Hundherum glücklich - Mara Andeck - E-Book

Hundherum glücklich E-Book

Mara Andeck

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Beschreibung

Ein Hund ist ein echter Freund - und den möchte man möglichst gut kennen. Hundherum glücklich ist darum kein Ratgeber, sondern eine unterhaltsame Sammlung von Fakten rund um den Hund, überraschend, schlau und voller Witz. Hier bekommen Hundebesitzer Antworten auf all die Fragen, die sie sich beim Gassigehen stellen: Warum heben Rüden beim Pinkeln ihr Bein, Hündinnen aber nicht? Sehen Hunde fern - und wenn ja, welche Filme mögen sie? Und gibt es schlagfertige Alternativen zu dem abgegriffenen Satz: "Der tut nichts, der will nur spielen"... Ein Buch, das Mensch und Tier glücklich macht.

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Seitenzahl: 274

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Mara Andeck

HUNDHERUM GLÜCKLICH

Ein Freund. Ein Buch

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Originalausgabe

Copyright © 2013 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Ulrike Strerath-Bolz

Umschlaggestaltung: Manuela Städele

Umschlagmotive: © shutterstock/Nikolai Tsvetkov/samodelkin8

Gestaltung, Illustration und Satz: Peter Frommann, Köln

Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-8387-4517-6

Sie finden uns im Internet unter

www.luebbe.de

Bitte beachten Sie auch: www.lesejury.de

Für Robin, Andi, Mira, Lola und Lilly

»Mein Leben hat keinen Sinn. Es hat keine Richtung, kein Ziel, keine Bedeutung. Und trotzdem bin ich glücklich. Wie kommt das? Was mache ich nur richtig?«

SNOOPY, HUND VON CHARLY BROWN

Inhalt

Vorwort: Ein Hund muss tun, was ein Hund tun muss

I. Hund und Mensch

01 Einen Hund als Hund erkennen

02 Einen Hund definieren

03 Worte für Hunde finden

04 Einen Hund vermenschlichen

05 Von einem Hund getröstet werden

06 Einen Hund angähnen

07 Einen Ausreißer entschuldigen

08 Einen Hundebesitzer demütigen

09 Einen Hundehaufen entfernen

10 Einen Hundehaufen nicht entfernen

11 Einen Hundenamen finden

12 Einen Hund be- und verkleiden

13 Für Hunde backen

14 Hunde kochen, backen oder braten

15 Mit Hunden heilen

16 Wo der Hund begraben liegt

17 Einen Hund begraben

18 Einen Hund im Testament berücksichtigen

19 Unnützes Hundewissen zum Thema Hund und Mensch

II. Hund und Natur

20 Die Welt mit der Nase wahrnehmen

21 Die Welt durch Hundeaugen betrachten

22 Mit gespitzten Ohren durch die Welt gehen

23 Der sechste und der siebte Sinn des Hundes

24 Hund und Intelligenz

25 Die Lebenseinstellung eines Hundes testen

26 Einem Hund das Sprechen beibringen

27 International bellen

28 Hund und Sex

29 Einen Baum markieren

30 Mit einem Hund in den Wald gehen

31 Hund und Dreck

32 Einem Hund Schuhe anziehen

33 Eine Zecke töten

34 Einen Hund retten

35 Einen Hund entwurmen

36 Den ökologischen Pfotenabdruck eines Hundes berechnen

37 Unnützes Hundewissen zum Thema Hund und Natur

III. Hund und Gesellschaft

38 Hunde in der Statistik

39 Einen Hund versteuern

40 Einen Hund kaufen

41 Einen Rassehund anschaffen

42 Wofür Hunde gezüchtet wurden

43 Einen Mischling aussuchen

44 Einen Nothund aufnehmen

45 Einen Hundeführerschein ablegen

46 Einen »Kampfhund« halten

47 Für einen Hund haften

48 Was Hundebesitzer oft sagen, wenn sie sich treffen

49 Hund und Wettbewerb

50 Einen Job für den Hund finden

51 Mit Hunden ausgehen

52 Einem Hund Tricks beibringen

53 Hund und politische Macht

54 Unnützes Hundewissen zum Thema Hund und Gesellschaft

IV. Hund und Kultur

55 Mit einem Hund unterm Schreibtisch schreiben

56 Über Hunde schreiben

57 Hund und Lyrik

58 Hund und Ratgeberliteratur

59 Einen Hund malen

60 Einem Hund ein Denkmal setzen

61 Guerilla Dogging

62 Hund und Musik

63 Hund und Film

64 Hund und Comic

65 Über Hunde lachen

66 Hund und Museum

67 Unnützes Hundewissen zum Thema Hund und Kultur

V. Hund und Religion

68 Einen Hund anbeten

69 Hunde in der Bibel und im Koran

70 Heilige Hunde

71 Buddha und seine Löwenhunde

72 Als Hund wiedergeboren werden

73 Einen Hund im Himmel wiedersehen

74 Luthers Hund

75 Unnützes Hundewissen zum Thema Hund und Religion

VI. Hund und Fortschritt

76 An Hunden forschen

77 Mit Hunden den Südpol erobern

78 Mit Hund die Tiefen der Seele ergründen

79 Einen Hund ins All schießen

80 Einen Hund klonen

81 Hunde erforschen

82 Einen Hund mit GPS wiederfinden

83 Hundesprache übersetzen

84 Einen Hund in der Waschanlage reinigen

85 Aus Hundekot Strom gewinnen

86 Einen Hund mit Stromschlägen erziehen

87 Spielzeug, das die Hundewelt nicht braucht

88 Hund und Sport

89 Mit Hunden fliegen

90 Hund und Internet

91 Unnützes Hundewissen zum Thema Hund und Fortschritt

Nachwort: Hund und Zukunft

Literatur

Dank

Vorwort: Ein Hund muss tun, was ein Hund tun muss

Kürzlich wollte ich einen Artikel über anstrengende Hunde schreiben, über wirklich schlecht erzogene Köter, die mit ihren Marotten das gesamte Leben ihrer Familien umkrempeln.

