Ist das gesund oder kann das weg? - Christine Gitter - E-Book
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Christine Gitter

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Beschreibung

Die erfahrene Apothekerin Christine Gitter nimmt die bunte Welt der Nahrungsergänzungsmittel unter die Lupe. Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Superfood – die Hersteller versprechen mehr Gesundheit, Energie und Konzentration. Über Risiken und Nebenwirkungen wird gerne geschwiegen. Informativ und erfrischend unterhaltsam schafft Christine Gitter Abhilfe. Magnesium, Vitamin C, Vitamin B12, Vitamin D, Zink – viele greifen zu Nahrungsergänzungsmitteln in Pillen- oder Pulverform, um ihrem Körper oder Geist Gutes zu tun. Aber ist das, was wir zu uns nehmen, wirklich gesund? Oder vielleicht sogar gefährlich? Sich auf dem Gesundheitsmarkt zurechtzufinden, ist eine Herausforderung. Apothekerin Christine Gitter gibt kompetent und unterhaltsam Antwort auf alle relevanten Fragen: - Was genau bewirken Vitamine und Mineralstoffe im Körper? - Sind die versprochenen Wirkungen eigentlich bewiesen? - Funktioniert Körper- und Gehirn-Tuning mit Nahrungsergänzungsmitteln tatsächlich? - Was hat es mit dem Tagesbedarf auf sich? - Halten Antioxidantien wirklich den Alterungsprozess auf? - Und können wir getrost auf das eine oder andere Präparat verzichten? Christine Gitter rundet ihre aufschlussreiche Expedition durch die knifflige Welt der Nahrungsergänzungsmittel mit vielen praktischen Tipps ab: Sie erklärt, wie man z. B. vitaminschonend Essen zubereitet, worauf Vegetarier und Veganer besonders achten sollten oder welche Regeln bei gleichzeitiger Medikamenteneinnahme gelten. Und ein wunderbar hilfreicher Schnellüberblick über Wirkungen, Vorkommen und Tagesbedarf der verschiedenen Vitamine und Mineralstoffe sorgt für schnelle Orientierung. Ein echtes Muss für Gesundheitsbewusste: Alles rund um das Thema Nahrungsergänzungsmittel – anschaulich erklärt, humorvoll erzählt und ganz leicht zu schlucken!

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Christine Gitter

Ist das gesund oder kann das weg?

Wirklich ALLES über Nahrungsergänzungsmittel Mit Illustrationen von Sebastian Jung

