Interviews und Gespräche - Phil Humor - E-Book

Interviews und Gespräche E-Book

Phil Humor

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Interviews und Gespräche:   Erlkönig im Interview * Interview mit William Turner * Interview mit einem Gummibären * Interview mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft * Interview mit dem Tod * Interview mit den Comic-Stars * Arthur Schopenhauer in der Zwischenwelt * Cupidos Pfeile * Reportage aus dem Pferdestall * Christoph Kolumbus und der Engel * Wer Wind einlädt, wird Sturm ernten * Interview mit der Zahl Fünf * Interview mit einer Weihnachts-Elfe * Interview mit dem Buchstaben X * Interview mit einem Schneemann * ß * Konferenz der Werbe-Tiere und Maskottchen * Phönix im Interview * Gespräch mit dem Z * Interview mit dem Q * Heimweh und Fernweh im Talk * Interview mit der Sonne * Gespräch mit Sir Mond * Zeit für die Zeit * Interview mit Zeus und Europa * Zu Besuch bei Noah und Haikal * Gespräch mit dem Sphinx von Gizeh * Die wüste Sandy * Interview mit dem Herbst * Gespräch mit dem J * Buch-Vertrag * Ich male das Meer * O das O * Brief ans Unterbewusstsein * Unterbewusstsein an Ratio

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Phil Humor

Interviews und Gespräche

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Inhalt

 

Interviews und Gespräche:

 

Erlkönig im Interview * Interview mit William Turner * Interview mit einem Gummibären * Interview mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft * Interview mit dem Tod * Interview mit den Comic-Stars * Arthur Schopenhauer in der Zwischenwelt * Cupidos Pfeile * Reportage aus dem Pferdestall * Christoph Kolumbus und der Engel * Wer Wind einlädt, wird Sturm ernten * Interview mit der Zahl Fünf * Interview mit einer Weihnachts-Elfe * Interview mit dem Buchstaben X * Interview mit einem Schneemann * ß * Konferenz der Werbe-Tiere und Maskottchen * Phönix im Interview * Gespräch mit dem Z * Interview mit dem Q * Heimweh und Fernweh im Talk * Interview mit der Sonne * Gespräch mit Sir Mond * Zeit für die Zeit * Interview mit Zeus und Europa * Zu Besuch bei Noah und Haikal * Gespräch mit dem Sphinx von Gizeh * Die wüste Sandy * Interview mit dem Herbst * Gespräch mit dem J * Buch-Vertrag * Ich male das Meer * O das O * Brief ans Unterbewusstsein * Unterbewusstsein an Ratio

Erlkönig im Interview

Moderator: "Bei uns zu Gast im Studio: der Erlkönig! – Tja, gibt kaum Applaus. Kein Wunder, bei Deinem Ruf."

Erlkönig: "Um den aufzupolieren, bin ich hier – unter anderem. Ich meide sonst die Öffentlichkeit, aber etwas PR ist wohl angesagt, mal landet ansonsten in der Antagonisten-Ecke. Wirklich unschön."

Moderator: "Wie war das nun mit dem Knaben, Goethe und dem Vater, der das alles nicht wahrhaben wollte?"

Erlkönig: "Ich habe hier Prospekt-Material. Man kann bei uns sehr schön Urlaub machen. Ein verlängertes Wochenende gibt es zu gewinnen: auf dem Erlkönig-Hof."

Moderator: "Ich glaube nicht, dass Väter ihre Jungs da guten Gewissens hinschicken. Ich habe da so meine Zweifel."

Erlkönig: "Goethe hat einen Alptraum thematisiert. Es ist gut, sich seinen Ängsten zu stellen. Darum geht es bei uns auf dem Erlkönig-Hof. Ein Horror-Kabinett des Schreckens. Wirklich gruselig. Wir haben sogar echte Zombies."

Moderator: "Vielleicht gefällt den Kindern Disney-World doch besser?"

Erlkönig: "Ach was. Das Immunsystem muss gestärkt werden – die Seele muss gefeit sein gegen die Widerwärtigkeiten und Abscheulichkeiten – da leisten ich und mein Team ganze Arbeit. Fräulein Medusa ist bekannt für ihre zupackende Art."

Moderator: "Jetzt bin ich doch neugierig, wer da alles mit von der Partie ist. Hört sich irgendwie schräg an."

