Im Schatten des Bösen - Werner R.C. Heinecke - E-Book

Im Schatten des Bösen E-Book

Werner R. C. Heinecke

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Beschreibung

Der ehemalige Bundeswehrsoldat und Fremdenlegionär Jürgen Ahrend hat nach Ausscheiden aus dem Dienst einen Kriminalroman-Bestseller geschrieben. Während seiner Buchlesereise, auf Inseln und in Städten an der Nordsee, kommt es zu mehreren Tötungsdelikten. Die Taten werden in einem bisher nicht veröffentlichten Buch des Autors beschrieben. Hauptkommissar Ole Hansen leitet die SOKO STRAND und ermittelt in alle Richtungen. Es führen Spuren und Indizien zu dem Autor, der in Polizeigewahrsam genommen wird. Sein Freund, ein Privatdetektiv, will den wahren Täter ermitteln. Was ist das Motiv des Phantom-Mörders? Geht es um eine noch offene Rechnung aus früheren Jahren? Gelingt es, das nahezu perfekte Verbrechen des Phantom-Mörders aufzuklären?

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Seitenzahl: 197

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Übersicht der Charaktere

Jürgen Ahrend

Roland Borchert

Helmut Ahrend

Hagen Schuster

Rolf Schuster

Ingrid Schuster

Britta Meinert

Stella Hofmann

Silke Werner

Tim Wolter

Jessica Dörner

Ole Hansen

Tomke Schulze

Erna Strobel

Jonas Otto

Ines Otto

Thomas Berger

Ingrid Berger

Rudolf Berger

Sönke Gerber

Iris Gebhardt

Thorsten Schröder

Wolfgang Rupp

Stefan Wolters

Sabine Richter

Lars Bender

Egon Schmidt

Luigi Moreno

Seniore Bartello

Dieter Thomas

Ariane Boldt

Renate Schubert

Yvonne Bertram

Inhaltsverzeichnis

Prolog

TEIL 1: DER URSPRUNG

Im Januar des Jahres 2022

Kapitel 1: Westerland

Am nächsten Morgen

Etwas später

Zur gleichen Zeit

Kapitel 2: Flensburg

Am nächsten Tag

Westerland

Etwas später

Wenig später

Am Abend

Was vor vielen Jahren geschah: Im Jahr 2005

Kapitel 3: Chamerau

Zur gleichen Zeit

Kapitel 4: Kommandantur Cham

Zur gleichen Zeit

Etwas später

Chamerau

Kapitel 5: Chamerau

Wenig später

Am nächsten Tag

Regensburg

Am späten Nachmittag

Chamerau

Vor einigen Wochen

Kapitel 6

Kollnburg

Etwas später

Zur gleichen Zeit

Chamerau

Wenig später

Zur gleichen Zeit

Einige Tage später

Einige Tage später

Kapitel 7: Kollnburg

Chamerau

Einige Minuten später

Zwei Monate später

Chamerau

Im Jahr 2013

Kapitel 8: Mali

Einige Tage später

Zur gleichen Zeit im Schwarzwald

Kapitel 9

Im Jahr 2015

Kapitel 10: Hamburg

Wenn jemand zu dir sagt

Im Jahr 2016

Kapitel 11: Chamerau

Zur gleichen Zeit

Schwarzwald

Zwei Wochen später

TEIL 2: DAS PERFEKTE VERBRECHEN

Im Jahr 2016

Kapitel 12: Chamerau

Zur gleichen Zeit im Schwarzwald

Zwei Tage später

Im Jahr 2017

Im Februar des Jahr 2022

Kapitel 13: Westerland

Zur gleichen Zeit

Hamburg

Einige Stunden später

Cuxhaven

Etwas später

Kapitel 14: Cuxhaven

Zur gleichen Zeit

Am folgenden Tag

Kapitel 15: Polizeiinspektion Cuxhaven

Einige Tage später

Am nächsten Tag

Am Nachmittag

Zur gleichen Zeit

Wenig später

Am nächsten Tag

Kapitel 16: Cuxhaven

Zur gleichen Zeit

Am nächsten Tag

Zur gleichen Zeit

Einige Wochen später

Kapitel 17: Wyk

Am nächsten Morgen

Kapitel 18

Wenig später

Zur gleichen Zeit

Eine Stunde später

TEIL 3: DIE AUFKLÄRUNG

Im März des Jahres 2022

Kapitel 19: Föhr

