Isi & Wu: Verflimst! - Tina Zang - E-Book

Isi & Wu: Verflimst! E-Book

Tina Zang

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Beschreibung

Als die zehnjährige Isi sich in einer Abstellkammer verschanzt, um in Ruhe Trompete zu üben, trifft sie auf Wu, der aus einer magischen Welt stammt und in seinem Reisekoffer von Ort zu Ort „flimst“. Dummerweise hat er sich verflimst, dabei muss er dringend in die Magiothek! Isi und ihr Pudel Paulchen begleiten ihn und erleben ein total verrücktes Abenteuer nach dem anderen. Dieser Sammelband enthält die komplette Trilogie: Total verflimst! Verflimst nochmal! Verflimst und zugenäht!

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Isi & Wu:

 

Verflimst!

Die komplette Trilogie

 

Tina Zang

 

Als Isi sich in einer Abstellkammer verschanzt, um in Ruhe Trompete zu üben, trifft sie auf Wu, der aus einer magischen Welt stammt und in seinem Reisekoffer von Ort zu Ort „flimst“. Nun hat er sich „verflimst“, dabei muss er dringend in die Magiothek! Isi und ihr Pudel Paulchen begleiten ihn und erleben ein total verrücktes Abenteuer nach dem anderen.

 

Dieser Sammelband enthält alle drei Bände

Total verflimst!

Verflimst nochmal!

Verflimst und zugenäht!

 

Entdecke die spannende Welt der Verflimst-Trilogie auf https://www.tinazang.net/verflimst/

 

Copyright © 2019 26|books, Auenwald

Christine Spindler

Bert-Brecht-Weg 13

71549 Auenwald

[email protected]

 

Cover und Illustrationen: ©Bobsmade

 

ISBN 978-3-945932-

 

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten. Die Handlung und handelnden Personen, sowie deren Namen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden und/oder realen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Besuchen Sie uns im Internet:

https://www.26books.de

 

Inhaltsverzeichnis

Verflimst!

Band 1: Total verflimst!

Die entsetzliche rosa Schleifenfolter

Rosa Frösche, was sonst?

Morgen ist heute gestern

Alles futsch!

Das schmeckt total französisch

Ein Besucher in der Abstellkammer

Der große Durcheinanderwirbelzauber

Die Magiothek

Das Amulett der Wahrheit

So ein Quark

Großmeisterin im Qui-Fu

Abschied von Wu

Bunte Würfel und eine grüne Überraschung

Band 2: Verflimst nochmal!

Rosa Wäsche und Zebramuster

Das hätte nicht passieren dürfen

Elegant!

Der Fluch der freilaufenden Haare

Ein fieses Lü

In den Tiefen der Kniffliothek

Die Brosche der Geheimen Worte

Stachelig und unfreundlich

Waf ift eine Fere?

Am A-a-a …

Das Lü findet heim

Mein Zebrafrosch

Band 3: Verflimst und zugenäht!

Streiterei hoch drei

Kugeln für alle Fälle

Gesund und glücklich

Hilche!

Die perfekte Täuschung

Fünf funkelnde Ringe

Die arme Dori

Kariert von Kopf bis Fuß

Immer schön im Rahmen bleiben

Das bisschen Sand!

Trällern statt quieken

Wie es wendelt!

Die größte Magie

Wer sind Tina Zang und Bobsmade?

Ricci & Co: von Tina Zang mit Illustrationen von Bobsmade

Band 1: Total verflimst!

 

Die spinnen doch alle! Isis Familie versinkt in Hochzeitsvorbereitungen, darum zieht sie sich in die Abstellkammer zurück und trifft auf Wu vom „Anderen Ende“, einer Welt, in der Pudel für Drachen gehalten werden und in der Kinder magische Aufgaben lösen müssen. Isi begleitet Wu in die Magiothek und leiht versehentlich das Amulett der Wahrheit aus. Nun muss auch sie eine Aufgabe lösen. Wird sie es schaffen?

 

 

Die entsetzliche rosa Schleifenfolter

Die Morgensonne strahlt durch die fliederfarbenen Vorhänge in Oma Luises Nähzimmer und tupst auf meine Nasenspitze, aber ich traue mich nicht zu niesen. Stocksteif stehe ich in meinem halbfertigen Brautjungfernkleid auf einem Schemel, während Oma mit Maßband, Stecknadeln und erschreckenden Mengen rosa Glitzerschleifen an mir herumwerkelt.

