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Er ist ihr Chef - und genau der Mann, der ihr Herz zerstören könnte
Elias Sanderson, der neue CEO von NexGen Biotech, ist nicht nur ein Visionär, sondern auch ein Womanizer. Und leider sieht der "Model-CEO", wie er heimlich genannt wird, verboten gut aus.
Riley Donovan hat große Pläne als Pressereferentin. Als sie nach einem Fotoshooting überraschend zur persönlichen Referentin des CEOs befördert wird, sieht sie zunächst eine einmalige Chance. Doch bald merkt sie, dass sie seinem Charme kaum widerstehen kann. Dabei ist sie mit ihrer Jugendliebe Carter verlobt und will garantiert nicht im Bett ihres Chefs landen.
Je mehr Zeit sie mit Elias verbringt, desto mehr zeigt er ihr auch seine weiche Seite. Doch dann passiert etwas, was sie alles infrage stellen lässt. Verfolgt der neue CEO seinen ganz eigenen Masterplan, für den er sie bedenkenlos opfern würde?
Verbotene Anziehung, große Gefühle und knisternde Spannung - verliebe dich in Riley und Elias. So prickelnd wie ein Glas Champagner, so romantisch wie der Blick auf die Bostoner Skyline, so fesselnd wie ein Serienmarathon. Der Auftakt der neuen CEO-Office-Romance-Reihe rund um die CEOs of Boston.
Mit den Trend-Tropes Forbidden Love, Slow Burn und Love Triangle.
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
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Seitenzahl: 408
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Inhalt
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
1. Elias
2. Riley – drei Monate später
3. Elias
4. Riley
5. Elias
6. Riley
7. Elias
8. Riley
9. Elias
10. Riley
11. Elias
12. Riley
13. Elias
14. Riley
15. Elias
16. Riley
17. Elias
18. Riley
19. Elias
20. Riley
21. Elias
22. Riley
23. Elias
24. Riley
25. Elias
26. Riley
27. Elias
28. Riley
29. Elias
30. Riley
31. Elias
32. Riley
33. Elias
34. Riley
35. Elias
36. Riley
37. Elias
38. Riley
39. Elias
40. Riley
41. Elias
42. Riley
43. Elias
44. Riley
45. Elias
46. Epilog – Riley
Über die Autorin
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Impressum
Cover
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Inhaltsbeginn
Impressum
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Er ist ihr Chef – und genau der Mann, der ihr Herz zerstören könnte
Elias Sanderson, der neue CEO von NexGen Biotech, ist nicht nur ein Visionär, sondern auch ein Womanizer. Und leider sieht der „Model-CEO“, wie er heimlich genannt wird, verboten gut aus.
Riley Donovan hat große Pläne als Pressereferentin. Als sie nach einem Fotoshooting überraschend zur persönlichen Referentin des CEOs befördert wird, sieht sie zunächst eine einmalige Chance. Doch bald merkt sie, dass sie seinem Charme kaum widerstehen kann. Dabei ist sie mit ihrer Jugendliebe Carter verlobt und will garantiert nicht im Bett ihres Chefs landen.
Je mehr Zeit sie mit Elias verbringt, desto mehr zeigt er ihr auch seine weiche Seite. Doch dann passiert etwas, was sie alles infrage stellen lässt. Verfolgt der neue CEO seinen ganz eigenen Masterplan, für den er sie bedenkenlos opfern würde?
Verbotene Anziehung, große Gefühle und knisternde Spannung – verliebe dich in Riley und Elias. So prickelnd wie ein Glas Champagner, so romantisch wie der Blick auf die Bostoner Skyline, so fesselnd wie ein Serienmarathon. Der Auftakt der neuen CEO-Romance-Reihe rund um die CEOs of Boston.
Ava Cooper
In Love with the Boss
»Nein, Rick, das kannst du nicht machen!« Zornig starre ich meinen Geschäftspartner an, der früher einmal mein bester Freund gewesen ist. »Du kannst mich nicht aus unserem Unternehmen hinausdrängen. Ich habe BioVaris groß gemacht!« Meine Augen verengen sich vor Wut. Vermutlich werden sie auch so dunkel, als wäre die Nacht hereingebrochen.
»Sicher. Es geht ja schließlich nichts ohne den großen Elias Sanderson«, spottet Rick. »Na, du wirst schon sehen, dass wir sehr gut ohne dich klarkommen. Mein Antrag, dich als CEO abzulösen, ist reine Formsache.«
Ich schnaube. »Wie willst du Miles davon überzeugen, gegen mich zu stimmen? Er wird mir niemals in den Rücken fallen. Er ist loyal und integer – im Gegensatz zu dir.« Ich balle meine Hände zu Fäusten, würde sie Rick am liebsten in die grinsende Visage rammen.
Gespielt traurig schüttelt er den Kopf. »Nun, mein Freund, auf Miles’ Unterstützung würde ich mich nicht mehr verlassen. Ich habe ihm nämlich dein kleines, schmutziges Geheimnis gesteckt.«
»Was solltest du schon gegen mich in der Hand haben?« Meine Stimme wird kalt wie Eis. Normalerweise zittern alle, wenn ich in diesem Tonfall spreche. Ich bin zwar ein umgänglicher Mann, aber ich erwarte, dass man macht, was ich sage.
Rick lässt sich jedoch nicht von mir einschüchtern. Dazu kennen wir uns zu lange. Und er ist nicht mein Untergebener, sondern mein Geschäftspartner. Oder zumindest war er es. Denn egal, wie das heute ausgeht, einer von uns beiden wird aus der Firma ausscheiden. Und ich habe nicht vor, der Verlierer in diesem Krieg zu sein.
Sein Lächeln wird eine Spur boshafter, und seine Augen glitzern. »Ich glaube, du weißt ganz genau, was ich ihm gesagt habe. Erinnerst du dich noch an Clarice? Die hübsche Dunkelhaarige aus der Rechtsabteilung.«
»Natürlich erinnere ich mich an sie. Ich vergesse nie eine Frau, mit der ...«
»... die du gefickt hast.« Er schüttelt erneut den Kopf. »Elias, Elias, ich habe es dir früher schon gesagt: Deine Frauengeschichten werden noch einmal dein Untergang sein. Aber du wolltest ja nicht hören ...«
Ich presse die Lippen zusammen. »Was ich mit wem im Bett mache, geht dich einen Scheißdreck an.«
»Diesmal schon, mein Lieber. Du hättest es bei Bettgeschichten außerhalb der Firma belassen sollen. Denn Clarice ist etwas Besonderes. Zumindest für Miles.«
Verwirrt sehe ich ihn an. »Inwiefern?«
Rick lacht so laut, dass es sich fast sympathisch anhört. Wenn ich nicht wüsste, dass er gerade drauf und dran ist, mein Leben zu zerstören. »Mann, raffst du es immer noch nicht? Er war in sie verliebt. Bis du ihm wieder einmal gezeigt hast, dass wir alle nichts gegen dich sind. Du machst, was du willst. Stimmt’s, Elias?« Das Lächeln wird breiter und gleichzeitig boshafter. »Aber der Schuss geht nach hinten los. Jetzt wirst du merken, dass du nichts ohne uns bist.«
»Was hast du getan, Rick?«, frage ich heiser. Meine Fingernägel graben sich schmerzhaft in meine Handballen. Doch ich bemerke es kaum. Denn Rick holt nun zu seinem finalen Todesstoß aus.
