Im Bann der Illusion (Verfemung der Sterne 7) - Jens Fitscher - E-Book

Im Bann der Illusion (Verfemung der Sterne 7) E-Book

Jens Fitscher

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Beschreibung

Tarik Connars Kampfboot wird von feindlichem Feuer getroffen und stürzt auf einen namenlosen Planeten ab. Er überlebt und muss sich unter den wilden, katzenartigen einheimischen Lebensformen behaupten. Connar ist in einer Traumphase der VR-Strahlen gefangen und sieht sich in einer fantastischen, exotischen Welt, die er zunächst für Wirklichkeit hält. Auch Syeel befindet sich in einer neuen Traum-Sequenz. Als er endlich wiedererwacht, kann er sich zunächst nur schwerlich zurechtfinden.

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Seitenzahl: 239

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JENS FITSCHER

IM BANN DER

ILLUSION

VERFEMUNG DER STERNE

BUCH 7

© 2021 Jens Fitscher

Illustration: S. Verlag JG

Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid

Alle Rechte vorbehalten

Neuauflage von „Commander Connar“ im Sammelband

2. Auflage

ISBN: 978-3-96674-246-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Träume bestimmen unser Leben. Wenn sie aber anfangen, unser Bewusstsein zu beeinflussen und die Realität zu verfälschen, dann ist eine Situation entstanden, in der wir auf Hilfe anderer angewiesen sind.

Inhaltsverzeichnis:

Im Siebengestirn

Raumkampf

Im Sternhaufen ERC

Die Kopah

In Gefangenschaft

Überfall der VR-Strahlen

Virtuelle Realitäten

Connars Traumsequenz

Cogito ergo sum

Der Stamm der Antariis

Wolfsfreunde

Die Anderen

Inferno der Gefühle

Erwachen

Traum-Sequenz Syeel

Intermezzo: Geheimbund Kopah

Erinnerungen

Kontakt

Träumer

Die Dritte Kraft

Tarjas Traum

Kampf der Giganten

Im Siebengestirn

Der Sternhaufen MAMMALIA mit seinen etwa 350 Sternen besaß einen Durchmesser von 22 Lichtjahren und befand sich lediglich 410 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Das Sonnensystem SOSEMT mit dem Planeten Soleit war der Sitz der Chron-Bastion TILMUN.

MAMMALIA war einer von drei nahe beieinanderliegenden Sternhaufen, die zusammen das Sternenreich Bahrein bildeten.

Das waren eher spärliche Informationen, die uns von der Chron-Bastion TILMUN übermittelt worden waren.

Ich stand neben dem Steuerpult und beobachtete Carolins Gesichtsausdruck, als sie auf dem Zentralschirm den Start der KLONDIKE mitverfolgte.

Staunend blickte sie auf die schnell kleiner wertende, blaue Erdkugel.

Sie saß in einem der bequemen Sessel, in der Sitzecke direkt neben dem Steuerpult, welche durch eine Bodenvertiefung von der übrigen Zentrale etwas abgegrenzt wurde.

Trotzdem hatte man von dort einen guten Überblick über den ganzen Raum.

Jet’ha stand etwas seitlich zwischen der Sitzecke und dem Steuerpult und beobachtete ebenso wie ich den Start des Schiffes über den Zentralschirm.

Auf den vier kleinen Displays am Pult wechselnden sich Datenreihen und analytische Kurven in schneller Folge ab.

Sie interessierten mich jetzt wenig. Die wirkliche Faszination ging von der Erde aus. Es war immer wieder überwältigend, aus dem All auf den ‚Blauen Planeten‘ zu blicken.

Was mochte Carolin jetzt wohl fühlen? Für sie war es das erste Mal die Erde aus dieser Perspektive zu sehen und zu erleben.

Überhaupt war es ihr erster Weltraumflug. Ich schaute zu ihr hinüber und bemerkte sofort ihre Unsicherheit und Nervosität.

In mir kam spontan das Gefühl auf, sie in den Arm nehmen zu müssen. Hatte ich das Richtige getan, als ich mich entschloss, wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen?

Aber dieser Entschluss war bereits Vergangenheit gewesen, bevor ich ihn überhaupt getroffen hatte.

Ich wandte mich vom Pult ab und ging langsam auf sie zu. Carolin hatte mich damals verlassen, das war Fakt.

Dass ich es selbst gewesen sein könnte, der sie mir wegnahm, daran habe ich niemals gedacht noch denken können. Aber es war eben geschehen, damals.

Verfluchte Zeitkorrelation. Man blickte irgendwann nicht mehr wirklich durch.

„Komm zu mir. Es ist alles in Ordnung!“

Ich nahm Carolin in den Arm. Ihr Lächeln war gekünstelt, das sah ich sofort.

Die Erde war mittlerweile vom Bildschirm verschwunden. Dort war nur noch ein dunkles Nichts zu sehen.

„Die Koordinaten des Zielsystems weichen um 0,00000258 Prozent von den in meinen Altspeichern hinterlegten Daten ab. Nach Berücksichtigung der astronomischen Veränderungen seit Datenerfassung ergibt sich noch immer eine Abweichung innerhalb der Koordinaten. Kurs wurde auf Stand-by gesetzt. Erbitte nochmalige Freigabe der Zielkoordinaten.“

Die künstliche Stimme des Schiffgehirns schallte lautstark aus allen Richtungen.

Ich fühlte, wie Carolins Körper sich kurz versteifte.

„Was bedeutet das jetzt?“

Ihre arglos gestellte Frage gab mir ebenfalls zu denken. Jet’has und mein Blick kreuzten sich. Trotz seines Schweigens konnte ich erkennen, dass er auch nicht so recht wusste, was es mit der Aussage des Schiffs auf sich hatte.

„Ich weiß es selbst nicht“, beantwortet ich kurz angebunden ihre Frage.

