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Inhalt Intercity nach Mailand – vielleicht/ Cato – Besser geht's nicht/ Das Dinner/ Der Weiher am Landheim/ Warten/ Lemminge/ Deutschstunde Dream Evil/ Keine Nachricht – gute Nachricht/ Wenn – dann/ Warum Wandschränke nachts geschlossen werden/ Johnny Gunfighter Aschenputtel – eine Wiener Geschichte/ Abhauen/ Karl, der Kleingärtner/ Canis Lupus Ein bisschen Mord, ein bisschen Mystery, ein bisschen skuriler Alltag, ein bisschen Nachdenkliches - lebensnahe, spannende Kurzgeschichten
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Copyright© 2015 Brigitte Krächan
Coverfoto: Eva-Maria Vogtel
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN:
Brigitte Krächan
Intercity nach Mailand – vielleicht
Inhalt
Intercity nach Mailand – vielleicht … 7
Cato – Besser geht’s nicht … 13
Das Dinner … 21
Der Weiher am Landheim … 25
Warten … 33
Lemminge … 39
Deutschstunde … 55
Dream Evil … 61
Keine Nachricht – gute Nachricht … 71
Wenn – dann … 77
Warum Wandschränke nachts
geschlossen werden … 81
Die Insel … 85
Johnny Gunfighter … 89
Aschenputtel – eine Wiener Geschichte … 97
Abhauen … 111
Karl, der Kleingärtner … 121
Canis Lupus … 141
Karin saß am Küchentisch und schaute ihm zu wie er die Zeitung zusammenfaltete, die Kaffeetasse zur Tischmitte schob und sich nach seiner abgegriffenen Aktentasche bückte. Er hob sie auf den Stuhl neben sich. Karin hatte die Dose mit den belegten Broten und die Thermoskanne auf den Tisch gestellt. Er mochte das Kantinenessen nicht und von dem Kaffee im Büro bekam er Sodbrennen. Sorgfältig räumte er die Aktentasche ein. Den Apfel rieb er am Hemdsärmel blank, bevor er ihn in der Tasche verstaute. Karin erinnerte sich: „An apple a day, keeps the doctor away“, hatte er früher lächelnd gesagt, wenn er auf seinen täglichen Apfel bestand. Keine Banane, kein anderes Obst. Jeden Tag einen Apfel. Und jeden Morgen legte sie den Apfel auf dem Frühstückstisch für ihn bereit. Er stand auf, ging zum Fenster und zog sein Handy vom Ladekabel. Ein kurzer Blick nach draußen. Dieser Blick entschied, ob er einen Regenschirm mitnehmen würde.
„Scheint ein sonniger Tag zu werden“, murmelte er und schob das Handy in die Aktentasche. Der Autoschlüssel lag auf der Kommode neben der Tür, er griff danach.
„Und vergiss nicht schon wieder, die Katzenbox in den Keller zu bringen“, sagte er noch, bevor er die Tür von außen zuzog. Als er gegangen war, saß sie da und schaute lange auf die Tür. Sie hatte den ganzen Morgen noch kein Wort gesprochen. Es war ihm nicht einmal aufgefallen. Karin stand auf und begann den Tisch abzuräumen. Die Zeitung warf sie ins Altpapier. Die graue Katzenbox stand neben der Kommode im Flur. Karin hatte sie gereinigt und die weiche Decke gewaschen. So viel Blut! Sie räumte die beiden Näpfe für Futter und Wasser in die Katzenbox. Als sie den kleinen Spielball dazu legte und das Glöckchen leise klingelte, brannten ihre Augen. Fast meinte sie, das zarte Trippeln von Katzenpfoten hinter sich zu hören. Er wollte keine neue Katze. Karin atmete tief durch, nahm die Wohnungsschlüssel und die Katzenbox und ging in den Keller. Sie schloss die Tür auf. Die Neonlampe flackerte und tauchte den Raum in ein kaltes, helles Licht. Sie stellte die Katzenbox neben die Tür und wandte sich zum Gehen, als ihr Blick auf den Koffer fiel.
