Ich bin verliebt - Mark Hollberg - E-Book

Ich bin verliebt E-Book

Mark Hollberg

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Beschreibung

Kleine Geschichten über große Gefühle für weibliche Leser, die an die große Liebe glauben. Vorwiegend heiter erzählt der Autor kurze Liebesgeschichten, die das Herz berühren. Die Liebe. Ist sie erst mal da, ist alles gut. Aber der Weg dahin kann steinig, aufregend, heiter, traurig, dramatisch, komisch, spannend und pikant sein. Manchmal sogar nahrhaft.

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Mark Hollberg

Ich bin verliebt

Kleine Geschichten über große Gefühle

Wenn du Liebe hast, spielt es keine Rolle, ob du Kathedralen baust oder in der Küche Kartoffeln schälst. (Dante Alighieri)BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Kleine Geschichten über große Gefühle

 

 

 

 

Ein bunter Strauß kurzer Geschichten

über die Liebe und verliebte Menschen.

Anette kehrt heim

 

»Mutter?«

Anette traute ihren Augen nicht. »Warum hast du nicht vorher angerufen? Wie bist du überhaupt an dem Pförtner vorbeigekommen?«

Elisabeth Rogalla schaute ihre Tochter entrüstet an.

»Ich hab gesagt, dass ich deine Mutter bin. Es soll noch Menschen geben, denen das was bedeutet.« Anette merkte, wie ihr das Blut zu Kopfe stieg. »Du bist aber nicht extra hierhergekommen, um wieder zu diskutieren, warum ich damals vor 10 Jahren in die Stadt gezogen bin, oder?«

Elisabeth zog es vor, darauf nicht zu antworten. Dieses Thema war ein rotes Tuch für ihre Tochter. Regungslos stand sie vor dem Panoramafenster und ließ ihren Blick über Frankfurt schweifen. »Und hier inmitten von Glas und Beton fühlst du dich wirklich wohl, Kind?«

»Ja, stell dir vor. Hier pulsiert das Leben. Und ich bin auf der Karriereleiter schon ziemlich weit oben.« Anette lachte kurz. »Aber noch längst nicht ganz oben. Einige Kollegen muss ich noch überrunden. Aber das schaffe ich auch noch.« Elisabeth wandte sich wieder ihrer Tochter zu.

»Ich habe überhaupt keine Idee, was du als Unternehmensberaterin so machst.« Plötzlich bedeckte ein Schatten ihr Gesicht. Ganz zerbrechlich sah sie jetzt aus.

»Anette, Vater hatte wieder einen Herzanfall. Deshalb bin ich hier.« Sie musste sich auf einen der Besucherstühle setzen. »Es ist ernst. Der Arzt sagt, wenn er sich nicht absolut schont, hat er nicht mehr viel Zeit.« Sie senkte die Augen. »Und mit dem Betrieb geht es immer weiter abwärts.«

Sie blickte Anette ernst an.

»Ich möchte, dass du mitkommst.«

»Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Sie Besuch haben. Die Tür stand offen.« Der gutgekleidete Mann mit den grauen Schläfen wandte sich höflich wieder zum Gehen.

»Herr Bachmann, ich möchte Ihnen meine Mutter vorstellen.« Anette lächelte ihren Chef, dem Seniorpartner von Bachmann & Bachmann, an. Sie deutete eine Handbewegung an. »Herr Bachmann, meine Mutter. Frau Rogalla.«

Sie stellte sich neben ihre Mutter.

«Und ich bitte um Urlaub in einer dringenden Familienangelegenheit.« Gerd Bachmann runzelte die Stirn. »Jetzt sofort? Übermorgen stehen wir in Verhandlung mit einem neuen Kunden. Ich wollte Ihnen die Projektleitung übergeben.« Er ging auf und ab. »Vielleicht kann ich Kaminski einsetzen. Neumann ist noch nicht eingearbeitet.« Er blieb stehen und schaute in die ernsten Mienen von Mutter und Tochter. »Es ist unaufschiebbar?« Anette nickte nur. Bachmann seufzte. »Also gut, in Gottes Namen.«

 

Der alte Rogalla tat so, als wäre Anette überhaupt nicht da. »Elisabeth, ich weiß nicht, was das soll. Deine Tochter hat vor über 10 Jahren ihren eigenen Weg gewählt.«

Mit angewiderter Miene nahm er einen Teelöffel von seiner Medizin. »Reisende soll man nicht aufhalten. Und jetzt schleppst du sie hier an. Die Forellenzucht Rogalla wird auch ohne ihre fachkundige Hilfe über die Runden kommen.« Mit ruckartigen Bewegungen blätterte er in der neuesten Ausgabe des Forellenzüchters, ohne seine Tochter überhaupt nur eines Blickes zu würdigen. Anette fuhr sich nervös durch die dunklen Haare.

