Im Zeichen der Zauberkugel 7: Aufbruch in neue Abenteuer - Stefan Gemmel - E-Book

Im Zeichen der Zauberkugel 7: Aufbruch in neue Abenteuer E-Book

Stefan Gemmel

0,0
7,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

***Der neue Band der Spiegel-Bestseller-Reihe "Im Zeichen der Zauberkugel" - fantastisches Lesefutter ab 9 Jahre!***  Auf geht's in ein neues Abenteuer! Alex und Sahli konnten die finsteren Pläne von Argus zwar durchkreuzen, aber sie haben die Rechnung ohne Charda gemacht. Auf der Schwester des bösen Magiers lastet nämlich ein Fluch und so setzt sie alles daran, um Argus zu befreien. Das müssen die Freunde natürlich unbedingt verhindern und geraten dabei in große Gefahr! Denn Charda ist eine Gestaltenwandlerin und nicht zu unterschätzen. ***IM ZEICHEN DER ZAUBERKUGEL: tolle Abenteuer mit viel Witz und einer ordentlichen Prise Magie für Mädchen und Jungen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Stefan Gemmel

Im Zeichen der Zauberkugel – Aufbruch in neue Abenteuer (Bd. 7)

Auf geht’s in ein neues Abenteuer! Alex und Sahli konnten die finsteren Pläne von Argus zwar durchkreuzen, aber sie haben die Rechnung ohne Charda gemacht. Auf der Schwester des bösen Magiers lastet ein Fluch und so setzt sie alles daran, um Argus zu befreien. Das müssen die Freunde natürlich unbedingt verhindern und geraten dabei in große Gefahr! Denn Charda ist eine Gestaltenwandlerin und nicht zu unterschätzen.

Der siebte Band der „Zauberkugel“-Reihe: spannend, witzig und mit einer gehörigen Portion Magie!

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Viten

Das könnte dir auch gefallen

Leseprobe

Als Alex am Morgen die Augen öffnete, konnte er sein Glück kaum fassen. Er wusste, dass sich unter dem Dach dieses Hauses ausschließlich Menschen befanden, die ihm innerhalb der letzten Wochen sehr ans Herz gewachsen waren: Sahli, ein Junge, den Alex von einem jahrhundertealten Fluch hatte befreien können, sowie die Zwillinge Liv und Sally, die seine Stiefschwestern waren und mit denen er anfangs seine Schwierigkeiten gehabt hatte. Inzwischen ärgerte sich Alex, dass er sie früher „Halbschwestern“ genannt hatte, weil sie ihm doppelt auf die Nerven gegangen waren. Denn sie waren zu echten Freundinnen geworden, auf die man sich verlassen konnte. Das hatten sie schließlich bewiesen, als sie mit Alex und Sahli um die halbe Erde und in verschiedene Zeiten gereist waren, um den fürchterlichen Magier Argus daran zu hindern, Sahli wieder zurück in die Zauberkugel zu verbannen. Ohne die Mädchen hätten sie das alles niemals geschafft.

Und dann … „Opa Aurelius!“, flüsterte Alex überglücklich. Wahrscheinlich war sein Großvater gerade mit Oma Ilse in der Küche und musste zum hundertsten Mal erzählen, wie es sich angefühlt hatte, jahrelang in einem Eisgefängnis eingesperrt gewesen zu sein.

Doch all das gehörte nun der Vergangenheit an. Endlich! Sie hatten viel dafür getan: Sahli, Alex, die Zwillinge und natürlich …

„Der liegt immer noch im Bett!“, murrte es vor der Tür und eine helle Stimme piepste: „Kaum zu glauben, dass solch eine Schlafmütze so viele Abenteuer bestehen konnte.“

„Kadabra, Bim! Ich kann euch hören!“, rief Alex und im selben Moment kicherte es vor seiner Tür und vier Mäusepfötchen und vier Katzenpfoten trippelten aufgeregt davon. „Eine sprechende Katze und eine Maus, die in die Zukunft blicken kann!“ Alex erhob sich von seinem Kissen. „Wie soll ich das alles bloß meinen Eltern erklären?“

Er stand auf und ging in die Küche. Kaum hatte er die Tür geöffnet, wurde er von einem lauten Stimmengewirr empfangen.

