Ich bleibe bei dir bis ans Ende - Elisabeth Stindl-Nemec - E-Book

Ich bleibe bei dir bis ans Ende E-Book

Elisabeth Stindl-Nemec

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Beschreibung

Die Krankheit Demenz verändert die Persönlichkeit und stellt auch die Angehörigen vor große Herausforderungen. Elisabeth Stindl-Nemec hat ihren Ehemann durch die einzelnen Phasen der Krankheit begleitet. Unterstützt von Pflegehelferinnen, betreute und pflegte sie ihn zu Hause bis ans Ende. Im Laufe der Jahre lernte sie, professionell, kreativ und empathisch mit dem erkrankten Mann umzugehen. Ihre Erfahrungen schildert und reflektiert sie in diesem Buch und gibt wichtige Hinweise darauf, wo und wie im Krankheitsprozess Hilfe und Unterstützung möglich ist. Sie zeigt auf, wie eine Paarbeziehung trotz Krankheit, auch im sich verändernden Zustand, bestehen bleiben kann. Außerdem lädt die Autorin mit ihrem Buch pflegende Angehörige von Menschen, die an Demenz erkrankt sind, zu einem Erfahrungsaustausch ein.

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Elisabeth Stindl-Nemec

Ich bleibe bei dir bis ans Ende

Häusliche Pflege bei Demenz

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Dateien sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Impressum:

© Verlag Kern GmbH, Ilmenau

© Inhaltliche Rechte beim Autor

1. Auflage, April 2017

Autorin: Elisabeth Stindl-Nemec

Titelbild Morgenröte: Sibylle Missoum-Spahlinger

Zeichnung Frottage und Collage

Layout/Satz: Brigitte Winkler, www.winkler-layout.de

Lektorat: Dorothea von der Höh

Sprache: deutsch, broschiert

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

ISBN: 978-3-95716-224-3

ISBN E-Book: 978-3-95716-240-3

www.verlag-kern.de

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Übersetzung, Entnahme von Abbildungen, Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, Speicherung in DV-Systemen oder auf elektronischen Datenträgern sowie die Bereitstellung der Inhalte im Internet oder anderen Kommunikationsträgern ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlags auch bei nur auszugsweiser Verwendung strafbar.

Danken möchte ich den Frauen aus dem Literaturkreis:

Gisela Isking, Sibylle Missoum-Spahlinger, Barbara Hennings. Sie haben mich ermutigt, meine Notizen zu veröffentlichen; Sibylle und Barbara haben ein Vorwort geschrieben, wofür ich ihnen besonders danke. Barbara Hennings hatte die Idee, Sie, die Leserinnen und Leser des Buches, aufzufordern, mir Ihre Erfahrungen mit dem Buch mitzuteilen, damit ein Austausch zwischen Ihnen und mir gelingen kann. Ich werde am Ende des Buches darauf hinweisen und Sie zu einer Rückmeldung einladen.

Frau Margrit Ohmsen und Frau Elfi Hildebrandt danke ich für ihre Mühe, das Manuskript zu korrigieren.