»Ich verhelfe nur einer armen Frau zu ihrem Seelenfrieden. Clarice hat mir alles erzählt, was zwischen euch war. Und ich habe es Miles gesagt. Tja, was soll ich sagen? Er ist fuchsteufelswild geworden. Er findet, du verdienst seine Loyalität nicht mehr. Also setz nicht zu sehr auf ihn ...«
Ich starre ihn an, frage mich, wie weit er gehen würde, um mich zu vernichten. Seine kalten Augen verraten mir die Antwort. Bis zum Äußersten. Dieser Drecksack wird keine Sekunde zögern, um mich ans Messer zu liefern. »Ich verstehe«, sage ich langsam und richte mich auf. Fest sehe ich ihn an. »Dann erzähl mir: Was willst du von mir?«
Mein ehemals bester Freund lächelt dünn. »Dein Leben, Elias. Mit all deinen Frauen, deinem Einfluss, deinem Ansehen. Ich will auch einmal im Rampenlicht stehen und nicht immer nur der langweilige Finanzstratege im Hintergrund sein. All das werde ich mir nehmen. Und du kannst nichts dagegen machen.« Sein lautes Lachen hallt von den Wänden des Konferenzraums wider.
Schweigend senke ich den Kopf. Diesen Kampf kann ich nicht gewinnen. Ich habe verloren. Ich habe alles versaut.
»Habt ihr schon gehört? Elias Sanderson kommt für ein Fotoshooting zu uns. Mr. Model-CEO persönlich. Oh Mann, auf die Fotos bin ich gespannt ...« Mein Lieblingskollege Sander stürmt zu Valery und mir ins Büro, setzt sich grinsend auf einen freien Stuhl. Theatralisch legt er eine Hand auf seine Brust. »Den hätte ich auch gerne vor der Linse.«
Ich muss lachen. »So, wie ich dich kenne, würde kein Bild herauskommen, das man an Journalisten geben kann.«
»Och, für bestimmte Magazine schon ...« Sander wackelt mit den perfekt gezupften, dunklen Augenbrauen.
Ich schlage ihm gegen den Oberschenkel. »Diese Titel bedienen wir nicht. Außerdem werde ich verhindern, dass solche Bilder gemacht werden.«
»Du?«, stoßen Sander und Valery fast gleichzeitig aus.
»Jepp. Ich.« Ich muss lachen, als ich ihre verwirrten Gesichter sehe. »Hallo? Ich bin die Redenschreiberin des CEO, und genau das ist Elias Sanderson ab nächster Woche. Deswegen hat Alan mir den Fototermin anvertraut.«
Valery nickt, wobei ihre krausen schwarzen Haare mitwippen. Die erstaunlich grünen Augen, die durch die dunkle Haut noch stärker auffallen, drücken Verständnis aus. »Ihr zwei sollt euch beschnuppern, richtig? Damit du weißt, wie er tickt.«
Und damit ich Sanderson davon überzeugen kann, mich zu behalten. Schließlich habe ich diese Aufgabe erst seit einigen Wochen und habe mich gefreut wie ein Schnitzel. Wer konnte denn ahnen, dass unser vorheriger CEO Samuel Miller auf einmal zu einem Dow-Jones-Konzern wechselt? Aber von diesen Ängsten will ich noch nicht einmal meinen Lieblingskollegen etwas verraten. Daher erwidere ich nur: »Genau so ist es. Wenn ich Reden für ihn schreibe, muss ich wissen, ob er eher der blumige oder eher der direkte Typ ist. Wie er auftritt.«
»Wie er auftritt, kann ich dir sagen, Riley. Schau dir den Kerl doch nur an! Der weiß genau, wie gut er aussieht und nutzt das aus.« Sander schnappt sich die vorletzte Ausgabe des »Forbes«-Magazine, die auf meinem Schreibtisch liegt. Sie zeigt Sanderson zur Headline »Gestalter mit Charisma«.
Ich sehe auf die ebenmäßigen Züge mit den markanten Wangenknochen. Kurze, dunkelbraune Haare umrahmen und akzentuieren sein perfektes Gesicht, während die stechend blauen Augen direkt in die Kamera gerichtet sind. Nicht die Spur eines Lächelns liegt auf seinen Lippen, und doch sieht es fast so aus, als zwinkere er mir zu. Seufzend schüttele ich den Kopf. »Ja, dieser Mann ist ein echter Womanizer. Er hat seinen Spitznamen als Model-CEO nicht umsonst.«
Valery schaut mich verwirrt an. »Und wieso bedrückt dich das? Macht dir morgen das Leben leichter.«
»Oder nicht. Du kennst doch die ganzen Gerüchte um den Weggang von BioVaris.« Seufzend lasse ich die Arme sinken. »Angeblich musste er wegen einer Frauengeschichte gehen. Was auch immer da genau los war ...«
Sander verdreht die Augen. »Falls es stimmt. Ich habe von anderen gehört, dass er Firmengeheimnisse gestohlen hat, mit der Mafia paktiert oder Mr. Frankenstein persönlich ist. Ach ja, und manche sagen, er hätte seine Seele dem Teufel verkauft.«
Jetzt müssen wir alle lachen. Er hat schon recht, Gerüchte entstehen schnell und man sollte nicht zu viel darauf geben. »Gut, das stimmt. Aber trotzdem geht es in diesem Job nicht um perfektes Aussehen, sondern um Visionen und Strategien. Er soll NexGen würdig vertreten. Nicht posen.«
Sander prustet los. »Lass ihn doch erst mal alle mit diesen Wahnsinnsaugen ködern. Der langweilige Scheiß kann danach immer noch kommen.«
»Mister, du solltest wirklich anders von der Firma reden, die unsere Brötchen bezahlt. Langweiliger Scheiß.« Ich verdrehe die Augen. »Du bist schließlich auch Mitarbeiter der Presseabteilung. Also bitte etwas mehr Enthusiasmus.«
Er grinst. »Ich meine natürlich all unsere grenzgenialen Produkte. Das Beste seit Erfindung des IPhones.«
»Ehrlich, manchmal frage ich mich echt, wie du zu deinem Job gekommen bist.« Valery stöhnt. Dann wendet sie sich mir zu. »Also, ich finde es mega, dass du Sanderson morgen begleitest. Du musst uns alles über ihn erzählen!«
»Aber verknall dich nicht in unseren Sunnyboy ...«, witzelt mein Kollege und schnalzt mit der Zunge.
»Auf keinen Fall! Schließlich bin ich verlobt.«
Sander seufzt tief. »Oh ja. Wie lange jetzt? Seit einer Ewigkeit. Bambi, du musst auch mal leben. Wer heiratet schon seine Jugendliebe? Und studiert sogar an derselben Uni mit ihm, anstatt sich durch den Campus zu vögeln?«
»Es geht im Leben nicht immer nur um Sex.«
»Also, ich habe vor, noch die hundert zu knacken, bevor ich hundert werde.« Mein Kollege grinst mich frech an.
Was er sicher schaffen wird, denn Sander zieht Männer an wie Motten das Licht. Was nicht nur an seinen klaren, blaugrauen Augen, den Grübchen und den dunkelblonden Locken liegt, sondern auch an seiner Ausstrahlung. Er versprüht Lebensfreude pur. Bei mir bleibt der Zähler bei drei stehen. Mein erster Freund, Carter und das Intermezzo, als Carter und ich uns zwischendurch für ein paar Monate getrennt hatten. Manchmal komme ich mir deswegen total spießig vor. Andererseits ist es doch schön, wenn man so früh seine große Liebe findet, oder?
Valery und ich wechseln einen Blick und seufzen.
»Hase, du wirst auch irgendwann den Richtigen finden. Und dann hast du nur noch Augen für ihn«, sage ich.