Weil mein Hund so nicht ist, konnte ich auf keine eigenen Erfahrungen zurückgreifen und fragte andere Hundebesitzer nach den Eigenarten ihrer Vierbeiner. Aber deren Hunde waren auch nicht von dieser Sorte, sie hatten ebenfalls keine schlechten Angewohnheiten.

Zufällig erwähnte ich das Thema dann in einer Runde von Nicht-Hundebesitzern, und plötzlich sprudelten die Geschichten nur so hervor. Jeder kannte einen schlecht erzogenen Hund. Da gab es welche, die sich leidenschaftlich gern in Aas wälzten und danach infernalisch stanken. Hunde, die Schlammbäder liebten, aber Vollbäder hassten. Hunde, die Lebensmittel stibitzten und an geheimen Orten überall in der Wohnung versteckten, wo diese Beute dann vor sich hin gammelte. Solche, die ihren Besitzern Kleidungsstücke sehr persönlicher Natur stahlen und damit ihr Körbchen auspolsterten. Knurrende Hunde, bellende Hunde, beißende Hunde.

Und Menschen gab es! Menschen, die angeblich ihr gesamtes Leben freiwillig den Bedürfnissen ihrer vierbeinigen Hausgenossen unterordneten, von der Wohnungseinrichtung über den Urlaubsort bis hin zu Freizeitbeschäftigungen, Essens- und Schlafenszeiten.

Mein Hund und ich

Ich verließ diese Runde früh, denn mein Hund wartete auf mich. Er roch nicht besonders gut, als er mich stürmisch begrüßte. Nachdem er meine Taschen durchschnüffelt und an meiner Jacke Sabberspuren hinterlassen hatte, rannte er zu seinen Näpfen und fraß und trank. Wenn ich weg bin, kann er nämlich weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich nehmen, er liegt dann an der Haustür, stellt sich tot und wartet, bis ich zurückkomme. Man erkennt es an dem braunen Dreckfleck auf dem hellen Boden vor der Haustür, der schattenrissartig sein Abbild wiedergibt. Mein Hund wartet still und ohne Vorwurf, aber ich weiß, wie sehr er meine Rückkehr ersehnt, und deswegen bleibe ich nie lange weg. Als mein Hund an diesem Abend seine Mahlzeit beendet hatte, ließ ich ihn noch kurz in den Garten, dann rief ich ihn zu mir, betrat mein Schlafzimmer und sprang in mein Bett. Ich muss Anlauf nehmen, um hineinzugelangen, denn das Bett ist ziemlich hoch. Es steht auf vier Tischbeinen. Ich habe sie angeschraubt, damit mein Hund darunter mehr Platz hat. Er besteht nämlich auf diesen Schlafplatz, und wenn er nicht mit hoch erhobenem Haupt zu seinem Lager schreiten und sich bequem zusammenrollen kann, dann kriecht er eben nachts heimlich auf dem Bauch in diese seine Schlafhöhle. Er ist ziemlich groß, und unter normalen Betten bleibt er stecken. Man muss dann morgens das Bettgestell vorsichtig anheben und den stattlichen Hund befreien, ohne ihn zu verletzen. Seit wir die Tischbeine haben, ist das aber kein Problem mehr.

Bevor ich an diesem Abend einschlief, hörte ich mit gemischten Gefühlen, wie mein Hund an etwas nagte, vermutlich an einer meiner Socken. Und ich erkannte, dass ich ein Mensch bin, der sein gesamtes Leben freiwillig den Bedürfnissen seines vierbeinigen Hausgenossen untergeordnet hat, von der Wohnungseinrichtung über den Urlaubsort bis hin zu Freizeitbeschäftigungen, Essens- und Schlafenszeiten.

Mein Hund ist aber wirklich kein schlecht erzogener Hund, dabei bleibe ich. Er tut, was ein Hund eben tun muss. Und als Hundemensch weiß ich das.

Konsequenz ist das Zauberwort

Als mein Hund in mein Leben trat, war ich gewappnet. Ich besaß eine Welpen-Erstausstattung, die der junger Eltern im neunten Monat der Schwangerschaft ähnelte: Körbchen, Decken, Näpfe, Spezialnahrung, Brustgeschirr, weiche Bürsten für zarte Babyhaare, harte Bürsten für hartnäckigen Schmutz. Und ich hatte Ratgeberliteratur für jede Lebenslage, Bücher über Hundehaltung, Hundeerziehung, Hundegesundheit und Hundeernährung. Ich wusste also schon an unserem ersten gemeinsamen Tag: Konsequenz ist in der Hundeerziehung das Zauberwort, und man muss jeden Befehl mindestens zweitausend Mal aussprechen, bevor der Hund ihn zuverlässig befolgt.

Mein Hund zeigte Konsequenz. Manche Befehle führte er schon beim ersten oder zweiten Mal zuverlässig aus und ignorierte sie danach nie wieder. Zum Beispiel den Befehl »Sitz!«, verbunden mit der Aufforderung »Bleib!«. Wenn ich das in freier Wildbahn zu meinem Tier sage, sitzt es wie festgetackert da. Nichts und niemand kann es dazu bewegen, sich zu erheben, bevor ich das Kommando »Lauf« gebe. Manchmal gehe ich in Gedanken versunken weiter und vergesse, den Befehl aufzuheben. Irgendwann höre ich dann ganz von fern ein klägliches »Wuff« und muss aus voller Lunge »Lauf!« brüllen, damit der Hund mir mit flatternden Ohren nachstürmt.