Cover

Titel

Impressum

Danksagung

Vorwort

Einleitung

1. Teil

I. Übergangsphase

Die ersten Anzeichen einer Veränderung

Auf der Suche nach Hilfe

Prozess der Annahme der Krankheit

II. In der Demenz angekommen

Mein Mann wird zum Pflegefall

Auf der Suche nach einer geeigneten Betreuerin

Sich verändernde Verhaltensweisen

Alternative Hilfsangebote

- Integrative Validation nach Nicole Richard

- Das Modell der Bioresonanz und Radiästhesie

Rituale

Beginn der letzten Krankheitsphase

Sterbebegleitung

2. Teil

Stützende Maßnahmen bei der häuslichen Pflege

Allgemeine Voraussetzungen für häusliche Pflege

1. Antrag auf Pflegeleistungen

2. Pflegegeld und Pflegesachleistungen

3. Unterstützung durch ambulante Dienste

4. Unterstützung durch ambulante Haushalts- und Betreuungshilfen

5. Rechtliche Hilfen

- Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis

- Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung Patientenverfügung

6. Spezielle Ernährungsprobleme

7. Maßnahmen bei Dekubitus am Steiß

8. Kontaktaufnahme zu Menschen mit Demenz

9. Weitere ambulante Angebote

10. Palliativbetreuung

11. Rasselatmung in der Sterbephase

12. Die pflegenden Angehörigen

- Nützliche Ansprechpartner

- Was Angehörige noch wissen sollten

13. Literaturhinweise

- Allgemeines zum Thema Demenz

- Literatur zum Thema Handmassage

- Literatur zum Thema Sterbebegleitung

Einladung zu einem Erfahrungsaustausch

Die Autorin

Veröffentlichungen

Fußnoten

Vorwort

Liebe Leser und Leserinnen,

Sie haben vielleicht zu diesem Buch gegriffen, weil Sie einen für Sie wichtigen Menschen betreuen, ihn begleiten, ihm Ihr Herz und Ihre Liebe schenken – einen Menschen, der von einem Krankheitsbild betroffen ist, das Fachleute als Demenz bezeichnen.

Elisabeth Stindl-Nemec hat ihren Mann Günter in den Jahren von 2004 bis zu seinem Tod im April 2015 begleitet. Ihren Schock und ihre Trauer, als sie nach einer fachärztlichen Untersuchung von der unwiderruflichen Diagnose Demenz erfuhr, die das Leben ihres Mannes unumstößlich verändern sollte, kommentierte er – in dieser Zeit noch Herr seiner Sinne – mit den Worten: „Das schaffst Du schon. Du hast doch etwas im Kopf.“

Es war ihr Mann selbst, der Elisabeth in diesem einschneidenden Moment Mut zusprach, als sie gemeinsam diese Wahrheit erfuhren. Er wies sie spontan darauf hin, welche Möglichkeiten in ihrem Innersten schlummerten, um ihn in dieser unheilbaren Krankheit auf eine Weise zu begleiten, die ihm, ihr und dann beiden gemeinsam Erfüllung brachte.

Und so begann für Elisabeth eine Reise ins Unbekannte. Auf dieser Reise erlebte sie Kummer, Verlust, Einsamkeit, Schuldgefühle, Angst und Scham. Zu Beginn war sie oft dem traurigen Gefühl verfallen, dass der Partner, der er für sie einmal war, nicht mehr existierte, weil er Gedanken, Sorgen, Freuden, Wünsche und Bedürfnisse nicht mehr teilen konnte, die beide einst verbunden hatten. Dann hatte sie Bedenken, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Zu einem späteren Zeitpunkt befürchtete sie und erlebte dann auch peinliche Situationen, musste sich selbst retten vor dem Gedanken: „Was denken die anderen über meinen geliebten Mann?“

Aber es kam anders. Mit der Zeit spürte Elisabeth, wie es ihr und Günter gelingen konnte, trotz veränderter Umstände gemeinsam in eine ganz andere Welt von Erfahrungen einzutreten. Neue, bisher unbekannte Erlebnisse mit ihrem Mann gewannen an Bedeutung. Und so empfand Elisabeth trotz der Schwere der Umstände auch Erleichterung und fühlte Freude, die ihr tief empfundene Momente der Erfüllung schenkte.

Durch das Erlebte hat sich die Sichtweise darüber, wie in allen Erfahrungen des Menschseins ein Sinn zu sehen ist, bei Elisabeth verfestigt. Wir sind dem Schicksal nicht einfach ausgeliefert. Wir können es annehmen, ja sagen und es gestalten. Als ein begleitendes Geschenk erlebte sie auch Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sie ermöglichten ihr, die Schattenseiten dieser Begleitung zu überwinden und sich mit Kreativität und einer offenen Einstellung auf die positiven Energien einzulassen, die eine solche außergewöhnliche Herausforderung ebenso hervorbringen kann.

Betrachten Sie dieses Buch als Mutmacher.

