Ihr Auftrag, Mr. President! Obamas zweite Chance - Daniel Haufler - E-Book

Ihr Auftrag, Mr. President! Obamas zweite Chance E-Book

Daniel Haufler

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Beschreibung

Die USA haben gewählt und ihren Präsidenten im Amt bestätigt: ein klares Mandat für Barack Obama. "Four more years" also, wie seine Anhänger in der Wahlnacht jubelten. "The best is yet to come", verspricht Obama. Doch was wird diese zweite Amtszeit wirklich bringen - Reformen oder Stillstand? Denn die Probleme sind geblieben: Die Arbeitslosigkeit ist immer noch hoch, die Wirtschaft schwach, die Gesundheitsreform ist nicht vollendet, die Einwanderungsfrage nicht beantwortet. Amerikas größter Gläubiger ist China. Der Kampf gegen den Terrorismus geht weiter. Die Rolle der USA als einzig verbliebene Supermacht ist immer noch nicht geklärt. Daniel Haufler, Olivia Schoeller und Damir Fras, die USA-Korrespondenten der Frankfurter Rundschau und der Berliner Zeitung, blicken über Wahlkampfgetöse und Feierlichkeiten hinaus. Sie analysieren die Lage in einem nach wie vor gespaltenen Land und zeigen, über welche Spielräume Präsident Obama verfügt - und welche er sich erkämpfen muss.

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Damir Fras, Daniel Haufler, Olivia Schoeller

Ihr Auftrag, Mr. President!

Obamas zweite Chance

Campus VerlagFrankfurt/New York

Inhalt

Einleitung: Amerikas schlimmster Job?

1. Die Herausforderung

2. Der Gegner

3. Die außenpolitische Lage

Epilog: Fluch oder Segen der zweiten Amtszeit?

Über die Autoren

Impressum

Einleitung: Amerikas schlimmster Job?

Ein Titel immerhin ist Barack Obama nicht mehr zu nehmen. Er bleibt der erste Afroamerikaner, der jemals zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde. Der 44. Präsident, den die amerikanischen Wählerinnen und Wähler vor kurzem in eine zweite Amtszeit geschickt haben, wird alleine deshalb in die Geschichtsbücher eingehen. Doch wird es dabei bleiben? Oder kann Obama mehr erreichen? Kann er ein Präsident werden, an den sich die Amerikaner so wehmütig erinnern wie an Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy oder Ronald Reagan? Diese Fragen können wir in diesem E-Book noch nicht definitiv beantworten. Doch wir werfen einen Blick voraus auf die zweite Amtszeit, skizzieren Herausforderungen und Chancen des Präsidenten in der Innen- wie in der Außenpolitik – und die schwierige Lage der Republikaner, die dank ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus auch künftig Obamas Vorhaben verhindern könnten.

Das weiß der Präsident natürlich, als er am Abend des 6. November 2012 die wahrscheinlich beste Rede seiner bisherigen Amtszeit hält. Sie wird gut zwanzig Minuten dauern. Sie beginnt erstaunlich leise, mit einem Dank an seinen Herausforderer Mitt Romney für dessen Einsatz um Amerika. Der frühere Gouverneur von Massachusetts, sagt Obama, habe sich große Verdienste erworben. Obama will die Zeit des unanständigen Wahlkampfs schnell vergessen machen – jene langen Monate, in denen er und der Republikaner Romney sich gegenseitig verletzten, in denen die schrillen Töne vorherrschten, die aggressiven TV-Spots. Obama tritt nicht nach, Romney ist geschlagen genug.

Während seiner Rede klingt der Obama nur manchmal so wie im Jahr 2008. Damals verzauberte der junge, noch wenig bekannte Senator aus Illinois die Menschen in den USA mit der Hoffnung auf Wandel. Doch seither sind vier Jahre vergangen, Obama ist nüchterner geworden, und auch die Menschen im Land sind ernüchtert. Er habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, sagt Obama. Versöhnen will er nun, zusammenarbeiten mit den Republikanern, die die Präsidentschaftswahl verloren haben, aber nicht die Möglichkeit, im Kongress seine Pläne zu blockieren. Obama sagt: »Wir sind nicht so gespalten, wie es die Politik vermuten lässt. […] Wir sind mehr als nur eine Ansammlung roter und blauer Staaten. Wir sind die Vereinigten Staaten.«

Rot ist die Farbe der Republikaner, Blau jene der Demokraten. Die Zeitungen drucken Landkarten, in denen blaue Ränder eine rote Mitte umfassen – das moderne Amerika Obamas und das alte Amerika Romneys. Der Satz Obamas ist auch eine Reminiszenz an seine berühmte Parteitagsrede aus dem Jahr 2004 und eine Erinnerung an die Euphorie von 2008. Obama will Kontinuität schaffen, er will schon zu Lebzeiten sein eigener Geschichtsschreiber sein.

