Ice Kings – Flammendes Herz - Stacey Lynn - E-Book
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Ice Kings – Flammendes Herz E-Book

Stacey Lynn

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Beschreibung

Das neue Jahr hätte für mich nicht beschissener starten können: Anstelle von meiner Frau haben die Scheidungspapiere zu Hause auf mich gewartet. Vielleicht wäre ich danach besser nicht in meine Stammbar gegangen, um meine Sorgen in Alkohol zu ertränken. Und ich hätte die Nacht definitiv besser nicht ohnmächtig im Bett der Barkeeperin Gigi verbracht. Und zu guter Letzt: Ich hätte meine Deckung nicht aufgeben und Spaß mit ihr haben dürfen. Jetzt muss ich die ganze Zeit an sie denken - und an die Dinge, die ich mit ihr anstellen könnte.

Ich bin mitten in der besten Eishockeysaison meines Lebens. Ich brauche einen klaren Kopf und muss mich auf die Playoffs fokussieren - und mich nicht von einer heißen Barkeeperin ablenken lassen. Mich so schnell nach einer gescheiterten Ehe in etwas Neues zu stürzen, ist nicht unbedingt das Schlauste, das ich jemals gemacht habe. Aber ich kann mich nicht dagegen wehren: Ich will Gigi!

Der vierte Band der heißen Sports Romance um die Eishockeyspieler der Carolina Ice Kings.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Epilog

Danksagung

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

 

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Über dieses Buch

Das neue Jahr hätte für mich nicht beschissener starten können: Anstelle von meiner Frau haben die Scheidungspapiere zu Hause auf mich gewartet. Vielleicht wäre ich danach besser nicht in meine Stammbar gegangen, um meine Sorgen in Alkohol zu ertränken. Und ich hätte die Nacht definitiv besser nicht ohnmächtig im Bett der Barkeeperin Gigi verbracht. Und zu guter Letzt: Ich hätte meine Deckung nicht aufgeben und Spaß mit ihr haben dürfen. Jetzt muss ich die ganze Zeit an sie denken – und an die Dinge, die ich mit ihr anstellen könnte.

Ich bin mitten in der besten Eishockeysaison meines Lebens. Ich brauche einen klaren Kopf und muss mich auf die Playoffs fokussieren – und mich nicht von einer heißen Barkeeperin ablenken lassen. Mich so schnell nach einer gescheiterten Ehe in etwas Neues zu stürzen, ist nicht unbedingt das Schlauste, das ich jemals gemacht habe. Aber ich kann mich nicht dagegen wehren: Ich will Gigi!

STACEY LYNN

ICE KINGS

FLAMMENDES HERZ

Aus dem Amerikanischen von Anita Nirschl

Kapitel 1

Sebastian

Meine Finger tippen auf das leere Display meines Handys, während ich hin und her überlege, ob es irgendeinen Sinn hat, meiner Frau eine weitere Nachricht zu schicken. Meine geräuschunterdrückenden Kopfhörer sind nicht an, aber ich trage sie schon, seit wir in unser Mannschaftsflugzeug gestiegen sind, das uns von Nashville zurück nach Hause bringt.

Wir haben gerade unser erstes Spiel des Jahres gewonnen. Beruflich gesehen ist diese Saison eine der besten meiner Karriere als Verteidiger der Carolina Ice Kings und die beste, die unser Team je hatte. Wir liegen vier Spiele in Führung. Wir harmonieren perfekt, sowohl auf dem Eis als auch privat. Unsere Reihen sind Perfektion.

Unser Goalie Byron Maddox hat weniger Tore reingelassen als jeder andere Torhüter in der Liga.

Wir sind heiß. In Topform. Scharf darauf, die Saison stark abzuschließen, für eine gute Chance auf den Cup.

Persönlich?

Könnte es nicht schlechter laufen.

Madison hat auf keine meiner Nachrichten oder Anrufe geantwortet, seit sie vor Weihnachten weggegangen ist. Die Feiertage allein und dann auf Tour mit dem Team zu verbringen war nicht, wie ich ein neues Jahr einläuten wollte, aber es war besser als die Alternative — allein zu Hause zu sitzen.

Schon bevor sie weggefahren war, um ihre Familie in Minnesota zu besuchen, war es zwischen uns schlecht gelaufen. In den Wochen davor hatte sie die meisten Tage abwechselnd weinend oder in einem zombieartigen Trancezustand verbracht, nachdem unsere medizinischen Bemühungen den jüngsten Tiefschlag erhalten hatten.

Niedrige Spermienzahl. Geringe Beweglichkeit.

Zusätzlich zu Madisons medizinischen Problemen in den letzten Jahren, in denen wir mit Unfruchtbarkeit gekämpft haben, bin ich nun genauso schuld. Als wir dem Arzt gegenübersaßen, wobei wir einander kaum zur Kenntnis nahmen, während er uns diese Information mitteilte, platzte die Hoffnung meiner Frau so schnell wie ein kaputter Luftballon.

Ich habe ihr, seit wir fünfzehn Jahre alt waren, versprochen, dass ich ihr immer alles geben würde, was sie sich nur wünscht. Und das hier? Das Einzige, was sie sich mehr als alles andere gewünscht hat … Bei dem habe ich sie enttäuscht.

Ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir uns davon wieder erholen können. Und wie sie mich angesehen hat, als ich die Sprache auf alternative Möglichkeiten, unsere eigene Familie zu gründen, gebracht habe?

Das ist nicht so gut gelaufen.

»Wir können Pflegeeltern werden.«

»Ich bitte dich. Du bist doch kaum zu Hause. Nicht gerade stabile Verhältnisse. Und was passiert, wenn wir notfallmäßig angerufen werden, um Kinder aufzunehmen, wenn du gerade auf Auswärtstour bist? Ich kann das nicht alles allein machen.«

»Ich habe nie angedeutet, dass du das allein machen musst.« Seufzend fahre ich mir mit der Hand durchs Haar. Es ist lang, aber ich schneide es nie während der Saison, deshalb fällt es mir auf die Schultern und um die Ohren. »Adoption. Das haben wir nie ausgeschlossen.«

Tränen steigen ihr in die Augen, und sie beißt sich auf die Lippe. Es hat einmal eine Zeit gegeben, in der Madisons leuchtendes, feurig rotes Haar und hellblaue Augen das Einzige war, was ich sehen musste, um den Tag gut anzufangen. Ihr Haar hat immer noch Feuer, doch die hellblauen Augen haben im Lauf der Jahre ihren Glanz verloren. Es bringt mich um, ihre ständige Traurigkeit zu sehen.

»Madison. Wir haben Möglichkeiten, und die Mittel, sie umzusetzen. Bitte, denk einfach noch ein wenig darüber nach.«

»Okay, Seb. Ich werde darüber nachdenken.«

Ihr Lächeln ist schwach und verschwindet schnell, aber ich lehne mich vor und küsse sie. »Liebe dich, Mads. Immer.«

»Ich dich auch.«

Sie tritt zurück, und ich lange nach dem Griff des Koffers. Der Fahrdienst wartet in der Auffahrt, um mich zum Flughafen zu bringen. Ich gehe ohne ein weiteres Wort, und erst als ich den Flughafen erreiche, wird mir bewusst, dass es das erste Mal ist, dass sie nicht ›Ich liebe dich. Pass auf dich auf. Komm bald wieder heim‹ zu mir gesagt hat, wie sie es seit dem College vor jeder Reise getan hat.

Angst schlich sich ein, als mir bewusst wurde, dass sie mir nicht gesagt hat, dass sie mich liebt. Ich überlegte umzukehren, meinen Flug zum Spiel zu verpassen, um nach ihr zu sehen. Stattdessen wischte ich es beiseite. Jetzt ist diese Angst quicklebendig — diese Angst, dass sie, wenn sie gegangen ist, vielleicht nicht zurückkommt.