Andere Befehle aber ignorierte dieses Tier von Anfang an mit ebenso bewundernswerter Konsequenz, und nach etwa zweitausend vergeblichen Versuchen gab ich auf. Ich sah ein: Dieser Hund wird nie länger als zehn Schritte ordentlich an der Leine gehen. Er will es nicht, es liegt ihm nicht, es ist ihm wesensfremd. Und was er nicht will, das tut er zwar manchmal kurz mir zuliebe, wenn er merkt, dass es mir wirklich wichtig ist, in der Hundeschule zum Beispiel. Aber er tut so etwas niemals auf Dauer.

Die Hundebücher, die ich besitze, haben mich auf diesen Hund nicht vorbereitet. Ich weiß nach dieser Lektüre zwar alles übers Bellen, Beißen, Barfen und Bällchenholen. Aber mein Hund bellt nicht, er beißt nicht, er frisst kein rohes Fleisch, und Bälle bringt er mir nur aus Höflichkeit zurück; er selbst findet das langweilig. Natürlich ist er ein Hund, und auch für ihn gilt einiges, was für die meisten Hunde zutrifft. Aber er ist eben nicht irgendein Hund, sondern ein Individuum mit Vorlieben und Abneigungen – und er ist mein Hund. Er beobachtet mich seit unserem ersten Tag, und er benötigt kein Menschenbuch, um mich zu durchschauen. Er riecht meine Stimmung und reagiert darauf. Er hört es, wenn meine Stimme vor Wut bebt und verzieht sich dann lieber. Und wenn mir ein Befehl nicht wirklich wichtig ist, dann spürt er auch das und ignoriert ihn. Stets bemüht er sich, der zu sein, den ich mir wünsche, soweit ihm dies möglich ist, aber gleichzeitig der zu bleiben, der er nun mal ist. Mit einem anderen Menschen wäre er ein anderer Hund, und auch ich wäre mit einem anderen Hund ein anderer Mensch.

Ich und mein Hund

Mein Hund und ich haben inzwischen mehr als 10000 Kilometer gemeinsamen Weges zusammen zurückgelegt. Wir haben auf diesen Strecken nette und böse Hunde getroffen, freundliche und griesgrämige Menschen, außerdem Hasen, Katzen, Eichhörnchen, Rehe, Wildschweine, Füchse und einmal sogar ein Zebu. Wir haben einige entlaufene Hunde sowie ein Pferd eingefangen und ein Siebenschläferbaby gerettet. Drei unserer Spaziergänge endeten für ihn beim Tierarzt und einer für mich beim Orthopäden.

Keines meiner Hundebücher hat mich wirklich auf diese Spaziergänge vorbereitet. Auf die Momente der Angst, wenn ein leinenloser Kampfhund die Pfiffe seines Besitzers ignoriert und in vollem Galopp auf mein geliebtes Tier zurast. Auf die unglaubliche Wut auf den eigenen Hund, wenn er einem kleineren Hund gegenüber wenig innere Größe zeigt oder wenn er einem Größeren gegenüber einfach nicht klein beigeben kann. Auf das Glück, das man beim Beobachten selbstvergessen spielender Hunde empfindet. Auf die eigene Verzweiflung, wenn man nicht gut genug aufgepasst hat und dem Hund etwas passiert.

Auf solche Situationen können Bücher gar nicht vorbereiten.

Seit ich das weiß, lese ich keine Hundebücher mehr und höre stattdessen auf meinen Hund. Seitdem kommen wir beide viel besser miteinander aus, denn der beste Lehrer in der Ausbildung zum Hundemenschen ist eben doch der eigene Hund.

Warum dann doch ein Hundebuch?

Es gibt trotzdem Fragen, die allen Hundebesitzern bei langen, einsamen Hundespaziergängen durch den Kopf gehen. Und bisher gibt es kein Buch mit Antworten darauf.

Ist eine Zecke tot, wenn man sie in die Toilette wirft? Dürfen Jäger Hunde totschießen? Wo liegt eigentlich der sprichwörtliche Hund begraben? Und wie tief muss man einen Hund begraben, den man im Garten beerdigen möchte? Warum heben Rüden beim Pinkeln ihr Bein, Hündinnen aber nicht? War Lassie (der Name bedeutet immerhin »Mädchen«) eine Hündin? Sehen Hunde fern – und wenn ja, welche Filme mögen sie? Gibt es schlagfertige Alternativen zu dem abgegriffenen Satz »Der tut nichts, der will nur spielen«? Kommen Hunde in den Himmel? Sehen Hunde Farben? Wie lange hält sich ein Hundehaufen in freier Natur? Und warum spielt der Hundehaufen in der Kinderliteratur eine so wichtige Rolle?

Antworten auf solche und andere Fragen will dieses Buch geben, gründlich durchdacht, möglichst unterhaltsam, manchmal skurril, oft lehrreich, nie belehrend, immer alltagstauglich. Dabei soll dieses Buch kein Ratgeber sein, sondern einfach nur Stoff zum Nachdenken liefern für lange, einsame Spaziergänge mit dem Hundetier.

Übrigens: Wenn im Text von einem »Hund« die Rede ist, ist immer auch die weibliche Form gemeint. Dasselbe gilt für den Hundehalter, einfach deswegen, weil die Sätze sehr sperrig werden, wenn beide Geschlechter angemessen berücksichtigt werden. »Herrchen« allerdings sind immer männlich und »Frauchen« immer weiblich.