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Hinweis des VerlagsWidmungVorwort1 Ist das gesund oder kann das weg? 10 Fragen und mindestens so viele AntwortenSind Vitamine & Co. Medizin?Verdauung leicht verdaulichEine Frage des Wertes: der legendäre TagesbedarfWarum Nahrungsergänzungsmittel keine Medikamente sindAlle Jahre wieder: Mit Vitamin C und Zink gesund durch die Erkältungssaison?Verlockendes Vitamin CZauberhaftes ZinkTipps von der Apothekerin: Was sonst noch hilftDas ACE der ewigen Jugend: Forever young und faltenlose Schönheit dank Antioxidantien?Freie Radikale sind keine Partner mit NiveauOPC und Resveratrol: Na denn prost!Vitamin A und Betacarotin: Geht das Häschen in die Apotheke …Es gibt Hoffnung auf ein langes, gesundes LebenIst der Vitamin-D-Hype gerechtfertigt?Das Tausendsassa-VitaminSo hoch ist unser Bedarf an Vitamin D tatsächlichNiedrige Vitamin-D-Werte: Wer wann warum gefährdet istWie das Vitamin D in unseren Körper gelangtWas Vitamin D wirklich kannHerzensangelegenheiten: Können Nahrungsergänzungsmittel uns vor einem Infarkt und anderen Gefäßerkrankungen schützen?Hoffnungsträger #1: Antioxidantien zum Schutz unserer GefäßeHoffnungsträger #2: L-Arginin zur Unterstützung der BlutdruckregulationHoffnungsträger #3: Omega-3-Fettsäuren gegen gefährliche BlutfetteHoffnungsträger #4: Folsäure und Vitamin B12 im Kampf gegen HomocysteinMachen Vitamine schlau, und bringen Pillen den Pokal?Mythos magische SportgetränkeAntioxidantien für schnellere RegenerationProtein-Booster für MuckisGehirndoping zum SchluckenSchwanger: Ab jetzt Pillen für zwei?Was Schwangere wirklich brauchenFolsäure: schon vor der Schwangerschaft entscheidendJod: weil die Schilddrüse die Entwicklung des Kindes bestimmtEisen: plus 100 Prozent!DHA: Intelligenz zum EssenZink: Vorsicht bei veganer ErnährungVitamin B12: vor allem für vegan lebende SchwangereVitamin D: weil es im Bauch schattig istVegetarier und Veganer: Verloren ohne Vitamine?Warum Veganer unbedingt Vitamin B12 in Pillenform brauchenZink: für Vegetarier und Veganer manchmal MangelwareWeitere potenziell kritische Mikronährstoffe für Vegetarier und VeganerNahrungsergänzung: Hoffnung im Kampf gegen Krebs?Warum die Ernährung wichtig ist und eine Krebs-Diät NonsensWann Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente bei Krebserkrankungen sinnvoll sind und wann nichtAprikosen: im Kern böseLieber Farmer als Pharma: Ist Superfood supergut?Megatrend EinhornSuperfood: Das steckt wirklich dahinterGesunde Gelenke mit Kurkuma und SchwefelDer rote Super-Reis2 Geht ein Vitamin in die Apotheke …Störfall #1: Wenn Arzneimittel Nährstoffe klauenProblem #1: Genauigkeit der TestergebnisseProblem #2: Das Ergebnis ist da. Und nun?Welche Arzneimittel sind Nährstoffräuber?Störfall #2: Der Mikronährstoff stört die Wirkung des ArzneimittelsIhre Apothekerin empfiehlt: Meine Regeln für ein vitamingesundes LebenEinkaufen und LagernWaschen, Vorbereiten, ZerkleinernGaren3 Die wichtigsten Mikronährstoffe im Überblick: Das Abc der NahrungsergänzungsmittelDie fettlöslichen VitamineVitamin A: Wachstum und SehvorgangBetacarotin: Antioxidans, Schutz vor freien RadikalenVitamin D: Knochenbildung, Kalziumstoffwechsel, ImmunsystemVitamin E: Schutz vor freien Radikalen, AntioxidansVitamin K: BlutgerinnungDie wasserlöslichen VitamineVitamin B1: Kohlenhydratstoffwechsel, NervenVitamin B2: Energie für alle ZellenNiacin: EnergiestoffwechselVitamin B6: EiweißstoffwechselBiotin: Haut und HaareFolsäure: Schwangerschaft, BlutbildungVitamin B12: Blutbildung, StoffwechselVitamin C: Antioxidans, ImmunsystemMineralstoffe und SpurenelementeKalzium: starke KnochenKalium: Elektrolyt Nummer 1Magnesium: Nerven und MuskelnEisen: das SauerstofftaxiJod: SchilddrüsenfunktionSelen: antioxidativer SchutzZink: Wachstum und Stoffwechsel4 Statistik leicht verdaulich: Fallbeispiel mit FallschirmMeerwasser, Essig oder doch lieber Schwefelsäure? Wozu braucht man Kontrollgruppen?Randomisierung oder: Ist der Zufall zufällig wichtig?Für Studien-Trickser ein Dorn im Auge: Verblindung»So täuscht man mit Diagrammen«Von Äpfeln und BirnenMittlere ManipulationIns Netz gegangen? Wie man seriöse Gesundheitsinformationen findetDie gesunde Extradosis
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Alle Angaben in diesem Buch wurden sorgfältig geprüft.

Dennoch können Autorin und Verlag keine Gewähr für deren Richtigkeit übernehmen.

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Für meine Eltern.

Die sich irgendwo (da oben?) hoffentlich daran erfreuen können.

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Vorwort

Viel zu früh kam ich an einem nebligen Novembermorgen zur Welt. Zu früh nicht nur, was die Tageszeit angeht, sondern auch gute vier Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin und außerdem mit kritischem Kampfgewicht.

Damals wurden kränkliche Frühchen noch nicht mit abgepumpter Muttermilch gepäppelt, und die handelsübliche Pulvermilch für Säuglinge entsprach bei Weitem nicht dem heutigen Standard.

In der Folge war ich also nicht nur ein unglaublich dürrer Säugling, ich war auch dauernd krank. Mein Darm und ich wurden somit fortan mit Antibiotika gepiesackt. Und meine Eltern haben ihr blasses Mädchen mit orangefarbenem Vitamingelee aus einer blauen Tube gedopt. Ich fand das lustig, weil es auf der Zunge so schön geprickelt hat.

Später, während meines Pharmaziestudiums und einer Zeit, in der das tägliche Mensamenü unstrittig ein wenig gesunde Aufwertung gebraucht hätte, waren Nahrungsergänzungsmittel aus Kostengründen erst mal kein Thema für mich.

Die Wende kam, als ich ins Berufsleben startete. Es ist ja auch nicht gerade so, dass man Mühe hätte, als Apothekerin an »Stoff« zu kommen. Außerdem wagte ich sehr schnell den Sprung in die Selbstständigkeit und übernahm mit gerade einmal 28 Jahren eine traditionsreiche Apotheke. Und wie viele andere, die einer herausfordernden beruflichen Tätigkeit nachgehen, wollte ich sicherstellen, lange leistungsfähig zu bleiben, und griff deshalb trotz ausgewogener Ernährung und regelmäßigem Sport zu diversen Pulvern und Kapseln.