Seine Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Lächeln. »Na, wir werden es ja sehen, wie egal dir Mr. Supersexy ist. Wetten, du sabberst ihn morgen an?«
»Sicher nicht. Ich werde ganz professionell mit ihm umgehen. Wie mit Miller.«
»Kunststück«, spöttelt Sander. »Der Mann hatte die Ausstrahlung einer Bockwurst. Aber Sanderson ist scharf. Zieh dir am besten ein Top an, dessen Ausschnitt bis zum Bauchnabel geht, Baby. Dann reiß dir die Bluse auf und fall über ihn her. Das lockert die Stimmung sicher auf.«
Ich stöhne auf, während Valery lauthals losprustet. »Ehrlich, Sander, du bist unmöglich.«
Doch ich kann nicht verhindern, dass mein Blick wieder auf Sandersons Bild fällt, das auch ohne Lächeln Humor durchblitzen lässt. Dieser Kerl ist pures Dynamit.
»Sag mal, Dancing Queen, kommst du am Samstag jetzt eigentlich mit?«, fragt mich Sander. »Wir wollen irgendwo erst ein paar Drinks zwitschern und dann – Party! Dieses Wochenende ist DJ TrackLine im Club. Und Dillans irische Freunde sind da. Bitte sag Ja. Je mehr wir sind, desto besser.«
Valery strahlt mich an. »Ja, feiern mit Riley! Bitteeeee. Das letzte Mal warst du vor drei Wochen mit dabei.«
»Ich würde ja gerne. Aber Carters Eltern kommen nach Boston.« Leise seufze ich. Carters Mutter Nancy ist nicht wirklich mein Fall. Sie ist kühl und fordernd, denkt immer, alle würden sie oder ihre Familie übervorteilen. Mit ihr essen zu gehen, ist fast immer anstrengend, voller kleiner Spitzen. Wie viel lieber würde ich mit meinen Freunden mal wieder in einen Club gehen und tanzen, bis die Schuhe glühen, als gepflegt essen zu gehen? Zumal ich Sanders Freund Dillan echt gern mag. Es wäre toll, seine Kumpels kennenzulernen.
»Schleich dich durchs Fenster in der Toilette raus. Oder täusch einen Magen-Darm-Virus vor.« Sander grinst. »Oder sag, du musst was für Mr. Model-CEO machen. In der Horizontalen.«
Lachend schüttele ich den Kopf. Sander und seine blöden Sprüche. »Ich könnte es auch einfach mit der Wahrheit versuchen – mein Lieblingskollege braucht jemanden, der aufpasst, dass er keine Dummheiten anstellt. Oder mal wieder etwas vergisst.« Bedeutsam hebe ich die Augenbrauen. »Wie zum Beispiel die Pressemitteilung zur nächsten Messe ...«
»O Shit.« Sander schlägt sich mit der Hand auf den Mund. »Die ist in zwei Wochen, oder? Und ich weiß noch nicht, was für Innovationen wir präsentieren werden.« Die Heiterkeit in seinem Gesicht weicht Panik und er springt auf. »Verdammt, ich muss den Bereichsleiter anschreiben. Und die R&D-Abteilung. Und ...«
Lachend halte ich ihn zurück. »Relax, Sander. Habe ich doch schon alles auf den Weg gebracht. Ich brauchte das sowieso für eine Rede. Also kannst du einfach alles übernehmen.«
»Pumpkin Pie, was wäre ich nur ohne dich?« Er drückt mich fest.
»Immer zu spät für Deadlines«, feixe ich.
Den Rest des Tages beschäftige ich mich überwiegend mit dem Fototermin. Ich prüfe die Gegebenheiten im großzügigen Sitzungssaal noch einmal, melde die Fotografin am Empfang an, buche einen Parkplatz für sie und beauftrage Kaffee und Kaltgetränke. Außerdem bereiten wir eine Mitarbeiterveranstaltung in einer Woche vor, mit der wir Sanderson der Belegschaft vorstellen wollen. Ich sitze an der Rede, doch es fällt mir schwer, die richtigen Worte für ihn zu finden.
Bei Miller wusste ich immer, was er sagen möchte und wie. Bei Sanderson tappe ich völlig im Dunkeln. Aber das bringe ich ja morgen alles in Erfahrung. Ich nehme meinen Notizblock und schreibe mir auf, was ich von ihm wissen will. Bis ich fertig bin, ist es fast acht. Ich gehe den großzügigen Eingangsbereich entlang. Er ist ganz in Weiß gehalten, nur hier und da durch Akzente in unseren Firmenfarben unterbrochen. In der Mitte prangt das Firmenlogo: »NexGen« in leuchtendem Petrol, »Biotech« in einem kühlen Silber, eingerahmt von einem blaugrünen Oval, in das eine filigrane DNA-Helix eingeflochten ist. Der Slogan »Innovating Tomorrow« zieht sich über die gesamte Länge des Flurs, wobei er anfangs in kräftigem Petrol leuchtet und zum Ende hin immer heller wird, bis er silberblau ist.
Selbst nach vier Jahren bei NexGen fasziniert mich dieses Schauspiel. Es spiegelt wider, was wir hier täglich leben: In dieser Firma werden Zukunftsvisionen umgesetzt. Und dazu trage ich auf bescheidene Weise auch etwas bei, obwohl ich nur ein begrenztes Wissen von Biochemie habe. Biologie und Chemie haben mich zwar schon in der Schule fasziniert, aber leider reichte meine mathematische Begabung nicht aus, um mehr aus dieser Passion zu machen. Immerhin habe ich ein Basiswissen. Trotzdem haben mich am Anfang all die Wissenschaftler und Doktoren ganz schön eingeschüchtert. Aber die Forschenden haben ihre Stärken – und ich meine. Von denen werde ich Sanderson morgen überzeugen.
Ich haste zur U-Bahn und erreiche den Bahnsteig, kurz bevor der Zug einfährt. Mit dem Strom der Fahrgäste eile ich in den Wagen. Ich finde einen Platz am Fenster und lasse mich nieder, die Handtasche sicher auf dem Schoß. Der Zug setzt sich in Bewegung. Die Luft ist stickig, eine Mischung aus abgestandenem Kaffee und Schweiß, und ich wünsche mir wieder einmal, näher an der City zu wohnen, ihren Puls mehr zu spüren. Ich liebe diese Stadt einfach. So viel cooler als St. Cloud, die Kleinstadt im Mittleren Westen, wo ich die ersten achtzehn Jahre meines Lebens verbracht habe. In Boston lebe ich jetzt seit vier Jahren und bin hier glücklich wie ein Fisch im Wasser.
Dann erreichen wir Allston mit den bunten Häuserfassaden und den mit Graffiti-bedeckten Mauern. Hier ist alles ein bisschen rauer, etwas chaotischer. Aber es hat trotzdem Charme. Die Türen gehen zischend auf, und ich schiebe mich durch die Menschenmenge nach draußen. Der kühle Abendwind schlägt mir entgegen und für einen Moment genieße ich die frische Luft. Am Kiosk gegenüber sehe ich, dass die aktuelle Ausgabe von Sports Illustrated ein Interview mit Colin Jameson hat, einem Nachwuchstalent der New England Free Jacks, einem Bostoner Rugbyteam. Darüber würde Carter sich bestimmt freuen. Schnell gehe ich hinüber und kaufe das Magazin. Nach wenigen Gehminuten erreiche ich unsere Wohnung und schaue hinauf. Das Licht brennt bereits, also muss Carter schon zu Hause sein. Dann können wir ja endlich wieder einmal zusammen essen. Das haben wir in den letzten Wochen so gut wie nie geschafft.
Carter arbeitet noch mehr als ich, weil er unbedingt Partner in seiner Kanzlei werden will. Sobald ich die Wohnungstür öffne, empfängt mich bereits der einladende Duft von Essen. Ich schnuppere. Hm, das könnte Carters Turkey Casserole sein. Meine Mundwinkel heben sich an in Erwartung eines köstlichen Menüs und einem schönen Abend als Paar. Mit Kerzen, Rosen und schicker Kleidung. So wie früher, als wir uns verliebt haben.
