How To Find A Fallen Star (New York Magics 2) - Lily S. Morgan - E-Book

How To Find A Fallen Star (New York Magics 2) E-Book

Lily S. Morgan

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Beschreibung

Ein schlaues Irrlicht und ein Agenten-Dämon zwischen Feindschaft, Leidenschaft und einer alles in den Schatten stellenden Mission. Endlich hat sich Special Agent Marlon Heaton seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt und Arlyn Dorell, die beste Diebin New Yorks, hinter Gitter gebracht. Doch auch eingesperrt ist das Irrlicht dem Dämon mehrere Schritte voraus und vermag ihn von einer schockierenden Theorie zu überzeugen. Eine Verschwörung auf höchster Ebene droht, das ohnehin schon fragile Verhältnis zwischen Magics und Menschen zu zerstören. Nur, wenn sie den letzten gefallenen Stern rechtzeitig finden, kann das Schlimmste verhindert werden. Doch dafür müssen Marlon und Arlyn ihr ganzes Wissen über die Magics zusammenlegen und gemeinsam ermitteln. Dabei fliegen die Funken zwischen ihnen – begleitet von Gefühlen, die sich kaum noch unterdrücken lassen … Die Enemies To Lovers Romance Fantasy von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Lily S. Morgan ist das große Finale der knisternden »New York Magics«-Dilogie! Alle Bände der »New York Magics«-Dilogie: How To Catch A Magical Light (Band 1) How To Find A Fallen Star (Band 2) Die zwei Bände sind keine Standalones und bauen aufeinander auf.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Lily S. Morgan

How To Find A Fallen Star (New York Magics 2)

Ein schlaues Irrlicht und ein Agenten-Dämon zwischen Feindschaft, Leidenschaft und einer alles in den Schatten stellenden Mission.

Endlich hat sich Special Agent Marlon Heaton seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt und Arlyn Dorell, die beste Diebin New Yorks, hinter Gitter gebracht. Doch auch eingesperrt ist das Irrlicht dem Dämon mehrere Schritte voraus und vermag ihn von einer schockierenden Theorie zu überzeugen. Eine Verschwörung droht, das ohnehin schon schlechte Verhältnis zwischen Magics und Menschen zu zerstören. Nur wenn sie den letzten gefallenen Stern finden, kann das Schlimmste verhindert werden. Doch dafür müssen Marlon und Arlyn ihr ganzes Wissen über die Magics zusammenlegen und gemeinsam ermitteln. Dabei fliegen die Funken zwischen ihnen – begleitet von Gefühlen, die sich kaum noch unterdrücken lassen …

Die Forced Proximity Romance Fantasy von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Lily S. Morgan ist das Finale der knisternden »New York Magics«-Dilogie.

Wohin soll es gehen?

Vita

»New York Magics«-Stadtplan

Buch lesen

Danksagung

Schauplatz »Libby« (die magische Bibliothek)

Content Note

© privat

Lily S. Morgan wurde 1990 in Heidenheim geboren und entdeckte früh ihre Liebe zum geschriebenen Wort. Wenn sie nicht mit Romanfiguren diskutiert, durch fiktive Welten wandert oder auf ihrem bekannten Instagram Account »lilys.wortwelt« über Bücher bloggt, dann streift sie mit ihrer Hündin Maja durch den Wald. Ihr Fantasy-Debüt »City of Burning Wings« erklomm auf Anhieb die SPIEGEL-Bestsellerliste.

VORBEMERKUNG FÜR DIE LESER*INNEN:

Liebe*r Leser*in,

dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte. Aus diesem Grund befindet sich hier eine Triggerwarnung. Am Romanende findest du eine Themenübersicht, die demzufolge Spoiler für den Roman enthält.

Entscheide bitte für dich selbst, ob du diese Warnung liest. Gehe während des Lesens achtsam mit dir um. Falls du während des Lesens auf Probleme stößt und/oder betroffen bist, bleib damit nicht allein. Wende dich an deine Familie, Freunde oder auch professionelle Hilfestellen.

Wir wünschen dir alles Gute und das bestmögliche Erlebnis beim Lesen dieser besonderen Geschichte.

Lily und das Carlsen-Team

FÜR MAMA.

DANKE, DASS DU SO HARTNÄCKIG WARST.

OHNE DICH HÄTTE ICH WEDER ANGEFANGEN ZU LESEN NOCH MIR GESCHICHTEN AUSZUDENKEN.

1. KAPITEL

Sichtbarkeit hat einen großen Nachteil: Wenn ich mir heimlich Zutritt zum Büro der Gefängnisdirektorin verschaffen will, kann ich nicht einfach an den Wachen vorbeispazieren und vor der Tür warten, bis sie jemand für mich öffnet.

Nein, ich brauche einen gut durchdachten Plan, ein exzellentes Ablenkungsmanöver und einen Dietrich, um mein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Deshalb habe ich in den letzten Tagen auch akribisch die Abläufe im Hudson County unter die Lupe genommen. Inzwischen weiß ich nicht nur, wann die Wachablösungen stattfinden und welche Ecken besonders streng von Kameras überwacht werden, sondern habe auch die Insassinnen ausfindig gemacht, die verbotene Gegenstände schmuggeln. Und genau diese Erkenntnisse werde ich mir jetzt zunutze machen.

Kalter Wind peitscht mir ins Gesicht und kleine Steine knirschen unter meinen Sohlen, als ich den Gefängnishof betrete, der von stacheldrahtgekrönten Mauern umgeben ist. Dabei halte ich nach Gibbs, einem Wärter mit Adlernase, Ausschau, der mich seit meiner Ankunft vor sechs Tagen kaum aus den Augen lässt. Doch zum Glück kann ich ihn gerade nirgends entdecken.

Stattdessen stehen andere Wachmänner auf dem Platz, die mit Schutzwesten und Waffengürteln ausgestattet die Inhaftierten beobachten. Allzeit bereit, sofort einzuschreiten, wenn mal wieder jemand gegen die Regeln verstößt.

Gespielt lässig schiebe ich die Hände in die Hosentaschen meines orangefarbenen Overalls und gebe mir Mühe, möglichst unschuldig auszusehen. Ganz so, als hätte ich nicht vor, gleich einen Gegenstand zu beschaffen, dessen bloßer Besitz mir verdammt großen Ärger einhandeln könnte.

Langsam setze ich mich in Bewegung und schlendere über den Hof des Untersuchungsgefängnisses. Begleitet vom Hupen und Sirenengeheul New Yorks, das über die Mauer schallt. Doch obwohl ich mich mitten in der Stadt befinde, in der alles nur so vor Lichtern und Farben erstrahlt, kommt es mir vor, als wäre ich auf einem anderen Planeten gestrandet. Einem, auf dem weder Bäume wachsen noch Unkraut oder auch nur ein einziger Grashalm. Dafür umgeben mich meterhohe Betonwände, Gitter und Sicherheitstüren, deren Farbpalette lediglich dreckige Grautöne umfasst. Ja, selbst die Pampe, die sich Essen schimpft und schmeckt, als wäre sie zu Tode gekocht und anschließend vorverdaut worden, sieht nahezu identisch aus. Die einzigen Kontraste bilden die blauen Uniformen des Wachpersonals und die grässlichen Overalls, die verflixt viel Ähnlichkeit mit unförmigen Kartoffelsäcken haben.