I. HUND UND MENSCH

»Natürlich kann man ohne Hund leben. Aber es lohnt sich nicht.« HEINZ RÜHMANN

01 Einen Hund als Hund erkennen

Es gibt große Hunde, kleine Hunde, dicke Hunde, dünne Hunde, schwarze, braune, graue, gelbe, fuchsrote, weiße und gepunktete Hunde, haarige Hunde und nackte Hunde, schlappohrige und spitzohrige Hunde, Hunde mit Ringelschwänzen, Hunde mit langer Rute und Hunde ganz ohne Schwanz.

Hunde kommen in mehr Varianten vor als jede andere Tierart.

Kein Wunder, dass Kleinkinder vorsichtshalber jedes Tier, das ihnen begegnet, erst einmal »Wauwau« nennen. Meistens liegen sie damit richtig.

Beim Heranwachsen sammelt jeder Mensch dann aber vielfältige Erfahrungen auf dem Gebiet der Zoologie und ist spätestens als Erwachsener in der Lage, Hunde mit einer hohen Trefferquote als Hunde zu identifizieren. Damit das funktionieren kann, muss das menschliche Gehirn einen komplexen Entscheidungsprozess bewältigen, der im Schaubild auf der folgenden Doppelseite schematisch dargestellt ist.

02 Einen Hund definieren

Wenn man festgestellt hat, dass es sich bei einem Tier um einen Hund handelt, ist man als Mensch leider nur einen kleinen Schritt weiter. Denn sofort stellt sich die nächste Frage: Was ist eigentlich ein Hund? Ein Haustier? Ein Nutztier? Ein Kuscheltier? Ein Luxustier? Ein Rudeltier? Überhaupt kein Tier? Und obwohl es sich beim Hund um das älteste Haustier der Menschheit handelt, sind in den vergangenen Jahrtausenden ausnahmslos alle großen Geister an dieser Frage gescheitert. Hier ein paar Definitionsversuche:

Durch den Verstand des Hundes besteht die Welt.

Aus dem Avesta, dem heiligen Buch der Parsen, 1737 v.Chr.

Der hunt ist guot und nütze.

Berthold von Regensburg (1210–1272)

Der Hund ist ein von Flöhen besiedelter Organismus, der bellt.

Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716)

Trinkt leckend; wässert seitlich, in guter Gesellschaft oft hundert Mal, beriecht des Nächsten After; Nase feucht, wittert vorzüglich; läuft der Quere, geht auf den Zehen; schwitzt sehr wenig, in der Hitze läßt er die Zunge hängen; vor dem Schlafengehen umkreist er die Lagerstätte; hört im Schlafe ziemlich scharf, träumt. (…) Mit Lecken heilt er Wunden, Gicht und Krebs. Heult zur Musik, beißt in einen vorgeworfenen Stein; bei nahem Gewitter unwohl und übelriechend.

Carl von Linné (1707–1778)

Der Hund ist ein Zweidrittelmensch.

Alfred Brehm (1829–1884)

Wir sind allein, völlig allein auf diesem Planeten. Von all den Lebensformen um uns herum hat sich außer dem Hund keine auf ein Bündnis mit uns eingelassen.

Maurice Maeterlinck (1862–1949)

Der Hund ist ein monomaner Kapitalist. Er bewacht das Eigentum, das er nicht verwerten kann, um des Eigentums willen und behandelt das seines Herrn, als gebe es daneben nichts auf der Welt.

Kurt Tucholsky (1890–1935)

Ein Hund ist ein Herz auf vier Beinen.

Irisches Sprichwort (20.Jahrhundert)

Die meisten Hunde sind domestizierte Goldschakale.

Konrad Lorenz (1903–1989)

Alle Hunde sind domestizierte Wölfe.

Stand der Wissenschaft seit ca. 1960, inzwischen durch Genuntersuchungen belegt

03 Worte für Hunde finden

Viel leichter, als Hunde exakt zu definieren, ist es, Synonyme und Umschreibungen für sie zu finden. So werden Hunde gern genannt:

04 Einen Hund vermenschlichen

»Als Hund ist er eine Katastrophe, aber als Mensch ist er einfach unersetzlich.« Diesen Satz sagte der frühere Bundespräsident Johannes Rau über seinen Hund Scooter, einen schwarzen Riesenschnauzermischling.

Auf meiner persönlichen Hitliste mit Hunde-Zitaten stehen Raus Worte auf dem ersten Platz. Wenn ich sie höre, muss ich nämlich erst einmal laut lachen, weil darin so viel Wahres steckt. Aber dann bleibt mir das Lachen im Halse stecken wie ein Knochensplitter, und ich höre förmlich, wie mein Gewissen aufjault: Hunde darf man doch nicht vermenschlichen, das weiß jeder, das geht gar nicht.

Und dann habe ich ganz viel Stoff zum Nachdenken: über Menschen, Hunde und Katastrophen und darüber, wer für wen hier eigentlich unersetzlich ist. Ein solcher Effekt mit nur dreizehn Wörtern– das muss man Rau erst mal nachmachen.

Johannes Rau und Scooter

Wenn man die Presseberichte über Deutschlands ersten First Dog liest, ahnt man, was der Bundespräsident mit seinen Worten meinte. Scooter war wirklich manchmal eine Katastrophe auf vier Beinen, so wie Hunde das eben sind. Am 72.Geburtstag seines Herrchens beispielsweise verursachte er den Sturz des deutschen Staatsoberhauptes, als er Rau vor Freude ansprang und damit zu Fall brachte. Für Schlagzeilen sorgte Scooter ein weiteres Mal, als er ein Kaninchen verfolgte, von zu Hause ausriss, tagelang von Polizei und Grenzschutz gesucht wurde und schließlich in einem Berliner Gartenlokal wieder auftauchte, was ihm bei Zechfreunden viele Sympathien einbrachte.