Erlkönig: "'Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?' – Ja, wenn man in der Düsternis unterwegs ist, da verschwimmen einem die Grenzen: Die Ratio behauptet, sie wisse genau, was echt sei – als ob es sich um eine Goldmünze handle, auf die man raufbeißt; aber im Zwischenreich herrsche ich: Da tauchen ich und meinesgleichen auf; Spukgestalten, die die Aufklärung gerne leugnen würde; aber mit Leugnen ist es nicht getan, wir greifen nach Euch, wenn das Bewusstsein nicht aufpasst, wenn es müde ist vom Realitäts-Rausch."

Moderator: "Hört sich jetzt irgendwie schmierig an. Ist es so wie mit Siebenschläfer: Dass man eine Prognose erstellt, die auf sehr wackeligen Füßen steht? Man kann dem Üblen mit guten Gedanken begegnen, es müssen keine sieben Wochen Ungemach folgen. Dieses Ausgeliefert-Sein – das tritt in der Ballade sehr deutlich hervor. Die Unabwendbarkeit. Dass man etwas sieht, spürt, wovon der andere keine Ahnung hat. Man ist allein mit seinem Realitäts-Empfinden. Geht jedem Menschen mal so – man empfindet anders als die übrige Welt und man fragt sich: 'Was stimmt mit mir nicht?' Das Eingreifen des Erlkönigs – was plant er letztlich?"

Erlkönig: "Bei Sonne – eingehüllt von Sonnenstrahlen – da wähnt sich der Mensch sicher; die Ratio triumphiert. Die Aufklärung schreitet kühnen Schrittes voran ... Doch wenn die Nacht anbricht, wenn das Bewusstsein nicht mehr Herr der Lage ist, dann hörst Du es in Flüstertönen, wie es raunt, wie es wispert: Folge mir, in mein Reich, das Leben ist Mühsal, Plackerei, es könnte so einfach sein ..."

Moderator: "Sehr perfide; man fragt sich, was will uns die Ballade sagen: Kommt der Verstand wirklich nicht an gegen die Einflüsterungen der Nacht? Sind wir nicht schlau genug? Nerven aus Stahl – würde uns das weiterhelfen? Was ist das Rezept gegen Alpträume?"

Erlkönig: "Das und vieles weitere besprechen wir auf dem Erlkönig-Hof. Es gibt Freikarten fürs Publikum! All das Ungeklärte, Verschobene – es wird dort alles erörtert. Normalerweise begegnet man seinen Alpträumen im Passiv-Modus. Nicht stottern – dem Ungeheuren Rede und Antwort stehen, es sogar zurechtweisen! 'Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?' – Der Ratio graust es, sie möchte es leugnen – und vermag es nicht, da andere Teile des Gehirns betroffen sind, der Erlkönig hat dort von ihnen Besitz ergriffen, er gibt es nicht frei. Ein Fluch, ein Segen? Man verschließt die Augen vor dem, was man fürchtet – man würde es gerne schlagen, doch es ist wie Nebel-Gestalt – vorhanden und nicht da ... Erinnerungs-Dunst. Man kämpft gegen an. So klagt die Seele: 'Erlkönig hat mir ein Leids getan!' Wenn Du nicht aufpasst, ist die Seele tot – und Du lebst weiter. Zombies allerorten. Ich sehe sie – und staune, keiner bemerkt's. Sie sind tot, innerlich ist ihnen das Leben abhandengekommen. Sie reden von Sternzeichen – von der Zukunft – doch es sind Sich-im-Kreis-Drehende. Karussell-Fahrer, nenne ich sie. Ihr entkommt Erlkönig nicht. Besser, Ihr bucht gleich das Wochenend-Paket – zum Sondertarif. Noch ist es günstig, entscheidet Euch schnell. Wenn ich Euch erst nötigen muss, dann schnellt der Preis in die Höhe. Bin ich Euch zu obskur? Hättet Ihr es gern eine Nummer klarer? Klarträume, luzides Träumen – kein Problem – ich stoße Euch auf Euch selbst, Ihr werdet fündig werden – doch ohne mich seid Ihr ohnehin tot."