»Verdammt«, murmle ich und rufe die Reihe von Textnachrichten auf, die ich ihr geschickt habe.

Hey, Schatz. Bin sicher gelandet. Liebe dich.

Ruf mich an. Wieder im Hotel nach dem Training. Du fehlst mir.

Mads? Wo bist du?

Wünsch deiner Familie Frohe Weihnachten von mir. Hoffe, du hast Spaß.

Hab versucht, dich anzurufen. Gehe jetzt ins Bett. Liebe dich.

Gutes Neues Jahr, Schatz. Liebe dich. Immer. Wir finden eine Lösung.

Guten Morgen, Schatz. Gut geschlafen? Fahren bald zum Stadion. Ruf mich an.

Mein Knie wippt, und meine Muskeln sind angespannt. Mein Kiefer schmerzt vom vielen Zähnezusammenbeißen, um nicht vor Frust zu knurren.

Warum zum Teufel antwortet sie auf keine einzige Nachricht? Was geht in ihrem Kopf vor? Ich brauche sie zu Hause, damit wir eine Lösung finden können.

»Hey. Alles okay bei dir?«

Ich drehe mich zu Sawyer um, meinem Teamkollegen aus meiner Verteidigungsreihe. Er ist mopsfidel und glücklich, da er vor Kurzem an Heiligabend seine langjährige Freundin und jetzt Ehefrau Debbie geheiratet hat. Die Tatsache, dass sie ein Baby bekommen, hat ihn in letzter Zeit nicht gerade zu meiner Lieblingsperson gemacht.

Als Madison davon erfuhr? Hat sie eine Woche lang geweint.

Ich weiß, was die Jungs denken.

Madison ist eine Zicke. Sie ist unhöflich. Sie lächelt selten, und sie sieht immer genervt aus, wenn sie mit ihren Familien zusammen ist.

Aber sie war nicht immer so. Das ist der Stress. Zu sehen, wie alle unsere Lieben alles bekommen, was wir uns wünschen, während wir Monat für Monat enttäuscht werden?

Da ist es schwer, nicht verbittert zu werden.

»Alles gut.« Ich wende mich wieder meinem Handy und dem leeren Display zu. Ich muss nach Hause. Muss Madison dazu kriegen, mit mir zu reden.

»Du siehst aus, als würdest du am liebsten das Flugzeugfenster einschlagen«, sagt Sawyer mit einer Grimasse. »Und ich muss dir raten, das lieber zu lassen.«

Er schüttelt sich gespielt beunruhigt. Normalerweise mag ich seine lustige Art, aber heute Abend bin ich nicht in der Stimmung.

Gegenüber von uns sitzen Jason und Jude Taylor. Die beiden sind nicht nur Brüder und zwei der besten Außenstürmer der Profi-Eishockeyliga, sondern auch die besten Menschen, die ich je kennengelernt habe.

Jude hat seine Kopfhörer auf, den Kopf zurückgelehnt und schläft.

Jason hat seine Kopfhörer auf und die Augen mit leicht hochgezogenen Brauen auf mich gerichtet. Na toll. Wie lange beobachtet er mich schon? Er ist der einzige Mensch, der irgendeine Ahnung davon hat, was wir durchmachen, und selbst er weiß nur sehr wenig. Definitiv nichts von den jüngsten schlechten Nachrichten.

»Es geht mir gut, Sawyer.«

Ich nehme mein Handy und rufe meine Musik-Streaming-App auf, um zu versuchen, die beiden zu ignorieren.

»Wirklich? Weil du heute ein paar Strafen mehr als sonst kassiert hast, und du hast irre agressiv gespielt, also falls irgendwas los ist …«

»Barthol hatte es verdient.« Drake Barthol ist Nashvilles stärkster Mittelstürmer. Er ist außerdem ein verdammt guter Kerl und ein sauberer Spieler. Was bedeutet, dass ich Mist verzapfe, und Sawyer weiß das. An irgendjemandem musste ich meinen Frust auslassen, und da konnte es ebenso gut er sein.

»Nein. Hatte er nicht.«

Ich kann Sawyer wegen meiner Kopfhörer kaum hören, aber sein Tonfall entgeht mir nicht. Ich drehe mich zu ihm um, sehe seine selten benutzte ernste Miene und seufze.

Es ist nicht seine Schuld, dass er seine Frau schwängern kann und ich nicht.

Oder dass Madison seit über einer Woche nicht mehr mit mir gesprochen hat.

»Nur ein schlechtes Spiel. Beim nächsten werde ich mich wieder am Riemen reißen.«

»Mir macht nicht dein Spiel Sorgen. Falls irgendetwas los ist …«

»Nichts ist los«, zische ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Das Letzte, was ich tun werde, ist, in tausenden Metern Höhe mein Herz auszuschütten.

»Also gut.« Er hebt die Hände, steht auf und verzieht sich wieder zurück an seinen Platz bei Bryon Maddox und Duke Fletcher, unseren anderen Teamkollegen.

Ich sehe ihm nach, und als ich meinen Blick wieder zurück zu meinem Tisch richte, ertappe ich Jason dabei, dass er mich immer noch beobachtet.

»Fang du nicht auch noch an.«

Er spitzt die Lippen und nickt. »Ich bin da. Das weißt du, oder? Du warst auch für mich da.«

Ja, als ich gewusst hatte, dass er eine Frau wollte, die ihn ebenfalls wollte, und beide zu dämlich waren, den ersten Schritt zu machen. Das hier ist was anderes.

Mir ist klar, was er hören will, also gebe ich es ihm. »Ich weiß. Danke.«

»Gut.«

Eine Stunde später ist das Flugzeug gelandet, ich habe mir mein Gepäck geschnappt und sitze auf dem Rücksitz einer Limousine auf dem Weg nach Hause.

Wieder hole ich mein Handy raus und tippe auf Anrufen. Mein Knie wippt, während ich warte …

»Hallo, Sie haben die Nummer von Madison Hendrix gewählt. Ich bin gerade nicht zu erreichen …«

Ich lege auf. Versuche es noch mal. Noch vier Mal, nur um dieselbe Voicemail-Ansage zu bekommen. Es sieht ihr nicht ähnlich, mich völlig zu ignorieren.

Was bedeutet, dass ich fünfunddreißig Minuten später, als der Wagen in meine gewundene Auffahrt in einem Vorort außerhalb von Charlotte einbiegt, über den Punkt von leicht beunruhigt oder verärgert hinaus bin.

Ich zermartere mir das Hirn vor Sorge.

Was, wenn etwas passiert ist?

***

Meine Knöchel werden attackiert, sobald ich einen Schritt zur Haustür hinein mache.

Ich hebe Brutus hoch, unseren sieben Pfund schweren Malteser-Fellknäuel, den ich für Madison gekauft habe, nachdem die zweite Runde Fruchtbarkeitsbehandlungen nicht geklappt hatte, und schlage die Tür zu. Wir haben eine Haushälterin, die Madison in Haus und Garten zur Hand geht. Wenn Madison nicht zu Hause ist, wird Brutus normalerweise in sein eigenes privates Hundezimmer gesperrt, das wir für ihn eingerichtet haben. Ich habe Cara vorhin geschrieben und ihr gesagt, dass sie nicht auf mich zu warten braucht und ihn draußen lassen kann. Der arme Kerl war in der letzten Woche schon viel länger eingesperrt als üblich.

Sobald meine Wange von Minihundesabber überzogen ist und er sich auf meinem Arm beruhigt hat, setze ich ihn wieder auf den Boden.