Herrchen allerdings war in beiden Fällen wenig begeistert, denn jedes Mal gab es viel Presserummel.

Die Zeitungsbilder und -berichte zeigen aber auch die andere Seite dieser Mensch-Hund-Beziehung, die menschliche Note, die Scooter in das Leben des Bundespräsidenten brachte. Auf einem Bild beispielsweise flaniert Rau im dunklen Mantel mit roter Krawatte durch eine Großstadtstraße und sieht aus wie aus dem Ei gepellt. Und neben ihm latscht Scooter, groß, schwarz, zottig, und sieht aus wie aus einer Schlammpfütze gezogen. Auf einem anderen Pressefoto sitzt der Bundespräsident am Schreibtisch in Schloss Bellevue, ganz Staatsmann, und zu seinen Füßen schläft das riesige schwarze Zotteltier, ganz entspannt im Hier und Jetzt. Auch bei Interviews war Scooter manchmal dabei. Dann konnte man anschließend in Zeitungsartikeln, die eigentlich von Politik und Moral handelten, lesen, wie Scooter sich plötzlich mitten im Gespräch auf den Rücken drehte und den Bundespräsidenten zum Bauchkraulen animierte.

Als Rau dann bekannt gab, dass er kein weiteres Mal für das Amt kandidieren würde, da titelte die Süddeutsche Zeitung: »Sag zum Abschied leise Scooter«.

Man kann sich gut vorstellen, dass der Hund dem Menschen Johannes Rau in vielen Situationen Gelegenheit gab, seine menschliche Seite zu zeigen und sie auch zu leben. Und dass dieser Hauch von Menschlichkeit, der zusammen mit Scooters tierischem Fellgeruch in Schloss Bellevue einzog, keine Inszenierung für die Öffentlichkeit war, beweist schon allein die umwerfende Freude des Hundes beim Anblick seines Herrn an besagtem 72.Geburtstag. Diese beiden mochten sich wirklich, Hunde heucheln nicht.

Trotzdem: So was sagt man nicht!

»Als Hund ist er eine Katastrophe, aber als Mensch ist er einfach unersetzlich.« Das ist ein schöner, aber auch ein gewagter Satz, denn bei Hunde-Experten sträuben sich die Nackenhaare, wenn sie solche Worte hören.

»Niemals dürfen wir den Hund nach menschlichen Maßstäben formen und niemals nach menschlichen Gesichtspunkten behandeln.« Das kann man auf der Homepage des Verbandes für das deutsche Hundewesen, Landesverband Hessen, lesen. Und weiter: »Die Vermenschlichung des Hundes ist das Grundübel vieler Mensch-Hund-Beziehungen und die Ursache fast allen hundlichen Fehlverhaltens.«

Um solche Übel auszumerzen, hat der Landesverband zehn Gebote für den richtigen Umgang mit Hunden formuliert, die wichtigsten lauten pointiert und vereinfacht zusammengefasst so:

In der Hundeszene gibt es aber auch Fachleute, die genau diesen Erziehungsansatz für das Schlimmste halten, was man einem Hund nur antun kann. Weil man ihn nämlich genau damit vermenschlicht, und das darf man nicht; hier immerhin sind sich die Experten einig.

Diese zweite Fraktion der »Hunde-Nicht-Vermenschlicher« bezweifelt, dass Hunde Menschen als ihresgleichen betrachten. Sie fragen: Wieso sollte ein Tier, das völlig problemlos einen Wuschelhund von einem Schaf oder eine Katze von einem Chihuahua unterscheiden kann, ausgerechnet einen haarlosen Zweibeiner für einen Artgenossen halten, der nach künstlichem Blumenduft riecht und in Supermärkten nach Dosennahrung jagt?

Auch die Annahme, Hund und Mensch würden gemeinsam ein Rudel bilden, halten sie für überholt, denn anders als Wölfe bilden wildlebende Hunde oft keine festen Rudel.Und das Wort Alpha-Tier verwenden selbst Wolfsforscher heute nur noch selten. Ein freilebendes Wolfsrudel besteht aus Eltern und ihren Nachkommen, nicht aus einem Leittier und seinen »Untertanen«. Die Elterntiere bestimmen zwar die Marschrichtung und die Jungtiere gehorchen meistens, aber eine strenge hierarchische Ordnung gibt es nicht.

Vertreter dieser zweiten Hunde-Philosophie bezeichnen den Wunsch nach Gehorsam und Disziplin nicht als typisch für den Hund, sondern als typisch für den Menschen. Auch sie formulieren gern Regeln, die aber ganz anders klingen:

Was auch diese Hundemenschen übersehen: Es bleiben dennoch menschliche Nasenflügel (siehe auch das Kapitel: »Die Welt mit der Nase wahrnehmen«).

Des Pudels Kern

Ich glaube, Menschen können gar nicht anders, als Hunde zu vermenschlichen, und sie haben es schon immer getan. »Ob wirklich Gott den Menschen nach seinem Ebenbild schuf, möchte ich in Anbetracht des Ergebnisses bezweifeln. Dass der Mensch aber den Hund nach seinem Ebenbild schuf, das steht fest.« Zu diesem Ergebnis kam beispielsweise der Wolfsforscher und Hundeexperte Erik Zimen. Und er hatte recht!

