Ich glaub, ich krieg nen Vogel - Kai Fischer - E-Book

Ich glaub, ich krieg nen Vogel E-Book

Kai Fischer

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  • Herausgeber: tredition
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Nach dem absoluten Bestseller "Don Quijote" folgt nun nach langen Jahren der schier endlosen Dunkelheit ein erneuter Straßenfeger aus Spanien: "Ich glaub, ich krieg nen Vogel". Alle, die ganze Welt, wirklich jeder kennt das Gefühl. Sie werden weinen, Sie werden lachen - und Sie werden das Werk verschlingen. Eine spannende, lustige und einzigartige Autobiografie.

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Seitenzahl: 184

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Kai Fischer

Ich glaub, ich krieg ‘nen Vogel

Jeder kennt das Gefühl!

Unglaubliche Geschichten aus der verrückten Welt eines „Träumeverkäufers”

© 2020 Kai Fischer

Design, Zeichnung und Gestaltung des Vogels („PapaKai”) by Kai Fischer

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-02045-0

Hardcover:

978-3-347-02046-7

e-Book:

978-3-347-02047-4

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile und Grafiken, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Der Autor

Kai Fischer, Immobilienmakler mit Leidenschaft, ist aufgewachsen in einer Kleinstadt im Vordertaunus. Er ist superdiplomatisch, erotisch hoch ansprechend für Frauen, intelligent, eloquent, humorvoll - mit unglaublichem Fingerspitzengefühl für das Wesentliche und trotzdem oftmals (nebenbei gesagt) völlig überfordert von der bejammernswerten Mittelmäßigkeit manch seiner Mitmenschen.

Seit seinem zwanzigsten Lebensjahr lebt er mit einigen Unterbrechungen in Spanien und hatte zunächst seine Karriere als „Dreamseller" in Andalusien an der Costa de la Luz und Costa del Sol gestartet.

Weitere Stationen waren Salvador da Bahia in Brasilien, wo ihn die Damenwelt (aufgrund seines hellen Teints) als besonders exotisch beschrieb (und „Kaisinho” dort sicherlich vieles aus dem Gleichgewicht brachte), Frankfurt am Main, Hamburg (seine Perle), London (während seiner Anwesenheit stürzten hier alle Brücken der Themse ein und nur die Gebäude des MI6 und Scotland Yard entlang des Flussufers blieben verschont).

Und natürlich dürfen wir auch Barcelona nicht vergessen, das - Gott sei Dank - noch steht und nun allein, ohne K.F. (ein weiteres seiner Synonyme) zurechtkommen muss.

Eine seiner beiden Töchter kam in „El Puerto de Santa Maria“ in Andalusien zur Welt, von da aus einst Christoph Kolumbus in Richtung Amerika aufgebrochen war. Die Stadt wurde nicht nach Mr. Fischer, sondern nach dem Kolumbus-Schiff „Santa Maria” benannt, allerdings nur aus dem einfachen Grund, weil sich Don „Kaitano” zu dieser Zeit noch nicht auf diesem Planeten befand.

Heute lebt Kai F. (Punkt) aktuell auf Mallorca, um gleicherweise dort Menschen auf der Suche nach ihrem Glück behilflich zu sein. Auch hier bebte und zitterte die Erde während seiner Anwesenheit (Bilder können es beweisen) bereits schon einige Male.

Sicherlich wird die Insel nicht seine letzte Station bleiben, denn er braucht mehr, mehr als jeder andere Normalsterbliche - und das von allem! Denn nichts und niemand kann ihn aufhalten - nicht einmal ein Blitz!

Überzeugen Sie sich selbst…

Prolog

»Nebenbei gesagt: Jeder kennt mich - oder vielleicht das Gespür meiner Existenz, wenn unfassbare Dinge geschehen. Und jeder kriegt mich irgendwann einmal oder besser kriege ich Euch alle, denn ich bin allgegenwärtig …

Manche erleben in vierzig Jahren ihres Daseins auf dieser Erde das Gleiche wie andere in achtzig Jahren oder vielmehr in zwei Leben. Bei vielen geht es auch völlig normal und ohne große Schwankungen recht geradlinig vorwärts - und es gibt mich - und ja, was soll ich sagen, bei mir ist alles irgendwie ganz anders.