»Hey, Traummann, hast du etwa dein megaleckeres Casserole gekocht?«, frage ich und ziehe Schuhe und Jacke aus. Das Magazin halte ich hinter dem Rücken.
Er lacht leise. »Nur das Beste für meine Süße. Komm rein und genieße, Sweetie.«
Ein freudiges Kribbeln erfasst mich, als ich den schmalen Flur entlanggehe. Ich erahne das reiche, cremige Aroma von Butter und den Duft von geröstetem Truthahn, vermischt mit Knoblauch und Zwiebeln. Es riecht nach Thanksgiving, nach Herbst. Nach Geborgenheit. Mit jedem Schritt werden die Aromen stärker und meine Spannung größer. Als ich den Wohnraum betrete, verpufft meine Vorfreude jedoch sofort. Denn Carter sitzt in Jogginghose vor dem Fernseher und sieht sich Baseball an. Ein leerer Teller steht auf dem Couchtisch. In meiner Kehle sammelt sich ein Kloß der Enttäuschung. Ich schlucke ihn hinunter, gehe zu Carter und gebe ihm zur Begrüßung einen Kuss. Dabei überreiche ich ihm das Sportmagazin. »Hi, Schatz. Ich habe dir etwas mitgebracht.«
Seine Augen glänzen. »Klasse! Das Interview wollte ich unbedingt lesen. Über Colin reden gerade alle.«
»Das habe selbst ich mitbekommen«, erwidere ich schmunzelnd. Einen Moment zögere ich, dann sage ich: »Es ist übrigens echt lieb, dass du gekocht hast. Aber warum hast du denn nicht auf mich gewartet?«
Er zuckt mit den Achseln. »Ich dachte, du bleibst länger. Und ich hatte Hunger.«
»Du hättest mich ja einfach fragen können.«
Seine Stirn legt sich in Falten. »Willst du jetzt echt rummotzen, obwohl ich so gut gekocht habe?«
Sofort fühle ich mich schuldig. Immerhin hat er für uns beide gekocht. Als Pragmatiker wird er nie verstehen, dass Essen für mich mehr erfüllt als die Befriedigung körperlicher Bedürfnisse.
»Es ... es tut mir leid«, sage ich und setze mich neben ihn. Ich lege meine Hand auf seine, drücke sie und gebe ihm einen leichten Kuss auf den Mund. »Vielen lieben Dank, dass du heute das Essen gemacht hast. Ich freue mich schon riesig auf dein tolles Casserole.«
Er grinst. »Na, also. Das wollte ich hören!«
Ich erwidere sein Lächeln. »Dann hole ich mir mal etwas. Ich habe nämlich auch Hunger.« Einen winzigen Moment warte ich in der Hoffnung, dass er für mich aufsteht. Damit ich mich nach dem langen Tag ausruhen kann. Doch Empathie gehört leider nicht zu Carters Stärken. Ich verkneife mir ein Seufzen, stehe auf und gehe in die Küche. Auch wenn ich versucht habe, meine Enttäuschung vor Carter zu überspielen, mich kann ich nicht belügen. Nach fast zehn Jahren Beziehung sollte er wissen, wie sehr ich es liebe, wenn wir gemeinsam speisen.
Seufzend nehme ich mir von dem Nudelauflauf, der mir eigentlich etwas zu mächtig für diese Uhrzeit ist. Aber Carter meint es ja gut. Ich öffne den Kühlschrank, um mir ein wenig Weißwein zu gönnen. Doch ich kann die offene Flasche nicht finden.
»Schatz, wo ist denn der Italiener von gestern?«
»Den habe ich mir genommen.«
Kein »Sorry, Sweetie« oder sonst etwas. Und natürlich hat er auch keinen neuen Weißwein kaltgestellt. Manchmal treibt mich seine Gedankenlosigkeit echt zur Weißglut! Aber ich will nicht noch mehr meckern. Also nehme ich mir eine Flasche Rotwein, schraube sie auf und schenke mir ein. Nicht unbedingt ein Perfect Fit zur Casserole, was mir im Moment allerdings herzlich egal ist. Ich brauche etwas, das mich runterkommen lässt. Sonst kann ich sicher vor Aufregung nicht schlafen. Immerhin werde ich morgen Elias Sanderson kennenlernen. Den Mann, der über meine weitere Zukunft entscheiden kann. Mein Magen zieht sich zusammen.
Ich nehme mir das Glas Wein und den Teller, um damit zurück ins Wohnzimmer zu gehen. Mit seinen weißen, glänzenden Hochglanzmöbeln und der sparsamen Dekoration spiegelt es viel mehr von Carter als von mir wider. Aber das war nun einmal seine Wohnung, er ist schon zwei Jahre vor mir nach Boston gezogen. Als ich mit meinem Studium fertig war, bin ich bei ihm eingezogen. Weil es praktisch war. Trotzdem fehlt mir manchmal meine eigene Note.
Ich werfe Carter einen kurzen Blick zu. Wird er aufstehen, sich mit mir an den Tisch setzen? Aber seine Augen sind stur auf den Fernseher geheftet. Nein, er wird nichts dergleichen machen. Und eigentlich fühle ich mich auch ziemlich erschossen. Also lasse ich mich neben ihn fallen, während er selbstverständlich Baseball laufen lässt.
Eine Weile sehe ich dem Spiel zu, während ich esse, aber irgendwann nervt mich das ständige Hin- und Hergeschlage. Zumal ich keine Ahnung von den Regeln habe. »Können wir bitte umschalten? Ich kann mit Sport echt nichts anfangen.«
Er grinst. »Ich weiß. Aber bitte keine Herzschmerzsachen ...«
»Keine Sorge, dabei brauche ich Ruhe«, sage ich schmunzelnd. »Wir können ja House of the Dragon weitersehen. Oder?«
Carter geht auf den entsprechenden Streamingdienst. Nach einer Weile wandert Carters Blick von dem Fantasy-Epos zu mir. »Die Elektriker haben heute angerufen. Sie sind bald fertig. Das heißt, dass die Malerarbeiten wie geplant im Mai starten können.« Er lächelt von einer Wange zur nächsten. Carter kann es nicht erwarten, in das Haus einzuziehen, das er von seinen Großeltern geerbt hat. In Lexington. Einem netten, aber reichlich spießigen Vorort von Boston, wo man eigentlich erst hinzieht, wenn man Kinder hat. Nicht wenn man das Großstadtleben genießen will. Eine Schwere legt sich auf meine Brust.
Ich habe lange genug in einer Kleinstadt gelebt. Jetzt will ich Boston genießen und ausgehen. Spaß haben! Mit Sander und Valery ausgehen, ich selbst sein. Dieses Haus fühlt sich an, als enge es mich schon ein, bevor wir eingezogen sind. Als beschränke es mich auf eine Rolle, die ich eigentlich nicht haben will. Noch nicht. Aber Carter freut sich so sehr darauf. Und eigentlich ist es ja auch toll – ein eigenes Haus. Das ich selbst mitgestalten kann. Also, wieso stelle ich mich so an? Ich schlucke meine Beklemmung herunter.
