätte geweint, aber da waren keine Tränen mehr. Und die texanische Sonne brannte weiter sengend auf den Panhandle herab. Two Shot klammerte sich an die Satteltaschen mit den 10.000 Dollar und sackte im Sand zusammen. Ihm wurde schwarz vor Augen, kleine Sterne tanzten vor ihm und dann blieb sein Herz stehen. Er konnte fühlen, wie es zu schlagen aufhörte.

Two Shot schloss seine Lider und erwartete den Tod.

Er lag da und der leise Wind wehte Sand über ihn und das tote Pferd neben ihm. Die Satteltaschen entglitten seinen toten Händen und die Dollarnoten fielen heraus und der Wind nahm sie und verteilte sie in der ausgedörrten Landschaft.

Tod.

Two Shot fiel in ein schwarzes Loch ...

Da war ein Licht in der Finsternis. Ein heller Fleck. Der Fleck wuchs, wurde größer und eine Gestalt schälte sich aus dem Schwarz und die Gestalt trug einen ­Zylinder, aber sie hatte kein Gesicht. Da waren nur Knochen. Weiße Knochen, von der Sonne gebleicht und der Totenkopf bleckte die Zähne und lachte.

„Du nicht!“

Die Worte hallten durch Two Shot wie Schwingungen durch eine angeschlagene Glocke und etwas riss ihn zurück.

Two Shot öffnete die Augen und er erkannte, dass er nicht mehr lebte.

Aber er war auch nicht tot. Der Tod blieb ihm verwehrt. Er würde nicht sterben ... aber er würde auch nicht leben. Sein Herz schlug nicht mehr. Er atmete nicht mehr. Er spürte die Sonne nicht mehr auf der verbrannten Haut.

Und die Wüste um ihn herum wurde zu einem Garten. Es war der Garten des Todes und er war sein Gärtner.

Kapitel 3 – Wo einst ein Ort gewesen ...

Horace Jackson hatte in Kalifornien seine Angelegenheiten geregelt. An der Westküste war es kein großes Ding, wenn ein Mann schwarz war, im Gegensatz zum Osten. Da konnte ein Schwarzer gar nicht vorsichtig genug sein und die Weißen ließen nicht zu, dass ein Nigger etwas erreichte. Der Westen war da anders. Hier konnte ein Mann zeigen, was er wert war, egal, welche Farbe seine Haut hatte. Die Hälfte der Cowboys war schwarz und selbst die Indianer respektierten einen Schwarzen, wenn er zeigte, dass er ein Mann war.

Jackson war zudem kein ungebildeter Mensch. Er hatte sich selbst nie als Nigger gesehen, wie er es oft bei den Farbigen gesehen hatte, die aus dem Süden der Vereinigten Staaten stammten. Er war Kanadier und frei geboren. Er hatte eine gute Ausbildung erhalten und sprach mehrere Sprachen.

Natürlich bedeutete das alles nichts, wenn ein Sklavenhalter die Mündung seines Gewehrs auf einen richtete. Jackson hatte solche Typen erlebt, denen es gar nicht gefallen hatte, dass da ein Nigger kam, der schlauer zu sein schien als sie selbst.

Aber es gab auch andere Weiße. Männer, die nicht die Hautfarbe sahen, sondern den Menschen darunter.

Solch einen Mann hatte er vor einigen Monaten getroffen. Einen Mann, der ihn nahm, wie er war. Schwarz, gebildet, erfahren. Der Mann, den er bald wiedersehen würde.

Hardin hatte im Sezessionskrieg für den Norden gekämpft, obwohl er aus dem Süden stammte, und kannte keine Vorurteile. Und er hatte Jackson Welten gezeigt, die dieser nicht für möglich gehalten hatte. Da war mehr zwischen Geburt und Tod, als Jackson gedacht hatte.

Hardin hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen, dass er ihn in einem Ort mit dem Namen Barter treffen würde. Der Wegbeschreibung folgend lag dieser Ort im texanischen Panhandle, dem Llano Estacado, irgendwo im Nirgendwo.

