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Lesen Sie 12 spannende und unterhaltsame Kurzkrimis in der Gegenwart und zusätzlich 2 historische Geschichten. Alle Geschichten spielen in Nürnberg, Fürth und Erlangen. Lassen sie sich sich überraschen, von nachvollziehbaren Motiven und realistischen Handlungen. Sie werden dieses Buch verschlingen. Versprochen.
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Seitenzahl: 159
Veröffentlichungsjahr: 2023
Peter Jokiel
Is gwiß wos bassierd?
SpannendeKrimikurzgeschichtenaus Nürnberg,Fürth und Erlangen
© 2023 Peter Jokiel
Website: peterjokiel.net
ISBN Softcover: 978-3-347-84517-6
ISBN E-Book: 978-3-347-84519-0
Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
Tödliche Gier in Erlenstegen
Ein Mordshaus in St. Johannis
Der Schorsch aus Gostenhof
Eifersucht in Ziegelstein
Baustelle am Fürther Stadtpark
Mörderische Liebe in Fürth
Der Raser von Vach
Heimwerken in Obermichelbach
Traumhafter Urlaub
Todesurteil in Erlangen
Ein sturer Nachbar
Ein tödliches Missgeschick
Ritter Eppelein
Ein verhängnisvolles Bild
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Titelblatt
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Liebe Leserinnen und liebe Leser,
Ein verhängnisvolles Bild
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Liebe Leserinnen und liebe Leser,
genießen Sie zwölf kurzweilige, spannende und unterhaltsame Geschichten aus Nürnberg, Fürth und Erlangen.
Im Anschluss lesen Sie noch, wie es damals mit der Geschichte um den berühmten Ritter Eppelein ebenfalls gewesen sein könnte. So ganz genau, weiß man es vielleicht dann doch nicht, oder?
Ebenso habe ich, zu guter Letzt, noch eine historische Geschichte, um einen ganz berühmten Künstler aus Nürnberg, dessen Name mir gerade nicht einfallen will.
Jede Ähnlichkeit mit lebenden, oder toten Personen, wäre rein zufällig und ist natürlich nicht beabsichtigt.
Story und die beschriebenen Personen, sind rein fiktiv und wirklich frei erfunden.
FEI WÄRGLI
Viel Spaß beim Lesen
Peter Jokiel
Tödliche Gier in Erlenstegen
Ja, ich weiß schon, ich hätte Bernd nicht in den Pool schubsen sollen. Natürlich ist sowas total kindisch und albern. Aber ich war gerade so zornig und bin es eigentlich immer noch. Mein liebenswürdiger Bruder hatte mich wieder einmal bis aufs Blut gereizt. Das machte er schon sein ganzes Leben lang. Seit ich denken kann, hat er mich immer wieder bloßgestellt und lächerlich gemacht. Aber nicht nur bei mir hatte er diese Masche drauf, schon in der Schule, oder später auch im Job, kam er nur mit Intrigen und Lügen durch. Selbst bei unseren Eltern kam er mit dem größten Mist durch und am Ende war immer ich an allem Schuld.
Er war der geborene Schauspieler und konnte immer jeden um den Finger wickeln und war dabei immer nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Und natürlich war er es gewohnt, auch immer alles zu bekommen, was er wollte. Er nahm auf nichts und niemanden Rücksicht.
Für ihn zählte immer nur er allein und seine Interessen. Er war die Empathielosigkeit in Person und er interessierte sich absolut nicht für andere. Nur wenn wir damals als Kinder allein waren, und ich ihn auf seine Machenschaften und Intrigen ansprach, grinste er mich nur höhnisch an und zuckte mit den Schultern. Er machte sich keine Gedanken über sein Verhalten und ging schon seit unserer Grundschulzeit über Leichen.
Später, als wir größer waren, fragte ich ihn einmal, wie er es immer wieder fertigbrachte, sein ganzes Umfeld zu seinen Gunsten zu manipulieren. Auch darauf antwortete er nur sehr lakonisch:
Manchmal braucht man einfach nur ein wenig Glück
Ich habe nie genau verstanden, wie er das meinte. Dachte mir aber, er nutzte eben jede sich bietende Gelegenheit und nimmt dabei auch auf niemanden Rücksicht. Besonders zu spüren bekam ich seine Gemeinheiten, als ich durch eine starke Mittelohrentzündung, plötzlich anfing schwer zu hören. Natürlich wurde ich ab da von ihm gehänselt und bekam oft nur die Hälfte mit.