Das Haus ist still. Auf unheimliche Weise. Madison hat immer Musik an. Sie ist keine große Fernseherin, aber sie liebt Bücher. Normalerweise, wenn ich von einer Tour nach Hause komme, finde ich sie gemütlich in ihrem Pyjama vor, ein Glas Wein in der Hand, ihren Kindle auf dem Beistelltisch und irgendeine Art von Musik, entweder Pop, Country oder Klassik, je nach ihrer Stimmung, die aus der Soundanlage dringt.

Ins Haus zu kommen und es absolut still vorzufinden ist nervenaufreibend.

Zu meinen Füßen bellt Brutus einmal, zweimal, dann dreht er sich dreimal im Kreis, bevor er wie eine Rakete zu seiner Futterschüssel abdüst.

»Schon gut. Schon gut, kleiner Mann.«

Ich werde den Hund füttern. Madison anrufen. Erneut.

Und dann werde ich verdammt noch mal ins Bett gehen, um morgen mit einem klaren Kopf herauszufinden, was zum Teufel los ist, und mich damit auseinanderzusetzen.

Sobald ich Brutus sein Futter serviert und mich vergewissert habe, dass er frisches Wasser hat, schicke ich Cara eine kurze Dankesnachricht und öffne den aufgefüllten Kühlschrank. Ich durchforste gerade den Inhalt, als es an der Tür läutet.

Bei dem Geräusch flippt Brutus wie immer völlig aus und rast los, dass ihm die Pfoten auf den Fliesen durchgehen, um mir zuvorzukommen. Ich hebe ihn auf dem Weg zur Tür hoch, dabei werfe ich einen Blick auf die Uhr über unserem Kamin.

Es ist verdammt noch mal schon zehn Uhr. Wer zum Geier könnte das sein?

Eine große männliche Gestalt in etwas, das durch unsere Milchglastür wie eine Uniform aussieht, lässt mir die Haare auf den Armen zu Berge stehen.

Was zum Teufel?

Sobald ich die Tür öffne, wendet sich ein im Profil stehender Mann zu mir um.

Sofort muss ich blinzelnd zweimal hinsehen. Das Abzeichen auf seiner Brust und das Polizeiauto in meiner Auffahrt lassen mich erstarren. In seiner ausgestreckten Hand hält er einen braunen Umschlag.

»Mr. Hendrix?«

»Ja?« Brutus zappelt in meinen Armen, also setze ich ihn drinnen ab, schließe die Tür hinter mir und trete hinaus auf die Veranda, bevor ich weiter antworte. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Sheriff Butler, Sir, und die Papiere sind hiermit ordnungsgemäß zugestellt.«

Seine Worte verschwimmen, während er spricht. »Welche Papiere?«

»Antrag auf Ehescheidung. Also, zuoberst in dem Umschlag ist ein Formular, das Sie mir unterschreiben müssen, um den Erhalt der Papiere zu bestätigen. Mein Vorschlag, besorgen Sie sich einen Anwalt, und reichen Sie Ihre Antwort bis zum angegebenen Termin ein.«

Antrag auf … Ehescheidung?

»Was zum Teufel?« Heftig zitternd reiße ich ihm den Umschlag aus den Händen, während mir das Blut ins Gehirn schießt und das Herz in den Ohren pocht. Ich brauche mehrere Versuche, um den Umschlag aufzureißen, bevor ich die Metallklammer finde, sie öffne und die Papiere herausnehme.

»Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen.« Die Worte bleiben mir im Hals stecken, und meine Brust wird unerträglich eiskalt.

Das würde sie nicht tun. Oder?

Oben auf den Papieren ist ein professionell aussehender Briefkopf.

Anwaltskanzlei für Familienrecht, Ritter und ein zweiter Name, den ich nicht kenne. Aber der eine, den ich kenne, reicht.

Madisons Onkel ist Anwalt. Ritter ist ihr Mädchenname.

Scheiße.

Genau da, in schwarzer Tinte. Die Worte Antrag auf Ehescheidung starren mir entgegen, werden verschwommener, je länger ich sie anstarre.

»Mr. Hendrix —«

»Sebastian.« Wütend sehe ich zu ihm hoch.

Das hier ist nicht seine Schuld, aber ich bin ziemlich sicher, wenn es mich nicht ins Gefängnis bringen würde, würde ich ihm eine reinhauen.

»Ich bin nicht hergekommen, um Probleme zu verursachen, und ich bin nicht der Grund für Ihren verständlichen Ärger. Ich mache nur meinen Job. Wenn Sie bitte die Annahme quittieren würden.«

Ich unterdrücke ein Knurren und beiße die Zähne zusammen. Vage nehme ich wahr, dass seine Hand an seiner Hüfte in der Nähe seines Halfters ist, und heilige verdammte Scheiße.

Sie tut das wirklich.

Sie hat mich tatsächlich verlassen, und sie tut das wirklich. Meine Knie zittern, als ich das oberste Blatt Papier auseinanderfalte, das Formular, das der Sheriff erwähnt hat. Darunter ist ein weiterer Umschlag. Mein Name. In geschwungener, vertrauter Handschrift. Ich will ihn ungelesen zerreißen. Wie gütig von Madison, mir zusammen mit den Scheidungspapieren einen Brief zu schicken.

Ein Kugelschreiber taucht in meinem Blickfeld auf.

»Na schön.« Ich nehme ihn, ohne hinzusehen, kritzle meinen Namen hin und gebe ihm das Formular zurück.

»Danke«, sagt er, während er das Blatt zusammenfaltet und mir den Kugelschreiber wieder abnimmt. »Alles Gute, Mr. Hendrix.«

Er dreht sich um und geht zurück zu seinem Streifenwagen. Ich bleibe wie erstarrt auf meinem Fleck stehen, bis er längst außer Sichtweite ist.

Dann drehe ich mich um und übergebe mich in die Büsche neben unserer Veranda.

***

Sebastian,

das hier ist feige von mir. Das weiß ich. Aber du wolltest mich nicht gehen lassen, und du wolltest mir in all diesen Jahren, in denen ich versucht habe, es dir zu erklären, nicht zuhören. Ich will mein Baby. Unseres. Eines, das ich in meinem Körper trage und in diese Welt gebäre. Jetzt wissen wir mit Sicherheit, dass das nie geschehen wird. Ich verstehe, dass es andere Möglichkeiten gibt. Die habe ich abgehakt. Bitte.

Es ist vorbei.

Lass mich meinen Frieden finden, während ich mich mit dieser jüngsten Nachricht abfinde. Vielleicht werden wir so irgendwann beide bekommen, was wir uns wünschen, aber es besteht keine Hoffnung, dass —

Ich zerknülle das Blatt Papier in meiner Faust, dann hole ich aus und schleudere es fort, unzufrieden damit, dass es nur von der Kücheninsel abprallt, bevor es auf den Boden fällt. Ein Schrei bricht aus meiner Kehle, und ich sehe mich nach etwas Handfesterem um, das ich werfen kann. Etwas, das zerschmettert, so wie sie es gerade mit mir gemacht hat.

»Gottverdammter Bullshit. Das alles ist so ein Bullshit.«

Das Ende meiner Ehe geht vor meinen Augen in Flammen auf. Ich hole die Papiere raus, die sie mir so pünktlich, nachdem ich gerade nach Hause gekommen bin, hat zustellen lassen, als hätte sie es so getimt, und fange an zu lesen.

Mit jeder Minute, die verstreicht, brennt das Loch, das sie geschaffen hat, größer und heller.

Zwanzig Minuten später bin ich stinksauer.

