Interview mit Bob Dylan - Jonathan Lethem - E-Book

Interview mit Bob Dylan E-Book

Jonathan Lethem

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Beschreibung

September 2006. Bob Dylan hatte gerade das Kapitel »Modern Times« aufgeschlagen. Schriftsteller Jonathan Lethem bekam die Möglichkeit, den Mann hinter dem Trugbild kennenzulernen. Die vier Aufzüge zeichnen ein authentisches Bild des Künstlers und Nobelpreisträgers. Er räumt mit Vorstellungen auf, erklärt, warum er auf Konzerten lieber mit Musik eine Verbindung zum Publikum herstellt. Und erzählt, warum ihn die Kritik seiner »Chronicles« zu Tränen rührt, die Kritik an seiner Musik aber kalt lässt. Besonders sein gespaltenes Verhältnis zu Aufnahmen seiner Songs spürt man in dem Gespräch, denn die wahren Fans trifft er nach eigener Aussage abends bei seinen Konzerten.

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Seitenzahl: 31

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Jonathan Lethem

Interview mit Dylan

Impressum

»Interview mit Dylan« ist ein Kapitel aus dem Buch »Bekenntnisse eines Tiefstaplers«von Jonathan Lethem, erschienen 2011 im Tropen Verlag.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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www.tropen.de

Tropen

Aus dem Amerikanischen von Gregor Hens

Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel»The Ecstasy of Influence« in erweiterter Fassung imVerlag Doubleday, New York

© 2011 by Jonathan Lethem

© 2012, 2016 by J. G. Cotta'sche BuchhandlungNachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Umschlag: Klett-Cotta-Design, Stuttgart

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

E-Book: ISBN 978-3-608-10889-7

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

1.

»Ich habe eigentlich keinen Pulk von Astrologen, die mir erklären, was als nächstes passiert. Ich mache einfach einen Schritt nach dem nächsten, eins führt zum anderen.« Schon mal gehört, diese Stimme? Ich sitze in einer Hotelsuite mit Meerblick in Santa Monica und ignoriere einen Teller mit Ananas und zuckerberieselten Plätzchen, während Bob Dylan mir gegenüber vor einem Aufnahmegerät sitzt und sich bemüht, meine Fragen zu beantworten. Der Mann bewegt sich ruckartig, nicht ungeduldig, aber er nimmt den Moment hellwach wahr und ist jeden Augenblick aufgelegt zu lachen, oder jemanden zum Lachen zu bringen. Es haben schon andere beschrieben, dass sein Mienenspiel die verschiedenen Versionen seiner Persönlichkeit zusammenfasst, die wir über die Jahre kennengelernt haben, des Fünfundsechzigjährigen mit einem zappeligen Neunzehnjährigen in seinem Inneren. Vor allem ist es seine Stimme, die uns seine ganze Geschichte wie ein Kaleidoskop vorführt: Hier der Aufschrei des Folk-Jünglings oder das schlechte, sarkastische Timing des scheu gewordenen Hipster-Idols, dort die verführerische Stimme des Sexsymbols aus den Siebzigern, und dann – immer wieder – der rauhe, harsche Vortrag des Altmeisters, diese vorsintflutliche Bluesstimme eines jungen Emporkömmlings, in die er schließlich, als er älter wurde, ganz langsam, beinahe unmerklich hineinwuchs.

Es ist diese Stimme, die Stimme eines gefährlichen Einzelgängers, die in ihrer Hinfälligkeit alterslos ist, auf der das Paradox der Leistung von Modern Times beruht, seinem einunddreißigsten Studio-Album. Was ist gemeint? Unsere eigenen »modernen Zeiten« oder eine schwarz-weiße Traumfuge aus der Zeit des Stummfilms? Modern Times scheint wie zuvor schon Love and Theft und Time Out of Mind eine gebrochene Welt durch das Prisma eines in der Welt zerschlissenen Herzens auszuloten, das aber selbst alles andere als gebrochen ist. »I’ve been sitting down studying the art of love / I think it will fit me like a glove«, singt er gleich im ersten Track, »Thunder on the Mountain«, einem ausgelassenen Blues, den man schon tausendmal gehört hat und dem es paradoxerweise trotzdem gelingt, einen »neuen« Dylan anzukündigen. »I feel like my soul is beginning to expand«, heißt es da. »Look into my heart and you will sort of understand.«

Was wir durchaus verstehen, ist, dass wir uns nun in einer Dylan-Renaissance befinden, die sich mit dem dritten Album zu einer weiteren Dylan-Periode verfestigt. Wenn Dylan seit den Anfängen von Bringing It All Back Home seine Amphetamingetriebenen Visionen in die prächtigen Grunge-Gewänder von Electric Blues und frühem Rock’n’Roll gekleidet hat, dann ist die musikalische Pracht der letzten drei Alben in einem Verständnis des Blues begründet, das von innen nach außen