Ich weiß gar nicht, womit ich beginnen soll!

Am Anfang, am Ende, in der Mitte, mittendrin, von unten, von oben oder mit allem auf einmal. Ich glaube, es würde sowieso immer den richtigen Punkt treffen.«

Es sprach mein Vogel „PapaKai”, denn so wird er von vielen genannt. Wie bereits auf dem Buchcover geschrieben, schlüpfte er allerdings nicht aus einem gewöhnlichen Vogelei, sondern aus dem Ei des Kolumbus - das Symbol für eine verblüffend einfache Lösung bei schier unlösbaren … (na, Sie wissen schon). Also bei schier unlösbaren Problemen!

Sie werden mit ihm lachen, Sie werden mit ihm weinen und Sie werden dieses Werk verschlingen!

Wer hat eigentlich noch nicht von einem eigenen Haus oder einer Finca im Süden geträumt?

Sonne, Strand und Meer, dem kalten Winter entfliehen, eine längere Auszeit nehmen oder sich gar für immer verabschieden?

Ich denke, fast jeder hat schon einmal mit dieser Vorstellung geliebäugelt und sich im Urlaub beim Schlendern entlang der Schaufenster der örtlichen Immobilienmakler seine Gedanken gemacht, die Fantasie schweifen lassen, wie wäre es jetzt mit einem „Tinto de Verano" oder einer „Sangria" in der Hand, im Pool seiner eigenen Villa auf der Luftmatratze zu paddeln.

Aus dieser Gegebenheit heraus sollte der Beruf des Immobilienmaklers (wie zum Beispiel in Andalusien oder auf Mallorca) eigentlich ein Traumjob sein und kinderleicht. Oder etwa nicht?

Ein Makler, besser gesagt, ein Immobilienberater, ist doch derjenige, der schlicht und ergreifend nur die Türen aufschließt, ein paar warme Worte redet und dafür auch noch viel zu viel Geld bekommt.

Ich werde Ihnen beweisen, dass zumindest dieser Teil der Geschichte nur ein Aberglaube ist. Denn heutzutage ist der hochmoderne Top-Makler des einundzwanzigsten Jahrhunderts der Psychologe und Therapeut für Ehepaare, einsame Herzen, verlorene Seelen, Fantasten und Suchende auf dem Wege der Selbstfindung!

Mitte der Neunzigerjahre begann ich mit meiner „Berufung", von der ich übrigens bis dahin selbst nicht wusste, dass ich sie besaß. Es war die Zeit, in der das Internet noch in den Kinderschuhen steckte - Facebook, Instagram und Co. gab es lange noch nicht. Es wurden derzeit Faxe verschickt und die ersten Mobilfunktelefone kamen auf den Markt. Wir hatten damals eines, das riesengroß war, in keine Hose passte und komplett die Handtasche einer Dame füllte.

Gefiel einem Kunden eine Immobilie zu fünfzig Prozent, kaufte er sie. Heute gefällt ihm dieselbe Immobilie zu achtzig Prozent und er kann sich nicht entscheiden. Das ist ähnlich wie bei der Partnersuche im Netz und mit allen anderen Dingen. Es besteht einfach zu viel Angebot und das von überall her, jeder denkt, es gibt bestimmt noch etwas Besseres.

„Denn der Weg zum Unglück führt über den Vergleich!"

Südlich von Japan und nördlich des tropischen Wendekreises liegt Okinawa - eine Inselgruppe, auf der alles anders zu sein scheint, denn hier leben die meisten Hundertjährigen, die glücklichsten Menschen unseres Planeten. Sie benutzen kein Internet, googeln nicht, tätigen keinen Hochleistungssport (wie Joggen, Yoga und dergleichen mehr) und gehen auch nicht in den Supermarkt, um ihr Essen zu kaufen. Weit ins hohe Alter, mit fünfundneunzig Jahren noch, züchten sie Rinder, holen sich ihre Nahrung von den Bäumen sowie aus dem Meer und das alles ohne fremde Hilfe! Sie sind immer und stetig (auf natürliche Weise) in Bewegung.