Irgendwann ist in grauer Vorzeit irgendwo auf der Welt das erste Wolfsbaby in die Nähe eines Menschen getapst, und dieser Urzeitmensch nahm es in seine Höhle auf und zog es groß. Die beiden blieben zusammen, ihre Nachkommen taten dasselbe, und so wurde der Wolf irgendwann durch den Einfluss des Menschen zum Hund.

Aber warum? Diese Beziehung hatte schließlich für beide Seiten erhebliche Nachteile. Mensch und Wolf jagten dieselben Beutetiere und fraßen sich in kargen Wintern gegenseitig das Futter weg.

Manche Wissenschaftler vermuten, dass der Mensch den Wolf zähmte, um in ihm einen Jagdgehilfen zu finden. Andere sagen, dass Wölfe beim Jagen keine große Hilfe seien, und spekulieren, dass es vermutlich der Wolf war, der beharrlich die Nähe der Menschen suchte, um sich in knappen Zeiten von ihren Abfällen zu ernähren. Aber hatten die frühen Menschen bei Nahrungsmangel überhaupt nennenswerte Mengen von Abfällen?

Inzwischen denken Wissenschaftler darüber nach, ob es vielleicht von Anfang an bei der Beziehung Wolf–Mensch auch um Neugier und den Wunsch nach Gesellschaft ging, sowohl beim Menschen als auch beim Wolf.

Und manche gehen sogar noch einen Schritt weiter. Sie diskutieren, ob vielleicht nicht nur der Mensch den Hund erschaffen hat. Möglicherweise hat auch der Hund den modernen Menschen mitgestaltet.

Ist vielleicht der Homo sapiens nichts anderes als ein verhundlichter Höhlenmensch?

Zahme Gene

Was auf den ersten Blick bizarr klingt, könnte tatsächlich ein Knöchelchen Wahrheit enthalten. Das zeigt ein Experiment sibirischer Wissenschaftler, denen es gelang, innerhalb von nur vierzig Jahren aus Füchsen hundeähnliche Tiere zu züchten.

Im Jahr 1959 begann der russische Genetiker Dmitri Konstantinowitsch Beljajew mit der Zucht von Silberfüchsen. Sein einziges Kriterium bei der Auswahl der Elterntiere war das Verhalten der Füchse Menschen gegenüber. Beljajew wählte stets die von Natur aus zahmsten, zutraulichsten Exemplare zur Zucht aus.

Nur vierzig Jahre später waren drei Viertel all seiner Jungtiere menschenfreundlich und zahm. Sie freuten sich winselnd und schwanzwedelnd über die Anwesenheit ihrer Pfleger und leckten ihnen die Hände, wenn sie gestreichelt wurden. Auf der Internetplattform Youtube kann man Filmaufnahmen dieser Tiere sehen; sie erinnern in ihrem Verhalten verblüffend an Hunde. Man kann daraus schließen, dass die Entwicklung vom Wolf zum Hund möglicherweise viel schneller ging als bisher gedacht.

Was das Experiment aber zu einer Sensation machte, waren weitere Ergebnisse. Die Füchse veränderten sich nämlich nicht nur in ihrem Charakter in Richtung Hund, sondern auch in ihrem Aussehen. Bei einigen variierte die Fellfarbe, manche bekamen Schlappohren, andere einen Ringelschwanz, wieder andere kürzere Beine oder einen mopsähnlichen Überbiss. Und das, obwohl Beljajew und sein Team bei der Zucht stets nur aufs Wesen, aber nie aufs Aussehen geachtet hatten.

Als Beljajew dann feststellte, dass im Blut der zahmen Tiere weniger Stresshormone enthalten waren als in dem wilder Füchse, war eine neue Theorie geboren: Möglicherweise sind es genau diese Stresshormone, die bei wildlebenden Arten die Ausprägung vieler genetisch eigentlich vorhandener Eigenschaften unterdrücken. Ein zahmes Tier könnte also grundsätzlich anders aussehen und andere Eigenschaften haben als ein wildes Tier, und diese Eigenschaften dann auch weitervererben.

Und nun kommt noch ein weiterer Aspekt ins Spiel: Nicht nur Füchse haben durch den menschlichen Einfluss weniger Stresshormone im Blut. Man hat auch nachgewiesen, dass Menschen in Gegenwart von Hunden weniger Stresshormone ausschütten. Und wer weiß schon, was bei uns im Aussehen und im Charakter durch die Ausschüttung von Stresshormonen verhindert wird?

So ist auch der Gedanke nicht abwegig, dass unsere tierischen Lebensgefährten im Laufe der Jahrtausende unser menschliches Erbgut beeinflusst haben könnten. Ein seltsamer Gedanke. In Anlehnung an Johannes Rau könnte man sagen: Vielleicht wären wir als Menschen eine größere Katastrophe, wenn wir unsere Hunde damals in der Steinzeit nicht vermenschlicht hätten.

05 Von einem Hund getröstet werden

Ja, ja, ja, man soll Hunde nicht vermenschlichen. Aber die Tatsache, dass Menschen genau das seit mindestens fünfzehntausend Jahren tun, hat unsere Hunde verändert. Das zumindest vermuten Deborah Custance und Jennifer Mayer vom Psychologischen Institut der Goldsmiths Universität in London nach einer Studie, die sie 2012 initiierten. Weil Menschen bei der Hundezucht aus naheliegenden Gründen immer Tiere ausgewählt haben, die sich besonders gut an Herrchen und Frauchen anpassen konnten, seien unsere Hunde zu Haustieren mit einer ganz besonderen Bindung an den Menschen geworden, so die beiden Wissenschaftlerinnen.