Je höher dosiert, desto besser.

Mit 34 Jahren wurde ich dann schwanger und galt laut Mutterpass offiziell als Spätgebärende. Alt und gestresst: Das konnte dem kleinen Menschlein in mir nicht guttun. Ich beruhigte mein Gewissen also mit speziell abgestimmten (und speziell auch sehr teuren) Schwangerschaftsvitaminen.

Sieben Jahre später stellte mich die Krebserkrankung meines Mannes vor ganz andere Herausforderungen. Die Diagnose traf uns wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel ohne Vorwarnung und, was uns besonders schockierte, ohne das Vorhandensein hinlänglich bekannter Risikofaktoren.

Wer von Ihnen eine ähnliche Situation bereits einmal erlebt hat, erinnert sich wahrscheinlich an die angsterfüllten Stunden im Sprechzimmer von Dr. Google, auf der Suche nach Therapieoptionen und Überlebenswahrscheinlichkeiten. Natürlich stellte sich für uns auch die Frage, ob man mit Nahrungsergänzungsmitteln die Krebstherapie unterstützen kann. Eines können Sie mir glauben: Die Tatsache, dass ich »vom Fach« bin, hat den inneren Druck noch mal um ein Vielfaches erhöht. Ich wollte ja einfach alles dafür tun, damit mein Mann überlebte.

Es gibt zwei gute Nachrichten. Die erste – und zweifellos allerbeste – ist: Mein Mann ist heute gesund! Die zweite: Ich habe mich mit dem Thema so intensiv beschäftigt, dass ich Ihnen eine Menge Recherchearbeit abnehmen und Sie sicher durch den Dschungel der Nahrungsergänzungsmittel begleiten kann.

Dort ist es nämlich zuweilen so schummerig, dass man gar nicht mehr erkennen kann, was man da eigentlich schluckt. Ich möchte Ihnen helfen, sich dort besser zurechtzufinden. Denn es ist schon für Angehörige von Gesundheitsberufen äußerst schwierig, an vertrauenswürdige und belegte Informationen zu kommen – für Verbraucher und Patienten scheint es nahezu unmöglich. Und seien wir ehrlich: Von vielem, was wir wissen, wissen wir doch oft gar nicht mehr, woher wir es wissen. Hoch im Kurs stehen da die Nachbarin und das Frühstücksfernsehen. Was soll denn auch groß passieren? Sind ja nur Vitamine. Aber sind die denn wirklich so harmlos? Können wir bei Nahrungsergänzungsmitteln – egal, ob aus der Apotheke oder aus dem Supermarkt – überhaupt von »amtlich geprüfter Sicherheit« ausgehen? Machen Omega-3-Fettsäuren schlau und Antioxidantien jung? Ist der Vitamin-D-Hype gerechtfertigt, und kann man damit tatsächlich Krebs vorbeugen? Ist es wirklich riskant, Nahrungsergänzungsmittel im Internet zu bestellen? Und was ist eigentlich so super am Superfood?

Kurz und gut: Ist das eigentlich gesund oder kann das alles weg?