„Es sind doch nur 410 Lichtjahre zu überbrücken. Wieso stimmen dann die Koordinaten nicht?“

Jet’ha brachte es auf den Punkt.

„KLONDIKE, du hast die Frage mitbekommen. Bitte antworte!“

„Daten unzureichend. Erbitte Freigabe der Zielkoordinaten!“

Unvermittelt verkrampfte sich mein Unterleib. Ich zuckte kurz zusammen.

„Alles in Ordnung mit dir?“

Carolins besorgter Blick ging mir durch und durch. Sie wusste immer noch nicht, dass mein Körper vollständig aus Naniten und Nanobots bestand, welche sämtlich Zellen wie auch Zellkerne ständig ersetzten, reproduzierten.

Nicht nur das Altern meines Körpers fand somit nicht mehr statt, auch gehörten damit Infektionen oder Krankheiten für mich der Vergangenheit an.

Selbst gewaltsam beigebrachte Verletzungen waren bis auf ein bestimmtes Maß nicht mehr lebensgefährlich. Ich lächelte sie an.

„Es ist alles gut. Du musst wissen, ich habe sozusagen einen 5. Sinn in meinem Bauch. Immer wenn sich für mich in naher Zukunft eine gefährliche Situation ergeben sollte, beginnt mein Bauchgefühl sich zu melden.“

„Ja, ich kann mich erinnern, dass du früher auch öfters unter Bauchschmerzen geklagt hast. Aber daraus einen 5. Sinn zu machen, ist wohl etwas übertrieben.“

Normalerweise hatte sie damit natürlich recht. Aber durch die Aktivierung meiner besonderen Fähigkeiten hatte sich hier einiges verändert.

„Du vergisst meine speziellen, neuen Fähigkeiten“, antwortete ich ihr spontan.

Ich hatte Carolin darüber informiert. Insbesondere wusste sie über meine telekinetische Veranlagung Bescheid und natürlich über die Fähigkeit des Distanzlosen Schritts.

Ich hatte aber nicht den Eindruck gewonnen, dass sie die ganzen Konsequenzen, die sich daraus ergaben, wirklich hatte verstanden.

„Tarik, hier stimmt etwas nicht. Ich schlage vor, dass wir zunächst nur eine Strecke von 380 Lichtjahren zurücklegen. Das Schiffsgehirn kann eine den Koordinaten entsprechende Richtung annehmen und eine etwas kürzere Strecke berechnen. Was meinst du?“

Jet’has Anmerkung war aufgrund der aktuellen Informationen nur logisch und folgerichtig.

Aber ich hatte mich bereits anders entschieden, trotz meines Bauchgefühls.

„Wir werden uns nicht anschleichen, sondern Präsenz zeigen. Ich vertraue voll und ganz auf die Ellio’sh Technologie.“

„Tarik, ist das aber wirklich klug? Ich meine, du weißt überhaupt nichts über die dortigen Verhältnisse. Wäre da nicht mehr Vorsicht angebracht?“

Carolin hatte sich erhoben und kam auf mich zu. Jet’ha grunzte zustimmend. Normalerweise kannte ich den Zisslies Krieger eher als Draufgänger.

Dass er sich nunmehr besonders vorsichtig verhielt, passte nicht so recht zu seinem Charakter.

„Jet’ha, was ist los mit dir? Sonst bist du auch nicht so zimperlich!“

Er schaut von mir zu Carolin.

„Wir sind nicht allein, wie früher. Ich denke, du musst jetzt auch an deine Frau denken.“

„Ich kann gut auf mich selbst auflassen!“

Ich musste spontan grinsen. Jet’ha war keineswegs in der Psyche einer menschlichen Frau bewandert. Sonst hätte er gewusst, welche Auswirkungen seine Aussage haben würde.

„Wie kommst du darauf, mich wie ein Kind zu behandeln?“

Carolins Gesichtszüge hatten sich tatsächlich leicht angespannt.

Wieso grinst du mich so dümmlich an?“

Jetzt bekam ich auch noch eine Zurechtweisung.

„Jetzt bleibt mal ganz ruhig!“

Ich zuckte wie unter einem Stromschlag unvermittelt zusammen.

Ein stechender Schmerz im Magen ließ mich aufstöhnen. Sofort war Carolin neben mir.

„Tarik, was ist mit dir?“ Ihre Stimme war voller Sorgen.

„Mein Bauchgefühl, schon wieder und diesmal noch heftiger. Ich glaube, Jet’ha hat nicht ganz Unrecht mit seiner Vorsicht.“

„Sag ich doch!“

Ich schaute ihn etwas indigniert an.

„In Ordnung. Ich gebe nach. KLONDIKE, substituiere die Zielkoordinaten durch die in deinem Altspeichern hinterlegten Daten.“

„Bestätigt!“

Carolin machte immer noch ein betrübtes Gesicht.

Mein Magen beruhigte sich und das unvermittelt ebenfalls aufgetretene Völlegefühl begann sich wieder aufzulösen.

„Was schaust du jetzt so betreten? Alles wieder in Ordnung.“

Sie stand immer noch vor mir und blickte mich mit einem treuherzigen Augenaufschlag an.

„Ich kann es immer noch nicht richtig fassen. Noch vor wenigen Wochen war mein Leben noch so eingefahren. Unsere Beziehung war durch deinen Unfall in Mitleidenschaft gezogen und stand vor dem Ende und nun das hier. Ich befinde mich in einem außerirdischen Raumschiff und verlasse die Erde zusammen mit einem Alien und mit dem Tarik aus der Zukunft. Ich glaube, ich habe das Ganze noch überhaupt nicht richtig verarbeitet. Es klingt wie ein Märchen oder wie ein absurder Albtraum.“

Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Ich nahm sie spontan in den Arm, strich ihr über die Nackenhaare und es folgte ein langer Kuss.