Ein paar Tausend Dollar im Monat, bis sie wieder auf eigenen Beinen stehen kann und einen Job gefunden hat, um für sich selbst zu sorgen, dazu noch ihre restlichen Kleider und persönlichen Gegenstände in ihrem Schrank und unserem Haus. Sie wird dafür sorgen, dass Möbelpacker kommen, um ihre Sachen zu holen. Das ist alles, worum sie bittet.

Kein Geld für eine Anzahlung für ihre eigene Wohnung.

Kein Brutus.

Kein Darauf-Bestehen, dass wir das Strandhaus auf Sanibel Island verkaufen, wo wir jeden Sommer dreißig Tage verbracht haben, um vor dem Trainingslager auszuspannen. Und dass sie die Hälfte davon bekommt.

Da ist keine Hälfte von gar nichts.

Nach allem, was sie durchgemacht hat. Nach all den Träumen, die sie für mich auf Eis gelegt hat und darauf bestand, dass es das wert war. Nach all den Jahren, die sie weinend in meinen Armen verbracht hat, vor Kummer, weil sie unser Kind nicht austragen konnte … und nun verlangt sie nur ein paar verdammte Pennys.

Das ist beinahe beleidigender, als alles zu verlangen. Sie geht mit meinem Namen und dem Gehalt, das mein Vater als Lehrer verdient, und sie will sonst nichts von mir als meine verdammte Unterschrift.

Und scheiß drauf.

Scheiß auf alles.

Kapitel 2

Gigi

Mein Grandpa sagte immer, wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus. Als das Leben mir Zitronen gab, habe ich sie zu Brei zerstampft und mir ein Ticket ohne Rückflug in die Türkei gekauft, von wo aus ich eineinhalb Jahre lang durch Osteuropa gereist bin, bevor ich weitere sechs Monate lang Westeuropa durchstreift habe und schließlich in Schottland gelandet bin, wo ich des Reisens allmählich überdrüssig wurde.

Mein Herz begann, meinen Dad und mein Zuhause zu vermissen.

Trotz meines Heimwehs, das in mir aufkeimte, brauchte es immer noch einen Anruf von meiner Tante Pamela, dass mein Dad mit Schmerzen in der Brust im Krankenhaus lag, um mich schließlich wieder in ein Flugzeug und auf amerikanischen Boden zu bringen. Kaum war ich gelandet, fuhr ich zu seiner Bar, um mein Gepäck in der Wohnung über der Kneipe zu deponieren und mich frisch zu machen, bevor ich mich auf den Weg machte, um ihn zu sehen. Ich dachte mir, dass er nach allem, was Pamela gesagt hatte, zu Hause sein und sich ausruhen würde.

Man stelle sich meine Überraschung vor, als ich in die Bar kam, um mir den Schlüssel für oben zu holen, und da war er.

Stark und kräftig, mit Bauch, Doppelkinn und seinem dichten Schopf graumelierter Haare, ließ er mit ein paar männlichen Gästen sein typisches und wohlbekanntes schallendes Lachen erklingen.

Ich war über die Bar gehechtet, ohne mich um die Drinks zu kümmern, die ich dabei wahrscheinlich verschüttete, und hatte meine viel zierlicheren Arme um ihn geworfen, um ihn zu drücken.

Seit diesem Tag vor knapp über einem Jahr habe ich die Jungs, die an jenem Abend da waren, besser kennengelernt, hauptsächlich Teammitglieder der Carolina Ice Kings, dem Profi-Eishockey-Team von North Carolina.

Irgendwann hat Dad mich zur Seite genommen und mir gesagt, dass diese Jungs seine Bar vor einem Jahr entdeckt hatten, nachdem sie nach einem verlorenen Heimspiel mit ein paar ihrer Frauen und Freundinnen hereingeschlendert waren. Es war kaum jemand in der Bar gewesen, weil die meisten jungen Leute lieber nach Charlotte zu den cooleren Clubs fuhren. Offenbar hatte ihnen die Ruhe so gut gefallen, dass sie immer wiedergekommen waren. Er sagte mir, ich sollte es nie jemandem erzählen, dass sie herkamen. Es gefiel ihnen hier, sie gaben gutes Trinkgeld und machten keinen Ärger, und ihm gefiel ihre Gesellschaft.

Ich weiß das, weil mein Dad mich den meisten von ihnen in jener Nacht vorgestellt hat, zwischen frechen Seitenhieben auf meine gefärbten Haare, das Meerjungfrauen-Tattoo, das ich mir in Deutschland habe stechen lassen, und dem winzigen Nasenpiercing, das ich mir an der französischen Riviera geholt habe.

Unter ihnen gab es einen, der hervorstach. Er kam rein mit seinen zotteligen, schmutzig dunkelblonden Haaren, die leicht gewellt waren. Sie fielen ihm über die Ohren und ringelten sich über seinen Kragen. Sein Bart war struppig und musste dringend gestutzt werden. Aber es war sein Lächeln, das mich anzog. Volle, leicht rosige Lippen, die fast zu feminin für seinen muskulösen Körper waren. Lippen, die gern lächelten, mit einer Oberlippe, die oft unter seinem Bart verschwand, wenn er es tat.

So. Verdammt. Sexy.

Bei seinem Anblick überlegte ich kurz, die Warnungen meines Dads in Bezug auf sie in den Wind zu schießen, über die Theke zu hechten und mich dem Mann auf den Schoß zu pflanzen, doch dann sah ich den schimmernden schwarzen Ring, den er an der linken Hand trug.

Seinem Ringfinger, um genau zu sein.

Sebastian Hendrix war einer der heißesten Männer, denen ich auf all meinen Reisen begegnet bin, und er war verheiratet.

Und da ich nicht so eine bin, noch nie war, unterdrückte ich meine Schwärmerei und aufkeimende Lust für ihn und machte meinen Job. Und ich mache meinen Job nun schon gut über ein Jahr, indem ich den Ice Kings Drinks serviere und ihnen Geschichten über meine Reisen erzähle, wobei ich ein paar davon der komödiantischen Wirkung halber übertreibe.

In der Zwischenzeit habe ich mir zwanzig Zentimeter von meinen Haaren abschneiden lassen, bin von den knallpinken Spitzen zu einem tiefen, dunklen Violett und dann Rot übergegangen, bevor ich wieder zu meinem gegenwärtigen leuchtenden Lila zurückgekehrt bin. Die Piercings in meiner Nase haben viel häufiger gewechselt, von winzigen Strasssteckern über Silberkugeln zu einem goldenen Ring, je nach Stimmung.

Und die ganze Zeit über sah ich Sebastian immer weniger lachen und sein Lächeln immer kleiner werden, bis ich den Kerl jetzt so gut wie gar nicht mehr lächeln sehe.

Was bedeutet, dass es mich nicht im Geringsten überrascht, als die Tür aufgeht, ein frischer Windstoß kalter Januarluft hereinweht, der mich durch meine Strickjacke und das George’s-Bar-Tanktop hindurch frösteln lässt, und Sebastian hereinkommt, mit hängenden Schultern und so traurigen Augen, dass es fast weh tut, ihn anzusehen.

Er geht direkt zur Bar, ohne irgendeinem der wenigen Leute im Laden einen zweiten Blick zuzuwerfen, und nimmt sich einen Hocker am Ende des Tresens, in der Nähe von dort, wo ich bin.

