Intuition - Folge deiner inneren Stimme und entwickle deinen 6. Sinn - Cate Howell - E-Book

Intuition - Folge deiner inneren Stimme und entwickle deinen 6. Sinn E-Book

Cate Howell

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Beschreibung

Die meisten Menschen hören sie von Zeit zu Zeit, diese innere Stimme, die wir Intuition nennen. Doch in unserer rational geprägten Lebenswelt haben solche »Bauchgefühle« keinen guten Ruf. Zu Unrecht, meint Medizinerin Dr. Cate Howell. In ihrem Buch betrachtet sie das Phänomen der Intuition aus verschiedenen Perspektiven, etwa der Psychologie und der Religion. Howell stellt in diesem Buch ihren praxisnahen Sieben-Schritte-Plan vor. So können wir lernen, wie wir auf unsere Intuition hören und mit welchen Übungen und Meditationen wir sie stärken können, um sie in die wichtigen Entscheidungen des beruflichen und privaten Lebens einfließen zu lassen.

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Seitenzahl: 271

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Cate Howell

Intuition

Folge deiner inneren Stimmeund entwickle deinen 6. Sinn

Aus dem Englischen von Felix Mayer

Anaconda

Titel der australischen Originalausgabe: Intuition. Unlock the Power!

Text Copyright: © Cate Howell

First published in Australia by Exisle Publishing Ltd

Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-641-27624-9V002

© dieser Ausgabe 2021 by Anaconda Verlag,

einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: Adobe Stock/Anko, Olly Kava

Umschlaggestaltung: Druckfrei. Dagmar Herrmann, Bad Honnef

www.anacondaverlag.de

Inhalt

Vorwort

Teil 1: Intuition – aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet

Kapitel 1: Intuition aus Sicht der einzelnen Disziplinen

Kapitel 2: Die Rolle der Intuition bei Entscheidungen

Teil 2: Die eigene Intuition verstehen und entwickeln

Kapitel 3: Die verschiedenen Arten von Intuition

Kapitel 4: Die sieben Schritte zur Intuition

Teil 3: Besondere Phänomene im Zusammenhang mit Intuition

Kapitel 5: Synchronizität, Vorahnungen und das dritte Auge

Kapitel 6: Heilen

Schlusswort

Danksagungen

Anmerkungen

Register

Vorwort

Am besten kennen wir das, was wir nicht gelernt haben.

MARQUIS DE VAUVENARGUES

Dieses Buch ist durch Zufall entstanden – vielleicht hatte aber auch das Schicksal seine Hand im Spiel. Eines Tages saßen mein Verleger und ich bei typischem Melbourner Wetter in einem wunderbaren italienischen Restaurant und sprachen über Ideen für Bücher. Dabei erwähnte ich, dass ich am Wochenende zuvor mit meiner Schwester einen Workshop besucht hatte, bei dem es um die Stärkung der eigenen Intuition gegangen war. Daraufhin sprachen wir eingehend über das Thema Intuition und stellten fest, dass wir beide davon fasziniert waren. Während des Gesprächs drängten sich mir immer mehr Fragen auf: Was ist Intuition eigentlich genau? Wie entsteht sie? Wie können wir sie nutzen? Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse über Intuition? Und wie können wir lernen, mehr auf unsere Intuition zu vertrauen? Unser Gespräch führte uns von einem faszinierenden Punkt zum nächsten – und was damals seinen Anfang nahm, mündete schließlich in dieses Buch!

Über Intuition zu schreiben, hat mir große Freude bereitet. Mein Beruf besteht darin, Menschen zu helfen, und nichts erfüllt mich mehr, als mit Menschen zu arbeiten und ihre Geschichten zu hören. In meinen psychotherapeutischen Behandlungen verwende ich verschiedene Methoden, denn kein Ansatz ist für alle Menschen gleich gut geeignet. Im Lauf der Jahre habe ich erkannt, dass ich meinen Klienten auf vielerlei Weise helfen kann: Ich kann mein erworbenes Wissen anwenden, eine therapeutische Beziehung aufbauen, den Betroffenen dabei helfen, ihr Leben zu verändern, Mitgefühl zeigen, aber auch mein eigenes kreatives Potenzial nutzen und dabei auf Wissen und Intuition zurückgreifen.

Schon seit Langem interessiere ich mich für komplementäre Behandlungsmethoden und die spirituelle Dimension des menschlichen Lebens, doch derlei Dinge sind oft nur schwer mit der Schulmedizin zu vereinbaren. In der Ausbildung lernen wir, dass Behandlungsmethoden evidenzbasiert sein sollen, und obwohl dieser Grundgedanke vollauf seine Berechtigung hat, stellen sich mir dabei doch folgende Fragen: Wenn wir uns ausschließlich auf evidenzbasierte Methoden stützen, geht dann nicht ein Teil der Heilkunde verloren? Übersehen wir dabei nicht, von welch zentraler Bedeutung die Beziehung zwischen Behandler und Patient ist? Gerät dabei nicht nützliches Wissen in Vergessenheit, und lassen wir dadurch nicht zahlreiche Möglichkeiten außer Acht, Menschen zu heilen und Veränderungen zu bewirken? Meiner Ansicht nach hilft uns daher ein ganzheitlicher Ansatz am meisten weiter, also eine Kombination aus Schulmedizin und alternativen Heilmethoden.