Moderator: "Man kann sich immer sagen: 'In dürren Blättern säuselt der Wind.' Aber die Geräuschkulisse des Grauens ist da – in der Historie, in der Biographie – man kann weghören, es überhören, es leugnen – und man kann die Musik laut aufdrehen – oder man hört hin, was Erlkönig & Co. zu verkünden haben; was ist ihre Botschaft? Vielleicht bucht Ihr ein Weekend? 'Was Erlenkönig mir leise verspricht?' Die Schätze der Tiefe, kein oberflächliches Geplätscher. Mit dem Rabattcode 'Erlkönig_Ultra' erhaltet Ihr unglaubliche 10 Prozent Ermäßigung! Und es gibt auch ein Gewinnspiel."

Erlkönig: "Ich sollte mich öfters im Fernsehen blicken lassen. Kommt meiner Popularität zugute. Und da macht unsereins sich Sorgen wegen seines Images."

Verhaltener Applaus.

ENDE

Interview mit William Turner

Moderator: "William Turner, als Maler hast Du der Welt viel gegeben; um genau zu sein: 20.000 Werke. Hast Du es je bereut? War Malerei irgendwann ein Fluch, ein Laster?"

William Turner: "Hab ich nie so gesehen. Ich freue mich, dass ich in der Engels-Late-Night-Show dabei sein darf; man macht sich vorher ja furchtbar viel Gedanken; wie ist es so im Himmel, wird es mir da gefallen, wäre ich nicht doch lieber in der Hölle? ..."

Moderator: "Hier im Himmel ist viel von Glück die Rede; gab es besondere Glückstage für Dich?"

William Turner: "Immer wenn ich allein sein konnte mit einem Bild, das Grundierte wartete auf seine Bestimmung, das waren Glücksmomente – die möchte ich nicht missen. Man müsste es schaffen, dass das ganze Leben einem Glückstag gleicht. Aber wo nähme ich dann das Düstere her, die Melancholie? Es hält sich die Waage in meinen Bildern, mal bedrängt das Unheil den Frieden, dann ist es die Langeweile selber, die für Aufruhr sorgt; sie birst hervor und gebiert das Böse, den Unfrieden – aus lauter Lust am Abenteuer und am Anderssein."

Moderator: "Das sind gewagte Worte hier im Himmel."

Moderator sieht sich um.

Moderator: "Wir haben auch Gäste aus der Hölle bei uns; die machen das gerne publik, wenn hier Unzufriedenheit zu spüren ist. Ich will keinen Druck ausüben, aber ein Lächeln so ab und zu wäre durchaus angebracht."

William Turner: "Mag nicht. Ich lasse gerne meine Bilder für mich sprechen. Ich seh, Ihr habt sie alle ausgestellt. Ich hatte damals auch eine Galerie – war ein Novum – dass ein Maler so eitel ist, sich mit seinen Bildern zu umgeben; aber sie gaben mir ein gutes Gefühl; ich betrachtete sie immer als meine Freunde; schön, sie wiederzusehen."

Er geht an den Bildern entlang.

William Turner: "Das Seeungeheuer-Bild habe ich nie beendet. Vielleicht ergibt sich ja die Gelegenheit? Vermutlich könnte man das in der Hölle besser hinkriegen; ich bin da nicht so der Experte; ich habe immer versucht, das Gute durchschimmern zu lassen; mag sein, es ist die Sonne, die verstellt wird von allerlei. Wie sieht es die Sonne, wie ist ihre Sicht der Dinge? Das klare, helle Licht. In meinen Bildern ergießt es sich in aller Buntheit – ich gestatte es, ich dränge sie geradezu dazu; soll sie sich ergießen – ihre Strahlen spenden Leben; könnte man das von seinem Wirken auch behaupten; nun gut, ich habe Tausende von Bildern in die Welt gesetzt – aber haben sie das Licht verstärkt? Ich werde melodramatisch; was ist in meinem Cocktail?"

Moderator: "Nektar und Ambrosia. Die alten Legenden sind wahr. Das hier im Himmel soll eine immerwährende Cocktailparty sein – das war das Konzept. Frohsinn, ein paar Interviews ..."

