Irak - Liselotte Abid - E-Book

Irak E-Book

Liselotte Abid

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Beschreibung

100 Jahre nach der kolonialen Aufteilung des Osmanischen Reiches, aus der die irakische Staatlichkeit hervorging, existiert eine einheitliche Territorialität nicht mehr. Die AutorInnen gehen der Frage nach, wie es zum Zerfall des Irak kam. Dabei lässt die Herausgeberin den Bogen von der Neugestaltung des Nahen Ostens nach dem Ersten Weltkrieg über die Entstehung einer panarabischen Bewegung, ihre Pervertierung durch die baathistische Militärdiktatur unter Saddam Hussein und das große Trauma des Krieges mit dem Iran bis zu den UN-Sanktionen gegen das Land in den 1990er-Jahren spannen."Kein Krieg für Öl", lautete 2003 der weltweit verbreitete Slogan gegen die US-geführte Invasion. Treffender hätte er nicht sein können. Nirgendwo sonst hat der Reichtum am "Schwarzen Gold" einen derart hohen Blutzoll gefordert. Der US-Intervention, die bereits 1991 begann und 2003 zur Invasion führte, folgte eine zehnjährige Besatzung, die das Land entlang konfessioneller und ethnischer Linien in drei Teile riss. Das politische Establishment versank in Korruption und interne Machtkämpfe. Die seit Juni 2014 im Vormarsch befindlichen Dschihadisten des IS stellen nicht nur aufgrund ihrer brutalen Herrschaftsform eine Herausforderung dar. Ihrem "Kalifat" ist es nach 100 Jahren gelungen, die im Sykes-Picot-Abkommen von London und Paris gezogenen Kolonialgrenzen zu überwinden. Im Buch kommen ausgewählte Spezialisten zu Wort und bieten fundierte Einblicke in die Ursachen der aktuellen Krise. Dazu zählt unter anderem eine Auseinandersetzung mit der von den USA forcierten Konfessionalisierung. Neben der Kurdistan-Frage wird der geopolitischen Verflechtung des Irak, etwa als Austragungsort regionaler Rivalitäten zwischen Iran, Saudi-Arabien und der Türkei, breiter Raum gewidmet. Beiträge zur Bevölkerungsstruktur und zur Einführung eines die Frauen ins gesellschaftliche Abseits stellenden islamischen Personenstandsrechts ergänzen den Band.

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Seitenzahl: 256

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Tyma Kraitt Irak

© 2015 Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien

ISBN: 978-3-85371-827-8 (ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-85371-385-3)

Fordern Sie unsere Kataloge an: Promedia Verlag Wickenburggasse 5/12 A-1080 Wien

E-Mail: [email protected]

Inhaltsverzeichnis
Tyma Kraitt - Vorwort
Liselotte Abid - Ein Land in Fragmenten: Ethnien, Kulturen, Religionen im Irak
Karin Kneissl - Von der Entstehung und Zerstörung des Irak im Namen des Erdöls
Tyma Kraitt - Zum Scheitern verurteilt. Irak zwischen Fremdherrschaft und Diktatur
Hans-Christof von Sponeck - Irak, die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrats und die humanitäre Ausnahmeregelung
Joachim Guilliard - Neoliberaler Kolonialismus: Irak unter US-Besatzung
Myassa Kraitt - Frauen im Abseits: Wie Frauenrechte zurückgedrängt werden
Nikolaus Brauns - Die Kurden im Irak. Vom Bürgerkrieg über die Autonomie zur Unabhängigkeit?
Ali-Cem Deniz - Die Achse Ankara-Erbil-Bagdad. Beziehungsstatus: kompliziert
Werner Ruf - Blutige Grenzen: Wie Öl, Gas und Geostrategie die Landkarte des Nahen und Mittleren Ostens verändern
Reza Nourbakhch-Sabet - Wasser, Krieg und Ökozid im südlichen Mesopotamien
Zeittafel
Literaturliste
Die AutorInnen
Anmerkungen
Landkarten
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Tyma Kraitt