„Ab heute habe ich zwei Geburtstage“, erklärte Aurelius und hielt eine Teetasse in die Höhe, damit Liv und Sally mit ihm anstoßen konnten. „Zukünftig werde ich jedes Jahr an dem heutigen Datum meine Rettung feiern.“

„Aber nicht ohne uns!“, rief Alex dazwischen.

„Auf keinen Fall“, ergänzten die Zwillinge und Aurelius meinte nur: „Das käme mir nie in den Sinn! Komm, Alex, setz dich zu uns.“

Oma Ilse brachte einen weiteren selbst gebackenen Kuchen und stellte ihn auf den Tisch, neben die anderen drei, noch ganz ofenfrischen Kuchen und die vier Packungen Kekse, die Opa Aurelius bereits besorgt hatte.

„Ilse!“, schmunzelte Aurelius. „Wer soll das denn alles essen?“

„Gebt euch Mühe“, war ihre Antwort und dabei wischte sie sich eine Freudenträne aus dem Auge. „Immer, wenn ich aufgeregt bin, muss ich backen. Das wisst ihr doch.“

„Und wenn du glücklich bist“, hakte Alex ein.

„Oder traurig“, meinte Liv.

„Oder sauer“, ergänzte Sally und Sahli rief: „Oder wenn … Ne, eigentlich immer.“

Oma Ilse tat beleidigt. „Ach, ihr …! Müsst ihr eine alte Frau so veräppeln? Ich bin doch nur so erleichtert und völlig überwältigt. Das ist einfach unglaublich, was ihr in der letzten Zeit alles erlebt habt.“

Opa Aurelius erhob sich. „Stimmt, liebe Ilse. Aber wir haben bloß von uns gesprochen. Was hast du denn erlebt in den letzten Wochen?“

Oma Ilse schreckte auf. „Ich? Was soll ich schon groß erlebt haben?“

„Erzähl doch mal!“, rief Opa Aurelius ungeduldig.

„Da … Puh, da fällt mir aber gar nichts ein. Oder wartet … doch!“ Sie lächelte. „Die Kuh von Bauer Weckbecker drüben hat zwei junge Kälbchen bekommen. Gleich zwei auf einmal! Die haben mich zu Hilfe gerufen und als die beiden Tierchen endlich auf der Welt waren, war ich so aufgeregt, dass …“

„… dass du einen Kuchen gebacken hast, was?“, rief Sally, und als Oma Ilse verschämt nickte, mussten alle wieder lauthals lachen. Oma Ilse eingeschlossen.

Die Stimmen tönten durch das ganze Haus und vereinigten sich zu einer fröhlich-lauten Melodie, die erst das Wohnzimmer erfüllte und sich dann ihren Weg über den Flur und die Treppe bis hinauf zum Dachboden suchte, wo sie bis in die kleinsten Winkel von Aurelius’ geheimen Zimmer drang.

Und es war vor allem Aurelius’ tiefe, klangvolle Stimme, die eines der Gläser zum Erzittern brachte. Ein Glas, das einsam und vergessen in einem der vielen Regale stand.

Der Dunkelheit überlassen.

Verstaubt.

Missachtet.

Versteckt.

Es war nur dieses eine Glas, das von Aurelius’ tönender Stimme angestoßen wurde.

Für einen kurzen Moment. Für die Dauer eines Wimpernschlags. Für den Hauch einer Sekunde.

Doch dieser kaum wahrnehmbare Impuls reichte aus, um sie erneut zu wecken.

Langsam öffneten sich ihre Augen. Sie blitzten in dem Dunkel des Regals auf. Sie blickten sich um. Vor allem das linke Auge zuckte so aufgeregt, dass die dreieckige Pupille auf- und absprang.

Als Aurelius’ Stimme wieder erklang, wanderte ihr Blick nach unten. Durch das Regal, durch den Fußboden, durch die Decke des Zimmers. Sie schaute erneut in die Runde von Menschen, die sie schon bei ihrem ersten, kurzen Erwachen beobachtet hatte. Menschen, von denen sie niemanden kannte.

