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Ist ein Waschbrettbauch der Nabel der Welt? Finden Sie es heraus in Tina Grubes Bestseller "Ich pfeif auf schöne Männer" – als eBook bei dotbooks. "Eine Extraportion Stress mit Sahne, bitte!" Linda steht wie immer unter Dampf: Überstunden, Nachtschichten – der Job in der Werbeagentur nervt! Kurzentschlossen kündigt sie … und findet sich in einem neuen Abenteuer wieder: Als Managerin eines Modefotografen jettet sie von Mailand nach Hollywood und taucht staunend ein in die Welt der Schönen und noch Schöneren. Dort reißen sich auf einmal die attraktivsten Typen um einen Platz an ihrer Seite. Dabei will Linda doch nur einen, ihren "Schokoladenmann" Mike. Aber der wohnt gefühlt auf einem anderen Planeten – und noch dazu gibt es eine zweite Frau in seinem Leben: eine fünfjährige Tochter. Nein, über zu wenig Aufregung kann Linda sich wirklich nicht beschweren... Jetzt als eBook kaufen und genießen: Tina Grubes Bestseller "Ich pfeif auf schöne Männer". Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 252
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Über dieses Buch:
»Eine Extraportion Stress mit Sahne, bitte!« Linda steht wie immer unter Dampf: Überstunden, Nachtschichten – der Job in der Werbeagentur nervt! Kurzentschlossen kündigt sie … und findet sich in einem neuen Abenteuer wieder: Als Managerin eines Modefotografen jettet sie von Mailand nach Hollywood und taucht staunend ein in die Welt der Schönen und noch Schöneren. Dort reißen sich auf einmal die attraktivsten Typen um einen Platz an ihrer Seite. Dabei will Linda doch nur einen, ihren »Schokoladenmann« Mike. Aber der wohnt gefühlt auf einem anderen Planeten – und noch dazu gibt es eine zweite Frau in seinem Leben: eine fünfjährige Tochter. Nein, über zu wenig Aufregung kann Linda sich wirklich nicht beschweren ...
Über die Autorin:
Tina Grube, geboren in Berlin, studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, arbeitete in renommierten Werbeagenturen und begann schließlich, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Ihre turbulenten Komödien wurden in mehrere Sprachen übersetzt, die beiden Bestseller »Männer sind wie Schokolade« und die Fortsetzung »Ich pfeif auf schöne Männer«erfolgreich verfilmt. Tina Grube pendelt heute zwischen ihren Wohnsitzen in New York und Mailand und arbeitet bereits an ihrem nächsten Roman.
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre Romane »Männer sind wie Schokolade«, »Ein Mann mit zwei Schokoladenseiten«»Wie malt man sich seinen Traummann«, »Schau mir bloß nicht in die Augen«, »Das kleine Busenwunder« und »Ein Mann mit Zuckerguss«.
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Neuausgabe Dezember 2014
Copyright © der Originalausgabe 1996 Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung einer Illustration von Shutterstock/Leeremy
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (vh)
ISBN 978-3-95520-847-9
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dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/support-children-and-young-people. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!
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Tina Grube
Ich pfeif auf schöne Männer
Roman
dotbooks.
Nun waren sie also hin. Endgültig hin. Meine Sonnenblumen ließen demonstrativ die Köpfe hängen, und die Blätter hatten sich von saftigem Grün in mieses Dunkelbraun verwandelt. Der edle Spender namens Mike, mein immerhin bereits Liebhaber für eine Nacht, mußte sich nun etwas Neues einfallen lassen. Jawoll, mußte! Fand ich jedenfalls.
Meine Busenfreundin Simone, die meine Versuche beobachtete, die ruinierten Mammutpflanzen in eine viel zu kleine Mülltüte zu stopfen, startete ihr Interview: »Sag mal, Linda, hat dein Mike nun schon gesagt, wann er hier aufkreuzt? Frankfurt ist zwar nicht direkt um die Ecke von uns hier in Hamburg. Aber er wird doch wohl den Weg in den Norden mal schaffen, oder?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, also ...«, antwortete ich vage. »Wie seid ihr denn verblieben?« bohrte Simone weiter.
»Och, eigentlich gar nicht. Jedenfalls nicht konkret. In den letzten Tagen haben wir auch nur im Job telefoniert. Und da muß ich verdammt vorsichtig sein. Meine liebreizenden Kollegen in der Agentur müssen ja nicht unbedingt mitkriegen, daß ich ausgerechnet eine Affäre mit einem Kunden des Hauses habe. Also warte ich mal ganz gelassen.«
Simone lachte. »Vor allem gelassen. Übrigens kriegst du die Blumen nie in die Tüte, wenn du nicht endlich die Zigarette aus der Hand legst. Ist bestimmt schon der zwölfte Glimmstengel, seitdem ich hier bin.«
Das Telefon klingelte. Vor lauter Schreck ließ ich gleich alles fallen. Alles. Fluchend hechtete ich dem glühenden Zigarettenende hinterher.