Bernd ist leider schon immer ein Arsch gewesen, aber er ist eben auch mein Bruder. Noch dazu ist er der Ältere von uns, was er mich auch immer gerne spüren lässt. Dementsprechend wurde er von unserem Vater sehr bald in die Familienfirma mit eingebunden. Und als unsere Eltern starben, leider beide sehr kurz hintereinander, hatte natürlich Bernd, als der Ältere von uns beiden, die Firma geerbt. Er war ja auch der Lieblingssohn. Ich dagegen wurde mit einer kleinen Wohnung hinterm Stadtpark, in der Parkstraße, abgespeist.
Sogar meinen Pflichtteil am Firmenanteil hatte mein sauberer Herr Bruder auf ein Minimum heruntergerechnet und mich mit der Auszahlung immer wieder vertröstet. Angeblich steckte das ganze Kapital eben in der Firma und die Bank lasse eine Zahlung einfach nicht zu.
Nur für seinen neuen Porsche, sein schickes Haus in Erlenstegen und jetzt den nagelneuen Pool mit allem Drum und Dran, da war offensichtlich genug Geld da. Aber so war mein Bruder, er liebte Statussymbole und musste diese auch jedem zeigen.
Heute hatte mich Bernd angerufen, um mir einen Vorschlag zur Abfindung meines Pflichtteils zu unterbreiten. Er bat mich, ihn am Abend zu besuchen und er hätte da etwas vorbereitet. Natürlich war ich neugierig, was sich da mein toller Bruder ausgedacht hatte und sagte zu. Also lief ich von meiner kleinen Altbauwohnung in der Parkstraße quer über den Stadtpark. In dieser kleinen Oase der Ruhe schlendere ich immer gerne und stelle mir die historischen Begebenheiten vor, die hier alle schon stattfanden. Von dem Start einer Heißluftballonfahrt von 1787 bis zu Volksversammlungen, und sogar das Nürnberger Volksfest fand hier schon statt. Wenngleich es in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts doch noch etwas anders zuging, als heute. Ich ging am berühmten Neptunbrunnen vorbei, der selbst ebenfalls eine mehr als bewegende Geschichte hat und als Mahnmal an den 30-jährigen Krieg erinnern soll. Von da ab ist es ja nur noch ein Katzensprung bis zur großen Haltestelle mit dem berühmten Namen, Rathenauplatz. Der große Knotenpunkt mit U-Bahnhof, Busstation und Straßenbahnhaltestelle wurde ja nach dem umstrittenen Reichsaußenminister Walther Rathenau benannt.
Immer wieder lese ich gerne, beim Warten auf die nächste U-Bahn, sein Zitat an der Wand. Denken heißt vergleichen, und dieser Weisheit kann ich nur immer wieder zustimmen. Es war ein sonniger Tag und da ich kein Auto besitze, bin ich es gewohnt, entweder zu laufen, mit dem Fahrrad zu fahren oder die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Heute entschied ich mich für die Linie 8.
Ich fuhr also vom Rathenauplatz mit der Straßenbahn bis zur Endhaltestelle Erlenstegen. Von dort aus musste ich nur noch die Erlenstegenstraße entlanglaufen und in die Günthersbühlerstraße einbiegen. Zwar reihen sich hier die imposantesten Villen aneinander, in denen ja bekanntlich so einige prominente Nürnberger wohnen, aber es gibt hier nicht einen einzigen Laden. Ich fragte mich auf meinem Weg, wo man hier nur seine frischen Brötchen bekam. Aber wahrscheinlich hatten hier die meisten Anwohner ihr Personal für sowas und machten sich darüber keine Gedanken. Nach fünfzehn Minuten gemütlichen Fußweg stand ich endlich vor dem Haus meines Bruders.
