Ich konsumiere, also bin ich? - Hanniel Strebel - E-Book

Ich konsumiere, also bin ich? E-Book

Hanniel Strebel

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Beschreibung

Kinder aufzuziehen ist Privileg und verantwortungsvolle Aufgabe in einem. Seit einigen Jahren bin ich geforderter Vater von mittlerweile fünf Jungen. Mit einem Seufzen gestehe ich: Die Fülle der Angebote überwältigt mich. Angefangen bei den Spielwaren, weiter gegangen zur Vielfalt an Lebensmitteln, ebenso an Freizeitprogrammen und – »last but not least« – an medialen Konserven. Bei uns zu Hause gibt es Bücher, Kinderkassetten, CD’s, Lernprogramme und Videos. Was sollen Eltern da nur sagen? Sie sind platt von der schieren Unendlichkeit der Möglichkeiten, dauernd beschäftigt mit einer sinnvollen Auswahl, ge- und oft überfordert mit der Abstimmung von hehren Werten, konkreten Erziehungszielen und einem stets gefüllten Terminkalender. Gerade weil mich das platt macht, gebe ich mich nicht mit dem Ist-Zustand zufrieden. Weder Nostalgie (»Früher war alles viel besser!«) noch Zukunftsangst (»Wie wird das alles nur noch werden?«) scheinen mir geeignete Strategien zu sein. In diesem eBook möchte ich Impulse für eine Erziehung geben, die sich am Wort Gottes und nicht am Konsumzeitalter orientiert. Ihr Hanniel Strebel

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Ich konsumiere, also bin ich?

Als Familie in der Konsumgesellschaft überleben

Hanniel Strebel

Impressum

© 2016 Folgen Verlag, Bruchsal

Autor: Hanniel Strebel, Zürich (Schweiz)

ISBN: 978-3-95893-014-8

Verlags-Seite: www.folgenverlag.de

Kontakt: [email protected]

 

Dieses eBook darf ausschließlich auf einem Endgerät (Computer, eReader, etc.) des jeweiligen Kunden verwendet werden, der das eBook selbst, im von uns autorisierten eBook-Shop, gekauft hat. Jede Weitergabe an andere Personen entspricht nicht mehr der von uns erlaubten Nutzung, ist strafbar und schadet dem Autor und dem Verlagswesen.

Autorenvorstellung

Hanniel Strebel, 1975, verheiratet, Vater von fünf Söhnen, wohnhaft in Zürich. Betriebsökonom FH und Theologe (MTh / USA), arbeitet seit 14 Jahren in der Erwachsenenbildung. Er schloss sein Theologiestudium mit einer Arbeit über Home Education ab, die 2011 im Verlag für Kultur und Wissenschaft erschien. 2013 promovierte er an der Olivet University (PhD / USA) in Systematischer Theologie mit einer Studie über den niederländischen Denker Herman Bavinck und dessen »Theologie des Lernens«. Er bloggt täglich zu den Themen Bildung, Familie und Theologie unter www.hanniel.ch.

Den Familien Fröhlich und Hässig gewidmet

Inhalt

Impressum

Autorenvorstellung

Inhalt

Los geht’s!

Warum rechtes Denken und rechtes Handeln zusammengehören

Den Denkrahmen abstecken

Was stimmt hier (nicht)?

Nachdenken: Konsumismus beginnt in den Köpfen

Verlasse nie den Ort einer Erkenntnis ohne eine konkrete Tat

Nachspiel

10 Impulse zum Überleben in der Konsumgesellschaft

Empfohlene Literatur

Anmerkungen

Unsere Empfehlungen

Los geht’s!

Warum ich dieses Buch schreibe

Wir sitzen vor dem gedeckten Tisch. Ich leite mit einem kurzen Tischgebet ein: »Du sollst den Herrn deinen Gott lieben (meine Hand zeigt nach oben), mit deinem ganzen Herzen (ich lege sie auf meine Brust), mit deiner ganzen Kraft (ich deute auf meinen Oberarm) und mit ganzem Verstand (ich tippe an meine Schläfe) und deinen Nächsten (mit einer einladenden Geste an meinen Nachbarn) wie dich selbst (ich zeige auf mich). Amen.«

Die Idee dieses Buchs entspringt meinem tiefen Wunsch, die frohe Botschaft der Befreiung durch Christus auf unser ganzes Leben anzuwenden. Gott hat mich mit einer Freude am Denken und Schreiben beschenkt. Diese Kraft will ich investieren, um aktuelle Fragen in Gesellschaft, Kirche und Familie mit Antworten einer biblischen Weltsicht zu verknüpfen.