Auf den folgenden Seiten gehe ich mit Ihnen genau dieser Frage nach. Gemeinsam durchforsten wir das Dickicht, sodass Sie am Ende nicht nur einen Wissenszuwachs verzeichnen können, sondern sich auch kompetenter fühlen. Die einen mögen sagen Wissen sei Macht. Mir scheint etwas anderes ausschlaggebend: Wissen gibt Sicherheit, und die ist besonders wichtig, wenn es um den eigenen Körper geht. Ohne ärztliche Hilfe können wir zwar nicht in uns hineinsehen, aber wir können lernen, was in uns vorgeht. Und genau dabei möchte ich Sie unterstützen. Und noch etwas: Ich wünsche mir, dass es mir gelingt, Sie für unseren Körper und ganz besonders für das Thema Mikronährstoffe zu begeistern! »Mikro« deshalb, weil wir im Vergleich zu den Makronährstoffen (Kohlenhydrate, Eiweiß, Fette) nur verhältnismäßig kleine, manchmal sogar nur winzige Mengen davon benötigen. Gemeint sind Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Jeder einzelne von ihnen hat ganz spezielle Aufgaben zu erfüllen, und doch arbeiten alle wie viele kleine Zahnrädchen zusammen. Hakt eines, sind auch an anderen Stellen Probleme programmiert. Deswegen ist es auch so schwierig, einen Mikronährstoffmangel anhand von Symptomen zu definieren. Nur in wenigen Fällen sind diese so ausgeprägt und eindeutig, wie sie der niederländische Arzt Christiaan Eijkman vor gut 130 Jahren bei seinem Aufenthalt in Indonesien zu sehen bekommen hat: extrem apathische Patienten, die sich nur noch torkelnd oder gar nicht mehr auf den Beinen halten konnten. Wochenlang hatten sie nichts anderes als polierten Reis zu essen bekommen – oder besser: zu fressen. Die Patienten waren nämlich Hühner, an denen Eijkman eine Krankheit erforschen wollte, deren bizarre Symptome im fortgeschrittenen Stadium auch Menschen bewegungsunfähig machen: Beriberi, was auf Singhalesisch in etwa »Ich kann nicht, ich kann nicht« heißt. Eijkman kam zum richtigen Schluss, dass sich in der Schale des Reiskorns eine Substanz befinden muss, deren Fehlen die Krankheit verursachte. Erst 40 Jahre später fand man heraus, dass die Krankheit durch Vitamin-B1-Mangel hervorgerufen wird. Das Vitamin, das auch als Thiamin bezeichnet wird, steckt im Silberhäutchen des Reiskorns und wird in unglaublich winzigen Mengen benötigt: Erwachsene müssen pro Tag durchschnittlich nur ein bis 1,3 Milligramm zuführen! Zum Vergleich: Eine gängige Schmerztablette, sagen wir Ibuprofen oder Paracetamol, muss 400 bis 500 Milligramm Wirkstoff enthalten, um einigermaßen wirken zu können. Und diese Tabletten sind auch schon nicht besonders riesig. Es ist eigentlich kaum vorstellbar, dass das Fehlen eines so klitzekleinen Bröselchens solch unglaubliche Auswirkungen hat! Ist das nicht abgefahren?

Fakt ist: Ohne Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente können wir nicht leben.

Unser Organismus setzt Mikronährstoffe als Baustoffe für unterschiedlichste Gewebe, Grundstoffe für Hormone, den Stoffwechsel und zur Herstellung von Enzymen ein. Klingt nach einer Menge Aufgaben für so kleine Moleküle. Und es wäre schon reichlich skurril, wenn wir erst auf die Erfindung von Vitaminpillen hätten warten müssen, bis wir in den Genuss der fabelhaften Fähigkeiten von Vitaminen und Co. gekommen wären. Praktischerweise hat unser Körper jedoch ein komplexes und äußerst faszinierendes Organ entwickelt, das diese Substanzen aus der Nahrung ziehen kann. Sind Sie schon neugierig, welches? Blättern Sie um, dann wird das Geheimnis gelüftet.

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1 Ist das gesund oder kann das weg? 10 Fragen und mindestens so viele Antworten

Sind Vitamine & Co. Medizin?

Wir alle haben wenigstens diesen einen Freund, der uns beim Joggen leichtfüßig davonsprintet und darauf schwört, dies sei einem Magnesium-Vitamin-B-Komplex zu verdanken. Oder die Arbeitskollegin, die nicht mehr andauernd schnieft und hustet, seitdem sie Vitamin D einnimmt. Aber haben Mikronährstoffe tatsächlich eine pharmakologische Wirkung, können sie demnach wie ein Arzneistoff wirken?

Sind Vitamine, Mineralien und Spurenelemente Medizin? Um dieser Frage nachzugehen, begeben wir uns für einen Abstecher tief hinein in unseren Körper, genauer gesagt, in die windigen Windungen unseres Verdauungstraktes.

Verdauung leicht verdaulich

Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen: Pro Jahr vertilgt jeder von uns, grob geschätzt, eine halbe Tonne Nahrungsmittel.

Zoologisch betrachtet sind wir Menschen Allesfresser (Omnivoren) mit einer klaren Tendenz in Richtung Grünzeug.

Heutzutage sind wir nicht mehr auf die paar Beeren und Wurzeln, die wir gesammelt haben, und ab und zu vielleicht mal eine Mammutkeule angewiesen. Wir können in jedem Supermarkt um die Ecke nicht nur aus gefühlt 30 verschiedenen Joghurtsorten und exotischen Früchten vom anderen Ende der Welt wählen. Wir können die angebotenen Nährstoffe auch nutzen und vertragen das meiste sogar ganz gut. Unsere körpereigene Sortieranlage funktioniert hoch spezialisiert. Egal, was wir ihr offerieren: Zielsicher werden Kohlenhydrate, Fette, Proteine und Mikronährstoffe identifiziert, isoliert und schließlich nach Bedarf eingesetzt. Proteine als Baustoffe, Reparatureinheit und sogenannte Funktionsproteine (Enzyme), Kohlenhydrate zur Energiebereitstellung und zum Heizen, und das Multitalent Fett schließlich sowohl als Bausubstanz als auch als Brennstoff.