Das Thema dieses Buches beschäftigt mich schon mein Leben lang. Schon als Kind hörte ich den Menschen um mich herum zu, saugte Gedanken und Wissen aus meiner Umwelt auf und erkannte dabei unter anderem, dass es so etwas wie Intuition gibt. Meine Großmutter mütterlicherseits war mir sehr nahe, auch weil sie einige Jahre bei uns lebte. Meine Mutter erzählte mir, dass meine Oma oft wusste, dass gleich jemand zu Besuch kommen würde, oder dass sie zum Telefon ging, noch bevor es läutete. Sie wusste auch, dass ich einen Brief von einer bestimmten Freundin bekommen würde, noch bevor er im Briefkasten lag. Das machte mich neugierig.

Wie konnte meine Großmutter all das »wissen«? Und woher wusste ich eines Tages, dass eine Freundin ihre Weltreise beendet hatte und wieder zurück in Australien war, obwohl sie niemandem Bescheid gegeben hatte? Auch wenn die Beschäftigung mit der Intuition im Lauf meines Lebens phasenweise in den Hintergrund gerückt ist, weil mich Studium, Beruf, Familie oder Privates immer wieder voll und ganz beansprucht haben, so hat sie sich doch regelmäßig zurückgemeldet. Aus Erfahrung weiß ich, dass die Intuition ihre stärkste Kraft entfaltet, wenn ich entspannt und ganz bei mir bin oder mich kreativen Tätigkeiten widme. Die unterschiedlichsten Erfahrungen haben mich gelehrt, wie wertvoll die Intuition sein kann. Daher habe ich mich im Lauf der Jahre immer mehr mit ihr beschäftigt und mich beruflich wie privat zunehmend auf sie gestützt.

In diesem Buch versuche ich, mich dem Thema Intuition auf ganzheitliche Weise zu nähern. Zunächst beschreibe ich das Wesen der Intuition; anschließend gebe ich einen Überblick über die vorhandene Literatur und lege dar, was wir derzeit über Intuition wissen. Dabei berichte ich immer wieder von Erfahrungen von Freunden und Kollegen, aber auch von eigenen Erlebnissen. Über intuitives Denken sowie darüber, wie die Intuition zwischenmenschliche Beziehungen und unsere Wahrnehmung beeinflusst, gibt es zahlreiche wissenschaftliche Publikationen. Diese Aspekte werden im Folgenden eingehend besprochen, und ich stelle verschiedene Sichtweisen auf das Thema vor. Vor allem aber ist dieses Buch eine praktische Anleitung. Es wird Ihnen dabei helfen, eine genauere Vorstellung von Intuition zu bekommen, und Ihnen eine Reihe von Fähigkeiten an die Hand geben, mit denen Sie Ihre Intuition weiterentwickeln können.

Im Grunde sucht dieses Buch also Antworten auf die sechs W-Fragen: Wer, Was, Wann, Wo, Warum und Wie:

Wer hat dazu beigetragen, dass wir Intuition besser verstehen?

Was sagen die verschiedenen Wissensrichtungen wie Psychologie oder Spiritualität über Intuition?

Wann und wo wurde sie erforscht?

Warum tritt sie auf?

Warum ist sie so wichtig?

Wie entsteht sie?

Wie können wir sie weiterentwickeln?

Ich werde in diesem Buch immer wieder auf ein bestimmtes Bild zurückkommen. Schon immer habe ich Gärten und die freie Natur geliebt, und als Kind hatte ich in unserem Garten meine eigene Ecke, in der ich Gemüse und Blumen anpflanzte und wo sich allerlei Getier herumtrieb. Der Roman Der geheime Garten war eines meiner Lieblingsbücher, und auch die spätere Verfilmung liebte ich über alles. Die Geschichte ist nicht nur spannend, sondern spendet auch Hoffnung. Sie erzählt von zwei Kindern, die auf einem herrschaftlichen englischen Anwesen einen geheimen Garten entdecken. Die Holztür in der Mauer, die ihn umgibt, ist verschlossen, doch eines Tages finden sie den Schlüssel und gelangen so hinein. Der Garten befindet sich in einem verwahrlosten Zustand, doch die beiden Kinder machen sich daran, ihn wieder zum Leben zu erwecken. In diesem Bild und in dieser Geschichte finde ich mich wieder. Ich grabe gerne mit den Händen in der Erde oder sitze mit einer Tasse Kaffee im Garten. Ein Garten verbindet uns mit der Natur, er ermöglicht uns, ganz in der Gegenwart zu sein und den Moment zu genießen, und er regt die Kreativität an. Daher verwende ich den Garten (und den Schlüssel) als Metapher dafür, wie wir unsere Intuition verstehen lernen und sie weiterentwickeln können. Dieses Buch geht der Frage nach, wie wir den Schlüssel zu unserem Garten der Intuition finden und wie wir diesen Garten Schritt für Schritt pflegen, sodass er blüht und gedeiht.

Das Buch gliedert sich in drei Teile:

1.Im ersten Teil gehen wir einigen der W-Fragen nach. Wir werden untersuchen, wer sich – auf den Gebieten der Philosophie, der Psychologie, der Neurowissenschaften, der Religionen und der spirituellen Lehren – zum Thema Intuition geäußert hat, was diese Leute gesagt haben, und warum. Außerdem wird es darum gehen, was die Forschung zur Rolle der Intuition auf den Gebieten Gesundheit, Unterricht, Geschäftsleben und psychologische Beratung bzw. Psychotherapie herausgefunden hat.