Was sind meine Quellen für den Inhalt dieses Buches? Zuerst ist es davon geprägt, dass ich seit Jahrzehnten die Bibel lese. In den letzten fünf Jahren habe ich die Disziplin aufgebracht, jedes Jahr durch die ganze Bibel zu lesen. Zum Zweiten habe ich in den letzten zehn Jahren Theologie studiert und in diesem Fachgebiet promoviert. Während dieser Zeit habe ich mich eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, wie eine christliche Weltsicht sich auf das Familienleben auswirkt. Diese intensiven Denkprozesse wurden täglich durch eine wachsende Schar von Kindern, meinen fünf Söhnen, befruchtet. Wir unterrichten sie seit sieben Jahren zu Hause. Meine Frau ist mit einer großen Führungs- und Lehrbegabung gesegnet. Ich bat sie, diese herausragenden Fähigkeiten in die Familie zu investieren. So entschieden wir uns, unsere Kräfte als Eltern auch in die Lernprozesse unserer Kinder zu investieren.

Neben der intensiven Bibellektüre und dem Studium trieb es mich, »weiträumig« zu lesen. So kommt es, dass bedeutsame Inhalte dieses Buches von anderen Menschen angeregt wurden.

Wie man dieses Buch lesen kann

Die meisten Menschen, die ich kenne, lesen ein Buch von vorne nach hinten durch. Das ist eine bewährte Art und Weise. So arbeiten wir uns regelmäßig durch einen Text.

Lesen gehört zu meinen großen Leidenschaften. Ich mache mir oft Gedanken darüber, wie ich meine Lesegewohnheiten verbessern kann. Hier sind einige Überlegungen für die Lektüre dieses Buches:

Ich lese regelmäßig (täglich). Anstatt die Lektüre als Pflicht vor mir her zu schieben, setze ich mir Etappenziele. Zum Beispiel nehme ich mir vor, eine, zwei oder drei Stunden in ein Buch zu investieren. Planen Sie für dieses Buch sechsmal eine halbe Stunde ein. Am siebten Tag nehmen Sie sich Zeit, um die wichtigsten Erkenntnisse in Ihrem Tagebuch festzuhalten.

Zuerst lese ich das Inhaltsverzeichnis und dann die Einleitung, um mir ein erstes Bild über Inhalt und Aufbau zu machen. Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, habe ich im nächsten Abschnitt eine Zusammenfassung der Hauptaussagen angefertigt.

Manchmal springe ich nachher zum Literaturverzeichnis und informiere mich über die Quellen. Oftmals entdecke ich so neue Titel, die ich dann auf eine Leseliste übertrage.

Um diesen ersten Eindruck zu vertiefen, kann es auch hilfreich sein, das Fazit jedes Kapitels zu lesen. Jedes Kapitel schließt mit einer Schlussfolgerung sowie fünf Schlüsselfragen.

Die Hauptaussagen des Buches

Viele Fachbücher, die ich gelesen habe, sind nach folgendem Muster aufgebaut: Es wird eine Frage aufgeworfen. Dann wird die Frage lang und breit erörtert. Am Ende des Buches gibt es dann ein Fazit. Ich wähle einen anderen Weg: Die wichtigsten Erkenntnisse habe ich vorab im folgenden Abschnitt zusammengefasst.

Ich beginne

mit einigen Beobachtungen meines Alltags. Daraus leite ich die Ausgangslage für das gesellschaftliche Umfeld ab, in der unsere Erziehung stattfindet. Im Allgemeinen ist das Umfeld davon geprägt:

Der Wille des Kindes steht an erster Stelle.

Die Erwachsenen räumen den Kindern die möglichen Hindernisse aus dem Weg (auch die finanziellen).

Es scheint eine Art gesellschaftlicher Konsens über diese Art des Umgangs mit den Kindern zu existieren.