„Nur ein einziges Mal wurde er benutzt“, dachte Karin, strich mit den Fingerspitzen über das glatte Kunstleder und erinnerte sich. Italien, Bibione. Sie nahm den Koffer mit nach oben.
Es war Nachmittag, als Karin mit dem Koffer die Wohnung verließ. Er war schwer. Sie ging die Straße hinunter und erschrak, als ein Wagen neben ihr anhielt.
„Brauchen Sie ein Taxi?“ Karin nickte. Der Fahrer stieg aus und hob den Koffer in den Kofferraum. Als er ihr die Tür öffnete, stieg sie ein.
„Zum Bahnhof?“
Sie nickte.
„35 Euro 40.“ Karin hätte nicht gedacht, dass ein Taxi so teuer war. Dann stand sie da, vor dem Bahnhof mit dem schweren Koffer. Andere Taxis kamen an. Reisende stiegen aus und betraten den Bahnhof. Karin folgte ihnen. Vor der großen Anzeigetafel blieb sie stehen. Sie las die Abfahrtszeiten der Züge und ihre Bestimmungsorte. Intercity nach Hamburg, Berlin, Paris, Wien, Mailand. Vielleicht Mailand. Karin ging zur Rolltreppe und fuhr nach oben zum Café. Sie stellte ihren Koffer neben den Stuhl ganz vorne am Geländer und nahm Platz. Von hier aus konnte sie die Anzeigetafeln sehen und die ankommenden und abfahrenden Züge. Sie erinnerte sich.
„Dies ist ein Kopfbahnhof“, hatte er ihr erklärt, als sie in den Zug nach Latisana eingestiegen waren. Ihre Hochzeitsreise nach Bibione. Sie hatten einen Ausflug nach Venedig gemacht. Er hatte alles sorgfältig geplant und spielte ihren Reiseführer. Sie waren sogar in einer Gondel gefahren.
„Ja bitte?“ Karin erschrak und schaute die Kellnerin verständnislos an.
„Kaffee? Tasse? Kännchen?“, fragte die Kellnerin schnippisch. Karin bestellte eine Tasse Kaffee und schaute hinunter in die Bahnhofshalle. Reisende verabschiedeten sich von ihren Freunden, Eltern, Partnern und stiegen mit großen Koffern in den Zug. Andere kamen an und blickten sich suchend um. Sie beobachtete eine junge Frau. Die Frau ging auf einen Mann zu, der ihr verlegen einen Strauß Blumen überreichte. Beide lachten. Er nahm ihren Koffer, sie hakte sich bei ihm ein und gemeinsam schlenderten sie den Bahnsteig entlang. Die Frau redete ununterbrochen und der Mann hörte aufmerksam zu.
Karins Blick fiel auf die große Bahnhofuhr. Es war zwanzig Minuten nach vier. Sie saß schon über eine Stunde hier. Sie fing den ungeduldigen Blick der Kellnerin auf und bestellte einen zweiten Kaffee. In fünf Minuten würde er nach Hause kommen. Sie war immer daheim, wenn er nach Hause kam. Karin legte ihr Handy vor sich auf den Tisch. Er würde anrufen. Sie würde nicht abheben.
„Auf Gleis Sechs fährt ein der Intercity von Mailand.“ Neugierig beugte sich Karin nach vorne. Der Zug hielt mit kreischenden Bremsen. Die Automatiktüren öffneten sich und die Reisenden stiegen aus. Eine ältere Frau blieb stehen und schaute sich suchend um. Dann fasste sie entschlossen den Griff ihres Rollkoffers, ging zügig den Bahnsteig entlang und verschwand aus Karins Blickfeld.
„Sie weiß genau wohin sie will“, dachte Karin, “wahrscheinlich wartet er draußen auf sie.“ Karin schaute auf ihr Handy. Eigentlich müsste er jetzt anrufen.