Das Erwachen war ihr sehr schwergefallen. Doch nun spürte sie, wie die Müdigkeit endgültig von ihr abfiel. Jetzt war sie ganz und gar erwacht. Ihr Herz pumpte kräftiger, ihre Sinne waren geschärft und ihre Blicke klarer.

Erneut erzitterte das Glas, dann zeigten sich die ersten Risse, es knackte und schließlich zersprang das Glas in tausend Scherben und der goldene Deckel flog in hohem Bogen durch den Raum.

Charda war zurück.

„Sahli, nun möchte ich aber einiges von dir erfahren.“ Aurelius setzte sich mit seinem Stuhl so herum, dass er den Jungen besser sehen konnte.

Alle schauten gespannt zu Sahli. Und das war nur verständlich, grübelte Alex. Sie saßen hier einem magischen Jungen gegenüber. Einem Jungen, dem es gelungen war, einen ganzen magischen Zirkel mit seiner bedrohlichen Magie aufzulösen. Zwar mit ihrer Hilfe, aber trotzdem! Sahli hatte es nicht nur geschafft, die schwarze Zauberkraft des Zirkels in gute, weiße Magie umzuwandeln, sondern auch den machthungrigen Argus zurück in seine eigene Kindheit zu schicken, damit er dort zu einem guten Menschen heranwachsen würde. Und nun reiste dieser Junge auf einem unsichtbaren Drachen umher, um Menschen in der ganzen Welt zu helfen. Mit seiner Magie. Heimlich, versteht sich.

Und da kann man schon mal angestaunt werden, fand Alex.

Sahli dagegen blickte lächelnd zu Kadabra und Bim, die schon seit Stunden auf einem der Schränke eingeschlafen waren. Neben ihnen lag Baklebrud, ein Kater, der mitgeholfen hatte, sie aus den Fängen des magischen Zirkels zu retten. Kadabra hatte sich neben ihm eingerollt und Bim lag in ihren Pfoten wie in einer warmen Decke aus Fell.

Auch Alex hatte noch Hunderte von Fragen an Sahli. „Du fliegst also mit Huo durch die Welt, um Menschen zu helfen?“

„Genau. Und Menschen zu finden, die Hilfe brauchen, ist nicht schwer. Leider …“, antwortete Sahli. „Ich muss bloß aufpassen, dass mich niemand bemerkt. Dann könnte ich mich vor lauter Anfragen wohl nicht mehr retten.“

Aurelius nickte grübelnd. „Ich verstehe …“

„Aber hey!“, fuhr Liv dazwischen. „Eine Sache musst du mir noch erklären, Sahli: Wie fühlt es sich an, auf einem Drachen zu reiten?“

Sahli dachte kurz nach. „Du kennst das Gefühl, auf einem Pferd zu sitzen?“

„Ja, klar.“

„Auf einem Drachen ist das etwas völlig anderes“, grinste er und wieder lachten alle.

„Nein, nun sag doch mal“, blieb Liv beharrlich.

„Huo ist was Besonderes“, erklärte Sahli und sah aus dem Fenster zu Huo, der, für alle Menschen unsichtbar, draußen auf der Wiese schlief. „Es ist, als wärst du eins mit ihm, wenn du auf seinem Rücken sitzt. Ich brauche nur an die Richtung zu denken, in die ich fliegen möchte, dann reagiert er schon. Ohne Worte, ohne Zügel. Einfach so.“

„Wow!“, staunte Liv. „Er ist wirklich etwas ganz Besonderes.“

Sahli strahlte alle in der Runde an. „So wie jeder hier“, antwortete er lächelnd.

Alex blickte sich um. Er verstand wieder einmal exakt, was Sahli meinte. Aber dann bemerkte er, wie das Lachen aus dem Gesicht seines Freundes verschwand und er sehr nachdenklich wurde. Alex war das schon öfter aufgefallen, dass Sahli anscheinend über irgendetwas grübelte. Und er beschloss, seinen Freund zu fragen, was ihn bedrückte, sobald sich die Gelegenheit ergab.

Charda blickte sich um. Sie verstand überhaupt nichts. Vor allem begriff sie nicht, wo sie sich befand. Alles war in ein Halbdunkel getaucht. Alles um sie herum und alles in ihrem Kopf.