Es war das erste Mal, dass ich überhaupt von ihm eingeladen wurde. Bernd hatte, schon seit langem, den Kontakt zu mir auf ein Minimum reduziert. Worüber ich im Grunde eigentlich auch ganz froh war. Ich stand vor seiner Adresse und war nun doch beeindruckt. Um ehrlich zu sein, glich sein Haus mehr einem Anwesen. Mit einem sehr gepflegten Vorgarten, allerdings leider alles gepflastert und zubetoniert. Aber natürlich freistehend und mit genügend Abstand zu den Nachbarn.
Bernd öffnete mir die Tür und bat mich gönnerhaft einzutreten. Sein Gehabe war gekünstelt und aufgesetzt und die Begrüßung dementsprechend. Er hatte sich also leider immer noch nicht verändert. Manche Menschen sind dazu vielleicht auch nicht fähig, oder wollen es einfach nicht. Als ich im Haus war ging mein Staunen weiter. Die Innenausstattung war genauso steril wie der Vorgarten. Optisch zwar auf den ersten Blick sauber, ordentlich und wahrscheinlich auch wahnsinnig teuer, aber eben auch absolut nüchtern und unfreundlich. Alles war in Weiß gehalten und bestimmt stammte jedes Möbelteil von einem berühmten Designer.
Allerdings konnte sich hier nun wirklich niemand wohlfühlen. Bernd erklärte mir im Groben seinen Plan, den er mit seinen Anwälten bereits zu Papier gebracht hatte. Es dauerte also nicht allzu lange, da hatten wir uns schon wieder in den Haaren.
Mein Bruder bot mir einen lächerlichen Einmalbetrag von 50.000 Euro an und damit wären meine sämtlichen Ansprüche bezüglich meines Pflichtteils abgegolten. Sollte ich diesem Vorschlag nicht zustimmen, würde ich überhaupt nichts kriegen. Seine Anwälte würden schon dafür sorgen, dass sich alle Verfahren auf Jahre hinweg verzögern würden. Da sollte ich mir erst gar keine Illusionen machen. Am besten, ich unterzeichne jetzt sofort diesen Vertrag, bevor er die Summe noch weiter reduzierte. Jedes seiner Worte war an Arroganz und Selbstsicherheit nicht zu überbieten.
Ich war auf den sprichwörtlichen Hundertachtzig und lief hinaus in den Garten. Meine Wut war so groß, ich hätte ihn am liebsten erwürgt. Wenn ihn nur einmal unsere Eltern so gesehen hätten, wäre vielleicht alles anders gekommen. Aber Bernd achtete schon immer darauf, dass es für seine Gemeinheiten keine Zeugen gab.
Er konnte von Glück reden, dass ich keinen Revolver dabeihatte, ich hätte ihn wahrscheinlich auf der Stelle erschossen. Voller Zorn lief ich draußen hin und her. Bernd kam mir kurz darauf hinterher und wollte mich beruhigen. Da ich ihn nicht kommen hörte, zuckte ich kurz zusammen, als er mir die Hand auf die Schulter legte. Was er natürlich nur wieder mit einem hämischen Grinsen quittierte. Mein Bruder war wirklich die Schadenfreude in Person.
Er fing sofort wieder an, auf mich einzureden und erklärte mir hochnäsig, dass ich sowieso nichts gegen ihn ausrichten könne und ich mich endlich wieder einkriegen solle. Ich wollte mich aber nicht beruhigen, oder wieder runterkommen. Diesmal nicht. Das Maß war nun endgültig voll und das sagte ich ihm auch lautstark. Ich hatte so richtig die Schnauze voll von meinem Bruder.
In diesem Moment kamen alle Gemeinheiten und Erniedrigungen der ganzen Jahre in mir wieder hoch und ich hatte das Gefühl, gleich zu explodieren. Am liebsten wäre ich ihm sofort an den Hals gesprungen.
Allein schon sein herablassendes Grinsen, brachte mich zum innerlich zum Kochen.
Bernd stand in seiner arroganten Art einfach vor mir und erklärte mir zum wiederholten Male, dass er eben schon wieder die besseren Karten hatte. Wie immer halt. Da riss mir einfach der Geduldsfaden und ich schubste ihn ziemlich derb in seinen Pool.