Missmutig gehe ich gerade an anderen Inhaftierten vorbei, als neben mir plötzlich jemand »Bist du wirklich das Phantom?« raunt.

Verstohlen schaue ich mich um und entdecke mehrere Elfen, die mich neugierig mustern.

Ohne eine Miene zu verziehen, setze ich meinen Weg fort. So, wie ich es auch in den letzten Tagen getan habe, wenn ich gefragt wurde, ob ich New Yorks berüchtigtste Diebin bin, die geschnappt wurde, weil sie so unverfroren war und sich als MBI-Agent ausgegeben hat.

Mir ist zwar nicht ganz klar, wie die Vorwürfe, die zu meiner Verhaftung geführt haben, so schnell im Hudson County publik werden konnten, aber ich habe weder vor, sie zu bestätigen, noch sie zu dementieren. Stattdessen werde ich die begrenzte Zeit meines täglichen Hofgangs nutzen, um zwei Insassinnen einen kurzen Besuch abzustatten.

Entschlossen steuere ich den östlichen Bereich des Platzes an, wo meine Zielpersonen für gewöhnlich ihre Freistunden verbringen, als ich einen Wärter bemerke, der nicht weit entfernt aus einem der angrenzenden Gebäude tritt.

»Verdammt«, entfährt es mir leise, denn bei der breitschultrigen Gestalt handelt es sich um niemand anderen als Gibbs.

Schnell schaue ich mich nach einem Versteck um, doch sein Blick richtet sich sofort auf mich. Als würde ein Pfeil in Neonfarben über meinem Kopf schweben, der ihn grell blinkend auf meinen aktuellen Standort hinweist.

Fest darauf hoffend, dass er seine Aufmerksamkeit einer anderen Inhaftierten widmet, ändere ich die Richtung und spaziere an mehreren grünhaarigen Sirenen vorbei, die Ärger anziehen wie Motten das Licht. Doch ausgerechnet heute sind sie natürlich die Friedfertigkeit in Person und ich kann bereits nach wenigen Sekunden das markante Quietschen von Gibbs’ Stiefeln hinter mir hören.

Na toll.

Ich beschleunige mein Tempo, schlängle mich an mehreren Trollen vorbei und passiere das Basketballfeld, auf dem sich einige Gestaltenwandlerinnen die Zeit vertreiben.

Aber Gibbs lässt sich nicht abhängen.

Im Gegenteil.

Seine schweren Schritte verfolgen mich wie ein trampelnder Schatten, der sich an meine Fersen geheftet hat.

Ich knirsche mit den Zähnen, denn seine Anwesenheit kann ich im Moment wirklich nicht gebrauchen. Seit ich verhaftet wurde, ist es mir bisher nämlich nicht gelungen, Rose und Bo von dem Telefonat zu erzählen, das ich zufällig in Agent Moores Büro belauscht habe, als ich unsichtbar meine Kündigung einreichen wollte. Deshalb wissen sie weder, dass der Leiter des New Yorker MBI gemeinsam mit Spellproof Solutions einen der mächtigsten Drachen New Yorks dazu gebracht hat, die Kontrolle über seine Magie zu verlieren, noch dass er höchstwahrscheinlich der Feuerteufel ist. Der Mann, der uns angedroht hat, die Magic Library in Flammen aufgehen zu lassen, wenn wir ihm nicht ein wertvolles Tagebuch aus der Asservatenkammer stehlen.

Schon bei dem Gedanken an Libbys brennende Buchseiten rast flammender Zorn durch meine Adern. Vermischt sich mit der quälenden Sorge, was Agent Moore meinen Freundinnen antun könnte, während ich hinter dicken Mauern versauere.

Zwar wäre es möglich, sie über das Häftlingstelefon zu warnen, aber ich bin mir todsicher, dass jedes Gespräch abgehört und zurückverfolgt wird. Und damit würde ich sie direkt ins Fadenkreuz der Behörden katapultieren. Darum bleibt mir nichts anderes übrig, als ins Büro der Direktorin zu schleichen, um heimlich ihren Apparat zu benutzen. Das ist allerdings unmöglich, wenn mich Gibbs auf Schritt und Tritt verfolgt.

Frustriert gehe ich an diversen Tischen vorbei, an denen mehrere Insassinnen Karten spielen, und überlege fieberhaft, wie ich den nervtötenden Wärter am schnellsten loswerden kann. Doch mir fällt nichts ein – außer die Flucht nach vorne.

Die Lösung ist zwar nicht optimal, weil ich damit unliebsame Aufmerksamkeit errege, aber ich kann es mir nicht leisten, noch mehr Zeit zu verlieren. Und da meine Zielpersonen leider in einem anderen Zellentrakt untergebracht sind, ist der Hof die einzige Möglichkeit, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen.

Ich hole tief Luft, setze das unschuldigste Lächeln auf, das ich zustande bringe, und drehe mich zu dem Wärter um. »Mr Gibbs, kann ich Ihnen helfen?«, frage ich den schrankhohen Kerl, der gerade noch abbremsen kann, bevor er mich über den Haufen rennt.

»Wie kommen Sie denn darauf?« Überrumpelt schaut er mit aufgerissenen Augen auf mich herunter, während seine dunkelblauen Iriden mich an einen ganz bestimmten Dämon erinnern, an den ich jetzt lieber nicht denken will.

»Sie laufen mir seit Tagen hinterher. Deshalb dachte ich, es gibt vielleicht ein Problem.« Ich versuche, nicht zu laut zu reden, aber trotzdem recken die Umstehenden bereits neugierig die Hälse. Wie immer, wenn etwas Ungewöhnliches passiert, das den sterbenslangweiligen Gefängnisalltag ein klein wenig interessanter werden lässt.

»Das ist mein Job.«

Natürlich. Ich schlucke die sarkastische Antwort herunter, die mir auf der Zunge brennt.

»Und warum erhalte ich von Ihnen dann wesentlich mehr Aufmerksamkeit als alle anderen?«, frage ich betont freundlich, damit er keinen Verdacht schöpft und womöglich auf den völlig absurden Gedanken kommt, ich könnte ihn loswerden wollen.

»Weil Sie etwas im Schilde führen.«

Wie zur Hölle kommt er denn auf die Idee?

»Da muss ich Sie leider enttäuschen. Ich bin nur hier, um mir die Beine zu vertreten, bevor es regnet«, erkläre ich und deute mit dem Zeigefinger zum Himmel, an dem dunkelgraue Wolken wie düstere Vorboten aufziehen.

»Geben Sie sich keine Mühe.« Gibbs schürzt die schmalen Lippen. »Sie planen etwas, da bin ich mir absolut sicher.«

Verflixt. Bin ich inzwischen etwa für jeden dahergelaufenen Wärter wie ein offenes Buch zu lesen?

