Im Strom vom OM - Gerhard Marth - E-Book

Im Strom vom OM E-Book

Gerhard Marth

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Beschreibung

Von dem kleinen Bergdorf in den Alpen Tirols, wo ich geboren und aufgewachsen bin, konnte ich den großen reißenden Fluss sehen, welcher sich hunderte Meter weiter unten durch das enge Tal seine Wege bahnte und es oft sehr eilig hatte. Ich wusste noch nicht, dass ein Fluss auch ein Ziel hat. Der Wille aber und die Kraft, die diesen vorantreibt, war auch meinem Leben eingraviert. In diesem Buch berichte ich über meine spirituelle und nicht wenig dramatische Lebensreise, die mich, den größeren Gesetzen der Natur und meiner Lebensbestimmung folgend, gleich dem Wasser der Quelle in den Gebirgsbach, in die Ache, in den Fluss führte und mich schließlich mit dem Strom vereinte, welcher unaufhaltsam dem Meer entgegen fließt. Wie der Fluss nicht lange stehen bleiben kann, so wollte auch meine Seele nicht in der konfessionellen Religion, nicht in der Psychologie, nicht in der Naturerfahrung und auch nicht im esoterischen Feld verharren, denn sie suchte nach der universalen Spiritualität. Diese fand ich schließlich im Strom vom OM, in meinem lebenden spirituellen Meister, durch den sich ein großer Kreis wieder schloss.

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Seitenzahl: 774

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Gerhard Marth

Im Strom vom OM

Mein spiritueller Lebensweg von der Quelle zum Meer

Copyright: © 2022 Gerhard Marth

Titelbild:

Alle Bildrechte liegen beim Autor, außer jene auf Seite 316 und Seite 327-332.

Diese wurden dem Autor von Bhakti Marga zur Verfügung gestellt.

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-63042-0 (Paperback)

978-3-347-63043-7 (Hardcover)

978-3-347-63044-4 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung is ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für di elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

Das Quellgebiet

Erinnerungen an meine Kindheit

Der Gebirgsbach

Aus dem Rhythmus

A-religiöse Erfahrungen

Samskara

Das Erbe meiner Mutter

Die Suche nach dem eigenen Wert

Das Erbe meiner Großeltern

In der Ache

Die Ache

Der Wille zu Freiheiten

Mein Traum vom Leben in der Wildnis

Ein großer Abschied

Kanada

Der Katarakt

Der Wille zur inneren Entwicklung

Zurück nach Kanada

Der Heiler aus Mexiko

Eine neue Ära des Bewusstseins

Fastentage

Ich gehe an Land

Das innere Abenteuer beginnt

Religiöses und esoterisches Bewusstsein

Eine Brise von Osten

Im Fluss

Der Fluss

Die Geburt vom spirituellen Willen

Neuorientierung

Ein neuer Mensch an meiner Seite

Die Anfänge unserer Yoga-Arbeit

Indian Summer

Die Yoga-Bewegung

Sturmwolken ziehen auf

Der Fluss teilt sich

Vom Yoga zur kulturellen Bewegung

Wahr-Träume

Im Innern der Klamm

Das Ende unseres Weges

Im Niemandsland

Auf eigenen Spuren des Yoga

Meister des Yoga

Am Ende des eigenen Weges

Im Strom

Die Morgendämmerung

Der Sonnenaufgang

Im Strom vom OM

Mein Satguru

Paramahamsa Sri Swami Vishwananda

Im Schutz des Mantras

OM – Die Mutter des Mantras

Das Mahamantra – Der Vater des Mantras

Die Wunderkräfte des Mantras

Der Weg des Kriya

Mahavatar Babaji

Meine Pilgerreise in den Himalaya

Die Notwendigkeit von Prüfungen

Spiritueller Stolz

Wie ich zu meinem spirituellen Namen kam

Ich möchte Atma Kriya Lehrer werden

Kalter Krieg

Eine letzte große Hürde

Ich werde Hindu

Zurück in den Rhythmus

Zugehörigkeit

Vom Christ zum Hindu

Mein Weg als Vaishnava

Was ist ein Vaishnava?

Vaishnavismus und Christentum

Gewaltlosigkeit

Eine Vaishnava-Prüfung der Gewaltlosigkeit

Vedische Rituale

Das Abhishekam-Ritual

Yagna

Indien- und Ashram-Reisen bis 2016

Schlusskapitel

Die Kreise schließen sich

Ein neuer Zyklus beginnt

Danksagung

Nachwort

Glossar

Zum Autor

EINLEITUNG

Von dem kleinen Bergdorf in den Alpen Tirols, wo ich geboren und aufgewachsen bin, konnte ich den großen reißenden Fluss sehen, welcher sich hunderte Meter weiter unten im Talgrund durch die enge Talformation seine Wege bahnte und es oft sehr eilig hatte, denn ich wusste noch nicht, dass ein Fluss auch ein Ziel hat. Manchmal malte ich mir in meinen Kinderphantasien aus, wie hoch wohl das Wasser dieses Flusses steigen würde, wenn der große Damm weiter talaufwärts brechen würde, von dem mir meine Großeltern erzählten. Ob seine Fluten dann wohl auch unser Dorf erreichen und alles und jeden mit sich reißen würden? Davor hatte ich Angst und vielleicht war diese Vorstellung eine Art Vorahnung auf meinen eigenen Lebensweg.

Der wilde Gebirgsbach, welcher nicht allzu weit von unserem Bergbauernhof durch ein verstecktes karstigen Tobel ins Tal rauschte, um sich dann mit diesem großen Fluss im Tal zu verbinden, die klaren Bergseen, die oberhalb der Almen selig ruhten und auch der Sumpf auf dem Weg dorthin – das alles hatte immer etwas Faszinierendes für mich und zog mich magnetisch an. Wir Kinder durften dort nie alleine hingehen. Zumindest durfte niemand davon wissen, denn meine Großmutter und andere Bewohner des Dorfes verbanden schlechte Erfahrungen damit. An der schmalen und geländerlosen Holzbrücke, die über den Tobel-Bach führte, war der Briefträger, ein Neffe meiner Großmutter, im Winter in den Wildbach gestürzt und erfroren und im kalten Bergsee oberhalb der dorfeigenen Alm, kam ein siebenjähriger Junge, einer meiner damaligen Freunde, der nicht schwimmen konnte, ums Leben. Erst viel später, als ich Kajakfahrer und Raftguide wurde, konnte ich unter vielem anderen auch diese anerzogene Ängstlichkeit abstreifen. Die Faszination der wilden Gewässer, welche meine vertrauten Spielkameraden wurden, überwog alles andere und zudem erkannte ich im Nachhinein, dass der Fluss stets ein treuer Freund war und auch mein Lehrer, der mich viel Essentielles lehren wollte, auch wenn es nicht immer nach meinem Geschmack war.

In diesem Buch berichte ich über meine spirituelle Lebensreise, welche in der Quellregion einer eindrücklichen Alpenlandschaft begann und mich, den größeren Gesetzen der Natur und des Lebens folgend, in den Gebirgsbach leitete, mich von diesem in die Ache und in den Fluss führte, mich schließlich mit dem Strom vereinte, der keinen anderen Wunsch mehr kennt, als alles und alle zum großen Ziel zu tragen. Ich habe für diesen Lebensbericht das Bild eines Gebirgsflusses und seiner unterschiedlichen Abschnitte gewählt, da mir dieses sehr vertraut ist und meinem Lebensverlauf besser entspricht als beispielsweise das Bild eines Stroms, der von Anfang bis zum Ende einen einheitlichen Verlauf hat, sich gleichmäßig durch flache Ebenen oder sanfte Hügel schlängelt und immer denselben Namen trägt. Und so erging es vielen Zeitgenossen der westlichen Welt, welche mir auf meiner Reise begegnet sind. Wie auch ich, waren sie aus dem konfessionellen Welt- und Gottesverständnis der christlichen Religion herausgewachsen, hatten sich, wie ich entschieden, die Heimat alter Spiritualität zu verlassen, da der Fluss dabei war auszutrocknen und nicht mehr genug Nahrung bot, um die sich entfaltende Seele zu nähren. Die Ereignisse in meinem Leben glichen sehr dem Wasserverlauf in den Bergen, der mich, wie konnte es anders sein, durch dunkle Schluchten und eine enge Klamm, über Wasserfälle und beängstigende Katarakte beförderte, gemäß einem Schicksal, das mir in die Wiege gelegt war. Der Wille, der dem zum Meer strebenden Wasser von Natur aus einverleibt ist, war auch mir von der höheren Natur des Lebens eingraviert. Dieser drängte mich unaufhaltsam, den Forderungen nach menschlicher und spi- ritueller Entwicklung nachzukommen und duldete nur kurze Atempausen. Mit anderen Worten: Das Leben führte mich von der traditionellen Religion über die Erfahrungsfelder von Psychologie und Esoterik zur Spiritualität des Yoga und schließlich zur Essenz von allem, dem „Strom vom OM“.