Wenig später

Zur gleichen Zeit

Etwas später

Zur gleichen Zeit

Kapitel 20: Wyk

Zur gleichen Zeit

Etwas später

Am nächsten Morgen

Wenig später

Einige Stunden später

Eine Stunde später

Zur gleichen Zeit

Wenig später

Kapitel 21: Niebüll

Zwei Tage später

Wenig später

Zu gleichen Zeit

Einige Wochen später

Kapitel 22: Hamburg

Im Jahr 2023

Hamburg

Etwas später

Epilog

Anmerkung

Quellennachweis

Autoren-Porträt

Danksagung

Hinweis

Prolog

Wo Licht ist, kommt auch Schatten. Diese oft wiederkehrende Begebenheit ist Teil unserer universellen Gesetzte, mit denen wir Menschen leben.

So blieb es auch in meinem nun 45 Jahre dauernden Leben und sicherlich auch noch viele Jahre weiterhin. Unsere Handlungen entstehen durch Gedanken, die umgesetzt werden wollen, entspringen Ideen, manchmal auch Visionen, oft ist ein Wunsch Vater des Gedankens. Bei mir konnte es nicht anders sein. Da es keine Zufälle gibt, basiert mein unglaublicher Erfolg als Buchautor von Kriminalromanen einer Mischung aus harter, intensiver Arbeit und wohl auch dem Vermarktungsgeschick meiner Verlegerin.

Der 23.2.2022 war wohl der schlimmste Tag in meinem Leben. Ich hielt an diesem Mittwoch-Abend eine gut besuchte Buchlesung über den aktuellen Titel von mir in der Kurhalle von Cuxhaven. Im Anschluss daran warteten zwei Polizeibeamte auf mich. Sie brachten mich zur Polizeiinspektion. Es gab zwar keinen Haftbefehl. Ich wurde in Polizeigewahrsam genommen. Aber auf welcher Grundlage?

Um mich, mein Leben, mein Wirken zu verstehen, sollten sie mich etwas kennenlernen. Deshalb ein Auszug aus meiner Biografie, denn die Herkunft eines Menschen zeigt oft seinen künftigen Werdegang schon vor. Eltern kann man sich nicht aussuchen. Meine Eltern ihre auch nicht.

Mein Großvater väterlicherseits, war in seiner Jugend, geprägt durch das System, ein glühender Verehrer des Nationalsozialismus. Folgte den Zielen des Regimes, trat in die Partei ein, kam zur Wehrmacht, später ging er zur SS, als SS-Offizier machte er sich einen Namen. Erst spät kam er aus der russischen Gefangenschaft. Er war bis 1950 in einem Arbeitslager in Sibirien.

Seine Ehefrau, meine Großmutter, schlug sich in Berlin durch die wirren Nachkriegsmonate. Sie war jung und hübsch, ein gefundenes Fressen für die Offiziere der Sowjetmacht. Mehrfach wurde sie vergewaltigt.

Ein Ergebnis solcher Tat war die Zeugung meines Vaters. Es war 1946. Das zerbombte Berlin bot nicht viel. Auch nicht diesen beiden Menschen, meinem 1947 zur Welt gekommenen Vater mit seiner Mutter. Sie wurde mit der Belastung nicht fertig, begann zu trinken.

In diesem Zustand fand mein Großvater seine kleine Familie vor. Er brauchte wohl nicht lange, um herauszufinden, was passiert sein musste. Natürlich hatte sich seine Frau einer Freundin anvertraut. Wohl eine der wenigen Menschen, die ihr damals zur Seite standen.

Mein Großvater spürte den Russen auf. Der arbeitete mittlerweile auf dem Schreibzimmer einer Kommandantur. Er ershoss den Russen. Wurde in einem Prozess zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt und saß sehr lange in Bautzen ein. Meine Großmutter verstarb im Alter von 60 an Leberkrebs. Mein Großvater starb mit 72 Jahren. Immerhin erlebte er noch den Fall der Berliner Mauer und die Wende zur Wiedervereinigung.