2.Der zweite Teil ist auf die Praxis ausgerichtet und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage nach dem Wie. Wir werden verschiedene Arten von Intuition besprechen, ebenso wie verschiedene Methoden, um die eigene Intuition zu entwickeln und im Alltag oder im Berufsleben auf sie zurückzugreifen. Dabei werden Sie die Sieben Schritte zur Intuition kennenlernen, die sich zum Teil auf Anregungen aus der Literatur stützen, aber auch auf ganz konkrete Erfahrungen aus meinem Leben und aus dem anderer Menschen. Diese Schritte sind unter anderem: der Intuition Raum geben, Selbstbewusstheit und Selbstvertrauen steigern, Meditation und Achtsamkeit üben, das eigene kreative Potenzial nutzen, Wege zum Unbewussten finden, Güte und Mitgefühl üben.

3.Der dritte Teil widmet sich bestimmten Phänomenen, in denen Intuition eine wichtige Rolle spielt, wie etwa Synchronizität und Vorahnungen, sowie der Bedeutung der Intuition auf einem weiteren wichtigen Anwendungsgebiet, nämlich der Heilung und Genesung. Abgerundet wird dieser Teil durch abschließende Gedanken.

Intuition ist ein äußerst wertvoller Teil des menschlichen Lebens, und obwohl sie schon von vielen Seiten ausgiebig erforscht wurde, wissen wir erst sehr wenig über sie. Ich selbst schätze die Intuition mittlerweile als Begleiterin, ja, als Freundin in allen Lebenslagen. Und mit dieser Haltung stehe ich sicher nicht allein. Als ich kürzlich einen Workshop zum Thema Intuition hielt, eröffnete mir anschließend eine Teilnehmerin, die ebenfalls Ärztin war, unter Tränen, wie beglückend und bestärkend es für sie gewesen war, eine Kollegin über den Umgang mit Intuition sprechen zu hören. Bis dahin war sie mit diesem Thema in ihrem beruflichen Umfeld auf taube Ohren gestoßen. Ein anderer Teilnehmer zeigte sich verblüfft angesichts der Rolle, die die Intuition bei Entscheidungen nachweislich spielt, sowie darüber, welche Bereicherung sie für die Wissenschaft darstellen könnte.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen helfen, ein umfassenderes Verständnis von Intuition zu erreichen und insbesondere zu erkennen, dass wir alle einen Zugang zu unserer Intuition finden können. Ich hoffe, Sie werden dabei lernen, die Intuition in Ihren Alltag zu integrieren, Ihren Weg im Leben zu finden, Entscheidungen zu treffen und anderen Menschen zu helfen.

Machen wir uns gemeinsam auf den Weg – in dessen Verlauf Sie möglicherweise auf so manche Überraschung stoßen werden. Ich bin sicher: Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie im »Garten der Intuition«, der in Ihrem Geist und in Ihrem Herzen blüht, reiche Ernte einfahren!

Tagebuch zu Ihrem »Garten der Intuition«

Möglicherweise hilft es Ihnen, während der Lektüre dieses Buches Tagebuch zu führen. Darin können Sie etwa Gedanken festhalten, die Ihnen durch den Kopf gehen, aber auch die Übungen machen, die Ihnen dieses Buch anbietet. Im ersten Eintrag könnten Sie folgende Fragen behandeln:

Was denken Sie derzeit über Intuition?

Weshalb lesen Sie dieses Buch?

TEIL 1

Intuition – aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet

Die besten und schönsten Dinge auf der Weltkönnen wir weder sehen noch berühren,sondern nur mit dem Herzen spüren.

HELEN KELLER

Zu den herausforderndsten, aber auch erfüllendsten Tätigkeiten meiner Arbeit gehört die Paartherapie. Dabei habe ich gelernt, Beziehungsprobleme durch unterschiedliche »Brillen« zu betrachten, um die persönliche Sichtweise der Beteiligten besser nachvollziehen zu können. Diese Methode begleitet mich, privat wie beruflich, schon mein ganzes Leben lang und erweist sich immer wieder als ein wahrer Segen. In vergleichbarer Weise will ich in diesem Kapitel verschiedene Perspektiven vorstellen, aus denen die Intuition betrachtet werden kann. So bekommen Sie einen Überblick über das vorhandene Wissen in Sachen Intuition und erfahren, was andere Menschen darüber herausgefunden haben. Dabei werden wir sowohl akademische als auch populärwissenschaftliche Werke berücksichtigen. Am Ende jedes Abschnitts werden die wichtigsten Punkte in einem Kasten zusammengefasst.

Jetzt aber zurück zu den Gärten und insbesondere zum Geheimen Garten! Wie erwähnt, finden die beiden Kinder, nachdem sie die Tür mit dem Schlüssel geöffnet haben, den Garten in verwahrlostem Zustand vor. Bevor sie ihn wieder verschönern können, müssen sie zunächst seine verborgene Struktur freilegen, sodann einen Plan entwerfen und sich seine künftige Gestalt ausmalen. Erst dann können sie sich an die Arbeit machen. Stellen Sie sich nun einmal vor, wie Sie selbst bei der Renovierung oder beim Entwurf eines neuen Gartens vorgehen würden. Vermutlich würden Sie sich überlegen, was für eine Art Garten Sie möchten, würden sich über Bodentypen und Pflanzenarten informieren und schon einmal darüber nachdenken, wo Blumenbeete liegen und wo Bäume stehen könnten. In dieser Phase müssten Sie auch schon festlegen, wie der Garten aufgebaut sein soll, und die erforderlichen Materialien besorgen. Wenn wir unsere Intuition wiederentdecken oder weiterentwickeln wollen, müssen wir im Prinzip genauso vorgehen. Daher behandelt dieser erste Abschnitt einige grundlegende Dinge auf dem Gebiet der Intuition.