Kohlenhydrate werden in der Leber in Form von Glykogen gespeichert, Eiweiße im Bindegewebe und Fette im Fettgewebe gelagert. Sind unsere Speicher mit diesen Makronährstoffen überfüllt, können wir das recht einfach sehen: auf der Waage und im Spiegel. Leider funktioniert das bei Mikronährstoffen nicht so leicht.

Was uns bewusst sein sollte: Wir brauchen uns mit der Funktion von Mikronährstoffen, also Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, gar nicht zu befassen, wenn die Basis – die Makronährstoffe – hinten und vorne nicht passt. Wir können das nicht isoliert voneinander betrachten.

Mikronährstoffe können ihre Arbeit nur zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigen, wenn wir in unserer täglichen Ernährungsroutine keine allzu groben Schnitzer machen. Eine ausgewogene Ernährung ist und bleibt also die Basis für Gesundheit und Wohlbefinden.

Wenn wir Pharmazeuten im Labor einen bestimmten Wirkstoff aus einer Pflanze herauslösen möchten, kommt das Grünzeug erst in den Mixer, wird dann mit einem Lösemittel versetzt und anschließend gerührt oder geschüttelt. Nach einer gewissen Zeit hat sich unsere Substanz in der Flüssigkeit gelöst, dann wird das Ganze eingekocht, und wir können daraus mit weiteren Verarbeitungsschritten ein Pulver oder sogar Tabletten herstellen. Sehr vereinfacht gesagt.

Wir ahmen mit diesem Vorgehen unseren Körper nach, denn genauso holt der sich seine Nährstoffe aus der Nahrung: Zerkleinert wird im Mund, das Lösemittel (Magensaft mit Wasser, Salzsäure, Pepsinogen, Pepsin, Bikarbonat etc.) kommt im Magen hinzu, und es wird kräftig geschwenkt. Ist der Magen voll, rührt er etwa alle 20 Sekunden in Form einer muskulären Wellenbewegung gut durch.

Der so entstandene schleimige, mit Verdauungssekreten versetzte Brei flutscht anschließend in den Dünndarm.

(Wem das zu eklig ist: Man nennt diesen glibberigen Batzen auch »Chymus«. Klingt gleich um Längen gebildeter.)

Im Dünndarm kommen weitere Verdauungshilfen wie die Gallenflüssigkeit und ein Sekretgemisch aus der Bauchspeicheldrüse dazu. Durch dieses ausgetüftelte Zusammenspiel werden Spaghetti Bolognese und Salat bis auf Molekülgröße heruntergebrochen und können so in das Transportsystem unseres Körpers – die Blut- und Lymphbahnen – aufgenommen werden.

Der Dünndarm bietet durch seine riesige Fläche dafür ausgezeichnete Voraussetzungen: Mit seinen Schleimhautfalten, -zotten, -krypten und Mikrovilli bringt er es immerhin auf ein paar Quadratmeter. Allerdings ist unser Darm insgesamt in den vergangenen Jahren arg zusammengeschrumpft. Zumindest in den Anatomie-Lehrbüchern. Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir davon ausgingen, eine vollständig geglättete Darmschleimhaut käme locker auf 200 Quadratmeter. Neue mikroskopische Techniken messen allerdings nur noch 30 bis 40 Quadratmeter. So wurden aus einem ganzen Tennisplatz gerade mal neun Tischtennisplatten. Aber die reichen locker, um alles Notwendige – und leider manchmal darüber hinaus – aus dem Darminhalt in Blut und Lymphe zu resorbieren.

Auch Mikronährstoffe nehmen diesen Weg in unseren Körper hinein.

13 Vitamine – vier davon fettlöslich und neun wasserlöslich – müssen in regelmäßigen Abständen durch die Nahrung aufgefüllt werden. Während die wasserlöslichen Vitamine direkt durch die Darmschleimhaut schlüpfen können, brauchen die fettlöslichen Kollegen Transporthilfen in Form von Gallensäuren. Durch die Bindung an Gallensäuren werden sie ebenfalls wasserlöslich, und schon ist die Resorption kein Problem mehr. Aber Achtung: Die Gallensäuren sind nur zur Stelle, wenn sich eine gewisse Menge Fett im Darm aufhält. Das Tröpfchen Öl im Karottensaft ist also kein Mythos, sondern tatsächlich sinnvoll!

Mit dem Blut geht es dann bis in weit abgelegene Körperregionen, wo allerhand Stoffwechselprozesse stattfinden: Vitamin C etwa packt beim Aufbau eines straffen Bindegewebes an und spielt Chauffeur für das Eisen aus dem Darm in Richtung Blut. Vitamin K arbeitet im Team Blutgerinnung und unterstützt Vitamin D beim Knochenaufbau. Vitamin A wird als Baustein für die Lichtrezeptoren im Auge gebraucht – aber auch im Knochen.