Mein Vater fühlte sich durch die familiären Geschehnisse wohl berufen, den Beruf des Polizisten zu ergreifen. Er machte bei der Polizei Karriere. War lange Jahre Hauptkommissar beim Landeskriminalamt in Bremen. Berufsbedingt hatte er Kriminalfälle zu lösen. Durfte natürlich nicht Details darüber in sein Privatleben bringen. Aber dass eine oder andere bekommt man als Sohn natürlich mit. Seine Ehe? Ein Auf und Ab in diesem nicht ungefährlichen Beruf. Meine Mutter kam damit nicht klar. Nach 15 Jahren Ehe war Schluss.

Mein Vater ist jetzt Pensionär mit 76 Jahren. Die damalige Ferienwohnung in Cuxhaven-Duhnen ist jetzt ganzjährig sein Domizil. Er ist immer noch an Kriminalfällen interessiert.

Und bei mir? Sie kennen den Spruch: „Lerne etwas Vernünftiges mein Sohn. Es soll dir mal besser gehen als uns!“

Tja, ich machte das Abitur, verpflichtete mich dann bei der Bundeswehr für acht Jahre. Schlug die Offizierslaufbahn ein. 2004 war ich Teil der Erweiterung der ISAF-Truppe der NATO in Afghanistan. Bei der Sicherung von schwerem Gerät gerieten wir in einen Hinterhalt. Ich wurde dabei schwer verletzt. Wurde nach meiner Genesung stationiert bei der Panzerbrigade 12 „Oberpfalz“. Im letzten Jahr meines Dienstes, im Jahr 2005, erlebte ich als Kommandant im Leopard 2 A5 einen schrecklichen Unfall. Beim Rückwärts setzen wurde ein Soldat verletzt, verstarb noch an der Unfallstelle. Eine Schuld oder Mitschuld konnte mir nicht nachgewiesen werden. Der Fahrer des Panzers, dem Raubtier auf Ketten, wurde mit seinem Fehler nicht fertig. Starb noch während der Ermittlungen. Ein Suizid? Mein Kamerad hinterließ seine Ehefrau und einen 3-jährigen Sohn.

Mich zog es nach Abschluss der internen Ermittlungen in die Ferne. Ich brauchte Abstand. Heuerte bei der Fremdenlegion an. „Légion étrangère“. War einer der 10.000 Zeitsoldaten aus 150 Nationen. Bekam wie alle Legionäre die neue Identität als Roland Borchert. Hatte die ersten fünf Jahre ein Heiratsverbot.

Als Legionär diente ich unter dem Motto der Legion: Legio Patria Nostra (Die Legion ist unser Vaterland). Insgesamt 10 Jahre. Eine schwere Verletzung zwang mich 2015 zum Ausscheiden aus dem Dienst in der Fremdenlegion. Meine härteste Zeit war in der REP, dem Fallschirmjäger-Fremdenregiment. Stationiert in der Nähe von Calvi auf Korsika als Sergent-Chef.

Wie wurde ich Schriftsteller? Ich lebe meinen Traum! Da ich, durch die möglich gewordenen Ersparnisse bei der Fremdenlegion, finanziell unabhängig war, konnte ich es mir leisten, als Freiberufler tätig zu sein. Legte mir ein Wohnmobil zu. Habe ganzjährig einen festen Stellplatz auf dem Campingplatz Stover Strand in Hamburg. Mein Motorboot liegt im anliegenden Bootshafen. Ich sitze oft an der Elbe und sehe den interessanten Schiffsverkehr. Bei gutem Wetter fahre ich mit meinem Boot hinaus. Ich habe einfach angefangen, Kriminalromane zu schreiben. Da ich sehr viel erlebt habe, konnte ich viel schreiben. In jedem Menschen steckt das Gute und das Böse. Und nun ermittelt die Polizei gegen mich.

Wollen sie mehr erfahren? Lesen Sie meine Geschichte.

.