Als die Bahnhofsuhr fünf Uhr zeigte, hatte er immer noch nicht angerufen. Wieso rief er nicht an? Karin wurde nervös. Wenn er zu Hause wäre, würde er anrufen. Ganz bestimmt. Wieso war er noch nicht zu Hause? Karin blickte wieder in die Bahnhofshalle hinab. Zwei Mitarbeiter des Roten Kreuzes schoben einen Mann im Rollstuhl zum Zug. Sie hatte nicht gewusst, dass es für Rollstuhlfahrer besondere Türen am Zug gab. Sie halfen dem Mann in den Zug. Die Tür schloss sich. Als der Zug aus dem Bahnhof rollte, wählte Karin die Handynummer ihres Mannes.
„Ebert?“, seine Stimme klang überrascht, „ich bin gerade heimgekommen. Wo bist Du?“ Karin schluckte.
„Wieso bist Du so spät? Ist etwas passiert?“, fragte sie.
„Nein, alles in Ordnung“, antwortete er ungeduldig, „ich bin am Tierheim vorbeigefahren. Es wäre gut, wenn Du da wärst, das blöde Vieh hat mir den ganzen Arm zerkratzt und sitzt jetzt fauchend unter dem Sofa. Wo bist Du?“
Karins Stimme zitterte: „Ich bin am Hauptbahnhof. Ich habe einen Koffer dabei. Ich bin gerade angekommen.“ Sie zögerte. „Gewissermaßen“, fügte sie hinzu, „kannst Du mich abholen?“
Stille. Einen langen quälenden Moment fürchtete Karin, er würde einfach auflegen. Als er wieder sprach, klang seine Stimme anders als sonst, weicher, fast so wie früher: „Ich komme. Und hör auf zu weinen, was sollen denn die Leute denken!“
Karin zahlte und fuhr mit ihrem Koffer in die Bahnhofhalle hinab. Gemeinsam mit anderen Reisenden ging sie zum Ausgang.
Sie weinte.
„Ich liebe Dich! Und ich werde Dich nie mehr verlassen.“ Eves dunkelbraunes, langes Haar, das sie mit einem leuchtend gelben Band zurückgebunden hatte, flatterte im Fahrtwind. Der rote Ferrari fuhr in zügigem Tempo die schmale Küstenstraße hinunter. Ein tiefblaues Meer, glitzernd in der Nachmittagssonne, säumte die steil abfallenden Felsen.
„Ich weiß“, lächelte er Eve zu. Ein perfekter Tag. Er trat das Gaspedal durch. 460 PS. In 3,8 Sekunden von Null auf Hundert. Die Straße machte eine scharfe Linkskurve. Der Ferrari durchbrach die Leitplanke. Eve schrie. Ihre roten Fingernägel krallten sich in seinen Unterarm. Er genoss das unbeschreibliche Gefühl der grenzenlosen Freiheit, als der Wagen über die weißen Klippen raste dem endlosen, blauen Meer entgegen.
„Was stehst Du da und glotzt? Nimm Deine dreckigen Finger von meinem Wagen und mach, dass Du weiter kommst!“ Der Alte wird grob zur Seite gestoßen. „Reg Dich ab, junger Scheißer“, murmelt er. Vor ein paar Jahren hätte sich das keiner getraut. Sie kannten ihn und hatten Respekt. Dann kam der Tag, an dem er einen Kampf auf der Straße verlor. Krankenhaus, Rippenbrüche, Gehirnerschütterung. Er hätte drauf gehen können. Er überlebte. Leider. Er verlor den Kampf und ihren Respekt. ‚Wenn du einen Kampf verloren hast, lässt du dich besser auf keinen mehr ein.‘ So wurde er zum alten Mann. Über Nacht. Weg von dem Kerl, den sie respektierten, hin zu den Pennern auf den Bänken am Getränkemarkt.
So schnell ging das.
Langsam geht der Alte weiter. Im Vorübergehen fischt er eine Dose aus dem Mülleimer. Konsumgesellschaft. Überfluss. Sie haben es nicht nötig. Zehn Dosen. Das ergibt eine Flasche Wein vom Getränkemarkt. Der billige. Aber Wein ist Wein. Ein Päckchen Tabak. Eine Flasche Korn. Dafür reicht sein Geld gerade noch. Vielleicht Wein, wenn er genügend Pfand sammelt.