»Linda Lano«, meldete ich mich atemlos.
»Hier ist Mike, hallo«, hörte ich seine Stimme.
Endlich.
»Oh, hallo«, antwortete ich mit spontaner Blutleere im Hirn. Ich fand mich nicht besonders originell an diesem Donnerstagabend.
»Was machst du eigentlich am Wochenende?« fragte er.
Ich hatte keinen blassen Schimmer. Aber das gibt frau natürlich nicht zu.
»Na ja, ich habe so einiges geplant«, begann ich schon mal. Ich polkte an dem Brandloch-Neuzugang auf dem Teppich herum. »Aber ich lege mich nie gerne lange im voraus fest«, schloß ich. Klang doch fein. Ziemlich lässig oder so.
»Gut«, meinte Mike, »ich habe morgen einen Termin in Hamburg. Soll ich dich abends vielleicht besuchen?«
Ich schluckte. Jetzt bloß nicht zu freudig erregt sein.
»Warum eigentlich nicht. Ich könnte uns eine Kleinigkeit zum Essen zaubern, und wir plaudern ein bißchen, oder?«
»Prima. Dann gib mir doch bitte deine Adresse. Ich denke, ich schaffe es so gegen zwanzig Uhr.«
Ich nickte. »Gute Zeit«, antwortete ich und beschrieb ihm den Weg zu mir nach Hause.
»Ich freu mich auf dich«, verabschiedete sich Mike.
Leicht betäubt starrte ich Simone an. »Er kommt. Hierher.«
Simone rieb sich die Hände. »Gut, Süße, dann auf zur zweiten Runde. Bißchen Aufräumen wäre nicht schlecht«, meinte sie, während sie mein chaotisches Wohnzimmer begutachtete.
Mir schwante, daß dieses Rendezvous im Vorfeld eines bedeuten würde: harte körperliche Arbeit.
»Ja, ich mache morgen früher Feierabend. Das schaffe ich schon«, entgegnete ich.
***
Am Freitag in der Werbeagentur war ich konzentriert. Hochkonzentriert. Checklisten waren angesagt. Die Margarinekampagne mußte warten. Auch die Schuhcremeanzeigen schob ich weg.
»Strategische Planung ist das halbe Leben«, brüllte Boß Peter schon wieder cholerisch im Gang herum. Zum Glück meinte er nicht mich, sondern das holde Kreativteam Hans und Tom, die sich wieder mal mit schönen Bildern und Texten vergnügt hatten. Offensichtlich aber recht erfolglos. Aber ich, ich wollte heute erfolgreich sein. Meine strategische Planung trug die Überschriften ›Wohnung‹, ›Essen und Trinken‹ und ›Linda persönlich‹. Mein Gott, woran man so alles denken mußte. Ich grübelte gerade angestrengt darüber nach, ob ich lieber französischen oder italienischen Weißwein besorgen sollte, als Hänschen den Kopf zur Tür reinstreckte. Der kam mir gerade recht.
»Welchen Wein trinkst du am liebsten?« fragte ich ihn.
»Roten. Aus Kalifornien.«
Oje, oje.
»Und was ißt du immer zum Frühstück?«
Eifrig erklärte Hans: »Ja, also morgens brauche ich immer eine Energiebombe. Müsli. Schön geschrotet und gemahlen in meiner Getreidemühle. Warum fragst du, hast du was mit mir vor?« Schon stand er hinter mir und kraulte mir den Nacken.
»Pfoten weg, du Casanova. Iß du dein Müsli mal schön allein. Und jetzt brauche ich Ruhe. Hab zu tun«, versuchte ich ihn loszuwerden.
Er schaute auf meinen Schreibtisch und landete prompt in der Kategorie ›Linda persönlich‹. »Ich seh schon. Parfum ist alle. Und die Bluse ist noch in der Reinigung. Überarbeite dich mal nicht, Lindachen.«
Jetzt half wirklich nur noch Rausschmeißen.
Pünktlich, wie ich nun mal bin, ließ ich entgegen allen Werbeagenturspielregeln um vier Uhr den Griffel fallen und warf mich ins Auto. Erste Station war der Supermarkt. Alles Gute fürs Frühstück. Er hatte ja schließlich vom Wochenende gesprochen. Und genau dafür würde ich meinen Kühlschrank perfekt, einfach perfekt ausstatten. Für den Fall, daß er Käsefan war, mußten schon mal vier Käsesorten her. Das gleiche Spiel folgte an der Wursttheke. Fischsalat für den Brunch? Mußte sein, wir waren ja schließlich in Hamburg, und da gehörte leckerer frischer Fisch eben dazu. Marmelade vom Feinsten und vorsichtshalber noch den dreifach geschleuderten Honig vom besten Imker der Nation. Beim Kaffee natürlich nur der, der für besondere Tage vorgesehen ist. Filtertüten mit extra feinen Aromaporen und – fast wäre ich samt Einkaufswagen daran vorbeigeschlittert – die leichte Milch zum Aufschäumen. Beim Orangensaft setzte der übliche Prozeß der heftigen Entscheidungsschwierigkeiten ein, bis ich endlich wußte, daß nur frisch gepreßter angebracht war für so eine Frühstückspremiere. Der Beutel mit den zwölf Saftorangen vertrug sich beim Schleppen nicht so gut mit dem anderen Beutel, den ich in der rechten Hand hatte. Unsanft attackierten sie beim Gegeneinanderstoßen meine Beine.