TEIL 1

DER URSPRUNG

Im Januar des Jahres 2022

1

Westerland

Ich hatte einen kräftigen Biss von einem Energieriegel genommen. Atmete die frische Morgenluft ein. Der heutige Tag versprach ein klares Wetter, kühl, aber sonnig, nur wenig Wind. Das Telefon klingelte, meine Verlegerin wollte mich sprechen.„Hi, Silke, was verschafft mir die Ehre, so früh am Morgen?“

„Moin, Moin, hat der Erfolgsautor Jürgen Ahrend ein paar Minuten Zeit? Ich lese gerade im Manuskript von STRANDGUT. Lebendig geschrieben. Solche Passagen mögen die Leser.“ Ich vernahm, wie sie lacht. „Leserinnen bestimmt auch.“

„Okay, auf welchen Seiten liest du gerade?“

„Habe die Ersten schon gierig verschlungen. Warte, ich lese dir vor, geht gleich los.“

„Sie liebte Ihre perfekte Modell-Figur. Wie die Männer einen Waschbrettbauch haben und die Damenwelt entzücken, hatte Jana ein hinreißendes Hinterteil. Wohlgeformt war untertrieben.

Mörderisch kam da eher hin.

Nur wenige Männer könnten dabei widerstehen und werden einen solchen Anblick wohl nur in Fantasien erleben. Ein Po wie gemalt. Zarte Haut, prall und wilde Fantasien öffnend, stets ein Anlass weiterzuforschen. Weiter in Richtung der schönsten Stellen.“

Ich hörte Silke Werner weiterlesen, allerdings mit etwas leiserer Stimme.

„Jana hatte mehrere Kerzen angezündet, die Ihr entgegen schienen und Ihren Körper ganz schwach beleuchteten. Ihre sehr wachen, aufgerissene Augen führten einen scharfen Blick aus. Ein offen stehender Mund strahlte Verlangen aus.

Sie träumte oft von den wildesten Fantasien. Wie sie aufspringt. Ins Bad läuft. In den Spiegel schaut. Ein Glas nimmt und prickelnden Cava einschenkt.“

Silkes Fazit klang beeindruckend.

„Jürgen, bei der Leserschaft beginnt beim Lesen das Gehirn zu arbeiten. Sie fragt sich, stellt sich schon vor, wie Jana aussieht, was als Nächstes passieren wird.“

„Der Plan ist, ein Foto im Buch unterzubringen. Ich bin gerade mit dem Model in Kontakt. Brauche die Freigabe vom Fotografen.“

„Kannst du mir das senden?“

„Schon passiert!“

„Wo bist du gerade?“

„Auf dem Balkon meines Hotelzimmers. In Westerland auf Sylt.“

„Verstehe, Recherche vor Ort.“

„Ich brauche die direkte Umgebung der Orte, wo die Handlungen erfolgen. Das erste Mordopfer wird am Strand zwischen Westerland und Wenningstedt gefunden.“

„Klassiker. Das erste Strandgut wird gefunden.“

„Ja. Von einem Jogger, der schon früh morgens unterwegs war.“

Wie bist du auf den Titel gekommen? STRANDGUT, der Titel klingt schon spannend.“

„Du wirst lachen. Ich ging frühmorgens am Strand spazieren, sah das herumliegende angespülte Treibgut. Anthropogene Abfälle und auch natürliche. Da wird alles angeschwemmt: Treibholz, Tang, Seegras, Algen, Schaltiere, Spülsaum.“

„Und da kam die Idee, warum nicht auch eine Leiche?“

„Genau.“

„Perfekt.“ Silke Werner schaute sich das Foto an.

„Das Foto ist der Oberhammer! Im Oktober ist endlich wieder Buchmesse in Frankfurt mit Publikum. Dann Leipzig 2023. Da musst du mit dem Buch dabei sein. Also gib Gas.“

„Und du mit dem Vorschuss. 5.000 Euro waren vereinbart.“

„Klar, überweise ich.“

Wenn mit so einer Nachricht der Tag beginnt, machst du dich hoch motiviert daran, weiterzuschreiben. Am Anfang steht das Buchkonzept. Dein Gehirn beginnt in ungeahnte fantasievolle Höhen sich aufzuschwingen. Du bekommst Flügel beim Schreiben. Die Namen der verschiedenen Charaktere fallen dir ein. Natürlich ist jeder Autor vorbelastet aus bereits gesehenen Kino- oder TV-Produktionen, aus Büchern, aus echten Kriminalfällen. Nun geht es, das eigene Baby zu schaffen. Möglichst etwas Neues zu kreieren. Und das ist bei Millionen veröffentlichten Geschichten fast unmöglich. Heute kam ich gut voran.