William Turner: "Ich würde ja gerne gute Laune verbreiten, aber mir fehlt irgendwie der Anlass. Aquarelle haben so etwas Vorläufiges; so ist mit zumute: Als ob ich darauf warten würde, dass etwas passieren würde, dass ich umgearbeitet werde in ein exzellenteres Gemälde; komme mir oft wie eine Skizze vor. Das Leben an sich hat so etwas Skizzenhaftes; auch wenn ich hier mein Gesamtwerk im Blick habe; ich war immer zu sehr Ästhet? Habe das Schöne sehen wollen, es sollte zur Geltung kommen – trotz aller Widrigkeiten, allem Unschönen bricht es sich Bahn, kraftvoll, unaufhaltsam; habe ich das irgendwie vermitteln können?"

Er schreitet an seinen Bildern entlang.

William Turner: "So ein Rückblick tut gut. Sammeln. Vielleicht hätte ich mehr das Unschöne betonen sollen, Nachdruck auf das, was mir missfällt? Aber man will ja gefallen, will sich mit der Welt gutstellen, sie nicht allzu sehr kritisieren; in Maßen. Ja, die Natur weiß, zu gefallen. Es fiel mir nie schwer, sie zu bauchpinseln – wenn mir dies Wortspiel gestattet ist. Oder ist man ein Einfaltspinsel, weil man auf sie hereinfällt? Bleibt man ein oberflächlicher Typ? Als Maler bevorzugt man das Sichtbare, die Hülle; die Natur hat es leicht, einen zu hintergehen. Vielleicht habe ich sie verraten – weil ich mich ins Abstrakte Land begeben habe? Auflösung des Gegebenen, es ignorieren, es ersetzen durch Gedankenbilder … Wie sie die Farben mengt und rührt: Die Imagination – von mir gestärkt. Sie hat mich beeindruckt. Dass da ein Gegenspieler ist zur Realität, der es womöglich mit ihr aufnehmen kann. Imagination."

Moderator: "Warum Landschaften? Alles andere nur Staffage?"

William Turner: "Ich habe die Weite gesucht, Antworten, die ich bei den Menschen nicht fand. Hat das Meer sie zu bieten? Es ist bewegt, ich tue so in meinen Bildern, als ob ich es eingefroren hätte, als ob ich einen Moment eingefangen hätte, als ob es mir gelungen sei, aber es gelingt nur mittels der Imagination. Sie hält die Zeit an, sie kann zurückspulen, vorwärtsspulen, schneller Durchlauf – alles kein Problem. Nicht so die Natur. Sie muss sich an das vorgegebene Maß und Tempo halten. Der Künstler ist freier, er wandert quasi wie Jesus über das Wasser, es ist ihm ein Leichtes. Er ist in seiner Imaginations-Welt, und er will die anderen daran teilhaben lassen, die Schwerelosigkeit, die Mühelosigkeit – Glück, das so greifbar ist wie ein Apfel; ich weiß, wir stehen hier im Paradies-Garten – und ich sollte mir diese Anspielungen verbieten; aber war es nicht ein Glückstag, ein Glücksgriff: Der verbotene Apfel – ihn dennoch zu nehmen, sich übers Gebot hinwegzusetzen? Der Mensch würde zur Staffage verkommen, würde er die Gebote beachten. Er muss sich darüber hinwegsetzen. Ich weiß, das klingt jetzt sonderbar, aber auch in der Kunst musste ich Grenzen überschreiten, um mir selbst treu bleiben zu können, meinem Anspruch. Man bleibt sonst hinter seinen Ansprüchen zurück. Ich habe das Portal zum Abstrakten aufgestoßen: Wurde mir im Nachhinein klar; mich immer weiter entfernt von den Vorgaben der Natur. Die Imagination drängt ins Bild. – Sag mal, die Cocktails hauen ganz schön rein."

Moderator: "Fördert ein wenig die Gesprächigkeit. Du hast Recht: Kunst, die die gezogenen Grenzen achtet, die ist vermutlich zu brav. Sie will mehr sein als ein Abbild, sie ist grenzenlos."