Selbst Methusalem (Noahs Großvater), der laut Bibel ein übermenschliches Lebensalter von mehr als neunhundert Jahren erreicht haben soll, hätte sich vor ihnen mit großer Gewissheit voller Demut verneigt.

So fing alles an

„Lebenskünstler" - was genau ist das eigentlich, ein „Lebenskünstler"? Also ich würde es versuchen, so zu beschreiben:

Ein Lebenskünstler ist eine Person, die genauer gesagt die Gabe besitzt, ohne großen Aufwand stets das meiste rauszuholen und auf die die Dinge im Leben mit Selbstverständlichkeit zufliegen, wie zum Beispiel Frauen oder auch Geld. Ein Lebenskünstler gerät nie in Schwierigkeiten, denn durch seine für andere unerträgliche Leichtigkeit des Seins schwebt er immerfort über allen Dingen hinweg.

Deshalb möchte doch letztendlich jeder eigentlich irgendwie ein Lebenskünstler sein. Oder?

Wie bereits gesagt ist es eine Gabe, vergleichbar mit einer tollen Gesangsstimme (jeder kann zwar singen, aber es gibt hierbei oft sehr große Unterschiede) und man kann diesen „Zustand” leider auch nicht erlernen.

Schon in unserer Abi-Schülerzeitung hatte anno dazumal einer meiner ehemaligen Mitschüler aus der Redaktion mein Foto, auf dem wir alle (nach heutigem Standard) schrecklich aussahen (ich hatte halblange Haare und sah aus wie Prinz Eisenherz) mit der Bezeichnung „Lebenskünstler“ vermerkt, wohlweislich in der Annahme, meinen weiteren Lebensweg vorhersagen zu können. Bis heute ist unklar, wer von den Jungs in so jungen Jahren, wir waren damals neunzehn, dermaßen viel Weitblick besessen hatte (Mann, ist das alles lange her, über ein Vierteljahrhundert).

Jetzt werden wir einmal konkret und dazu nehmen wir das Beispiel Brasilien. Ebenda lebte ich einige Zeit, für viele Brasilianerinnen wahrscheinlich zu kurz oder doch zu lang (ich weiß es nicht), nach der Beendigung meines Abiturs, das ich im Übrigen ebenfalls ohne großen Energieaufwand bestand. Und wie Sie bereits lesen konnten, war nach meiner Anwesenheit dort nichts mehr gleich, oder anders ausgedrückt, nichts mehr im Gleichgewicht.

Genauso wie das Abitur hätte ich später übrigens sicherlich auch mein angefangenes Germanistikstudium an der Universität von Sevilla mit Mühelosigkeit beendet, wenn die Zeit dazu da gewesen wäre.

Bei allen Examen der ersten beiden Jahre in dem alten beeindruckenden Tabakfabrikgebäude (Schauplatz der Oper „Carmen” des Genies Bizets) gab ich mir wirklich sehr viel Mühe, das können Sie mir ruhig glauben. Aber es kam schlussendlich irgendwie alles ganz anders.

Nun erst einmal kurz zurück nach Brasilien, denn verständlicherweise liegt mir mehr daran, davon zu berichten, wie ich zum Makler geworden bin.

Also - ich gab dort Deutschunterricht in einer Sprachschule in Salvador da Bahia, in der ich mich einfach als Don Fischer präsentiert hatte, ohne jegliches Studium oder Ausbildung in dieser Richtung. So viel zum Thema „Lebenskünstler"!

Mit der bezaubernden Englischlehrerin (eine Exotin mit zimtfarbener Haut) hatte ich eine Liaison. Die Schulsekretärin (nicht ganz so schlank wie die Englischlehrerin, aber dennoch sehr begehrenswert) versuchte mich ständig zum Abendessen einzuladen - bei sich zu Hause, völlig privat. Und die Inhaberin der Schule, eine vierzigjährige, höchst attraktive Mutter von drei Kindern und mit Ehemann, besaß mehrmals die Absicht, mich in ihrem Auto zu verführen. Eine ihrer Töchter war sogar in meinem Alter, bei der ich heute sicherlich nicht „Nein” gesagt hätte - ich meine bei ihrer Mutter, das versteht sich ja wohl von selbst oder doch bei beiden?