»Bloß nicht noch blaue Flecke«, dachte ich, während ich ächzend die kulinarischen Genüsse die Treppen hinaufschleppte.
Schnell noch zum Italiener. Ein Dinner ohne Essen sollte es ja nun nicht gerade werden. Und die selbstgemachten Antipasti beim Gemüsemann Adriano schmeckten eben einfach – wie selbstgemacht. Von wem, war ja wohl egal.
»Vino? Kein Problemo«, grinste mich Adriano an. »Probare?« fragte er und schob mir auch schon ein Gläschen rüber.
»Bißchen trockener«, kommentierte ich nach dem Nippen.
Der dritte Wein war's dann. Hochzufrieden und wieder packeselsgleich trabte ich die Treppen hinauf. Leider war mir mein Organisationspapier inzwischen abhanden gekommen. Aber Parfum und Bluse hatte ich noch im Kopf. Nach diesem dritten Kurzausflug, diesmal in die Drogerie und die Reinigung, packte ich erst mal aus.
Und jetzt – Ärmel hoch und Großputz. Die jüngst gewaschene Bettwäsche duftete mir herrlich entgegen. Ich drapierte geschickt Kissen und neu bezogene Daunendecken so, daß man die nicht herausgebügelten Falten wirklich kaum noch erkennen konnte.
»Und nun wir zwei«, sprach ich zum Staubsauger. Nur – die kleine Ermunterung wirkte nicht. Er verweigerte seinen Dienst. Kein Wunder. Das rote Kontrollfenster schrie ja schon nach einem neuen Staubbeutel. Also war ein schneller Wechsel angesagt. Ich zerrte an dem alten hochprallen Teil und konnte es nicht aus der Verankerung lösen.
»O nein«, stöhnte ich, »wie kann denn so ein Ding einfach platzen?«
Staub in Haufen lag auf dem Teppich. Couragiert griff ich mit beiden Händen hinein und versuchte, Herrin der Lage zu werden. Die Aktion warf mich in meinem Zeitplan um einiges zurück. Als ich schließlich auch noch den Küchen- und Badezimmerboden gewischt hatte, betrachtete ich andächtig mein Werk. Welch Blitzen. Alle Meister Proper dieser Welt wären stolz auf mich.
»Linda, du hast einen Vogel«, schalt ich mich und zeigte mir denselben. Aufwand wie für 'nen Staatsempfang. Mein doofer Perfektionismus hatte mich doch tatsächlich kurzfristig zur Superhausfrau werden lassen.
Kurz vor halb sieben. Da blieb mir noch Zeit zum Duschen, Putzhände in Zartfinger verwandeln und so weiter. Ein Schreck durchfuhr mich.
»Die Kerzen«, fiel mir ein. O nein, ich würde nicht das erste Candlelightdinner mit neuem Lover ohne Kerzen zelebrieren.
Also wieder rein in die Hose und raus auf die Straße. Im Haushaltswarenladen wurde gerade abgeschlossen. Flehend klopfte ich gegen die Glastür. Die ältere Dame dahinter schüttelte den Kopf und tippte demonstrativ auf ihre Uhr. Nun half nur noch Beten. Ich hob gleich beide Hände und machte ihr heftige Zeichen. Genervt schloß sie wieder auf.
»Was ist denn so dringend?« fragte sie unwirsch.
»Ich brauche Kerzen. Bitte. Unbedingt. Blaue. Bitte, bitte«, drängelte ich.
»Wir haben geschlossen«, gab sie zur Antwort.
»Und ich bin frisch verliebt. Und brauche Kerzen. Das müssen Sie doch verstehen«, erklärte ich hektisch.
»Blaue? Habe ich sowieso nicht.«
Aber ich hatte etwas. Nämlich meinen Fuß in ihrer Tür. Kurz vorm Frontalangriff. Wildentschlossen ging ich noch einen Schritt auf sie zu. Sie wich zurück.
»Dann weiße, gelbe, rote, völlig Wurscht«, sagte ich.
Nun hatte sie keine Chance mehr. Mit vier weißen Kerzen in der Hand verließ ich den Laden.
»Sie sind großartig. Ich werde Sie weiterempfehlen«, verabschiedete ich mich.
»Von zehn bis achtzehn Uhr dreißig«, brummelte sie mir hinterher.
***
Oh, Glanz in meiner Hütte. Kerzenglanz. Augenstrahlen. Blitzende Kacheln. Ein bißchen Frischluft gegen die aufgeregte Qualmerei der letzten zehn Minuten und schnell noch einen dieser atemfrischen Kaugummis. Der Prinz konnte kommen. Mike stand tatsächlich zur vereinbarten Zeit vor mir.