Das Erfolgskriterium Nr. 1 lautet: Hat es dem Kind Spaß gemacht?

Danach geht es darum,

den Denkrahmen abzustecken.

Ich beginne mit der Frage, die wir uns so oft gar nicht ausdrücklich stellen: Warum überhaupt Familie? Dafür liefere ich drei Begründungen.

Die normative Begründung: Die Familie ist von Gott im Rahmen seines Bundes mit dem Menschen geschaffen worden. Daraus leitet sich die Pflicht der Eltern ab, die Kinder im Glauben zu erziehen.

Die empirische Begründung: Familie stabilisiert. Das bestätigen zahlreiche Untersuchungen.

Existenzielle Begründung: Wer einen Blick in den eigenen »Rückspiegel des Lebens« – also in die Herkunftsfamilie – wirft, erhält erstaunliche Antworten für seine nicht hinterfragten Vorgehensweisen. Zum Beispiel:

Die Angst vor dem finanziellen Engpass: Wird das Geld reichen?

Die Angst vor der Senkung der eigenen Komfortzone: Werden wir uns dann noch … leisten können? Werden wir für … noch Zeit haben?

Der Respekt vor dem Kinderkriegen: Werden wir das schaffen?

Die Ausdehnung des Wohnraums: Wir planen ein Eigenheim mit einer Doppelgarage in einer Vorstadtgegend.

Mit der letzten Frage sind wir in ein Gebiet vorgestoßen, das unsere Erziehung maßgeblich beeinflusst: Nämlich die Art und Weise,

wie wir unser Menschsein zu verstehen haben.

Die Bibel zeigt uns auf, dass wir für eine Analyse des menschlichen Verhaltens zwei Dimensionen im Auge behalten müssen.

Kind und Eltern sind im Ebenbild Gottes geschaffen und mit einem einzigartigen Potenzial ausgestattet. Dies bedeutet, dass Erzieher dieses Potenzial entdecken und unterstützen können.

Kind wie Eltern sind aber auch Sünder. Dieses »Elend« hat vier Aspekte:

Der Mensch wird als Sünder geboren.

Aus diesem Zustand heraus begeht er böse Taten (Sünden).

Das menschliche Denken ist davon nicht ausgenommen, im Gegenteil: Böses beginnt in den Gedanken.

Durch diesen Zustand ist der Mensch Gott, sich selbst, anderen und auch der Schöpfung entfremdet.

Dann wende ich mich dem Thema »Konsumgesellschaft« zu. Ich bezeichne den »Konsumismus« als Produkt unseres Umgangs mit dem Überfluss an Gütern und Dienstleistungen.

Konsumismus beginnt in unseren Köpfen

Hier ziehe ich sieben verschiedene Analysen unserer westlichen Konsumgesellschaft heran:

Konsum harmonisiert Familienbeziehungen, weil er ablenkt. Viele Überlegungen der einzelnen Familienglieder sind deshalb auf die Frage gerichtet: Was kann ich als Nächstes konsumieren?

Die Jagd nach Glück ist zum Ersatz für das Glück geworden. Diese Jagd erhöht den Druck auf die Familie – mehr Status, steigende Ansprüche, weniger Zeit füreinander, längere Entscheidungsprozesse.

Viele wissen nicht mehr, wofür sie leben. Das ist langweilig. Sein ist im wesentlichen Verantwortlich-Sein.

Entscheidend für nachhaltiges Wohlbefinden ist Aktion, nicht Konsumation, Gemeinschaft, nicht der Erwerb neuer Güter.

Das Streben des Menschen nach Glück ist ein menschlicher Wesenszug. Durch die Sünde ist der Mensch seines ursprünglichen Glückes verlustig gegangen. Die Sehnsucht ist ihm geblieben. Langeweile ist ein Ausdruck der Spannung zwischen Sehnsucht und ausstehender Erfüllung.

Die gelebten Haupt-Werte unserer Gesellschaft sind Wohlstand und persönlicher Friede. Wir begehren nach mehr und wollen in Ruhe gelassen werden. Da die Wahrung der eigenen Komfortzone an vorderster Stelle steht, wird auf vielen Gebieten Terrain preisgegeben. Darunter leidet auch die Familie.

Die Alternative lautet: Tue schwierige Dinge! Fünf Übungsfelder dazu sind:

Tu Dinge, die außerhalb deiner Komfortzone liegen.