Das doofe Kleid scheuert, kitzelt und kratzt so scheußlich, dass ich mich überhaupt nicht bewegen will. Wie soll das erst auf der Hochzeit werden? Oder ist es sogar Absicht, dass man mich in eine rosa Rüstung steckt? Ist es ein geheimer Plan, der verhindern soll, dass ich in die Hochzeitstorte stolpere oder anderen Unsinn anstelle?

So oder so – dieses Kleid ist das Grässlichste, was ich je anziehen musste. Der Grund für den ganzen Aufwand ist Melissa, meine vierzehn Jahre ältere Schwester. Sie heiratet in drei Wochen, und das kann ich ihr nicht mal übelnehmen. Ihr Verlobter, Adrian von Hohmerken, ist nämlich ein prima Kerl und viel netter als sein Name vermuten lässt. Nach der Hochzeit wird er mein Schwager sein, was ich toll finde. Erst zehn Jahre alt und schon stolze Besitzerin eines Schwagers! Ich muss mal fragen, ob in meiner Klasse sonst noch jemand einen Schwager hat.

Wenn nur die Hochzeitsfeier nicht so ein vornehmer Anlass wäre, weil Melissa in eine adlige Familie einheiratet. Die Gästeliste ist endlos, da keiner aus unserer Familie das Ereignis verpassen will. Alle noch so entfernten Verwandten werden dort sein, bei meinem Anblick entzückt ausrufen: „Gott, ist das Kind groß geworden!“ und mich in die Wangen kneifen, bis ich aussehe, als ob ich eine schwere Weisheitszahnoperation hinter mir hätte.

„Dreh dich ein bisschen nach links“, bittet Oma.

Ich gehorche und bereue es sofort, denn jetzt habe ich freien Blick auf den großen Ankleidespiegel. Ich sehe es schon kommen: Am Tag der Hochzeit wird man mich mit der Torte verwechseln und sich mit Kuchengabeln auf mich stürzen, während die siebenstöckige Torte gefragt wird, wie es ihr in der Schule gefällt.

„Wieso darf ich kein grünes Kleid tragen ohne Schleifenkram?“

Oma wischt sich etwas Schneiderkreide vom Rock. „Mach dir keine Sorgen, Isabella. Du wirst eine entzückende Brautjungfer sein.“

„Reicht es nicht, wenn ich Schwippschwägerin bin?“, frage ich kläglich.

Oma runzelt die Stirn. „Schwips-was?“

Ich grinse. „Schwippschwägerin. Ein schönes Wort, oder? Ich habe Sina von Hohmerken gefragt, wie wir miteinander verwandt sind, wenn ihr Bruder meine Schwester heiratet. Sie meinte, dass wir dann Schwippschwägerinnen sind. Da habe ich meiner zukünftigen Schwippschwägerin gleich mal einen heißen Tipp gegeben, was sie Melissa zur Hochzeit schenken kann.“

Der heiße Tipp war: Melissa steht total auf Zebramuster. Eigentlich wollte sie, dass die Brautjungfern Kleider mit Zebramuster bekommen, aber Mami bestand auf dieses entsetzliche Glitzerrosa.

„Aha“, schnauft Oma, die sich hinter mir am Reißverschluss zu schaffen macht. Es dauert eine Ewigkeit, bis sie mich befreit hat und ich endlich meine Jeans und ein grünes T-Shirt anziehen kann. Jetzt fühle ich mich wieder wie ein Mensch.

„Komm, Paulchen“, rufe ich.

Paulchen Pudel, der die ganze Zeit mit dem Kopf zwischen den ausgestreckten Pfoten auf dem Teppich gedöst hat, springt auf.

„Und morgen“, sagt Oma Luise, „ist Paulchen dran. Für seinen Auftritt als Brautpudel werde ich ihm ein hinreißendes rosa Jäckchen nähen.“

Ich bleibe in der Zimmertür stehen. „Das wird Jockel aber gar nicht gefallen.“

Jockel ist unser Gärtner. Er hat Paulchen letztes Jahr aus seinem Spanienurlaub mitgebracht. Der arme Hund war völlig abgemagert und struppig. Jockel und ich haben ihn gemeinsam aufgepäppelt und gesundgepflegt. Jetzt sind Paulchens silbergraue Locken seidenweich und er sieht aus wie ein glückliches Schäfchen. „Man kann einem ehemaligen Straßenhund doch kein rosa Jäckchen anziehen!“

„Deine Mutter besteht aber darauf, dass der Pudel ebenfalls festlich ausgestattet wird“, erklärt Oma Luise.