»Oh, toll. Wie lange dauert es dann noch?«
»Höchstens ein paar Wochen, denke ich. Nach dem Anstrich kommen die Bodenbeläge. Wir sollten jetzt vielleicht die Küche aussuchen. Hast du dich schon für eine der drei Varianten entschieden?«
Ich schiele zum dicken Ordner im Regal. Darin hat Carter fein säuberlich alle Informationen zur Renovierung festgehalten, von ersten Angeboten über Zeitpläne bis hin zu den Optionen für die neue Küche. Immer akkurat, genauso wie er ist. Er liebt es, alles ganz genau zu planen. Mich überfordert dieses Überangebot an verschiedenen Möglichkeiten ein wenig. Ob die Schränke nun sechzig oder achtzig Zentimeter breit sind, ob sie Schubladen oder Regale haben oder wie viele Programme die Spülmaschine kann, interessiert mich nur am Rande. Hauptsache, es sieht schick aus und ist praktisch. Ich zucke mit den Achseln. »Da ich so selten koche, habe ich echt keine Ahnung, worauf es dabei ankommt. Willst du das nicht lieber aussuchen?«
»Dann fuchs dich rein.« Carter runzelt die Stirn. »Immerhin möchte ich in unserem Haus die Partner zur Einweihung einladen. Da müssen wir natürlich mit pfiffigen Gerichten aufwarten. Schließlich will ich sie beeindrucken. Sie sollen sehen, dass ich dazugehöre.«
Nur mit Mühe verkneife ich mir ein Stöhnen. »Können sie dich denn nicht einfach nur wegen deiner Leistungen befördern? Du bist ein toller Anwalt, das sollte reichen.«
»Riley, ich habe es dir schon mal gesagt: Um Partner zu werden, muss ich mich voll reinknien. Und beweisen, dass ich überall einen gewissen Standard erfülle.«
Ich grinse. »Na, dann kannst du die Bande ja bekochen.«
»Das ist nicht lustig. Das wird nun einmal von einer Ehefrau erwartet. Wenn wir erst verheiratet sind, solltest du also ein paar anspruchsvolle Gerichte können.«
»Carter, du weißt, dass ich auch mit Ring am Finger nicht zum kochlöffelschwingenden Superweib mutieren werde. Ich bin gerne berufstätig und gut in meinem Job. Kochen und ich ... Das ist nun einmal nicht mein Ding.«
Enttäuschung legt sich auf sein Gesicht. Er möchte den Partnern zeigen, dass sein Leben in perfekten Bahnen läuft. Und für diese Leute gehört dazu nun einmal eine treusorgende Ehefrau. Die am Herd glänzt. Ich seufze leise. »Aber wenn es dich glücklich macht, lerne ich ein paar Gerichte. Dann tun wir halt so, als wäre ich eine Virtuosin an der Pfanne.«
»Danke, Sweetie.« Carter nickt mir zufrieden zu und nimmt einen Schluck von seinem Wein. Ich tauche meinen Löffel in das Casserole und nehme noch etwas.
Carter schnappt sich sein Handy, tippt kurz drauf herum. Schon höre ich den Ton einer eingehenden WhatsApp-Nachricht. »Wir sollten das Einweihungsessen im Herbst machen, vor den ganzen Jahresabschlüssen. Da ist es immer stressig in der Kanzlei. Und danach ist tiefer Winter. Nein, es wäre besser, die Gunst der Stunde zu nutzen. Oktober wäre gut.« Er stutzt kurz. »Vorher sollten wir heiraten, da sind meine Partner eher konservativ. Also, was meinst du – September?«
Ernsthaft? Danach wollen wir das Datum unserer Vermählung ausrichten? Nach den Vorlieben von Carters Partnern? Ich starre ihn an, hoffe, dass er grinst oder irgendwie andeutet, dass er nur einen Spaß macht. Aber er sieht mich abwartend an.
Das Casserole droht, mich zu ersticken. Ich schlucke es mühsam herunter. »Äh ... ich weiß nicht. Das kommt so ... abrupt.«
Er zieht die Stirn in Falten. »Wir sind jetzt seit ein paar Jahren verlobt, Riley. Da ist es wohl kaum überraschend, dass ich allmählich einen Termin festsetzen möchte.«
Valider Punkt. Aber irgendwie habe ich mich so sehr an den Zustand des Dauerverlobtseins gewöhnt, dass mich seine Frage überrumpelt. »Das stimmt natürlich. Trotzdem ... puh, ich weiß gerade nicht, was ich dazu sagen soll. Es ist ... September? Ja. Vielleicht. Aber ... Ich habe wegen morgen so viel um die Ohren. Können wir das bitte ein anderes Mal klären?«
Er sieht mich einen Moment verwirrt an, dann schlägt er sich gegen die Stirn. »Richtig. Der Fototermin mit eurem neuen CEO. Elias Sanderson, oder?«
»Ganz genau. Sander beneidet mich schon glühend, weil ich Sanderson als Erste kennenlernen darf. Na ja, nach Alan natürlich.«
Carter nickt, bevor wieder auf sein Lieblingsthema zu sprechen kommt: seine eigene Karriere. »Wyatt denkt übrigens darüber nach, mir die IRS-Verteidigung eines großen Mandanten anzuvertrauen. Er meinte, ich wäre jetzt so weit.«
Der Internal Revenue Service. Die Steuerbehörde. Das ist ein Riesending. Ich lächele ihn an. »Wow! Das ist ja echt eine tolle Auszeichnung. Und was sollst du da genau machen?«
Das lässt Carter sich nicht zweimal sagen. Er erklärt mir bis ins kleinste Detail, worauf es dabei ankommt. Seine Begeisterung lässt mich schmunzeln – und wieder daran denken, wieso ich mich damals in ihn verliebt habe. Weil er nicht nur in seinem Job so engagiert ist, sondern auch privat. Schon als Kind war er irgendwie immer der Anwalt der Unbeliebten gewesen. Er hat nie zugelassen, dass die Kumpels aus dem Footballteam seine kleine Schwester oder mich mobbten, wenn sie bei ihm waren.
Carter war der große Bruder meiner damaligen besten Freundin – und ich schon ewig verknallt in ihn gewesen. Für mich war er der wahr gewordene Teenagermädchen-Traum; gut aussehend und charmant, aber auch ernst und gütig. Der Tag, an dem er mich mit verlegener Miene und roten Wangen um ein erstes Date gebeten hat, beschleunigt noch heute meinen Herzschlag. Er hat so süß ausgesehen; die dunkelblonden Haare zerzaust, als wäre er sich vor Nervosität ständig durchgefahren. Die braunen Augen fragend, warm und voller Vorfreude. So wie jetzt, wo er vom IRS-Job erzählt. Ein Lächeln zupft an meinen Mundwinkeln. So liebe ich Carter einfach.
»Diesen Erfolg sollten wir unbedingt feiern«, sage ich sanft zu ihm. »Worauf hättest du denn Lust?«
»Das ist eine schöne Idee, Sweetie.« Er greift nach meiner Hand und drückt sie. Seine Haut ist weich und warm, es fühlt sich herrlich vertraut an. Dann zieht er die Augen zusammen, denkt offensichtlich nach. »Wie wäre es mal wieder mit der Sauna? Da waren wir lange nicht mehr.«
Ich nicke. »Klingt toll.«
Es wird sicher schön, wieder einmal einen relaxten Tag mit Schwitzen und Chillen zu verbringen. So wie früher. Wo wir beide nicht an unsere Jobs denken. Sondern nur an uns.
Mittlerweile sind fast drei Monate vergangen seit Ricks Intrige. Verdammt, dass mich wirklich eine Frauengeschichte zu Fall bringt! Ich hätte nie gedacht, dass Clarice ein Ding daraus machen würde. Immerhin hatten wir es beide so gewollt. Aber anscheinend wollte sie mehr haben. Viel mehr! Deswegen hat sie gemeinsame Sache mit Rick gemacht.
Ich presse meine Lippen so fest zusammen, dass es schon schmerzt. Trotzdem bleibe ich hoch konzentriert, während ich meine Berechnungen prüfe. Das ist das einzig Gute daran: Ich habe endlich Zeit, weiter an der Simulation der künstlichen Erzeugung funktionierender Organe zu arbeiten. Mein Arbeitszimmer ist zwar kein Hightech-Labor, aber für analytische Forschungen reicht es. Mein Laptop zeigt eine komplexe Modellierung einer Zellstruktur, die sich in einem spezifisch zusammengestellten Medium befindet. Die Zusammensetzung ist noch nicht perfekt. Es fehlt etwas – vielleicht ein Protein, das das Zellwachstum fördert oder die Struktur stabilisiert. Ich muss das Geheimnis knacken, denn es könnte so viele Leben retten. Lenny hätte nicht sterben müssen.