Damals war mir diese Situation, um ehrlich zu sein, ein wenig unangenehm, da ich auch mit ihrem Mann und den Kindern eine Freundschaft pflegte. Ich war ja schließlich erst neunzehn - ein Spätzünder sozusagen. Heute gehe ich sicherlich an viele Dinge, um nicht zu erwähnen an alle, ganz anders ran!

Nachdem sie rausbekam, dass ihre Sekretärin ein Auge auf mich geworfen hatte, wollte sie diese sofort entlassen. Von meiner Liebschaft mit der Englischlehrerin wusste sie glücklicherweise nichts, sonst wäre die Arme mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls im hohen Bogen von der Schule geflogen.

Ich beschwichtigte die Chefin in ihrer Absicht und beschloss nach all dem Chaos vor, das ich indirekt provoziert hatte (ich dachte, ich krieg hier ‘nen Vogel und mein „PapaKai” - ich habe ihn bereits vorgestellt - käme im Sturzflug in meine Richtung herabgeschossen), mich anderen Dingen als meinem Liebesleben zu widmen und verließ dieses beeindruckende, wunderbare Land.

Auf jeden Fall war die unfreiwillige Ernennung meiner Person zum Hauptdarsteller einer lateinamerikanischen Seifenoper eine besonders hilfreiche Lebenserfahrung für mich und hatte mich damals in der Tat sehr geprägt.

Ich ging nach Spanien, um meine eigentliche „Berufung”, die des Maklers (von der ich bis dato nicht den leisesten Schimmer hatte, sie überhaupt zu besitzen), zu entdecken und ihr nachzugehen.

Wie kommt man (nach alledem) nun eigentlich dazu, Makler zu werden?

Diese Frage lässt sich sehr schnell beantworten: Wie die Jungfrau zum Kind !

1995 hatte ich mir zunächst einen kleinen Bus zugelegt und organisierte als Kleinunternehmer Tagesausflüge und Flughafentransfers für Touristen in Andalusien in dem beschaulichen Küstenort Conil de la Frontera, direkt an der Costa de la Luz gelegen. Allen gefiel mein Service, nur nicht den Taxifahrern des Dorfes, die immer auf Fahrgäste wartend unweit der Plaza España standen und mich mit voll besetztem Bus an ihnen vorbeidüsen sahen.

Zweimal bekam ich alle vier Reifen zerstochen, ein drittes Mal erschienen fünfzig wütende „Taxistas" am Flughafen von Jerez de la Frontera und wollten meinen Bus in Flammen aufgehen lassen. Ich dachte, ich krieg hier schon wieder ‘nen Vogel, „PapaKai" (nun weiß wirklich jeder, denke ich, wen und was ich damit meine).

Da das Verhältnis eins zu fünfzig (genauer gesagt waren wir in diesem Moment zu zweit, aber dazu später) nicht proportional zueinander stand, zog ich es vor, Intelligenz vor unangebrachtem Heldentum siegen zu lassen.

Mir war klar, dass ich nicht im Krieg hier weiterleben wollte. Ich besann mich auf meine Fähigkeiten, verkaufte das Gefährt (allerdings nicht an die Taxifahrer) und bewarb mich bei einem deutschen Reiseveranstalter für eine Stelle im kombinierten Innen - und Außendienst. Ein Traumjob soszusagen, für den richtigen Mann zur richtigen Zeit!

Kurz darauf sah ich mindestens fünf dieser „Taxistas" ebenfalls mit einem funkelnagelneuen Minibus Fahrgäste durch den Ort kutschieren. So schlecht fanden sie meine Idee also doch nicht. Wichtig für sie war wahrscheinlich nur, wer ihn fährt. Für mich war die Sache auf jeden Fall abgehakt, freute mich allerdings sehr, ihnen innovative Anstöße gegeben zu haben.

Dann stand auf einmal eines Tages ein Ehepaar, beide etwa Mitte vierzig, aus Nordrhein-Westfalen bei uns im Büro und fragte mich nach Häusern zum Kauf. Sie waren tatsächlich das allererste Mal in ihrem Leben für fünf Tage in Andalusien. Die Familie betrieb einen Garten - und Landschaftsbau und hatte dadurch in den Wintermonaten viel Freiraum, um der Kälte in Deutschland zu entfliehen und diese Jahreszeit in wärmeren Gefilden zu verbringen.