Was ist Intuition?

Man könnte meinen, Intuition ließe sich leicht definieren – schließlich haben die meisten Menschen schon einmal Erfahrungen mit ihr gemacht. Manche beschreiben sie als ein Bauchgefühl, andere als innere Stimme oder sechsten Sinn. Unser Wort »Intuition« kommt vom lateinischen intueri, das so viel bedeutet wie »in etwas hineinsehen« oder »betrachten«. Das Collins Australian Dictionary definiert Intuition als »instinktives Wissen oder Einsicht ohne vorherige bewusste Überlegung«. All das legt nahe, dass Intuition mit Einsicht in das eigene Innere und Reflexion zu tun hat, dass es sich um ein instinktives (unbewusstes) Geschehen handelt, das dem Selbstschutz dient und von anderer Natur ist als bewusstes, rationales Denken. Die Psychologie beschreibt Intuition als Fähigkeit, ohne den Gebrauch des Verstandes Wissen zu erlangen.1 Es geht also um das Vermögen, durch unmittelbare Einsicht zu Wissen zu gelangen, ohne vorhergehende rationale Analyse oder deduktives Denken.2 Man spricht daher manchmal auch davon, dass man durch Intuition »etwas weiß, ohne zu wissen, woher man es weiß«.

Während der Arbeit an diesem Buch habe ich etliche Menschen nach ihren Erfahrungen mit Intuition und ihren Ansichten dazu befragt. Einige ihrer Definitionen gebe ich im Folgenden wieder. In dem, was Philosophen, Psychologen und spirituelle Meister über Intuition sagen, werden Sie viele der hier genannten Aspekte wiedererkennen.

»Eine Art inneres Wissen, noch bevor etwas passiert, ohne konkrete Hinweise oder Anzeichen.« – Julie

»Ein Bauchgefühl, das sich wahrscheinlich im Zuge der Evolution aus dem Instinkt entwickelt hat.« – Jason

»Eine bestimmte Art, etwas zu wissen, aber anders als Faktenwissen, viel unterschwelliger.« – Rosie

»Ein sechster Sinn, ein Gefühl, das in der Gegend um das Herz und den Solarplexus zu spüren ist.« – Lynn

»Eine Art gefühltes Wissen, ein Zustand des Einklangs, das Gefühl, im Flow zu sein und in Verbindung mit dem eigenen höheren Selbst.« – Melanie

»Eine Art feste Gewissheit, die verschiedene Formen annehmen kann: Bauchgefühl, Gedanken, ein Traum, oder wenn man ein bestimmtes Lied hört. Sie kann auch spirituelle Züge annehmen.« – Liz

»Wir kommen mit Instinkten zur Welt, doch zu manchen von ihnen verlieren wir die Verbindung. Intuition ist ein Zustand des Wissens, der sehr stark mit Wahrnehmung und Einsicht verbunden ist. Intuitiv zu sein, ist ein Bewusstseinszustand, der aus der Intuition erwächst.« – »Unserem Wesen nach sind wir alle intuitiv.« – Sandy

KAPITEL 1

Intuition aus Sicht der einzelnen Disziplinen

Ich lerne noch immer dazu.

MICHELANGELO

Seit Tausenden von Jahren versuchen Philosophen und Wissenschaftler, das Wesen der Intuition zu verstehen und sie zu beschreiben, und auch viele bedeutende spirituelle Meister haben sich mit ihr auseinandergesetzt. In diesem Kapitel beleuchten wir die Intuition aus Sicht der Philosophie, der Psychologie sowie der Neurowissenschaften und werfen einen Blick darauf, was Religionen, fernöstliche Weisheitslehren und spirituelle Weltanschauungen über Intuition denken. Dabei werden wir jedes Mal eine andere »Brille« aufsetzen – und dennoch Gemeinsamkeiten entdecken.

Intuition und Philosophie

Schon seit Platon und der griechischen Antike beschäftigt sich die Philosophie mit Intuition. Um zu Erkenntnis zu gelangen, bediente sich Platon der Vernunft, er glaubte aber auch, dass der Mensch »das Gute« intuitiv erkennt. Dieser Gedanke prägt die moralischen Vorstellungen unserer Gesellschaft noch heute. Er gründet auf der Überzeugung, dass wir intuitiv zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Platon zufolge hat dieses zeitlose Wissen vom »Guten« seinen Sitz in der »Seele«.3 Andere philosophische Schulen, die nicht der Vernunft den Vorrang geben, betonen ebenfalls die Rolle der Intuition. Viele Philosophen sehen Intuition und Vernunft als Gegensätze; manche begreifen sie dagegen als Kräfte, die sich bei der Suche nach der Wahrheit und dem Sinn des Lebens ergänzen.4