Das Bild des Flusses, welcher dem Meer entgegen fließt, hat für alle Menschen etwas sehr Positives. Intuitiv fühlen wir, dass dieser einem wirklichen Ziel entgegen geht und spüren dabei, ob wir nun tiefer darüber nachdenken oder nicht, dass auch wir im Leben ein wahres und endgültiges Ziel haben. Das schenkt uns Hoffnung und Frieden. So klar, wie für eine Quelle, den Bach, die Ache, den Fluss der Verlauf vorgesehen ist, um schließlich mit dem Strom zum Ursprung, zum Meer zurückgetragen zu werden, so klar ist im Grunde auch der Weg eines jeden Menschen, egal wie lange es auch dauern mag. Wir fühlen uns einfach immer dann gut, wenn wir im Fluss sind. Wir können darin baden und schwimmen, darin mit dem Kajak spielen oder ihn mit dem Raftingboot befahren, durch seine Schluchten wandern oder auf dem Weg neben ihm her laufen. Doch ist auch die Möglichkeit gegeben, den Fluss oder den Weg an seiner Seite zu verlassen, ihn sogar für lange Zeit, ja sogar für viele Leben zu vergessen. Das kann dann geschehen, wenn wir den künstlichen und eingeengten Kanälen des materiellen, konsumorientierten Mainstreams folgen, der einem Gewässer gleicht, welches dazu bestimmt ist, zu versumpfen oder zu versanden. Dennoch wird auch ein solcher Fluss das Meer erreichen, aber auf großen Umwegen und in schier endlosen Schleifen der Zeit. So erging es mir über einige Jahre und so ergeht es wohl auch anderen Menschen, welchen aufgrund einer rein nach Außen orientierten Lebensweise die Lebenskraft langsam aber sicher versiegt. Das Bewusstsein fällt wie in einen materiellen Schlaf, aus dem es dann, meist nur durch schmerzhafte Krisen, wieder aufgeweckt werden kann. All das aber gehört zum Lila, dem göttlichen Spiel, das durch den freien Willen, den Gott uns gegeben hat, möglich ist. Der Mensch konnte irgendwann einmal wählen, seine innere Heimat, seinen göttlich-geistigen Ursprung zu verlassen oder in ihm zu bleiben. Er hat gewählt, in die Fremde zu gehen, doch kann er sich stets entscheiden zurückzukehren oder weiter in der Ferne seiner Heimat zu bleiben.

Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen, Abschweifungen und Verirrungen weiß ich, dass wir erst dann in einem guten Fahrwasser sind, das heißt in einer schönen und geordneten Entwicklung, wenn wir dem zentralen Lauf des Flusses, den großen und erprobten Wegen der Spiritualität folgen. Dazu musste mich das Leben zum Yoga führen. Diese ewige Spiritualität1 konnte all die Abschnitte und Passagen des Weges auf eine innere und universale Weise beleuchten. Erst durch diese Führung und Kraft begann der eigentliche Prozess der Transformation und gleichzeitig war dies eine Vorbereitung, dem großen Ziel und dem eigentlichen Zweck meiner Reise und meines Lebens – meinem Satguru – zu begegnen.

1 Das sind Einweihungswege wie z.B. Yoga, welche sowohl auf geisteswissenschaftlichem Boden, wie auch auf einem religiösen Fundament verankert sind. Solche gab es und gibt es auch im Buddhismus, im Christentum, Islam und Taoismus.

DAS QUELLGEBIET

Erinnerungen an meine Kindheit

Wahrscheinlich lag schon viel Schnee auf den Dächern der Häuser und auf den engen, noch nicht asphaltierten Straßen des abgelegenen Bergbauerndorfs, als ich Mitte Dezember des Jahres 1962, kurz vor sechs Uhr meine ersten eigenen Atemzüge tat. Wenige Tage vor meiner Geburt, wurde ein enger Verwandter der Familie zu Grabe getragen und noch heute höre ich die seltsamen Worte nachklingen, welche ich nie so wirklich nachempfinden konnte: „Ein Marth2 musste gehen, damit ein anderer kommen kann“. Dieser Wechsel schien irgend eine Bedeutung für diese, noch stark in der Tradition und Religion verwurzelten Menschen gehabt zu haben.

Sie verbanden damit wohl etwas wie eine höhere Fügung des Schicksals, jedenfalls etwas, das ihre Art das Leben zu verstehen, bestätigte.

Über dem Ort und der Gegend, in der ich aufwuchs, lag noch etwas Nostalgisches, ja geradezu Mystisches. Das hing mit den älteren Dorfbewohnern und ihrer Jenseits-Orientierung und etwas Zugabe von Abergläubigkeit zusammen. Viele der Älteren, die ich kannte, hatten auf eine Weise noch Zugang zu okkulten Seiten des Lebens. In diesen Menschen klang eine aus dem Mittelalter herüberwehende Stimmung nach. Frauen wie Männer wussten von seltsamen Geschehnissen zu berichten, die sich zur Zeit ihrer Eltern in diesem und jenem Haus das noch stand, sowie auf der Alm und im Tobel3 zugetragen hatte. Manche von ihnen, dazu gehörte meine Großmutter und mein Großvater, waren selbst von solchen Erlebnissen der anderen Seite in Berührung gekommen. Mit Schauder und Faszination besuchten wir Kinder fast jeden Sommer die Ruinen eines Hauses, nahe dem dunklen Tobel, wo vor über hundert Jahren die Hexe Stase gelebt haben soll. Man hatte uns erzählt, dass ein mal, als ein Gewitter im Anzug war und die ganze Roggenernte noch auf den Feldern lag, ihr Mann beobachtet hätte, wie die eben geschnittenen und zusammengebunden Bündel aus Roggenähren in den angebauten Speicher ihres Hauses flogen. Aufgrund dieses Erlebnisses erkannte ihr Mann die gewaltigen Zauberkünste seiner Frau und aus Angst, es mit einer Hexe zu tun zu haben und nicht selbst an den Pranger zu kommen, hatte er sie schließlich verraten und dem Feuertod übergeben. Manche der Dörfler hatten eigene reale Erscheinungen mit Wesen anderer Dimensionen. Meine Großmutter erzählte von Begegnungen mit verstorbenen Seelen, die auf mich stets einen tiefen Eindruck machten. Einst soll das Weihwassergefäß, das immer direkt neben unserer Küchentür hing, ununterbrochen getropft und erst wieder aufgehört haben zu tropfen, nachdem sie eine Messe, für einen bestimmten Verstorbenen bezahlt hatte. Einmal hätte es in der Speisekammer, die direkt mit unserer Küche verbunden war, mächtig geklopft und gepoltert. Mein Großmutter, die immer für die Verstorbenen betete und daher sehr wahrnehmungsfähig für solche Dinge war, brachte dies sogleich in Zusammenhang mit einer erst kürzlich verstorbenen Person und wieder half die gelesene Messe, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Viele solcher Geschichten wurden nicht ungern gerade in den Herbst und Wintermonaten erzählt, wenn die Frauen am Stricken und Häkeln waren und wir alle in der holzgetäfelten Stube am warmen Kachelofen zusammenrückten. Wir Kindern bekamen die Gänsehaut zu spüren und wollten dann nicht alleine zu Bette gehen. Diese Stimmungen, welche in ihren letzten Andeutungen, wie ein jenseitiger Wind durch das noch nicht ganz geschlossen Fenster des sechsten Sinnes dieser Bergdörfler wehte, ging dann bald durch den Einfluss der Moderne verloren. Das rationale und sogenannte praktische Denken, das sich vor allem im Aufrüsten von arbeitssparenden Maschinen ausdrückte, welche von Krediten abhängig machte und die Leute zwang, sich an den westlichen Stil der Zeit anzupassen, sorgte dafür, dass auch die Jüngeren dieses Bergortes ihren Sinn schnell und einseitig auf das rein Materielle richteten. Das noch verbliebene Erbe einer alten übersinnlichen Wahrnehmung löste sich damit auf, denn mit den Alten ging auch diese geheimnisvolle Welt fort.