Tu Dinge, die über das hinausgehen, was von dir erwartet wird.

Tu Dinge, die du nicht allein machen kannst.

Tu Dinge, die sich nicht sofort auszahlen.

Tu Dinge, auch wenn sie gegen die Strömung gehen.

Nachdem wir uns über diese Denkvoraussetzungen klar geworden sind, präsentiere ich Ideen von zwei erfahrenen Frauen und aus der eigenen Familie.

Verlasse nie den Ort einer Erkenntnis ohne eine konkrete Tat.

Edith Schaeffers (1914-2013) Beschreibung eines erfüllenden Familienlebens steht unter dem Titel »Verborgene Kunst und farbiger Alltag«. Sie folgt dem Motto: Lerne das kennen und schätzen, was dir der Alltag vor die Füße legt. Musik, Zeichnen und Malen, die Gestaltung deiner eigenen vier Wände, der Garten, kochen, schreiben, gemeinsame Mahlzeiten, Ausflüge in der Natur und Familientreffen. Das sind alles Gelegenheiten, die Gaben unserer Kinder zu entdecken und sie dabei zu unterstützen, diese zu entfalten.

Charlotte Mason (1842-1923), englische Pädagogin, gründete ihre Bildungsphilosophie auf dem christlichen Glauben und auf ihrem lebenslangen Engagement im Unterricht von Kindern und in der Lehrerausbildung. Ihre Erziehungsphilosophie setzt sich aus vier Elementen zusammen:

Erziehung wird durch die Atmosphäre geprägt (zwischenmenschliche Dimension). Sie ist Grundvoraussetzung für das Lernen.

Erziehung ist eine Disziplin (körperliche Dimension). Der Charakter wird durch die Entwicklung guter Gewohnheiten geformt.

Erziehung ist Leben (geistliche Dimension). Der Geist des Kindes ist ein lebendiger Organismus, der Ideen aus jedem Lebensbereich aufnimmt und verarbeitet.

Erziehung ist eine Wissenschaft von Beziehungen. Als geschaffenes Wesen steht das Kind in einem Netz von Beziehungen zu Dingen, Gedanken und Menschen.

Ich habe selbst bei der Suche nach unserem eigenen Familienstil einen Ansatz des »Minimizing« entwickelt. Dazu gehört, unser Programm zu reduzieren. Zu häufig sind wir Gefangene unserer Programme. Die Zunahme der Freizeit und das immense Angebot kann überfordern. Darum wählen wir die Angebote sorgfältig aus. Freie Zeiten und Urlaube bedürfen einer gemeinsamen Planung. Wir beziehen die Kinder mit ein und führen eine Ideenliste. Noch wichtiger sind jedoch die »normalen« Tage. Es braucht fixe Elemente für jeden Tage und jede Woche. Begegnungen mit anderen Menschen gehören zum Wertvollsten, das Gott uns geschenkt hat. Zuletzt gehört es dazu, sich im Verzicht zu üben.

Im vierten Teil geht es nochmals um zwei grundlegende Fragen. Ich spreche darum von einem

Nachspiel.

Viele Eltern sagen sicherheitshalber »Ja«. Nur ihr Zögern, ihr resigniertes Schulterzucken und der widerwillige Klang ihrer Stimmen verraten, dass sie sich danach sehnen, auch einmal »Nein« sagen zu können. Der Alltag verändert sich durch ein konsequentes »Ja« und ein ebenso konsequentes »Nein«.

Die wichtigste Frage, die alle anderen steuert, lautet: Wie wird unsere Sehnsucht nach dem wahren Glück gestillt? Diese Frage kann nur der persönlich-unendliche Gott, der den Menschen geschaffen hat, beantworten. Er hat es in der Bibel getan. Das Gegenteil eines vergeudeten Lebens ist ein Leben mit einer einzigen befriedigenden Leidenschaft für Gottes Herrlichkeit in allen Bereichen.

