Im Glück und anderswo - Robert Gernhardt - E-Book

Im Glück und anderswo E-Book

Robert Gernhardt

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Beschreibung

Lyrik, die glücklich macht In seinem umfangreichsten Gedichtband ›Im Glück und anderswo‹ entfaltet Robert Gernhardt das Leben in all seinen Facetten: das Glück von Liebe und Freundschaft, die Freude an der Natur, das Leid von Mensch und Tier. Ob Sonett oder Blues, Ballade oder Parodie – Robert Gernhardt spielt dabei virtuos auf der gesamten Klaviatur der Dichtkunst.

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Seitenzahl: 119

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Robert Gernhardt

Im Glück und anderswo

Gedichte

 

 

Impressum

 

 

Covergestaltung: bilekjaeger

Coverabbildung: Robert Gernhardt

Veröffentlicht als Ebook 2012.

 

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2002

 

Unsere Adressen im Internet:

www.fischerverlage.de

www.fischer-klassik.de

www.robertgernhardt.de

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-402598-8

 

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Inhalt

I Im Glück

Rede vom Glück

Schlafenszeit

Nach der Nacht

Der glorreiche 29. April 2000

Auf Rügen

Kurzer Aufenthalt in und um Krems A.D. Donau I.D. Wachau

Alles über den Sonnenuntergang vom 3. Juli 2001

Lob der Bescheidung

Verfluchung dreifach

II Im Licht

Wetterlehrgedicht

Montaieser Mittagsgedichte

Weiss auf weiss

Eine schöne Vorstellung

Lob des Alleinseins

Über die Unmöglichkeit von der Stille zu reden

30. Juni 1997, zwölf Uhr mittags

Der Weltenwind

Windig und findig

Abendgedicht

Guiseppes Botschaft

Heilloser Hügel

Magische Matte

Die und ich

Altes Haus

Er blickt auf Cavriglia

Neueste Zeitung Silvio Berlusconi betreffend

Hunde und Bilder

Vita da Cani

Katzenleben

Hin und weg

Fliegengedicht

Resignative Reime

Sturmskizze

Die Lehre der letzten Hornisse

Sechster Dezember

III Im Bild

11. Januar 1998 – er fährt an der Berliner Reichstagsbaustelle vorbei

Amok ODER indonesisches Lied

Er sieht die Tagesthemen vom 24. März 1999

Sonderermittler Starr liest seinen Report betr. Präsident Clinton

Volmerswerther-Strasse-Blues ODER ein Abgesang auf die neunziger Jahre

Das

Neulich im »Bombay Palace«

Deutsche Frage

Beim Italiener

Dreams that money can buy

Von den Menschen

Vater und Sohn beziehn das Hotelzimmer im Ferienort

Familie

Tier im Glück

Ein Zwiegespräch

Grosser Preis von Luxemburg am 27. September 1998 ODER die Sekunden der Wahrheit

Der »Klassiker« Deutschland – Holland am 18. November 1998

Grosser Preis von Canada am 10. Juni 2001 ODER das Schumacher-Lied

Sonett vom Ende der Spassgesellschaft in diesem unserem Lande

IV Im Lied

Lied vom Kriegen

Marleens Sommer

Sumer-Couplet

Sorge dich nicht, borge

Marina

Meine Frau

Des Knaben Plunderhorn

V In Fahrt

Abend in Fort Lauderdale

Ocean Drive

Rheinfahrt im Winter

Vorfrühlingszeit

Die Werra vor Kassel, Frühlingsbeginn 2001

Aufklärung hinter Pinneberg

Vom Zug aus

Schöner Schiefer

Maienabend

Er, sie, es am 6. Mai 2001

Erinerung an die grosse helle Wolke über dem Zürcher Hechtplatz am 24. Mai 2001

Hinter Darmstadt

Germania

Flug Augsburg – Berlin

An der Strecke Berlin – Weimar

Gespräch vor dem Erfurter Dom und der Severinkirche

Tübinger Feststellung

Drei Miniaturen

Von der Laufrichtung

Im Netz

Mutterglück im Hotel »Römerbad« in Badenweiler

Salzburg, Sebastiansfriedhof. Eine Empfehlung

Wiener Verwandlung

Nach Norden

Fragen in Stadthagen

Fahrt in die Nacht des Landes der Kindheit

Fortsetzung der Nachtfahrt

Hannover – Bremen

Fahrt ins Dunkel

Roma Tiburtina – Fiumicino Aereoporto

Rom – New York

Gespräch vor einer schwarzfigurigen attischen Vase im New Yorker Metropolitan Museum