William Turner: "Vielleicht ist das eine Definition von Glück: Wenn das Grenzenlose auf das Reale trifft – dem nachspüren, es malen. Kann sein, dass bei meiner Bevorzugung des Ästhetischen das Moralische auf der Strecke bleibt – Du siehst ja, ich lobe den Raub des Apfels; ich wäre ein schlechter Künstler, wenn ich mich nicht mit allen Mitteln um Erkenntnis bemühen würde. Ein immerwährender Glückstag – dieses Bild lässt mich nicht los. Was hindert einen daran? Manches gelingt nicht, man ist verärgert; man stellt für sich selbst Regeln auf – und befolgt sie nicht, scheitert an Belanglosigkeiten; und dennoch – das Glück sollte wie eine Burg über allem stehen. Ich bin sonderbar zuversichtlich. Entweder ist das der Cocktail, oder ich bin begeistertet über meine Bilder. So mit Abstand betrachtet, ist es, als würde ein vergangener Tag mich besuchen, mir auf die Schulter klopfen und sagen: 'Weißt Du noch?' – Du erwähntest 'Staffage' – manchmal ist einem so, als sei man in seinem eigenen Leben lediglich Staffage, kein heroisches Landschaftsgemälde, man kann es nicht aufnehmen mit der Landschaft, man ist nicht Heros genug. Ist das mein Eingeständnis, dass die Natur gesiegt hat? Sie ist anbetungswürdig, sie ist der wahre Heros. Ich habe sie immer bewundert, vergöttert. Das Meer, die Berge – sie abzubilden, erschien mir eine würdige Tätigkeit. Aber muss der Mensch nicht nach Würdigerem streben? Es gibt keine Porträts von Gott. Meinst Du, er würde sich von mir porträtieren lassen?"

Moderator: "Gewagte Frage. Als Gegenargument könnte man geltend machen, dass bei Dir die Imagination sich doch sehr in den Vordergrund drängt."

William Turner: "Schon wahr. Am Ende male ich Gott als Farbe, übertreibe es mit dem Abstrahieren und gelange ins Gegenstandslose."

Moderator: "Ich erfahre gerade, dass Er Dir tatsächlich Modell stehen würde. Es liegen ausreichend Referenzen vor."

William Turner: "Prima. Scheint, dass das Thema 'Glückstag' da einiges in Bewegung gebracht hat. Man soll ja auch nicht den Teufel an die Wand malen – also Obacht, was man sagt, malt, denkt. So mal in die Runde gesagt."

Moderator: "Diesen Rat hören die Engel gewiss nicht zum ersten Mal, aber wir sammeln das und machen Kalendersprüche daraus."

William Turner: "Kein Grund für Ironie. Hier sieht es idyllisch aus – dennoch ist es Farce. Ihr habt die Probleme in die Hölle ausgelagert."

Moderator: "Und, wo ist das Problem?"

William Turner: "Ich habe in meinen Bildern immer versucht, beides zu berücksichtigen: Es ergänzt sich doch, eines kann nicht ohne das andere."

Moderator: "Das ist dann doch ein bisschen viel an Ehre für die höllische Fraktion."

William Turner: "Vielleicht fühle ich mich deshalb nur wie ein Schatten: Das dämonische Element fehlt mir. Deshalb die Begeisterung und die Faszination – ich finde nichts Kritikwürdiges, ich bin ein Lamm ..."

Moderator: "Das ist notwendig; im Himmel käme es zu Aufständen."

William Turner: "Dann ist das nur die eine Seite der Medaille? Wieso bin ich so aufsässig? Vermutlich habt Ihr Recht; trotzdem erscheint es mir wie eine Dichotomie. Etwas, was ich in meinen Bildern immer vermieden habe: Da bildeten sie eine Einheit. Das Wüten, die Leidenschaft, die Verzweiflung, die Traurigkeit – all das gehört mit in meine Bilder, die können nicht außen vor bleiben!"

Moderator: "Trink Deinen Cocktail – und denk nicht weiter drüber nach."

William Turner: "Das Erhabene ist angewiesen auf das Dunkle, wie könnt Ihr das ausradieren?"

William Turner ist fassungslos.

Moderator:

Interview mit einem Gummibären

Ich: "Schön, dass Du zum Interview erschienen bist: Gummibären gelten ja als nicht sehr gesprächig."

Gummibär: "Ich hab erst gedacht: Kommt gar nicht in die Tüte. Aber dann dachte ich mir: Warum nicht?"

Ich: "Es heißt, Gummibären besäßen kein Rückgrat ..."

Gummibär: "Nenn es Flexibilität. Sehr empfehlenswert für Politiker. Das schafft man auch mit noch so vielen Dehnübungen nicht. Immer geschmeidig bleiben."