Vorwort

»Kein Blut für Öl«, lautete das Motto der globalen Anti-Kriegsbewegung im März 2003 gegen die US-geführte Invasion des Irak. Und treffender hätte es nicht sein können. In wohl keinem anderen Land des Nahen und Mittleren Ostens hat der Reichtum an »Schwarzem Gold« einen derart hohen Blutzoll gefordert wie im Zweistromland. Der Irak-Krieg von 2003 und die daraufolgende Besatzung hinterließen ein entlang konfessioneller und ethnischer Linien zerrissenes Land. Das politische Establishment versank in Korruption, Plünderungen und internen Machtkämpfen. Dennoch wandte sich der Fokus internationaler Berichterstattung bald darauf vom kriegszerrütteten Irak ab; die Folgen der sogenannten »Arabellion« mit neuen Brennpunkten in Libyen und Syrien hielten die Weltöffentlichkeit in Atem. Viel zu wenig wurde über den »Irakischen Frühling« 2012, dem von der sunnitischen Bevölkerung initiierten zivilen Aufstand gegen die Regierung al-Maliki, berichtet, und noch viel weniger über dessen brutale Niederschlagung. Dabei handelte es sich um ein wesentliches Motiv für den neu entflammten Bürgerkrieg und den Aufstieg des »Islamischen Staates« (IS). Die Extremisten des IS stellen nicht nur aufgrund ihrer Brutalität eine neue Herausforderung dar – ihr Vormarsch ist zugleich auch ein Angriff auf die territoriale Integrität und die bestehenden Nationalgrenzen in der gesamten Region. Deswegen können sie eines Tages auch mächtigen Golfstaaten wie Saudi-Arabien, die selbst für die Unterstützung und den Export von dschihadistischem Extremismus mitverantwortlich sind, gefährlich werden. Angesichts der unklaren Machtverhältnisse vor Ort und der fragilen Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen im Irak sind Prognosen über den Ausgang der aktuellen Krise kaum denkbar. Sie machen aber eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden gesellschaftlichen Konflikt­linien und politischen Entwicklungen dringlicher denn je. An dieser Stelle möchte der Band »Irak – Ein Staat zerfällt« anknüpfen. Eine Annäherung an den Konfliktherd soll damit ermöglicht und Einblicke in die Hintergründe geboten werden.

Als Einstieg sei auf den Beitrag »Ein Land in Fragmenten: Ethnien, Kulturen, Religionen im Irak« von Liselotte Abid verwiesen, der überblicksartig die heterogene irakische Gesellschaft skizziert. Die Nahostexpertin Karin Kneissl wiederum beschreibt in ihrem historischen Grundlagentext »Von der Entstehung und Zerstörung des Irak im Namen des Erdöls« die enge Verflechtung von Öl und Macht im Nahen und Mittleren Osten. Die turbulente Geschichte des Irak im 20. Jahrhundert – vom Unabhängigkeitskampf bis zur Militärdiktatur Saddam Husseins – wird von mir im Beitrag »Zum Scheitern verurteilt. Irak zwischen Fremdherrschaft und Diktatur« behandelt.

Die durch den Golfkrieg von 1990/1991 ausgelösten Folgen für die einstige Regionalmacht bilden den Ausgangspunkt für den Text des früheren UN-Koordinators für humanitäre Hilfe im Irak, Hans-Christof von Sponeck: »Irak, die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrats und die humanitäre Ausnahmeregelung«. Dabei handelt es sich um eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Vereinten Nationen im Konflikt mit dem Irak und ihrem Unvermögen, die irakische Bevölkerung während der 1990er Jahre vor der humanitären Katastrophe zu bewahren. Das UN-Embargo hinterließ einen völlig geschwächten Staat, der nach dem Krieg von 2003 der Willkür der westlichen Besatzungsmächte ausgeliefert war. Ein Aspekt, der im Kapitel »Neoliberaler Kolonialismus: Irak unter US-Besatzung« von Joachim Guilliard näher beleuchtet wird. Mit gesellschaftspolitischen Folgen von Krieg und Besatzung befasst sich Myassa Kraitt im Beitrag »Frauen im Abseits: Wie Frauen­rechte zurückgedrängt werden«.

Wesentliche Abschnitte des Bandes widmen sich allerdings nicht nur innenpolitischen, sondern auch geopolitischen Entwicklungen, die aus dem Irak letztlich einen Austragungsort regionaler Rivalitäten machten. Ein entsprechender Einblick in den regionalen Kampf um das Wasser, verwoben mit der Geschichte des legendären irakischen Marschlandes, findet sich in »Wasser, Krieg und Ökozid im südlichen Mesopotamien« von Reza Nourbakhch-Sabet. Von besonderer Brisanz ist die Kurdistan-Frage, da sie auch eine Herausforderung für Nachbarstaaten wie die Türkei, Syrien oder den Iran darstellt, in denen große kurdische Minderheiten leben. Der Beitrag »Die Kurden im Irak. Vom Bürgerkrieg über die Autonomie zur Unabhängigkeit?« von Nikolaus Brauns bietet einen Überblick über die politische Landschaft in Irakisch-Kurdistan und veranschaulicht innere wie äußere Konfliktlinien, die bislang einer vollständigen Unabhängigkeit im Wege stehen. Die Türkei nimmt hierbei eine interessante Rolle zwischen Rivalität und Partnerschaft ein. Die sich wandelnde und oftmals widersprüchlich anmutende türkische Außenpolitik steht daher auch im Zentrum des Textes von Ali-Cem Deniz: »Die Achse Ankara-Erbil-Bagdad«. Er untersucht die politische und ökonomische Interessenlage der Türkei im Nachbarland.