Entwickelte die Zeitachse, bestimmte die Jahre, wo die Geschichte spielen sollte. Dann machte ich Recherchen im Internet. Informierte mich über die verschiedenen Orte an der Nordseeküste. Stellte mir mögliche Spielstätten für die Orte des Geschehens auf den Inseln vor. Machte viele Notizen. In meinem Kopf wuchsen klare Gedanken.

So sollten nach dem 1. Mordfall auf Sylt weitere weitere Morde in Cuxhaven, wegen des Wattenmeers, geschehen und auf Föhr. Ich kreierte den Typ des Serientäters. Fand sein Motiv heraus.

Entwickelte Tatzeiträume, beschrieb in Notizen seine Vorgehensweise und die Opferauswahl. Dann machte ich mich an die Namensfindung der Protagonisten heran.

Eine Herausforderung für mich ist immer die Beschreibung und Darstellung der Polizeiarbeit.

Am Nachmittag ging ich an den Strand. Schaute lange aufs Meer, sah sich brechende Wellen. Immer wieder das Gleiche. An den Buhnen zischte die Gischt entlang. Ich entdeckte die wenigen Passanten, die sich im einsetzenden Schneegestöber nach draußen trauten. Ziemlich durchgefroren, wärmte ich mich bei einem starken Glühwein im Alt-Berlin auf. Es blieb nicht bei einem. Ich durfte einige Urlauber kennenlernen.

Wir brachten uns näher, stellten uns gegenseitig vor, lachten viel miteinander. Das zog weitere Urlauber an. So waren wir auf einmal eine kleine Gruppe, Gleichgesinnte, Winterurlauber an der Ostsee. Es sind Menschen, die im Sommer in die Berge fahren. Ob es diese gleiche Gesinnung war, die uns gegenseitig anzog? Natürlich gab ich allen meine Visitenkarte. Ein junger Mann schaute gleich im Internet nach, ob er etwas über mich entdecken konnte. „Du bist ja richtig bekannt im Internet.

Wollen wir draußen zusammen eine rauchen?“

„Gerne!“ Der Mann hatte einiges über mich gelesen.

Ich stapelte bewusst tief.

„Gebe mir Mühe.“ Ungewollt war ich nun Gesprächsmittelpunkt. Einige Frauen der Gruppe stellten weitere Fragen, man wollte mich privat kennenlernen, machte Selfies mit mir.

„Wann sitzt man schon mal mit einem Autor an einem Tisch.“ Insbesondere eine junge Frau war sehr hartnäckig. Sie lächelte mich mit einem Blick an, der nicht oberflächlich war. Ich merkte eine gewisse Zuneigung, gab dem Gefühl aber keine große Bedeutung. Stella Hofmann war am heutigen Tag erst angereist und hatte das gleiche Hotel wie ich gebucht. Sie war durchaus eine attraktive Erscheinung. Hatte das gewisse Etwas. Mehr sah ich, als die junge Frau sich am späten Abend in der Schwimmhalle des Hotels aufhielt. Gekonnt zog sie ihre Bahnen durch das Schwimmbecken. Es herrschte eine prickelnde Atmosphäre, hervorgerufen durch die dezente Beleuchtung.

Außerhalb sowie im Schwimmbecken.

Ich zog es vor, die Sauna aufzusuchen. Blieb darin bei 95 Grad wohl 10 Minuten allein. Dann öffnete und schloss sich sekundenschnell die Holztür.

Stella hatte schnell ein Handtuch auf die Sitzfläche gelegt, streifte ihr Handtuch ab und setzte sich ohne mich zu beachten auf die mittlere Holzbank.