Um festzustellen, ob Hunde zu Empathie fähig sind, hatten die Psychologinnen Hunde und ihre Menschen mit einer Kamera gefilmt. Die Besitzer hatten den Auftrag, zu einem bestimmten Zeitpunkt der Aufnahme entweder überraschend in Weinen auszubrechen oder ebenso plötzlich laute Summ- und Brummlaute auszustoßen. Fast ausnahmslos reagierten die Hunde auf das Brummen ihrer Menschen kaum, aber auf das Weinen mit unterwürfigen, beschwichtigenden Gesten, die Trost auszudrücken schienen.

Wollten die Hunde ihre Menschen wirklich trösten, oder empfanden sie in dieser Situation nur selbst Stress und suchten Zuspruch bei ihren Besitzern? Letzteres schließen die Wissenschaftlerinnen aus, da die Hunde auch fremde Personen »trösteten«, wenn diese in Tränen ausbrachen, selbst wenn die Hundebesitzer anwesend waren. Ein trostsuchender Hund hätte sich in einer Stresssituation an eine vertraute Person gewandt.

06 Einen Hund angähnen

Wenn man einen Hund laut und geräuschvoll angähnt, gähnt er zurück. Nicht immer, aber oft. Das hat eine Studie im Jahr 2008 bewiesen. Und eine weitere Untersuchung brachte 2012 noch detailliertere Erkenntnisse zutage: Hunde gähnen nicht nur beim Anblick gähnender Menschengesichter, sondern auch, sobald sie die Geräusche gähnender Menschen hören. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit des Mitgähnens, wenn ein Hund vom eigenen Besitzer angegähnt wird oder dessen Gähnen hört.

Wer schon allein beim Lesen dieser Informationen den Mund aufreißt und herzhaft gähnt, beweist damit am eigenen Leibe, warum diese Experimente so bahnbrechend sind. Man weiß nämlich heute, dass die Fähigkeit zum Mitgähnen zumindest beim Menschen ein Gradmesser für die Empathiefähigkeit ist. Mitfühlende Menschen gähnen schon, sobald sie vom Gähnen anderer nur lesen. Autistische Menschen hingegen leben in einer eigenen Welt und gähnen selten oder gar nicht zurück. Kinder gähnen grundsätzlich erst ab einem Alter von vier Jahren mit, vorher sind sie vom Entwicklungsstand her nicht in der Lage, sich in andere einzufühlen.

Bei Tieren wurde die Fähigkeit zum ansteckenden Gähnen bisher nur bei einer Pavianart, bei den Bärenmakaken und beim Schimpansen nachgewiesen. Die einzige Tierart, die nachweislich artübergreifend mitgähnt, ist der Hund.

Wer es ausprobieren will: Bei der Studie an der portugiesischen Universität Porto hörten die Hunde fünfmal hintereinander ein geräuschvolles Gähnen ihrer Besitzer, gefolgt von fünf Sekunden Stille. 40 Prozent der Hunde rissen daraufhin gähnend ihr Maul auf.

07 Einen Ausreißer entschuldigen

Wenn ein Hund ausbüxt und freudestrahlend auf Passanten zuläuft, dann sagen alle Hundebesitzer angeblich denselben Satz: Der tut nichts, der will nur spielen.

Stimmt gar nicht. Hundebesitzer sind viel fantasievoller, und sie haben mehr Sätze im Repertoire! Hier eine Auswahl:

08 Einen Hundebesitzer demütigen

Ein Hundebesitzer, dessen Hund gerade ausgebüxt ist, befindet sich in einer wehrlosen Position. Meist ist er atemlos, weil er in wenigen Sekunden von null auf hundert beschleunigt hat, um den davongaloppierenden Hund einzuholen. Meist bebt er vor Angst, weil der Hund auf seiner Flucht einem Auto oder einem Jäger nur knapp entronnen ist. Meist ist er schmutzig, weil er bei der Verfolgung des Tieres den direkten Weg genommen hat. Er weiß außerdem, dass er juristisch und moralisch für sein Tier haftet. Und – noch schlimmer – er weiß auch, dass es im Showbusiness Menschen gibt, die von genau dieser Situation leben, denn so ein Moment wirkt auf Außenstehende blamabel, peinlich, witzig und doof, man kann sich herrlich darüber lustig machen. Wer gern Menschen demütigt, kann dies mit einem Hundebesitzer jetzt ungestraft tun. Der tut nichts. Der will nur fliehen. Und solche Sätze kann man dann sagen:

Ha! Wetten, jetzt sagen Sie gleich: Der tut nichts, der will nur spielen.

Ja, ja, das sagen alle!

Wie der Herr, so das Gescherr.

Haben sie Ihren Mann/Ihre Frau/Ihre Kinder/Ihren Haushalt/Ihren Job ähnlich gut im Griff?

Sie werden von meinem Anwalt hören. Demnächst geht dieser Köter mit Maulkorb Gassi!

Leute wie Sie sollten keine Hunde haben!

Leute wie Sie sollte es gar nicht geben.

Und jetzt auch noch frech werden.

09 Einen Hundehaufen entfernen

»Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.« Diesen Satz formulierte Fußballnationalspieler Andreas Brehme einmal in einem Interview, und wo er recht hat, hat er recht, das lässt sich nicht wegdiskutieren.

Niemand tritt gern in Hundehaufen, niemand möchte Lebenszeit darauf verwenden, Schuhe und Fußböden von Hundekot zu reinigen, und niemand will im Slalom durch Städte und Dörfer hüpfen, um diesem Schicksal zu entgehen. Also sollte jeder Hundehalter die Tretminen seines Vierbeiners auf öffentlichen Verkehrsflächen entfernen. Kleine Tüten dafür passen in jede Hosentasche, und wer alles richtig machen will, verwendet kompostierbare Beutel aus Maisstärke. So, alles gesagt, Ende des Kapitels.