Bis zu diesem Zeitpunkt boten wir nur die Vermietung von Ferienhäusern an, deshalb war ich bei dieser Frage eigentlich recht überrascht. Immobilienbüros gab es in dem Zwanzigtausend-Seelen-Ort noch nicht.

Einige Tage zuvor teilte mir eine ältere Dame aus Berlin mit, dass sie gerne ihr Stadthaus verkaufen wolle und ob wir ihr dabei nicht behilflich sein könnten. Kurz entschlossen rief ich die Dame an und vereinbarte meinen ersten Besichtigungstermin. Ich war sehr gespannt - und um ehrlich zu sein, auch ein bisschen nervös.

Wir gingen von unten nach oben und wieder von oben nach unten durch das gesamte Haus und das Ehepaar stellte mir einige wichtige Fragen. Als guter Verkäufer, zu dem ich in diesem Moment auf unverhoffte Weise und wie durch ein Wunder geworden war, weiß man, dass man keine dieser Fragen unbeantwortet lassen darf, das sagte mir mein Bauchgefühl!

Ich muss gestehen, dass ich mich im Vorfeld auf diesen Termin sehr gerne etwas vorbereitet und mir sicherlich zumindest eine Folge dieser Makler-TV-Serien angeschaut hätte, jedoch existierten sie noch nicht. Und so musste ich improvisieren und auftretende Zweifel ohne fremde Hilfe aus der Welt schaffen. Irgendwie gelang es mir wohl sehr überzeugend, alle Fragen konsequent zu beantworteten, sogar die, deren Antwort ich nicht kannte. Ich war von mir persönlich selbst verblüfft. Schlummerte wirklich so viel Potenzial in mir, von dessen Existenz ich keine Ahnung hatte?

In weniger als einer Stunde war alles geklärt und beide entschieden sich das Haus zu kaufen. Ich war begeistert und sagte zu mir:

»Na, das war ja jetzt einfach, ein Kinderspiel, das mache ich ab sofort immer!«

Zügig wurde der Notartermin vereinbart, die glücklichen Kunden waren stolze Besitzer eines kleinen typischen Stadthauses (mit Blumen geschmücktem Innenhof) in Andalusien, binnen weniger Wochen.

Und so begann meine Karriere als „Immobilienmakler“. Das mit dem „einfach“ sollte sich allerdings im Laufe der Jahre und mit stetig wachsender Nutzung des Internets noch ändern.

Zwölf Russen

Während ich nun die Abteilung „Immobilienverkauf" in eigener Regie ausbaute, wurde ich trotzdem ab und an (aufgrund meines unschlagbaren Verhandlungsgeschicks und meiner unwiderstehlichen Ausstrahlung auf die Ehefrauen der Kunden) damit beauftragt, schwierige Umlegungen von Buchungen der Ferienhausgäste des Reiseveranstalters zu übernehmen. Wenn man erst einmal die Ehefrau überzeugt hatte, was für mich ein Leichtes war, dann hatte man den Ehemann gleichermaßen schnell im Sack.

Denn für fast alle Ehemänner galt und gilt das Motto “Happy wife, happy life!”, vor allem im Urlaub, der schönsten Zeit des Jahres!

Kunden wurden immer unter dem Umstand auf andere Ferienhäuser „gelegt“, wenn es entweder zu Doppelbuchungen durch weitere einbuchende Agenturen kam, Hausbesitzer ihre Häuser eigenständig vermieteten, ohne dieses vorher mit uns abzusprechen (ein typisches, gängiges Verhalten übrigens) oder wenn eine Buchung einfach in die falsche Zeile des heiligen Buchungskalenders (ein Notizheft mit vielen Linien und Kästchen wie es ähnlich auch die Lehrer damals in der Schule benutzten) eingetragen wurde. Dann hatte komischerweise auf einmal ein ganz anderes Haus die Gäste. Und wenn ferner noch eine weitere Buchung für denselben Zeitraum dazu kam, gab es ein echtes Problem.