VI Im Fall

Am Scheideweg

Traum vom Fliegen

Der Andere

Meinem Hunde gesagt

Glückspilz

Ballade von der Endlichkeit des Ruhms

Tempi Passati

Alles Verlierer

Schlimmer Finger

Die Gedanken sind roh

My Generation

Wie es mit Hänschen Klein weiterging

Über Nacht

Berliner Birke am 10. November

Im Herbst

Lob der Verzweiflung

Rabbit on the run

Gespräch des Geschöpfs mit dem Schöpfer

Annus Mirabilis 1997

Standortbestimmung Ende 1998

Cocktail »Millennium« ODER unser Getränkevorschlag für die Silvesterfeier 1999

Was und wer alles ihm am 13. Dezember 2000 durch den Kopf ging

Jahresringe

Prognose

Als wir die Katze einschlägern lassen mussten

Gespräch über den Tod

Zeitenwende

VII Im Leid

Frieder

Kurt

Ich und die

Frau mit Askan

Neulich in der Mommsenstrasse

Die Vögel

Die Katze

Der Hund

Der lange Abschied von Billie

Die Zypressen

VIII Im Wort

Mutter Natur ODER Variationen über eine Zeile von Friedrich Klopstock ODER in zwanzig Strophen um das Thema Nummer eines

Unworte. Optisch

»Was bedeutet ihnen Goethe heute?«

Schlegel und Regel

Das Attentat ODER ein Streich von Pat und Doris ODER eine Wilhelm-Busch-Paraphrase

Der Tag des Herrn

ICE Kassel – Fulda

Schiffbruch im Coop von Cavriglia

An taube Ohren der Gerechten

Der letzte Walser

Ein Leseabend bei Gernhardts, welcher mit der ersten Stophe des Gedichts »Ein Abend bei Hartmanns« von Ror Wolf beginnt, um mit einer Gratulation zum siebzigsten Geburtstag des Dichters zu enden

Einige Worte zum Bild »Die brennende Giraffe« von Salvador Dali ODER warum man besagtes Bild nicht schlechtmachen kann

Ein Staatsdichter verkündet das Ende der Literatur

Der grosse und der kleine Dichter

Im Namen der Hellen und Schnellen

Gespräch über die Dinge

Er überdenkt einen Satz, den er im Zug gehört hat

Besserwisser-Blues

Dichtermann macht eine Frau an

Bruder Rilke

So

Gesang im Dunklen

Morgen eines Dichters

Das Buch

Sonett im Krebs

Als er gefragt wurde, wie ein gutes Gedicht beschaffen sein sollte:

Gesang vom Gedicht

IX Im Ernst

So isses

Mein Stil

Ende ohne Schrecken

Erdgebet

Steigerung

Theke – antitheke – Syntheke

Dafür

Mann am Nebentisch zweimal

Sherry

Casanovas Berufung

Casanova erinnert sich an eine Nacht in Weikersheim

Altes Lied

Das war nichts

Ich bin, wie ich bin

Sein Schutzengel meldet sich zwei mal im Restaurant »Museum«

Auferstehung

Stufen

Mein Hund und mein Sohn

Die Vögel ODER Ginnheimer Feld-, Wald- und Wiesengedicht

Gesang vom Hundchen

Vatermord

Der ewige Zahnarzt

Strandgut des Ruhms

Invastion der Körperfresser

Biographie

Auf der Höhe der Zeit

I Im Glück

Rede vom Glück

Wie übers Glück reden?

Wenn das einmal glückte:

Wäre das nicht das Glück?

Mir glückte es nie,

das Glück zu beschwören

ohne Unglücksgrundierung.

Als ob das Glück,

um zu glücken, bedürfte

der Folie des Unglücks.

Braucht nicht das Unglück

vielmehr das Glück,

das Mißglücken das Glücken?

Der Wortstamm ist: Glücken.

Mißglücken, Nichtglücken:

Verunglückte Zweige,

Glücklose Triebe

auf glückhaft wurzelndem

Grundglück.

Vor allem Unglück

war Glück. Vor allem

Mißglücken glückte es.

Ihr glücklichen Tage!

Nur wen ihr beglückt,

der kennt glücklose Nächte.

Wir glücklichen Menschen!

Vor unserem Glück erst

erstrahlt hell euer Unglück.

Schlafenszeit

Reck ich die Hand,

ist da ein Hund.