Er trägt ein ausgebleichtes altes weißes Baseballcap mit dem Alabama-Logo vorn drauf tief ins Gesicht gezogen. Ich verliere seine Augen aus dem Blick, sobald er sich hinsetzt, aber seine Haare würden schon ausreichen, ihn von weitem zu erkennen. Die Wellen kringeln sich in seinem Nacken und um seine Ohren, sein Bart ist kurz, aber dicht, und ich weiß, er wird im Lauf der Saison nur noch länger werden. Das erste Mal, als ich Sebastian ohne Bart gesehen habe, ist mir die Kinnlade auf den Tresen gefallen. Ich bin mir nicht sicher, auf welche Weise er besser aussieht, wenn er sein eckiges, scharf geschnittenes Kinn zeigt oder wenn er es versteckt. So oder so, der Mann macht einfach etwas mit mir.

Ich gehe zu ihm und lasse mein schwarzes Geschirrtuch auf den Tresen fallen.

»Hey, Hotshot. Gutes Neues Jahr.«

Abgesehen von seiner merkwürdigen und mürrischen Haltung überrascht es mich mehr, dass seine Teamkollegen nicht bei ihm sind. Oder dass er überhaupt hier ist. Es ist Neujahrstag, und sie sind seit der Woche vor Weihnachten nicht mehr hier gewesen.

»Gib mir was Starkes, Gigi, und dann immer für Nachschub sorgen.«

Er sieht mich nicht an. Er nimmt mich kaum zur Kenntnis, allerdings bin ich das gewohnt. Soweit ich herausgefunden habe, ist Sebastian Hendrix nicht der Typ Mann, der irgendeine Frau, die nicht seine Frau ist, zu lange ansieht. Bewundernswert. Alle Frauen wollen mit einem Kerl verheiratet sein, der sie so hingebungsvoll liebt. Bei seinem Geld, seinem Aussehen und verdammt, sogar nur seiner Persönlichkeit, sind Männer wie er selten so treu.

Ich schüttle ab, wie sehr seine Bitte schmerzt, während ich nach einer Flasche Maker’s Mark Bourbon greife. Es ist nicht der teuerste Bourbon, den wir haben, aber ich weiß, dass er ihn mag.

Ich fülle zwei Schnapsgläser und schiebe sie beide in seine Richtung.

Er nimmt das erste, kippt es runter und knallt es mit einem schweren, dumpfen Laut auf den Tresen.

»Hey. Alles okay?«

Sein Kopf hebt sich minutiös und langsam, als koste ihn die kleine Bewegung gewaltige Mühe. »Nein. Eigentlich nicht.«

Er trinkt das zweite Glas aus, dann schiebt er sie beide wieder in meine Richtung. »Wie ich schon sagte, Gigi, immer für Nachschub sorgen. Oder besser noch, ich nehm die ganze Flasche.«

»Sebastian —« Ich bin nicht sicher, ob ich ihn je bei seinem Vornamen genannt habe. Nicht seit ich ihm einen Spitznamen verpasst habe. Komischerweise ist er der einzige Typ aus dem Team, dem ich einen Spitznamen verpasst habe.

»Lass es, Gigi. Nicht heute Abend, okay? Ich will einfach nur meinen Bourbon trinken und nicht allein sein. Kannst du mir das lassen?«

Jemand am anderen Ende des Tresens ruft meinen Namen, und als ich rübersehe, hält Steve Shaw eine leere Flasche hoch. Er ist älter als mein eigener Dad, und ich kenne ihn gut genug, um ihm zu sagen, dass er sich selbst bedienen soll. Verdammt, der Mann hat mir direkt hier in dieser Bar die Windeln gewechselt, als ich noch klein war. Daran erinnert er mich auch oft und gern.

Ich sage ihm, dass ich gleich da bin, und sehe wieder zu Sebastian. »Ich lass dich allein und geb dir die Flasche, aber nur, wenn du mir deine Autoschlüssel gibst.«

»Bin mit ’nem Uber hergefahren.« Trotzdem langt er in seine Tasche und wirft einen Schlüsselbund auf den Tresen. »Aber nur zu, für den Fall, dass du mir nicht glaubst.«

»Also gut.« Ich nehme die Schlüssel und lege sie neben die Registrierkasse, nur für den Fall, dass er doch lügt. Er wäre nicht der erste Betrunkene, der das tut und sich dann rausschleicht. Auf keinen Fall werde ich mir jemanden, der betrunken Auto fährt und womöglich jemand anderen oder sich selbst verletzt, auf mein Gewissen laden.

Nachdem das erledigt ist, schiebe ich die Flasche Maker’s Mark vor ihn und schnappe mir ein frisches hiesiges Olde-Meck-Pils für Steve.

Ich bleibe eine Weile auf seiner Seite der Bar, um mich mit den Jungs zu unterhalten, die ich kenne, und mir das Spiel anzuschauen, das gerade im Fernsehen läuft. Ich gehe erst zurück in Sebastians Richtung, als ein weiterer Gast etwas braucht, und um ein Glas Wasser vor Sebastian hinzustellen, nur für den Fall.

Aber eine Stunde später, als der Bourbon rasch aus der Flasche verschwindet und das Glas Wasser unberührt geblieben ist, mache ich meinen Zug.

»Soll ich jemanden für dich anrufen, Hotshot? Sieht so aus, als müsstest du dir was von der Seele reden.«

Er füllt ein weiteres Glas, aber diesmal nippt er langsam, schluckt und zieht dann zischend den Atem durch die Zähne ein. »Nein.«

Ein Zucken in seiner bärtigen Wange verrät mir, dass ich ihm auf die Nerven gehe.

»Hey.« Ich lehne mich vor und stütze die Ellbogen auf die Bar. Ich kenne diese Jungs seit einem Jahr. Zugegeben, es ist nicht so, als wären sie Stammgäste, aber sie kommen regelmäßig genug, um zu wissen, dass ein paar von ihnen geheiratet haben und Sawyer ein Baby bekommt. Ich kenne ihren Beziehungsstatus nur, weil ich angefangen habe, Eishockey zu schauen, nachdem sie zum ersten Mal reingekommen sind und Sebastian meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

Schamlos und erbärmlich, mag sein, aber ich habe gern etwas, worüber ich mit ihnen reden kann. Was bedeutet, dass ich bereits auf meinem Handy nachgesehen habe und weiß, dass sie heute ein Spiel gewonnen haben, also kann er nicht sauer wegen einer Niederlage sein.

»Ernsthaft, Hotshot. Alles okay bei dir? Denn das hier sieht dir nicht ähnlich, und falls du jemanden zum Reden brauchst —«

»Bietest du dich dafür an?«

»Nun ja.« Ich überfliege kurz die Bar und wende mich dann schmunzelnd wieder zu ihm. Was habe ich denn sonst zu tun? »Barkeeper sind letzten Endes wie Therapeuten, weißt du? Vertrau mir, ich hab schon alles gehört. Und noch viel mehr gesehen. Nichts, was du sagen kannst, würde mich überraschen.«

»Scheißtag. Scheißjahr.«

»Das Jahr hat doch gerade erst angefangen.«

»Es wird beschissen sein«, murmelt er, trinkt sein Glas aus und schenkt sich zügig ein weiteres ein.

Ich schiebe das Glas Wasser näher zu ihm, und er wirft ihm einen verächtlichen Blick zu. »Du gibst dir ganz schön die Kante. Leg mal ’ne Pause ein, ja?«

Er hebt den Kopf gerade weit genug, um mich anzusehen. Ein gequälter, zerrissener Blick trifft mich, und ohne seine grünen Augen von mir zu nehmen, trinkt er das Glas Wasser aus.

Es ist beschämend, wie fasziniert ich die Bewegung seiner Kehle beobachte, als er schluckt, sogar noch beschämender, als mich für Eishockey zu interessieren, nur weil dieser Typ heiß ist. Der Anblick durchzuckt mich, als habe ich einen Stromschlag bekommen. Zum Glück bin ich gut darin geworden, die körperlichen Reaktionen zu verbergen, die ich habe, wenn ich in seiner Nähe bin.