Als die Tür hinter uns ins Schloss gefallen ist, bücke ich mich, küsse Paulchen auf die Schnauze und verspreche: „Wenn ich mal heirate, darfst du antanzen wie der große Hundegott dich geschaffen hat.“

 

Rosa Frösche, was sonst?

Weil in unserer Villa überall geputzt und gebohnert wird, flüchte ich mit Paulchen nach draußen in den Park, wo schwitzende Arbeiter riesige Blumenkübel auf die Terrasse schleppen. In den Kübeln wachsen hübsche Bäumchen, deren Kronen in Herzform zurechtgestutzt sind. Um die Stämme sind rosa Bänder geschlungen.

Damit ich nicht im Weg bin, schlendere ich weiter zum Pool. Dort steht Mami und berät sich mit einem Mann, der einen eleganten Anzug trägt und dazu braune Gummistiefel. Sogar ich sehe, dass das nicht zusammenpasst, aber Mami, die in Sachen Kleidung sonst immer pingelig ist, scheint es nicht zu stören.

„Isabella Alessandra, sag guten Tag zu Herrn Semion.“

„Guten Tag“, sage ich. Mami stellt mich immer mit meinem vollen Namen vor, denn sie findet ihn schön und edel. Ich finde ihn angeberisch. Isabella Alessandra Bernstein – das passt zu einem Model für Brautmoden, aber ich könnte höchstens ein Model für Wischmops werden mit meinen verrückten Haaren. Sie sind teils lockig, teils glatt und überwiegend braun, aber dazwischen verstecken sich auch blonde und rote Strähnen. Ein heilloses Durcheinander auf meinem Kopf.

Papi meint, das wäre noch harmlos verglichen mit dem Durcheinander, das in meinem Kopf herrscht.

„Herr Semion gestaltet den Garten für die Hochzeit“, erklärt Mami.

„Warum kann das nicht Jockel machen?“

Mami schüttelt den Kopf. „Unser Jockel kann zwar prima Möhren ernten und Rosen schneiden, aber dieser Herausforderung ist er nicht gewachsen.“

„Allerdings.“ Herr Semion betrachtet vorwurfsvoll ein Blättchen Löwenzahn, das sich mutig zwischen das sorgfältig gestutzte Gras gemogelt hat. „Ich werde den Garten so herrichten, dass er ein berauschendes Fest für alle Sinne ist.“

„Könnte man das Poolwasser rosa einfärben?“, fragt Mami.

Sie ist wirklich total im Rosa-Rausch. Gestern hat sie das Brautmutterkostüm anprobiert, das Oma für sie geschneidert hat. Sie sah aus, als ob sie in Erdbeersahne gebadet hätte.

Bevor Herr Semion antworten kann, rufe ich: „Cool! Mit rosarotem Wasser könnte man meinen, dass jemand von einem Hai angegriffen worden wäre.“

Mami schüttelt sich. „Ach, Mäuschen, wo nimmst du nur diese ekligen Vergleiche her?“

Ich grinse. „Aus meinem reichen Erfahrungsschatz Mamilein.“

Mami seufzt. Wenn sie seit meiner Geburt jedes Mal, wenn sie wegen mir seufzen musste, einen kleinen grünen Punkt auf der Haut bekommen hätte, würde sie heute aussehen wie ein Frosch. He, das ist es!

„Frösche!“, rufe ich begeistert. „Wir verteilen rosa Frösche im Garten.“

Herr Semion sieht mich leicht genervt an. „Da muss ich dich enttäuschen, Isabella, es gibt keine rosa Frösche.“

„Noooch nicht“, gebe ich zu. „Aber mit ein bisschen Sprühfarbe zaubere ich Ihnen wunderhübsche rosa Frösche. Und dazwischen stellen wir grüne Flamingos auf.“

Jetzt weiß Herr Semion, dass auch ich einen Garten so zurichten kann, dass er ein berauschendes Fest für alle Sinne ist.

„Flamingos sind nicht grün, sondern rosa!“, belehrt er mich.