Streck ich den Fuß,

ist da ein Katz.

Dreh ich den Kopf,

ist da ein Du:

So hat ein jedes seinen Platz.

Nach der Nacht

Glücklicher Morgen: Wir in der Sonne

Unter uns Nebel, über uns Vögel

Zwei graue Reiher auf geradestem Wege

Im Gleichschlag der Flügel

Im Gleichtakt des Fluges

Aus tiefem Blau in weit fernere Bläue.

Der glorreiche 29. April 2000

8 Uhr 30 Blick aus dem Fenster

Der Tag beginnt mit Gleißen.

Mag meinen Blick nicht wenden.

Solch Gleißen will verheißen:

So wird der Tag auch enden.

12 Uhr 30 Im Garten des Wissenschaftskollegs

Die Bäume läßt ein Wehen

erst zittern, dann erbeben.

Solch Wehen hilft verstehen:

Deshalb lohnt es, zu leben.

16 Uhr 30 Am Griebnitzsee

Den Sandstrand netzt das Fluten

ganz leicht bewegter Wellen.

Solch Fluten läßt vermuten:

Hier sitzt man an den Quellen.

20 Uhr 30 Blick auf die Havel

Die Abendröte spiegeln

schön schwarzgefaßte Seen.

Solch Spiegeln mag besiegeln:

Heut nacht kann es geschehen.

Auf Rügen

Abends

Das Meer bricht sich matt am Strand.

Vom Land bläst ein kräftiger Wind her.

Tiefblaue Schauer eilen über das Meer

und verlieren sich auf dem Weg zum Horizont.

Die Dämmerung läßt sich viel Zeit.

Immer dunkler wird das erschauernde Meer.

Zag blinkt ein Licht von weit her.

Wer noch am Strand ist, beschleunigt seinen Schritt.

Bald wird das Meer tiefschwarz sein.

Schon ist der Strand fast menschenleer.

Ohne Licht macht das Meer nicht viel her,

macht nur noch »slosch«, wenn es sich matt am Strand bricht.

Morgens

Rechts fabelhaftes Glänzen.

Es ist nicht anzusehen!

Dann lieber links das Blau im Blick,

vor dem schwarz Menschen gehen.

Sie werfen lange Schatten,

teils einzeln, teils zu zweien.

Ihr Weg führt sie durch Naß und Sand,

was Möwen laut beschreien.

Im Flug vier wilde Schwäne!

Es ist kaum auszuhalten:

Für einen Augenblick scheint ganz,

was heillos sonst gespalten.

Kurzer Aufenthalt in und um Krems A.D. Donau I.D. Wachau

Einer von jenen gesegneten Landstrichen.

Gesegnet mit Fluß, mit Hügeln gesegnet,

mit Wein auf den Hügeln, gesegnet mit Sonne,

die mir auf den Pelz brennt.

Gesegnet mit Orten, die Orte gesegnet

mit Toren und Türmen, gesegnet mit Plätzen,

mit leeren und andren, gesegnet mit Menschen,

die mir gelassen nachschaun.

Gesegnet mit Stille, mit Bäumen gesegnet,

mit Vögeln in ihnen, gesegnet mit Zwitschern,

mit Enten am Fluß gesegnet, mit Schnattern

entbieten sie mir ihren Gruß:

Gesegnet seist du, Fremder, in Krems,

mit einem Bahnhof gesegnet, mit Zügen.

Gesegneter Zug, der dich hertrug. Er trag dich

marsch, marsch zurück zu den andren Verdammten.

Alles über den Sonnenuntergang vom 3. Juli 2001

Wir da oben. Die da unten.

Kennen nicht die Neun-Uhr-Sonne.

Neun? Ich sprech von neun Uhr abends.

Woran hatten Sie gedacht?

Sie da unten. Wir da oben.

Rückgelehnt auf unsern Sitzen.

Golden wärmt die Neun-Uhr-Sonne

uns im Licht. Nicht euch im Schatten.

Ihr im Schatten. Wir hier oben,

wo die Neun-Uhr-Fünfzehn-Sonne

nicht mehr wärmend, noch vergoldend

herrlich allen Horizont frißt.

Sie am Sinken. Wir am Recken,

bis die Sonne neun Uhr zwanzig

uns zurückläßt, wo ihr längst seid:

Ihr im Schatten. Wir im Schatten.

Lob der Bescheidung

Natürlich gibt es auch den Pavillon am Meer.