Obwohl ich bezweifle, dass er es in seinem gegenwärtigen Zustand bemerken würde.

»Da. Zufrieden?«

»Sehr.« Ich fülle das Wasserglas erneut und stelle es neben die Flasche. »Brauchst du was zu essen? Die Küche hat noch offen.«

»Hab keinen Hunger.« Er schenkt sich ein weiteres Glas Bourbon ein, und ich sehe zu, wie er einen weiteren kleinen Schluck trinkt. Dann nehme ich ein Tumbler-Glas, fülle es mit Eis und stelle es neben die Flasche. Vielleicht wenn er seinen Bourbon mit ein wenig Eis verdünnen kann, wird er nicht so besoffen, dass er vom Hocker kippt.

So was ist echt verdammt lästig.

»Also gut, Hotshot.« Nicht mal ein Muskel bewegt sich bei seinem Spitznamen. Normalerweise ernte ich ein Lächeln. Schmunzeln. Freundliche Blicke. Heute Abend ist sein Gesicht so leer wie das Schnapsglas, das er runtergekippt hat.

Weil ich ich bin, und auch weil ich versuche, den Blutalkoholwert des Typen nicht durch die Decke schießen zu lassen, vergewissere ich mich, dass alle versorgt sind, und ducke mich dann unter der Tresenschranke hindurch. Auf meinem Weg zur Küche räume ich leere Flaschen weg und bestelle Kroketten und Nachos. Wenn sie dastehen, wird Sebastian sich vielleicht zwischen seinen Schlückchen Bourbon und finsteren Blicken über sie hermachen.

Jeder braucht mal einen Abend, um Dampf abzulassen. Das verstehe ich. Verdammt, das kenne ich nur zu gut. Ich habe zwei Jahre gebraucht, um Dampf abzulassen, nachdem meine Ehe zu Ende gegangen war, selbst wenn sie freundschaftlich geendet hatte. Ich verstehe das, wenn man mal einen schlechten Abend hat. Allerdings ist es nicht nur mein Job, zu versuchen, die Leute zu verantwortungsvollem, maßvollem Trinken anzuhalten, sondern ich mag diesen Kerl auch, und ihn so aufgewühlt zu sehen wühlt mich ebenfalls auf.

Nachdem ich einen kurzen Ausflug zu den Toiletten mache, Müll aufsammle und die Tische abwische, gehe ich nach hinten, hole das Essen und sage Gute Nacht zu Max, dem letzten Koch, der bald gehen wird.

Wieder hinter der Bar bittet Steve mich, ihm noch mal von meiner Erfahrung im Rotlichtviertel von Amsterdam zu erzählen. Ich schiebe das Essen über den Tresen, ohne Sebastian anzusehen, spüre jedoch sein Schmunzeln, als ich ohne einen Blick an ihm vorbeigehe.

Es ist eine ganz gewöhnliche Geschichte und wirklich nicht so aufregend, aber es gefällt Steve, sich all die Drogen vorzustellen, die man in den Coffeeshops kaufen kann, und von dem Abend zu hören, den ich im Rotlichtviertel verbracht habe.

Typisches Männerzeug, während in Wahrheit der Kaffee in den Coffeeshops beschissen ist und die meisten in den beliebtesten Touristenvierteln liegen. Es waren nur sehr wenige Einheimische dort, als ich einmal in einen davon gegangen war, und einmal hat mir gereicht. Und was das Rotlichtviertel betrifft?

Das war eine Erfahrung, und nervenaufreibend, nicht weil es gefährlich gewesen wäre, sondern weil ich eine Frau bin, eine ziemlich kleine, und ich hatte schreckliche Angst, dass mir etwas passieren könnte. Um die Wahrheit zu sagen, war es überhaupt nicht so, wie ich es erwartet hatte, mit den Sexarbeiterinnen in den Fenstern, die sie von Bordellen mieten. Sicher, da waren auch welche auf der Straße, aber die, die die Männer hauptsächlich sehen wollten, waren sicher hinter der Fensterscheibe eines Gebäudes in winzigen Gassen, die sich an den Kanälen entlangschlängelten. Die Gegend wurde von Polizeistreifen kontrolliert, wodurch ich mich ausreichend sicher fühlte, und obwohl es überhaupt nicht mein Ding ist, war es interessant.

Ich erzähle erneut alles, woran ich mich von damals erinnere, den feuchtfröhlichen Junggesellenabschied, bei dem alle rausgeschmissen wurden, weil sie sich nicht respektvoll verhalten hatten. Die Outfits der Frauen. Die Musik. Und natürlich die roten Lichter, die aus den Fenstern schienen, um zu zeigen, dass jemand verfügbar war.

»Gigi.«

Sebastian blafft schroff meinen Namen, und ich drehe mich mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm um.

Als Antwort bekomme ich ein Heben seines Kinns mit schief geneigtem Kopf, mit dem er um meine Aufmerksamkeit bittet.

Ich klopfe auf die Bar. »Bin gleich wieder da, Jungs.«

»Ich muss nirgendwohin, Schätzchen.«

Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und gebe Steve einen Kuss auf die Wange. Seine Frau Amy ist vor ein paar Jahren an einem Hirntumor gestorben, und seitdem lebt er praktisch an dieser Ecke der Bar. Ich habe ihn damit aufgezogen, ein Namensschild für ihn machen zu lassen, damit er einen festen Stammplatz hat. Leider ist er oft genug hier, dass es nicht nötig ist, ihm einen Platz zu reservieren.

Während ich zurück zu Sebastian gehe, schenke ich mir ein Glas Limonade ein und lehne mich dann ihm gegenüber mit der Hüfte an die Kühlbox.

»Kann ich was für dich tun?«

Eine Fahrgelegenheit nach Hause besorgen? Ibuprofen für den Brummschädel, der dich erwartet?

Er schüttelt den Kopf und nippt weiter von dem Schnapsglas. »Wirst du je einsam?«

»Wie bitte?«

»Auf Reisen. Wirst du da je einsam?«

Da ist ein seltsamer Ausdruck in seinen grünen Augen. Er hat irgendwann seine Mütze abgenommen, darum kann ich ihn deutlich sehen. Es tut fast schon weh, jemanden anzusehen, der so schön ist wie er. Ich möchte ihm mit der Hand durchs Haar fahren, mit dem Daumen über die tiefen Falten in seiner Stirn streichen, um seinen Stress fortzuwischen.

»Wenn ich Gesellschaft will, dann finde ich sie auch.«

Seine Augen weiten sich, und ich brauche eine Sekunde, um zu merken, wie sich das anhört.

Zwar immer noch eine wahre Aussage, trotzdem schießt mir vor Verlegenheit das Blut heiß in die Adern. Er flirtet nicht mit dir oder macht dich an, Dumpfbacke. Klar. Natürlich nicht.

»Ich meinte —«

»Ich bin gern allein«, falle ich ihm ins Wort. Ich weiß, was er gemeint hat. »Ich mag die Ruhe und den Frieden, die damit einhergehen, und ich denke mir, wenn man allein mit sich selbst nicht glücklich sein kann, dann wird man auch nie glücklich mit einem anderen Menschen sein. Weißt du?«

»Nein.«

Er seufzt und leert das Schnapsglas. Als er nach der Flasche greift, nehme ich sie ihm weg und halte sie außerhalb seiner Reichweite. Er nimmt die Flasche Bourbon ins Visier, wie ich mir vorstelle, dass er sich während des Spiels auf den Puck konzentriert.

