Indonesien - Christina Schott - E-Book

Indonesien E-Book

Christina Schott

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Beschreibung

Indonesien ist ein Land mit unzähligen Facetten, in dem sich rund 300 verschiedene Völker auf mehr als 17 500 Inseln verteilen. Die viertgrößte Bevölkerung der Welt ist zu knapp 90 Prozent muslimisch lebt aber in einer säkularen Demokratie. Zehn Luxuslimousinen in einem Vier-Personen-Haushalt sind genauso alltäglich wie eine zwölfköpfige Familie, die in einer kleinen Bambushütte wohnt. Mehr als 100 Prozent der Bevölkerung besitzen statistisch gesehen ein Handy, aber nicht einmal ein Viertel hat Zugang zum Internet.
Christina Schott gibt einen spannenden Einblick in die Lebenswelten Indonesiens, die faszinierenden wie die besorgniserregenden. Neben den historischen und politischen Fakten macht sie vor allem die sozialen und kulturellen Befindlichkeiten verständlich, die im Alltag der Indonesier eine wichtige Rolle spielen.

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Christina Schott

Indonesien

Ein Länderporträt

Ch. Links Verlag, Berlin

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überwww.dnb.de abrufbar.

1. Auflage, Juni 2015 (entspricht der 1., durchgesehenen Druckauflage von Juni 2015) © Christoph Links Verlag GmbH Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0www.christoph-links-verlag.de; [email protected] Abbildungen: Umschlag vorn und Seite 3: Reisfeld auf Java © Nora Scheidler, Jogjakarta; Autorenfoto: privat Umschlagentwurf und Innengestaltung: Stephanie Raubach, Berlin Karte: Christopher Volle, Freiburg Satz: Ch. Links Verlag, Berlin

Inhalt

Vorwort
Einheit in Vielfalt
Das Volk: Wer sind die Indonesier? Oder: Java ist überall
Das Land: Wie bereist man den größten Archipel der Welt?
Die Sprache: Bahasa Indonesia und die Einheit der Nation
Ausländer in Indonesien
Neu im kampung: Erste Erfahrungen
Korruption, Kontrolle und viel Improvisation: Bürokratie auf Indonesisch
Touristen, Abenteurer, Aussteiger: Die Legende vom Tropenparadies
Die anderen Ausländer: Chinesen
Geschichte und Politik
Kolonialherrschaft: Portugiesen, Niederländer, Briten, Japaner und ihre Hinterlassenschaften
Unabhängigkeit: Nationalismus und Pancasila
Neue Ordnung: Militärherrschaft und Kommunistenverfolgung
Reformasi: Freiheit, Chaos, Korruption
Religion
Toleranztest: Staatlich verordneter Glaube
Islam ist nicht gleich Islam
Kejawen, Spiritualismus, Geisterglaube
Lebenswelten
Nicht ohne mein Gadget: Die neue Mittelschicht
Stau, Hochwasser, Mischkultur: Leben in Jakarta
Bittere Medizin: jamu, Spa und Knochenheiler
Lebendige Tradition: Batik, gamelan und Schattenpuppen
Die Unkonformen: Künstler, Punks und Aktivisten
Familien und ihre Feste: Liebe geht durch den Magen
Naturgewalt
Regenwälder, Orang-Utans und Ölpalmenplantagen
Leben auf dem Feuerring: Medien und Realität
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Glossar
Zum Weiterlesen
Basisdaten
Karte
Danksagung
Die Autorin

Vorwort

Warum ausgerechnet Indonesien? Das war bei vielen die erste Reaktion, als ich 1998 zum ersten Mal loszog, um dieses Land kennenzulernen. Das änderte sich wenig, als ich später immer wieder, immer länger kam, erst als Praktikantin, dann als Journalistin, später als Ehefrau, als Mutter. Nur wenigen Menschen in Deutschland ist bewusst, dass es sich bei Indonesien nicht nur um einen Haufen kleiner Inseln irgendwo im fernen Osten handelt, sondern um den größten Archipel der Welt, mit einer Ausdehnung etwa so groß wie Europa von Ost nach West. Dass in diesem Land die viertgrößte Bevölkerung der Welt lebt und – da 88 Prozent der Indonesier dem Islam angehören – zugleich die weltweit größte muslimische Bevölkerung. Und dies wohlgemerkt in einer säkularen Demokratie.

Dass Indonesien Mitglied der G20 ist und zu den hoffnungsvollen Wirtschaftsaufsteigern zählt, berichten die deutschen Medien mittlerweile häufiger. Auch dass das Land zu den größten Facebook- und Twitternationen gehört, haben einige mit Staunen festgestellt. Ansonsten kommen bei uns hauptsächlich Nachrichten über Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis an, ab und zu noch Meldungen über einen islamistischen Bombenanschlag, insbesondere wenn er auf der Ferieninsel Bali stattgefunden hat. Von dort gibt es dann, wenn lange genug nichts passiert ist, auch wieder tropenparadiesische Reisereportagen. Weniger bekannt wiederum ist, dass in kaum einem anderen Land so viele Völker mit völlig unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Sprachen – relativ – friedlich miteinander leben, verbunden durch ihre gemeinsame Kolonialgeschichte und die offizielle Landessprache: Indonesisch ist eine der meistgesprochenen Sprachen der Welt.