Ich kräusle die Nase. »Und was soll das Ihrer Meinung nach sein?«

Er zuckt mit den Schultern. »Wer weiß schon, was in Ihrem Kopf vor sich geht. Aber wenn ich raten müsste, würde ich auf einen Ausbruch tippen.«

Mein Blick zuckt zu der Mauer hinter ihm. Natürlich habe ich nach meiner Ankunft kurz darüber nachgedacht, das Weite zu suchen. Allerdings ist mir schnell klar geworden, dass das keine gute Idee ist. Nicht nur, weil die Barriere sehr hoch ist und in regelmäßigen Abständen von Wachtürmen abgelöst wird, sondern auch, weil alle Ausgänge mit der neusten Technik und exzellenter Schutzmagie gesichert sind, die ich unmöglich überwinden kann. Vor allem nicht mit den magieblockierenden Armreifen, die mir nach meiner Verhaftung angelegt wurden und jegliche Nutzung meiner Kräfte unterbinden.

Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Nein, zu allem Überfluss können die runengravierten Silberschellen nur mit einem speziellen Schlüssel entfernt werden, der für mich unerreichbar ist.

»Sie sehen Gespenster«, sage ich, denn selbst wenn es mir gelänge, alle Hürden zu meistern, würde ich nicht verschwinden. Schon gar nicht, solange ich nicht endgültig verurteilt bin und wenigstens der Hauch einer Chance besteht, der grässlichen Lage auf halbwegs legalem Weg zu entkommen.

»Möglich.« Gibbs schneidet eine Grimasse, bei der seine Adlernase überdeutlich hervortritt. »Aber Special Agent Heaton hat uns ausdrücklich vor Ihren Spielchen gewarnt.«

Aha. Daher weht also der Wind. Ich bemühe mich, das unangenehme Ziehen in meiner Brust zu ignorieren. Genau wie jeden noch so kleinsten Gedanken an Marlon. Den Dämon, der beim MBI, dem Magical Bureau of Investigation, mein Partner gewesen ist. Zumindest so lange, bis er herausgefunden hat, dass ich eine Betrügerin bin, die nie auf der MBI-Academy war, sondern sich mit gefälschten Zeugnissen in seiner Abteilung eingeschlichen hat.

Allein die Erinnerung an seinen eiskalten Blick, bevor er mich verhaftet hat, lässt meine Eingeweide rebellieren. Nicht nur, weil ich meinen Erzfeind inzwischen möglicherweise etwas lieber mag, als gut für mich ist, sondern auch, weil der Sturkopf mir kein Wort über die Verwicklung von Agent Moore in den Spellproof-Solutions-Fall glauben wollte. Und auch nicht, dass sein Chef ihn beseitigen will, damit er nicht weiter im Spellproof-Fall ermitteln kann.

»Deshalb werde ich Sie nicht aus den Augen lassen und jeden noch so kleinsten Regelverstoß in Ihrer Akte vermerken«, fügt Gibbs hinzu.

»Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Ich vergrabe die Fingernägel in den Handflächen und versuche mich auf die Gegenwart zu konzentrieren, denn solange keine Zeitmaschine vom Himmel fällt, kann ich an der Vergangenheit sowieso nichts ändern.

Gibbs öffnet den Mund, doch bevor ein weiteres Wort seine Lippen verlassen kann, ertönt ein lang gezogenes Knarzen. »Wir haben einen Code drei im grünen Sektor. Gibbs, Smith und Beauford bitte kommen«, schallt es aus dem Funkgerät, das am Gürtel des Wärters befestigt ist.

Das kommt wie gerufen.

»Aber wie’s aussieht, haben Sie jetzt Wichtigeres zu tun«, sage ich liebenswürdig und kann meine Schadenfreude kaum verbergen.

Manchmal sind die Götter vielleicht doch auf meiner Seite.

»Keine Sorge, ich bin gleich wieder da.« Gibbs zieht das Funkgerät aus der Halterung.

»Lassen Sie sich ruhig Zeit. Ich habe gehört, Stress soll schädlich für die Gesundheit sein.«

Er wirft mir einen bitterbösen Blick zu, bevor er sich auf den Weg macht.

Kurz verfolge ich, wie er mit zwei anderen Wärtern eilig im Gebäude verschwindet, während sich die umstehenden Insassinnen wieder ihren eigenen Angelegenheiten widmen.

Dann konzentriere ich mich wieder auf mein eigentliches Vorhaben, denn das ist meine Chance. Zwar befindet sich noch Wachpersonal auf dem Hof, aber viel weniger als sonst.

Um keine Zeit zu vergeuden, steuere ich schnellen Schrittes auf eine Dryade und eine Walküre zu, die neben der Außenmauer des Speisesaals stehen.

Als ich sie fast erreicht habe, bemerkt mich die Dryade, aus deren Kopf dünne Äste sprießen, an denen passend zur Jahreszeit rot-gelbe Blätter hängen. Sie murmelt etwas und ihre muskulöse Begleiterin mustert mich mit verengten Augen.

Ich drücke die Schultern durch, um selbstbewusster zu wirken, als ich mich fühle, denn jetzt darf nichts schiefgehen.

»Was willst du?«, fragt die Dryade, deren Stimme wie das Knarzen eines alten Baumes klingt.

»Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass ihr Gegenstände beschaffen könnt, die hier nicht gerne gesehen sind«, sage ich mit gedämpfter Stimme.

»Wirklich?« Die Walküre wischt sich eine Strähne ihres pechschwarzen wallenden Haares aus den Augen. »Welche Dinge sollen das sein?«

Am liebsten würde ich sie bitten, mir ein Handy ins Gefängnis zu schmuggeln, aber leider wäre das die reinste Zeitverschwendung, weil überall im Gebäude empfangsunterdrückende Runen angebracht sind.

Ich schaue einen Moment wachsam über die Schulter, aber es ist noch immer kein Wärter in der Nähe, der uns belauschen könnte. Darum neige ich mich verschwörerisch zu ihnen. »Ein Dietrich zum Beispiel«, flüstere ich.

Die beiden wechseln einen kurzen Blick, bevor die Dryade den Kopf schüttelt. »Damit haben wir nichts zu schaffen.«

Darauf war ich vorbereitet. Schließlich sind Dryaden nicht für ihre Vertrauensvorschüsse bekannt. Aber ich habe ein unschlagbares Angebot im Gepäck, das sie nicht ablehnen können.

»Und wenn ich im Gegenzug den unerlaubten Besitz verbotener Zaubertränke aus euren Akten lösche, der den Ausgang eurer kommenden Verhandlung nicht gerade positiv beeinflussen wird?«, spiele ich meine Trumpfkarte aus.

»Woher weißt du davon?«, fragt die Walküre barsch.

»Ich bin eben gut«, behaupte ich großspurig und schiebe die Ärmel meines Overalls nach oben, dessen grober Stoff nicht nur unangenehm auf der Haut kratzt, sondern mir auch gefühlt drei Nummern zu groß ist.