Jackson hatte sich in Fort Chadbourne, Texas, mit Vorräten und Munition eingedeckt, bevor er sich in die unwirtliche Gegend im Norden von Texas aufgemacht hatte. Hardins Wegbeschreibung war recht präzise. Der Ort, an dem er ihn treffen wollte, nannte sich Barter. Jackson fand es seltsam genug, dass es dort draußen einen Ort geben sollte, denn im Panhandle gab es nichts außer Weite, Leere und Dürre.

Der Ritt war einsam. Nichts um ihn herum war es Wert, bemerkt zu werden. Da waren nur der Sand, das Gras und der ewig wehende Wind unter einem weiten, blauen Himmel, über dem eine sengende Sonne strahlte.

Was es nicht gab, war eine Stadt.

Jackson hatte keine Schwierigkeiten, der Wegbeschreibung Hardins zu folgen, doch was er dort vorfand, wohin in die Beschreibung führte, war eine verlassene Post­station. Der Holzbau war verwittert und die Farbe abgeblättert, aber über der Tür konnte Jackson auf dem Schild noch die Schrift entziffern. Stagecoach stand dort und darunter, etwas kleiner geschrieben Barter & Hardware. Tausch und Handel.

Immerhin bot der Holzbau Schatten und Schutz vor dem stetig wehenden Wind. Die Tür hing zwar schief in den Angeln, ließ sich aber richten und schloss dann sogar halbwegs. Jackson richtete sich ein, so gut es ging. Er war früher als gedacht angekommen und es konnte sein, dass er einige Tage auf Hardin würde warten müssen.

Der Brunnen hinter der verlassenen Station war tief, führte aber wirklich Wasser, das zwar schlammig war, aber durchaus geeignet, um Jacksons Pferd zu tränken, nachdem der Schmutz sich gesetzt hatte.

In der Hütte, denn viel mehr war diese Poststation nie, fand Jackson einen Tisch, der zusammenbrach und einen Stuhl, der seinem Gewicht standhielt. Er stellte ihn in die offene Tür, setzte sich und betrachtete den Sonnenuntergang, der den Llano in orangefarbenes Licht tauchte.

Jackson genehmigte sich einen Drink aus seinem mitgebrachten Vorrat, rauchte einen seiner dünnen Zigarillos und dachte über die Erlebnisse der letzten Wochen nach. Er war immer ein Mann der Wissenschaften gewesen. Wissen war ihm wichtiger als Glauben. Aber Chemie und Physik halfen ihm nicht weiter, wenn es um Geister ging. Noch vor wenigen Monaten hätte er jedem, der behauptete, dass es Gespenster wirklich gebe, einen Trottel genannt. Wenigstens!

Aber nachdem er einem Geisterreiter gegenübergestanden hatte, war er sich seiner Sache nicht mehr ganz so sicher. Da war noch mehr, als es sich der wissenschaftlich orientierte Mensch vorstellte. Es gab Geister. Es gab Gespenster. Was gab es noch alles? Vampire? Ghoule? Jackson fragte sich, was es mit den ganzen Religionen auf sich hatte, mit Jesus, mit Buddha und all den anderen, die von den Menschen in Ost und West angebetet wurden. Er war mit den Geschichten von Jesus aufgewachsen. Seine Eltern waren gläubig, aber Kanada war nicht eben das Land des Glaubens. Man stritt sich eher um die Frage, ob man Englisch oder Französisch sprach. Jackson hatte zur Sicherheit beide Sprachen erlernt. Und ein paar andere mehr, nachdem er festgestellt hatte, dass ihm das Erlernen von Sprachen nicht eben schwerfiel.

Aber ... wenn es so etwas wie den Geisterreiter gab, der nichts mit dem Christentum und der Bibel zu schaffen hatte, was war dann mit dem Glauben an die Kirche? War sie wirklich, was sie vorgab zu sein?

---ENDE DER LESEPROBE---