Mit sanfterer Stimme sage ich: »Ich weiß, das habe ich schon gefragt, und ich weiß, du hast gelogen. Du kannst mir sagen, was los ist. Ist nicht so, als würde ich es irgendjemandem erzählen.«

Mit dem Daumen seiner linken Hand dreht er den schwarzen, dicken Ehering, aber er nimmt seinen laserscharfen Blick nicht von der Flasche in meiner Hand. »Nur eine beschissene Zeit, Gigi. Kann ich jetzt meinen Drink haben?«

Ich überlege. Er hat genug. Sogar jetzt wird es schon schwierig werden, seinen betrunkenen Hintern in ein Uber zu verfrachten. Mit meinen eins achtundfünfzig bin ich nicht gerade groß oder stark genug, um den Kerl rauszutragen, falls nötig. Außerdem, wer kann sagen, ob der Uber-Fahrer nicht rausfindet, wer er ist, und, keine Ahnung … ihn kidnappt? Seine Brieftasche klaut?

Der Arme schreit geradezu vor Traurigkeit.

»Sicher, Hotshot.« Ich schenke sein Glas ein, mache die Bar sauber und sage Gute Nacht zu Steve, als es ein Uhr morgens wird. Er und seine alten Kriegskumpel verabschieden sich mit einem Winken und einem besorgten Blick auf Sebastian, der immer noch vornübergekauert an meiner Bar hockt.

Dann bleiben wir allein zurück, was ihn ironischerweise nicht zu stören scheint, wenn man seine Frage von vorhin bedenkt, und mir bleibt die Frage, was zum Geier ich jetzt mit ihm anstellen soll.

Kapitel 3

Sebastian

»FUCK.« Erfolglos presse ich die Hände an meine Schläfen, um zu versuchen, das Hämmern in meinem Schädel zum Schweigen zu bringen. Heilige Scheiße, habe ich mich letzte Nacht weggeschossen. Ich erinnere mich an nicht viel nach der kurzen Unterhaltung, die ich mit Gigi hatte. Zum Beispiel, wie ich nach Hause gekommen bin.

Ich rolle mich herum, und der Geruch von etwas Minzigem lässt meinen Magen verrücktspielen und zwingt mich, die Augen zu öffnen. Madison trägt nichts Minziges. Sie ist eher blumig und elegant.

Zwei Dinge werden sofort klar, als ich mein erstes Auge einen Spalt öffne, wobei es sich anfühlt, als hätte ich mir die Augäpfel mit Sandpapier geschrubbt, bevor ich weggetreten bin. Erstens, die brutale Erinnerung an Madison bringt sofort ihren dämlichen, verdammt unsensiblen Brief, den sie mir mit den Scheidungspapieren geschickt hat, in den Vordergrund.

Und zweitens … Wo zum Teufel bin ich?

Ich starre auf einen grellen, psychedelisch bunten Wandbehang. Er sieht aus wie ein Batik-Bastelprojekt eines kleinen Kindes. Die Laken, auf denen ich liege, sind ganz definitiv nicht das weiße Leinen, das ich von zu Hause oder meiner Erfahrung in Hotels gewohnt bin. Die zitronengelbe Bettwäsche blendet beinahe, und bei all den grellen Farben kneife ich die Augen zu und drehe mich auf die andere Seite.

Nope. Die Aussicht auf dieser Seite ist auch nicht besser. Das Einzige vor mir ist eine Kommode, die aussieht, als wäre sie fünfzig Jahre alt, und mit allem möglichen Schmuck und Nippes überhäuft ist, was die dünne Staubschicht, die ich von diesem Blickwinkel aus sehen kann, kaum verbirgt.

»Heilige Scheiße. Was zum Teufel ist passiert?«

Ich setze mich auf und reibe mir das Gesicht, kneife die Augen erneut zusammen.

Wenn ich mich nicht so fühlen würde, als könnte mir jeden Moment die Flasche Bourbon wieder hochkommen, die ich letzte Nacht vernichtet habe, wäre ich inzwischen schon auf den Beinen. Oder verdammt, wenn ich nicht die ganze Flasche getrunken hätte, dann würde ich wahrscheinlich wissen, wo zum Geier ich bin oder was passiert ist oder wie ich hier gelandet bin.

Ein Geruch von etwas anderem dringt zu mir durch, und ich öffne die Augen einen Spalt.

Verdammt, tut mir alles weh.

Es gibt keine Tür in dem Schlafzimmer, in dem ich bin, und es ist nicht nur voll bunter Farben und greller Wandbehänge, sondern Klamotten und Krimskrams in jeder Ecke.

Wenn ich bei mir zu Hause wäre, würde ich glauben, man hätte mich ausgeraubt, aber da das hier ganz definitiv keine Wohnung ist, in der ich je war, spähe ich vorsichtig unter die Bettdecke. Ich trage noch dasselbe T-Shirt, das ich mir gestern Abend übergeworfen habe, nachdem ich stundenlang Sport gemacht habe und trotzdem diese alles durchdringende Wut nicht losgeworden bin. Meine Unterhose habe ich auch noch an. Ich lege den Kopf zurück und starre an die Decke.

Ein zitternder Seufzer der Erleichterung kommt mir über die ausgetrockneten Lippen.

Es ist ausgeschlossen, dass ich letzte Nacht irgendeine x-beliebige Frau gevögelt habe. Ausgeschlossen. Ich konnte unmöglich so betrunken und sogar wütend auf Madison gewesen sein, unmöglich, dass ich meine Frau betrogen habe, falls ich sie überhaupt noch so nennen kann.

Scheiße. Ich sollte wahrscheinlich herausfinden, was hier los ist. Mich bei der Frau entschuldigen, in deren Wohnung ich hier bin, und inständig hoffen, dass sie nichts von mir erwartet, weil ich mich letzte Nacht so zum Narren gemacht habe.

Behutsam schwinge ich die Beine auf den Boden und entdecke meine Jeans und mein Sweatshirt auf einer kleinen sauberen Stelle des Fußbodens auf einen Haufen geworfen.

Ich bin mit dem Rücken zur Türöffnung, Klamotten in den Händen, und erkenne Kochgeräusche aus der Küche. Scheppernde Töpfe. Laufendes Wasser. Leise Schritte …

Bei dem Geräusch halte ich inne.

»Oh. Du bist wach. Wie fühlst du dich?«

Wie vom Bus überfahren. Die Stimme kommt mir vage bekannt vor, also drehe ich mich vorsichtig um, während ich in die Ärmel meines Sweatshirts schlüpfe.

»Gigi«, seufze ich. »Gott sei Dank bist du das.«

Sie schmunzelt und hält ein Glas Wasser und eine Schachtel Schmerztabletten hoch. »Du warst völlig weggetreten. Ich hoffe, du musstest heute nicht zum Training aufstehen oder sonst was. Ich wollte dir die auf dem Nachttisch dalassen.«

Ich spähe hinunter auf das Möbelstück, von dem sie redet, und ziehe eine Augenbraue hoch, als ich sie wieder ansehe.

Sie lacht, und ihre Stimme hat etwas an sich, das mir gefällt. Sie ist tief. Ein bisschen heiser. Definitiv nicht hoch oder weinerlich oder gekünstelt. Sie ist angenehm.

Zumindest macht sie meinen Kater nicht noch schlimmer.

»Okay. Ich bin eine lausige Hausfrau, und ich kann putzen nicht ausstehen. Aber hier, brauchst du die?«

»Ja.« Ich ziehe mir das Sweatshirt über den Kopf, wobei ich auf dem Fußboden Highheels und Stiefeln und Jeans und Pullis ausweiche, während Gigi mich angrinst.

Ich nehme ihr die Tabletten und das Wasser ab.