»Du siehst wunderschön aus«, lächelte er mich an, als ich noch versuchte, mich von der Langfassung des Begrüßungskusses zu erholen. »Und was hast du dir für Mühe gemacht«, staunte er, als er den prachtvoll gedeckten Tisch entdeckte.
»Ach, gar nicht, leichte Übung«, gab ich nonchalant zurück. Kleine Lügen werden kleinen Sünderlein hoffentlich verziehen.
»Willst du meine Schallplattensammlung mal sehen?« fragte ich ihn augenzwinkernd.
»Aber sicher«, lachte er.
Wir suchten zusammen die Tischmusik aus. Italienische Klänge zu italienischem Wein. Kauend schaute sich Mike um. »Hübsch hast du es hier. Was ist denn das da drüben?«
Oje, seine Frage galt dem balinesischen Fruchtbarkeitsgott, den mir Kollege Hans mal geschenkt hatte.
»So'n asiatischer Gott«, antwortete ich hastig.
Mike nickte und gönnte meinem Wohnzimmer noch einen ausführlichen Rundblick.
»Ist es bei dir immer so aufgeräumt?«
Nee, Linda, nun ist Schluß. Zum weiblichen Pinocchio wollte ich wirklich nicht avancieren.
»Nicht immer. Also – meistens eher nicht. So ein bißchen Herumschlampen kann doch auch ganz gemütlich sein, oder?«
Mike grinste. Ganz langsam verabschiedete sich das anfängliche Fremdeln.
Bis in der Früh um vier erzählten wir uns die brisantesten Teile unserer Lebensgeschichte. Dann zeigte ich ihm meine Lieblingsbettwäsche. Ungewohnter Anblick, mein schlafender Agenturkunde. Auf meinem Kopfkissen. Er war wirklich ein toller Mann. Mike öffnete die Augen.
»Du guckst mich wach«, lächelte er. »Du bist wirklich eine tolle Frau.«
Na, da hatten sich ja zwei Tolle gefunden.
Es geht doch nichts über einen Samstag-Kuschel-Vormittag. Aber so langsam stieg die Sehnsucht nach einem dampfenden Kaffeebecher in mir auf. Dazu ein Zigarettchen. Ich küßte Mikes Arm. Und strich die Zigarette wieder. Einen schlechten Eindruck könnte ich auch noch etwas später machen.
»Was hältst du von einem kleinen Frühstück?« fragte ich.
Mike biß mir sanft in den Hals. »Hatten wir doch gerade«, meinte er.
»Klar. Aber bevor du jetzt auch noch zum Vampir wirst, koche ich uns lieber einen Kaffee.«
Schwungvoll setzte ich mich auf und krabbelte aus dem Bett.
In der Tat, mein Frühstückstisch schlug sogar noch das vorabendliche Dinner-Gelage.
»Wer kommt denn noch?« fragte Mike irritiert.
»Na, niemand. Ich neige eben zu Übertreibungen. Muß von meinem Beruf kommen«, kommentierte ich die üppige Ausstattung. Ich knabberte an meinem Käsebrötchen und schielte schon wieder auf die verlockende Zigarettenschachtel.
»Und so in der Woche, wenn du arbeitest, was frühstückst du dann?« wollte Mike wissen.
»Äh«, versuchte ich Zeit zu gewinnen. »Na ja, morgens habe ich irgendwie nie so richtig Hunger«, versuchte ich, mich aus der Affäre zu ziehen.
»Und was heißt das im Klartext?« Mike nahm einen Schluck von dem guten Frischgepreßten und schaute mich über den Rand des Saftglases aufmerksam an.
»Du willst es aber genau wissen«, antwortete ich. »Na gut. Also Kaffee mit viel Milch. Und, äh, ja, eine Zigarette, bevor ich das Haus verlasse.«
Ich senkte den Blick. Geständnisse am Vormittag waren mir absolut verhaßt.
Mike lachte. »So ähnlich habe ich mir das schon vorgestellt. Ich finde Rauchen zwar blöd, aber meinetwegen mußt du nicht darauf verzichten.«
Wirklich großzügig.
»Würde ich auch nicht«, pampte ich zurück.
Also her mit den ungesunden morgendlichen Begleitern. Genüßlich sog ich den Rauch ein. Und mußte leider husten. Mike klopfte mir fürsorglich auf den Rücken.
»So was kommt von so was«, kommentierte er meine Versuche, wieder zu Atem zu kommen.
»Ja, im Grunde will ich schon seit Monaten aufhören. Aber ich kriege den Absprung nicht. Ehe ich im Job vor lauter Streßwut meinen Stuhl durchs geschlossene Fenster schmeiße, greife ich eben zur Beruhigung immer wieder zu den Zigaretten.«
»Macht dir denn dein Job keinen Spaß?« fragte Mike.