Durch ein winziges Licht in der Decke fiel gerade so viel Licht, dass Charda einen schattenhaften Umriss erkennen konnte.

Sie wollte sich erheben, doch als sie ihre Beine auszustrecken versuchte, um aufzustehen, gelang es ihr nicht.

„Nanu?“, flüsterte sie. Sie blickte an sich herab und staunte: „Charda, wo sind deine Beine?“ Sie wollte nach ihnen greifen, doch … „Nanu! Charda, wo sind deine Arme? Wo deine Hände? Wo deine Finger?“

Sie sah auf einen schlangenartigen Körper, aber das machte ihr keine Angst. Es überraschte sie bloß. „Charda, was ist mit dir passiert?“ Sie suchte in ihrer Erinnerung, doch ohne Erfolg.

„Arme Charda“, tröstete sie sich selbst. „Bist allein. Bist leer. Bist …“ Sie schaute noch einmal an sich herab. „… eine Schlange. Das gefällt Charda nicht. Das gefällt Charda ganz und gar nicht.“

Langsam schlängelte sie sich aus dem Regal heraus und kroch durch das Zimmer. „Was für ein eigenartiger Raum“, bemerkte sie züngelnd. „So einen Raum hat Charda noch nie gesehen. So viel Papier, so viele Bücher, so viele …“ Sie blickte auf mehrere Ordner. „So viele von diesen Dingen.“ Sie bewegte sich näher heran und betrachtete sie genauer. „Auch wieder Papier“, stellte sie fest. Aber das war nicht das Merkwürdigste.

„Kein Eingang“, wunderte sie sich. „Fenster ist da, Dach ist da, aber kein Durchgang … Nur dieses Rechteck in der Wand. Doch warum ist da ein riesiges Brett davor, mit einem Griff? Das versteht Charda nicht.“ Sie schaute sich noch einmal um. „Das Fenster ist so klein und so langweilig eckig. Keine geschwungenen Bögen, keine Verzierungen.“ Ihr Blick ging durch die beiden Deckenböden bis hinunter ins Wohnzimmer. „Und welch merkwürdige Menschen muss Charda dort sehen? Ungewöhnliche Kleidung und sehr helle Haut, bis auf diesen einen Jungen.“ Sahli zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich. „Dieser Junge ist anders. Er wirkt vertraut auf mich, obwohl ich ihn nicht kenne und auch er diese ungewöhnliche Kleidung trägt.“ Jetzt erst fiel ihr Blick auf die Gerätschaften rundherum und auf die Digitaluhr am Herd. „Was sind das für Lichter, die wie magisch aufleuchten? Zauber ist das nicht. Oh, arme Charda! Wo ist Charda nur erwacht? An welchem Ort? In welcher Zeit?“

Bevor ihr all diese Fragen unerträglich wurden, wandte sie sich schnell ab und kroch weiter über den Dachboden – in der Hoffnung auf Antworten.

Sie bewegte sich auf eine alte Truhe zu, deren Deckel nicht ganz geschlossen war. Als Charda sich darüber hinwegschlängelte, durchkribbelte sie plötzlich ein merkwürdiges Gefühl, das ihr jedoch vertraut vorkam.

„Magie“, flüsterte sie und drückte den Kopf durch den schmalen Spalt, um in die Truhe hineinzuschauen. „Charda spürt Magie. Sehr schwach. Verschwommen. Aber sie ist da: Magie!“ Es war allerdings nicht irgendeine Magie. Nein, wenn Charda ein Wort für dieses Gefühl finden sollte, das sie gerade verspürte, würde sie „heimisch“ wählen. In ihr erwachte eine Sehnsucht nach zu Hause. Die Magie, die sie gerade umgab, wirkte wie eine Decke, die nach ihrer Heimat roch und die ihr das Gefühl gab, ihrer Familie nahe zu sein. Gerade so, als schlinge ihre Mutter die Arme um sie oder als stehe Argus an ihrer Seite.