Raumkampf

Der gigantische Gasball blähte sich plötzlich noch weiter auf.

Er dehnte sich nach allen Richtungen aus und in Gedankenschnelle flammte am Rande des Sternhaufens mit dem Eigennamen ERC eine neue Sonne auf.

Den beiden Repbs-Schiffen blieb keine Chance mehr, rechtzeitig ausweichen.

Sie rasten direkt in die aufflammende Hölle hinein, in deren Zentrum Temperaturen bis zu vierzig Millionen Grad herrschten.

Ihre Schiffshüllen verpufften so schnell, dass nicht einmal ein Lichtblitz zu erkennen war.

Die KLONDIKE war gerade aus der Überlichtphase getreten, als sie auch schon in rotweiß zuckende Blitze eingehüllt wurde.

Undeutlich schimmerte der glänzende Rumpf durch die gewaltigen Entladungen hindurch, als Energiestrahlen auf die Schutzschirme der KLONDIKE prallten.

Jetzt zeigte sich, dass Connars Bauchgefühl wieder einmal recht behalten hatte. Die Schutzfelder des Schiffes hielten dem Beschuss jedoch mühelos stand.

Lichtbündel zuckten durch den Raum.

„Schutzschirmbelastung bei 35 Prozent. Die gescannten Energieentladungen ergeben keine unmittelbare Gefahrenlage für das Schiff.“

Wir beobachten nur und halten uns vollkommen defensiv. Es scheint, als wären wir inmitten einer Raumschlacht gelandet. KLONDIKE, wo befindet sich das Sonnensystem SOSEMT? Ich kann im Umkreis von mehreren Lichtjahren kein Planetensystem erkennen.“

Connars laut gesprochene Frage wurde von dem Schiffsgehirn sofort beantwortet.

„Negativ. Die übermittelten Koordinaten sind nicht mit SOSEMT identisch. Nahbereichsortung läuft. Mit einer genauen Standortanalyse kann in 4,32 Minuten gerechnet werden.“

Carolin und Jet’ha beobachteten wie gebannt das Geschehen auf dem Zentralbildschirm.

Immer wieder blitzte es dermaßen hell auf, dass die Bildschirmfilter eingriffen, um eine Blendung zu verhindern.

Als die Anzahl der Lichtbündel unvermittelt in die Höhe schnellte, reagierte das Schiffsgehirn sofort und überschrieb die Echt-Wiedergabe des Raumkampfes mit animierten digitalisierten Realkörpers, sodass die Sehnerven der Besatzung nicht mehr so stark belastet wurde, wie zuvor.

Die visuell übermittelten Darstellungen zeigten jedoch weiterhin das Geschehen in Echtzeit.

Der plump wirkende Rumpf eines Fremdschiffes wirbelte in nur wenigen hundert Meter Abstand zur KLONDIKE durch den Raum, und es war deutlich zu sehen, dass der Körper mittschiffs in heller Rotglut aufstrahlte.

Jet’has Augen strahlten regelrecht auf, während Carolin mehr oder weniger ängstlich immer wieder von dem Geschehen auf dem Zentralschirm zu Connar blickte.

„Das Angreiferschiff dreht ab“, sagte Jet’ha in dem Augenblick.

Unvermittelt zuckte ein rotweißes Lichtbündel durch den Raum, und im nächsten Sekundenbruchteil wurde die KLONDIKE regelrecht durchgeschüttelt. Zuckende Blitze umhüllten den glänzenden Rumpf, als gewaltige Entladungen auf die Schutzschirme des Ellio’sh Schiffs prallten.

„Zwei weitere Schiffe kommen von Backbord“, meldete Jet’ha in dem Augenblick.

„Die Schiffe haben eine vollkommen andere Bauart. Sie sind viel größer und augenscheinlich verfügen sie auch über eine bessere Bewaffnung!“

„Schutzschirmbelastung 65 Prozent, kontinuierlich steigend“, ertönte fast gleichzeitig die künstliche Stimme der Bordpositronik.

Connar stand immer noch bewegungslos vor dem Steuerpult.

Lediglich seine Augen blitzten mehrfach kurz auf, während er auf dem Zentralbildschirm das Geschehen beobachtete und gleichzeitig die ständig wechselnden Daten auf dem kleinen Display des Steuerpults betrachtete.

Jetzt wechselte das sich zunächst abgewendete Schiff seinen Kurs und kam wieder direkt auf die KLONDIKE zu.

Die aufflammenden Reflektoren seines Triebwerks bewiesen, dass es mit der vollen Kraft seiner Maschinen beschleunigte.

Jet’ha gab ein glucksendes Geräusch von sich, als sich der Rumpf der KLONDIKE in eine gewaltige Glocke zu verwandeln schien.

Ein Inferno von machtvollen Geräuschen klang auf.

Es kreischte und brüllte durch alle Abteilungen, und im gleichen Augenblick begann das Schiff zu taumeln.

Ein titanenhafte Strahlschuss traf die beiden anderen angreifenden Schiffe, bevor er mit voller Wucht im letzten Drittel des Rumpfes einschlug.

Die Schutzfeldgeneratoren tobten, als sie versuchten, die auftreffenden Kräfte zu neutralisieren.

Die KLONDIKE wurde gewaltsam aus dem Kurs gerissen, und es schien Ewigkeiten zu dauern, bis die wilden Bewegungen von dem Schiffsgehirn aufgefangen werden konnten.

Connar hatte alle Mühe, sich aufrecht zu halten.

Carolin ballte ihre Hände fast reflexartig zu Fäusten. Sie wunderte sich, dass von den gewaltigen Energien, die auf das Schiff trafen, im Inneren so wenig zu spüren war.