Die Dryade verzieht die Lippen. »Und wie willst du das anstellen?«

»Indem ich mich ins Büro der Direktorin schleiche.«

Ungläubig starren mich die beiden an.

»Das ist unmöglich«, sagt die Walküre schließlich.

»Für die meisten Leute schon, aber wie ihr wahrscheinlich gehört habt, bin ich nicht ganz unerfahren auf dem Gebiet.« Einen Moment lang betrachte ich lässig meine Fingernägel und bin ausnahmsweise sogar froh über die Phantomgerüchte, die todsicher bis zu ihnen vorgedrungen sind. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nämlich keine Ahnung, wie man einen Eintrag dauerhaft löscht. Doch Bo wird sicher eine Lösung finden. Dafür muss ich sie allerdings zuerst erreichen.

Wieder wechseln die beiden einen Blick. Dieses Mal keinen raschen, sondern einen langen. Als würden sie mittels Gedankenübertragung kommunizieren. Allerdings ist das ausgeschlossen, denn genau wie ich tragen auch die anderen Inhaftierten magieblockierende Armreife.

Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen, vergehen, bis sich die Dryade räuspert. »Dein Angebot ist verlockend, aber wir verzichten trotzdem lieber darauf.«

Schlagartig wird mein Mund trocken.

»Warum?«, presse ich mühsam hervor. Ich habe mit Verhandlungen gerechnet, doch die rasche Absage trifft mich komplett unvorbereitet.

»Weil wir keine Straftaten begehen«, erklärt die Walküre ernst.

Klar. Und ich bin die Zahnfee.

»Aber jeder hier weiß, dass ihr alles rein- oder rausschmuggelt, solange die Bezahlung stimmt«, sage ich, denn keine von beiden ist ein unbescholtenes Mauerblümchen, das eingebuchtet wurde, weil es im Halteverbot geparkt, die Ruhezeiten missachtet oder einem Kind den Lolli entwendet hat. Das habe sogar ich mitbekommen und ich bin erst ein paar Tage hier.

»Egal, wo du das aufgeschnappt hast, vergiss es am besten ganz schnell. Das ist nichts weiter als haltloser Gefängnistratsch.« Die Walküre verschränkt die Arme vor der Brust und … Himmel. Ist das ihr Bizeps?

Ich blinzle und widerstehe dem Drang, Abstand zwischen mich und den kolossalen Muskelberg zu bringen.

»Aber ich habe euch erst vorgestern dabei beobachtet, wie ihr einer Sirene …«, setze ich tapfer an und schnappe nach Luft, denn plötzlich trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag. »Ihr vertraut mir nicht.«

»Natürlich nicht. Du bist ein MBI-Agent.« Die Dryade reckt das Kinn.

Verflixt, so war das nicht geplant.

»Nein, ich … ich habe mich nur als einer ausgegeben, das ist ein großer Unterschied«, plappere ich drauflos, in der Hoffnung, die Situation irgendwie retten zu können.

Die Walküre kräuselt die Nase. »Möglich. Aber vielleicht bist du auch ein Spitzel, der uns ausspionieren und etwas anhängen soll.«

»Bin ich nicht!« Verzweiflung steigt in mir auf, denn sie sind meine einzige Option. »Glaubt ihr allen Ernstes, ich würde freiwillig Zeit in diesem Drecksloch verbringen?« Mit einer ausladenden Handbewegung deute ich hinter mich.

»Wir sind jedenfalls nicht gewillt, das herauszufinden.« Die Dryade läuft an mir vorbei. »Komm, Sylva, wir gehen.«

Nein! Nein! Nein! Ich muss sie irgendwie aufhalten, bevor sich meine Pläne komplett in Luft auflösen.

Eilig trete ich ihnen in den Weg. »Ich hoffe, ihr habt euch das gut überlegt. Mein Angebot ist einmalig und …«

»Hast du nicht zugehört?«, unterbricht mich die Walküre barsch. »Hazel hat gesagt, wir haben nichts für jemanden wie dich. Und jetzt geh zur Seite, bevor ich ungemütlich werde.« Sie lässt die Knöchel knacken, kommt bedrohlich einen Schritt näher und baut sich mit finsterer Miene vor mir auf.

Obwohl mein Selbsterhaltungstrieb noch nie sonderlich ausgeprägt war, weiche ich zurück, denn sie könnte mich sicher spielend leicht zerquetschen. Wie eine Fliege, die sie ohne Anstrengung mit nichts als ihrem kleinen Finger an die Wand drückt.

»Ist ja gut, ich hab’s verstanden«, murmle ich niedergeschlagen, denn mit gebrochenen Knochen kann ich garantiert nichts ausrichten.

Die Walküre brummt zufrieden und dann lassen mich die beiden stehen. Einfach so. Ohne sich auch nur einmal nach mir umzudrehen.

Shit.

Frustriert reibe ich mir mit den Händen übers Gesicht, während eisiger Wind über den Platz fegt und mühelos den groben Stoff meines Overalls durchdringt. Doch obwohl ich normalerweise die größte Frostbeule New Yorks bin, spüre ich die Kälte kaum. Stattdessen sitzt mir die Sorge um Rose, Bo und Libby im Nacken. Wie ein Henker, der bereits die Axt schärft und jede Sekunde zuschlagen könnte.

Zwar hat Moore seinem Komplizen am Telefon erklärt, dass meine Freundinnen und ich keine Gefahr sind, weil wir im Dunkeln tappen, aber das war vor meiner Verhaftung. Vielleicht hat er inzwischen seine Meinung geändert und entschieden, dass es doch besser wäre, sie genau wie Marlon aus dem Weg zu räumen. Und ich stecke hier fest und kann sie weder warnen noch ihnen helfen. Ja, ich bin nicht mal dazu in der Lage, einen gottverdammten Dietrich aufzutreiben.

Ein Knoten bildet sich in meiner Brust und gleichzeitig scheint die Luft dicker zu werden. So, als würde sie sich weigern, meine Lunge zu füllen.

Ich ringe um Atem. Meine Kehle fühlt sich an wie zugeschnürt und die Umgebung verschwimmt zu einem Strudel aus Orange und Grau.

Taumelnd stoße ich mit dem Rücken gegen etwas Hartes.

Atmen. Du musst atmen, hallt Bos Stimme durch meine Gedanken. Genau wie früher, wenn ich die Realität nach Mums Tod nicht mehr ertragen konnte und mich Trauer und Verzweiflung in die Tiefe gerissen haben.

Ich balle die Fäuste, schnappe nach Luft wie eine Ertrinkende. So lange, bis mein Blick wieder klarer und das Donnern meines Herzens schwächer wird.

In diesem Moment vermisse ich meine beste Freundin so sehr, dass es beinahe körperlich schmerzt. Seit wir im Waisenhaus Zimmernachbarinnen wurden, sind wir noch nie so lange voneinander getrennt gewesen. Und wenn ich sie nicht warnen kann, werden wir das womöglich für immer bleiben. Aber Panik hilft mir jetzt nicht weiter. Ich brauche einen neuen Plan.