Ich überlegte laut: »Weißt du, vor Jahren war es mein Traumberuf. Zielsetzung: verantwortungsvoller Posten in einer Werbeagentur. Und nun – kaum Zeit für Freunde, ich bin meistens völlig überarbeitet. Und der Glamour ist auf der Strecke geblieben. Ist eben ein Knochenjob. Mir ist nur noch nichts anderes eingefallen, was ich tun könnte. Im Grunde reichen zehn Jahre Werbung.«
»Allerdings nicht, um mit dreißig in Rente zu gehen«, meinte Mike lakonisch.
»Eben. Das ist das Problem. Aber laß uns lieber überlegen, was wir aus diesem herrlich faulen Tag machen. Wie wär's mit einem Ausflug in die City? Heute ist langer Samstag«, schlug ich vor.
Mike nickte, und wir machten uns stadtfein.
Das hatte die Welt lange nicht mehr gesehen. Linda, Hand in Hand mit einem Kerl. Fühlte sich richtig gut an. Wir bummelten durch die Einkaufspassagen. Ich schaute mehr auf die Leute als in die verlockenden Auslagen.
Jetzt bloß keine Kollegen treffen, dachte ich.
»Sag mal, Mike«, ich zupfte an seinem Ärmel, »was machen wir eigentlich, wenn plötzlich mein Boß vor uns steht? Du bist schließlich sein und mein Kunde. Wenn ich mir das vorstelle, wird mir sozusagen ganz blümerant.«
Mike zuckte mit den Schultern. »Wir sagen höflich guten Tag, was soll denn schon passieren?«
Na, der war gut.
»Och, ich könnte mal eben meinen Job verlieren. Sonst kann eigentlich wirklich nichts passieren«, gab ich ironisch zurück.
»Du meinst, ich schade deinem Ruf, was?« lachte Mike.
Unsicher schaute ich mich um. »Das ist gar nicht witzig, sondern Tatsache«, gab ich böse zurück.
»Nun beruhige dich mal, wird schon schiefgehen«, neckte Mike.
Na, Mahlzeit. Mein Nervenkostüm wurde dünner.
Da, da vorne, war das etwa der Kollege Hans aus der Graphik? Instinktiv zog ich den Kopf ein und versteckte ihn hinter Mikes Schulter. Mike schaute mich an.
»Was ist los?«
»Oh, nichts, nichts«, antwortete ich.
Uff, Schwein gehabt. Hans oder auch nicht Hans war abgebogen und außer Sichtweite.
»Kleine Paranoia?« erkundigte sich Mike.
»Paranoia?« fragte ich gedehnt.
»Verfolgungswahn«, gab er trocken zurück.
»Verdammt, ich weiß sehr wohl, was Paranoia bedeutet. Hab auch ein Fremdwörterlexikon zu Hause«, konterte ich.
Mike blieb stehen, faßte mich bei den Schultern. Und küßte mich. Vor allen Leuten. Paranoia wollte ich nicht auf mir sitzen lassen und küßte also zurück. Als ich die Augen wieder aufschlug, lachten mir seine braunen entgegen.
»Alles klar?« fragte er.
Brav nickte ich. Vor einem Reisebüro blieb Mike stehen.
»Was hältst du eigentlich von einem hübschen Kurzurlaub?« meinte er.
»Willst du mich loswerden oder mit mir zusammen wegfahren?« neckte ich.
Kopfschüttelnd schaute Mike auf mich herunter. »Also, junge Frau. Mein bester Freund und seine Frau haben ein Häuschen auf Mallorca. Sie haben mich eingeladen, eine Woche hinunterzufliegen. Kommst du mit?«
»Na, das ist ja nun besonders unauffällig. Kunde Mike Badon und Werbeagenturkontakterin Linda Lano fahren gleichzeitig ein Wöchelchen weg.«
»Jetzt langt's aber. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß da jemand einen Zusammenhang vermutet.«
»Ich weiß nicht«, sagte ich zögernd.
Im Geiste tauchten lockend ein paar Palmen vor mir auf. Und zu allem Übel – ein paar Meter von uns entfernt – mein Boß Peter samt Gattin, die lässig eine Designer-Einkaufstüte schwenkte. Hastig machte ich mich von Mike los und lief ziellos in die entgegengesetzte Richtung. Da, eine Säule. Rettungspfosten für unmoralische Kontakterinnen. Dicht preßte ich mich mit dem Rücken dahinter. Nun stand ich da, stocksteif wie ein Brett, und traute mich kaum zu atmen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich vorsichtig links an der Säule vorbeilugte. Aha, da waren sie. Gut, daß ich in meinem Leben schon so viele schöne Verfolgungsfilme im Fernsehen konsumiert hatte. Ich mußte die beiden vorsichtig im Auge behalten und mich gleichzeitig langsam um die Säule drehen. Dann würden Peter und Gattin auf der einen Seite vorbeilaufen, während ich genau an der Rundung der anderen Seite klebte. Schlaue Linda. Mit starrem, auf die Feinde gerichteten Blick bewegte ich mich rückwärts.