Die Menschen dieses Dorfes waren fast alle einfache Bauern, mit Ausnahme des Lehrers, des Pfarrers, zweier Gastwirte und eines Tischlers, der sein eigenes Geschäft führte. Doch nur wenige dieser Bauernfamilien konnten noch von dem Erwerb der Landwirtschaft leben und daher verdingten sich die Männer, so auch mein Großvater, im Baugewerbe. Mein Großvater war in diesem Dorf geboren und aufgewachsen und verbrachte sein ganzes Leben dort, doch hatte er das Handwerk des Maurers gelernt und war mittlerweile zum Polier und Vorarbeiter bei einer ansässigen Firma der nahen Bezirksstadt aufgestiegen. Daher war er, wie auch viele andere Männer oft die ganze Woche nicht zu Hause und all die bäuerlichen Arbeiten blieben dann zum größten Teil an den Frauen und schon älteren Kinder hängen und was die ganz Alten vermochten, trugen auch sie noch bei. Mit diesem alten Schlag von Menschen, in diesem unscheinbaren Dorf, das hoch oben an einem abschüssigen Berghang zu kleben schien, eingerahmt von einer naturbelassenen Umgebung und von einem Lärchen- und Fichtenwald, dessen Rauschen im Wind ich heute noch höre, wuchs ich die ersten sieben Jahre auf. Das hatte einen tiefen religiösen Kern in mir verankert, wie auch eine starke Bindung zur Natur und den damit verbundenen Tätigkeiten geschaffen. Das mag durchaus mit der Grund gewesen sein, warum es mich später in den ho- hen Norden Kanadas lockte, um dort eine Blockhütte zu bauen und Jahre später, als ich dann zurückgekehrt war, den Indian Summer4 aufzubauen. Ich sehe es heute als ein großes Geschenk an, dass ich noch auf dem Rücken einer letzten auslaufenden Welle reiten durfte, welche die alte spirituelle Welt repräsentierte und eine Tradition, durch welche noch das Blut eine echten Patriotismus, einer innigen Liebe zur Heimat floss. Eine Welle die schon nach wenigen Jahren am Strand der Moderne brandete und von ihr vollständig ausgelöscht wurde und nie wieder zurückkam. Ich durfte noch an Tätigkeiten teilnehmen, die Natur und Spiritualität verbanden und das Gefühl erleben, was es bedeutet, von dem leben zu müssen, was die Erde und die Tiere uns gaben. Der kleine Bauernhof, in dem ich aufwuchs, stand noch nicht lange so da, wie ich ihn kannte. Nachdem mein Großvater vom Krieg zurückgekehrt war, begann er mit dem Bau. Doch war zu dieser Zeit noch nicht das Geld in dem Sinne vorhanden, wie ich das zwanzig Jahre später schon als selbstverständlich erachtete. Es wurden keine Schulden gemacht und wenn, wurde Geld von den nahen Verwandten geliehen. Mein Großvater holte in der ersten Bauphase, so wurde mir erzählt, die Ziegelsteine noch mit dem Ochsenkarren von der Stadt im Tal und immer nur soviel, wie er durch seine Arbeit und sein Verdienst erwirtschaftet hatte. Ich hatte zwar nie am eigenen Leib erlebt, dass ich hungrig zu Bett gehen musste, doch davon wusste meine Großeltern und die älteren des Dorfes zu berichten. Es gab eine alte, tief religiöse Frau im Dorf, die sehr arm war und alleine weiter oben am Hang wohnte. Selten nur konnte sie sich mal etwas Besonderes für den Gaumen leisten. Meine Großmutter sorgte daher immer auch für sie, denn ein tiefe gemeinsame Frömmigkeit verband die beiden. Geld war zu der Zeit, als ich schon da war, allgemein noch knapp und daher waren wir auf die Heu- und Kartoffel- ernte, die Eier unserer Hühner, das Fleisch unserer Schweine angewiesen. Nur ein mal in der Woche gab es Fleisch, am Sonntag und die übrigen Tage erfreute uns die Großmutter mit ihren fantasiereichen Mehlspeisegerichten und von all dem, was da so üppig in ihrem Garten gedieh. Auch hatten wir nicht das Geld für viel Kleidung von der Stadt, doch waren mir die gestrickten Jacken und Socken und selbst gefilzten Hausschuhe ohnehin lieber. Auf dieser Höhe, von wo aus der Weg zur Waldgrenze nur noch ein längerer Spaziergang war und man sich den Berggipfel sehr nahe fühlte, erlebte, wo ich später wohnte. Die Bauern, ja alle Dorfbewohner waren durch die strengen Lebensbedingungen, die noch nicht durch technischen Fortschritt kompensiert und erleichtert wurden, mit der Natur, der Sonne, den Mond- und Jahresrhythmen eng verbunden.

Am eindrücklichsten habe ich die Herbst und Winterzeit in Erinnerung. Winter, die meist schon Mitte November einsetzten und bis in den Mai hinein dauerten, hatten wie alles im Leben seine zwei Seiten. Für uns Kinder, war dies mit viel Spaß verbunden, nicht aber für alle Erwachsenen. Im Winter waren die Männer zu Hause und hatten nicht so viel zu tun. Dann über nahmen sie meist die Arbeiten im Stall, was den Frauen eine große Entlastung war. Diese konnten sich dann anderen Arbeiten widmen, die übers Jahr liegen geblieben waren. Wenn die Frauen sich zum Huangart5 in Omas warmer Küche trafen, wurde viel getratscht und gelacht. Doch oft diente dieser dazu, sich gemeinsam an die alten Geschichten der Vorfahren zu erinnern um sich auf diese Weise, die warmen Gefühle gemeinsamer Erlebnisse der Vergangenheit wieder zurückzuholen. Nicht selten flossen die Tränen, wenn mitten im Huangart die wehmütigen Heimatlieder angestimmt wurden, welche sie noch intimer mit ihren Lieben und all den Geschehnissen ihrer Jugendzeit verband. Diese Art der Gespräche mochte ich, denn etwas Geheimnisvolles lag darin. Ich fühlte mich mit etwas verbunden, was ich später als eine sehr alte Form der Spiritualität erkannte. In allen Ländern, Völker, Sippen und Gemeinschaften dieser Erde, waren die Erinnerungen und Geschichten über die Ahnen, das Wissen um die Abstammung und die verzweigten Erblinien, sowie die Taten der Alten, so banal sie auch sein mochten, eine seelische Nahrung. Wie ein Stammbaum Abrahams verbanden die Erinnerungen diese Menschen mit ihren Wurzeln, wenngleich diese schon längst nicht mehr rational nachzuvollziehen waren. Noch bevor es Religionen und Religionsstifter gab, gab es in vielen Teilen dieser Erde die Ahnenkulte und den Glauben, nach dem Tode zu den Vätern und damit der ganzen Familie zurückzukehren. Ja in diesen Gesprächen kamen die alten Götter wieder zum Leben und alle fühlten sich wieder mit allen verbunden. Mit all jenen, die schon lange zu den Vätern zurückgekehrt waren und mit jenen, die vor Jahrzehnten weggezogen waren und sogar mit jenen, die geblieben waren, selbst wenn man sich nicht immer mochte oder verstand. Die Erinnerung an das Band der Erblinien heilte so manches. Während dieser Huangart dahinplätscherte, waren oft die Kinder der Nachbarschaft bei uns und wir spielten vergnügt in dieser wohligen Atmosphäre mit all den Sachen, die zu Weihnachten unter dem Christbaum lagen und noch ganz geblieben waren. Die Männer hingegen vertrieben sich ihre Zeit nicht selten im Wirtshaus beim Kartenspiel, bei Bier und selbst gebranntem Schnaps, was manchen schon den frühen Tod bescherte. Doch war es ihnen nicht zu verdenken, denn die Winter auf diese Höhe der Nordwestseite des Berges waren streng, die Sonne ließ sich nur wenige Stunden am Tag blicken und es galt, Monate auf diese Weise auszuharren, denn Fernsehen war noch nicht Teil der täglichen Routine geworden. Mein Großvater hatte diese Angewohnheit jedoch nicht, außer am Sonntag, nach der Kirche liebte er es, an den Stammtischgesprächen dabei zu sein und verachtete auch den Wein und das Bier nicht. Auch dort wurden noch die alten Heimatlieder gesungen, was dem Gefühl in der Brust gut tat. Wenn ich ihn dann zum Mittagessen holen musste, trennte er sich oft nur ungern von der geselligen Runde.

Für uns Kinder aber war der Winter stets eine Freude und daher warteten wir sehnsuchtsvoll auf die ersten Schneeflocken. Der große Schnee, der zu dieser Zeit nicht ausblieb, musste von Hand weggeräumt werden, denn Schneepflüge heutiger Art hätten noch keinen Platz gefunden in den engen Straßen und Gassen und so entstanden große Schneehaufen, in welche wir Kinder mit Leidenschaft Tunnels gruben und Höhlen formten, um es den Murmeltieren gleich zu machen, die wir im Sommer in den Bergen pfeifen hörten. Auch war es jedes Mal ein besonderes Vergnügen, wenn wir Skier und Rodel vom Dachboden holen durften, denn damit war der Winter offiziell eröffnet. Der Schnee an den steilen Hängen vor dem Haus wurden mühsam angetreten und Schanzen gebaut, über die wir dann mit den Skiern und Rodel flogen. Einmal hatte ich es zu arg getrieben, hatte einen zu großen Anlauf genommen. Ich flog zwar weit, so erzählten es mir die anderen Knaben später, doch ich selbst erinnerte mich an nichts mehr, da ich erst Stunden später in der warmen Küche meiner Großmutter wieder zu Bewusstsein kam. Waren wir dieser sportlichen Aktivitäten müde, so fütterten wir flauschige Vögel oder trugen Heu und Schalen von Äpfeln auf die Felder, um den Rehen wenigstens den Hunger etwas zu lindern. An den Winterabenden stiefelten wir Kinder durch den knirschenden Schnee, von Stall zu Stall und halfen den Bauern beim Striegeln der Kühe und Kälber, beim füttern der Tiere, beim Ausmisten und Ausstreuen von neuem Laub, das im Herbst zu Haufen gesammelt und im unteren Teil der Heustadel, die in den Hochwiesen standen, gelagert wurde. Ob unsere Hilfe für sie wirklich eine Hilfe war, sei dahin gestellt, doch ließen sie uns gewähren. So bekamen wir viel von dem mit, was in der Welt der Tiere vor sich ging. Wir liebten es, den kleinen frisch geschlüpften Küken zuzuschauen, oder mit den kleinen Kälbern zu spielen und als wir schon etwas älter waren, nahmen wir es mit den stinkenden Ziegenböcken auf, zählten mit den Fingern die Zeit, wie lange wer vermochte, sie an den Hörnern zu packen und festzuhalten. Wir trugen die Milch nach Hause und waren dabei, als Butter und Sahne getrieben wurde. Diese Ställe, wo Mensch und Tiere eine Symbiose bildeten, Ställe, die noch ein schönes Heim für viele verschiedene Tiere waren, waren ein wichtiger Teil meiner ersten Kindheitsjahre. Als ich später in den vielen Reisen durch Indien wieder auf ähnlich schöne Eindrücke stieß, wo Menschen und Tiere nahe zusammenlebten und den Tieren eine große Achtung entgegengebracht wurde, lebten diese Kindheitserfahrungen wieder auf und gaben mir das Gefühl, auf dem richtigen Weg und der Quelle nahe zu sein. Ähnlich diesen Behausungen waren auch die Krippen nachgebildet, die kurz vor Weihnachten in jedem Bauernhaus aufgebaut wurden. Wir stiefelten dann von Haus zu Haus, um sie zu bewundern und vielerorts wurden wir mit selbstgebackenen Keksen beschenkt.