„Argus“, flüsterte sie und in ihrer Erinnerung zeigte sich mit einem Mal sein Gesicht. „Wo steckst du, Bruder? Wie kann ich dich finden?“

In der Truhe lagen nur alte Bücher und Landkarten. Dennoch spürte Charda eindeutig, dass sich einst eine magische Quelle in dieser Truhe befunden haben musste. Über lange Zeit hinweg musste hier eine starke Zauberkraft geruht haben, die mit ihr zu tun gehabt haben musste. Charda schloss die Augen und genoss das magische Kribbeln, das durch ihren Schlangenkörper lief. Es war wie das Aufatmen nach einem langen Tauchgang oder wie ein Schluck Wasser nach einer Durststrecke.

Dadurch fühlte sich Charda gestärkt. Blitzschnell zog sie den Kopf aus der Truhe. Nun wollte sie endlich erfahren, was genau mit ihr geschehen war und was hier vor sich ging.

Für die vielen Kostbarkeiten in diesem außergewöhnlichen Raum hatte sie keinen Blick mehr übrig, denn sie hatte einen Spiegel entdeckt, der in einer Ecke des Zimmers gegen die Wand gelehnt stand. Er war halbrund und sehr fleckig. Doch er reichte Charda aus. Sie kroch darauf zu und richtete ihren Schlangenkörper auf, um sich im Spiegel betrachten zu können.

„Arme Charda! Wie siehst du bloß aus?“ So hatte sie ihr Gesicht nicht in Erinnerung. Dieser flache Schlangenkopf, die weit auseinander stehenden Augen und dann noch die fehlenden Ohren. „Das ist nicht Charda“, überlegte sie. „Das ist nur ein Teil von Charda.“

Erneut kam eine Erinnerung in ihr hoch. Zwar nur sehr blass, aber doch so stark, dass sie in Charda einen Impuls auslöste.

„Charda möchte nicht Schlange sein“, sagte sie. „Charda möchte …“ Sie schaute auf die Gläser, die in den Regalen standen und in denen sich ausgestopfte Tiere befanden. Dabei fiel ihr Blick auf einen übergroßen Salamander. „Charda möchte Echse sein“, sagte sie, ohne dass sie auch nur ahnte, was sie damit bewirken könnte.

Denn in diesem Moment durchfuhr sie erneut das magische Kribbeln, das sie vorhin schwach aus der Truhe heraus gespürt hatte. Allerdings jetzt mit aller Macht. Eine Welle aus Magie überströmte sie. Charda atmete tief ein und bemerkte, wie ihrem Schlangenkörper Beine wuchsen und wie er sich außerdem immer mehr zusammenzog. Sie konnte spüren, dass sich ihr flacher Kopf verformte und dass auch ihre Augen kleiner wurden. Charda atmete begeistert auf. Das fühlte sich gut an. Gut und vertraut. Gut und vertraut und belebend. Gut und vertraut und belebend und bestärkend. Ja, Charda fühlte sich stark, als sie jetzt in das Salamander-Gesicht sah, das ihr aus dem Spiegel entgegenstarrte.

„Das hat Charda getan“, sagte sie begeistert. „So etwas kann Charda.“ Sie schaute sich noch einmal fest in die Augen und ließ ihren Blick dann erneut durch das Zimmer schweifen. „Skorpion“, flüsterte sie, als sie in einem der anderen Gläser auf dem Regal ein solches Exemplar entdeckte. „Charda möchte ein Skorpion sein!“

Es brauchte nur wenige Sekunden, da hatte sie die Gestalt dieses Wüstentieres angenommen. Sie krabbelte näher an den Spiegel heran.

„Skorpion! Charda mag Skorpione.“ Sie drehte sich nach allen Seiten, um sich genau zu betrachten. Von der Schlange war nichts mehr zu erkennen. Auch nicht von dem Salamander. Alles an ihr war anders. Alles, bis auf …

Charda kroch noch näher an den Spiegel und dabei fiel ihr etwas auf. Eine Sache hatte sich bei allen Verwandlungen nicht geändert.

„Chardas Auge“, stellte sie fest und war nun so nah vor dem Spiegel, dass ihre Skorpionscheren das Glas berührten.