Nein, doch noch nicht!

Ich will das Thema jetzt wirklich nicht breittreten, aber ich habe eben das Wort Hundehaufen gegoogelt, und die Internet-Fundstellen sind wirklich interessant. Sie geben tiefe Einblicke in die Eingeweide unserer Gesellschaft. Sie zeichnen quasi ein mehr oder weniger übelriechendes Zeit- und Sittengemälde unserer Alltagswelt, und das will ich niemandem vorenthalten.

Man kann die Fundstellen, oder besser, ihre Verursacher in drei Gruppen einteilen: in alberne, in praktisch veranlagte und in schimpfende.

Da sind erst einmal diejenigen, die Hundehaufen lustig finden und andere daran teilhaben lassen wollen. Sie bieten zum Beispiel feucht glänzende Hundehaufen aus Plastik zum Kauf an, als Scherzartikel. Oder ein »Kackhaufen-Spray«, das bestialisch stinkt, wenn es sich braun aus der Spraydose kringelt. Oder ein Kinderspiel namens »Kackel Dackel«, bei dem Kinder einen Spielzeugdackel füttern können, und das Tier scheidet beim anschließenden Gassigang mit echten Verdauungsgeräuschen ein Häufchen aus brauner Knete aus, das mit einem Schäufelchen aufgefangen werden muss. Es gibt außerdem ein beliebtes Bilderbuch, in dem ein kleiner Maulwurf mit einem Kackhaufen auf dem Kopf durch die Seiten spaziert, um herauszufinden, wer ihm da aufs Hirn gesemmelt hat. Am Schluss stellt sich dann heraus: Es war Hans-Heinerich, der Metzgershund. Das Buch wurde mittlerweile in siebenundzwanzig Sprachen übersetzt und erreichte weltweit eine Auflage von mehr als 1,8 Millionen Exemplaren.

Wer jetzt angewidert die Nase rümpft, ist vermutlich einfach zu alt für solche Späße. Wir bewegen uns hier nämlich in einem Bereich, den Wissenschaftler »skatologische Witze« nennen, von griechisch »Skor/Skatos«, was Kot bedeutet. Und über das Tabuthema Körperausscheidungen lachen nun mal diejenigen am meisten, bei denen die Erziehung zur Körperhygiene noch nicht so lange her ist, also Kinder.

Shit happens

Die zweite Gruppe, die sich intensiv mit Hundehaufen auseinandersetzt, besteht aus Menschen, die das Problem anpacken, und zwar nicht nur bildlich gesprochen. Es gibt unzählige Produkte, mit denen man Häufchen beseitigen kann: Zangen für Hundekot, Hundekotgreifer und Hundekotstaubsauger mit langem Saugrüssel für Mitarbeiter von Stadtreinigungsbetrieben.

Eiskalt aus dem Weg räumen kann man die Hinterlassenschaften des Vierbeiners mit einem Vereisungsspray für Hundehaufen: Stöckchen rein, Spray drauf, und schon hat man Eis am Stiel, das man mit einem gezielten Wurf ins Gebüsch schleudern kann. All diese Produkte kranken daran, dass sie sperrig sind und nicht so leicht in die Hosentasche passen wie die bereits erwähnten Tütchen, was ihre Markteinführung erschwert.

Mein Lieblingsprodukt ist hier der AshPoopie, leider bisher erst als Prototyp gebaut, ein in Israel erdachtes Gerät, das ein bisschen aussieht wie eine übergroße futuristische Taschenlampe. Es kann Hundehaufen pulverisieren, sterilisieren und zu einem Häufchen Asche verwandeln, was zweifelsohne auch Erwachsenen große skatologische Freude bereiten könnte. Schade nur, dass der Poopie immer noch nicht auf dem Markt ist.

Manchen stinkt's gewaltig

Die dritte Gruppe ist die der Hundehaufenbeschimpfer. Sie ist die größte, denn der Ärger über die Ausscheidungen des Hundes vereint Menschen, die sonst im Leben kaum Berührungspunkte haben: Journalisten und Mütter, Politiker und Landwirte, Gartenfreunde und Großstadtbewohner.

Im Kampf gegen den Kot sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, und das Schimpfen muss dabei nicht immer unfreundlich sein. »Ist Frauchen ein soziales Wesen, nutzt es die Schaufel und den Besen«, so reimte beispielswiese ein Rentner in Flottbek bei Hamburg. Wie das Hamburger Abendblatt berichtete, hat der Mann inzwischen schon mehr als hundert solcher kleinen Gedichte verfasst, anschließend ausgedruckt, in eine Klarsichthülle verpackt und mit Paketband an Laternenpfähle und Gartenzäune direkt über die Hinterlassenschaften von Hunden gehängt. Mit überraschendem Erfolg: Offenbar lassen sich viele Hundehalter mit Humor und einem Augenzwinkern tatsächlich zur Benutzung von Tüte und Schaufel bewegen. Die Zahl der Tretminen in seinem Wohngebiet nimmt stetig ab. »Es ist schon eine Tüte wert, wenn Hundchen Großes widerfährt.« Wer kann dazu schon Nein sagen?

In immer mehr Städten stinkt der Hundekot jetzt aber auch den Verantwortlichen, und sie markieren Hundehaufen im Stadtbild mit farbigen Fähnchen, um Fußgänger zu warnen und Hundebesitzer zum Nachdenken anzuregen.