„Das ist ja der Witz.“

Mami wechselt schnell das Thema. „Wie sehen denn nun Ihre Pläne für den Pool aus?“

Herr Semion wirft den Kopf nach hinten und malt mit den Händen zuckende Formen in die Luft. „Rosa Fontänen. Beleuchtete Wasserspiele. Speiende Meerjungfrauen.“

„Pfui!“, quietsche ich. „Wenn ich eines Tages heirate, will ich auf keinen Fall spuckende Meerjungfrauen. Lieber füllen wir den Pool mit grüner Brause, und jeder bekommt einen Strohhalm und darf draus trinken.“

„Was für eine widerliche Idee“, schimpft Herr Semion. „Muss ich mir diesen Unfug anhören? Kann man das Kind nicht ins Haus schicken?“

Mami fasst sich an die Stirn. „Nun werden Sie doch nicht gleich laut. Ich habe grässliche Kopfschmerzen. Und das ausgerechnet heute, wo die Presse uns besucht. Lokalreporter, überregionale Magazine. Sogar ein Fernsehsender wird da sein, um Melli und Adrian zu interviewen. Und wer muss sich um die ganzen Vorbereitungen kümmern? Ich natürlich. Alles bleibt an mir hängen.“ Sie seufzt zum Steinerweichen. „Ach, und fast hätte ich das Wichtigste vergessen. Ich muss die Pötifuhr für die Presseleute abholen, bevor die Bäckerei Früh Mittagspause macht.“

Armes Mamilein. Wer hätte gedacht, dass man als Brautmutter so gestresst ist? Da habe ich es als Brautjungfer und zukünftige Schwippschwägerin viel leichter. Zum Glück fällt mir etwas ein, womit ich Mami entlasten könnte. „Wie wäre es, wenn ich diese Pötifuhr holen gehe“, biete ich an. „Ich habe gerade nichts zu tun.“

„Dann könntest du endlich mal dein Zimmer aufräumen.“ Das sagt Mami immer, wenn ich nichts zu tun habe. Aber dann stutzt sie, weil ihr klar wird, was ich gerade vorgeschlagen habe. „Nun, praktisch wäre es schon, wenn du das Abholen übernehmen würdest. Alle anderen sind so eingespannt, dass ich niemanden abkommandieren kann.“ Sie sieht mich eindringlich an. „Aber nicht mit dem Fahrrad. Pötifuhr sind empfindlich.“

„Ich habe doch den Leiterwagen“, beruhige ich sie. „Ich mach das schon.“ Mit einem Seitenblick auf Herrn Semion ergänze ich: „Da wird die Presse staunen, was für ein berauschendes Fest für die Geschmacksnerven sie erwartet.“

 

Morgen ist heute gestern

 

Endlich kann ich etwas zu den Hochzeitsvorbereitungen beitragen und mir bei der Gelegenheit sogar eine Rosinenschnecke kaufen. Ich bin verrückt nach Rosinenschnecken!

Gut gelaunt hüpfe ich den Kiesweg entlang ins Haus zurück und schnappe mir meine froschgrüne Umhängetasche. Anschließend ziehe ich den Leiterwagen aus der Garage. Wie auf Kommando springt Paulchen hinein.

Erst geht es die Auffahrt runter, dann biege ich in die Allee ein, die von der Villa Bernstein ins Ortszentrum führt. An seinem Lieblingsbaum macht Paulchen: „Wuff.“ Ich halte an und warte, bis er gepieselt hat und wieder in den Wagen hopst. Wir sind ein eingespieltes Team.

Den ganzen Weg über singe ich „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ in allen Varianten. Aber als ich in die Turmgasse einbiege, halte ich lieber den Mund. Mami sagt, dort würden sich gefährliche Typen herumtreiben. Ich sehe zwei Jungs, die an einem Kaugummiautomaten lehnen und sich abwechselnd schubsen. Die haben eindeutig nichts zu tun, aber es ist niemand da, der ihnen vorschlägt, ihre Zimmer aufzuräumen. Also hängen sie gelangweilt auf der Straße herum. Langeweile bringt einen auf dumme Ideen, das sagt Mami auch gern.

Ich beschließe, lieber einen Umweg zu machen, bevor die Jungs auf die dumme Idee kommen, mich zu ärgern. Als ich zwei Ecken weiter bin, traue ich mich wieder zu singen. Bis ich bei der Bäckerei Früh ankomme, bin ich bei „Dru Chunusun mut dum Kuntrubuss“ angelangt.

An der Bäckereitür hängt ein Schild, auf dem ein durchgestrichener Hund zu sehen ist, daneben steht: „Hunde müssen draußen bleiben“.