Das größte Highlight des Jahres war für mich die Tage um Nikolaus. Schon Tage davor baute sich eine immense Spannung auf. Da für uns Kinder aufgrund der Geschichten und Erzählungen der Alten noch absolut klar war, das der Krampus6 mit seinem Teufelsgesicht und seinen beiden Bocks-Hörner einmal im Jahr von der Hölle hinaufstieg, um die Unfolgsamen mit hinunterzunehmen, verhielten wir uns schon Tage davor äußerst brav. Als dann der Tag kam und der Nikolaus in Begleitung zweier Engel die Küche betrat und der Krampus vor der Küchen- tür seine Ketten rasseln ließ, stieg die Anspannung zum Zenit. Er wollte stets rein und drückte an der Tür, doch mein Großvater hielt die Türe zu und den Krampus fern. In dieser Spannung versprachen wir – es betraf eigentlich fast immer nur die Buben – dem Nikolaus hoch und heilig, dass wir uns bessern würden. Ich persönlich war von der Ehrfurcht für den Nikolaus mehr erfüllt als von der Angst vor dem Krampus, doch weiß ich, dass manche Kinder Blut und Wasser schwitzten, denn nicht alle hatten einen solchen Großvater, der den Teufel fern hielt. Später, als wir Buben schon etwas mehr Beherztheit hatten und den Ablauf kannten, liefen wir oft im gebührenden Abstand hinter dem ungleichen Paar her, da es uns brennend interessierte, welchen von den Buben die beiden Füße gehörten, die aus seinem Korb oben herausragten. Das alles hatte eine tiefgreifende Faszination ohne gleichen und ist natürlich vom heutigen, psychologischen Weltverständnis gesehen, als negativ zu beurteilen. Doch bin ich diesbezüglich bis zum heutigen Tag hin- und hergerissen, was mein Urteil darüber ist, denn auf eine gewisse Weise verbanden solche Erlebnisse unser Gemüt mit eine anderen Ebene des Daseins, welche sich im Lauf der nächsten Jahrzehnte bei fast allen Menschen, vollständig verschloss und damit auch die innere geheimnisvolle Welt. Weihnachten an sich, war natürlich die zweite Hochzeit im Winter.

Man kann sich heute nicht mehr vorstellen, welche Echtheit und Tiefe, welche heilige Sphäre sich in der Adventszeit über diesem Dorf ausbreitete. Der Schnee lag meterdick an den Hauswänden aufgeworfen, aus allen Kaminen rauchte es und diese noch ungestörte Ruhe wurde nur von der Morgen-, Mittags- und Abendglocke unserer Kirche unterbrochen, die wir Buben noch täglich von Hand läuteten. Das Leben fand, außer für uns Kinder nur in den Häusern statt, die nach Zimt, Weihrauch und süßem Gebäck rochen. Das Christkind war für uns Kinder absolut lebendig und selbst im Alter von zwölf Jahren, gab es für mich noch keinen Zweifel an dessen Existenz. Dies lag natürlich an den Großeltern, welche zwar nichts von den neuen Gedanken moderner spirituelle Sucher kannten, doch noch die Fähigkeit hatten durch ihre Frömmigkeit, das Christkind für uns zu manifestieren.7 Der Raum war von seiner Präsenz erfüllt und wir Kinder konnten fühlen, dass es wirklich da war.

Diese langen und strengen Winter wurden sorgfältig vorbereitet. Die große Aufregung brachte im vorgerückten Herbst vor allem jene Wochen, wenn die Haustiere, meist Schweine und Hühner, geschlachtet wurden. Wir Kinder durften dabei nicht zusehen, doch durften wir sonst bei allem mithelfen. Meine Großeltern, aber auch die Tanten und meine Mutter nahmen sich die Zeit, um mitzuhelfen, die zerlegten Teile mundfest zu machen. Das ganze Haus roch über viele Tage nach Knoblauch und nach Rauch aus der Selch8 wo ich meinem Großvater half, die Würste und den Speck aufzuhängen, die erst dann zu Weihnachten so weit waren, um auf den Tellern zu landen. Auch buk die Großmutter stets um diese Zeit eine riesige Menge Brot, welches sie in einer Kammer lufttrocknete, was dann nach einigen Tagen und Wochen steinhart wurde. Es gab damals noch keine Bäcker im Dorf, bzw. hatte man keine tägliche Quelle frisches Brot zu kaufen. Dieses Brot wurde dann wieder zerbrochen und in die Suppen eingelegt, wo es bald aufweichte.

Ein anderer Höhepunkt im Herbst war Allerheiligen und Allerseelen, dann wenn die Kerzen vom Friedhof noch lange in die Nacht hinein brannten. Die Kirche und die Umgebung waren von dem Widerschein dieser Kerzenlichter in eine mystische Atmosphäre getaucht. Viele Verwandte von allen Familien trafen sich zu diesem Zweck in der Kirche, die dann zum Bersten voll war. Doch hatte damals die Kirche generell noch keine Not an Besuchern, vor allem an den Sonntagen. Alt wie Jung kam, auch wenn viele sich mit dem alten Pfarrer und seinen lateinischen Messen langweilten. Alte Männer in der Empore schliefen regelmäßig ein, das konnte man von unten, wo wir Kinder saßen und knieten, lautstark hören. Diese beiden religiösen Feiertage hatte für uns Kinder auch deshalb eine besondere Mystik, weil es darum ging, arme Seelen im Fegefeuer zu erlösen und da konnten wir mithelfen. Das geschah so, dass wir einen ganzen Rosenkranz beten mussten und das taten auch einige von meinen Kumpeln. Diese armen Seelen waren aber nicht fern. Irgendwann hatte jemand von irgendjemandem gehört, dass die Seelen der Verstorbenen unter dem Friedhof darben. Da gab es also einen unterirdischen Raum und zu diesem gab es auch einen Zugang. Dieser Zugang war ein dunkler Spalt, der zwischen der Kirche und der Friedhofs-Ausgangstreppe lag. Der Spalt zog sich die ganze Länge hinauf und war gerade so breit, das ich als Kind hinunterfallen hätte können. Er war abgedeckt mit einem verwitterten grauen Brett. Wir hatten großen Respekt vor diesem Spalt, doch an diesen Tagen war die Neugierde so groß, dass wir das schwere Brett abhoben und in die gähnende dunkle Leere blickten. Dies war fast kaum auszuhalten, denn die Angst und die Vorstellung, von den Toten da hineingezogen zu werden, war real. Jedenfalls taten wir Jungs und Mädels das unsere, um am Allerseelentag so viele Ablässe wie es uns Spaß machte, zu beten und trugen es stolz vor uns her, viele Seelen damit erlöst zu haben.

Das Frühjahr, wenn es dann endlich kam, hatte wiederum einige aufregende Erfahrungen zu bieten, auch wenn sie nicht mit denen der vorigen Jahreszeiten konkurrieren konnten. Meist blieb der Schnee bis Mitte Mai auf den steilen Nordwest-Hängen liegen. Als dann die frischen Himmelsschlüssel und die Krokusse hervorlugten, war auch schon wieder die Zeit da, das große Gülleloch9 von unserem Haus zu leeren. Der Bauer neben uns, der mit seiner Frau auch die Gastwirtschaft und den kleinen Dorfladen führte und der Neffe meines Großvaters war, schloss viele Rohre zusammen, die dann mit einer Dieselpumpe den Inhalt des Jauchengrube entleerten. Dieses Grube hatte für mich eine große Anziehung und machte diese Aktion zu einem besonderen jahreszeitlichen Erlebnis. Vierzig Jahre später sollte dieses Gülleloch zu einem zentralen Inhalt von Wahr-Träumen werden, die mir wochenlange schlaflose Nächte bescherte.