Immanuel Kant (1724–1804), der bedeutendste Philosoph der Aufklärung, sieht in der Intuition eine grundlegende kognitive Fähigkeit, die dem Wahrnehmungsvermögen vergleichbar ist und ihren festen Platz im Raum-Zeit-Kontinuum hat.5 Denker des 19. Jahrhunderts wie Arthur Schopenhauer und Henri Bergson sprechen der Intuition eine herausragende Funktion zu, einige sehen in ihr sogar das entscheidende Element der Verstandestätigkeit.6 Rudolf Steiner (1861–1925), der Begründer der Anthroposophie, widmete sich in seiner Arbeit auch psychologischen und spirituellen Fragen. Er sprach in diesem Zusammenhang von »innerem Wissen« – der Intuition –, im Gegensatz zum »äußeren Wissen«, das wir mithilfe des Verstandes erwerben. Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard (1813–1855) unterscheidet drei Stadien des menschlichen Lebens: Im ästhetischen Stadium lebt der Mensch ganz im Hier und Jetzt und genießt sein Dasein, im ethischen Stadium entwickelt er ein Bewusstsein seiner Verantwortung und des moralisch richtigen Handelns, und im religiösen Stadium erkennt er, dass er in einem existenziellen Verhältnis zu Gott steht.7

Intuition aus Sicht der Philosophie

Zum menschlichen Wissen gehört auch das intuitive Erkennen des Guten.

Intuition und Verstandestätigkeit ergänzen einander.

Die Intuition ist dem Wahrnehmungsvermögen vergleichbar und in Raum und Zeit verankert; sie ist ein entscheidender Faktor für die Verstandestätigkeit und das Denken.

Es gibt inneres Wissen (Intuition) und äußeres Wissen (durch Verstandeskraft erworben).

Das menschliche Leben umfasst drei Stadien: ein ästhetisches, ein ethisches und ein religiöses Stadium.

Intuition aus Sicht der Psychologie

Der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875–1961), Begründer der analytischen Psychologie, beschäftigte sich in seiner Arbeit vor allem mit dem inneren Erleben des Menschen und der persönlichen Entwicklung. Er unterschied zwischen einem bewussten und einem unbewussten Teil des menschlichen Geistes und widmete sich in seiner Forschung den verschiedensten psychischen Phänomenen. Dabei stellte er fest, dass Menschen sich in allen Kulturen an Mythen oder anderen bedeutungsstiftenden Dingen orientieren und in diesem Streben durch ein »kollektives Unbewusstes« vereint sind.8 In seinem Modell der psychologischen Typen unterscheidet er vier psychische Grundfunktionen: Denken, Fühlen, Empfinden und Intuition. Diese dienen uns bei der Orientierung in der Welt gleichsam als Kompass. Bei jedem Menschen sind diese vier Funktionen unterschiedlich stark ausgeprägt, so können etwa Denken und Empfinden vorherrschen, oder Fühlen und Intuition. Die Intuition ist nach Jung eine Form der unbewussten Wahrnehmung und zeigt uns unter anderem mögliche Wege für die Zukunft auf.9

Der Italiener Roberto Assagioli (1888–1974), Zeitgenosse Jungs und gleichfalls Psychiater, entwickelte das Modell der Psychosynthese, das auch Elemente der fernöstlichen Philosophie aufgreift. Dabei handelt es sich um eine Form der transpersonalen Psychotherapie, einen humanistischen Ansatz, der dem Menschen ermöglichen will, seine Potenziale voll auszuschöpfen, und der von drei Bewusstseinszuständen ausgeht, einem intuitiven, einem spirituellen und einem transzendenten. Assagioli ging der Frage nach, wie sich der Mensch in seiner Ganzheit erfahren kann, um so zu einem kreativeren und freudvolleren Leben zu finden.10 Die Psychosynthese teilt das Innenleben des Menschen in einen persönlichen Teil (das »Ich«), einen unbewussten Teil und einen spirituellen Teil (das »Selbst« bzw. die Seele). Ihr zufolge verfangen wir uns laufend in unseren Gefühlen, Gedanken und Empfindungen, wodurch wir uns nicht mehr an unserem Selbst orientieren können.11 Assagioli war besonders daran gelegen, das Bewusstsein für das eigene Selbst zu stärken.12

Die transpersonale Psychologie beschreibt verschiedene Formen, wie Informationen vom Selbst ins Bewusstsein gelangen können, darunter Imagination, Inspiration, Illumination, Offenbarung und Intuition. Bei der Intuition wiederum unterscheidet Assagioli folgende Typen:

1.Sensorische Intuition (visuell oder auditiv), in Verbindung mit bewusster Wahrnehmung

2.Gedankliche Intuition

3.Höhere Intuition (religiös, mystisch)13

Darüber hinaus kann intuitives Erleben verschiedene Formen annehmen. So kann sich etwa ein »inneres Auge« öffnen, mit dessen Hilfe wir eine Wirklichkeit wahrnehmen, die gewöhnliche mentale Bilder nicht wiedergeben können, oder Lichtphänomene, die von einem Gefühl der Wahrhaftigkeit begleitet werden. Assagioli zufolge sind Intuition und Vorstellungskraft eng miteinander verbunden, weil sich intuitives Erleben oft in Form von Bildern vollzieht. Außerdem beschreibt er Zustände der Inspiration, wie beispielsweise Komponisten sie erleben. Mozart etwa berichtete, dass er seine Werke über Jahre hinweg in einem Zustand der inspirierten Intuition geschaffen hat.14

Intuition aus Sicht der traditionellen Psychologie

C. G. Jung unterscheidet vier Funktionen der menschlichen Psyche: Denken, Fühlen, Empfinden und Intuition. Gleich einem Kompass dienen sie der Orientierung im Leben.

Intuition ist nach Jung eine Art unbewusster Wahrnehmung, die mögliche Wege für die Zukunft aufzeigt.