Allerdings habe ich keine Ahnung, wie er aussehen könnte. Obwohl ich Tag für Tag die Umgebung genau in Augenschein genommen habe, konnte ich nirgendwo einen Draht, Büroklammern oder andere Gegenstände finden, die für mein Vorhaben von Nutzen sind. Ja, ich habe nicht mal einen losen Nagel entdeckt, den ich herausziehen und umfunktionieren könnte.

Deprimiert lasse ich meinen Blick über den Hof schweifen und bleibe an einer Überwachungskamera in der Nähe hängen. In den letzten Tagen habe ich mich oft gefragt, ob Bo wie gewohnt das Sicherheitssystem gehackt hat und mich beobachtet. Ob ich es riskieren kann, ihr auf diesem Wege eine Nachricht zukommen zu lassen.

Wenn wir eine geheime Zeichensprache hätten, wäre das perfekt. Geradezu genial. Aber leider haben wir eine solche Kommunikationsart nie gebraucht und lediglich Morsezeichen genutzt. Die sind jedoch weder subtil noch unbekannt und ich wollte sie bisher nicht verwenden, da ich nicht weiß, wer die Aufnahmen alles sieht. Trotzdem habe ich keine bessere Möglichkeit und …

»Ich habe gehört, du suchst etwas Bestimmtes.«

Erschrocken fahre ich herum und blicke in das hübsche Gesicht einer Insassin, die unbemerkt neben mich getreten ist.

Ich muss wirklich vorsichtiger werden.

»Wie kommst du denn darauf?« Misstrauisch betrachte ich die geschwungenen Brauen, die Stupsnase und die braunen Locken, die ihr über die Schultern fließen, aber nicht erkennen lassen, zu welcher Gruppe Magics sie gehört.

»Gerüchte verbreiten sich schnell.« Sie lehnt sich ebenfalls mit dem Rücken gegen die Wand.

Zweifelnd kräusle ich die Lippen. Die Erfahrung habe ich zwar selbst gemacht, aber so schnell sind sie nun auch wieder nicht.

»Na gut, du hast mich erwischt. Ich habe eben dein Gespräch belauscht.« Sie kickt mit der Schuhspitze gegen einen Stein.

»Du bist mir gar nicht aufgefallen.« Zweifelnd beobachte ich, wie er über das Kopfsteinpflaster rollt und in einer Pfütze verschwindet.

»Konnte ich auch nicht. Ich stand ein Stück entfernt. Allerdings habe ich ein außergewöhnlich scharfes Gehör, dem nichts entgeht.«

»Offensichtlich«, erwidere ich und frage mich dabei unwillkürlich, was sie sonst noch mitbekommen hat und wer mich ebenfalls belauscht haben könnte.

»Ich wollte dir nur helfen. Aber bitte, wenn du doch keinen Dietrich willst …« Sie zuckt mit den Schultern, dreht sich um und geht davon.

Verwirrt schüttle ich den Kopf, während meine Gedanken rotieren.

Ich kann hier niemandem trauen. So viel steht fest. Und zu allem Überfluss habe ich die Frau noch nie zuvor gesehen und weiß nicht das Geringste über sie. Doch obwohl ihr plötzliches Angebot all meine Alarmglocken schrillen lässt, ist sie vielleicht meine beste Chance, wenn ich nicht auf die riskanten Morsezeichen zurückgreifen will.

»Warte!« Eilig folge ich ihr in einen abgelegenen Teil des Hofes, in dem sich gerade praktischerweise kein Wärter befindet.

Zögernd bleibt sie stehen. »Hast du es dir anders überlegt?«

»Kommt darauf an, wie schnell du ihn beschaffen kannst«, sage ich vorsichtig.

»Hier und jetzt.«

»Wirklich?« Für einen Moment glaube ich, mich verhört zu haben.

»Ich habe mit mindestens zwei Tagen gerechnet.«

»Tja, mein Service ist der beste.« Ein zufriedenes Grinsen umspielt ihre Mundwinkel.

»Und … was willst du dafür?«, frage ich, denn das ist fast zu schön, um wahr zu sein.

Sie kommt ein paar Schritte auf mich zu. »Was kannst du mir denn anbieten?«

Das ist eine gute Frage. Ich habe nur wenige Informationen über die anderen Insassinnen gesammelt. Deshalb könnte ich höchstens etwas stehlen oder … aus dem Augenwinkel bemerke ich eine Bewegung. Noch ehe ich wirklich begreife, was passiert, stürzt sich die Frau auf mich. Einen länglichen Gegenstand in der Hand, der direkt auf mein Herz zielt.

Heilige Scheiße.

Ich werfe mich zur Seite. Entgehe um Haaresbreite dem spitzen Ende der Waffe, die wie ein Schraubenzieher aussieht.

»Was … was soll das?«, stammle ich, doch als Antwort holt sie erneut aus. Ich höre ein reißendes Geräusch und kann mich in letzter Sekunde erneut unter ihrem Arm wegducken.

»Bitte, wir können sicher darüber reden«, rufe ich, um sie zu besänftigen.

»Keine Chance«, knurrt sie und wirft sich mit einem Hechtsprung auf mich, der jedem Football-Spieler alle Ehre gemacht hätte.

Blitzschnell versuche ich mich daran zu erinnern, was ich in Bos Onlinekurs zur Selbstverteidigung aufgeschnappt habe, den ich nach Marlons Beinahe-Training in einem Anflug von Eifer spätabends begonnen und dann vergessen habe.

Trotzdem drehe ich mich zur Seite, greife nach ihrem Arm und versuche den Schwung zu nutzen. Dabei schiebe ich mein Bein hinter ihres, um sie durch ihr eigenes Körpergewicht zu Fall zu bringen.

Meine Angreiferin stolpert, verliert jedoch nicht wie erhofft das Gleichgewicht, sondern fängt sich wieder viel zu schnell.

Noch ehe ich abermals ausweichen kann, packt sie mich an der Schulter und schleudert mich mit aller Kraft an die Gefängniswand in meinem Rücken.

Ich krache mit dem Hinterkopf gegen harten Beton. Sterne tanzen vor meinen Augen, aber ich habe keine Zeit, mich zu erholen, denn sie stößt erneut mit der Waffe zu.

Panisch reiße ich die Arme nach oben, bekomme sie gerade so am Handgelenk zu fassen. »Hör verdammt noch mal auf«, presse ich hervor und versuche sie mit beiden Händen festzuhalten. Doch sie ist viel stärker und das spitze Ende des Werkzeugs kommt meiner Brust immer näher.

Aus dem Augenwinkel sehe ich mehrere Insassinnen, die auf uns zukommen, aber keine macht Anstalten, mir zu helfen.

Bei allen Göttern, wenn ich das überstehe, werde ich jeden Tag trainieren. Und zwar bis zu meinem Lebensende.