Ein anderes Ereignis im Frühjahr war, dass wir immer junge Ferkel bekamen, die so lustig quiekten und neues Leben in den Stall brachten. Der Mai war der katholischen Marienmonat. Es war vor allem eine wichtige Zeit für die älteren Frauen des Dorfes und natürlich für meine Großmutter. In diesem Monat ging sie jeden Tag zur Frühmesse und jeden Nachmittag zum Rosenkranz beten und oft begleitet ich sie. Mit der Gottesmutter Maria war sie auf eine sehr intime Weise verbunden. Sie war für meine Großmutter die Fürsprecherin vor Gott und zu ihr betete sie in jeder Notsituation. Ja, auch meine Großmutter hatte die Not in ihrem Leben kennengelernt, physisch wie seelisch. Als sie kurz nach der Heirat in dieses Dorf gezogen war, hatte sie es sehr schwer. Die Geschwister meines Großvaters – es waren insgesamt zwölf – vor allem einige seiner Schwestern, machten ihr über viele Jahre das Leben zur Hölle. Sie erzählte mir einmal, dass sie einmal sogar ins Tobel hinausging, um sich dort hinunterzustürzen. Da aber hätte sie noch einmal zu Gottesmutter innigst gebetet und sie hätte ihre Stimme vernommen, die ihre sagte, das nun alles besser werden würde. So kam es dann auch. Mein Großvater zog mit ihr aus seinem Elternhaus aus, in dem noch einige seiner Geschwister lebten. Sie wohnten mit ihren beiden Kindern einige Jahre in einem aufgelassenen Gasthof, bis er das Haus fertiggestellt hatte, wo auch ich meine Kindheit verbrachte. Was diesen Marienmonat aber zu etwas ganz Besonderem machte, war das reine, jungfräuliche Element der Gottesmutter, denn sie war für diese frommen Frauen das große Ideal der Keuschheit. Meine Großmutter war ein Mensch, der die Moralgebote verinnerlicht hatte und eine angeborene Kraft zum Dienen besaß. Arbeit, Pflicht und Gebet waren ihr Leben und sosehr sie ihre Kinder und Enkel liebte, so sehr legte sie größten Wert darauf, dass keiner vom Glauben abfallen sollte. Dieses Strenggläubige ließ sie nach Außen hin manchmal auch etwas streng wirken, zumal ihre Erscheinung eher hager war. Doch besaß sie ein warmes und mitfühlendes Herz für Tier und Mensch. Nicht einfach aber war es für meinen Großvater, mit einer solchen, klar auf Gott, Moral und Geistigkeit ausgerichteten Frau zu leben, denn obwohl auch er ein sehr frommer Mensch war, war er doch auch ein Mann, der aber seine männlichen Bedürfnisse in dieser Ehe ganz hinten, zu weit hinten anstellen musste. Das mag durchaus auch der Grund für bestimmte Eskalationen gewesen sein, die zwar nur sehr selten, vielleicht einmal alle zwei Jahre vorkamen, wo auch er aus Verdruss zur Schnapsflasche griff und danach, vom bösen Geist dieses Getränks ergriffen, im Haus zu randalieren begann. Großvater war von seiner ganzen Ausstrahlung ein ruhiger und sanfter Mensch, mit weichen Gesichtszügen, der sonst nie zu Gewalt griff. Daher war es für mich ein völlig fremdartiges Bild und schockierend, ihn so in Rage zu erleben, wenn er spät in der Nacht heimkam und den Hausfrieden so ins Schwanken brachte. Doch auch er fand immer wieder durch das Gebet seinen Frieden und auch er begleitete uns in dieser Maienzeremonie. Für mich bekam das Rosenkranz-Beten von Jahr zu Jahr eine größere Bedeutung. Es hatte eine eigene mystische Seite, die etwas in mir liebte, etwas das ich damals schon als einen Zugang zur göttlichen Welt empfand.

Als ich später, nach ganzen drei Jahrzehnten der Yogapraxis mit der indischen Mala in Berührung kam, und in die Japa-Mantra-Meditation einzutauchen begann, erinnerte ich mich wieder an diese besondere Zeit, die ich mit meiner Großmutter und einigen anderen vom Dorf in der kleinen Kirche verbracht hatte und begriff, wie nahe das Wesentliche aller Religionen miteinander verbunden war und wie sie damals, meinen Sinn auf das Zentralste des Lebens lenkte.

Der Sommer aber hatte wieder mehr zu bieten, denn da durften wir Kinder, zusammen mit einem Erwachsenen, manchmal meinem Großvater, die Kühe des Dorfes auf die höhergelegenen Wiesen treiben, die schon nahe der Waldgrenze lagen. Nur manchmal ging ich die steilen und steinigen Weg mit ganz hinauf, meist aber verabschiedeten wir uns am oberen Ende des Dorfes. Ebenso empfingen wir die Kühe wieder am Abend und alle Jungs und Mädels trieben die Kühe abwärts. Wir erkannten unsere Kühe am unterschiedlichen Klang der Kuhglocken und trieben sie den Ställen zu, wo sie dann von alleine hineingingen. Viel harte Arbeit stand für Bauern an, denn es war kein Spaß, die Kartoffeläcker in dieser steilen Hanglage zu pflügen. Das geschah mit einer elektrischen Seilwinde, die am oberen Ende des Ackers mit Pflöcken in der Erde befestigt wurde und den Pflug nach oben zog. Doch mussten die Bauern den Pflug noch selber in die Hand nehmen und die Furchen setzen, durch die aufgebrochene Erde stampfen. Ebenso anstrengend war es, die abschüssigen Wiesenhänge mit der Sense zweimal im Sommer zu mähen. Zu diesem Zweck kamen meist auch alle unsere Verwandten zusammen und halfen mit, das Heu auf die Huanzen10 zu packen und später in die Heustadel zu tragen. Wir Kinder durften dann auf den Heuhaufen klettern und das Heu stampfen, was uns immer großen Spaß bereitete. In diesen Tagen blieben wir den ganzen Tag in den Hochwiesen und genossen das Mittagessen unter blauem Himmel und manchmal kühlenden Bergwind, der Tonkulisse von rauschenden Tannen und dem Zirpen der Grillen.

Jeden Sommer ging ich mit meinem Großvater in die Hochwälder zum Pilze und Schwämme zu suchen und mit meinen Kumpeln, meist Söhne von Jägern, auf die Pirsch. Wir liebten es, Baumhäuser zu bauen, obwohl wir das nicht durften und manchmal alles wieder abreißen mussten, denn manche der Männer im Dorf waren auch Griesgrämige. Einmal im Jahr kamen die „Fremden“, so wurden damals die wenigen Touristen im Dorf genannt. In unserem Haus gab es ein Fremdenzimmer, in dem sonst meine jüngste Tante schlief und das eine Woche im Jahr den Fremden überlassen wurde. Der Komfort in unserem kleinen Bauernhaus war noch sehr dürftig. Es gab keine Wasserleitung und die Fremden mussten sich wie wir auch, mit einer Schüssel und einem Wasserkrug waschen, was sie aber scheinbar nicht davon abhielt, jedes Jahr im Sommer wiederzukommen. Mein Großvater, der sich in der ganzen Gegend und Bergwelt gut auskannte, führte sie dann in die Bergwiesen, Almen und Bergseen. Als ich fünf war, durfte ich zum ersten Mal mitgehen. Dieser Tag sollte sich als ein Schicksalstag in mein Lebensbuch einschreiben. Auf dem Weg zur Alm lag eine Kreuzotter mitten auf dem Weg. Alle reagierte etwas über, auch mein Großvater, der die Schlange kurzerhand mit einem Stein erschlug. Als wir einige Stunden später zur Alm kamen, war da eine Schulklasse aus der Stadt, mit Mädchen im Teenageralter. Sie spielten mit einem Ball und kicherten, während ich auf einer Zaunlatte saß und ihnen belustigt zusah. Aus irgendeinem Grund fiel ich auf einmal nach hinten und schlug mit dem Kopf auf eine Steinplatte auf. Der Stein hatte an diesem Tag scheinbar das Sagen – erst die Schlange und dann ich. Großvater trug mich weite Strecken des Weges nach Hause, denn ich hatte starke Kopf- schmerzen und in derselben Nacht musste ich mich des Öfteren übergeben. Der Arzt stellte eine doppelte Gehirnerschütterung fest. Von da an war Kopfschmerz mein ständiger Begleiter. Zwölf Jahre kämpfte ich mit Migräneattacken, oft zweimal die Woche. Erst im Alter von siebzehn Jahren fiel diese Geißel von mir ab. Es gab eigentlich keine Jahreszeit, die ich nicht mochte, denn die Ideen für neue Spiele und Streiche,11 gingen uns nie aus. Ich hatte das Glück in einem starken Jahrgang geboren worden zu sein und so hatte es nie Mangel an Jungen und Mädchen in meinem Alter. Nicht immer aber war es nur harmonisch, denn nicht mit allen verstand ich mich immer gut. Die Tatsache, dass ich ein lediges Kind war, mein Vater ein unbekannter Auswärtiger, wussten bald alle und das machten sich manche zunutze, um mich im Falle eines Streits damit moralisch zu piesacken, was mich aber eigentlich nie wirklich kratzte. Doch manchmal beschossen wir uns deshalb auch mit Steinen und so mancher erinnert sich heute noch, an seine Platzwunde am Kopf, von mir signiert.