„Ich wollte noch einen Aufguss machen, ist das okay?“

„Ja, ich habe gesehen, die haben hier verschiedene Extrakte. Lavendel bitte.“ Ich konnte bei dem Wunsch nicht sein sagen, machte den Aufguss, schwenkte wohl ziemlich perfekt die Tücher, denn ein Lob von Stella ließ nicht auf sich warten.

Natürlich entging der Frau nicht, dass ich, wohl instinktiv, ihre Weiblichkeit in voller Pracht, wenn auch nur kurz, wahrgenommen hatte. Sie sah dafür meinen muskulösen Körper mit den vielen Tattoos. Nach dem auch sie sich abgeduscht hatte, lagen wir noch einige Zeit auf den Ruheliegen.

Stella hatte sich einen Bademantel angezogen, brachte für sich und mich aus dem Wasserautomaten zwei Gläser Wasser. „Übrigens, ich bin ein Privat-Escort, gerne für dich da. 500 Begleitung mit anfassen, 1000 komplett. Mein Zimmer oder dein Zimmer sind egal.“ Während sie das sprach, drang ihr Blick tief in mich hinein.

Verlegen, wie ein Schuljunge stotterte ich wohl mehr, als ich klare zusammenhängende Worte herausbrachte. In einem herrlichen Vollmondschein gingen wir Hand in Hand zum Hotel.

„Du bist süß, ein richtig cooler Typ.“ Sie lachte.

„Drei Stunden, mein Rambo. Ich habe dann noch ein Date.“ Stella zog den Bademantel aus, streifte meinen auch ab, nahm meine Hand und zog mich zum zweiten Gang in die Sauna zurück. Mein Gehirn schien zu explodieren. Diese Frau hatte eine unvorstellbare Anziehungskraft. Ich stellte mir bereits alles Mögliche an Sexspielen mit ihr vor.

Stella blieb cool. Gelassen.

„Gehen wir noch an die Bar?“

„Ist so der Job?“

„Er ist so, wie du das willst.“

Mir wurde schnell klar. Okay, ich zahle. Über meinen aktuellen Kontostand machte ich mir keine Gedanken. Mein Geld ist angelegt, arbeitet in Aktien, der Rest ist Lebensqualität. Und beste Qualität erwartete mich gleich, forderte mich heraus. Es ist nun mal so, wie es kommt im Leben.

Schließlich liebte ich die Herausforderungen mehr als alles andere. Ich dachte an das Buch von Ernest Hemingway, „Der alte Mann und das Meer“.

Nun gab es „Der Autor und die Escort-Frau“.

Warum eigentlich nicht? Ich dachte nicht mehr an morgen, nicht mehr an mein Buch. Ich dachte an nichts mehr. Ließ mich die nächsten Stunden von der Stiuation, meinen Gefühlen treiben.

Am nächsten Morgen

Mein Kopf glich einer Müllhalde. Irgendwann musste das Ganze ausgeartet sein. Eine Mischung aus Koks und Schampus machte es wohl möglich.

Ich schlich ins Bad, schaute in den Spiegel, erkannte mich darin nicht wirklich.

Mein Haar hing mir auf die Schultern herunter.

„Rambo?“

Irgendwie kam es mir im Hotelzimmer leer vor. Das Bett war leer. Stella hatte das Weite gesucht. Egal, ihren Job hatte sie gemacht. Und gut gemacht.

Auch gut verdient, bei zwei Einsätzen in der Nacht.