»Vater, lass mich einen Blick in die Bücher werfen. Ich möchte mir einen Überblick über die wirtschaftliche Lage der Forellenzucht verschaffen. Vielleicht kann ich ja doch helfen.« Mit einem energischen Schwung nahm Elisabeth ihrem Mann die Fachzeitschrift aus der Hand. »Friedhelm, du alter sturer Esel.« Der Alte starrte seine Frau entgeistert an. »Nimm die Hand, die Anette dir bietet. Bitte, Friedhelm.«

»Ich führe unseren Betrieb schon in dritter Generation. Mein Vater war Fischzuchtmeister und Opa Hubert auch. Und ich bin es auch. Mit Leib und Seele.« Wenn ihr alter Herr nur nicht so starrköpfig wäre. Anette lenkte den Geländewagen vorsichtig durch die unebene Landschaft. Zumindest spricht er wieder mit mir, dachte sie und hörte aufmerksam zu, wie der alte Rogalla von guten und ertragreichen Jahren erzählte.

»Wir haben damals 87 Forellenteiche bewirtschaftet. Alle großen Hotels haben wir mit Forellen beliefert. Und die Setzlinge fast an jeden Anglerverein verkauft.« Er lächelte. »Die Räucherware haben wir  sogar bis nach Amerika exportiert.« Er schüttelte den Kopf mit dem schlohweißen Haar. »Und jetzt?«

»Papa, wem gehört das Auto da vorne?« Ohne auf die Antwort ihres Vaters zu warten, bremste sie hart ab und sprang aus dem Geländewagen.

»He, Sie!« Wütend marschierte sie auf den fremden Wagen zu. »Das hier ist Privatbesitz. Legen Sie sofort das Netz hin!« Anette traute ihren Augen nicht. So eine Unverschämtheit. Wilderte der Kerl etwa in ihren Forellenbeständen? Die Person im karierten Flanellhemd und derben Jeans drehte sich beim Klang ihrer Stimme langsam um. Anettes Herz setzte einen Schlag lang aus.

»Simon? Du?«

Auf Simon war sie nicht vorbereitet. Anette drehte auf dem Absatz um, trat wütend mit dem Fuß nach einem Kieselstein und stapfte zum Wagen zurück. »Ich hatte keine Ahnung, dass Simon hier ist.« Der alte Rogalla fuhr sich mit derselben Geste durch sein Haar wie seine Tochter.

Anette warf eine Handvoll Brutfutter in den Zuchtteich und beobachtete versonnen die kleinen Wellen, die die Setzlinge verursachten. »Bald seid ihr groß und stark«, flüsterte sie. Abrupt drehte sie sich um. »Vater, dein Betrieb steckt bis zum Hals in den roten Zahlen.« Sie steckte die Hände in die Taschen. »Ich habe bis spät in die Nacht alle Zahlen rauf- und runtergerechnet und dir einen Liquiditätsplan aufgestellt.« Der alte Rogalla sah seine Tochter erwartungsvoll an. Anette schaute sehr ernst. Dann holte sie tief Luft und rückte unverblümt mit der Wahrheit heraus. »Du hast noch zwei Monate. Dann bist du pleite.«

Anette, die in den frühen Abendstunden noch einen kleinen Spaziergang unternahm und sich dabei wehmütig an ihre Kindheit auf dem Forellenhof erinnerte, blieb nachdenklich am Teich stehen. Ein Zweig knackte. Sie fuhr herum.

»Hallo«, sagte Simon Schmolke. »Und ich dachte schon, ich hätte eine Erscheinung gehabt.«

Er kam unsicher einen Schritt näher. »Schön, dich zu sehen.« Anette musterte kühl ihre Jugendliebe. »Findest du?« Es schien Jahrhunderte her zu sein. Und trotzdem hatte sich Simon fast gar nicht verändert. Vielleicht sah er etwas reifer aus als damals, als er ihre Liebe von heute auf morgen zerstörte. Ein paar graue Strähnen durchzogen seine Haarmähne.

»Wie geht es eurer Pension?«, fragte sie höflich. Sie wartete seine Antwort nicht ab. »Wie geht es deiner Frau?«

Verlegen griff Simon nach einer Handvoll Forellenfutter und warf es ins Wasser. »Der Pension geht es nicht gerade berauschend. Und ich bin seit 8 Jahren geschieden.«

Er lachte gequält und fixierte einen Punkt am Horizont. »Ilona und ich passten nicht wirklich zusammen.« Anette traute ihren Ohren nicht und starrte Simon mit offenem Mund an. Dann erst fand sie wieder Worte.