Eve. In einem roten Flitzer ist sie davon gefahren. Ist zu dem Kerl ins Auto gestiegen. Weg war sie. Sie nutzte ihn nur aus. Wie alle. Er traf sie in der Kneipe. Ihr Freund hatte sie vor die Tür gesetzt. Sie zog bei ihm ein. Sie schlief in seinem Bett. Sie rauchte seinen Tabak und leerte seinen Kühlschrank. Sie redeten. Aber sie ließ ihn nie ran. Eve nutzte ihn auch nur aus. Dann war sie weg.
Danach ging er nicht mehr zum Arbeitsamt. Sie kürzten die Leistung. Er beschloss für die Bruchbude keine Miete mehr zu zahlen. Er würde sich nicht mehr ausnutzen lassen. Sie schickten die Kündigung und setzten ihn auf die Straße. Pfänden konnten sie nichts. Er hatte alles zu Geld gemacht. Das Amt wies ihm ein Zimmer zu. Stuhl, Tisch, Schrank, Bett, Waschbecken, Kochplatte, Kühlschrank. Scheißhaus auf der Etage. Sie sagten, er verweigere die Arbeitsaufnahme. Das stimmte nicht. Er war bereit, gute Arbeit zu leisten. Für gutes Geld. Aber so etwas gab es nicht mehr. Zeitarbeiter im Schichtdienst. Ewig mit dem Bus unterwegs. Für ein paar Euro. Es hätte zum Leben sowieso nicht gereicht. Dann doch lieber Hartz IV. Das war einfacher.
Eine Woche wohnte er in dem Zimmer. Danach wusste er: Er war endgültig auf der Seite der Verlierer angekommen. Er besorgte sich Tabletten und eine Flasche Korn. Er wollte einen Abschiedsbrief schreiben. Freiheit. Selbstbestimmtes Leben. Er fand noch nicht einmal ein ordentliches Stück Papier. Und an wen hätte er schreiben sollen? Dann eben ohne. Er machte die Flasche auf, um sich Mut anzutrinken.
Der Gestank weckte ihn. Dafür schämt er sich bis heute. Das Laken schmiss er weg. Das nächste Geld vom Amt investierte er in einen Fernseher. Fünfzig Zoll. HD. Er aß einen Monat lang Kartoffeln, trank bei den andern mit, rauchte was er am Boden aufsammelte. Jetzt teilt er sein Geld besser ein. Meistens reicht es für mehr als den halben Monat. Noch zehn Tage. Er wird zum Pfandsammeln in den Stadtpark gehen. Morgen. Vielleicht. Jetzt zum Getränkemarkt. Er braucht Tabak.
Der Alte biegt auf die Brücke ein. Hier begann es. Besser: Hier sollte es enden. Sie hatten ihn nur ausgenutzt. Er hatte gute Arbeit geleistet. Aber er hatte das Maul zu weit aufgerissen. Sie hatten ihn rausgeschmissen.
Dann stand er dort: Auf der anderen Seite des Geländers. Sein Sprung in die Freiheit. Damals hatte er sein ganzes, beschissenes Leben noch vor sich. Damals hätte er es zu Ende bringen sollen. Aber er bringt nie etwas zu Ende. Sein Leben ist falsch. Zur falschen Zeit geboren. Ehrlichkeit, Mut, Selbstbestimmung, Rechtschaffenheit. Das zählt nicht mehr. Cato brachte sich um, weil er lieber sterben wollte, als seine Freiheit zu opfern. Cato ging stolz und selbstbestimmt in den Tod. Cato konnte sein Leben einsetzen, um sich Ruhm und Anerkennung zu kaufen. Cato, ein Selbstmörder und trotzdem ein Held. Mit dem Aufsatz beeindruckte er sogar seinen Deutschlehrer. Quatsch! Belüg dich nicht selbst, alter Mann! Du hast in deinem ganzen Leben noch keinen Aufsatz geschrieben! Du hast noch nie ein Gymnasium betreten. Du hättest es tun können, wenn sie dich gelassen hätten. Bestimmt!