Ich schließe die Augen, als mich die Erinnerungen überwältigen. Lenny, mein kleiner, warmherziger Bruder, im Krankenhaus. Immer blasser werdend, immer schwächer. Wir haben verzweifelt auf ein Spenderorgan gewartet. Aber die Zeit verstrich und es fand sich kein passender Spender. Bis der arme, geschwächte Körper meines Bruders versagte. Ich stöhne, unterdrücke den Impuls, über meine Augen zu reiben. Ich muss weiterforschen. Bis ich diese Biotinte so perfektioniert habe, dass nie wieder jemand diesen Kummer und diese Schmerzen erlebt. Deswegen entwickele ich wie besessen immer neue Algorithmen zur Zellplatzierung für Bioprinting-Technologien. Die Simulation zeigt, dass die molekulare Dichte der Biotinte noch nicht optimal ist. Bestimmte Zellstrukturen verklumpen, weil sie zu schnell wachsen. Das bedeutet, dass die Zusammensetzung der Matrix weiter verfeinert werden muss, um eine stabilere Verteilung zu ermöglichen.
In den letzten Jahren bin ich schon viel weitergekommen. Dummerweise habe ich für meine Forschungen das BioVaris-Labor verwendet, weil ich dachte, es wäre sicher. Jetzt kann ich meine eigene Arbeit nicht mehr so verwenden, wie ich es möchte. Wegen diesem Arschloch von Rick. Meine Kiefermuskulatur spannt sich an, doch ich verdränge meine Wut, gebe neue Parameter ein.
Das ist das Problem in der Welt der Forschung – es gibt so viele Variablen, und jede kleine Änderung kann den Unterschied zwischen Erfolg und Versagen ausmachen. Aber ich muss es schaffen. Und zwar bevor Miles den Code knackt. Er ist ein brillanter Forscher, gemeinsam standen wir kurz davor, funktionierende Organe zu entwickeln, indem wir den menschlichen Gencode entschlüsseln. Miles verloren zu haben, verletzt mich mehr als alles andere. Er ist mein Freund, seit ich denken kann. Wir waren immer füreinander da. Er hat mich getröstet, als Lenny gestorben ist. Und wir haben davon geträumt, die Welt besser zu machen. Deswegen bin ich Forscher geworden.
Nicht, um Millionen zu scheffeln. Wobei das ein angenehmer Nebeneffekt ist. Ich mag Luxus. Aber ich werde mein Wissen teilen, sobald ich einen echten Durchbruch erziele. Auch arme Kinder haben Brüder, deren Herz bei diesem Verlust bricht. So wie meins damals. Ich war nach Lennys Tod wie betäubt, konnte nicht verstehen, dass alle moderne Medizin ihn nicht retten konnte. Aber heute haben wir die Chance, den schleichenden Verfall der Organe zu besiegen.
Ich schlucke, verdränge die Erinnerungen und konzentriere mich auf meine Arbeit. Mit ruhigen Händen passe ich die Parameter in meinem Simulationsmodell an und lasse eine neue Berechnung durchlaufen. Während die Simulation läuft, vergleiche ich die Ergebnisse mit existierenden Forschungsdaten, die ich von einem befreundeten Labor erhalten habe. Praktische Tests kann ich selbst nicht durchführen, aber ich analysiere die Daten der Zellstudien, die ein Partnerinstitut für mich durchführt.
Diese Ergebnisse gleiche ich mit Forschungen von BioVaris ab, die ich auch in meiner persönlichen Cloud gespeichert habe. Mir ist natürlich bewusst, dass ich mich damit mindestens in eine Grauzone begebe. Aber dieses Verfahren muss funktionieren. Irgendwie werde ich mich mit Rick einigen. Im schlimmsten Fall hilft Geld. Davon habe ich durch den Verkauf meiner BioVaris-Anteile ausreichend.
Ich prüfe die neuesten Simulationswerte. Die aktuelle Biotinte zeigt eine bessere Zellstabilität, aber es reicht immer noch nicht. Die Algorithmen müssen weiter optimiert werden, um eine feine Balance zwischen Zellwachstum und Strukturfestigkeit zu gewährleisten. Für einen Moment verliere ich mich in den Formeln und Daten. Hoffentlich finde ich bald einen Weg, funktionsfähige Organe zu drucken. Mit etwas Glück finde ich bei NexGen neue Ansätze. Immerhin ist die Firma um ein Vielfaches größer als BioVaris. Sie forschen ebenfalls auf diesem Gebiet und haben schon einige Fortschritte gemacht. Das war auch der Grund, warum ich mich für sie entschieden habe. Angebote gab es genug, als die Nachricht von meinem Rückzug bei BioVaris über die Ticker lief.
Nun, ich hoffe, dass NexGen eine gute Wahl ist. Einen ersten Eindruck von dem Unternehmen bekomme ich morgen bei dem Fotoshooting, das eine Pressesprecherin namens Riley Donovan durchführt. Ihr Chef, Alan Masterson, sagte mir letzte Woche, sie wäre engagiert, clever und hungrig. Ihr Bild wabert durch meinen Kopf. Sie ist eine hübsche Endzwanzigerin mit blonden Haaren und aufgeweckten, braunen Augen. Eigentlich sieht sie etwas zu gut aus, um für mich zu arbeiten. Ich will bei NexGen nicht schon wieder über eine attraktive Frau stolpern. Andererseits – ich muss ja nicht zum Eremiten werden, nur weil Clarice den Hals nicht voll bekommen hat.
Zum wiederholten Mal streiche ich mir den dunkelblauen Rock glatt. Noch immer frage ich mich, ob eine Hose nicht die bessere Wahl gewesen wäre. Aber im klassischen Look sehe ich einfach professioneller aus. Ich überprüfe meine Erscheinung in der Spiegelung im Fenster. Der Rock reicht über die Knie und fällt damit nicht in die Kategorie »Hey, schaut mich an«. Das Jackett habe ich zu Hause gelassen, dafür trage ich – passend zur Corporate Identity – eine petrolfarbene Seidenbluse und silbern-blaue Pumps. Schick, aber nicht spießig. So will ich rüberkommen.
Unauffällig werfe ich einen Blick auf meine Uhr. Kurz vor elf. Gleich sollte Sanderson erscheinen. Im zwanzigsten Stock ist der große Besprechungsraum für die Fotosession eingerichtet. Ich habe mit Melissa, der Fotografin, alles vorbereitet – und Platzhalter für unseren neuen CEO gespielt. Dadurch habe ich jetzt wenigstens wieder gute Bilder.
Ich bekomme eine Nachricht über Teams herein. Schnell öffne ich das Handy. Sie ist von Sanderson.
Ms. Donovan, es wird leider etwas später werden. Am Hafen ist mehr Verkehr als gewöhnlich.
Verwirrt sehe ich auf die Meldung. Miller hätte mir nie im Leben über Chat geschrieben. Aber gut, der ist ja auch schon in den Fünfzigern. Unser neuer CEO ist deutlich moderner. Ich hoffe nur, dass er nicht selbst fährt, wenn er mir schreibt. Auf jeden Fall ist es nett, dass er mich informiert. Ich hasse es, wenn Manager denken, sie könnten ihre Untergebenen warten lassen. Die Frage ist, wie viel ist etwas später wohl für ihn? Hoffentlich nicht zu lange. Sonst gehe ich doch lieber wieder hoch. Aber zehn Minuten kann ich noch hier unten bleiben. Das ist höflicher. Ich checke meine Mails derweil, beantworte zwei Anfragen. Mittlerweile ist es zehn nach elf. Lohnt es sich zu warten oder soll ich hochgehen?