Zugegeben, als ich nach meinem Studium zum ersten Mal in die fernöstliche Inselwelt flog, hatte ich auch eher palmengesäumte Strände im Kopf als die geopolitische Bedeutung Indonesiens. Das änderte sich allerdings schnell, als ich plötzlich mitten in den Studentenprotesten landete, die sich im Zuge der asiatischen Wirtschaftskrise 1998 auf breite Bevölkerungsschichten ausdehnten und zum Sturz des mehr als drei Jahrzehnte regierenden Diktators Suharto führten. Eigentlich wollte ich damals nur ein Praktikum beim Goethe-Institut absolvieren und dann nach Bali weiterreisen. Doch nach zwei Monaten zwischen Dauerdemonstrationen und Militärblockaden kam mir das Touristenparadies wie eine Fata Morgana vor, und es zog mich wieder nach Jakarta zurück – dorthin, wo das eigentliche Geschehen stattfand.

In diesem brodelnden Schmelztiegel hatte ich in der Kürze der Zeit Freunde fürs Leben gefunden. Aufgrund der Umstände musste ich über alle Sprachhürden hinweg sehr schnell lernen, wem ich vertrauen konnte und wem nicht. Wegen der Ausgangssperren verbrachte ich damals viele Nächte auf Bambusmatten indonesischer Studentenheime oder Aktivistenbüros – und lernte so nicht nur die unterschiedlichen Temperamente von Javanern, Batak, Manadonesen oder Timoresen kennen, sondern auch, dass bei deren vielschichtigen Kommunikationsformen Worte lange nicht alles sagen.

Diese Erlebnisse und vor allem die daraus entstandenen menschlichen Beziehungen ließen mich auch in den kommenden Jahren nicht los. Gegen jede Vernunft ließ ich eine Redakteursanstellung für ein Stipendium sausen, das mir eine mehrmonatige Mitarbeit bei der englischsprachigen Jakarta Post ermöglichte – der Grundstein für meine spätere freie Korrespondententätigkeit in Südostasien. Das wichtigste Kapital dafür jedoch waren und sind die persönlichen Kontakte sowie das kulturelle Verständnis, das ich mir zum Teil erst hart erwerben musste: beim Leben in Künstler- und Aktivistenkommunen genauso wie auf den Wartebänken indonesischer Behörden, bei abenteuerlichen Reisen durchs Land oder bei der Auswahl meines javanischen Hochzeitskleides.

Geografisch und kulturell gesehen ist Indonesien vermutlich einer der größtmöglichen Gegensätze zu Deutschland. Das Land, seine Bewohner und ihre Geschichte sind in jeder Hinsicht so vielschichtig, dass sie sich kaum in einem Buch zusammenfassen lassen. Die Verständigung ist mitunter dementsprechend schwierig. Auch wer lange Jahre hier gelebt hat, verzweifelt immer wieder an interkulturellen Hürden, die absolut nichts mit mangelndem Sprachverständnis zu tun haben. Seien es die ins Unendliche dehnbare »Gummizeit« oder die Fähigkeit der Indonesier, sich auf zehn verschiedene Arten um eine Absage herumzudrücken, ohne das Wörtchen Nein zu benutzen, das ewige Gedrängel an jeder Straßenkreuzung oder die hinter jeder Ecke lauernde Korruption.

Andererseits ist kaum ein asiatisches Volk so offen gegenüber Fremden. Hilfsbereitschaft und Neugier gegenüber Neuankömmlingen sind oft so groß, dass Unerfahrene dahinter unlautere Absichten wittern. Nicht immer zu Unrecht: In den bei Ausländern beliebten Vierteln der Großstädte oder in Touristenhochburgen machen viele Dienstleister, Makler oder Guides durchaus ihre Geschäfte mit der Unerfahrenheit der Fremden. Doch in den meisten Fällen ist es eine aufrichtig gemeinte Haltung. Als ich zum ersten Mal eine Nacht in einem indonesischen Krankenhaus verbringen musste, war mein Bett innerhalb kürzester Zeit von rund einem Dutzend Freunden umringt, die sich zusammentelefoniert hatten und die Nachtwache unter sich aufteilten, damit ich nicht allein bleiben musste. Denn Alleinsein ist so in etwa das Schlimmste, was sich ein Indonesier vorstellen kann.