„Bleib schön im Leiterwagen sitzen, Paulchen, hörst du?“

Wirklich schade, dass Paulchen nicht mit rein darf. Ich gehe nämlich echt ungern allein in die Bäckerei, weil Frau Früh schrecklich mürrisch und unfreundlich ist. Sie mag Kinder genau so wenig wie Wespen, die sich über ihren Zwetschgenkuchen hermachen. Es kommt mir immer vor, als würde sie mich mit der Fliegenklatsche, mit der sie ständig herumwedelt, verscheuchen wollen.

Ich muss warten, weil zwei andere Kundinnen vor mir dran sind. In der Auslage sehe ich Mohnkuchen, Aprikosenschnitten, Apfelstrudel und Buttergebäck.

„Haben Sie heute keine Rosinenschnecken?“, frage ich, als ich an der Reihe bin.

„Doch“, brummt Frau Früh, „aber nur welche von gestern, zum halben Preis.“

„Was von gestern ist, kostet die Hälfte?“ Das ist ja interessant. „Und die Rosinenschnecken von morgen? Kosten die das Doppelte?“

„Nein, die kosten natürlich ganz normal.“

Ich denke kurz nach. „Gut, dann hätte ich gern eine Schnecke von morgen.“

Frau Früh schüttelt ungeduldig den Kopf. „Was für ein Quatsch. Von morgen haben wir heute noch nichts da.“

„Aber gestern hatten Sie doch schon die Schnecken von heute da.“

„Nein, die sind nicht von heute, die sind von gestern. Wir verkaufen sie heute nur, weil sie gestern übrig geblieben sind.“ Sie wird rot im Gesicht.

„Ach“, überlege ich, „und wenn heute etwas übrig bleibt, zum Beispiel ein Stück Mohnkuchen?“

„Dann gibt es das morgen zum halben Preis.“

„Prima“, sage ich. „Dann nehme ich ein Stück Mohnkuchen von morgen zum halben Preis.“ Von meiner Schwester Melli habe ich gelernt, dass auch reiche Leute mal ein Schnäppchen machen dürfen. Außerdem gehe ich gerade sparsam mit meinem Taschengeld um, damit ich genug Fimo kaufen kann für Mellis Hochzeitsgeschenk, einen Frosch mit Zebramuster.

Frau Früh stößt die Gebäckzange wütend in die Ware von gestern. „Weißt du was, ich schenke dir eine alte Rosinenschnecke, damit du aufhörst mich zu nerven.“

Schnell nehme ich die Tüte mit der Schnecke, bevor Frau Früh es sich anders überlegt.

„Sonst noch was?“

„Ich soll etwas abholen, das meine Mutter bestellt hat.“ Mist, wie heißt das Zeug noch mal? „Irgendwas mit Furz.“

Frau Früh wedelt mit der Gebäckzange in der einen und der Fliegenklatsche in der anderen Hand herum. „Du freches Ding, von dir lasse ich mich nicht auf den Arm nehmen.“

Hinter Frau Früh erscheint ein noch mürrischeres Gesicht. Das ist Herr Früh, der mit Mehl bepudert ist. „Vielleicht meint sie die Pötifuhr für Bernstein.“

Ich nicke eifrig. „Genau, die meine ich. Ich bin Isi … äh … Isabella Alessandra Bernstein.“ Manchmal ist es nicht schlecht, einen edel klingenden Namen zu haben.

Tatsächlich wird Frau Früh ein klein wenig freundlicher. „Ach, du bist eine von den Bernsteins. Das wusste ich nicht. Warte.“

Kurz darauf kommt sie mit einer Pappschachtel um den Tresen herum. Auf der Schachtel steht Petits Fours. Pötifuhr schreibt man wohl anders als man es spricht.

„Und wie willst du sie transportieren?“, fragt Frau Früh.

„Mit dem Leiterwagen.“

„Gut. Ich stelle dir die Schachtel hinein.“ Sie begleitet mich nach draußen.

„Hopp“, befehle ich, woraufhin Paulchen aus dem Leiterwagen springt.

Frau Früh legt die Schachtel behutsam hinein. „Fahr nicht durch Schlaglöcher oder über Steine, hörst du! Und daheim lässt du am besten deine Mutter die Schachtel aus dem Wagen nehmen, damit nichts durcheinandergeschüttelt wird. Verstanden?“

Ich nicke wie ein Wackeldackel.

„Ich fürchte, auf dem Heimweg wirst du laufen müssen“, sage ich zu Paulchen. Er versteht das so gut, als hätte ich „Bei Fuß!“ gesagt und trottet brav neben mir her.

 

Alles futsch!