Die transpersonale Psychologie beschreibt einen intuitiven und einen spirituellen Bewusstseinszustand.

Ihr zufolge fungiert das Selbst als Quelle spiritueller Kraft, an der wir uns orientieren können. Außerdem beschreibt sie drei Formen von Intuition: sensorische, gedankliche und höhere Intuition.

Intuition und das menschliche Gehirn aus Sicht der modernen Psychologie

Die moderne Psychologie bedient sich wissenschaftlicher Methoden und wird zu den empirischen Wissenschaften gezählt. In den letzten Jahren ist sie zu der Erkenntnis gelangt, dass das Denken und andere Funktionen des Gehirns wie etwa das Erinnerungsvermögen sich sowohl auf einer bewussten Ebene abspielen (gezielt und kontrolliert) als auch auf einer unbewussten Ebene (automatisch). Man spricht hier von »Parallelverarbeitung«.15 Das menschliche Gehirn ist ununterbrochen aktiv und verarbeitet Informationen, und ein Großteil unserer persönlichen Erfahrungen ist im unbewussten Teil gespeichert. Bei Spitzensportlern zum Beispiel hinterlassen Erfahrung und jahrelanges Training Spuren im Unbewussten, auf die die Athleten bei Wettkämpfen zurückgreifen, um Höchstleistungen zu erzielen. Immer mehr Bücher erscheinen – so wie das vorliegende –, die sich mit dem Gehirn und seinen Funktionen beschäftigen, und das zurecht, denn die Vorgänge im Gehirn sind wirklich unglaublich. D. G. Myers nennt als Beispiel den vermeintlich simplen Prozess, der abläuft, wenn wir jemanden wiedererkennen, und beschreibt, was dabei alles passiert.16 Wenn wir ein Foto von jemandem betrachten, den wir seit Jahren nicht gesehen haben, zerlegen die Nervenzellen im Gehirn die visuelle Information in ihre Einzelteile, setzen sie wieder zusammen, vergleichen sie mit den im Gedächtnis gespeicherten Bildern, und wir erkennen die Person. Faszinierend!

Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hälften, der linken und der rechten, und jede der beiden erfüllt spezifische Funktionen. Zwar gibt es Überschneidungen, allgemein gilt jedoch: Wenn Sie Rechtshänder sind, sind in der linken (»dominanten«) Gehirnhälfte die verbalen und nicht-intuitiven Funktionen des Gehirns angesiedelt, und in der rechten Hälfte das bildliche Vorstellungsvermögen sowie Kreativität und Intuition. Die rechte Gehirnhälfte wird etwa aktiv, wenn wir Gesichter wiedererkennen, ein Gemälde abzeichnen oder Emotionen verspüren. Auch das Sprachvermögen ist dort angesiedelt, und diese Hirnregion veranlasst uns auch zu emotionsgesteuerten nicht-verbalen Äußerungen – wenn wir etwa jemanden zum Trost umarmen.17 Wir tun jedoch gut daran, die beiden Gehirnhälften nicht als getrennt zu betrachten, denn ihre Ausgestaltung unterscheidet sich von Person zu Person, und außerdem sind sie durch organisches Gewebe verbunden, das einen Austausch von Informationen ermöglicht.18

Die Funktionen des Gehirns können auch in anderen Hinsichten in zwei Gruppen geteilt werden. So gibt es etwa zwei Arten von Gedächtnis und Lernen. Manche Dinge beherrschen wir einfach (etwa den aufrechten Gang), andere müssen wir gezielt lernen und üben (wie etwa das Spielen eines Instruments). Die rechte Gehirnhälfte wird vor allem dann aktiv, wenn wir eine neue Fähigkeit erlernen, die linke bei der Durchführung von Routineabläufen.19 Auch unser Wissen kann in zwei Kategorien unterteilt werden: Erfahrungswissen und Verstandeswissen. Erfahrungswissen ist automatisiert, intuitiv und nonverbal, und es hat eine andere Form als rationales und sprachgebundenes Wissen. Erfahrungswissen zeigt sich schnell und reflexartig, und es orientiert sich daran, ob sich etwas gut oder schlecht anfühlt. Verstandeswissen dagegen äußerst sich langsamer und basiert auf logischem Denken und auf Evidenz.20

Auch die Intelligenz kennt zwei unterschiedliche Formen: akademische und sozial-emotionale Intelligenz. Bei der zweiten Form spielt ein bestimmter Teil des Gehirns eine wichtige Rolle: die Amygdala, die zum limbischen System gehört. Sie wird aktiv, noch bevor der Intellekt ins Spiel kommt, und ist etwa dafür verantwortlich, dass wir bei der ersten Begegnung mit einem Menschen intuitiv »wissen«, ob er vertrauenswürdig ist oder nicht. Ähnlich wie der Instinkt schützt uns auch diese Gehirnfunktion vor möglichen Gefahren (und dient damit, biologisch gesprochen, der Arterhaltung). Auch die Basalganglien, eine andere Gehirnregion, spielen beim intuitiven Erleben im Umgang mit Mitmenschen eine wichtige Rolle.21 Emotional intelligente Menschen sind sich des eigenen inneren Erlebens bewusst und können sich gut in die Gefühle und Gedanken anderer hineinversetzen.22 Diese Fähigkeit heißt Empathie und entsteht in der Hirnrinde (Kortex).23 Nach Ansicht der Sozialpsychologie geht sie mit der Fähigkeit einher, Zeichen nonverbaler Kommunikation zu verstehen, wie etwa den Gesichtsausdruck anderer. Die Psychologie sieht – ähnlich wie Kant – in der Intuition eine Form der Wahrnehmung und der hoch entwickelten Informationsverarbeitung24 und stützt sich dabei auf die beschriebenen Dichotomien.