In diese vier Jahreszeiten war die Arbeit der Menschen, sowie die religiösen Festtage fest eingebettet und das gab all dem Wirken und Werken eine natürliche Einordnung ins Leben. Gott und Welt, Leben und Spiritualität, Jenseits und Diesseits waren nicht getrennt, sondern gehörten so selbstverständlich zusammen, wie die zwei Seiten einer Münze. Fast alle in diesem Dorf waren fromm, die Jungen wie die Alten und vor allem meine Großeltern. Das Tisch-, Morgen- und Einschlafgebet, sich mit Weihwasser besprenkeln, bevor man das Haus verlässt und Segenswünsche, wie „Gott mit dir“ vor einer längeren Fahrt, waren eine Selbstverständlichkeit und ebenso tägliche Kirchenbesuche. Ich genoss die religiösen Feiertage, die Prozessionen und Zeremonien, den Aufmarsch der Schützengilde und den anschließenden Festtagesschmaus im Kreis der Großfamilie sehr, an dem alle Verwandten und meine fast gleichaltrigen Cousins zusammenkamen und wo wir ausgiebig miteinander spielen konnten. Als kleines Kind kannte ich nur diese Welt, mit allen seinen traditionellen Gebräuchen, Gebeten und der Liturgie, der jährlichen Wallfahrten, dem Leben mit Ritualen. Den tiefsten Eindruck hinterließ die sehnsuchtsvolle Liebe zu Jesus, die man bei meinen Großeltern und vielen anderen Frauen und Männern dieses Dorfes lebendig spürte und die Wertschätzung für Heilige, die viele in ihrer meist körperlichen oder existentiellen Not um Hilfe anriefen. Es war eine aufrichtige und innige Liebe, welche viele der Älteren wirklich besaßen und diese Liebe war verbunden mit den traditionellen Wurzeln, derer man sich noch bewusst war, eine Liebe, die in den wehmütigen, doch melodischen Gesängen und Anrufungen der heiligen Messe zum Ausdruck kam. Das machte die hauptsächliche Beziehungsgrundlage unter ihnen aus. Die Kirche und ihre Aktivitäten bildeten den Mittelpunkt, sie verband die religiösen Herzen. Was dem männlichen Gemüt aber meist noch fehlte, fand es nach dem Kirchengang in den Wirtshäusern, denn der „Geist“, den es dort zu erfahren galt, verband auch auf seine Weise, was das Leben voneinander zu trennen drohte.

Für meine Großmutter war die Frömmigkeit auf ihren ganzen Werktag ausgedehnt. Sie hatte einen tiefen und festen Glauben und erst heute kann ich dies wirklich sehen und würdigen. Durch die einfache, bodenständige Arbeit, immer das Gebet auf ihren Lippen, war sie und viele dieser Menschen auf eine natürliche und tiefe Weise mit der Natur, dem Land, den Bergen, ihren Tieren und ihrer Arbeit verbunden. Für all diese schönen religiösen Erfahrungen, diese Stimmung der Echtheit, bin ich ihr und all den Alten sehr dankbar, denn dies belebte meinen eigenen spirituellen Kern, den ich in dieses Leben mitbrachte und der nach dieser Nahrung verlangte. Das war es, was meinen Weg von Anfang an in die Richtung zu jenem großen und erhabenen Ziel und zum Strom lenkte, von dem ich allerdings erst ein halbes Jahrhundert später erfahren sollte. Auch wenn sich in den darauf folgenden Jahren weltliche Schichten um diesen Kern legten, blieben diese Erfahrungen die prägendsten und in meinem Herzen konserviert. Ich vergleiche diesen Abschnitt meines Lebens daher mit der Quellregion eines Flusses. So wie die Quelle unschuldig, verspielt dahinplätschert und die Reinheit der Bergwelt in sich aufnimmt und sich im klaren Bergsee erstmals sammelt und stärkt, so waren es auch meine Kindheitsjahre in diesem Bergdorf. Auch wenn ich im Nachhinein gesehen, in eine mitunter steife Konfession hineingeboren wurde und darin aufgewachsen war, war sie auch wiederum die „konfessionsfreie“ Zeit meines Lebens. Denn vieles an der katholischen Erziehung, das ich später von mir weisen musste, hatte da noch keinen Zutritt zu meiner Seele. In diesen Jahren habe ich die natürliche Frömmigkeit und die sehnsuchtsvolle Hinwendung meiner Familie zu Gott eingeatmet, die sich in all den Tätigkeiten um die Jahreszeiten und die daran geknüpften Bräuche spiegelten und den Samen einer echten Spiritualität tief im Boden meines kindlichen Bewusstseins verankerte.

2 Nachname des Verstorbenen

3 Eine Art Schlucht, ein dunkler und sonnenloser Gebirgseinschnitt bei Bäume oft zum Bachbett hinunter wachsen.

4 So wird in Kanada der Spätsommer genannt – später der Name unseres Ferien-Freizeitcamp

5 Plausch

6 Name für eine bestimmte Teufelsgestalt.

7 Erst später, als ich meinen Satguru getroffen hatte, wurde mir durch seine Worte klar, dass wir allem im Leben in dem Maße Leben geben und einhauchen können, wie wir selbst durch Glauben mit der spirituellen Ebene verbunden sind.

8 Räucherraum

9 Eine Jauchengrube, ein betoniertes Becken, mit einem schweren Deckel, in welches die Exkremente vom ganzen Jahr hineinflossen.

10 Ein Konstrukt aus einem mannshohen Holzpfahl mit drei waagrechte Sprossen.

11 Der Bauer, der Neffe meines Großvaters, war zu uns Buben oft etwas streng, hatte uns schon so manchen Streich vereitelt und mir hatte er dazu einmal eine Ohrfeige verabreicht. So wollte wir Jungs und vor allem ich, es ihm heimzahlen. Jeden Morgen und Abend beförderte er mit seinem Schubkarren, den Mist seiner Kühe auf den Misthaufen. War die erste Kammer schon voll, so legte er ein oder zwei dicke Bohlen darüber, um mit seiner Fracht darüber zu balancieren und diese in die nächste Kammer zu schütten. Das hatte wir oft beobachtet und so kam uns die Idee, diese Bohlen so knapp als möglich auf die Mauerkante zu schieben, dass, sobald er das nächste Mal aus dem Stall kommt und wieder darüber fährt, in die Mistgrube fallen sollte. Und es gelang. Als er in der Mitte angelangt war, bogen sich die dicken Bretter durch, sodass sie an der Kante abrutschten und er samt dem Schubkarren in den Mist stürzte. Den Spaß den wir daran hatten, kann sich jeder, der Sinn für Streiche hat, vorstellen.

IM GEBIRGSBACH

Der Gebirgsbach

Ein Gebirgsbach bildet sich meist aufgrund des Zulaufs kleinerer quirliger Quellgewässer, träger Rinnsale oder gurgelnder Bächlein. Das typische Bild eines Gebirgsbaches ist aber, wenn das Wasser aus dem Gebirgssee austritt und in Eile bergab fließt, dem Talgrund zu. Der Bach kann, je nachdem, wie die Umgebung geformt ist, ungehindert zwischen sanften Hügeln hindurchfließen oder aber sich zwischen steilen Bergflanken durchdrücken, um sich schließlich in tiefen Schluchten oder der nicht einsehbaren, dunklen Klamm zu verlieren, bevor er sich wieder zeigt und in den Oberlauf eines Flusses oder einer Ache12 einmündet. Jeder größere Bach braucht die Führung eines Flussbettes, denn ohne dieses würde er sich zu frei „entfalten“, würde er bei viel Regen oder der Schneeschmelze wahrscheinlich Schäden in der kultivierten Landschaft verursachen. Ähnlich verhält es sich mit den vitalen und emotionalen Energien des Menschen. Auch sie brauchen die Führung des Bewusstseins, die Bahnen von zentralen Gedanken, die sich wiederum von tief eingeprägten Erfahrungen oder von traditionell-religiösen Werten ableiten. Werte sind mächtige Vorstellungen, die sich aus all den produktiven Erfahrungen der Vergangenheit oder der Geschichte, dem kulturellen und spirituellen Erbe einer Gesellschaft und Volkes gebildet haben. Diese werden über die Familie und das soziale Umfeld auf den jungen Menschen übertragen, was sein Bewusstsein und sein Grundverständnis zum Leben bildet und einordnet, seinen Erfahrungshorizont begrenzt oder öffnet, die Möglichkeit, sich selbst zu entwickeln und sich im Leben auszudrücken, behindert oder fördert.

Der Lehre des Yoga zufolge, bringt jeder Mensch seine Vergangenheit mit ins Leben, ein individuelles karma, die Summe von Ursachen und Wirkungen, die er durch seine Handlungen und auf Grund seiner Überzeugungen in früheren Inkarnationen geschaffen hat. Dieses karma, welches wir gewohnt sind, „Schicksal“ zu nennen, erwacht nach und nach im heranwachsenden Menschen. Zu diesem karma gehören sogenannte samskaras, tiefe Prägungen, tief verwurzelte Überzeugungen und Neigungen, welche in ihrer Summe – zusammen mit den verinnerlichten positiven Werten – den Charakter eines Menschen bilden. Daher reagiert jeder Mensch anders auf Erziehungsformen, wie auch auf die Konventionen einer Gesellschaft und kann diese, dem mitgebrachten karmischen Potenzial entsprechend, übersteigen oder sogar umformen und die Gesellschaft zu einem gewissen Grade verändern. Das sehen wir an vielen positiven Einflüssen von Erfindern, Künstlern, Poeten, Revolutionären, Politikern, Heiligen und spirituellen Meistern. In vielen Biografien interessanter Menschen kann man erkennen, dass die Reaktion auf konventionelle Werte sehr unterschiedlich sein kann. Menschen können in der gleichen Familie, unter gleichen Bedingungen aufwachsen und erzogen werden und doch entwickeln sie sich in verschiedene Richtungen, erfahren unterschiedliche Schicksale und bilden unterschiedliche Lebensideale aus. Das kann man sogar an Zwillingen mit identischem Erbgut beobachten. Aus der gleichen bürgerlichen Familie können Genies hervorgehen, wie auch ganz normal situierte Menschen und ebenso Verbrecher. Das weist darauf hin, dass jeder Mensch, aufgrund einer eigenen Seele, individuell ist und aufgrund eines karma bestimmte Anlagen, Charakterzüge und persönliche Schicksalskräfte in diese Welt mitbringt. Heute schaue ich aus der Sicht des Yoga auf mein Leben und die Kindheit zurück und kann daher die Abschnitte meines Lebens und Erfahrungen – die positiven wie auch die negativen – umfassender verstehen und mit versöhnlichen Gefühlen belegen. Denn erst durch die Lehre des karma konnte ich beginnen, eine ganze Verantwortung für mein Leben zu übernehmen und niemanden außer mich selbst für die schmerzhaften Erfahrungen und negativen Lebensumstände verantwortlich zu machen. Auch bezüglich der guten Erfahrungen meines Lebens hat mich Yoga etwas Wichtiges gelehrt – Dankbarkeit gegenüber dem Göttlichen, Dankbarkeit gegenüber Gott.