Vitamine sind also wahre Allrounder im Stoffwechselgeschehen und an mehreren tausend Reaktionen beteiligt. Kein Wunder, dass wir ohne sie nicht lebensfähig sind!

Der Darm lässt sich aber nicht alles aufschwatzen, was ihm angeboten wird. Registrieren seine Messsysteme etwa von einem wasserlöslichen Vitamin sehr große Mengen im Darminhalt, resorbiert er nicht alles vollständig. Ist unser Körper nicht wunderbar schlau?! Für wasserlösliche Vitamine haben wir keine festen Speicherplätze. Was zu viel ist, nimmt daher den Exit über die Niere und landet in der Toilette.

Bei den fettlöslichen Vitaminen sieht unser Organismus das nicht ganz so eng und nimmt, was er kriegt, denn die kann er zum Beispiel im Speicherfett zwischenlagern.

Eine Frage des Wertes: der legendäre Tagesbedarf

Apropos Speicherfett: Neulich fand ich, ein paar Kilos weniger auf der Waage würden mir gut stehen. Also lud ich eine App auf mein Smartphone, mit der man alle Mahlzeiten speichern kann und so seine Kalorienaufnahme im Blick hat. Überdies analysiert diese App die mit der Nahrung aufgenommenen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente und gleicht sie mit dem empfohlenen Tagesbedarf ab.

Das ist schon deshalb kritisch, weil die App gar nicht wissen kann, wie viele Vitamine meine Lebensmittel tatsächlich liefern. Lag der Apfel tagelang im Obstkorb auf dem Kühlschrank oder, vor Wärme und Sauerstoff geschützt, im Kühlschrank? Wir wollen an dieser Stelle großzügig sein und unterstellen, dass der von der App verwendete Mittelwert einigermaßen realistisch ist.

Wenn ich also am Ende des Tages einen Blick auf die aufgenommenen Vitaminmengen werfe, werde ich manchmal panisch: Drei Tage in Folge den Kalziumwert nicht erreicht! Eine Woche unter der wünschenswerten B12-Aufnahme geblieben! Was mach ich denn jetzt? Doch vorsichtshalber etwas schlucken?

Ich unternehme nichts und beobachte erst einmal. Das lohnt sich, denn im Lauf eines Monats pendelt sich das Ganze ein, und im Schnitt erreiche ich den Tagesbedarf – bis auf winzige Ausnahmen – doch.

Was es mit dem Tagesbedarf auf sich hat

Ich bin altersmäßig zwar schon seit geraumer Zeit erwachsen, dem »theoretischen Durchschnittserwachsenen« entspreche ich – zumindest, was die Statur betrifft – eher nicht, weil ich relativ klein bin. Der empfohlene Tagesbedarf gilt aber für eben diesen! Die Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollen sowohl einen Mangel als auch eine Überversorgung vermeiden helfen, richten sich aber ausschließlich an den gesunden Durchschnitt ohne besonderen Bedarf.

Doch woher weiß ich, was ich brauche? Welcher Tagesbedarf für mich gilt? Wovon hängt der individuelle Tagesbedarf eigentlich ab? Größere Belastungen oder Erkrankungen erfordern ein Mehr an bestimmten Mikronährstoffen. Das Gleiche gilt, wenn wir gerade megagestresst sind, wir einen chronischen Entzündungsherd am Feuern halten oder wenn wir regelmäßig Medikamente einnehmen müssen. Sind wir männlich, weiblich, jung, alt, dick, dünn, gestresst, entspannt, groß oder klein? Von Letzterem hängt beispielsweise der Vitamin-C-Bedarf ab: Große Menschen brauchen mehr als kleine. Notabene gibt es für Vitamin C nicht einmal einen internationalen Standard für den empfohlenen Tagesbedarf. Während sich die WHO bereits mit einer täglichen Vitamin-C-Dosis von 45 Milligramm zufriedengibt, fordert das Institute of Medicine in den USA tägliche 90 Milligramm, und die DGE wähnt sich gar erst bei 110 Milligramm für einen erwachsenen Mann sicher.

Fakt ist, der Tagesbedarf ist höchst individuell. Ob wir genügend von allem abkriegen, hängt außerdem gar nicht so sehr von der täglichen Aufnahme wie von unserem individuellen Stoffwechsel ab.

Wenn Sie also herausfinden möchten, ob Sie ausreichend Mikronährstoffe aufnehmen oder ob Sie ergänzen sollten, lassen Sie Ihren Arzt den Füllstand Ihrer Speicher durch eine Laboruntersuchung checken.

Heißt Tagesbedarf, dass wir täglich alle Vitamine und Mineralstoffe brauchen?