»Danke. Ich glaube, ein paar Teile des Abends sind ein bisschen verschwommen für mich —«

»Kein Grund auszuflippen. Ich habe auf der Couch geschlafen. War kaum in der Lage, dich hier hochzubringen. Und bevor du fragst, auf keinen Fall hätte ich dich in deinem Zustand in ein Uber gesteckt, und sosehr ich auch versucht habe, dich vom Trinken abzuhalten, na ja, scheint so, als hättest du es gebraucht.«

»Gut.« Ich seufze, dann zucke ich zusammen. »Nicht dass …«

»Du bist verheiratet und ein guter Kerl, Sebastian. Es ist nichts passiert, und du hast nichts versucht, und selbst wenn, hätte ich trotzdem auf der Couch geschlafen und dich in mein Bett gesteckt. Nichts passiert, versprochen.«

Etwas legt sich in meinem Magen. Bis auf die Tatsache, dass ich nicht verheiratet bin. Oder es bald nicht mehr sein werde. »Danke, Gigi.«

»Keine Ursache, Hotshot. Ich habe Würstchen und Eier und Toast gemacht. Möchtest du was?«

Schon allein bei dem Gedanken, irgendwas in den Magen zu bekommen, dreht selbiger sich mir um. »Ehrlich gesagt könnte ich mal das Bad brauchen. Und dann entscheide ich weiter.«

»Kein Problem. Gleich da lang.« Sie streckt schwungvoll den Arm aus und deutet zu einer Tür auf der anderen Seite des rundbogenförmigen Eingangs zu ihrem Schlafbereich.

Während ich um sie herumgehe, fahre ich mir strubbelnd durch die Haare und räuspere mich, um den Hals frei zu kriegen. Er ist fast so trocken wie meine Augen.

Das sieht mir nicht ähnlich. Ich betrinke mich nicht bis zum Filmriss mit einer Frau, die nicht meine Frau ist. Verdammt, nicht mal mit meiner Frau. Ich habe zwar eine Entschuldigung dafür, aber ich hasse dieses Gefühl. Noch mehr das unangenehme Gefühl, zu wissen, dass ich zum ersten Mal, seit ich fünfzehn Jahre alt war, die Nacht mit einer anderen Frau verbracht habe … von den Schlafarrangements mal abgesehen.

Schon allein bei diesem Gedanken wird mir kotzübler als durch den Alkohol, der mir immer noch im Magen schwappt.

***

Ich fühle mich ein wenig besser, nachdem ich auf der Toilette war, mein Gesicht mit irgendeinem Gesichtsreiniger in einer leuchtend orangefarbenen Flasche auf Gigis winzigem Badregal gewaschen und mir ihre Zahnpasta ausgeborgt habe, um mir rasch mit dem Finger die Zähne zu schrubben. Ich kann immer noch den Bourbon schmecken und riechen, wie er aus meinen Poren dünstet, und meine Augen bringen mich immer noch um. Ein rasches Kramen in einem Korb voll Mittelchen auf dem Fußboden unter ihrem Waschbecken verrät mir, dass sie keine Augentropfen hat, also habe ich da kein Glück, aber wenigstens sehe ich jetzt, als ich einen schnellen Blick in den Spiegel werfe, ein bisschen menschlicher aus als vorher.

Alles, was ich tun muss, ist nach Hause kommen und den Rest des Tages ausschlafen, und dann bin ich wieder fit und bereit für ein weiteres Spiel morgen. Gott sei Dank habe ich wenigstens heute frei, bis auf ein Workout, das ich später einschieben werde — ob ich kotze oder nicht.

Als ich das Bad verlasse, erhasche ich wieder einen Blick auf ihr unordentliches, offenes Schlafzimmer, bevor ich mich in die andere Richtung wende und das vermutlich kleinste Wohnzimmer der Welt sehe, mit einem Zweisitzer und einem Sessel.

Neben dem Sessel ist ein Bücherregal voll mit so vielen Büchern, dass sich die Regalbretter unter dem Gewicht der bunt durcheinandergewürfelten und in jede Richtung gestapelten Bücher durchbiegen. Da sind auch Bücherstapel auf dem Fußboden, mehrere davon. Ein paar liegen auf dem kleinen runden Couchtisch verstreut, und ich bin ziemlich sicher, dass sie einen weiteren Bücherstapel neben dem Zweisitzer als Beistelltisch benutzt.

Da sind noch mehr bunte Farben, etwas, das mich an Gigi überrascht. Sie ist immer schwarz gekleidet. Die einzige Farbe, die sie an sich trägt, sind ihre Haare und ein Tattoo auf ihrem Oberarm.

Bei ihrem Hang zu häufigem Reisen würde ich erwarten, dass in ihrer Wohnung nur das Nötigste wäre, um jederzeit ausgeräumt werden zu können, nicht bis unter die Decke vollgestopft mit Schnickschnack und Postern und Bildern und Fotos überall an den Wänden … und Büchern. So vielen Büchern.

Nicht, dass ich viel Zeit damit verbracht habe, über Gigi und wo sie wohl wohnt nachzudenken, aber ich habe sie im Lauf des letzten Jahres ein wenig kennengelernt, seit sie in George’s Bar aufgetaucht und über den Tresen gehechtet ist, um ihren Dad zu umarmen, worauf der sie veralbernd argwöhnisch ansah und fragte: »Kenne ich Sie?«

Zuerst waren die Jungs aus dem Team, die an dem Abend dort waren, schon drauf und dran, dieses verrückte Mädchen von ihm runterzuziehen, bis sie ihm gesagt hatte, dass er die Klappe halten solle. Er hatte uns eine Runde Drinks aufs Haus ausgegeben, seine Tochter auf die Bar gesetzt, allen vorgestellt und sie auf die Wange geküsst und gesagt: »Erzähl mir alles.«

Sie hat uns an jenem Abend stundenlang mit Geschichten unterhalten, über das Rotlichtviertel in Amsterdam, die Strände in Dänemark, was Mikah Lutzgo, unseren Center, der von dort kommt, mit in die Unterhaltung holte. Sie haben stundenlang geredet und gelacht und sich blendend miteinander verstanden, während sie von ihren Reisen durch Europa erzählt hat. Verdammt, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie womöglich auch noch in Afrika war. Aber wo sie nicht war? An den typischen Touristenorten. Sie hat kein einziges Mal von Big Ben gesprochen oder dem Eiffelturm, oder einer Gondelfahrt in Venedig. Amsterdam war das Touristischste, das sie erwähnte.

Sie ist interessant, um es milde auszudrücken, und offenbar ist sie auch verdammt nett, wenn sie einem betrunkenen Trottel wie mir hilft.

In ihrem Wohnzimmer ist es still, und obwohl die Sicht auf die kleine Küche von einer Reihe Hängeschränke versperrt ist, entdecke ich ihre kleine Gestalt und gehe in diese Richtung, wo ich sie dabei vorfinde, wie sie Rührei auf Teller verteilt, Toast buttert und dabei stumm zu der Musik mitsingt, welche auch immer aus ihren weißen Kopfhörern kommt.

Gigi bemerkt mich, zieht einen Kopfhörer raus und lächelt. Sie lächelt immer. So verdammt fröhlich, dass es fast schon nervig ist, wenn man meinen gegenwärtigen Zustand bedenkt.

»Fühlst du dich besser?«

»Fast.« Ich reibe mir die Augen und zucke zusammen. »Irgendeine Chance, dass du Augentropfen hast? Meine Augen bringen mich um.«

Sie neigt den Kopf zur Seite und sagt eine Sekunde lang nichts, bevor sie das Messer fallen lässt, mit dem sie den Toast gebuttert hat. Ich schwöre, ich sehe eine leichte Röte über ihre Wangen huschen, bevor sie den Kopf schüttelt.