 

Aus dem Rhythmus

Der Zeitpunkt, als meine Quelle die sonnigen Höhen des Bergsees und der Quellregion verlassen und in den Abschnitt des Gebirgsbaches übergehen musste, wurde durch eine markante Veränderung in meinem Leben eingeleitet. Ich wurde von meinem Onkel und der Tante, meinen Taufpaten, in einem schneelosen Januar mit ihrem VW Käfer abgeholt, mit dem sie mich zu meiner Mutter bringen sollten. Ich sehe noch heute, wie mir meine Großmutter mit Tränen in den Augen nachwinkte. Ich war gerade sieben Jahre alt geworden und hatte das erste Schulhalbjahr in der Bergdorfschule mit nur einem Klassenraum, in dem alle vier Grundschulstufen zusammengelegt wurden, verbracht. Nun nahm mich meine Mutter zu sich ins Tal, in ein größeres Dorf, welches an die Bezirkshauptstadt angrenzte. Sie hatte einen neuen Mann getroffen, mit dem sie eine Familiengemeinschaft gründen wollte und zugleich war sie ein zweites Mal schwanger. Das gefiel mir anfangs, denn ich war ein abenteuerlustiges Kind und begrüßte alles, was neu und damit spannend war. Außerdem versprach mir der neue Mann meiner Mutter einiges an schönen Spielsachen, darunter ein Flugzeug mit Fernsteuerung und ebenso ein Motorboot. In der neuen Welt fand ich mich bald gut zurecht. Ich tat mich nicht schwer damit, neue Freunde und Freundinnen zu finden, da es mir an Ideen für Abenteuer, sowie Ideen für Streiche und interessante Bauprojekten nie mangelte. Hütten und Seifenkisten bauen, Pfeil und Bogen schnitzen, Drachen und andere Spielsachen basteln – dafür konnte ich mich entflammen und das zog auch andere Kinder an.

Das Leben im Tal brachte eine neue Lebensstimmung. Alles war moderner und betriebsamer, der Blick aller in eine andere Richtung gewendet. Das Hauptthema meiner „neuen Eltern“ war das Geldverdienen, der neue Toyota auf den man sparte, schönere Möbel für das Wohnzimmer und ein Farbfernseher. Das Zusammenkommen beim Essen kannte keine Gebete mehr und ich vermisste auch die verbindenden Gespräche, die sich bei meinen Großeltern meist um die wichtigen Dinge drehten, welche sich im Dorf und mit den Tieren ereignet hatten. Es zog mich zurück, doch sah ich auch irgendwie ein, dass ich bei meiner Mutter bleiben musste. Vielleicht war es aber auch besser so, denn die neuen Ideale der Erwachsenen hielten ebenso im Dorf am Berg langsam Einzug, denn auch dort war der Ansturm der Moderne schon im vorangegangen Jahr deutlich zu spüren gewesen. Fließendes Wasser kam ins Haus und ersetzte die blechernen Krüge, mit denen man das Wasser bisher von der Waschküche geholt hatte, wo die einzige Wasserstelle war. Auch die hölzernen Eimer, die noch den Weg zum Brunnen am Dorfplatz vor der Kirche gut kannten, hatten nun keinen Wert mehr. Der alte Dampfkessel, in dem die Großmutter ihre Wäsche gestampft hatte und in dem das Wasser für die Badewanne aufgeheizt wurde, in der wir einmal im Monat in einer dampfenden Waschküche badeten, wurde durch eine Waschmaschine ersetzt. Zu meiner Freude kam auch schon ein Fernseher ins Haus, wo es außer den mageren Wochenendprogrammen nur am Mittwoch das Kasperletheater zum Anschauen gab. Wäre ich im Bergdorf geblieben, dann wäre dieses Stück Leben für mich vielleicht kein in sich abgeschlossenes, so sonniges Kapitel geblieben. So aber blieb es wie ein schönes Märchen in meiner Erinnerung, wie all die anderen Geschichten, die mir erzählt wurden, bevor der Fernseher kam. Ja, ich hatte das Glück, in einer idyllischen, märchenhaften Welt aufzuwachsen, die es eigentlich schon gar nicht mehr gab, eine, in der die Zeit und der Fortgang der Dinge scheinbar nur noch für mich stehen geblieben waren, bis ich von dannen zog.

Mein weiteres Leben gestaltete sich meiner luftigen Natur gemäß sehr bewegt und ging einher mit mehreren berufsbedingten Ortsveränderungen meiner Eltern. Die Umstände, in welche mich diese führten, gaben mir viel Freiraum für eigene Unternehmungen aller Art. Da sie unseren Lebensunterhalt durch die Führung eines Gasthausbetriebs verdienten, hatten sie nicht viel Zeit, mit uns Kindern etwas zu unternehmen. Das war mir aber gar nicht so unrecht, denn so konnte ich meinen vielen Interessen nachgehen. Zudem konnte ich in diesem Gasthausbetrieb auch schon mein eigenes Geld verdienen, mit dem ich meine vielen Hobbys und Ausflüge bezahlte. Manchmal machte ich ihnen aber auch Sorgen, da meine Streiche und die Abenteuerlust oft das Maß ihrer Toleranz überschritten. Ich liebte es, gefährliche Dinge zu tun, wie zum Beispiel durch den großen Fluss zu schwimmen, Dachrinnen hinauf zu klettern und auf Dächern herumzutanzen, in Höhlen zu kriechen oder das Auto meiner Eltern kurz auszuleihen, um mit meinem jüngeren Bruder und einigen Freunden eine Spritztour zu machen. Als ich dabei einmal durch eine Schar Hühner fuhr und zwei davon ihr Leben lassen mussten, flogen unsere geheimen Ausflüge auf. Meine Mutter bügelte viele solcher „Falten“ dann wieder gerade, da sie ein gutes Verhältnis zum Gendarmeriehauptmann hatte, der seinerseits nicht ungern nach getanem Dienst bei uns im Gasthof sein tägliches Quantum an Bier und Schnaps auffüllte.

Das Familienleben mit meiner Mutter und meinem Ziehvater, dem neugeborenen Bruder und der etwas später angekommenen kleinen Schwester verlief allerdings zunehmend unharmonischer und deshalb distanzierte ich mich gefühlsmäßig schon bald davon. Als Ersatz suchte ich den familiären Schutz und Rahmen meiner Taufpaten, die zwei Kilometer von uns entfernt wohnten, um mit meinen Cousins zu spielen. Auch das versprochene Flugzeug kam nie. Diese Ehe brachte große Konflikte hervor, die mein neuer Vater mit Alkohol zu übertünchen versuchte. Zum einen waren es die Schulden, die man gemacht hatte, um den Gastbetrieb ins Laufen zu bringen, zum andern aber lag da noch etwas anderes, viel Gravierenderes vor. Es kam zu vielen und regelmäßigen Streitszenen und ebenso gewaltsamen Übergriffen auf meine Mutter und auch auf mich. Bald verursachte mein Ziehvater einen schweren Autounfall und musste die Folgen mit einer Geldstrafe und einer viermonatigen Haftstrafe bereinigen. Diese Ehe stand, wie man so schön sagt, unter keinem guten Stern, denn sie war von meiner Mutter aufgrund der Schattenseite eines zu engen und moralistischen Lebensverständnisses eingefädelt worden.

Meine Mutter war, als sie ihren neuen Mann kennenlernte, zum zweiten Mal schwanger, doch nicht von ihm. Es war schon viel der Schande, dass ich als ein uneheliches Kind zur Welt gekommen war, doch dass dies nun zum zweiten Mal vorkam, ging über die Grenzen des Ertragbaren für meine Großeltern. In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war in dieser Gegend Österreichs freie, voreheliche Sexualität noch eine Sünde und Sexualität im Dorf an sich ein Tabuthema. Meine Mutter kam in einen tiefen moralischen Konflikt und noch mehr meine Großeltern, denn man gab viel darauf, was andere über einen dachten. Daher wurde es ihr stark angeraten, diesen Mann zu heiraten, obwohl er aus einer ganz andere Ecke Österreichs kam, von der man nicht so viel hielt. Sie hatte ihn erst kürzlich kennengelernt und sein Interesse an meiner Mutter war sehr groß, doch entsprach er im Grunde nicht ihrem Partnerideal. Es war aus meiner heutigen Sicht gesehen eine „karmische Ehe“, eine der vielen Verbindungen, die das Schicksal schmiedet, um alte Verletzungen zu heilen und sogar Feindschaften aus früheren Leben wieder in die Richtung der Versöhnung zu führen, was im Grunde eine neue Chance ist, welche das Leben immer wieder bietet. Dieses Karma spiegelte sich in ihrem ganzen Zusammenleben und brachte viele menschlich unschönen Szenen hervor.