Das suggeriert uns der Begriff »Tagesbedarf«.

Versetzen wir uns doch mal in die Situation unserer Vorfahren. Und dabei brauchen wir gar nicht bis in die Steinzeit zurückzugehen, auch wenn diese uns immer wieder gute Erkenntnisse in der Ernährungsforschung schenkt. Lassen Sie uns lediglich ins Mittelalter reisen.

Zu Zeiten der Rittersleute war es höchst ungewiss, ob ein Säugling das Erwachsenenalter erreichen würde. Mehr als die Hälfte der Kinder wurde keine 14 Jahre alt. Durchfälle und andere Infektionen waren nicht beherrschbar, Hygiene vollkommen unbekannt. Hatte man die Kindheit allerdings einigermaßen gesund überstanden und ging keiner schweren körperlichen Arbeit nach, konnte man durchaus mit ungefähr 60 Jahren Lebenserwartung rechnen. Nonnen und Mönche brachten es oft auf mehr als 80 Jahre. Die Ernährung des Mittelalters kannte kein Superfood und keine Nahrungsergänzung. Es wurde gegessen, was auf den Tisch kam, und das war überwiegend karg und abhängig von der Jahreszeit. Bei den einfachen Leuten hieß das häufig tagein, tagaus ungesüßter Haferbrei. Und das nicht nur zum Frühstück. Wir können uns vorstellen, dass der empfohlene Tagesbedarf an den meisten Tagen des Jahres nicht erreicht wurde. Und trotzdem hat die Spezies Mensch es bis in das 21. Jahrhundert geschafft.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich bin ganz und gar keine Anhängerin von »früher ging das doch auch« oder gar »früher war alles besser«. Ich finde den Lebensstandard, den wir im Lauf der Jahre erreicht haben, ganz großartig und möchte auf medizinischen Fortschritt nicht verzichten müssen. Doch anzunehmen, der Tagesbedarf sei eine Menge, die täglich zugeführt werden müsse, ist schlicht ein Missverständnis und keine Wahrheit.

Denn der Evolution sei Dank, kann unser Körper Vitamine und Mineralstoffe speichern. Die Vorratshaltung gestaltet er, je nach Mikronährstoff, unterschiedlich: Während man sich nicht länger als zwei Wochen Vitamin-C-frei ernähren kann, bleibt der Vitamin-B12-Speicher über Jahre gefüllt. Beides je nach Ausgangslage, versteht sich.

Der Tagesbedarf ist kein Anlass, sich unter Druck zu setzen.

In entsprechend hoher Menge aufgenommen, wandern die fettlöslichen Vitamine A, D und E in die Lagerhallen der Leber und des Fettgewebes. Wasserlösliche Vitamine (mit Ausnahme von Vitamin B12, das ebenfalls in der Leber gespeichert wird) sowie das fettlösliche Vitamin K haben keinen festen Platz im Lagerregal. Sie werden trotzdem zum Teil über Wochen im Körper vorrätig gehalten. Wie in einem Vitamin-Speditionsunternehmen sind kleine Transporter Tag und Nacht im Körper unterwegs und liefern just in time dort aus, wo gerade bestellt wurde.

Damit wir besser verstehen können, warum der Tagesbedarf keine Dosierungsangabe ist, wie wir sie von Arzneimitteln kennen, sehen wir uns mal an, wo die Unterschiede in der »Dosisfindung« liegen:

Wenn wir wissen möchten, wo das ideale Maß eines Arzneistoffes liegt, testen wir das an freiwilligen Probanden. Man beginnt mit einer sehr geringen Dosis, die langsam gesteigert wird, um herauszufinden, wann die erwünschte Wirkung eintritt und ab wann Nebenwirkungen auftreten. Die Probanden werden regelrecht durchleuchtet: Man nimmt ihnen regelmäßig Blut ab, und der Urin wird untersucht, um einschätzen zu können: Wie sieht es mit der Resorption aus, also wie viel Arzneistoff wird vom Darm aufgenommen? Wie viel wandelt die Leber um, bevor es überhaupt zu einer Wirkung kommen kann (das nennt man First-Pass-Effekt)? Klappt es nach der Wirkung gut mit der Ausscheidung? Diese Faktoren können wir ziemlich gut und vor allem zeitnah beobachten.

Bei Mikronährstoffen ist das in dieser Art nicht möglich. Natürlich könnte man auch hier analysieren, wie schnell und wie vollständig beispielsweise Vitamin D ins Blut aufgenommen wird und wie die Ausscheidung funktioniert. Aber wie soll man die nachfolgende Wirkung, wie etwa die Knochenhärtung, in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen beurteilen? Experimentell gestaltet sich das sehr schwierig.