„Das Auge von Charda“, sagte sie, als sie die dreieckige Pupille in ihrem linken Auge bemerkte. „Das kennt Charda. Das erinnert Charda. Das erinnert Charda wieder an Argus.“

Wieder schoss eine Erinnerung durch ihren Kopf. Dieses Mal heftiger und klarer als die beiden Erinnerungen zuvor. Sie sah sich selbst, wie sie mit erschrockenem Blick in ein anderes dreieckiges Auge blickte. Vor sehr, sehr langer Zeit. Doch die Erinnerung war brüchig. Charda nahm noch ein Glas und einen Deckel wahr. Und dann … dann … „Argus!“, flüsterte sie und ein weiteres Mal durchfuhr ein blitzartiges Gefühl ihren Körper. Dieses Mal war es jedoch kein magisches Gefühl. Auch kein angenehmes Gefühl. Es war ein klarer Entschluss. Sie musste sich auf die Suche nach Argus machen. Er war dabei gewesen, als das mit ihr passierte, woran sie jetzt litt. Er würde wissen, was zu tun war. Er hatte vielleicht die Macht, sie von dem zu erlösen, was geschehen war.

„Argus!“, flüsterte Charda wieder, während sie ihre Skorpionscheren zuschnappen ließ. „Ich muss dich finden, mein Bruder.“

Aurelius stand von seinem Wohnzimmersessel auf. Er fühlte sich bestens in Form. „Vielleicht sollten wir alle eine Runde spazieren gehen“, schlug er vor. „Es liegen schließlich ein paar aufregende Tage hinter uns, aber noch viel mehr wunderbare, gemeinsame Tage vor uns.“

Oma Ilse nickte. „Ja, jetzt wo Argus und der magische Zirkel gebannt sind, könntet ihr alles mal wieder ruhig und gemütlich angehen.“

„Ruhig“, wiederholte Liv.

„Gemütlich“, wiederholte Sally, bevor beide wie im Chor sagten: „Klingt schön!“

Schön langweilig, durchfuhr es Alex. Er konnte sich kaum vorstellen, einfach so wieder in sein früheres Leben zurückzukehren. Die Abenteuer der letzten Zeit hatten ihn so sehr auf Trab gehalten, dass er sich fragte, wie er demnächst wieder aus der Schule kommen, Spaghetti essen und Hausaufgaben machen sollte. War so etwas möglich? Konnte man von 100 Prozent Abenteuer auf 100 Prozent Normalität umschalten?

Nachdenklich sah er Liv und Sally dabei zu, wie sie von ihren Plätzen aufstanden, und beschloss, sie um Rat zu bitten. „Sagt mal, ihr beiden, könnt ihr euch vorstellen, dass wir ab morgen wieder ganz normal …“

Ein Aufschrei unterbrach ihn. Es war ein heller, kurzer Schrei, der von dem Schrank direkt hinter ihm kam. Alex’ Kopf sauste herum. Auch die anderen blickten erschrocken hinüber.

Es war Bim gewesen. Die kleine Maus schrie noch einmal auf, dann machte sie einen Satz, sprang aus Kadabras Fell heraus, wo sie es sich gemütlich gemacht hatte, und landete neben der Katze auf dem Schrank – alle vier Pfoten weit von sich gestreckt.

„Was … was ist denn los?“ Kadabra erwachte und riss sofort die Augen auf, als sie Bim sah, bei der sich jetzt sogar die Schnurrhaare aufgestellt hatten.

„Geht das schon wieder los?“, fragte auch Baklebrud besorgt.

Die anderen traten dicht an Bim heran. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Und so bemerkte niemand, dass die Kerze auf dem Tisch in der Küche sich von selbst entzündete und eine Flamme munter an dem Docht tanzte.

„Hat sie wieder eine Vision?“, warf Sahli ein, als Bim auch schon rief: „Was sind denn das für Fragen? Das macht doch alles keinen Sinn!“

Und im nächsten Moment öffnete sie die Augen, ihr ganzer Körper entspannte sich und die Maus blickte überrascht in die Runde. „Was ist mit euch?“

„Du hast dich gerade benommen, als hättest du wieder eine Vision“, antwortete Alex.

„Ehrlich?“ Bim staunte. „Aber dazu gibt es doch gar keinen Grund mehr. Wir haben den magischen Zirkel ja besiegt.“

„Vielleicht hast du auch nur schlecht geträumt und bist davon aufgeschreckt“, überlegte Sally.