Sie hatte tatsächlich erwartet, dass alles, was nicht fest verankert war, durch die Zentrale fliegen würde.

Die Schutzfelder hielten noch und der Andruckneutralisator, welcher die Beharrungs- und Trägheitskräfte in Inneren des Raumschiffs neutralisierte, arbeitete unter Volllast.

Connar wurde ebenfalls von dem Angriff überrascht, hatte sich aber schnell wieder gefasst, als Jet’has Stimme hörbar wurde.

„Hinter uns ist ein riesiges Schiff!“

Mehr sagte er nicht, doch Jet’ha ahnte, dass es jetzt brenzlich wurde.

Als die Daten der Nahbereichsortung endlich am Steuerpult eingeblendet wurden, erschien auf der Sichtfläche des Zentralschirms ein Schiffsgigant von solchen Ausmaßen, dass Jet’ha stöhnend die Augen schloss.

Dagegen war die KLONDIKE ein Nichts.

Entsetzt starrten sie auf den Zentralschirm. Connar warf noch einen Blick auf den halbrunden Bug des heranjagenden Riesen, dann gab er den Feuerbefehl.

Aus den drei mittleren Werfe-Schächte der KLONDIKE zuckten drei schlanke Körper, die aber nur für Sekundenbruchteile auf den Sichtflächen erkennbar waren.

Die drei Feuerpünktchen der mit voller Schubleistung laufenden Photonentriebwerke schrumpften zu einem einigen Pünktchen zusammen und dann war auch das verschwunden.

Mit unheimlicher Präzision gesteuert von den autonom arbeitenden Steuerpositroniken, rasten die Fernkampfgeschosse auf den herankommenden Riesen zu, wodurch die gegenseitige Annäherung mit fast 75 Prozent der Lichtgeschwindigkeit erfolgte.

Hinter der davonjagenden KLONDIKE zuckte ein glühender Ball auf.

Er dehnte sich nach allen Richtungen aus und in Gedankenschnelle flammte im interstellaren Raum neue Sonne auf.

Er dehnte sich nach allen Richtungen aus und in Gedankenschnelle flammte im interstellaren Raum neue Sonne auf.

Connar sah, dass sich der ohnehin schon gigantische Gasball plötzlich noch weiter aufblähte.

Aufatmend starrte er auf den Zentralschirm, dessen Bildfläche bereits automatisch vom Schiffsgehirn abgedunkelt wurde, da dieser in einer unerträglichen, blendenden Helligkeit erstrahlte.

Plötzlich schien der Weltraum um die KLONDIKE herum von Raumschiffen wie leergefegt zu sein.

Carolin stand neben Connar und hatte die ganze Zeit mit großen Augen das Geschehen auf dem Zentralschirm verfolgt.

Sie konnte die lautlosen Blitze und sonnenhellen Explosionen, welche sie doch so hautnah miterlebte, geistig nicht wirklich zuordnen.

Für sie war das, was sie auf dem Bildschirm, sah, vielmehr ein Spektakel wie aus einem Science-Fiction Film. Tricktechnik hervorragend umgesetzt, visuell jedoch etwas zu langatmig und farblos.

Dass es sich dabei um in diesem Moment tatsächlich ablaufende Ereignisse handelte, konnte ihr Unterbewusstsein nur sehr schwer erkennen und akzeptieren.

„Das war alles, was die KLONDIKE an Waffen zur Verfügung hat!“

Connar blickte zu Jet’ha hinüber, der vor der zweiten Steuerkonsole stand.

Das Schiff war mit einem sehr starken Antrieb versehen und wurde von seinen Erbauern, den Ellio’sh, ursprünglich als reiner ‚Erkunder‘ eingesetzt.

Seine Waffensysteme waren dementsprechend auf das Minimum reduziert und der freie Raum für den Antrieb genutzt worden.

„Und jetzt?“ Carolins Frage irritierte Connar nur kurz.

Natürlich wollte sie damit nur zum Ausdruck bringen, wie es jetzt weiterging.

„Wir werden nach dem Sonnensystem SOSEMT und dem Planeten Soleit Ausschau halten, wie geplant.“

„Wieso hat man uns überhaupt angergriffen? Ich meine, wir haben doch überhaupt keine Freundlichkeiten an den Tag gelegt.“

Carolin versuchte das Geschehen zu begreifen, hatte dabei anscheinend aber ihre Schwierigkeiten.

„Welchen Tag meinst du?“

Jet’has Frage irritierte sie.

„Das ist bloß eine Redewendung und bedeutet so viel wie ‚erkennen lassen‘“, kam Connar ihr zur Hilfe.

Tatsächlich hatte der Zisslies-Krieger sie nicht richtig verstanden.

„Wir sind doch inmitten einer Raumschlacht aus Überlicht gegangen. Es musste damit für jede der beiden kämpfenden Parteien zunächst so aussehen, als wären wir ebenfalls ein Gegner.“

Jet’ha justierte die Fernortung am Steuerpult auf einen größeren Wert, während er auf Carolins Frage antwortete.

„Wir sollten jetzt etwas vorsichtiger sein. Zu viele Hunde sind des Hasen Tod!“

Jet’ha blickte erstaunt von Carolin zu Connar.

„Auch wieder eine Redewendung? Wieso sprecht ihr für mich in Rätseln?“

Entschuldige, Jet’ha, da hast du wohl recht. Wir müssen hier mehr Rücksicht auf dich nehmen. Carolin meint, dass wir es uns nicht erlauben können, von zu vielen Schiffen angegriffen zu werden. Wie du bereits selbst festgestellt hast, verfügt die KLONDIKE über keine starke Bewaffnung. Auch die Schutzfeldstärke ist nur Ellio’sh Mittelmaß. Darauf sollten wir bei zukünftigen Aktionen besonders Rücksicht nehmen.“

„Umso seltsamer ist es, dass durch den Beschuss des Schiffes solch ein riesiges Raumschiff vernichtet werden konnte. KLONDIKE, gibt es eine Datenanalyse zur Waffenstärke, Energieemissionen etc. des vernichteten Riesenschiffs?“

Connars Frage an das Ellio’sh-Schiffsgehirn wurde sofort beantwortet.