Ich drehte mich gleich wieder um und ging zurück ins Haus. Dort tigerte ich im Wohnzimmer auf und ab. Ich hatte immer noch das Gefühl, als würde ich gleich platzen. Langsam konnte ich mich aber doch wieder beruhigen und überlegte mir, was ich gegen den hinterhältigen Plan meines Bruders unternehmen könnte. Vielleicht sollte ich mir auch einen Anwalt nehmen und es auf einen Prozess ankommen lassen. Jedenfalls wollte ich mich nicht kampflos ergeben. Nicht dieses Mal.
Ich ging also wieder zurück in den Garten und wunderte mich, warum Bernd nicht längst wieder aus dem Pool gekommen war. Zumindest hätte ich wieder eine seiner lauthalsen Beschimpfungen erwartet. Also ging ich an den Beckenrand und schaute in seinen nagelneuen und sündhaft teuren Pool. Und da lag er nun.
Bernd lag regungslos am Boden und hatte sich offensichtlich den Schädel an den Fliesen eingeschlagen.
Ich stand am Rand und schaute teilnahmslos hinunter. Zu meiner eigenen Überraschung fühlte ich nichts. Kein Bedauern und auch keine Trauer. Ich wollte meinen Bruder nicht umbringen, wirklich nicht. Allerdings bedauerte ich seinen Tod jetzt auch nicht. Es dämmerte bereits und ich stand da noch eine ganze Weile. Natürlich hätte ich die Polizei oder einen Notarzt rufen können, tat ich aber nicht. Ich stand einfach nur da und schaute auf einen Menschen, der den Tod nun wirklich mehr als verdient hatte. Ich hatte jedoch nicht geplant ihn umzubringen.
Woher hätte ich auch wissen sollen, dass in diesem Scheißding noch kein Wasser drin war. Jetzt stand ich da und überlegte, was ich tun sollte.
Es war weit und breit niemand zu sehen und außer mir, gab es keine weiteren Verwandten. Dieser Egozentriker hatte ja noch nicht einmal eine Freundin. Er gab immer nur mit seinen One-Night-Stands an und meinte, für eine Beziehung hätte er überhaupt keine Zeit. Er wäre eben nicht der Typ für eine ernsthafte Bindung. So gab es auf dieser Welt wirklich niemanden, der um ihn trauerte.
Ich ging wieder ins Haus zurück und steckte den Vertragsentwurf ein, den er mir angeboten hatte. Es sollte keine offensichtliche Spur zu mir führen. Ich schaute mich nochmal gründlich um. Da mir Bernd nicht einmal etwas zu trinken angeboten hatte, stand auch kein Glas von mir herum und auch sonst wies nichts auf meine Anwesenheit. Mit einem leichten Schmunzeln verließ ich das Haus und machte mich auf den Heimweg.
In Gedanken stellte ich mir meine neue Rolle als Alleinerbe vor und überlegte, was ich nun machen sollte. Wollte ich überhaupt in das Haus meines Bruders einziehen? Na ja, das Naturgartenbad ist ja gleich ums Eck und die Nähe zum Wald, ist vielleicht doch auch gar nicht so schlecht. Mal sehen.
Unterwegs überlegte ich mir vorsichtshalber schon mal ein Alibi und machte mich auf den Anruf gefasst, bei dem mir die Polizei von dem bedauerlichen Unfall meines Bruders berichtete.
Na ja, wie Bernd immer zu sagen pflegte: Manchmal muss man eben nur ein bisschen Glück haben.
Ein Mordshaus in St. Johannis
„Allmächd na, des doud mer ober edzerdla fei scho gscheid leid. Ober vielleichd is di Frau Müller dann in dem Heim wergli besser aafghom“, meinte Frau Rupprecht, Hausmeisterin und gute Seele des Mietshauses in der Helmstraße in St. Johannis.
Die Hausmeisterin war Mitte sechzig und kümmerte sich um alles und jeden in dem Achtparteien Haus. Frau Rupprecht wuselte in ihrer Kittelschürze den ganzen Tag im Haus und in der Umgebung umher. Und natürlich blieb ihr nichts verborgen.