»Wegen dieser Ilona hast du mir den Laufpass gegeben. Schon vergessen?« Simon guckte sie mit seinen blauen Augen direkt an. »Nein, Anette. Das habe ich nicht vergessen. Heute weiß ich, dass es ein Riesenfehler war. Es war wie ein Rausch.« Er hüstelte verlegen. »Nur dass der Kater nicht abklingt.« Diese Informationen musste Anette erst einmal verarbeiten. Mit einem knappen »Man sieht sich vielleicht« drehte sie sich um und ließ Simon einfach stehen.

»Mutter, Vater. Ich habe jemanden mitgebracht.«

Anette deutete auf einen Herrn im maßgeschneiderten Anzug neben sich. Drei Tage war Anette wieder in der Großstadt verschwunden und hatte ihre Geschäftsverbindungen spielen lassen. »Ich habe Dr. Weise schon alles gezeigt. Er ist begeistert, nicht wahr?« Dr. Weise nickte und zeigte ein geschäftsmäßiges Lächeln.

»Ja, in der Tat«, bestätigte Weise. »Das ideale Gelände für einen Freizeit-Park. Wildwasser-Bahnen, Riesenrad, Gastronomie.« Er geriet ins Schwärmen. »Es muss allerdings viel gerodet werden. Aber einen Forellenteich werden wir behalten. Die anderen schütten wir dicht.« Anette schaute ihre Eltern aufmunternd an. »Na, was sagt ihr? Ihr seid aus dem Gröbsten raus. Mehr noch. Das Angebot der Weise-Gruppe ist außerordentlich großzügig. Ihr seid alle Schulden los und könnt euch zur Ruhe setzen.« Ihre braunen Augen blitzten erwartungsvoll.

Friedhelm Rogalla erhob sich mit versteinerter Miene. Er war kreidebleich. »Einen Freizeit-Park? Auf meinem Grund und Boden? Nur über meine Leiche«, presste er hervor. Er schlug die Tür so heftig zu, dass Anette zusammenfuhr.

»Dr. Weise, lassen Sie uns in ein paar Tagen telefonieren«, sagte sie mit dünner Stimme. Dr. Weise hatte sein Lächeln verschwinden lassen. »Mein Angebot steht nicht ewig, Frau Rogalla. Ich erwarte Ihren Anruf.«

»Ach, Mutter.« Die beiden Frauen standen in der Abendsonne am Teich und schauten dem bunten Treiben im Wasser zu. »Ich glaube, meine Idee war der komplette Reinfall. Ich bin weit über das Ziel hinausgeschossen.«

»Es ist doch nicht einfach der Ertrag, Anette. Nicht nur Zahlen auf einem Stück Papier. Es ist das Lebenswerk unserer Familie.« Anette seufzte. »Du hast ja recht, Mutter. Und je länger ich hier bin, desto besser verstehe ich Papa. Ruhe, Erholung, Natur. Und die Bäche und Seen bei uns sind voller Fische.« Sie starrte in die untergehende Sonne. »Welcher Stadtmensch hat das schon?« Anette hielt die Luft an. »Natürlich, Mutter. Das ist es!«

Anette nahm all ihre Kraft zusammen und wählte die Nummer der Pension Schmolke. Selbst die Telefonnummer wusste sie nach all den Jahren noch auswendig. Das Gespräch war kurz und bündig und endete mit einem »Bis gleich« auf beiden Seiten.

»Anette, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft ich damals die Hand am Hörer hatte.« Simon bückte sich und griff nach einem Kieselsteinchen. »Es war der allergrößte Fehler meines Lebens.« Er ließ das Steinchen über den glatten See springen. 10 Jahre hatte Anette auf dieses Geständnis gewartet. Es tat gut, das zu hören. Aber deswegen hatte sie Simon nicht zu diesem Spaziergang gebeten.

»Simon«, unterbrach sie ihn. »Warte einen Moment.« Wie gerne würde sie dieses Gespräch weiterführen. Eine zweite Chance kommt nicht sehr oft. Wer weiß, ob es eine dritte Chance geben würde. Aber eins nach dem anderen. »Simon, ich möchte mit dir etwas anderes bereden. Wir kennen uns seit unserer Kindheit und du kennst die Gegend hier wie deine Westentasche.« Anettes Blick glitt über den ruhigen See und die Wälder. »Und deshalb bestehen die allergrößten Aussichten auf Erfolg.«

Simon blickte sie gespannt an. Dann erzählte sie ihm von ihrem Vorhaben.

Anette streckte Simon die Hand hin. »Das ist meine Idee, Simon. Schlägst du ein?« Sie warf ihm einen abschätzenden Blick zu. »Jetzt liegt es an dir.« Ein unbestimmtes Kribbeln wanderte durch ihren Körper und zog ihr Herz ein wenig zusammen, als sie Simons warme Hand spürte. Auch 10 Jahre hatten es nicht geschafft, dieses vertraute Gefühl zu verbannen. Simon ergriff ihre Hand. Er nickte. »Das könnte klappen. Ich bin dabei!«