»Autsch«, schrie ich auf. Etwas Hartes bohrte sich in meinen Rücken, prallte gegen meine Beine und ließ mich durch die Gegend taumeln. Um mich herum hörte ich es scheppern und knallen. Verdutzt schaute ich auf den Boden. Denn direkt vor mir lag – eine leblose Hand. Ich blinzelte. Nette Halluzinationen an diesem wunderbaren Samstag? Nee, es war wirklich eine einzelne Hand, man sehe und staune. Der Fuß, der wohl dazugehörte, lag einen Meter daneben. Herrje, was für eine Bescherung.
Mike baute sich vor mir auf. Er hielt einen Frauenkopf im Arm und betrachtete mich amüsiert. Tja, da hatte ich es doch tatsächlich geschafft, einen armen Dekorateur inklusive Schaufensterpuppe umzuhauen.
Der Dekorateur war von unserem Zusammenstoß noch völlig zerzaust. »Schöne Scheiße, Sie haben sie gekillt«, fluchte er und deutete auf die verstreut herumliegenden Einzelteile des einstmals sicher sexy anmutenden Großpüppchens.
»Tut mir so leid, tut mir so furchtbar leid«, stammelte ich und schaute mich suchend nach dem Torso um. Aha, Mike versuchte gerade, den Kopf daraufzudrehen.
»Schätzchen, der Busen ist vorne«, half ich ihm auf die Sprünge, während ich dem Dekorateur das zweite Bein in die Hand drückte.
Schließlich hatten wir es mit vereinten Kräften geschafft. Die flachbäuchige Puppe war wieder komplett, der Dekorateur getröstet und ich nach wie vor etwas beschämt. Vorsichtig schaute ich Mike an.
»Oje, Mike, guck mal, jetzt habe ich auch noch 'ne Laufmasche.« Dick und fett verunzierte sie mein Knie, doch ohne meinen liebsten Begleiter ernsthaft zu beeindrucken.
Mike schüttelte nur lachend den Kopf. »Schön spannend mit dir, Lindachen. Ein Krimi ist absolut nichts dagegen.«
Krimi. Genau. Schlagartig fielen mir wieder Peter und seine Gattin ein. Ich peilte die Lage, aber beide waren spurlos verschwunden.
»Wollen wir nach Hause gehen? Es fängt sowieso an zu regnen«, fragte ich immer noch schuldbewußt.
In der Tat kam mir heute der üble Hamburger Nieselregen gerade recht. Glücklicherweise war der Herr Prinz einverstanden. »Frollein Ungestüm«, grinste er und küßte mich zärtlich. Er war schon ein toller Kerl. Nicht jeder wäre so souverän mit einer aus Versehen fast ermordeten Schaufensterpuppe zurechtgekommen!
So lebten wir fröhlich von Lust, Liebe und bestellter Pizza.
»Lotterleben«, würde Mama sagen.
»Wunderschönes Lotterleben«, schmuste ich in Mikes Ohr.
Bis zum Sonntag. Dann wurde ich verlassen. Mike mußte nach Frankfurt zurück.
»Kommste mal wieder?« fragte ich beim Abschied.
»Kann passieren«, grinste er und entschwand.
»Ansonsten finde ich dich. Spätestens auf Mallorca«, rief ich ihm hinterher.
Mike drehte sich um. »Ist das ein Versprechen oder eine Drohung?«
»Schaun mer mal«.
So eine Beckenbauer-Antwort paßt wirklich ziemlich oft im Leben.
Da lag sie nun vor mir. Die ganze lange Woche, auf sicher eine Streßwoche. Während ich in meinem Autochen in Richtung Agentur kutschierte, gingen mir die Termine durch den Kopf. Mist, nun saß ich auch noch fest. Typische Montagmorgensituation: Mitten in einer engen Einbahnstraße wurde mein Fahr-Elan gestoppt. Durch einen Müllwagen, der groß und breit alles versperrte.
Ich beobachtete, wie die Müllmänner Tonne für Tonne aufluden und entleerten. Nervös schaute ich auf die Armbanduhr. Aber die Jungs ließen sich durch nichts irritieren. Stoisch fügte ich mich in mein Warteschicksal. Endlich – der Fahrer, der mich keines Blickes würdigte, kletterte in sein Riesenauto und ließ den Motor an. Puh, Abgasgestank vom Übelsten.
Warum fuhr der Kerl nicht?
Ungeduldig knetete ich am Lenkrad herum. Ha, gleich konnte es weitergehen, der Müllwagen vor mir kam in Gang. Merkwürdig, er fuhr rückwärts. Ganz langsam.
Er würde doch nicht?
»Quatsch, du alter Angsthase«, beruhigte ich mich, »der muß mich doch im Spiegel sehen.«
Der Trumm kam näher.
Gleich würde er anhalten, den Vorwärtsgang einschmeißen und von dannen fahren. Noch ein Stück rückwärts. Ich wußte plötzlich, wie sich ein Mäuschen fühlen mußte, das Bekanntschaft mit einer Schlange machte. Vollkommen paralysiert. Genauso erging es mir.