Warum rechtes Denken und rechtes Handeln zusammengehören

Erschlagen von der Fülle der Angebote

Kinder aufzuziehen ist Privileg und verantwortungsvolle Aufgabe in einem. Der Reformator Martin Luther beschrieb das so:

Aber das solln die Eheleut wissen, dass sie Gott, der Christenheit, aller Welt, sich selbst und ihren Kindern kein besseres Werk und Nutz schaffen mögen, denn dass sie ihre Kinder wohl aufziehen. … Es ist auch kein grösserer Schad der Christenheit als der Kinder Versäumen.1

Ich bin jetzt seit 12 Jahren Vater. Mit einem Seufzen gestehe ich ein: Die Fülle der Angebote überwältigt mich. Das fängt bei den Spielwaren an. Es zieht sich weiter mit einer Vielfalt an Lebensmitteln. Richtig anspruchsvoll wird es mit den Freizeitprogrammen. Den Rest geben mir aber die Medien. Bei uns zu Hause gibt es Bücher, Kinderkassetten, CD’s, Lernprogramme und Videos.

Was soll ein Vater (was soll eine Mutter) da nur sagen? Eltern sind platt vor der schieren Unendlichkeit der Möglichkeiten. Dauernd beschäftigen sie sich mit einer sinnvollen Auswahl. Sie sind ge- und oft überfordert mit der Abstimmung von hehren Werten, konkreten Erziehungszielen und einem stets gefüllten Terminkalender.

Gerade weil mich das platt macht, gebe ich mich nicht mit dem Ist-Zustand zufrieden. Weder Nostalgie (»Früher war alles viel besser!«) noch Zukunftsangst (»Wie wird das alles nur noch werden?«) scheinen mir geeignete Strategien zu sein. Der weise König Salomo warnte vor 3000 Jahren:

Frag nicht, warum früher alles besser war, denn damit verrätst du nur, dass du keine Weisheit besitzt. (Die Bibel, Prediger 7,10)

Geht es konkreter? Aber sicher. Ich schildere zehn Alltagssituationen.

Szene 1: Wie lange wird die Batterie halten?

Wir kehren von einem Sonntagsausflug zurück. Gegen Abend hatten wir uns in das Getümmel einer Großveranstaltung gewagt. Nach einer guten Stunde »sehen und staunen« fahren wir in der überfüllten Straßenbahn heimwärts. Neben mir sitzt ein Junge mit einem Motorrad aus Plastik. Strahlend betätigt er im Drei-Sekundentakt die Taste: Es blinkt und tutet. Der Vater, der ihm das Ding eben gekauft hat, seufzt. Ich denke: Wie lange wird die Batterie halten? Wo wird das Ding am nächsten Tag liegen?

Szene 2: Konsequent? Sein Wille sei mir die Qual.

Gisela ist Mutter eines fünfjährigen Jungen und eines zweijährigen Mädchens. Sichtlich ermüdet vom Arbeitstag steht sie abends auf dem Spielplatz und ruft ihrem Älteren, der auf den Gerüsten herumturnt, zu: »Michael, komm!« Er wirft seiner Mutter einen kurzen Blick zu und steigt eine Ebene höher. Nach einigen Minuten Wartezeit setzt sich die Mutter langsam in Bewegung. Ein zweiter Aufruf. Über den weiten Platz sehe ich die Mutter langsam dahin ziehen, ab und zu einen Blick zurück werfend. An der Hausecke dreht sie sich nochmals um: »Michael.«

Szene 3: Willst du Kuchen haben?

Neben unserem Haus befand sich eine Zeitlang eine Großbaustelle. Die Bauherren haben eine Besichtigung der Baustelle organisiert und verteilen Getränke, Brot und Würste zur Beruhigung der genervten Seelen. Herr und Frau T. spazieren mit der einzigen Tochter hinzu. Er ist um die 60, sie wohl 15 Jahre jünger. Die erste Frage, nachdem dem Liebling die Wurst nicht schmeckte, lautete: »Willst du Kuchen haben?«

Szene 4: Mit 16 Monaten auf die Skier.

Am Telefon zwischen zwei Müttern werden die neusten Pläne ausgetauscht. »Meine Tochter wird diesen Winter sicher schon auf den Skiern stehen. Nächstes Jahr wäre es zu spät.« Irritiertes Lächeln – wie alt ist nun das Töchterlein?

Szene 5: Warten an der Rutschbahn.