Fünfzig Zoll. HD. Der Bericht über Cato. Da wusste er: Er war zur falschen Zeit geboren. Cato, das war einer, der dachte wie er. Cato hatte Stolz und Ehre und starb lieber, als seine Freiheit aufzugeben. Aber er war nicht Cato.
Er spürte den Sog der vorbeifahrenden LKWs. Die Brücke vibrierte unter seinen Füßen. Er klammerte sich am Brückengeländer fest. Zitternd kroch er auf die feige Seite des Geländers zurück, wischte sich Rotz und Tränen aus dem Gesicht und ging heim. „Dein Alter wird Dich schon nicht totschlagen“, meinte sein Kumpel. Nein, den Gefallen tat sein Alter ihm nicht. Aber er selbst hätte es tun sollen, damals. Damals auf der Brücke hätte er es zu Ende bringen sollen. Voller Stolz aus eigener Entscheidung wie Cato.
Der Alte hat genügend Pfand gesammelt für eine Flasche Wein. Gemeinsam mit dem Tabak und dem Korn verstaut er den Wein in der mitgebrachten Plastiktüte. Er zahlt. Die Kassiererin lächelt ihm zu. Sie kennen sich. Sie arbeitet schon ewig hier. Wahrscheinlich ist sie verheiratet.
„Du solltest es lassen. Den Schnaps, meine ich“, flüstert sie. „Das Zeug wird Dich umbringen. Langsam, aber sicher.“
Der Alte beeilt sich nach draußen zu kommen. Hundert Meter. Ein kleiner, dreckiger Park. Morgens ist er hier alleine. Die anderen würden nachmittags kommen, wenn sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten und Nachschub brauchten. Dann würde er gehen. Meistens mag er ihre Gesellschaft nicht. Er ist nicht wie sie. Aber jetzt gönnt er sich eine Pause in der blassen Frühlingssonne. Eine Selbstgedrehte und ein paar Schlucke Wein. Ein bisschen selbstbestimmte Freiheit auf der Parkbank. Danach wird er nach Hause gehen. Den Fernseher einschalten. Fünfzig Zoll. HD. Den Korn trinken. Und die Zeit wird vergehen.
Er ist nicht wie sie. Er trinkt den Schnaps nie in der Öffentlichkeit. Er hat ihnen von Cato erzählt. Der stolze Cato. Einer, der einfach ging, als sich das Leben um ihn herum veränderte. Der Schluss machte, als das Leben nicht mehr zu ihm passte. Cato, der sich weigerte, sich anzupassen und die Freiheit wählte. Seitdem nennen sie ihn Cato. Sie haben nichts verstanden.
„Das Zeug bringt Dich noch um. Langsam, aber sicher“, hat sie gesagt. Fast hätte er geantwortet.
„Ich weiß“, hätte er geantwortet.
“Es wird mich umbringen. Langsam. Unendlich langsam. Aber besser geht’s nicht.“
Fast hätte er so geantwortet.
Der Alte lehnt sich zurück. Nimmt einen Schluck Wein und spürt die Sonne auf den geschlossenen Augen.
„Ich liebe Dich! Und ich werde Dich nie mehr verlassen.“ Eves dunkelbraunes, langes Haar, das sie mit einem leuchtend gelben Band zurückgebunden hatte, flatterte im Fahrtwind. Der rote Ferrari fuhr in zügigem Tempo die schmale Küstenstraße hinunter. Ein tiefblaues Meer, glitzernd in der Nachmittagssonne, säumte die steil abfallenden Felsen.
„Liebling, sagte ich dann zu ihm, warum trägst Du nicht das schicke Armani-Sakko zum Dinner? Aber nein, es musste wieder die abgetragene Peter Hahn Jacke sein. So sind sie unsere Männer, die Herren Professoren. Immer ein bisschen altmodisch. Immer ein bisschen verschroben. Ohne uns wären sie verloren in der bösen Alltagswelt.“