Auf Säulen ruht sein Dach. Von ihnen eingerahmt,

erstrahlt was irgend des Planeten Schönheit ausmacht:

Land, Wasser, Luft.

Natürlich kühlt nicht jeden solch ein Pavillon.

Doch künden Gartenlauben rings um den Planeten

davon, daß Menschen sich das Glück was kosten lassen:

Geld, Liebe, Zeit.

Natürlich hat nicht jeder eine Gartenlaube.

Doch bietet vielen der Planet etwas. Im Fenster

genießen sie an warmen Abenden den Dreiklang:

Lärm, Abgas, Stein.

Natürlich scheints dem Menschen, so sich zu bescheiden,

daß er nicht mehr verlangt, als ihm das Leben zuteilt.

Wie anders sollte der Planet sie alle fassen:

Reich, nicht reich, arm dran?

Verfluchung dreifach

Ein dreifach Fluch der Makellosigkeit:

Fluch erstens, weil sie einfach ohne Makel.

Fluch zweitens, weil sie zwiefach den verwirrt,

der Makel bisher teils nicht sah, teils schluckte.

Fluch drittens, weil das Leben weitergeht.

Was soll dem da die makellose Trias

von letztem Licht, von Frau und warmer Nacht,

der tags darauf doch weitermachen muß,

so, wie er bisher lebte: makelvoll–?

II Im Licht

Wetterlehrgedicht

Da fängt wieder so ein goldener Tag an.

Wird er wohl auch so golden enden?

Ich lasse ihn auf mich zukommen.

Kann ihn sowieso nicht ändern.

Mit dem Wetter ist kein Bund zu schließen.

Darauf, daß es schön bleibt, sollte man nicht wetten.

Lob und Tadel kratzen es nicht groß.

Warum also dagegen wettern?

Schlechtes Wetter geduldig wegstecken.

An gutem sich stillvergnügt laben.

Aus allen Wettern das Beste machen.

Und nie über das Wetter labern.

Montaieser Mittagsgedichte

Beredtes Grün 21. Mai

Ins Grün starrn. Es scheint dem Menschen eigen,

daß er ins Grün starrt. Das Grün läßt ihn schließen

auf Vögel, auf Tiere, auf Früchte, auf Wasser,

auf Essen und Trinken. Aufs Überleben.

Die Nester, ich raub sie nicht aus, die Tiere,

ich töte sie nicht. Die Früchte, das Wasser

kauf ich im Laden. Und sitz doch und starre

verzückt in das Grün und kann mich nicht lösen

vom leicht bewegten Versprechen: Du findest

hier Vögel und Tiere, Mensch, und Früchte

und Wasser und Schatten der Erde und starrend

vor Grün einen Ort, da überlebt sichs.

Erinnerung an Wolf 31. Mai

Als ich bei Tisch das Glas ergriff,

war das zu rasch getan.

Vier Tropfen fielen auf den Stein,

da sah der Tod mich an.

Vier Flecken Wein auf Ziegelstein,

das macht zwei Augen und

darunter einen Nasenpunkt

und unter dem ein Mund.

Die Augen wie zwei Höhlen starr,

die Nas wie abgehaun,

der Mund, wie wenn er sprechen wollt:

da spürte ich ein Graun.

Ich wischte rasch die Flecken weg

und hob das Glas zum Mund.

Da fiel mir jener andre ein,

der nicht mehr sprechen kann.

Der vor drei Jahren auf den Tag

am nahen Meer verstarb.

Ich trank und dachte mir: Er fehlt

und fehln wird er hier immer.

Stimmen im Kopf 1. Juni

Habe Stimmen im Kopf,

sollte sie reden lassen.

Hörend pack ich sie beim Schopf.

Schreibend kann ich sie fassen.

Stehn sie erst auf dem Papier,

seh ich das Jubeln, das Hassen,

das Raunen der Stimmen vor mir.

Sie sprechen von mir und für sich,

aus ihnen stöhnt Engel, tönt Tier:

Mich lesend, erfahre ich mich.

Sehen und hören 4. Juni

Was einer sieht, was einer hört,

das ist nicht einerlei.

Ich sehe schiere Schönheit, doch

ein Piepen ist dabei.

Schön bist du, Licht. Schön bist du, Land.

Wie schön, daß es euch gibt!

Wie unschön, daß ein steter Schall

euch sowie mich bepiept!

Der Schall, der dringt vom Steinbruch her.

Dort stehn Geräte groß.

Die fressen sich mit aller Macht