Auch während des Schlafs übernimmt das Gehirn eine wichtige Funktion. Zwar stellt der Schlaf in unserem Tagesablauf die Ruhephase dar, die Forschung hat jedoch festgestellt, dass das Gehirn in dieser Zeit weiterhin Probleme löst. Für eine Studie, die die weltweit führende Schlafexpertin Deirdre Barrett an der Harvard Medical School durchgeführt hat, wurden Studenten gebeten, jeden Abend vor dem Zubettgehen über ein bestimmtes Problem nachzudenken. Nach einer Woche hatte die Hälfte der Studenten von dem Problem geträumt und ein Viertel von einer Lösung. Barrett zufolge denkt das Gehirn während des Schlafes in höherem Maße visuell und intuitiv. So fiel beispielsweise Paul McCartney die Melodie von Yesterday angeblich im Traum ein.25 Wenn wir schlafen, verringert der präfrontale Kortex, die Hirnregion, die die Konzentration auf eine bestimmte Aufgabe ermöglicht, seine Tätigkeit, wodurch die zufällige Verknüpfung von Gedanken erleichtert wird. Die linke, dominante Gehirnhälfte verliert an Einfluss, und die rechte, kreative Seite wird aktiver.26 Die Forschung hat auch gezeigt, dass während der REM-Phasen des Schlafes die Hirnregionen, in denen die Emotionen angesiedelt sind, aktiver sind als sonst und daher vor allem Angelegenheiten verarbeitet werden, die uns emotional betreffen. Wie Studien gezeigt haben, können wir dementsprechend während des Schlafes hilfreiche und nützliche Einsichten gewinnen.27

Der Psychiater D. J. Siegel, ein Spezialist auf dem Gebiet der Neurobiologie sowie in anderen Disziplinen, der sich unter anderem damit beschäftigt, wie Beziehungen unser Leben formen und unser Gehirn beeinflussen, vergleicht das Gehirn mit einer Faust, die den Daumen umschließt. Das Handgelenk steht für das Rückenmark, die Finger entsprechen der Hirnrinde, in der Bewegungskoordination und Denken angesiedelt sind.28 Ein bestimmter Teil der Hirnrinde, der präfrontale Kortex, ist für zahlreiche Funktionen zuständig, etwa emotionales Gleichgewicht, Empathie, »Abstimmung« von Kommunikation (Zusammenführung fremder Gedanken mit den eigenen) und Intuition. Ihm entsprechen die untersten Fingerglieder. Der Daumen entspricht dem limbischen System mit den Basalganglien und dem Hippocampus, die Handinnenfläche symbolisiert den Hirnstamm. Siegel zufolge spielen bei intuitivem Erleben auch die Nervengeflechte eine Rolle, die die inneren Organe wie etwa Herz und Verdauungsorgane umgeben. Er schreibt: »Die Weisheit unseres Körpers ist also […] ein neuronaler Mechanismus, durch den wir […] einen tiefen Zugang zum Wissen unseres Körpers erlangen.«29

Die Funktionen des Gehirns aus Sicht der modernen Psychologie

Die Funktionen des Gehirns spielen sich auf einer bewussten und einer unbewussten Ebene ab.

Im Allgemeinen ist die linke Gehirnhälfte die rationale und sprachbestimmte, die rechte dagegen die visuelle, kreative und intuitive.

Wir verfügen über automatisches (intuitives) Erfahrungswissen sowie rationales Wissen.

Wir verfügen über eine dem Instinkt vergleichbare soziale Intuition (so spüren wir etwa, ob jemand vertrauenswürdig ist) und sind zu Empathie fähig.

Der modernen Psychologie zufolge ist Intuition eine hoch entwickelte Form der Wahrnehmung.

Die Intuition ist im präfrontalen Kortex des Gehirns angesiedelt. Darüber hinaus sind das limbische System und die Basalganglien beteiligt, ebenso wie die Nervengeflechte, die Herz und innere Organe umgeben.

Während des Schlafs ist die Gehirntätigkeit stärker visuell ausgeprägt sowie von der Intuition bestimmt.

Achtsamkeit

Seit über zwanzig Jahren ist in der westlichen Psychologie vermehrt von Achtsamkeit die Rede.30 Dieser Begriff hat seine Wurzeln im Buddhismus und im Hinduismus. Das Wort »Achtsamkeit« ist eine Übersetzung des Begriffs sati aus der mittelindischen Sprache Pali. Vor etwa 2500 Jahren wurden die buddhistischen Texte auf Pali verfasst, und der Begriff der Achtsamkeit ist ein zentrales Element dieser Denktradition. In dem Wort sati schwingen die Begriffe Bewusstheit, Aufmerksamkeit und Erinnerungsvermögen mit.31 Heutzutage verstehen wir unter Achtsamkeit eine Geisteshaltung, die sich gezielt und ohne zu urteilen dem Augenblick zuwendet.32 Im Alltag verhalten wir uns jedoch meist genau andersherum – unachtsam. Wie oft haben Sie schon am Küchentisch gesessen und etwas gegessen, ohne sich bewusst zu sein, was Sie essen? Und wie oft gehen wir abends spazieren und versäumen den Sonnenuntergang, weil wir in Grübeleien über anstehende Erledigungen oder Beziehungsprobleme versunken sind?