Eine geopolitische Analyse zu den jüngsten Entwicklungen in der Region rundet das Buch ab. In »Blutige Grenzen: Wie Öl, Gas und Geostrategie die Landkarte des Nahen und Mittleren Ostens verändern« zeigt Friedensforscher Werner Ruf jene Auseinandersetzungen auf, die dem Aufstieg des »Islamischen Staates« den Weg ebneten. Dazu gehören nicht nur der Kampf um die Pipelines, sondern auch die Herstellung marktwirtschaftlicher Verhältnisse unter einer neokonservativen Prämisse, wie sie die Bush-Administration nach den Anschlägen vom 11. September 2001 im sogenannten »Greater Middle East«-Programm als Losung ausgegeben hat. Mit seinem Rekurs auf den »Islamischen Staat« und den Zerfall der territorialen Ordnung ist Werner Rufs Beitrag von besonderer Aktualität.

Abschließend möchten ich mich noch beim Verlag Promedia und dessen Programmleiter Hannes Hofbauer bedanken, der die Idee zu dieser Publikation von Anfang an unterstützt und trotz Zeitdrucks und der Unsicherheit, ob der Irak bei Redaktionsschluss überhaupt noch bestehen würde, an dem Projekt festgehalten hat.

Tyma KraittWien, im Februar 2015

Liselotte Abid

Ein Land in Fragmenten: Ethnien, Kulturen, Religionen im Irak

Al-Iraq. Schon die Etymologie des Landesnamens ist nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise geht er auf das sumerische Uruk (Stadt) zurück, das jedoch auch andere Interpretationen wie »gut bewässert« oder »fruchtbar« zulässt. Im Arabischen bezeichnet der Begriff ein »tiefliegendes Land« und beschreibt damit die Topografie großer Landesteile.1 Doch so weitgehend eben das Gelände ist, so »uneben« erscheinen in jüngster Geschichte die Beziehungen zwischen Völkern und Volksgruppen, die in diesem Land leben.

Die historische Bezeichnung Mesopotamien (arab. Biladmabayna-n-Nahrayn) nimmt auf die beiden großen Flüsse Bezug, die den Irak von Nord nach Süd – genauer in leicht nordwestlicher nach südöstlicher Richtung – durchziehen und beschreibt damit das »Zwischenstromland«, eine der ältesten Wiegen menschlicher Zivilisation und Kultur.

Diese Bedingungen sind es auch, die den Irak von frühester Geschichte an zum Siedlungsgebiet, Durchzugsland und begehrten Herrschaftsraum werden ließen, wobei Völker und Herrscher, Kulturen und Religionen immer wieder wechselten. Nach der stetigen, oft turbulenten oder kriegerischen historischen Entwicklung haben das 20. und das beginnende 21. Jahrhundert bis in die Gegenwart einen teils hektischen und oft gewaltsamen Verlauf genommen. Wesentlichster Ausgangspunkt dafür war um die 1920er Jahre die Entdeckung von Erdöl unter dem Wüstenboden, was zeitlich mit dem Übergang zur Mandatszeit zusammenfällt. Aus dieser Zeit stammen auch die über weite Strecken geradlinigen Grenzen des seit 1932 unabhängigen Nationalstaats.2 Einzig die fast 1.500 Kilometer lange Grenze zum Iran verläuft entlang der alten Grenzlinie zwischen dem Osmanischen Reich und Persien.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dominierte ein staatlich getragener Säkularismus nicht nur das politische, sondern auch das kulturelle Leben und das Erziehungswesen. Unter den pro-westlichen Regierungen in den 1930er Jahren konnte jedoch eine gewisse Vielfalt an nationalistischen und linken/marxistischen Vereinigungen entstehen. Islamisch ausgerichtete Gruppierungen traten erst um die Mitte der 1940er Jahre auf die politische Bühne. 1951 wurde die Muslimbruderschaft offiziell gegründet. Obgleich mehrheitlich sunnitisch, war es ihr ein Anliegen, beide Glaubensrichtungen, Sunniten und Schiiten, zu repräsentieren. Die Muslimbruderschaft wandte sich an die höchste schiitische Autorität, Groß-Ayatollah Sayyid Muhsin al-Hakim, der eine Zusammenarbeit jedoch ablehnte, obwohl namhafte schiitische Geistliche ebenso wie die Muslimbrüder gegen wachsende kommunistische Trends Stellung bezogen. 1958 wurde die Da’wa-Partei ( , deutsch »Der islamische Ruf« bzw. »Ruf des Islam«) als politische Partei der Schiiten gegründet. Beide Parteien sind nach einer wechselvollen Geschichte und in unterschiedlichen Allianzen bis heute aktiv. Neben diesen und anderen Akteuren und Bündnissen sind die Parteien ethnisch-religiöser Minderheiten Ausdruck der Vielfalt der irakischen Gesellschaft.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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