Wer länger in Indonesien leben will, sollte sich auf diesen kollektiven Geist einlassen. Und dazu gehören nun einmal – aus mitteleuropäischer Sicht unnötig lange – Small-Talk-Runden bei süßem Tee oder Mitbringsel von Reisen. Selbst wenn es sich nur um ein paar Früchte handelt, die man beim Wochenendtrip am Straßenrand gekauft hat. Es sind diese kleinen Gesten, die einen großen Unterschied machen, denn einheimische Freunde und Helfer erleichtern das Alltagsleben ungemein, ob bei einem medizinischen Notfall oder im undurchdringlichen Behördendschungel. Mit deutscher Korrektheit dagegen kommt man nicht weit. Indonesier sind Weltmeister im Improvisieren.

Indonesien löst bei westlichen Ausländern sehr unterschiedliche, oft sehr extreme Emotionen aus: von völliger Begeisterung bis zu totaler Ablehnung. Der naive Enthusiasmus der mit dem Indonesienvirus Infizierten ist im Alltag vor Ort allerdings genauso wenig hilfreich wie die Mauer aus Klischees derjenigen, die sich von ihren Arbeitgebern zu drei Jahren Jakarta verurteilt fühlen. Beide Seiten übersehen unzählige Facetten einer Nation, in der rund 300 verschiedene Völker auf mehr als 17 500 Inseln verteilt leben. In der zehn Luxuslimousinen in einem vierköpfigen Haushalt genauso normal sind wie eine zwölfköpfige Familie, die in einer kleinen Bambushütte lebt. In der – statistisch gesehen – mehr als 100 Prozent der Bevölkerung ein Handy besitzen, aber nicht einmal ein Viertel Zugang zum Internet hat. In der Muslime an animistischen Zeremonien teilnehmen und Punks einen Sultan verehren.

Es gibt so viel zu entdecken, so viel zu lernen, dass es verschwendete Lebenszeit wäre, sich während eines Aufenthalts nicht tiefer auf die schönen wie schwierigen Seiten des Landes einzulassen. Mit diesem Buch möchte ich versuchen, mit Hilfe meiner persönlichen wie beruflichen Erfahrungen einen Einblick in die realen Lebenswelten Indonesiens zu geben. Neben historischen und politischen Fakten geht es mir dabei vor allem um eine – garantiert unvollständige und subjektive – Bestandsaufnahme sozialer Befindlichkeiten, die im alltäglichen Zusammenleben und beim gegenseitigen Verständnis eine wichtige Rolle spielen. Ja, es gibt in Indonesien unzählige tropische Strände mit Kokospalmen und auch jede Menge aktive Vulkane und bedrohte Regenwälder. Es gibt in der Tat islamistische Terroristen und noch viel, viel mehr korrupte Politiker. Aber vor allem gibt es hier Menschen, die ein ganz normales Leben leben. Es ist nur anders als unseres.

Jogjakarta, im Sommer 2015

Christina Schott

Einheit in Vielfalt

Das Volk: Wer sind die Indonesier? Oder: Java ist überall

Es war mein erster Tag als Praktikantin des Goethe-Instituts in Jakarta. Was ich über Indonesien wusste, hatte ich mir mit Hilfe von Zeitungsartikeln angelesen. Im Jahr 1998 ging es dabei vor allem um die asiatische Finanzkrise und den Rücktritt eines autokratischen Präsidenten namens Suharto, der gern mit Helmut Kohl fischen ging. Die Analysten sprachen von der Demokratisierung des größten muslimischen Landes der Welt. Es gab Berichte von riesigen Studentendemonstrationen, die sich auch vom schwer bewaffneten Militär nicht aufhalten ließen, und von wütenden Mobs, die in kollektiver Raserei Einkaufszentren und Spielhallen niederbrannten. Auch Kirchen wurden angegriffen. Auf der anderen Seite beschrieben Reiseführer die Indonesier als tolerantes, aufgeschlossenes Volk, gastfreundlich und immer lächelnd. Ich war ängstlich gespannt, was–oder besser: wer mich da erwartete.

Zunächst musste ich warten. Niemand regte sich darüber auf. Jam karet, die endlos dehnbare Gummizeit, gehört in Indonesien zum Alltag. Mit zwei Stunden Verspätung kamen die Gäste schließlich zur Projektbesprechung: acht Indonesier mit taillenlangen schwarzen Haaren, alle in Schlabberhosen und T-Shirts. Mindestens zwei trugen das Konterfei von Che Guevara auf der Brust. Zu jener Zeit die Einheitskluft der meisten Reformasi-Aktivisten, also all jener, die sich an der Demokratie-Bewegung beteiligten, die das Suharto-Regime mit zum Umsturz brachte. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, dass sich unter ihnen auch eine Frau befand. Das revolutionäre Äußere stand in starkem Kontrast zur ruhigen, freundlichen Art der Besucher. Wie fast alle Indonesier, die ich noch treffen sollte, traten sie mir lächelnd und äußerst höflich entgegen, zeigten sich aber auch offen und neugierig gegenüber allen neuen Ideen. Sie beantworteten geduldig meine Fragen und nahmen kommentarlos sämtliche kulturellen Fehltritte hin, die ich mir leistete.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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