In den letzten Jahren ist Achtsamkeit im Westen immer populärer geworden. Der amerikanische Mediziner Jon Kabat-Zinn hat verschiedene Trainingsprogramme entwickelt, die auf Achtsamkeit basieren und im Rahmen der Schmerztherapie sowie zur Stressreduktion eingesetzt werden.33 Andere Ansätze verwenden Achtsamkeit zur Bewältigung von Angststörungen, Depressionen und anderer psychischer Beschwerden.

Wie genau können wir uns Achtsamkeit zunutze machen? Wenn wir eine achtsame Haltung einnehmen, ist unser Geist auf die Gegenwart und nicht auf die Zukunft oder die Vergangenheit gerichtet. Dadurch beruhigen sich die Gedanken, wir reagieren nicht immer sofort auf alles und verspüren somit ein Gefühl von innerem Frieden und Wohlergehen. Sehen wir uns nun die Vorgänge im Gehirn, die dazu führen, genauer an.

Die Funktionen des menschlichen Gehirns lassen sich in zwei Kreisläufe unterteilen: einen narrativen Kreislauf und einen Kreislauf der unmittelbaren Erfahrung (Achtsamkeit). Am narrativen Kreislauf sind Teile des mittleren präfrontalen Kortex sowie das Gedächtniszentrum (Hippocampus) beteiligt. Dieser Kreislauf ist aktiv, wenn um uns herum wenig geschieht und wir in unsere Gedanken versunken sind, etwa wenn wir auf der Terrasse eines Cafés in der warmen Sonne sitzen und eine Tasse Tee oder Kaffee genießen, unsere Aufmerksamkeit aber nicht auf die Erfahrung des Augenblicks richten, sondern über einen Konflikt im Büro nachdenken oder darüber, was wir heute Abend kochen sollen. Der narrative Kreislauf ist zu den meisten Tageszeiten aktiv; zu ihm gehören planendes Denken, das Entwerfen von Strategien, Tagträumereien und Grübeleien. Er schadet uns nicht, aber er stellt eben nur eine mögliche Form der Welterfahrung dar.3435

Wenn der Kreislauf der unmittelbaren Erfahrung aktiv ist, bedeutet das eine gesteigerte Tätigkeit der Inselrinde (eines Teils der Großhirnrinde, in der die Sinneswahrnehmungen lokalisiert sind) und des vorderen cingulären Kortex (der für die Fokussierung der Aufmerksamkeit zuständig ist). In diesem Zustand denken wir weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft, und auch nicht an andere Menschen oder an uns selbst. Wir erleben vielmehr ganz bewusst die Sinnesreize, die uns in jedem Augenblick erreichen: Im Café etwa richten wir die Aufmerksamkeit darauf, wie die Sonne unsere Haut wärmt, auf die Beschaffenheit und den Geruch des Kaffees sowie auf die Gespräche, die die Menschen um uns herum führen. Wir erleben die Sinneseindrücke intensiver als sonst und kommen so der Wirklichkeit der Dinge und Ereignisse näher. Wenn wir Sinneseindrücke auf diese Art verarbeiten, verschaffen wir uns mehr Möglichkeiten, auf die Welt zu reagieren, sind weniger in der Vergangenheit, in unseren Sorgen, Erwartungen und Mutmaßungen gefangen und können angemessener auf die Ereignisse reagieren, mit denen wir konfrontiert werden.3637

Eine wichtige Erkenntnis besteht darin, dass sich im Zustand der Achtsamkeit am Gehirn Anzeichen von neuronaler Plastizität feststellen lassen. Dieser Ausdruck bezeichnet die Eigenschaft von Nervenzellen, sich nutzungsabhängig zu verändern. Wenn wir Achtsamkeit üben, aktivieren wir dabei die Nervenzellen im Gehirn und regen sie so zur Veränderung an.38 Diese Erkenntnis ist in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzen, denn sie besagt, dass das Gehirn in der Lage ist, sich zu verändern. Dadurch können wir vieles verändern: die Art, wie wir denken, empfinden und uns verhalten, aber auch unsere Fähigkeiten. Das leuchtet unmittelbar ein: Wenn wir Autofahren oder das Binden von Schnürsenkeln lernen, müssen wir uns auf das konzentrieren, was wir gerade tun, und alles andere ausblenden. Daher stützen sich etliche jüngere psychologische Ansätze, wie die Akzeptanz- und Commitmenttherapie oder die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Verhaltenstherapie, auf die Achtsamkeit.39

Im Zusammenhang mit Achtsamkeit stellt sich auch die Frage nach dem Verhältnis von Geist und Gehirn. Einige Funktionen des Gehirns wurden in diesem Kapitel bereits erwähnt, aber wie denkt die Psychologie über den Geist? D. J. Siegel betont, dass das Gehirn ein integraler Bestandteil des Körpers und nur einer von vielen Bestandteilen des Nervensystems ist.40 Er beschreibt die Tätigkeit des Geistes als »Vorgang, der den Fluss von Energie und Informationen reguliert«, sowohl innerhalb des Körpers als auch zwischen Menschen. Seiner Ansicht nach sind die Funktionen von Geist und Gehirn aufeinander bezogen; allerdings ist noch nicht bekannt, wie genau Gehirnaktivität und die Tätigkeit des Geistes interagieren.41

Achtsamkeit