Er turnt mir was vor. Macht seine Sache ganz gut.

Gummibär: "Siehst Du diese Moves? Diesen Hüftschwung? Hier steppt der Bär!"

Er flippt völlig aus. Dabei ist gar keine Musik an. Die Studio-Band schaut mich fragend an.

Ich: "Spielt was Fetziges."

Der Gummibär kriegt die Panik.

Gummibär: "Mit Tüten-Zerfetzen fängt es an. Es geht das Gerücht um, dass Gummibären zum Verzehr geeignet seien. Ich bin völlig fassungslos."

Er klettert wieder in seinen Sessel. Wie soll ich ihm die Wahrheit sagen?

Ich: "Es ist ja selten, dass Gummibären Rentenalter erreichen."

Gummibär: "Wie kommst Du jetzt darauf?"

Ich: "Nun ja, Du scheinst da einige Fakten erfolgreich verdrängt zu haben. Gummibären sind lecker."

Gummibär: "Stimmt schon. Ich bin ein künstlerischer Leckerbissen. Ich tanze unglaublich gut."

Er tanzt im Sessel. Die Studio-Band spielt 'Teddy Bear' von Elvis Presley.

Gummibär: "Mein Knuddel-Faktor ist super. Fühl mal."

Ich: "Das schon. Aber es birgt ja auch gewisse Risiken, wenn man so gut ankommt ..."

Gummibär: "Ich liege voll im Trend. Den Zeitgeschmack treffen – darauf kommt es an. Ich kann hüpfen wie ein Gummiball."

Er springt durchs Studio.

Ich: "Hat was von einem Squash-Ball. Wobei Squash-Bälle den Vorteil haben, dass sie nicht lecker sind."

Gummibär: "Ist es denn ein Fehler, der Welt angenehm zu sein? Du tust gerade so, als wäre es besser, bitter und ungenießbar zu sein."

Ich: "Manchmal ..."

Er deutet mein bedeutungsvolles Schweigen völlig verkehrt.

Gummibär: "Langweile ich Dich? Hast Du keine weiteren Fragen? Soll ich gehen?"

Ich: "Siehst Du Dich als Softie?"

Gummibär: "Ich habe Soft Skills. Ich kann ein Team zusammenschweißen – manchmal kleben wir förmlich aneinander. Erzähl es keinem weiter – aber ich habe schon an Befreiungsaktionen teilgenommen: Gummibären aus Tüten befreit – unglaublich, was da in den Supermärkten abgeht. Einem Schoko-Osterhasen haben wir auch zur Flucht verholfen."

Ich: "Packende Geständnisse. Es heißt ja: Gelobt sei, was hart macht."

Gummibär: "Willst Du wissen, was mich hart macht, oder was? Was ist das eigentlich für eine Sendung?"

Ich: "Ich mein, es ist ja an sich gut, hart im Nehmen zu sein. Wie siehst Du Dich da aufgestellt?"

Gummibär: "Willst Du behaupten, ich sei ein Weichei?!"

Er erhebt sich drohend. Ich gebe der Band ein Zeichen; sie spielen Jazz. Er sinniert.

Gummibär: "Mag sein, dass ich zu weichherzig bin. Musik berührt mich – alles berührt mich."

Ich: "Vielleicht bräuchten wir mehr Gummibären im Land? Nur so ein Gedanke. Die Betroffenheits-Fraktion."

Gummibär: "Das würde mir gefallen. Vorreiter – hätte was. Ich glaube, ich bin ein Tüten-Fetischist – Tüten geben mir ein gutes Gefühl, Sicherheit. Wie kommt das?"

Ich: "Am besten, Du sprichst darüber mal mit Deinem Therapeuten."

Gummibär: "Du bist aber nicht sehr umgänglich. Hat Dich das Leben so hart gemacht? Sei doch knuffiger!"

Ich: "Werde ich beherzigen. Ich danke Dir für das Interview."

ENDE

Interview mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Moderator: "Bei uns zu Gast im Studio: 3 Töchter der Zeit – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Was war, was ist, was wird sein. Ihr trefft ja selten aufeinander, hier alle traulich vereint ..."

Vergangenheit: "Gibt's was zu essen? Ich habe unsäglichen Appetit auf Historienbilder und Historienfilme."