Liv gab ihr recht. „Wir haben schließlich eine Menge erlebt. Und das muss verarbeitet werden.“

Kadabra legte vorsichtig eine Pfote um die kleine Maus. „Das wird es sein, Bim. Du hast nur schlecht geträumt.“

Aurelius öffnete die Wohnzimmertür. „Ein Grund mehr, dass wir eine Runde spazieren gehen sollten, um uns abzulenken und die Gemeinsamkeit zu genießen.“

Sahli streichelte Bims Kopf. „Du hast mich ganz schön erschreckt.“ Er nahm sie auf die Hand und ging mit ihr aus der Küche. „Wir warten draußen auf euch.“

Liv und Sally folgten ihm aus der Tür. Aurelius warf Alex einen fragenden Blick zu. Der zögerte.

„Lass mich noch aufräumen, Opa. Einverstanden?“ Und damit meinte er nicht nur die Küche. Auch in sein Innerstes musste er dringend etwas Ordnung bringen.

Aurelius trat auf ihn zu. Er schien zu ahnen, was in seinem Enkel vorging, denn er sagte: „Dir geht wohl einiges im Kopf herum, was?“

„Einiges herum? Meine Gedanken fahren Achterbahn“, seufzte Alex.

„Dann komm doch mit und gib der Kirmes in deinem Gehirn eine Verschnaufpause.“

Alex lächelte. „Gleich. Ich räum nur schnell noch auf.“

„Dann gehen wir schon einmal langsam voraus, die Hauptstraße entlang, ja? Komm einfach nach, wenn du so weit bist.“

„Alles klar, Opa. Es ist übrigens schön, dich wieder hier zu haben.“

„Und schön, wieder hier sein zu können. Was für eine unglaubliche Zeit da hinter uns liegt! Niemand hätte je geahnt …“ Aurelius ging kopfschüttelnd zur Tür hinaus. Alex sah ihm noch einen Moment nach und machte sich dann auf ins Wohnzimmer, stellte die vielen Teetassen auf das Tablett und brachte alles in die Küche.

„Merkwürdig.“ Er hielt inne. „Wieso brennt die Tischkerze? Oma meinte doch, dass die nur als Deko gedacht ist. Mist! Sie wird bestimmt sauer sein, wenn sie sieht, dass jemand die Kerze angezündet hat.“ Er beugte sich darüber und pustete sie aus.

Die Haustür fiel ins Schloss. Alex schaute aus dem Fenster, den anderen hinterher, und sah, wie Sahli ihm zuwinkte. Alex winkte zurück.

„Nun soll hier also Ruhe einkehren“, flüsterte Alex und spürte, dass er das irgendwie nicht glauben konnte – oder nicht glauben wollte. Seine Überlegungen von vorhin kamen ihm wieder ins Gedächtnis. „Schule, Hausaufgaben, Sahli treffen. So wird es jetzt also sein: Brettspiele, Sahli das Internet beibringen, ab und zu ein bisschen kicken oder mit den Rädern auf Tour gehen. Hmmm …“

Er erinnerte sich daran, wie er als gigantischer Riese die ägyptischen Arbeiter in die Flucht geschlagen hatte. Und auch der Tupilait kam ihm wieder in den Sinn. „Man sollte ein Buch über all das schreiben“, sagte er lächelnd zu sich. „Ach was, eines! Das gäbe bestimmt eine ganze Serie. Wahrscheinlich fünf oder sechs Bände oder so.“ Er kicherte bei dem Gedanken. Er als Bücherheld. So was Verrücktes. Welcher Autor oder welche Autorin würde denn über ihn schreiben wollen? Völlig absurd!

In diesem Moment öffnete sich die Tür. Alex drehte sich um, konnte aber zuerst niemanden sehen. Sein Blick wanderte zu Boden.

„Bim! Ich dachte, du wolltest mit den anderen spazieren gehen.“

Die Maus schüttelte den Kopf. „Da ist noch eine Frage“, erklärte sie.

„Kann ich verstehen“, antwortete Alex. „Ich hab auch noch jede Menge Fragen in meinem Hirn“, antwortete Alex. „Was möchtest du denn wissen?“

„Argus!“, war die Antwort. „Verrate alles über Argus.“