Eine sonor-klingende Stimme ertönte durch die Zentrale: „Es wurden absolut keine Daten empfangen. Sämtliche Scanner waren aktiv, aber mit negativen Ergebnis. Das angreifende Schiff ließ keinerlei Emissionen erkennen.“

Nicht nur Connar wunderte sich darüber.

„Welche Größe hatte das Schiff?“

„Das Schiff hatte eine elliptische Form mit auseinanderliegenden Endpunkten von Länge 588,55 Metern, Breite 255,12 Metern.“

„Welche Form hatten die anderen Schiffe?“

„Zylinder,- beziehungsweise Zigarrenform.“

„Also höchstwahrscheinlich von verschiedenen Spezies gebaut“, ergänzte Jet’ha die Aussage des Schiffs.

„Wir wissen leider noch viel zu wenig über die hiesigen Verhältnisse.“

„Vielleicht waren die durch das TOHIKUM übermittelten Koordinaten doch richtig!“

Carolins Einwand war nicht ganz von der Hand zu weisen.

„Wir werden es herausfinden!“ Connar wandte sich an Jet’ha.

„Was sagt die Fernortung?“

„Negativ! Bis auf eine Entfernung von fünfzehn Lichtjahren keine energetischen Verwerfungen, die nach einem Raumschiffsantrieb aussehen.“

„Auf meiner Armbanduhr ist es 0.25 Uhr. Gibt es auf diesem Schiff keinen Zeitmesser? Tarik, ich bin hundemüde. Ihr könnt jetzt machen, was ihr wollt, ich verschwinde ins Bett!“

Connar wusste im ersten Moment nicht, was er sagen sollte. Der Themenwechsel war für ihn zu überraschend gekommen.

„Das ist eine gute Idee. Hier kommen wir jetzt sowieso nicht weiter. Also lasst uns zunächst Kraft sammeln für die kommenden Ereignisse.“

Jet’ha lächelte. Das hatte Connar an ihm noch nie erlebt. Überhaupt war ihm diese Eintracht mit Carolin, die er seit kurzem an den Tag legte, nicht ganz geheuer.

Er ließ sich jedoch nichts anmerken.

„Ich beuge mich der Mehrheitsentscheidung. Gehen wir Schlafen!“

„Es ist alles so unwirklich. Ich fühle mich, als würde ich ständig neben mir stehen und nur ein Zuschauer sein.“

Carolin kuschelte sich in die Bettdecke und zog sie über die nackte Schulter.

Sie hatte die Decke tatsächlich aus ihrer Wohnung mit ins Schiff genommen; ebenso Connars Bettdecke.

Ohne ihre Decke war sie verloren, zumindest konnte sie dann nur schwerlich einschlafen.

Es war keine der herkömmliche Synthetikdecken. Nein, es handelte sich dabei um eine Daunendecke, gefüllt mit dem Gefieder von Gans und Ente.

Sie war besonders leicht und damit viel angenehmer als Decken aus Kunststofffasern.

Etwa zwei Millionen flauschige Ästchen der Federn, die ineinandergriffen, sorgten für das besondere Wohlgefühl, das keine Ellio’sh-Technologie auch nur im Entfernten zustande brachte.

Jedenfalls nicht mit den interaktiv, autonom agierenden Schwerkraftfeldern, über die das Bett verfügte, inbegriffen des Warmluft-Belüftungs-Systems.

Die Liegefläche des Betts war durch die schiffsinterne Instantsetzungs-Kolonne auf Anweisung von Connar auf die dreifache Größe erweitert worden und umfasst nun die Maße von zwei Metern Länge und zwei Meter zwanzig Breite.

„Du hast in kurzer Zeit viel erlebt und es waren Dinge, die für dich wirklich mehr als fantastisch wirken mussten. Ich denke, das ist es nur normal, dass dein Unterbewusstsein einen Ausgleich schafft, damit dein Verstand es langsam verdauen kann.“

Connar legte seinen Arm um ihre Schulter.

„Ich weiß jetzt im Nachhinein nicht, ob es von mir so eine gute Idee war, dich nochmals aufzusuchen und aus deiner Zeit heraus zu entführen.“

„Tarik, so darfst du nicht reden. Natürlich war es richtig; für uns beide!“

Carolin zog ihn noch näher an sich heran und küsste ihn.

Ihre Körper berührten sich und beide genossen die zunehmende Wärme unter der Daunendecke.

Das Temperaturprogramm der Nachtabsenkung hatte den Kabinenraum auf fünfzehn Grad Celsius heruntergefahren, aber davon merkten sie nichts.

Auch Carolins Müdigkeit schien mit einem Mal wie verflogen zu sein.

Nur kurz dachte Connar daran, dass sein Körper mittlerweile vollständig aus organischen Naniten bestand und er damit seine Menschlichkeit zumindest in dieser Form verloren hatte.

Carolin wusste davon nichts, als er sich mit ihr vereinte.

Die ihm von Aruru verliehene relative Unsterblichkeit war diesbezüglich kein Hindernis. Zumindest musste er nicht an Verhütung denken. Seine Körpernaniten würden das ihrige tun, um eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.

Im Sternhaufen ERC  

Der zweite Sternhaufen trug den Eigennamen ERC.

Es war der kleinste und jüngste Haufen der Dreiergruppe, welche das Sternenreich von Bahrein bildete, mit einem Durchmesser von lediglich 8 Lichtjahren mit insgesamt 150 Sonnensystemen.