Meine Arme zittern unter dem Druck und ich spüre meine Kräfte schwinden. Aber ich darf nicht aufgeben. Wenn ich jetzt sterbe, werden Rose und Bo vermutlich nie von Agent Moore erfahren.

Ich presse die Zähne aufeinander, stemme mich mit aller Kraft gegen meine Angreiferin.

Ihre Nasenflügel blähen sich und der Druck lässt so urplötzlich nach, dass ich beinahe vornüberkippe.

Noch bevor ich einen klaren Gedanken fassen kann, drückt sie mir den Schraubenzieher in die Hand und weicht hastig zurück. Das Gesicht vor Furcht verzogen.

»Was …«, stammle ich heftig keuchend und …

»Miss Nordwell! Lassen Sie sofort die Waffe fallen!«, brüllt jemand hinter mir.

2. KAPITEL

Benommen stolpere ich neben Gibbs her, der meinen Oberarm umklammert und mich durch einen langen Flur bugsiert.

Das Blut rauscht in meinen Ohren, während ich kaum glauben kann, dass mich eine andere Insassin abstechen und ins Jenseits befördern wollte. Einfach so, obwohl wir uns noch nie zuvor begegnet sind.

»Wie … wie geht es jetzt weiter?«, frage ich mit bebender Stimme, denn der Wärter hat kein Wort gesagt, seit ich ihm das Werkzeug ausgehändigt habe.

Er wirft mir einen abschätzigen Seitenblick zu, ehe er vor einer unscheinbaren Tür stoppt. »Sie haben Besuch.«

Ich blinzle überrumpelt, doch bevor ich eine weitere Frage stellen kann, stößt er die Tür auf und schubst mich unsanft in ein karges Zimmer, das verdächtig nach einem Verhörraum aussieht. Unter einer grellen Neonlampe flankieren zwei Stühle einen Holztisch und … mein Herz setzt einen Schlag aus, denn daneben steht Special Agent Marlon Heaton. Groß und breitschultrig, mit einem schwarzen Maßanzug bekleidet, der seine definierte Gestalt perfekt in Szene setzt.

Ruckartig dreht er sich in unsere Richtung. Wie festgefroren starre ich den Dämon an, den ich nicht mehr gesehen habe, seit er mich verhört und vor den Haftrichter gezerrt hat. Auf dessen plötzliches Auftauchen ich jetzt ganz und gar nicht vorbereitet bin.

»Was ist denn mit Ihnen passiert?«, fragt er barsch und mustert mich von Kopf bis Fuß. Kalt und abweisend. Wie eine Statue aus geschliffenem Obsidian, die mit den messerscharfen Bügelfalten nur aus harten Linien und Kanten zu bestehen scheint.

»Sie sollten eher fragen, woher sie die Waffe hatte«, schnarrt Gibbs.

Erst jetzt schaue ich an mir herunter und bemerke einen langen Riss, der unterhalb meiner Brust den Overall in vertikaler Richtung zerteilt. Und obwohl meine Haut darunter unverletzt ist, verkrampft sich mein Magen, denn das war verdammt knapp.

»Welche Waffe?« Marlons tiefe Stimme klingt alarmiert in meinen Ohren nach.

Gibbs tritt zwischen uns und zieht den Schraubenzieher aus seinem Gürtel. »Damit hat sie auf dem Hof eine Werwölfin bedroht.«

Die Worte des Wärters kriechen durch die Windungen meines Gehirns, während er Marlon das Werkzeug zeigt und …

»Habe ich nicht!«, rufe ich entsetzt, als die Bedeutung seines Satzes endlich bei mir ankommt. »Sie wollte mich umbringen!«

Gibbs schnaubt. »Da habe ich etwas anderes gesehen.«

»Aber nur, weil sie mir das Werkzeug plötzlich in die Hand gedrückt hat.«

»Warum sollte sie das tun?« Er schiebt den Schraubenzieher zurück in seinen Gürtel.

»Weil …« Die Ereignisse der letzten Minuten rasen in Sekundenschnelle durch meinen Kopf und plötzlich dämmert es mir. »Sie muss Sie gerochen haben.«

»Bitte?« Gibbs Brauen schießen nach oben.

»Sie hatte mich beinahe überwältigt, bevor sie plötzlich die Nasenflügel aufgebläht hat und …« Fahrig gestikuliere ich mit den Händen.

»Behaupten Sie gerade, dass ich öfter duschen muss?« Ärger flackert in den Augen des Wärters auf.

»Nein! Ich … ich meinte nur … sie ist eine Werwölfin. Obwohl ihre Magie durch die Armreife blockiert wird, funktioniert ihre Nase tadellos.«

»Solchen Unfug muss ich mir nun wirklich nicht anhören.« Aufgebracht wendet sich Gibbs an Marlon. »Rufen Sie, wenn Sie etwas brauchen. Ich warte draußen.« Bevor ich noch etwas erwidern kann, dreht er sich auf dem Absatz um, stürmt aus dem Zimmer und lässt mich mit Marlon allein zurück.

Schlagartig bricht mir der Schweiß aus, denn ich habe jetzt weder die Nerven für ein weiteres Verhör, noch weiß ich, wie ich mich verhalten soll.

Angespannte Stille legt sich über den Raum, während wir uns gegenüberstehen, als hätte sich eine Schlucht, nein, ein Abgrund von der Größe des Grand Canyon zwischen uns aufgetan. Tief und unüberwindbar, weil meine Lügen alle Brücken zerstört haben.

Ich balle die Fäuste, atme tief durch und versuche meine rotierenden Gedanken zu beruhigen, obwohl ich mich am liebsten unter meiner Gefängnis-Bettdecke vergraben würde. Aber in Marlons Gegenwart darf ich mir kein falsches Wort erlauben. Immerhin hat er von mir und meinen Freundinnen den Spitznamen Mr Übereifrig erhalten, weil er der Agent mit der höchsten Aufklärungsquote ist und garantiert jede unbedachte Silbe gegen mich verwenden wird.

»Was ist wirklich passiert?«, fragt er schließlich und unterbricht das Schweigen.

Ich befeuchte meine Lippen und widerstehe dem Drang, nervös von einem Bein aufs andere zu treten.

»Genau das, was ich eben erzählt habe. Ich wollte kurz frische Luft schnappen, als sie plötzlich auf mich losgegangen ist«, sage ich und lasse dabei versehentlich unter den Tisch fallen, dass ich mir eigentlich einen Dietrich beschaffen wollte.

»Einfach so? Und Sie haben nichts getan?« Argwohn schimmert in seinen Saphiraugen.