Ich bin mit zwei meiner Buben im Hallenbad und treffe an der Rutschbahn einen alten Bekannten und dessen Tochter. Die Tochter zerrt den Vater an den Ärmeln und macht ihm klar, dass sie keine Lust verspüre, auf die Rutschbahn zu kommen. »Ich warte unten.« Als ich einige Minuten später unten ankomme, sind beide weg.

Szene 6: Ich brauche ihn doch gar nicht.

Ich hole meinen Sohn vom Turnunterricht ab. Ich frage ihn, ob wir die Nachbarskinder auch mitnehmen sollen. Nein, das sei nicht nötig. Wir kommen zu Hause an und stellen fest: Wir hätten sie doch mitnehmen sollen und sie hatten sich auf uns verlassen. Mein Ältester, zur Rechenschaft gestellt, meint: »Ich brauche ihn doch gar nicht.«

Szene 7: Jedem Zimmer sein Fernseher.

Über das Internet lassen sich tolle Sachen ersteigern. An einem Samstagmorgen holen wir zwei Kinder-Hochstühle ab. Als wir die Wohnung der Verkäufer betreten, präsentierte sich uns folgendes Bild: Drei Fernseher laufen, einer im Schlafzimmer, der zweite im Kinderzimmer und der dritte im Wohnzimmer.

Szene 8: Kinderparty in der Kirche

Sonntagmorgen in unserer Kirche: Die erste halbe Stunde wird den Kindern ein tolles Programm geboten, nämlich ein Postenlauf mit Pfeilschiessen und Büchsenwerfen. An jedem Posten werden die Kinder mit Süßigkeiten belohnt.

Szene 9: Das Piercing gibt mir einen Kick.

Am Mittagstisch im Geschäft unterhalte ich mich mit einer 16-jährigen Lehrtochter. Bereitwillig schildert sie mir ihr Leben. Sie schlafe viel und kaufe fürs Leben gerne ein. Für jedes Stück der Markenklamotten blättert sie einen dreistelligen Betrag hin. Das Wochenende verbringe sie oft in derselben Bar. Letzte Woche habe sie sich eine »Hair Extension« machen lassen. Der nächste Kick ist in zwei Wochen datiert: Dann wird das nächste Piercing geschossen.

Szene 10: Die Gäste bleiben aus.

Ein junger Erwachsener unserer Gemeinde hat Jugendliche zu einem Grillabend eingeladen. Er kauft ein, bereitet sich vor und freut sich auf den Abend. Am Nachmittag tröpfeln – wenn überhaupt – die SMS herein: »Kann nicht kommen.« Die Anmeldungen erfolgen kurzfristig, die Abmeldungen noch kurzfristiger.

Das Kind im Mittelpunkt

Diese verschiedenen Alltagsszenen haben folgende Gemeinsamkeiten:

Der Wille des Kindes steht an erster Stelle.

Die Erwachsenen räumen den Kindern die möglichen Hindernisse aus dem Weg (auch die finanziellen).

Es scheint eine Art gesellschaftliches Übereinkommen über diese Art des Umgangs mit den Kindern zu existieren.

Das Erfolgskriterium Nr. 1 lautet: Hat es dem Kind Spaß gemacht?

Elternschaft lebt von Alltagshandlungen

Als ich meine Not einem Freund schilderte, zuckte er die Achseln und meinte: »Meine Kinder werden wahrscheinlich auch einmal so werden.« Er sagte dies nicht ohne Wehmut. Da ging ein Ruck durch mich: Damit will und werde ich mich nicht abfinden!

Eines ist mir klar geworden: Elternschaft lebt von Alltagshandlungen und nicht von außergewöhnlichen Situationen. Täglich bin ich durch viele kleine und größere Entscheidungen gefordert. Die Kinder werden dann gute Entscheidungen fällen, wenn sie beobachten, wie treue Eltern ihnen ein entsprechendes Leben vorleben und um ihretwillen weise Anweisungen und Entscheidungen treffen.2