Keine Angst, diese Situationen standen nicht auf der Tagesordnung und bekam man mit den Jahren durch die Entwicklung eines hochmodernen, genialen Computer - Buchungsprogrammes à la Einstein und die Einführung von Festverträgen mit Vermietern eigentlich recht gut in den Griff.

In dem Fall unserer zwölf Ferienhausgäste aus Russland lag es allerdings daran, dass in der Villa mit Meerblick „los años locos" (sprich, „die verrückten Jahre", sehr zutreffend der Name übrigens für diese gesamte Epoche und auch Situation) Antonio Banderas zusammen mit Michael Douglas plus Ehegattinnen und eben unsere Freunde aus Russland gleichzeitig (durch unterschiedliche Agenturen eingebucht) alle dort Urlaub machen wollten.

Michael Douglas, in Anbetracht seiner weißrussischen Wurzeln, hätte sich sicherlich gut mit unseren Gästen verstanden, aber allein vom Platz her, den dieses Anwesen hergab, konnte es nicht funktionieren. Seine Frau (Catherine meine ich) wäre mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ausgeflippt. Das tat sie des Öfteren, heute weiß ich auch warum.

Zweiundzwanzig Jahre später sollte ich mit Mr. Douglas (MD, wie Bekannte ihn nennen, zu denen ich mich spätestens ab jetzt ja auch zählen durfte) erneut zusammentreffen, allerdings auf Mallorca, aber dazu komme ich noch in einem anderen Kapitel.

Auf jeden Fall gab es kein vergleichbares Ersatzobjekt. Und so bekam ich den Auftrag, zwei Villen in derselben Straße unseren Russen versuchen anzubieten, zuzüglich eines finanziellen Ausgleichs als Entschädigung.

Verhandlungen zu führen, darin war ich Spezialist, hatte bis dato selbst wütend herumschreiende und aggressive, deutsche Kunden bändigen können, aber wie zwölf Russen reagieren, wenn sie nicht das bekommen, was sie wollten, diese Erfahrung hatte ich noch nicht gemacht. Und so erhielt ich einen Anruf von einem der Sprachführer der Gäste in gebrochenem, nahezu unverständlichem Deutsch. Englisch leider Fehlanzeige!

Irgendwie einigten wir uns und vereinbarten einen Treffpunkt an der Hauptstraße. So fuhr ich zu dem Standort und wartete auf mein Gegenüber.

Aus einem silberfarbenen Mercedes stieg ein muskelbepackter, athletisch gebauter Zwei-Meter-Russe. Die Sonne verdunkelte sich vor mir und es schien, als ob Ivan Drago, der Koloss aus einem der unzähligen „Rocky”-Filmen sich vor mir aufbaue. Ich dachte, dass nun mein letztes Stündchen geschlagen hätte. Mein Hals war plötzlich auffallend trocken und ich musste erst einmal schlucken, bevor ich zum Sprechen ansetzte:

»Privet, wo ist denn der Rest der Truppe?«,

fragte ich ihn bei der Begrüßung, in recht freundlich lockerer Art, um zunächst einmal das Eis zu brechen. Angriff ist bekanntermaßen ja die beste Verteidigung. Obwohl es im Ernstfall bei diesem vor mir stehenden Hünen nach menschlichem Ermessen egal gewesen wäre, ob ich angreife oder mich verteidige. Das machte absolut keinen Unterschied, denn er hätte mich mit Sicherheit (schlicht und ergreifend) in Bruchteilen von Sekunden einfach zerquetscht!

Er verstand mich beachtenswert schlecht, fast überhaupt nicht und es kam zu den ersten Kommunikationsschwierigkeiten (auch das noch). Anhand von diversen Handzeichen und einigen Wörtern fand ich heraus, dass der andere Teil der Truppe erst am nächsten Tag anreisen würde. Ich atmete kurz tief durch. Eine unheimlich große Last fiel mir von den Schultern.

Daraufhin fuhren wir zu den beiden Ersatz-Villen und ich versuchte, meinem Feriengast in unserer gemeinsam entwickelten “Gebärdensprache” verständlich zu machen, dass es sich um eine Notlösung handelte. Er entgegnete relativ gelassen, dass das Vladimir, sein Boss, entscheiden würde, besser gesagt ich verstand nur die Worte „Boss” und „Vladimir".