In seiner zweiten Amtszeit wird es für Obama nicht leicht werden, auch handelnd Geschichte zu schreiben. »Wir haben noch viel Arbeit vor uns«, sagt der Präsident. Aber es sei zu schaffen – gemeinsam: »Wir wissen, dass für die USA das Beste noch kommt.« Eine gehörige Portion Pathos gehört in den USA zu Siegesreden wie das Ketchup zu den Pommes im Diner. Doch Obama ist nicht nur pathetisch. Er gibt sich bescheiden. Er umgarnt die Amerikanerinnen und Amerikaner. Er sagt: »Ob ich eure Stimme bekommen habe oder nicht, ich habe euch zugehört. Ich habe von euch gelernt. Ihr habt mich zu einem besseren Präsidenten gemacht.«

Besser vielleicht. Aber gut genug? Obamas zweite Amtszeit wird noch schwerer werden als die erste. Die Arbeitslosigkeit ist immer noch hoch, die Wirtschaft schwach, die Wall Street auf dem Sprung, zu alten Usancen zurückzufinden. Obamas Gesundheitsreform ist nicht vollendet, die Einwanderungsfrage nicht beantwortet. Die Republikaner sind vorerst geschlagen, aber nicht am Ende. Obama braucht die Konservativen, um regieren zu können. Die muslimisch-arabische Welt ist im Umbruch. Europa steckt in der Krise. Amerikas größter Gläubiger ist China. Der Kampf gegen den Terrorismus geht weiter. Die Rolle der USA als einzig verbliebene Supermacht ist immer noch nicht geklärt.

Wenn Obama auch nur einige dieser gewaltigen Herausforderungen bestehen sollte, dann dürfte seine Präsidentschaft das Bild prägen, das die Welt sich von den USA im 21. Jahrhundert macht. Besteht er hingegen nicht, werden es auch seine Nachfolger schwer haben, den drohenden Abstieg des amerikanischen Imperiums zu verhindern.

Das hat das Satireblatt The Onion schon Anfang November 2008, nach der ersten Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten, richtig erkannt. Die Schlagzeile damals lautete: »Black Man Given Nation’s Worst Job« – ein Schwarzer bekommt Amerikas schlimmsten Job. So war es, und so ist es. Nach der Wiederwahl Obamas darf man wohl sagen: Das Amt im Weißen Haus ist der schlimmste Job geblieben.

1. Die Herausforderung

Vier Tage nach der Wiederwahl von Barack Obama zum US-Präsidenten war es Steve Wise leid. Sein Wunschkandidat Mitt Romney hatte verloren. Die Aussicht, vom dem früheren Private-Equity-Finanzier und Multimillionär in eine bessere Zukunft geführt zu werden, war für Wise vorbei. Der 56 Jahre alte Gesundheitsmanager aus Brentwood im Bundesstaat Tennessee setzte sich an den Computer und schrieb ans Weiße Haus: »Mr. President, ich hoffe, dass Sie diese E-Mail erreicht.«

Das geschah tatsächlich. Drei Tage später stand Obama an einem Rednerpult im East Room des Amtssitzes des Präsidenten in Washington und machte Wise zu einer nationalen Kurzzeit-Berühmtheit. Der Präsident zitierte während seiner ersten Pressekonferenz nach seiner Wiederwahl ausgiebig aus Wises Schreiben und machte sich dessen Appell zu eigen, endlich die Probleme der USA gemeinsam anzugehen und in einem überparteilichen Kraftakt zu versuchen, das Land aus der Krise zu führen. Obama sagte mit Blick auf Wise: »Er hat gesagt, dass er mich unterstützen wird, um dieses Land voranzubringen, auch wenn er mir seine Stimme nicht gegeben hat. Und er hat seinen republikanischen Abgeordneten in Washington dasselbe gesagt. Er sagt, dass er jeden von uns unterstützen wird, ungeachtet der Parteizugehörigkeit. So lange wir nur zusammen arbeiten, um das Leben für uns alle besser zu machen. Und er hat klar gesagt, dass er sich wieder melden wird, wenn wir nicht genügend Fortschritte machen.« Für einen kurzen Moment schien es, als hätten die Amerikanerinnen und Amerikaner besser Steve Wise zum Präsidenten gewählt – einen Mann, der es offenbar begriffen hat.

Die USA sind an einem entscheidenden Punkt in ihrer Geschichte angelangt. Machen Republikaner und Demokraten weiter wie bisher, blockieren sich gegenseitig und pflegen auf beiden Seiten schamlos die Kultur der Kompromisslosigkeit, dann ist der Abstieg des Landes nicht mehr abzuwenden. Schon heute hat the shining city on the hill