Die Sterne hatten sich aus einem Nebel gebildet, der immer noch den gesamten Sternhaufen einschloss, welcher dadurch von außen, aufgrund der vielen Staubteilchen und das von ihnen reflektierende Licht, intensiv leuchtete.

Auf dem Panorama- Zentralbildschirm der KLONDIKE bewunderten Connar, Carolin und Jet’ha das intensive Leuchten des kleinen Sternhaufens.

Das Schiff befand sich noch etwa 55 Lichtjahre entfernt und gerade bei dieser Distanz ergab das aus dem Sternhaufen heraus reflektierende Licht einen atemberaubenden Anblick.

Carolin schien regelrecht fasziniert von diesem Anblick zu sein.

Während sie auf dem Zentralschirm die längliche Form des intensiv leuchtenden und glitzernden Nebels bestaunte, begann das Schiffsgehirn nähere Daten über den dahinter befindlichen Sternhaufen zu nennen.

Insbesondere die Erwähnung der hier beheimateten Spezies interessierte Connar besonders.

Die Informationen kamen allesamt von der Chron-Bastion TILMUN.

Sie waren integrierter Bestandteil des Hilferufs an ihn gewesen.

„Die vorherrschenden Spezies kommt ihrem Aussehen nach einer Mischung zwischen Schlange und Reptil des Planeten Erde sehr nahe. Sie nennt sich selbst Repbs. Es handelt sich hierbei um etwa einen Meter fünfzig große, aufrechtgehende Intelligenzen, welche ihren geschmeidigen Körper in einer schleifenden Gangart fortbewegen, wobei sich die Farbe der Haut immer ihrer unmittelbaren Umgebung anpasst.“

„Das heißt, wenn ein Repbs nackt ist, kann man ihn vom Hintergrund nicht mehr unterscheiden. Er wäre sozusagen unsichtbar.“

Carolin hatte sich von dem grandiosen Anblick des Sternhaufens losgerissen und die letzten Worte des Schiffgehirns gerade noch bewusst wahrgenommen.

„So in etwa, ja. Aber ich denke, wir werden keinem nackten Repbs begegnen.“

Jet’ha ließ ein lachendes Bellen hören.

„Wie dem auch sei. Wir steuern den Sternhaufen an!“

Connar beschleunigte das Schiff. Der eben noch strahlende Nebel auf dem Zentralschirm verschob sich und war nur noch als verwaschener Schatten zu erkennen, bevor er zu einem weißen Strich wurde.

Carolin schaute etwas enttäuscht. Sie hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sich durch die Fahrtaufnahme des Schiffs ebenfalls der Blickwinkel veränderte und damit das Phänomen des leuchtenden Sternhaufens nicht mehr erkennbar war.

Die KLONDIKE überbrückte die 55 Lichtjahren in wenigen Minuten und verließ die Überlichtphase nur wenige Lichtsekunden vor dem Nebel.

Die Schiffssensoren hatten kein Problem, den Weltraum in der unmittelbaren Näher sowie auf eine Distanz von mehreren Lichtjahren abzutasten und bildlich darzustellen.

Das Schiff beschleunigte nach kurzer Verweildauer wieder und drang in den Nebel ein.

„Was hast du vor? Willst du diesen Repbs tatsächlich einen Besuch abstatten?“

Bevor Connar auf Carolins Frage antworten konnte, wurde das Licht in der Zentrale unvermittelt abgedunkelt und die Stimme des Schiffgehirns übertönte den kurzen, hellen Alarmton: „Beschuss aus unmittelbarere Nähe. Schutzschirme auf Maximalleistung hochgefahren. Achtung, soeben werden erste Ortungsdaten eingespielt. Visualisierung erfolgt unverzüglich!“

Der Zentralschirm teilte sich in drei, dann vier Bildausschnitte.

Jede von ihnen zeigte einen Pult von drei Raumschiffen.

Von zwei Seiten war das Feuer auf die KLONDIKE eröffnet worden, jedoch lagen die Schüsse viel zu hoch, um eine wirkliche Gefährdung darzustellen.

„Die Schiffsform der uns einkreisenden Raumschiffe weist eine eindeutige Zugehörigkeit aus. Es sind Repbs!“

Jet’ha hatte seinen Platz hinter dem Pult der Waffensteuerung eingenommen, von wo aus ebenfalls die Ortung sowie die Kommunikation manuell übernommen werden konnte.

„Die Anzahl der Schiffe hat sich auf zwölf erhört. Sie umkreisen die KLONDIKE in vier Pulks zu je drei Schiffen. Konstante Entfernung 112.000 Kilometer. Feuer wurde eingestellt. Eingehender Funkruf. Ich stelle auf Zentralschirm!“

Jet’ha war in seinem Element. Man merkte aus seinem Verhalten und der Aussprache der Worte, dass er sich regelrecht auf eine beginnende Auseinandersetzung freute.

Das lag wohl hauptsächlich in seinen Erbanlagen begründet. Schließlich war er ein ehemaliger, animalischer Zisslies Krieger.

Inmitten der acht mal fünf Meter großen Bildfläche erschien ein kleineres, etwa zwei mal drei Meter großes Pop-up-Fenster.

Ein Wesen blickte uns entgegen, dass uns eine reptilienartigen Schnauze entgegenstreckte.

Seine großen, geschlitzten Augen funkelten in einer hellen, smaragdgrünen Farbe.

Der Liedschlag erfolgte tatsächlich von rechts nach links, anstatt wie bei den meisten humanoiden Spezies von oben nach unten.

Ein Grunzen kam kurz aus seinem Maul und man konnte deutlich die vielen kleinen und scharfen Zähne erblicken.

Ich blickte kurz seitlich zu Carolin hinüber. Sie hielt sich vorzugsweise, seit dem Start von der Erde, in der sogenannten ‚Besprechungsmulde‘ auf.