Im Herzen liebte meine Mutter immer noch meinen leiblichen Vater, der ein Hotelierssohn war. Er durfte sie aber nicht heiraten, weil sie nach dem damaligen Klassenverständnis seiner Eltern aus einer zu gewöhnlichen gesellschaftlichen Schicht kam, da sie nur eine Tochter von Bauern und Handwerkern war. Das verletzte meine Mutter sehr. Da sie aber ein sehr gutherziger Mensch war, nahm sie alles hin, doch glaube ich, dass sie damals tief in sich den Entschluss gefasst hatte, nicht mehr glücklich werden zu wollen. Mein Ziehvater, der diesen inneren Zwist natürlich fühlte – darüber gesprochen wurde damals noch nicht-, war oft sehr eifersüchtig und lud seinen Frust hauptsächlich auf mir ab. Wenn er betrunken war, schlug er mich oft brutal, nur selten kam ich ohne Nasenbluten davon und zudem verbot er mir die Verbindung zu meinem leiblichen Vater. Ich bin daher oft von zu Hause weggelaufen, um Beistand bei meinen Verwandten und meinen Großeltern zu suchen. Ich fand in dieser Familie zwar meinen Freiraum, aber was ich dort nicht fand, war so etwas wie einen Anker der Ruhe und Geborgenheit und daher war ich meist überall lieber als daheim. Doch erinnere ich mich andererseits auch an Situationen, wo wir als Familie, zusammen mit meinen jüngeren Geschwistern schöne Unternehmungen gemacht haben. Auch fand ich das Leben im Gasthof interessant, da ich mit vielen anspruchs- vollen Aufgaben betraut wurde und einen großen Freiraum besaß. Obwohl ich mich in diesem gesamten Spannungsverhältnis meist nicht wohlfühlte, bleiben letztlich auch von dieser Zeit mehr gute als negative Erinnerungen zurück.

Durch meine Eltern erhielt ich keine spirituellen Anregungen, und doch entwickelte sich in mir die bis dahin christlich geprägte Spiritualität weiter. Vielleicht war dieses Desinteresse meiner Eltern an Religion auch ein Grund, weshalb ich mich zunehmend eigenständig für die Inhalte des neuen Testaments zu interessieren begann. In dem Maße, wie ich diese studierte, wurde meine Beziehung zu Jesus Christus konkreter und bewusster. Gleichzeitig wurde mir aber auch mit Verwunderung bewusst, dass sich außer mir fast niemand, den ich kannte, auch nicht die Erwachsenen oder Verwandten, dafür interessierten. Sie waren, soweit sie überhaupt noch den Gang zur Kirche unternahmen, scheinbar alle damit zufrieden, dass der Pfarrer in der Sonntagsmesse aus dem alten oder neuen Testament vorlas und anschließend in der Predigt versuchte, den vorgelesenen Inhalt greifbarer und praktikabler zu machen. Mir aber war nach mehr und verschiedene Erlebnisse mit Geistlichen führten mich schon bald zur Überzeugung, dass ich mich direkter um die Beziehung mit Jesus bemühen sollte. Als einmal ein Abt, der unseren Religionsunterricht führte, meinte, auf wissenschaftliche Weise das Wunder der Meeresteilung des Moses erklären zu müssen, regte sich in mir augenblicklich ein innerer Widerstand und rebellisch widersprach ich ihm. Dies war schon ein erster Ansatz davon, die Wissenschaft in ihrer Ignoranz gegenüber Gott zu widerlegen, was ich später mit einer größeren Vehemenz tat und direkt als eine Aufforderung der geistigen Welt in mir zu fühlen glaubte. Dass ich die christliche spirituelle Seite nicht verlor, dafür sorgte auch noch einige Zeit der regelmäßige Besuch bei meinen Großeltern, zu denen ich entweder alleine zu Fuß marschierte oder zusammen mit meinen Eltern und Geschwistern bei gelegentlichen sonntäglichen Ausflügen. Jede Gelegenheit und vor allem die Ferien nutzte ich, um bei ihnen zu sein und nahm nach wie vor an den gewohnten im religiösen Festtagen und Feierlichkeiten teil. Ich wurde sogar Ministrant, sowohl im neuen Dorf wie auch Bergdorf und somit wurden meine spirituellen Wurzeln immer wieder von einer religiösen Atmosphäre gewässert und gefestigt.

Im selben Lebensabschnitt, im Alter von zehn bis zwölf Jahren, kam eine neue Form der Spiritualität in mein Leben. Sie kam zu mir durch die fernöstliche Kampfkunst des Kung-Fu, in Form der damals bekannten Fernsehserien. Die Stimmung, welche diese Kampfkunst umgab und natürlich die Kampfkunst an sich, zogen mich magnetisch in ihren Bann. Ich besorgte mir eine Reihe von Judo- und Karate-Büchern, übte eifrig mit meinen Freunden und baute die entsprechenden fernöstlichen Waffen. Durch diese Bücher wurde ich auch auf das buddhistische Lebensideal und die damit verbundenen spirituellen Praktiken aufmerksam. So besorgte ich mir das Buch Kum-Nye, das eine besondere Atemtechnik lehrte. Ich zog mich regelmäßig in die Abgeschiedenheit zurück und vertiefte mich in diese Atemtechnik, die ich über Jahre praktizierte. Eine asketische Seite in mir erwachte. Es machte mir zunehmend Spaß, extreme Situationen auszuhalten, wie z.B. den ganzen Tag nichts zu essen oder im Sommer den ganzen Tag kein Wasser zu trinken. Woher diese Impulse kamen, sollte ich erst später erfahren. Das Interesse für übersinnliche Themen wuchs. Mit vier- zehn Jahren lernte ich das autogene Training kennen. Mein damaliger Schullehrer und späterer Freund brachte dies in mein Leben. Er war der erste Türöffner in dieses neue Bewusstseinsfeld. Er fühlte den Durst meiner Seele nach diesen Themen und konnte mir über einige Zeit die Nahrung geben, nach der ich verlangte. Von da an experimentierte ich täglich und intensiv mit dem autogenen Training. Ich sprach mir eigenständig Anleitungen und Affirmationen auf die damaligen Aufnahmekassetten auf und hatte damit außergewöhnliche Erfahrungen. So intensiv praktizierte ich diese Technik, dass ich meinen Körper oft nicht mehr spürte und diese Erlebnisse erst viel später als außerkörperliche Erfahrungen identifizierte.13 Als Junge wusste ich diese nicht einzuordnen, ich wusste nur, dass es ein sehr schönes Gefühl war, in der Luft zu schweben, ohne mit dem Körper einen Kontakt zu fühlen und doch lebendig zu sein. Dieses autogene Training wandte ich zunehmend an, wenn mich wieder Kopfschmerzen quälten und das half diese zu lindern und manchmal gelang es mir sogar, die Migräne vollständig aufzulösen. Was immer mir da geschenkt wurde, es festigte von einer ganz anderen Seite meinen spirituellen Kern und die bis zum heutigen Tag ganz selbstverständliche Überzeugung, dass es keinen Tod gibt.

 

A-religiöse Erfahrungen

Die christliche Spiritualität und die nahe Beziehung zu Christus begleitete mich bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr. Sie wurde so tief, dass ich mit dem Gedanken spielte, Priester zu werden und ins Kloster einzutreten. Ich hatte innere Erlebnisse und experimentierte mit Glauben und Vertrauen, wie ich mit dem autogenen Training und Kum-Nye experimentiert hatte. Dieses Experimentieren bestand darin, dass ich genau wissen wollte, ob Gott oder Jesus wirklich bei mir waren und mir helfen würden, wenn ich sie brauchte in ganz konkreten und täglichen Situation, und sie halfen und zeigten mir, dass mein Vertrauen und Glaube wahrgenommen wurde. Eine solche starke Glaubenserfahrung machte ich einmal während meiner Berufsschulzeit. Ich hatte kein Geld, um den Zug zu bezahlen, der mich von der weit entfernten Schule nach Hause bringen sollte. Das machte mich sehr traurig, da ich meine große Liebe, welche allerdings hoffnungslos war, schon lange nicht mehr gesehen hatte. So betete ich inbrünstig zu Gott und es überkam mich ein Gefühl von großer Überzeugung, dass ich bis zum Wochenende soviel Geld ansparen könne, wie ich für die Heimfahrt brauchte. Auch wenn ich nicht wusste, wie das gehen sollte, kam schon am nächsten Tag die Antwort. Mitschüler baten mich, ihnen eine geometrische Zeichnung anzufertigen, von welcher sie sich gute Noten erhofften und sie waren bereit, dafür etwas Geld zu bezahlen. Viele solche reale Situationen, in denen ich die Existenz Gottes überprüfte, stärkten in mir diese Gewissheit und den Glauben, der sich oft bis zum Wagemut steigerte, sich im Kern aber doch auf Gottvertrauen gründete. Das hatte später, im Erwachsenenalter, nicht nur Positives zur Folge und wurde des Öfteren an jene Stelle des Neuen Testaments erinnert, wo es heißt: „Es steht aber auch geschrieben, Du sollst Deinen Herrn und Gott nicht versuchen“.