Moderator: "In der Historienmalerei geht es ja oft um Mythisch-Sagenhaftes. Wie viel Wirklichkeit ist in Dir?"

Er stupst sie an.

Vergangenheit: "So ganz echt bin ich nicht. Ich bin zum Teil aus dem gemacht, was Ihr Legenden nennt. Ausschmückung, Verschönerung, Verdichtung – kurzum, die Geschichte wird konsumierbarer durch diesen Effekt. Werft es mir nicht vor. Es ist keine Koketterie; aber ich mache mich gerne hübsch für Euch; Ihr wollt doch nicht, dass Eure Historie ganz frei ist von Legenden, von wirklich Interessantem? Der Alltag ist grau – ich verleihe ihm Farbe – das muss gestattet sein. Ich meine, wer sollte es mir verbieten?"

Gegenwart: "Ich bin immer echt; nur verdammt flüchtig. Ich bin zu authentisch – ich wäre gerne Schauspieler, hätte gern genügend Zeit, mehr aus meiner Rolle zu machen. Ich spiele mich quasi immer selbst, höchst uneinfallsreich, voll unkreativ. Zukunft kann sich Zeit lassen, sich auf ihren Auftritt vorbereiten, sich sammeln. Sie testet verschiedene Möglichkeiten. Siehst Du, ich bin schon wieder völlig erschöpft, verliere mich an den Moment, verschmelze mit ihm. Etwas mehr Abstand wäre schön."

Zukunft: "Ich werde beneidet? Ich bin so ungegenständlich. So furchtbar wischi-waschi. Ich hätte gerne Eure Formen, Eure Formstabilität. Ich halte das kaum noch aus, wie instabil ich bin. Fühlt mal, alles Watte."

Er fühlt ihre Oberarm-Muskeln.

Moderator: "Ich finde Dich attraktiv."

Zukunft: "Danke. Das ist aber nur, weil Du ein Optimist bist. Kaum treffe ich auf einen Pessimisten, sehe ich scheußlich aus. Zum Davonlaufen. Kann es sein, dass das Publikum beim Auftritt der Gegenwart besonders begeistert applaudiert hat? Das finde ich nicht schön, diese Bevorzugung. Ihr habt neuerdings ein Faible für Happenings, Ihr hofiert den Moment, wendet ihm Euch zu; Bekehrung zur Gegenwart. Als ob Ihr der Vergangenheit weglaufen wollt; doch sie steckt in Euch, ..."

Vergangenheit: "Hör auf, mich schlecht zu machen. Soll ich mich schuldig fühlen, nur weil ich in mir die Fehler, die Missverständnisse, die Irrtümer habe? Ich archiviere das. Es heißt, man könne aus mir lernen – tut aber keiner, kaum einer macht sich mal die Mühe und schaut, ob es ähnliche Konstellationen gegeben hat. Man ist begierig auf die Highlights, kann von denen gar nicht genug bekommen, würde dorthin am liebsten reisen per Zeitmaschine. Aber das bin ich nicht: Ich bestehe nicht nur aus Highlights, das Meiste ist unerfreulich, ein Gemisch aus Verkorkstem und Vermasseltem."

Die Gegenwart streichelt der Vergangenheit über den Kopf.

Gegenwart: "Ich glaube, Du siehst Dich zu negativ. Wir sprechen zu selten miteinander. So ein Interview sollte es öfter geben. Ich jedenfalls bin sehr dankbar für die Einladung – und für den herzlichen Applaus."

Vergangenheit: "Ja, Dir wenden sie sich immer zu, Dir fliegen alle Herzen zu; unsereins muss sich bemühen, mit Legenden und Mythen mitzuhalten; ich habe nichts Dolles anzubieten. Ich bin höchst unspektakulär. Ich komme mir vor wie ein Star, der erst in die Maske muss. Dann tritt er hervor – perfekter Auftritt, perfekte Beleuchtung."

Moderator: "Ist ja toll, dass das Gespräch so von alleine läuft. Ich hatte auf diesen Effekt gesetzt: dass Ihr ein Ventil sucht. Da hat sich doch 'ne Menge angesammelt. Wir sind ja alle Kinder der Zeit; aber wären wir nicht alle gerne zeitlos?"