»Jetzt«, dachte ich, »jetzt sieht er mich. Jetzt hält er, jetzt ...«
Da knallte es. Ein Ruck ging durch die alte Karosse. Ich wackelte in meinem kleinen Auto hilflos hin und her.
»O nein«, stöhnte ich, unter Garantie schreckensbleich, »jetzt hat der Idiot mich aufgespießt.«
Das Unglaubliche war wahr. Die Mülltonnenhalterung hatte sich knirschend in meinen Kühlergrill geschoben.
Wie konnte das nur wieder passieren?
Warum immer ich?
Ob das wohl die Rache der Schaufensterpuppenschutzengel war? Nee, nicht möglich. Die hatten bestimmt keine Verbindung zur Müllabfuhr.
Wütend stieg ich aus, gleichzeitig auch der Müllwagenfahrer. Im Nu hatten sie mich alle umringt.
»Sie haben wohl keine Augen im Kopf«, dröhnte mir der Fahrer entgegen.
Komisch, ich hätte schwören können, das wäre eher mein Satz gewesen.
»Ich schon, aber Sie sind wohl mit Blindheit geschlagen«, schimpfte ich zurück.
Grinsend betrachteten seine Kollegen die wütende junge Frau in ihrem feinen Zwirn.
»Nich mehr alle beisammen, hä? Sie sind mir reingefahren!« grölte der Chauffeur der städtischen Müllbeseitigung. Das schlug doch dem Faß den Boden aus. Gut, diese Sprache hatte ich zur Not auch noch drauf.
»Sie haben wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank. Erst mich aufspießen und dann noch lügen. Wie heißen Sie überhaupt?«
»Geht Sie gar nichts an«, kam prompt zurück.
Verdammt. Hier bahnte sich eine heftige Verschwörung an. Ich schaute mich hilfesuchend um. Ein dünnes Männlein mit Brille beobachtete die Szenerie. Mein Müllwagenfeind hatte zwar mindestens den dreifachen Brustumfang, aber der zarte Beobachter kam mir trotzdem gerade recht.
»Sie«, rief ich zu ihm hinüber, »kommen Sie doch bitte mal her.«
Zögernd trabte er auf mich zu.
»Sie haben doch alles gesehen, oder?« fragte ich flehend.
Stumm nickte er und blinzelte hektisch mit den Augen. Leise antwortete er: »Sie haben da gestanden, der Müllwagen setzte zurück und hat Sie gerammt.«
Dem Himmel sei Dank, eine ehrliche Seele war bei mir. »Genau«, wiederholte ich inbrünstig, »gerammt.«
Herausfordernd schaute ich die Müllmänner an. Die guckten nun lieber weg. Ihr Komplott war durchbrochen. Ha, wer sagt's denn.
»So, jetzt her mit Ihrem Namen.«
Widerspruchslos gab der Müllfahrer auf. Er hieß übrigens Schulze. Nein, ich konnte mir nicht verkneifen, ihm noch einen guten Rat mit auf den Weg zu geben: »So, Herr Schulze. Und Sie wissen ja: Augen auf im Straßenverkehr.«
Mein lädiertes Auto fuhr ich vorsichtig zur nächsten Tankstelle. »Wie haben Sie denn das geschafft?« fragte der Werkstattmeister. Typisch männliche Fehlinterpretation.
»Das hat einer Ihrer Geschlechtsgenossen geschafft«, gab ich zurück. »Mit 'nem Riesenmüllwagen nämlich, stellen Sie sich mal vor.«
Er stellte sich's vor und lachte.
***
In der Agentur wurde ich heute besonders freundlich begrüßt. »Na, Frollein«, scholl es mir von Reklamekaiser Peter entgegen, »willste neue Arbeitszeiten einführen, während uns hier ein Projekt nach dem anderen anbrennt?«
Mein Gott, heute war aber wirklich der Tag der Verteidigung.
»Ich hatte einen Autounfall«, gab ich zurück.
Merkte denn keiner, daß hier eine junge Frau mal ein bißchen Schutz und Zuspruch brauchte?
Texter Tom tauchte aus seinem Büro auf. »Ist dir ein schicker Jaguarfahrer reingefahren, der zur Entschuldigung nachher Rosen schickt und dich zum Essen ins teuerste Lokal Hamburgs einlädt?«
»So ungefähr«, nickte ich und war beruhigt, daß ich so ein schickes Image hatte. Das würde ich mir durch die Müll-Story jetzt nicht versauen.
Lustlos las ich das Briefing für die neue Diätmargarine durch. Wie üblich hätte die Kampagne dafür schon viel weiter gediehen sein müssen.
»Wissen Sie, Frau Lano, Termin war eigentlich schon vorgestern«, hatte Kunde Domann an dem ersten Projektbesprechungstag getönt.