Dieser traf sage und schreibe erst fünf Tage später ein und wir verabredeten uns zur Klärung des Problems.

Vladimir war genau das Gegenteil von Ivan, dem Zwei-Meter-Mann. Er war klein und eher etwas dicklich, mit einem riesigen Überbiss, hatte es aber irgendwie trotzdem geschafft, der Anführer des Clans zu werden. Wahrscheinlich ist es wie immer bei allen Dingen, die man im Leben erreichen will - eben nur Sache des Charakters.

Mittlerweile waren auch die anderen der Reisegruppe eingetroffen. Und es war genauso, wie man es sich vorstellt, wenn der kleinwüchsige, russische „Boss" mit seinen Mitarbeitern und „Damen" einen „Betriebsurlaub" macht.

Viele leere Wodkaflaschen standen auf den Tischen, die Aschenbecher voller ausgedrückter Zigarettenstummel und die Frauen, wahrscheinlich die Sekretärinnen (davon musste ich ja ausgehen), waren alle leicht bekleidet, wirklich sehr leicht bekleidet!

Vladimir war genau genommen tiefenentspannt (er hatte offensichtlich den Urlaubsmodus eingelegt), als ich ihm die Höhe der finanziellen Entschädigung mitteilte und den Grund, warum es nicht funktioniert hätte, sich eine Villa mit Antonio Banderas und Michael Douglas zu teilen. Er entgegnete nur gelassen in seinem Deutsch mit stark russischem Akzent:

»Prrobleme sind darr, um sie zu losen.«

»Das sagt schon ein altes rrussisches Sprrichworrt.«

»Du musst mir aberr ein Autogrramm von den beiden besorrgen oderr am besten noch, wirr machen alle einee Barrbecue zusammen«,

entgegnete er mir mit einem lauten Lachen, mit weit aufgerissenem Mund. Ich schaute in sein Gesicht und sah viele Zähne, eigentlich nur Zähne, wie bei einem Haifisch, die Augen und Nase waren verschwunden.

Das wär´s dann noch gewesen, ein Barbecue, alle an einem Tisch! Banderas, Douglas, Melanie, Catherine - Vladimir mit seinem Clan und ich. Neben mir sitzend „mein Ivan”.

Das Bild „Das letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci, in überdimensionaler Größe, erschien mir urplötzlich wie ein Schleier vor meinen Augen und wollte von dort nicht mehr verschwinden. Ich versuchte es wegzudrücken - an etwas anderes zu denken …

Ich war auf jeden Fall sehr erleichtert, das können Sie mir glauben, denn ich hätte im Traum nicht mit dieser positiven Reaktion gerechnet. Wir fingen an, über Gott und die Welt zu plaudern, das Ganze ging so etwa vier Stunden lang. Obendrein stellte er mich einer seiner bezaubernden „Sekretärinnen” vor- in diesem Moment hatte ich das Gefühl, als weiteres Mitglied in die Reisegruppe aufgenommen zu sein. Und offensichtlich versuchte sie, mir dieses sehr intensiv (auf ihre Art) zu vermitteln.

Zum Abschied bekam ich von Vladimir noch eine emotionale „russische Umarmung". Ich musste dabei schlagartig auf die ein oder andere Weise an die Metapher „Mütterchen Russland" denken. Warum? Das weiß ich auch nicht. Vielleicht weil ich in diesem Augenblick die Empfindung hatte, ganz Russland würde mich umarmen. Obendrein beschenkte er mich zusätzlich mit einem Karton Zigaretten, obwohl ich derzeit noch gar nicht rauchte. Ihn abzulehnen wäre, glaube ich, nicht richtig gewesen!

Von nun an war ich Vladimirs persönlicher Berater in Sachen Urlaubsplanung auf Lebenszeit. Da konnte sich niemand mehr dazwischen drängen. Jedes Mal, wenn wir uns trafen, überreichte er mir einen Karton mit Tabak.

Ob ich durch ihn letztendlich zum Raucher geworden bin, kann ich gar nicht sagen.

Das andalusische Wunder