 

„Drui Chuinuisuin muit duim Kuintruibuiss“, singe ich, während ich den Leiterwagen vorsichtig hinter mir herziehe. Ich überlege, ob ich in die Schachtel reingucken soll. Wenn ich sehe, was das für Dinger sind, dann weiß ich, wie leicht sie kaputtgehen können. Aber vielleicht vertragen sie kein Licht oder keine Luft, wie das Schinkensoufflé, das es neulich gab. Das mussten wir schnell auffuttern, bevor es in sich zusammenfiel.

Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich versehentlich weitersinge, als ich in die Turmgasse einbiege. „Drü Chünüsün … üps.“ Zu spät! Die beiden Jungs am Kaugummiautomaten haben mich bemerkt. Glaube ich jedenfalls.

Bei dem einen, dem die Haare zottelig ins Gesicht hängen, lässt sich schwer sagen, wo er gerade hinguckt. Der andere schaut nur kurz in meine Richtung, dann kickt er einen Stein an die Wand des gegenüberliegenden Hauses.

Am liebsten würde ich jetzt wegrennen, aber das Kopfsteinpflaster ist zu holprig. Die Schachtel im Leiterwagen würde wild hopsen – das kann ich nicht riskieren.

Also tue ich so, als hätte ich Zottel und Kicker (so nenne ich sie jetzt einfach mal) nicht gesehen und gehe weiter. Bestimmt übertreibt Mami, wenn sie mich ständig vor allen möglichen Gefahren warnt. Sie hat sogar Angst, ich könnte im Pool ertrinken, dabei kann ich schwimmen wie ein Frosch.

„He, Kleine, was ziehst du da?“, ruft Zottel.

„Nichts.“ Mein Herz fängt an zu hämmern. Wieso machen mich diese Halbstarken nervös, wo ich doch ohne Probleme mit dem aufgeblasenen Herrn Semion und der mürrischen Frau Früh fertig geworden bin?

„Das Nichts will ich sehen!“ Grinsend kommt Kicker auf mich zu.

Ich bleibe stehen. Paulchen drückt sich eng an meinen Oberschenkel.

Kicker beugt sich über den Leiterwagen. „Peee-tits Fooo-urs“, liest er von der Schachtel ab. „Was ist das denn?“

„Nichts Besonderes“, sage ich. „Nur eine leere Schachtel. Ich spiele, dass darin ein Schatz ist, den mein Drache bewacht.“ Hoffentlich sind sie zufrieden, wenn sie mich auslachen können, weil ich meinen Pudel als Drachen bezeichne und alberne Spiele spiele, und lassen mich in Ruhe.

„O, ein Drache, da hab ich aber Angst.“ Zottel macht eine Kaugummiblase und lässt sie platzen. „Und was für hübsche Locken er hat. Nur leider keine Flügel und keinen langen, stacheligen Schwanz. Kann er denn Feuer speien?“

Die Jungs werfen sich vor Lachen fast gegenseitig um. Das ist meine Chance abzuhauen. Vorsichtig ziehe ich den Leiterwagen an. Aber ich habe erst zwei Schritte gemacht, da ruckelt es hinter mir, und als ich mich umdrehe, sehe ich, wie Kicker einen Fuß auf den Leiterwagen stellt, sich bückt und die Schachtel herausnimmt. „Schwupps, ist der Schatz weg. Da hat dein Drache wohl nicht richtig aufgepasst.“

In dem Moment wünsche ich mir nichts sehnlicher, als einen Bruder zu haben, der mich beschützt. Stattdessen habe ich einen Pudel, der sich hinter mir versteckt. Wenn ich wenigstens Karate könnte wie meine beste Freundin Emma. Oder noch besser: wenn ich zaubern könnte. Dann würde ich die beiden Kerle in rosa Frösche verwandeln und mit ihnen den Garten für die Hochzeit dekorieren.

„He, gib mir meine Pötifuhr zurück!“, quietsche ich und fuchtle so wild herum, als hätte ich eine Fliegenklatsche und eine Gebäckzange in den Händen.

Aber damit kann ich die beiden nicht beeindrucken.

„Pööötifuuuuuhr“, grölt Zottel und spuckt seinen Kaugummi auf die Straße. „Hau lieber ab, bevor wir dir deinen Drachen wegnehmen.“

Meine Backen werden heiß und meine Augen brennen. Nein, ich werde nicht heulen. Ich presse die Lippen zusammen und renne los. Dabei trete ich zu allem Überfluss in den ausgespuckten Kaugummi. Egal, weiter. Der Leiterwagen poltert hinter mir her.