Das waren mir immer die liebsten. Saßen ewig auf ihren Produktneuentwicklungen, um dann die Agentur im letzten Moment ins Boot zu ziehen. Es half ja alles nichts, her mit den Zigaretten und dann die grauen Zellen ankurbeln. Weg mit der Familienstrategie für Vollfettmargarine, hin zu den lustigen jungen Leuten, die frisch, fromm, fröhlich, frei statt köstlicher Butter die leichte Diätmargarine auf den Toast schmierten. Nee, besser auf ein Croissant. Das war moderner. Mit Marmelade oder pur? Ich entschied mich für pur, wegen des tollen Geschmacks und so weiter.
Das Telefon riß mich aus meinen Gedanken.
»Frau Lano, können Sie sprechen?« fragte mich ein Mann ohne Namen.
»Ja, sicher, meine Stimmbänder sind in Ordnung.«
»Ich meine, hört Ihnen jemand zu?«
»Außer Ihnen im Moment niemand«, gab ich zurück.
»Gut«, sagte er, »mein Name ist Lassen. Ich bin Unternehmensberater und Headhunter, Sie wissen schon.«
Ja, in der Tat, ich wußte. Die Headhunter, Kopfjäger der Industrie- und Werbeszene, vermittelten Jobs. Meistens die gut bezahlten, die sehr gut bezahlten, die phantastisch bezahlten. Neugierig setzte ich mich gerade hin und lächelte. Das hatte ich mal in einer Zeitschrift gelesen. Ein leichtes Lächeln beim Telefonieren macht nämlich die Stimme so schön freundlich.
Also flötete ich lächelnd: »Sehr angenehm, Herr Lassen. Was verschafft mir die Ehre Ihres Anrufs?«
»Frau Lano, ich suche eine Frau mit Feingefühl und natürlich Professionalität für einen sehr interessanten vakanten Posten.«
Der war wirklich vornehm. Redete nicht von einem freien Job, nein, von einem vakanten Posten. Klang schon mal gut. »Aha«, lächelte ich ins Telefon, »um welche Position handelt es sich denn?«
»Das, Frau Lano, würde ich gerne persönlich mit Ihnen besprechen. Hätten Sie heute nachmittag Zeit für ein Treffen?«
Hatte ich definitiv nicht.
»Sehr gerne«, stimmte ich zu.
Wir verabredeten uns in der Lobby eines Hamburger Hotels.
Auf dem Agentur-Damenklo schminkte ich mich sorgfältig nach und betrachtete mein Spiegelbild. Ich übte noch ein paar Lächler. Freundlich, aber distanziert. Verbindlich, aber nicht zu sehr. Auf ging's.
***
Der dicke Hotelteppich schluckte meine Schritte und einen Teil meiner Absätze. Etwas eingesunken stand ich vor der Rezeption und erkundigte mich nach Herrn Lassen. Hinter mir sprang jemand aus einem breiten Sessel auf und verbeugte sich vor mir.
»Lassen, guten Tag.«
Aufmerksam betrachtete ich den gepflegten Herrn. Im Western sind Headhunter ja immer so rauhe Kerle mit bösem Blick. Das reale Exemplar hier und heute hatte eine teure Seidenkrawatte mit diskretem Muster um den Hals. Und statt Colts eine Designer-Aktenmappe. Höflich führte er mich in eine ruhige Ecke des Hotelcafés. Genau die Behandlung, die mich für mein Morgenerlebnis entschädigte. Ich war wieder ganz Dame und sprach in gedämpftem Tonfall. Im Film machen das Damen in Luxushotels auch immer.
»Ja, Frau Lano, wir sollten eingangs etwas über Ihr Leben plaudern«, begann Herr Lassen.
Schade, beim Kaffeetrinken schlürfte er ein wenig. Minuspunkt. »Was möchten Sie denn wissen?« lächelte ich.
»Wissen Sie, ich habe bereits einige Angaben über Ihr Curriculum vitae.«
Verschwommen tauchte meine Lateinlehrerin in meiner Vorstellung auf. Vita – das Leben, fiel mir ein. Aha, er sprach von meinem Lebenslauf.
»Sehr schön.« Ich lehnte mich zurück.
»Vor einigen Jahren waren Sie in einer Agentur, die einen Kosmetikkunden betreut hat, stimmt's?« fragte der gut informierte Herr Lassen.
»Genau«, nickte ich, »das hat mir viel Freude gemacht. Immer wieder neue Cremes zum Ausprobieren, neue sensible Kampagnen. Sehr spannend«, ließ ich dezent meine Begeisterung heraus.
»Kann ich mir vorstellen. Deshalb dachte ich nun bei dem vakanten Posten in einer sehr etablierten Agentur an Sie. Diese Agentur hat einen großen japanischen Konzern, der Kosmetik- und Hygieneprodukte herstellt, als neuen Kunden gewonnen. Und nun soll ein Team aufgebaut werden, das Erfahrungen in diesen Bereichen hat.«
Klang gut. Ich hatte Mike zwar von meiner zunehmenden Werbeunlust erzählt, aber vielleicht reichte es ja schon, mal wieder die Agentur zu wechseln. Margarine ade – Kosmetik, ich komme.