Rechtes Denken und rechtes Handeln

Ich behaupte: Theorie und Praxis ist eine künstliche Trennung in unseren Köpfen. Theorie ist das, was im Kopf geschieht. Als Praxis bezeichnen wir das, was wir tun. Dabei ist das eine vom anderen nicht zu trennen: Jede Handlung ist mit Denkvorgängen verknüpft. Jede einzelne Bewegung wird vom Hirn geplant, gesteuert und bewertet. Das führt mich zu einer Behauptung: Theorie und Praxis fallen zusammen. Es gibt zwei Überbetonungen: Die einen kommen vor lauter Denken nicht ins Handeln (»Praxisferne«), und die anderen handeln lieber einmal mehr, als sie über ihr Handeln reflektieren würden (»Theorieverdrossene«).3

Ich werde in diesem Buch beides tun: Zuerst werde ich mich intensiv mit unseren Denkgrundlagen beschäftigen. Dazu gehören die beiden Grundfragen: Weshalb wollen wir überhaupt eine Familie gründen? Welche Bilder des Kindes prägen uns?

Dann analysiere ich das Konsumverhalten innerhalb unserer Familien anhand der Diagnosen von sieben Denkern.

Verlasse nie den Ort einer Erkenntnis ohne eine konkrete Tat. Deshalb beschäftige ich mich uns im dritten Teil mit Ansätzen, die unser Familienleben entschlacken und stärken können.

Nachgedacht: Drei Anregungen zum Überdenken

Denke an deine beiden letzten Tage mit den Kindern zurück. Gibt es Situationen nach dem Motto »dein Wille sei mir die Qual«? Lässt sich ein Muster erkennen? Wenn ja: Was war der Auslöser? Wie läuft das Spiel jeweils ab? Was war das Ergebnis?

Die Erwachsenen räumen den Kindern die möglichen Hindernisse aus dem Weg. Welche Hindernisse mussten deine Kinder in den letzten Wochen überwinden? Welche Alternativen zum Vorgehen »Hindernisse aus dem Weg räumen« hätte es gegeben?

Beobachte dein Reaktionsverhalten gegenüber deinen Kindern. Bis du oft im »Leistungsmodus«? Ist es für dich entscheidend, dass es deinem Kind gefällt?

Den Denkrahmen abstecken

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

Was stimmt hier (nicht)?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

Nachdenken: Konsumismus beginnt in den Köpfen

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

Verlasse nie den Ort einer Erkenntnis ohne eine konkrete Tat

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

Nachspiel

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

10 Impulse zum Überleben in der Konsumgesellschaft

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe.

Empfohlene Literatur

Zwei bewährte Ratgeber zu aktuellen Themen: Computersucht und Narzissmus.

Wolfgang Bergmann. Computersüchtig. Beltz: Weinheim und Basel, 2009.

Wolfgang Bergmann. Ich bin der Größte und ganz allein. Patmos: Düsseldorf, 2010.

Jugendlich-frische Ideen von Teenagern für Teenager und Eltern.

Alex and Brett Harris. Do Hard Things! Multnomah Books: Multnomah Books: Colorado, 2010.

Alex & Brett Harris with Elisa Stanford. Start Here. Doing Hard Things Right Where You Are. Multnomah: Colorado, 2010.

Alex und Brett Harris. The Rebelution Blog. URL: http://www.therebelution.com/

Zwei kurze Aufsätze des US-Moralphilosophen zur Ethik der Familie (englisch).

Thomas K. Johnson. Foundational Political Values to Guide Governmental and Family Care of Children. MBS Texte 107. Martin Bucer Seminar: Bonn, 2007.

Thomas K. Johnson. What Makes Sex so Special? MBS Texte 132. Martin Bucer Seminar: Bonn, 2009.

Nicht der einzige, aber ein wichtiger roter Faden des Lebens: Die Geschwisterfolge.

Kevin Leeman. Geschwisterkonstellationen. moderne verlagsgesellschaft: München, 2002.

Zwei Einführungen in die Bildungsphilosophie von Charlotte Mason.

Karen Andreola. Charlotte Mason Companion. Charlotte Mason Research and Supply Company. Ohne Ortsangabe. 1998.

Susan Schaeffer Macauley. Um der Kinder willen. Verein für Charlotte Mason-Schulen Schweiz: Windisch, 2006.

Was ist wahres Glück? Zwei bewegende Bücher des Theologen John Piper.

John Piper Sehnsucht nach Gott. 3L Verlag: Friedberg, 2005.

John Piper. Dein Leben ist einmalig. CLV: Bielefeld, 2004.