Das war eine runde, etwa vier Meter durchmessende Bodenvertiefung, in der um einen zentralen Tisch mehrere Sessel aufgestellt waren.

Die Mulde befand sich etwa fünf Meter links vom zentralen Steuerpult, an dem ich gerade stand.

Carolins Gesichtsfarbe hatte einen hellen Ton angenommen, das konnte ich genau erkennen.

Sie konnte anscheinend ihren Blick nicht von dem Fremden losreisen.

Sie starrte ihn nur mit großen Augen an, ohne etwas zu sagen. Plötzlich erklangen abgehackte Worte, die zunächst keinen Sinn ergaben.

Das Schiffgehirn reagierte sofort und aktivierte einen digitalen Simultanübersetzer. Anscheinend war die angewendete Sprache bekannt, denn ich verstand sofort die gesprochenen Worte.

„…Setzen! Mammalianer, du befindest dich unberechtigterweise im Herrschaftsgebiet von Mreckk’saah Mahl. Stopp sofort deine Fahrt. Ich werde ein Kommando in dein Schiff befehlen, das es übernimmt. Du bist mein Gefangener!“

Ich vernahm im Hintergrund Jet’has helles Auflachen.

Dieser Repbs, es konnte sich augenscheinlich nur um einen Vertreter dieser Spezies handeln, schien tatsächlich auf die Übermacht seiner Schiffe zu vertrauen.

Er stelle ohne Umschweife seine Forderungen, wobei er einfach davon auszugehen schien, dass es sich bei der KLONDIKE um ein Schiff aus dem Sternhaufen MAMMALIA handelte.

Jet’ha schaute mich erwartungsvoll an. Ich wusste genau, was in ihm vorging. Er wollte die Konfrontation.

Ich jedoch nicht.

Ich blockierte manuell den Kommunikationskanal und fuhr gleichzeitig sämtliche Energiemeiler des Schiffes auf Maxmalleistung.

Das Heulen des Alarms ging fast im Getöse der unter Vollschub laufenden Energieaggregate des Antriebs unter.

Die KLONDIKE beschleunigte mit Höchstwerten in den freien Raum hinaus.

Jet’ha rief mir etwas zu, was ich nicht verstand. Es war immer noch viel zu laut.

Die Schutzschirmbelastung nahm sprunghaft zu, während das wendige Ellio’sh-Schiff immer mehr Fahrt gewann.

„Schutzschirmbelastung 89,5 Prozent“, vernahm ich die sumpf wirkende Stimme des Schiffgehirns, als sich der Lärm der hochfahrenden Energieaggregate langsam legte.

„Maximalbeschleunigungswert erreicht. Gegnerische Schiffe bleiben zurück. Eintritt in Überlicht in fünf Sekunden.“

Unvermittelt stand Jet’ha neben mir.

„Warum hast du das gemacht? Wir wären auch so mit ihnen fertig geworden. Warum die Flucht?“

Er blitzte mich zornig an.

„Tarik ist erwachsen geworden. Man muss nicht immer nur rumballern. Man kann auch seine Überlegenheit anders unter Beweis stellen! Nicht wahr?“

Carolin kam mit wiegenden Gang auf mich zu und lächelte uns beide an.

Bevor ich dazu etwas erwidern konnte, flammte der Zentralschirm auf und zeigte in zwei Lichtsekunden ein kleines Sonnensystem.

„Austritt aus Überlicht. Keine Verfolger. Erwarte weitere Befehle!“

Mir wurde plötzlich etwas schummrig vor Augen. Ich hatte kurz das Gefühl zu fallen. Dann war alles wieder normal.

Das fremde Raumschiff war unvermittelt vor dem Bug der KLONDIKE erschienen. Das war schon merkwürdig genug.

Normalerweise hätten die Sensoren des Ellio’sh-Schiffs weit im Voraus die Annäherung bemerkt.

Der Kollisionsalarm hallte durch die Zentrale und marterte für genau fünf Sekunden unsere Gehörgänge, dann schwieg er wider.

Beide Schiffe trieben fast Antriebslos durch den Weltraum und der Abstand zueinander betrug immerhin noch etwa 500 Meter.

„KLONDIKE, wieso hast du seine Annäherung nicht schon früher wahrgenommen?“

„Definiere ‚früher wahrgenommen“, kam unvermutet die Gegenfrage.

Ich blickte etwas irritiert zu Carolin. Ich stand vor dem kleinen, hufeisenförmigen Steuerpult und sie war gerade neben mich getreten.

„Ich meine, wieso erscheint ein fremdes Raumschiff innerhalb weniger Sekunden direkt vor deinem Bug, ohne dass du sein Herannahen schon früher bemerkt hast?“

„Unlogische Behauptung. Das Schiff ist vor genau 12,5 Zeiteinheiten, das sind etwa 4,5 Stunden, aus Überlicht getreten und hat sich meiner Geschwindigkeit angepasst. Ich wurde über einen positronischen Datenstrahl ebenfalls aufgefordert, meine Geschwindigkeit anzupassen, was ich in Ermanglung anderer Anweisungen der Schiffsführung auch tat!“

Jetzt war ich wirklich baff. Auch Jet’ha ließ ein erstauntes Bellen hören.

„Tarik, was geht hier vor sich?“

Ich konnte seine spontan gestellte Frage nicht beantworten.

„Wie ist die Behauptung des Schiffgehirns zu verstehen, dass das fremde Raumschiff bereits vor 4,5 Stunden erschienen ist?“

Auch Carolin war etwas verdattert.

„Für mich ist es gerade eben erst erschienen, das heißt, es war auf einmal da!“

Ihr Blick schweifte langsam vom Zentralbildschirm über Jet’ha zu mir.