»Natürlich nicht. Wir haben noch nie zuvor miteinander geredet.«

Er runzelt die Stirn. »Und warum sollte es die Insassin dann auf Sie abgesehen haben?«

»Keine Ahnung!« Ratlos werfe ich die Hände in die Luft. Ich habe im Laufe meiner Diebeskarriere als Phantom zwar zahlreiche Gangster, Betrüger und Halsabschneider bestohlen, aber selbst wenn die Gerüchte über meine Verhaftung bis zu ihnen vorgedrungen sein sollten, würden sie mich wohl kaum aus dem Weg räumen wollen. Stattdessen läge es vermutlich viel eher in ihrem Interesse, zu erfahren, was ich mit den entwendeten Gegenständen gemacht habe und … Ich beiße mir auf die Unterlippe, denn plötzlich kommen mir die Worte der beiden Schmugglerinnen wieder in den Sinn. »Vielleicht, weil durchgesickert ist, dass ich ein MBI-Agent bin, und Gesetzeshüter im Gefängnis nicht gerade beliebt sind?«

»Das könnte sein. Allerdings gibt es da ein kleines Problem bei Ihrer Schlussfolgerung.«

»Und das wäre?«, frage ich, wobei mir plötzlich bewusst wird, dass er im Gegensatz zum ersten Verhör direkt nach meiner Verhaftung wieder zum Sie übergegangen ist. Eine Tatsache, die mir mehr ausmacht, als sie wahrscheinlich sollte. Denn obwohl ich zu meiner eigenen Überraschung gerne zusammen mit ihm ermittelt habe, ist es von Anfang an nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich unsere Wege trennen.

»Sie waren nie eine von uns, sondern sind eine Betrügerin.«

Ein Kloß bildet sich in meinem Hals.

»Und jetzt kommen Sie mit dieser absurden Geschichte um die Ecke, obwohl ein Wärter Sie mit dem Werkzeug in der Hand erwischt hat.«

»Ich weiß, wie seltsam das klingt. Aber …« Ich ringe um Worte, suche fieberhaft nach einem Argument, mit dem ich ihn überzeugen kann. »Aber der Riss in meinem Overall ist nicht durch Zauberhand erschienen.«

Er schnaubt verächtlich. »Das beweist gar nichts. Sie können ihn auch selbst verursacht haben.«

»Genau. Overall-Zerstörung ist im Hudson County der letzte Schrei. Das Hobby für alle frustrierten Insassinnen, die ein klein wenig Abwechslung in ihren Alltag bringen wollen.«

»Das vielleicht nicht, aber sicher eine gute List, um die Wärter auszutricksen.« Mit schmalen Augen betrachtet er die aufklaffende Stelle auf Höhe meines Zwerchfells. »Denn praktischerweise haben Sie anscheinend nicht den kleinsten Kratzer abbekommen.«

»Ich hatte eben Glück im Unglück«, erwidere ich aufgebracht. Hätte die Werwölfin nur etwas besser gezielt, wäre das Metall in meinen Oberkörper eingedrungen. Hätte sich einen Weg durch meine Haut gebahnt und höchstwahrscheinlich lebenswichtige Organe verletzt.

»Klar.« Er verzieht das Gesicht. »Das kauft Ihnen vielleicht jemand ab, der nicht weiß, wie gut Sie darin sind, andere hinters Licht zu führen.«

Das schlechte Gewissen überrollt mich wie eine Lawine, denn ich habe ihn tatsächlich belogen und betrogen. Allerdings nicht, weil ich Spaß daran hatte, sondern um Libby zu retten.

»Aber dass ich Ihnen vertraut habe, ist noch nicht mal das Schlimmste. Nein. Das Schlimmste ist, dass ich Ihnen die rührselige Geschichte des armen Waisenmädchens abgekauft habe. Ja, mich sogar auf eine Partnerschaft einlassen wollte, weil ich dachte, dass Ihnen tatsächlich etwas an dem Job liegt.«

»Das hat es auch«, sage ich und bin selbst überrascht, wie viel Wahrheit in meinen Worten steckt.

Sein Mund verzieht sich zu einem dünnen Strich. »Und warum haben Sie sich dann als Hexe ausgegeben, obwohl Sie ein Irrlicht sind?«

»Weil …« Verzweifelt suche ich nach einer plausiblen Ausrede, doch es gibt keine. Schließlich hat er nach meiner Verhaftung einen Magietest durchführen lassen, der ihm zweifelsfrei bestätigt hat, dass ich ein Irrlicht bin. »Weil … Hexenkräfte bei der Verbrechensbekämpfung viel effektiver sind und ich damit bessere Chancen hatte, die Stelle zu ergattern«, bringe ich mühsam heraus und wünschte, ich könnte ihm die Wahrheit sagen. Aber dann müsste ich meine Freundinnen erwähnen und würde ihn direkt auf ihre Spur bringen.

»Ach, hören Sie doch auf. Wir wissen beide, dass die Ermittlungsarbeiten ein notwendiges Übel für Sie waren und Sie …« Er greift in die Innentasche seines Jacketts und zieht schwungvoll ein schwarzes Buch heraus. »… sich nur beim MBI eingeschleust haben, um die Lichtchronik zu stehlen.«

Mir wird abwechselnd heiß und kalt. »Ich … ich habe keine Ahnung, was Sie meinen«, sage ich reflexartig. Dabei versuche ich, meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten und eine möglichst neutrale Miene zu bewahren.

»Unsinn.« Er richtet das Buch auf mich, als wäre es eine Waffe, und kommt auf mich zu. Langsam, wie ein Panther, der seine Beute im Visier hat. »Irgendwie haben Sie den unknackbaren Safe in der Asservatenkammer geöffnet und das Original gegen ein Duplikat getauscht. Da bin ich mir absolut sicher.«

Himmel, wie hat er das denn so schnell herausgefunden?

Rose und Bo haben extra eine Kopie angefertigt, die von außen täuschend echt gewirkt hat. Übereifrig, wie er ist, muss er den Inhalt kennen und …

»Also, verschlimmern Sie Ihre Lage nicht noch mehr und sagen Sie mir, wo die echte Chronik ist.«

»Das … das würde ich gerne, aber ich habe keinen blassen Schimmer«, gestehe ich, denn nachdem ich das Tagebuch gestohlen habe, hat Rose es den Postmäusen übergeben. Und Moore wird die Chronik wahrscheinlich nicht zwischen seiner Unterwäsche, in der Schreibtischschublade oder unter der Matratze aufbewahren. Stattdessen hat er sie bestimmt an einem sicheren Ort versteckt, an dem sie niemand so schnell findet.

Heaton lässt die Hand mit dem Buch sinken und bleibt stehen. Nur einen Schritt entfernt.

Unschlüssig, was ich tun soll, beiße ich mir in die Innenseite meiner Wange. Er vertraut mir nicht und ich habe nicht den kleinsten Beweis, um meine Geschichte zu untermauern. Trotzdem will er Antworten und ich kann ihm zumindest ein paar liefern, auch wenn sie ihm nicht gefallen werden. Und anders als bei meinem letzten Verhör im MBI-Gebäude gibt es hier zum Glück keine Kamera oder eine verspiegelte Wand, hinter der ungebetene Gäste unser Gespräch belauschen könnten.

Deshalb ist das jetzt wahrscheinlich der beste Zeitpunkt, um Heaton noch mal von Moores Verwicklung in den Spellproof-Fall zu erzählen. Denn nachdem er mich verhaftet hat, war die Gefahr, darüber zu reden, viel zu groß. Schließlich sollte Moore nicht erfahren, dass er aufgeflogen ist, und die Gelegenheit bekommen, seine Spuren zu verwischen.