„Ich glaab des a. Noch dem Oberschengelhalsbruch hads ja nimmer gscheid laafn kenner. Dou is dann dou in dem Heim scho besser afghum. Ihr Dochder hod ja die Wohnung ja a scho glei kündichd. Is beschdimmd besser su“, stimmte ihr Frau Wiesner zu.
Sie hatte die Wohnung im dritten Stock und war, genau wie Frau Rupprecht, ein Nürnberger Urgestein. Mit ihren zweiundsiebzig Jahren war sie zwar auch nicht mehr die Jüngste, aber immer noch neugierig und wusste über jeden und alles Bescheid.
Die beiden Damen wussten über jeden Nachbarn, genauso wie eigentlich über jeden anderen Bewohner in ganz Johannis, so ziemlich alles und hatten ihre Ohren wirklich überall. So gab es auch immer einen Grund für einen Informationsaustausch, beziehungsweise ein tägliches Update. Wobei sie es da mit der Wahrheit oft nicht ganz so genau nahmen. Ein Gerücht über drei Ecken reichte meist völlig aus. Böse Zungen hätten gesagt, es waren eben zwei richtig alte Waschweiber, die den ganzen Tag nur Klatsch und Tratsch verbreiteten und über jeden herzogen, der gerade nicht zuhörte.
Was aber eigentlich den Kern der Wahrheit durchaus traf. Frau Rupprecht und Frau Wiesner wussten einfach alles, oder reimten es sich eben zusammen und kannten auch wirklich jeden in der Nachbarschaft. Natürlich kannte umgekehrt in Johannis ebenfalls jeder die beiden Damen. Wenngleich auch Frau Wiesner, aufgrund ihres zunehmenden Körpergewichtes, immer seltener ihre Wohnung verließ. Sie tat sich in letzter Zeit immer schwerer, die Treppen der drei
Stockwerke zu bewältigen. Und einen Aufzug gab es in dem alten Haus leider nicht.
Aber Frau Rupprecht versorgte sie gerne mit kleinen Einkäufen, sowie den neuesten Ereignissen und natürlich brandaktuellen Gerüchten aus der Umgebung. Wie schon gesagt, wurde auf den Wahrheitsgehalt des jeweiligen Ereignisses natürlich weniger Wert gelegt. Und gerne wurde dabei eine Geschichte auch wortreich ausgeschmückt, oder einfach maßlos übertrieben. Die beiden Damen verstanden sich jedenfalls blendend. Ebenso kochte die Hausmeisterin in letzter Zeit, immer häufiger für Frau Wiesner mal mit. Der Hausarzt kam ebenfalls ins Haus und den Rest erledigte dann Frau Rupprecht. Darum musste die ältere Dame das Haus noch weniger verlassen.
Die beiden älteren Damen unterhielten sich im Treppenhaus des Achtparteienhauses angeregt über den bedauerlichen Sturz von Frau Müller. Diese war vor vier Wochen vor ihrer Wohnungstür ausgerutscht und hatte sich unglücklicherweise dabei den Oberschenkel gebrochen. Da Frau Müller vorher schon nur schwer laufen konnte, war es damit plötzlich ganz vorbei. Mit ihren vierundachtzig Jahren konnte sie sich, ohne Hilfe, überhaupt nicht mehr bewegen.
Dementsprechend konnte sie natürlich nicht mehr allein in ihrer Wohnung bleiben und ihre Tochter quartierte sie sofort in ein Altersheim um. Kurzerhand wurde in Rekordzeit die Wohnung aufgelöst und Frau Müller bekam ein Zweibettzimmer in einem Heim im Westen von Nürnberg. Bekanntlich war in einem Altersheim nur sehr wenig Raum, um ehrlich zu sein, eigentlich gar kein Platz für persönliche Möbel. So wurde das ganze Mobiliar ziemlich schnell verkauft, oder wurde gleich in einem Container entsorgt. Die Tochter von Frau Müller war da überaus rigoros und die Wohnung wurde dementsprechend sehr schnell geräumt.