Barbara Hennings, Schriftstellerin

Die tödliche Krankheit von Günter ist nicht nur eine Krankheit, sondern Ausdruck unserer Zeit, in der die Menschen dank medizinischer und wissenschaftlicher Technik zwar sehr alt werden, aber an Herz- und Kreislaufproblemen, an Krebs oder an Demenz sterben. Diesem Geschehen tritt Elisabeth mit all ihrer Menschlichkeit gegenüber. Sie bietet den Lesern des Buches einen Erfahrungsaustausch an. Auf diese Weise stellt dieses Buch ein ungeheures Geschenk an die Personen dar, die ihr Schicksal teilen.

Elisabeth zitiert Castaneda und andere Schriftsteller, die den Menschen und seine Vorstellungen der Banalität, aber auch das Gewicht der Realität beschreiben. Dies hat sie und ihre Helferinnen getragen. Ihr Mann Günter, spitzbübisch, wie er immer war, meinte: „Du schaffst das schon“. Hätte er die gleiche Situation umgekehrt bei seiner Frau ebenso bewältigt? Dieser Frage stellt sich Elisabeth erst gar nicht. Sie betrachtet die Krankheit als eine einmalige Chance und als unglaubliche Herausforderung des Schicksals, für die sie ihrem Mann dankbar ist.

In den Ausführungen des Buches wird auch auf die Zweiklassenbehandlung und auf die Unkenntnis und Unwilligkeit des behandelnden medizinischen Personals hingewiesen. Elisabeth hingegen muss sich als Laie in das Thema Demenz erst einarbeiten, um den Krankheitsprozess ihres Mannes und die damit verbundenen Veränderungen verstehen zu können. Aus diesem Grund bin ich überzeugt, dass nach einer Veröffentlichung dieses Buches die kritischen Stimmen aus den Fachkreisen, welche die eigenen Unzulänglichkeiten gern verdrängen, eindeutig hinter der Wirkung dieses Buches verstummen werden.

Das Buch ist eine Mischform aus subjektivem Erleben und objektivem Umgang mit dem fortschreitenden Krankheitsverlauf. Genau das macht es glaubwürdig. Ein Fachbuch von Ärzten liest sich wie ein Nachschlagewerk. Ein Roman ist etwas für Leser, die von einem Werk auch Literatur erwarten. So wurde das Buch sowohl ein fachliches als auch ein menschliches Werk.

Was mich besonders anspricht, ist die Tatsache, dass Günter jederzeit die Möglichkeit offen stand, ins Leben einbezogen zu sein, auch wenn er es immer weniger konnte. Zuletzt äußerte er sich als Zeichen seiner Teilnahme nur noch durch Kehllaute. Aber er war im Kreis der ihn Pflegenden und so entstand ein Sicherheitsgefühl für ihn, ein Wohlwollen. Elisabeth schreibt auch von ihrer persönlichen Betroffenheit und Belastung, die sie gern auf sich nahm, um für jeden seiner noch verbleibenden Tage zu kämpfen. Ohne Angst ist sie bei ihm geblieben, bis zum Schluss. Elisabeth hat ihren Mann geliebt. Diejenigen, die durch ihr Verhalten irritiert sein mögen, haben möglicherweise eine solche Erfahrung mit einem geliebten Menschen noch nicht gemacht und können dieses Engagement deshalb nicht nachvollziehen.

Sibylle Missoum-Spahlinger

Schriftstellerin und bildende Künstlerin

Einleitung

In meinen Ausführungen habe ich mich für das Fachwort „Demenz“ entschieden. Mir kommt es darauf an, den Prozess der Erkrankung zu schildern und auf eine fachliche Diskussion, was „Alzheimer“ im Unterschied zu „Demenz“ ausmacht, zu verzichten.

Die in Klammern angeführten Zahlen beziehen sich auf die im zweiten Teil näher ausgeführten stützenden Maßnahmen bei der häuslichen Pflege.