„Mist, Mist, Mist“, schimpfe ich. Was soll ich jetzt machen? Wo bekomme ich neue Petits Fours her? Ich weiß ja nicht mal, wie die Dinger aussehen. Hätte ich doch bloß in die Schachtel geschaut!

 

Das schmeckt total französisch

 

Als ich die Haustür aufschließe, schlüpft Paulchen sofort hinein, aber ich traue mich nicht. Mami wird mir mein schlechtes Gewissen sofort ansehen. Wenn ich ihr dann beichte, dass die Petits Fours futsch sind, wird sie sich wieder aufregen müssen. Nein, das kann ich ihr heute nicht zumuten. Also mache ich kehrt und verkrieche mich in Paulchens Hundehütte, die neben Jockels Gewächshaus steht.

Drinnen krame ich die Rosinenschnecke aus meiner Umhängetasche. Vielleicht ist ,Petits Fours‘ einfach ein französisches Wort für Rosinenschnecke. Dann hätte ich immerhin noch eine, die ich Mami geben könnte. Aber wie finde ich das heraus? Und wie wichtig sind diese Petits Fours überhaupt? Werden die Presseleute gemeine Sachen über Melli und Adrian schreiben, wenn Mami ihnen keine Petits Fours serviert?

Ich beiße in die Schnecke, denn mit leerem Magen kann ich nicht denken. Sie schmeckt ein bisschen trocken. Dafür werden meine Augen feucht, weil ich mich schäme, dass ich mich von Zottel und Kicker habe beklauen lassen. Anstatt nur zu quietschen und zu fuchteln, hätte ich die Schachtel mit Zähnen und Klauen verteidigen müssen.

Nein, ich werde nicht heulen, verflixt!

Paulchen erscheint im Hütteneingang. Er hat mir ein Lachsschnittchen mitgebracht. Ob er mich damit trösten will? Ich stopfe die Rosinenschnecke in die Tasche zurück und nehme Paulchen das Schnittchen aus dem Maul. Da höre ich Melli schimpfen.

„Wenn ich dich erwische, du Töle! Was hast du mit meinem Ohr Dövre gemacht?“

Mit dem Lachsschnittchen in der Hand krabble ich aus der Hütte und sehe meine Schwester mit wehenden Haaren heranstürmen.

„Ich weiß gar nicht, warum du dich aufregst“, sage ich. „Deine Ohren sehen völlig normal aus.“

Sie bleibt stehen und zeigt auf das Lachsschnittchen in meiner Hand. „Ah, du hast es! Das ist ein HORS D’OEUVRE“, buchstabiert sie. „Und es hat nichts mit Ohren zu tun. Hors d’oeuvre ist das französische Wort für Vorspeise. Adrian und ich verkosten mit dem Chef de Küsin die Auswahl für das Hochzeitsmenü. Da kommt dieser Wahnsinnspudel und schnappt sich das beste Teilchen vom Tablett.“

„Er hat eben einen erlesenen Geschmack“, verteidige ich Paulchen. „Wessen Kusine kocht denn auf deiner Hochzeit?“

„Nix Kusine. Küsin ist französisch und heißt Küche. CUISINE schreibt man das. Der Chef de Cuisine ist der Koch.“

„Warum redest du nicht einfach deutsch mit mir, dann bräuchtest du nicht ständig alles zu buchstabieren.“ Ich wische mit meinem T-Shirt-Saum sorgfältig die Hundespucke von dem Lachsschnittchen und halte es Melli hin. „Hier hast du deine Vorspeise wieder. Ich hab nicht reingebissen, Ehrenwort.“

Melli verzieht das Gesicht. „Ich verliere noch den Verstand“, jammert sie und hetzt ins Haus zurück.

Wie blöd, dass Melli sich vom Heiraten derart stressen lässt. Sonst ist sie viel entspannter und netter. Papi hat mir erzählt, dass Melli als Kind fast so ein Wirrkopf war wie ich. Heute ist sie elegant, höflich und oft sehr ernst. Das Einzige, was sich nicht geändert hat, ist ihre Schwäche für Zebramuster. Ob ich es wohl schaffe, mich beim Erwachsenwerden nicht so dramatisch zu verändern? Wäre doch ein Jammer, wenn mir aus der Kindheit nichts bliebe außer meiner Schwäche für Froschgrün. Jedenfalls werde ich niemals französisch reden, nur weil es gebildet klingt.