Sie stand direkt neben mir, sodass ich deutlich ihre gerunzelte Stirn als Ausdruck ihrer Ratlosigkeit erkennen konnte. Bevor ich diesbezüglich nochmals nachhalten konnte, wurde ich durch Jet’ha abgelenkt.

„Da tut sich etwas.“

Auf dem Zentralschirm konnte man deutlich erkennen, wie sich das fremde Schiff plötzlich in Bewegung setzte und längsseits ging.

„KLONDIKE, stelle eine Funkverbindung zu dem Raumschiff her. Ich will wissen, was hier vor sich geht!“

„Negativ. Eine Kontaktaufnahme war bisher nicht möglich. Sämtliche Versuche werden geblockt.“

„Aktiviere die Schutzschirme, sofort!“

Was ich auf dem Zentralschirm sah, ließ nur einen Schluss zu, man versuchte unser Schiff zu entern.

Negativ. Befehlskette wurde durch Malware unterbrochen. Aufbau der Schutzfelder nicht mehr möglich!“

„Wir müssen uns irgendwie verteidigen!“

Jet’ha war wieder in seinem Element. Ich hegte jedoch meine Zweifel.

„Nein! Nicht so. Hier stimmt etwas nicht. Wir müssen zunächst herausfinden, wie es zu diesem Zeitverlust gekommen ist, von dem wir überhaupt nichts mitbekommen haben.“

„Schleusentor Alpha2 wurde von außen durch Fremdeinwirkung geöffnet“, erklang die Stimme des Schiffgehirns.

„Tarik, ich habe Angst!“ Carolin war neben mich getreten und griff nach meiner Hand.

„Keine Angst. Solang ich neben dir stehe, kann überhaupt nichts passieren!“

Ich dachte zuerst an meine besondere Fähigkeit des Distanzlosen Schritts.

Ich war dabei in der Lage, auch noch anderer Personen, mit denen ich in Körperkontakt stand, mitzunehmen. Im Notfall konnte ich uns damit sofort in Sicherheit bringen.

„Erste Analyse. Die Eindringlinge definieren sich als Bewohner des Sternhaufens ZZACHK. Sie nenne sich Klasskl. Heimatsystem ist das Planetensystem ARCMON mit 22 bewohnten Planeten.“

Das Schiffsgehirn der KLONDIKE schien allwissend zu sein.

Dann fiel mir wieder ein, dass diese Information höchstwahrscheinlich ebenfalls durch den kurzen Kontakt mit der Chron-Bastion TILMUN übermittelt worden war.

„Das nützt uns jetzt aber wenig! Wieso wird den Eindringlingen nicht der Weg versperrt? Schotts verriegelt und so weiter?“

Jet’ha hatte von seinem Platz laut in den Raum hineingesprochen. Seine Frage ging wohl eher an das Schiffsgehirn als an mich. Trotzdem antwortete ich ihm.

„Die Anweisung lautet, keine unnötige Provokation. Schließlich wollen wir uns nicht bis zum letzten Mann verteidigen, sondern mehr über die hiesigen Verhältnisse erfahren. Eine direkte Kontaktaufnahme ist also erwünscht. Außerdem wären Beschädigungen des Schiffsinnere mehr als kontraproduktiv. Und du kannst damit rechnen, dass man sich den Weg mit Gewalt freimachen würde, wenn ihnen Widerstand entgegengesetzt wird.“

Wir harrten also den Dingen, die da kamen.

Es dauerte nicht sehr lange, dann waren sie da. Die KLONDIKE war ja auch nicht sehr groß. Schließlich handelte es sich bei ihr um ein Erkundungsschiff.

Sechs Augen richteten sich auf das Schott, das sich für meine Begriffe viel zu langsam öffnete.

Die Kopah  

Der lange aber gleichzeitig auch irgendwie gestauchte Körper war durch drei sehr tiefe Einschnürungen in drei ungleichmäßige Glieder geteilt.

Die Einschnürungen waren derart stak, dass die Verbindungen nur sehr dünn sein konnten.

Das oberste Körperglied war das stärkste und von ausgesprochener Keilform. Das zweite Glied war eher ellipsenförmig.

Das vierte Körperteil war nochmals keilförmig und lief am Ende spitz aus. Alle Teile bestanden aus einer gräulich schimmernden, stahlharten Panzerschale.

Die Insektenwesen bewegten sich auf vier Beinen vorwärts, wobei sie ihren Körper aber aufrecht hielten.

In drei Vierergruppen drangen sie im regelrechten Marschschritt in die Zentrale ein.

Plötzlich wurde es in dem sonst weiträumig wirkenden Raum sehr eng. Ein duzend Waffenläufe richteten sich auf uns.

Sie wurden von kurzen, relativ schwach wirkenden Greifarmen gehalten.

Die eigentlichen sehr langen und mit einem wollartigen Haar bedeckten Arme mit den Klauen saßen an dem obersten und stärksten Glied, auf dem auch der mächtige kugelrunde Kopf ohne die Andeutung eines halsartigen Übergangs ruhte.

Carolin stöhnte leise auf.

Sie krallte sich noch fester an mich, als ihr Blick sich auf die Eindringlinge richtete.

Es war gespenstig ruhig. Riesige, in der Form von Ellipsen, weit hervorquellende Augen richteten sich auf uns.

Carolin drückte unvermittelt meine Hand noch fester.

Zwischen den Insektenwesen tauchte plötzlich eine gänzlich andersartige Gestalt auf.

Sie überragte diese Wesen um mehr als eine Kopflänge.

Das Aussehen des Gesichts erinnerte mich an eine Mischung aus Schlange und Reptil.

Der Körper steckte in einen dunklen und sehr engen Raumanzug, sodass ich keine weiteren Einzelheiten erkennen konnte. Lediglich die Art der Fortbewegung fiel sofort auf.