Ich nahm aus der Zimmerbar eine Flasche Orangensaft, kippte einige Schmerztabletten hinein und dann das Ganze hastig in meine durstige Kehle. Heute noch arbeiten? Mein Kleinhirn fragte noch mal nach, mein Großhirn traf die Entscheidung: NEIN. Anschließend legte ich mich wieder ins weiche Bett. Ein wilder Traum hämmerte auf mich ein. Immer wieder hatte ich diese wilden Träume. Hörte Schüsse. Lärm von Hubschraubern und Flugzeugen. Am 24. Januar wurde ich als Mitglied die 2. Kompanie des 2e régiment étranger de parachutistes (2eREP) aus Calvi/Korsika mittels Lufttransport nach Abidjan in die Elfenbeinküste verlegt. Mit 200 Legionären unseres Fallschirmjägerregimentes sprang ich am 28. Januar 2013 um 00:30 Uhr MEZ über Timbuktu ab. Wir besetzten den Flughafen. Verstärkt wurde die 2.Kompanie durch einen Zug der 1. Kompanie (Ort-und Häuserkampfspezialisten), sowie den Panzerabwehrzug (Section antichar) der Aufklärungs- und Unterstützungskompanie (Compagnie Ericlage et Appui – CEA) und Teile der Spezialkräfte des ebenfalls der CEA angehörigen GCP (Groupement Commando Parachutistes). Es ging darum, die terroristische Gefahr aufzuhalten.

Nicht nur Mali und Afrika wurden bedroht, auch Frankreich und Europa. Die Befürchtung: Nach dem Putsch in der Hauptstadt Bamako im März 2012 entwickelt sich Mali immer mehr zum Zentrum des internationalen Terrorismus. Die Franzosen töteten über 100 Islamisten. Stoppten den Vormarsch mit der Militärintervention.

Ich schmiss mich im Bett hin und her. „Deckung!“

Immer wieder. „Deckung.“

Jemand rief meinen Namen. Die geänderte Identität. „Roland. Roland Borchert.“ Ich spürte die intensiven Kämpfe. Spürte den verwundeten Islamisten, der mir noch seine Worte zurief. Sie bedeuteten Vergeltung.

Schweißgebadet wachte ich auf.

„Scheiße. Hört das denn nie auf?“ Diesmal ging es um Mali. Oft erlebte ich im Traum den Unfall auf dem Bundeswehr-Stützpunkt in Cham mit dem Leopard 2. Erlebte das Chaos. Die Trauer, die Beerdigung, einfach schrecklich. Einfach nicht zu vergessen, auch nach so vielen Jahren nicht. Oft dachte ich an den damals kleinen Sohn des Fahrers. Was wird aus ihm geworden sein? Und auch aus seiner Mutter?

Dann stellte ich fest, dass mein Laptop nicht auf dem kleinen Schreibtisch lag. Ich suchte das ganze Zimmer ab. Auch gemachte Notizen fehlten.

Praktisch alles bisher erarbeitete für das neue Buchprojekt. „Mist. Dieses Biest. Jürgen Ahrend, worauf hast du dich bloß eingelassen?“

Ich entschied erst mal meine Verlegerin über den Verlust meiner Unterlagen im Dunkeln zu lassen.

Ein Strand bietet generell einen großen Unterschied. Dort sind alle Menschen gleich.

Hierarchien verschwinden. Alle Menschen verbindet eines, der Blick auf das Meer. Ob die Menschen sich in der Sonne braten lassen, am Strand spielen oder Sport treiben, sich in die Fluten werfen, mit oder ohne Badezeug. Hier erkennt man nicht den Millionär, den Empfänger von Sozialleistungen, den Soldaten oder Politiker. Privilegien werden hinter sich gelassen, was zählt, ist der Spaß am Leben.

Ich raffte mich an diesem frühen Dienstag-Morgen doch noch gegen acht Uhr auf, um am Strand joggen zu gehen, eins zu sein mit dem Wind, den Wellen und den wenigen schon so früh kreischenden Möwen. Der Wind blies mir frisch ins Gesicht. Ich hatte meine langen Haare zusammengebunden, den Jogginganzug angezogen, trug die Kapuze der Jacke über den Kopf.

Bereits nach einigen Hundert Metern intensivem joggen sah ich von Weitem mehr, als nur Müll am Strand liegen. Erblickte ein außergewöhnliches Strandgut.

Die auslaufenden Wellen spülten immer näher an den Strand.

„Oh, mein Gott. Nein!“ Ich schaute ängstlich in alle Richtungen. Niemand war zu sehen. Dann drehte ich den leblosen Körper der Frau etwas. „Nein!“ Es war doch nicht möglich. Und doch traurige Realität.

Bei der jungen Frau handelte es sich um Stella.