Da höre ich energische Schritte auf der Treppe. Das könnte er sein. Schaue ich in seine Richtung oder tue ich lieber, als ob ich den Hafen bewundere? Aber das wäre albern. Während ich darüber nachdenke, taucht der Verursacher der Geräusche auf – und ich sehe den Mann an, dessen Foto Sander gestern angeschmachtet hat. Und bei Gott, dieser Typ sieht in natura noch einmal viel besser aus!
Seine strahlend blauen Augen scheinen das Funkeln der Sonne einzufangen und seine Züge sind so perfekt konturiert, als habe sie jemand mit Hammer und Meißel nachbearbeitet. Von seinen verführerischen Lippen will ich gar nicht erst reden ... Wie kann ein Mensch nur solch eine verschwenderische Attraktivität abbekommen – und dann auch noch sauclever sein? Immerhin hat Sanderson viele Produkte, mit denen seine alte Firma erfolgreich geworden ist, selbst entwickelt. Manchmal ist die Genlotterie schon seltsam.
Sein Blick fällt auf mich und seine schön geschwungenen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Mit wohldosiertem Schwung kommt er auf mich zu. Selbstbewusst wie jemand, der seine Wirkung auf andere genau kennt. Kurz vor mir bleibt er stehen, hält mir die Hand hin. »Ms. Donovan, nehme ich an. Verzeihen Sie die Verspätung, aber eine Ampel ist ausgefallen.« Er schüttelt den Kopf, mustert mich. »Sie sehen übrigens genauso charmant aus wie auf Ihrem Profilbild.«
Sein Lächeln wird noch breiter. Verführerischer. Mein Magen flattert wie wild, aber ich zwinge ihn zur Ruhe. Das ist unser CEO. Und ich bin verlobt. Sekunden des Schweigens verstreichen und er hebt verwundert die Augenbrauen an. »Guten Tag, Mister Sanderson. Kein Problem, es waren ja nur zehn Minuten. Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen«, erwidere ich schließlich spröde und reiche ihm die Hand. Das unerwartete Kompliment übergehe ich einfach.
»Die Freude ist ganz meinerseits.« Er nimmt meine Hand und schüttelt sie. Dabei umfasst er sie mit einem angenehmen Druck, weder zu fest noch zu schlaff. Seine Haut fühlt sich warm und weich an. Ich spüre, wie die Hitze in meinen Wangen aufsteigt. Oh no, bitte nicht! Schnell entwinde ich ihm meine Finger, bevor ich zur Tomate mutiere.
Seine Lippen kräuseln sich, als ahnte er, warum ich den Händedruck so hastig beende. Oder ist er verwundert, weil ich nicht auf seinen Flirtversuch einsteige? Vermutlich machen das alle anderen Frauen. Aber ich will nicht sein wie andere. Sondern ich will die sein, die für ihn arbeitet.
»Ich muss Sie noch beim Empfang anmelden.« Schnell gehe ich auf den Tresen zu. Hauptsache, ich entziehe mich seiner Nähe, die mehr Wirkung auf mich hat, als sie sollte. Er folgt mir, ohne mir zu nahe zu kommen.
Stanley, der Pförtner, weiß natürlich Bescheid. Er grüßt unseren neuen Chef respektvoll. »Guten Tag, Sir. Dürfte ich Ihren Ausweis haben, um die Nummer zu notieren?«
Sanderson nickt und holt das Portemonnaie aus der Innentasche seines perfekt sitzenden Jacketts. Vermutlich maßgeschneidert. Dazu trägt er ein weißes Hemd ohne Krawatte und eine modische, dunkelblaue Jeans. Sneaker runden das Bild ab. Das Outfit bringt seine Figur mit den breiten Schultern und der schmalen Hüfte fantastisch zur Geltung. Kein Wunder, dass man ihn den Model-CEO nennt. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so einen attraktiven Mann in echt gesehen zu haben. Nur auf Postern und in Filmen.
Als Stanley alle erforderlichen Informationen übertragen hat, gibt er Sanderson seinen Pass und den Mitarbeiter-Ausweis. »Das war es, Sir. Willkommen bei NexGen.«
Sanderson nickt ihm zu. »Ich danke Ihnen. Ich freue mich schon, Sie alle kennenzulernen.«
Wir passieren die Lichtschranke. In der Mitte des lang gestreckten Foyers bleibt der neue CEO stehen. Er sieht aufmerksam zu, wie unser Markenclaim »Innovating Tomorrow« erst petrol, dann heller werdend und schließlich silbern über die cleane, weiße Oberfläche entlangläuft.
»Gefällt es Ihnen?« Es freut mich, dass ihm der stylishe Eingangsbereich auffällt, den ich so liebe.
Er nickt mit einem leichten Schmunzeln. »Das ist wirklich äußerst beeindruckend. So etwas Verspieltes gab es bei BioVaris nicht. Bei uns hat in der Führung irgendwie jemand gefehlt, der Wert auf solche Details legt.«
»Nun, dafür gibt es bei NexGen eine relativ große Kommunikationsabteilung. Für die ich ja arbeite, wie Sie wissen. Alan ... äh, Mr. Masterson hatte die Idee dazu.« Ich stelle mich neben Sanderson und betrachte den Farbwechsel, der das Licht im Foyer ständig verändert. »Es soll die Dynamik und Modernität des Konzerns visualisieren.«
»Das gelingt gut. Es hat den Anschein, dass Ihre Abteilung eine wahre Bereicherung ist.«
Erneut schwingt darin etwas Unausgesprochenes mit. Etwas, das meinen Magen schon wieder in Aufruhr versetzt.
»Wollen wir nun nach oben fahren?«, frage ich.
»Unbedingt.« Sanderson lächelt verschmitzt. Was nicht dazu beiträgt, gelassen zu werden. Hastig drehe ich mich um, gehe zum Fahrstuhl. Als er kommt, macht Sanderson eine einladende Handbewegung. »Ladies First, Ms. Donovan.«
Er wartet höflich, bis ich einsteige. Dann folgt er mir in den Lift. Mit einem leisen Sirren schließen sich die Türen und wir werden sanft nach oben gezogen. Durch die gläserne Front haben wir eine atemberaubende Aussicht auf den Hafen. Sanderson schaut auf das Panorama, bevor sein Blick zu mir wandert. »Also werden Sie gleich dafür sorgen, dass ich gut aussehe, ja?« In seinen Augen funkelt es amüsiert.
Verdammt, flirtet dieser Typ echt mit mir? Das ist genau das, was ich nicht will. Er soll mich in erster Linie als kompetent wahrnehmen. Doch er sagt nichts, was in irgendeiner Weise unangemessen wäre. Trotzdem macht mich die Art, wie er lächelt und wie er mich ansieht, nervös.
Ich räuspere mich. »Aus meiner Sicht kommt es vor allem darauf an, Sie als Visionär darzustellen. Sie sollen schließlich nicht wirken wie ein Model, das CEO spielt.«
Er hebt seine Augenbrauen an. »Dieser Ansatz gefällt mir, Ms. Donovan. Ich bin gespannt, wie Sie das umsetzen.«
Im zwanzigsten Stock angekommen, lässt er mir wieder den Vortritt. Ich gehe voran zum Besprechungsraum, der wie alles in diesem Gebäude kühle, moderne Eleganz ausstrahlt. Das Beste sind die riesigen Fensterfronten, die einen sensationellen Blick auf den Hafen bieten. Die Sonne spiegelt sich im Wasser, taucht den Raum in warmes Licht. Auf dem Tisch liegen die Requisiten: ein Molekülmodell, ein stilisierter DNA-Strang und unser Firmenlogo als 3D-Druck.