Es wird viel geschrieben über Demenz. Die medizinische Diagnose nimmt vor allem die Defizite in den Blick: den schleichenden, jahrelangen Prozess der Veränderung des Gehirns, die Gedächtnisprobleme und Wortfindungsschwierigkeiten, die irgendwann so groß werden, dass Angehörige oder betreuende Bezugspersonen nichts mehr verstehen können, und die schließlich in einem Lallen enden; die zunehmenden körperlichen Probleme bis hin zur Inkontinenz und Bettlägerigkeit; das Endstadium mit künstlicher Ernährung. Der Verlauf der Krankheit kann sich bei jedem Menschen, der an Demenz erkrankt ist, anders gestalten. Bei diesem Krankheitsbild gibt es keine Verallgemeinerungen.

Ich habe erfahren, wie mein Mann zu Beginn der Erkrankung recht kreativ seine Mängel kompensatorisch auszugleichen wusste, wie deutlich er mitteilen konnte, was ihm wichtig war, was er wollte und was nicht. Selbst im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit, in dem wir verständliche Worte ganz selten zu hören bekamen, konnte er Gefühle zeigen, Bedürfnisse äußern. Wenn sich ihm nahestehende Menschen zuwandten, zeigte er Freude, ein Lächeln; sein Verhalten drückte Wohlbefinden aus. Wenn er zu etwas gedrängt wurde, was er nicht wollte, reagierte er verärgert bis abweisend. Seine Antriebe und Gefühle blieben lange gesund. Sie waren die Ressourcen, auf die ich und auch die jeweiligen Helferinnen aufbauen konnten.

In der Betreuung und Pflege meines Mannes ging es uns vorrangig nicht um die Defizite, die die Krankheit Demenz unausweichlich mit sich bringt, wir achteten vielmehr auf die noch vorhandenen Ressourcen und darauf, welche positiven Einflüsse er brauchte, um sich geborgen und wohlzufühlen.

Wie es den Angehörigen in der häuslichen Pflege gehen kann und worauf sie zu achten haben, um selbst gesund zu bleiben, wie und wo sie Hilfe finden können, davon berichtet dieses Buch. Ich schreibe über eine Odyssee auf der Suche nach Hilfe und beschreibe, was ich für wichtig erachte und was mir persönlich geholfen hat. Vieles ergab sich aus Versuch und Irrtum. Heute, 13 Jahre später, hat sich vieles verändert. Die Behandlung der Krankheit Demenz hat nicht nur vonseiten der Medizin eine Entwicklung erfahren, auch die ambulanten und komplementären Angebote sind enorm gewachsen und bieten hervorragende Unterstützung.

In den folgenden tagebuchartigen Kapiteln lade ich Sie ein, mir zu folgen. Ich möchte Sie teilhaben lassen an dem Reichtum an Erfahrungen, welche mir dieses – zunächst so schlimm und belastend erscheinende – Schicksal schenkte.

Ich möchte Sie im Kern an die folgenden wichtigsten Aspekte heranführen, Ihnen bei den vielleicht quälenden Fragen entsprechende Antworten aufzeigen:

Wie gelingt trotz Unterbrechungen immer noch eine gemeinsame Kommunikation (insbesondere in der letzten Krankheitsphase)? Wie gelingt schließlich ein nonverbaler Austausch, sodass trotz Krankheit die innige Verbindung bis zuletzt lebendig bleibt?

Wie gelingt nach wie vor ein Geben, aber auch ein Nehmen? Wie kann sich während der Betreuung trotz Veränderungen immer noch eine eigene Zufriedenheit einstellen? Wie kann es geschehen, dass die Tiefe der Verbindung, entstanden in Zeiten ohne Belastungen, trotz Krankheit erhalten bleibt und in lebendiger Weise fortgesetzt wird? Wie kann das Zusammengehörigkeitsgefühl, das Gefühl der Geborgenheit gerettet werden? Wie können die Zeichen der Liebe gemeinsam erkannt und gepflegt werden?