Mein Blick ging von Stella weg, hin auf das weite Meer. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen.

„Scheiße!“

Ja, es war mehr, als große Scheisse. Nicht nur deswegen, dass diese junge Frau tot zwischen Strandmüll lag, auch, dass ich einer der letzten war, der mit ihr Kontakt hatte. Und dazu: Ich hatte sie gefunden. Zu genau wusste ich, wie und was die Polizei, rein obligatorisch, denkt. „Egal!“

Ich sprach mir Mut zu.

Noch bevor ich mein Handy in die Hand nahm, sah ich, wie sich von Weitem mir ein junges Pärchen nähert. Sie liefen am Strand und es verging wenig Zeit, bis sie vor mir standen.

„Ich beabsichtige gerade die Polizei anrufen. Ich war Joggen, hab sie hier gefunden. Schrecklich."

Die junge Frau sprach mich an: „Sie sind doch der Autor. Gestern, die gemütliche Runde im Alt-Berlin? Hoffentlich haben sie die Frau nicht berührt.“

„Natürlich habe ich das. Musste doch sehen, ob die Frau noch am Leben war. „Mein Freund ist Rechtsanwalt. Er kennt sich aus.“

Ich stellte mich dem Mann vor, mit Namen und meiner Tätigkeit als Autor. Erfuhr auch den Namen des jungen Mannes, als er mir seine Visitenkarte gab. „Man kann ja nie wissen.“

„Lassen sie mal, ich rufe die Polizei. Hab den Oberkommissar eingespeichert. Tomke Schulz.

Feiner Kerl.“

„Sie leben auf Sylt?“

„Ja, in Westerland. Sylt ist wohl eine der schönsten Inseln an der Nordsee.“

„Ja, die Nordsee hat was. Überhaupt, wo das Meer ist, kann man es gut aushalten.“

„Tim Wolter hier. Schlechte Nachrichten heute Morgen. Passt zu dem miesen Wetter.“

„Was gibt es denn?“

„Eine Frauenleiche. Direkt am Strand. Nicht in den Dünen. Man sollte sie wohl schnell finden. Unten am Wasser inmitten von angeschwemmtem Strandgut.“

„Wo muss ich hinkommen?“

„So zwischen Westerland und Wenningstedt. Beim Restaurant TWISTERS den Weg zum Strand hinunter.“

„Polizei schon informiert?“

„Nein, hab sie gleich angerufen.“

„Gut, ich veranlasse alles. Rühren sie nichts an, okay?“

„Klar.“

„Und warten sie auf mich.“

Etwas später

Von dem Polizeirevier Sylt in der Stephanstraße ist es nicht weit zum Tatort. Somit trafen die ersten Polizeiwagen sowie das Personal der KTU schon vor Oberkommissar Tomke Schulz am Tatort ein.

„Das ist Jürgen Ahrend. Er hat die Leiche heute Morgen beim Joggen am Strand entdeckt.“

„Oh, gibt bestimmt etwas Schöneres so früh am Morgen, gilt aber wohl für uns alle. Sie haben die Frau gefunden?“

„Ja, so gegen 8.30 Uhr!“

„Kennen sie die Frau? Schon mal gesehen?“

Es begann, wie ich es erwartet hatte. „Ja, sie ist im gleichen Hotel. Gestern waren wir noch eine lustige Runde.“

„Tja, so schnell kann es gehen.“

„In welchem Hotel sind sie untergekommen?“

„Hotel Meereslust.“

„Ja, schon gehört. Gut und günstig.“

„Im Winter geht es mit den Preisen auf Sylt.“

Tomke Schulz wandte sich den Leuten der KTU zu.

„Können sie schon etwas sagen?“

„Ja, auf den ersten Blick ein Würgemal am Hals zu erkennen. Dann ein Druckmal auf den Oberarmen und auf der Brust. Der Täter hat scheinbar auf der Frau gesessen. Die Frau lag auf dem Rücken. Sieht ganz danach aus, als ob sie erstickt ist.“

„Ja, und das sicherlich nicht hier.“

„Bestimmt wurde die Frau transportiert.

Schleifspuren auf den letzten Metern sind sichtbar.“