Anmerkungen

1 Martin Luther, Ein Sermon von dem ehlichen Stand (1519), in: Martin Luther, Vom ehelichen Leben, Reclam: Ditzingen, 1986.

2 Vgl. Tedd Tripp. Eltern – Hirten der Herzen. 3L Verlag: Friedberg, 2003. S. 58.

3 Eine ausgezeichnete geistesgeschichtliche Herleitung bietet Michael Horton. The Christian Faith. Zondervan: Grand Rapids, 2011. S. 81-83, 95.

Unsere Empfehlungen

John Bunyan: Die Pilgerreise zur seligen Ewigkeit

mit einem Vorwort von Hanniel Strebel

Folgen Verlag, ISBN: 978-3-958930-05-6

Dieses eBook enthält die vollständige Ausgabe der Pilgerreise von John Bunyan. Als Grundlage diente eine deutsche Übersetzung von 1859, die für diese Ausgabe überarbeitet und der neuen Rechtschreibung angepasst wurde. Zusätzlich enthält sie die Zeichnungen aus der ursprünglichen Ausgabe.

Das Besondere an diesem eBook sind die verknüpften Bibelstellen und den Fußnoten. Insgesamt sind es über 500 Fußnoten mit ca. 1000 Bibelstellen, die direkt im eBook aufgerufen und gelesen werden können. Diese zahlreichen biblischen Verweise führten Charles Spurgeon zu folgender Aussage über John Bunyan:

Dieser Mann ist eine lebende Bibel! Wo immer du ihn auch anzapfst, wirst du feststellen: Sein Blut ist Biblin, die Essenz der Bibel selbst. Er kann nicht sprechen, ohne ein Bibelwort zu zitieren, denn seine Seele ist voll des Wortes Gottes.

Hanniel Strebel: Papablog - Überlegungen, Erlebnisse und Erkenntnisse eines Vaters

Folgen Verlag, ISBN: 978-3-95893-007-0

»Mamablog« heißt die gut gelesene Kolumne einer Schweizer Zeitung, die mich zu dieser Serie anregte. »Papablog« nannte ich die Serie, die anschließend entstanden ist. Ich schildere darin Überlegungen, Erlebnisse und Erkenntnisse als Vater von fünf kleinen Jungs im Alter von einigen Monaten bis acht Jahren. Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass meine Frau (mit meiner Unterstützung) die Kinder selber unterrichtet. Als fünffacher Vater steht Mann von morgens bis abends im Einsatz, natürlich mit einigen Rückzugsmöglichkeiten. Falls wir Männer die Angewohnheit hätten miteinander über die Erlebnisse mit unseren Kindern auszutauschen: Das wären meine Berichte gewesen. Leider tun wir das viel zu selten. Darum hoffe ich, auf dem schriftlichen Weg Väter zum (Über-)Denken ihrer Rolle in der Familie anzuregen. Dies geschieht im Bewusstsein, dass sich mein Leben »vor dem Einen Zuschauer«, der mich geschaffen und erlöst hat, abspielt.

Hanniel Strebel: Väter und Söhne - Überlegungen, Erlebnisse und Erkenntnisse eines Vaters

Folgen Verlag, ISBN: 978-3-95893-015-5

In früheren eBooks habe ich mir im Tagebuchstil einzelne Szenen und meine Gedanken darüber notiert. In dieser Reihe befasse ich mich stärker mit einzelnen Themen in der Erziehung. Das heißt, der Tagebuchstil zieht sich noch immer durch. Doch die Beiträge werden etwas länger. Die grundsätzlichen Überlegungen nehmen mehr Raum als die Beschreibung der einzelnen Vorfälle ein.

Was sind die großen Themen im eBook?

Wie können wir als Familie durch Konflikte wachsen?

Wie gelingt es uns, Situationen so zu nützen, dass unsere Kinder und wir charakterlich wachsen können?

Wie kann es uns gelingen, in unserer Konsumwelt zu überleben und alternative Angebote zu entwickeln?

Wie behalten wir als Eltern die Führung, wenn die Jungs älter werden?

Wie können wir Lernprozesse in den Alltag integrieren?

Interessieren Sie diese Fragen auch? Lassen Sie sich durch die rund 50 folgenden Beiträge inspirieren.