Welche Möglichkeiten gibt es, auftretende Peinlichkeiten zu entkräften, sie konstruktiv zu verarbeiten, umzuleiten und in ein Gefühl zu verwandeln: Ich bin außerhalb der Rechtfertigung, ich bin und bleibe „Herr der Situation“ und nicht umgekehrt?

Weiterhin werden immer wieder praktische Hinweise zu den Auswirkungen der Krankheit eingebunden und Sie werden über die Möglichkeiten des Umgangs mit ihnen informiert.

Auch Hinweise werden gegeben, wie Sie möglicherweise die verschiedenen Stadien der Krankheit erkennen können. Was ist wann zu tun?

Im letzten Teil des Buches werden wichtige Ansprechpartner genannt, von denen Sie fachliche und therapeutische Unterstützung erfahren können.

Ein Zitat aus dem Werk von Castaneda:

Castaneda tauscht sich mit seinem Lehrer darüber aus, ob und wie man Menschen verändern kann.

Der Lehrer spricht: Ich weiß nicht, was oder wie ich etwas verändern sollte bei meinen Mitmenschen. Vielleicht aber sind wir eines Tages fähig, die Menschen auf eine andere Weise zu „sehen“, und wir werden erkennen, dass es keinen Weg gibt, sie zu verändern. Was wir verändern können, ist unsere Wahrnehmung von ihnen. Das ist alles und doch so schwer.

Castaneda, C. (1984), Die andere Realität. Die Lehren des Don Juan. Ein Yaki-Weg. Gutzmann u. Woymar, 1996.

1. Teil

I. Übergangsphase

Die ersten Anzeichen einer Veränderung

2004. Wir befanden uns im Auto auf der Heimfahrt, als wir in eine heftige Diskussion gerieten. Zu Hause angekommen, ging mein Mann nicht etwa in das Haus, sondern überquerte die Straße und verschwand im nahe gelegenen Wald. Ich lief ihm nach, rief nach ihm. Er versteckte sich hinter Bäumen, stolperte am Gestrüpp vorbei immer tiefer in den Wald. Ab und zu drehte er sich nach mir um. Ich versteckte mich ebenfalls hinter einem Baum. Er blieb stehen – offensichtlich verunsichert – und kam zurück. Sobald er mich sah, versuchte er sich wieder zu verstecken. Auf diese spielerische Weise gelang es mir, ihn nach Hause zu lotsen.

Dieses Ereignis war der Beginn meiner Wahrnehmung, dass mit meinem Mann etwas nicht stimmte.

Auf der Suche nach Hilfe

Bald danach nahm ich Kontakt auf zu einem befreundeten Ehepaar. Der Mann war Chefarzt in einer großen psychiatrischen Klinik. Er kam zu uns und versuchte meinen Mann nach der gängigen Screening-Methode über die kognitive Leistungsfähigkeit mit dem Mini-Mental-Status-Testverfahren nach Folstein1 zu interviewen. Bald stellte sich jedoch heraus, dass mein Mann nicht bereit war, auf die behutsam gestellten Fragen zu antworten. Der Test musste leider abgebrochen werden. Der Arzt äußerte den Verdacht auf Alzheimer. Das war natürlich ein Schock für mich. Während meiner langen beruflichen Tätigkeit hatte ich Erfahrungen mit Menschen gesammelt, die eine psychosomatische oder eine psychiatrische Diagnose mit in die Beratung und Therapie brachten. Mit ihnen wusste ich umzugehen. Aber „Alzheimer als eine Form von Demenz“ war für mich unbekannt und machte Angst.

Ich holte Informationen ein bei niedergelassenen Ärzten/Neurologen, im Demenz-Forum (Anlaufstelle für demenziell erkrankte Menschen und ihre Angehörigen).

Ich verschlang jede schriftliche Mitteilung, jedes Buch, das über Demenz berichtete. Und dann begann die Odyssee nach der „richtigen“ Behandlung. Der Arzt, der die Diagnose stellte, empfahl das Medikament Aricept®2, das den Verlauf der Krankheit hinauszuzögern versprach.