Augenblick mal. Petits Fours sind französisch, der Koch ist französisch – das bringt mich auf eine super Idee. Ich laufe so schnell ins Haus, dass Paulchen mir nur mit Mühe folgen kann, und nehme Kurs auf den Speisesaal. So heißt bei uns das Esszimmer, weil in einer Villa alles besondere Bezeichnungen haben muss. Darum steht im Speisesaal auch kein gewöhnlicher Esstisch, sondern eine Tafel. Und das Besteck nennt sich Tafelsilber. Nur die Stühle heißen schlicht und einfach Stühle, und nicht Po-Untersetzer oder so.

Ein dicker Mann mit einer weißen Schürze und einer hohen, weißen Mütze trägt ein Tablett herein und stellt es zwischen die vielen anderen, die schon auf der Anrichte stehen. Das muss der Chef de Cuisine sein. „Hallo, Chef“, begrüße ich ihn.

Melli und Adrian huschen hin und her, nehmen hier ein Häppchen, tauchen dort den Löffel ein, probieren ein Gäbelchen von jenem und füttern sich sogar gegenseitig.

„Uns verbietet man das immer“, raune ich Paulchen zu. Zwischen den Tabletts liegen Blumen mit violetten Blüten. Ich halte eine an die Nase, um zu testen, ob sie echt oder aus Plastik ist, da ruft Melli: „Bitte fass nichts an, Isi.“ Schnell lasse ich die Blume los.

Ich entdecke etwas Glibbriges und will schon „Igitt“ rufen, als mir einfällt, dass ich mich mit dem Koch gutstellen muss, wenn mein Plan funktionieren soll. Also stupse ich einen Finger in die Glibbermasse und lecke ihn ab. „Hm, lecker.“ Und damit der Chef de Cuisine merkt, dass ich wirklich etwas davon verstehe, füge ich hinzu: „Das schmeckt total französisch.“

„Das sind Austern“, erklärt der Chef näselnd. „Extra eingeflogen aus Frankreich. Dazu serviere ich Johannisbeersorbet, natürlich selbstgemacht.“

Das ist mein Stichwort. „Können Sie auch Petits Fours selbermachen?“

„Ausgeschlossen.“ Er schüttelt den Kopf. „Ich bin Koch, nicht Konditor.“

Das war’s dann mit meinem super Plan. Es hilft alles nichts. Ich muss Mami erzählen, was passiert ist.

 

Ein Besucher in der Abstellkammer

Schweren Herzens mache ich mich auf die Suche nach Mami. Da höre ich Papis Stimme aus dem Musiksalon und habe eine Eingebung. Vielleicht kann er mir helfen? Das wäre sozusagen Plan B, nachdem der Chef de Cuisine mich einfach im Stich gelassen hat. Papi könnte mit mir in die Turmgasse gehen und Zottel und Kicker die Petits Fours wegnehmen. Dass ich da nicht längst dran gedacht habe!

„Bin gleich wieder da“, sage ich zu Paulchen. „Brav warten.“

Paulchen hat Zutrittsverbot zum Musiksalon, weil er einmal in den Geigenkasten gepinkelt hat, und das fand außer mir niemand witzig. Im Musiksalon stehen lauter teure Instrumente: Geigen, Violinen, ein Cello und ein Flügel. Mein eigenes Musikinstrument ist nicht hier, sondern in meinem Zimmer. Es handelt sich um eine verbeulte Posaune, die ich vor zwei Jahren in der Abstellkammer entdeckt habe. Sie ist ein wenig verstimmt, aber dafür wunderbar laut. Ich habe mir selbst beigebracht, darauf einen Tusch zu blasen.

Hier im Salon darf ich nichts anfassen. Nur wenn ich saubere Hände habe und Papi mich beaufsichtigt, erlaubt er mir, auf dem Flügel zu klimpern. Ich habe keine Ahnung, warum er so nervös wird, wenn ich diesen Raum betrete, schließlich habe ich noch nie in den Geigenkasten gepinkelt.

Auch jetzt wird Papi bei meinem Anblick sofort unruhig. „Also, Isilein, das ist im Moment wirklich ungünstig. Frau Canelli und ich besprechen gerade die Musik für die Hochzeit.“

„Wird die auch rosa?“

Frau Canelli, die auf ihren Fußballen wippt, als hätte sie einen Takt im Kopf, ruft: „Jetzt hast du mich aber inspiriert!“

Heute mache ich wohl alles falsch. „Das tut mir leid. Es war keine Absicht.“