Ich straffe die Schultern. Kämpfe mühsam gegen die Nervosität an, die meine Glieder durchströmt. Wenn ich jetzt geschickt vorgehe, muss ich mich vielleicht nicht einmal selbst belasten.

»Aber ich weiß, wer uns verraten könnte, wo die Chronik ist«, sage ich und muss den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können.

»Tatsächlich?« Blaue Iriden, in denen goldene Sprenkel wie Sterne am Nachthimmel glühen, treffen auf meine. So intensiv und durchdringend, dass sie mir einen Moment den Atem rauben und ein warmer Schauer meine Haut überzieht.

»Und wer soll das sein?« Seine Stimme ist rau, dunkel, so erschreckend schön, dass ich am liebsten in ihr versinken möchte, ihm den ganzen Tag zuhören und … verflixt, ich muss mich konzentrieren. Aber das ist gar nicht einfach, wenn er so dicht vor mir steht – groß, solide, absolut perfekt – und ich trotz unserer Differenzen nur an den einen Moment denken kann, in dem wir uns noch näher gewesen sind. Ich seine festen Bauchmuskeln unter meinen Fingerspitzen spüren konnte. Seinen Atem auf meiner Haut, die federleichte und doch drängende Berührung seiner Lippen …

Ich schlucke. Erwidere seinen Blick, in dem für einen winzigen Moment ein Schimmern aufblitzt, das ich nicht deuten kann.

Reiß dich zusammen, ermahne ich mich und vertreibe mühsam die Erinnerung, ignoriere das Flattern in meiner Magengrube, das laute Pochen meines Herzens, das mir bis zum Hals schlägt. Dann sehe ich ihm tiefer in die Augen. Hoffe mit jeder Faser meines Körpers, dass er die Wahrheit darin erkennt und mir noch ein einziges Mal vertraut.

»Agent Moore«, flüstere ich, als würde die Ungeheuerlichkeit dadurch ihren Schrecken verlieren.

Marlon zuckt zusammen. Nicht stark, aber dennoch sichtbar. »Ist das ein schlechter Witz?«

»Nein! Natürlich nicht!«

Er weicht zurück, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Einen Virus, den er sich durch die bloße Nähe zu mir einfangen könnte.

Bittere Säure steigt meine Kehle hinauf.

»Ich weiß, du willst das nicht wahrhaben. Immerhin ist Moore dein Vorgesetzter. Dein Kollege. Aber ich habe genau gehört, wie er darüber gesprochen hat. Bitte, Marlon, das musst du mir glauben.«

Sein Körper verspannt sich. »Ich muss gar nichts. Und für jemanden wie Sie bin ich nicht Marlon, sondern Agent Heaton.« Seine Stimme ist kalt wie Eis, sticht mir schmerzhaft in die Brust.

»Ich …«

»Sparen Sie sich den Atem. Ich werde mich nicht schon wieder von Ihnen manipulieren lassen.« Ruckartig reißt er den Blick von mir los, bleibt eine Millisekunde an meinen Lippen hängen und …

Nein, das kann nicht sein.

Er kann doch nicht …

Unterstellt er mir gerade …?

Meine Finger beginnen zu zittern. »Wenn du die Sache im Schrank meinst, dann …«

»Vergessen Sie es.«

»Aber …«

»Ich will nichts darüber hören!« Ein Schatten zuckt über den Boden und schlagartig scheint die Zimmertemperatur in den Minusbereich zu rutschen, als wäre von einer Sekunde auf die andere der Winter über uns hereingebrochen.

Fassungslos starre ich ihn an. »Ich habe dich nicht deswegen geküsst, sondern …«

»Das interessiert mich nicht. Sie sind nichts weiter als eine Verbrecherin. Eine Schauspielerin, für die die Wahrheit anscheinend ein Fremdwort ist.«

Jede Silbe ist wie ein Schlag in den Magen, verwandelt meine Bestürzung in lodernde Wut, weil er, der viel zu gut aussehende verdammte Mistkerl, tatsächlich denkt, ich würde zu solchen Mitteln greifen.

»Und Sie, Agent Heaton, sind anscheinend nicht halb so gut, wie ich immer dachte, sondern nur ein weiterer engstirniger Ermittler, der unfähig ist, über den eigenen Tellerrand zu schauen«, fauche ich zurück.

Heatons Gesicht verfinstert sich, als wäre er der Höllenfürst höchstpersönlich. Doch wenn er denkt, er könnte mich damit einschüchtern, liegt er meilenweit daneben.

Dieses Mal bin ich diejenige, die einen Schritt auf ihn zugeht, die Lücke zwischen uns schließt und den Zeigfinger auf seine unerträglich breite Brust richtet. »Selbst wenn Ihre Theorie stimmen sollte und ich das Buch gegen ein Duplikat ausgetauscht habe, wieso bin ich dann neulich in Ihr Büro gekommen, um Ihnen von Agent Moores Machenschaften zu erzählen und Sie zu warnen, statt mich einfach auf Nimmerwiedersehen vom Acker zu machen? Haben Sie darüber mal nachgedacht? Oder waren Sie zu beschäftigt damit, mich zu verurteilen, statt gegen Ihren Chef zu ermitteln?«

Heatons Augen sprühen beinahe Funken. »Vielleicht würde ich das tun, wenn Sie mir nicht eine Lüge nach der anderen an den Kopf werfen und endlich zugeben würden, wer Sie wirklich sind.«

Ich öffne den Mund, doch bevor ein Laut meine Lippen verlässt, fliegt die Tür auf.

»Darauf müssen Sie nicht antworten«, verkündet eine Frau, die festen Schrittes das Zimmer betritt.

Vor Überraschung klappt mir beinahe die Kinnlade herunter. Obwohl sie in ihrem weinroten Kostüm, der braun gelockten Perücke und der achteckigen Brille mindestens fünfzehn Jahre jünger wirkt, erkenne ich Rose sofort.

»Und Sie sind?« Ungehalten richtet Heaton seine Aufmerksamkeit auf Rose.

»Clara Nelson. Ihre Anwältin.« Schwungvoll lässt Rose die Tür hinter sich ins Schloss fallen und tritt mit einem selbstgefälligen Zucken um die Mundwinkel neben mich.

Langsam lasse ich den immer noch erhobenen Zeigefinger sinken und versuche mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Rose ist zwar in vielen Bereichen talentiert, aber sie hat ganz sicher kein Jura studiert. Denn in den ganzen Jahren, die wir uns kennen, habe ich sie nur als Bibliothekarin und Safe-Knackerin erlebt.

Der Dämon runzelt die Stirn. »Haben Sie Ihren Rechtsbeistand gewechselt?«, fragt er an mich gewandt.

»Diese Flachpfeife von Pflichtverteidiger kann man wohl kaum als solchen bezeichnen.« Rose rümpft die Nase.