Gegenwart: "Ja, die Zeit hat uns im Griff; immer heißt es: Komm auf die Bühne! Dein Auftritt! Ich komme gar nicht zu mir. Außerhalb der Zeit stehen können – die Zeit kommt mir vor wie ein Marterpfahl – wir alle sind zeitgebunden."

Der Moderator tröstet die Gegenwart, tätschelt ihre Hand, bietet ihr Kekse an.

Gegenwart: "Kekse sind ein Sinnbild für mein Dasein."

Sie zerkrümelt die.

Gegenwart: "Siehst Du – ich bin Brösel."

Vergangenheit: "Du gehst mir auf den Keks! Dies Weinerliche, diese Betonung des Vergänglichen. Okay, ich horte in mir Unmengen an Abgelebtem – Schichten des Gewesenen – doch für mich ist es lebendig, ich betrachte es zuweilen gern; das macht mich aus, das füllt mich."

Sie stopft sich ein paar Kekse rein.

Moderator: "Ladys, das soll sich hier nicht hochschaukeln."

Gegenwart zur Vergangenheit: "Vielfraß! Du stopfst eh nur in Dich hinein, was ich Dir überlasse. Das Frische, Lebendige ist Dir fremd!"

Die Vergangenheit zeigt der Gegenwart einen Vogel.

Zukunft: "Ich bin variabel, vielfältig. Das variable Denken wäre auch was für Euch. Ihr seid eindimensional, klammert Euch ans Reale; befreit Euch davon, lasst Eurer Fantasie Flügel wachsen ..."

Gegenwart: "Du hast 'nen Spleen. Die Welt ist so, wie sie ist. Deine vermeintliche Freiheit ist ein Hirngespinst!"

Die Gegenwart wirft der Zukunft eine Handvoll Kekse an den Kopf.

Moderator: "Ich habe hier Muffins. Die sind weicher."

Die Gegenwart bedient sich, kostet davon.

Gegenwart: "Zu schade als Wurfmaterial. Die sind lecker."

Moderator: "Eigentlich wollten wir eine Reise in die Vergangenheit unternehmen, das hat uns die Vergangenheit in Aussicht gestellt."

Vergangenheit: "Ich bin mies drauf. Nicht in Stimmung fürs Verreisen. All meine Schätze – es stimmt schon, sie setzen Rost an, sie verkommen; sie sind darauf angewiesen, dass die Erinnerung sie besucht; aber es gibt so viel Besichtigenswertes und es wird immer mehr. Das schafft doch keiner. Die Historie – das ist kein Rundgang, den man eben mal so abhakt. Ich sollte Schilder aufstellen, Videomaterial, Marketing betreiben – die Erinnerung einladen ... Aber die Gegenwart ist der Star, ihr wendet sich jeder zu, sie ist beliebt, begehrt. Machen wir lieber eine Reise in die Gegenwart, sich wirklich Zeit nehmen für sie, ihr Exklusivität zubilligen."

Gegenwart: "Das willst Du für mich arrangieren? Wie lieb von Dir. Besinnung ist mir sehr wichtig."

Moderator: "Vielleicht sollte man sich die Gegenwart wie eine Villa vorstellen; wenn es da einen Vorbau gäbe und eine Veranda – das würde das schon vergrößern."

Gegenwart: "Ich habe es nicht nötig, aufzutrumpfen."

Sie reckt sich trotzdem.

Zukunft: "An Fläche gewinnen. Du bist ja doch sehr punktförmig."

Gegenwart: "Sei Du bloß still! Du erstreckst Dich unzulässigerweise in die abgelegensten Regionen, streckst Deine Fühler aus, dabei wissen wir doch nicht mal, ob die Menschheit lange durchhält. Sieht mir nicht so aus. Da schwingt sehr viel Hoffnung mit; aber Ihr seid zu affektiv – Affen halt."

Moderator: "Die Ratio ist aber auch ganz schön gewaltbereit. Ich begebe mich in Gedanken gerne in die Vergangenheit, bereise die Orte der Menschheit; hängt mit meinem Studium der Archäologie zusammen."

Vergangenheit: "Ach, jede Joghurt hat Kulturen. Das ist nichts Staunenswertes. Es sind Trümmer, Bruchstücke – ich selber bin bruchstückhaft. Das hat doch alles kein System!"