Daneben steht die Fotografin Melissa, eine Halbspanierin mit mittellangen, dunkelbraunen Haaren. Wie immer trägt sie einen ihrer heiß geliebten Hoodies. Sanderson geht auf sie zu, ergreift ihre Hand und lächelt charmant. »Ah, die Frau der Stunde. Ich nehme an, ich sollte nett zu Ihnen sein, damit Sie meine Schokoladenseite zeigen.«
Sie kichert fröhlich. »Ich glaube nicht, dass das allzu schwer bei Ihnen ist, Mr. Sanderson. Ihre Seiten gefallen mir alle ganz gut. Hi, ich bin übrigens Melissa.«
»Schön, dich kennenzulernen, Melissa. Ich bin Elias.«
Die Fotografin strahlt ihn nun an, wobei ihr Blick leicht verklärt aussieht. Verübeln kann ich es ihr nicht.
»Cool. Also gut, Elias. Riley will deine Zukunftspläne für NexGen einfangen. Das Molekülmodell und der DNA-Strang sollen das unterstreichen. Dahinter werde ich das Logo arrangieren.« Sie deutet darauf.
Er nickt, tritt näher und mustert die Utensilien. »Sehr gut. Ich bin gespannt, wie du das ins Bild setzt.«
Seltsam, dass die beiden sich beim Vornamen nennen. Aber irgendwie werden bei Fototerminen alle viel lockerer als sonst, das ist mir schon oft aufgefallen.
»Das kriege ich hin, vertrau mir! Lass uns erst mal mit was Klassischem anfangen.« Sie zeigt auf den Stuhl am Kopfende des Besprechungstischs, den wir bereitgestellt haben. »Setz dich einfach hin und lehn dich zurück.«
»Klar, kein Problem.« Sanderson lässt sich auf den Stuhl sinken und streckt sich lässig, seine Haltung wirkt dennoch kontrolliert. Man merkt, er ist ein Profi. Sein Charisma schwebt durch den Raum, füllt ihn aus.
»Perfekt. Jetzt muss ich nur noch das Licht anpassen.« Melissa richtet die kleinen, portablen Studiolichter neu aus. Sie stellt die Lichter so ein, dass sie Sandersons markante Gesichtszüge betonen. Mit einem kritischen Blick mustert sie die Szene und dreht dann noch einen der Reflektoren leicht zur Seite, um störende Schatten zu vermeiden.
»Okay, das sieht gut aus«, murmelt sie zufrieden und wirft einen letzten prüfenden Blick auf die Lichtsetzung.
»Jetzt noch die Requisiten richtig in Szene setzen«, sagt sie, während sie das Molekülmodell und den DNA-Strang leicht dreht, sodass sie im Bild hervorgehoben werden.
Elias sitzt ruhig da, während Melissa um ihn herumläuft. »So, jetzt sind wir bereit«, ruft Melissa und nimmt die Kamera wieder in die Hand. »Ich mache nur noch ein paar Tests. Wenn du willst, kannst du Grimassen schneiden.«
Sofort wandern seine Mundwinkel nach oben. Melissa macht einige Aufnahmen, prüft, ob das Licht auf dem Display gut eingestellt ist und justiert die Lichter noch einmal minimal nach.
»Alles klar, jetzt haben wir die richtige Beleuchtung. Ich erwarte ein echtes Show-Lächeln.«
Er muss lachen und Melissa schießt die ersten Fotos, ihre Kamera klickt leise und rhythmisch. Dabei probiert sie verschiedene Winkel und Einstellungen aus, um das Beste aus der Szene herauszuholen. »Das ist klasse. So, jetzt schau mal direkt hier rein. Nicht zu ernst – du bist der Visionär, strahl Selbstvertrauen aus. Du weißt, wohin die Reise geht.«
Elias lässt ein leichtes Lächeln über die Lippen huschen und seine Augen fixieren die Linse. Die Kamera klickt mehrfach.
Melissa lässt das Gerät sinken, überprüft ihre Bilder. Grinst. »Volltreffer. So muss das aussehen.«
Ich trete zu dem Laptop, den sie mit dem Gerät verbunden hat, und kann ihr bloß zustimmen. Sanderson ist so fotogen, dass es kaum zu glauben ist. Sein Gesicht wirkt vor dem Bostoner Panorama einfach atemberaubend.
»Jetzt steh bitte auf und nimm das Molekülmodell.« Sie zeigt auf den Tisch. »Stell dich so hin, als würdest du jemandem erklären, was daran bahnbrechend ist. Das ganze Ich-verändere-die-Welt-Ding. Du weißt schon.« Sie zuckt mit den Achseln.
Unser neuer CEO erhebt sich, nimmt das Molekülmodell und positioniert sich neben dem Tisch. Locker, mit einem Finger deutet er auf das Modell. Dabei grinst er leicht. »Ich verändere die Welt übrigens tatsächlich oder zumindest versuche ich das.«
»Forschen Sie denn noch selbst?«, schalte ich mich ein. »Ich dachte, dazu hätten Sie keine Zeit mehr.«
»Die Zeit nehme ich mir manchmal. Ich liebe die Forschung einfach zu sehr, um sie ganz aufzugeben.« Während er mit mir redet, posiert er weiter vor der Kamera. Mir fällt auf, wie geschickt er seine Positionen wechselt. Er weiß ganz genau, wie er sich zu inszenieren hat.
»Und woran arbeiten Sie gerade?«
»Ich beschäftige mich mit dem 3D-Druck von menschlichem Gewebe. Um Haut und innere Organe zu erzeugen. Das könnte die Medizin, so wie wir sie kennen, verändern. Aber leider ist die Rechtefrage durch den Weggang bei meiner Firma ... nun ja, nicht ganz geklärt.« Sein Gesicht verdüstert sich.
Ich nicke verstehend. Sicher, diese Verfahren hat er bestimmt noch bei BioVaris entwickelt. Und nun ist fraglich, was ihm gehört und was seinen früheren Partnern. Nur zu gern würde ich wissen, warum er wirklich bei seiner eigenen Firma ausgestiegen ist, aber das ist kein Thema für Small Talk. »Und welche Pläne haben Sie für NexGen?«
Er lacht. »Ms. Donovan, ich wusste ja gar nicht, dass wir auch zu einem Interview verabredet sind. Dann hätte ich mich gründlich vorbereitet.«
»Ich brauche es nicht für einen Artikel, sondern um zu wissen, wie Sie denken. Wo Sie die Prioritäten sehen, welche Stärken NexGen Ihrer Meinung nach hat und wohin die Reise geht. Ich möchte Ihre Strategien besser verstehen. Ihr Gesicht allein reicht nicht, um die Essenz von NexGen zu transportieren.«
Er lacht leise. »Ms. Donovan, Sie sind härter als jeder Reporter. Dabei dachte ich bisher, mein Antlitz wäre mein bestes Verkaufsargument.« Er grinst mich charmant an, dann fixiert er die Kamera mit einem intensiven Blick, während Melissa immer weitere Fotos schießt.
»Das ist perfekt!«, ruft sie begeistert. Sie macht eine kurze Pause und rückt die Haare aus dem Gesicht. »Jetzt heb das Modell ein bisschen höher, fast auf Augenhöhe.«
Sanderson hebt das Molekül und mustert es, als sehe er gerade den entscheidenden Durchbruch. Die Kamera fängt jedes Detail seines Gesichts ein, das ich perfekt über den Monitor erkenne. »Also gut, Ms. Donovan, wenn Sie meine Vision hören wollen: NexGen kann die Art und Weise, wie wir Krankheiten behandeln, von Grund auf ändern. Wir sollten nicht nur Symptome lindern, sondern langfristig heilen.«
»Das ist ein ambitioniertes Ziel«, entgegne ich, während Melissa weiter fotografiert.