Die DGE ist deshalb hergegangen und hat sogenannte Referenzwerte bestimmt.

Man ermittelt diese Werte, indem man beobachtet, wie viel gesunde Menschen von einem bestimmten Mikronährstoff verzehren müssen, ohne Mangelsymptome zu zeigen. Zu dieser Menge wird noch ein Sicherheitsaufschlag addiert, denn Gesundheit ist selbstverständlich mehr als nur »kein Mangel«. Unterschreiten gesunde Menschen diese Referenzwerte, heißt das nicht, dass sie zwangsweise in eine Mangelversorgung rutschen, sondern lediglich, dass die Wahrscheinlichkeit einer Unterversorgung steigt.

Die von der DGE angegebenen Zufuhrempfehlungen gelten jedoch ausschließlich für gesunde Menschen. Kranke Menschen, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen müssen, oder Personen mit einem anderweitig erhöhten Bedarf (alte Menschen, Schwangere und Stillende, Raucher, hoher Alkoholkonsum, Stress) werden hier überhaupt nicht berücksichtigt. Doch gerade in diesen Fällen sollte der Bedarf individuell bewertet werden, denn dann liegt er erfahrungsgemäß über der Norm.

Summa summarum lässt sich also sagen: Der Tagesbedarf ist eine Mengenangabe zur groben Orientierung und kein Grund, sich verrückt zu machen.

Warum Nahrungsergänzungsmittel keine Medikamente sind

Auf den ersten Blick kann man heutzutage die Schachteln von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln kaum unterscheiden. Woher wissen Sie eigentlich, ob Sie ein Medikament oder ein Nahrungsergänzungsmittel gekauft haben? Könnten Sie spontan sagen, wo genau der Unterschied liegt?

Arzneimittel sollen Krankheiten heilen, Nahrungsergänzungsmittel sollen – wer hätte es gedacht – die Ernährung ergänzen. Deshalb dürfen Letztere auch nicht mit Aussagen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen, beworben werden. Aber können wir den Unterschied auf der Packung erkennen?

Theoretisch sollten wir das, denn der Gesetzgeber hat Richtlinien für die Unterscheidung von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln erstellt.

Die sagen etwa, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht wie Arzneimittel aufgemacht sein dürfen, um eben gerade nicht den Anschein zu erwecken, dass sie Krankheiten heilen können.

Die Praxis sieht so aus: Sowohl Arzneimittel als auch Nahrungsergänzungsmittel liegen meist als Tabletten oder Kapseln vor, die der Hersteller in eine medikamententypische Umverpackung steckt. Häufig findet man darin sogar eine Art Beipackzettel. Behalten Sie also im Hinterkopf: Die Verpackungen von Nahrungsergänzungsmitteln tun zwar als ob, beinhalten aber keine Medikamente.

Werden Nahrungsergänzungsmittel amtlich geprüft?

Nehmen wir mal an, Sie möchten ein Arzneimittel auf den Markt bringen. In diesem Fall kommen Sie nicht um das Arzneimittelgesetz herum, das detailliert vorschreibt, wie Sie vorzugehen haben. Arzneimittel müssen unzählige Prüfungen durchlaufen. Die Hersteller sind verpflichtet, die Wirksamkeit und gleichzeitig die Sicherheit des neuen Medikaments durch klinische Studien zu belegen.

Richten Sie sich also auf einen aufwendigen und kostspieligen Prozess ein. Laut Verband Forschender Arzneimittelhersteller kostet die Entwicklung eines neuen Medikaments zwischen 1,0 und 1,6 Milliarden US-Dollar und dauert im Schnitt etwas länger als 13 Jahre. So viel Zeit und Geld muss man ja auch erst mal übrig haben. Soll das Arzneimittel dann auch noch für Kinder zugelassen werden, können Sie ein paar Monate und Dollar dranhängen.

Fertig entwickelt, muss das Arzneimittel durch das BfArm (das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) oder die Europäische Zentralbehörde zugelassen werden. Dabei werden alle Inhaltsstoffe geprüft. Auch die sogenannten Hilfsstoffe, die etwa zum Tablettenpressen benötigt werden, oder das Material der Kapsel, in die der Arzneistoff gefüllt wird. Vor allem die Mengenangaben werden mit kritischem Auge begutachtet: Die Mengen, die Sie auf der Verpackung angeben, dürfen um höchstens fünf Prozent von der tatsächlichen Menge im fertigen Produkt abweichen. Schließlich existieren Arzneistoffe, die eine sehr genaue Dosierung erfordern, wie Hormone oder Mittel gegen Bluthochdruck. Menge »Pi mal Daumen« funktioniert da nicht.

Ist das nicht alles sehr kompliziert? Sie haben recht. Stellen Sie lieber ein Nahrungsergänzungsmittel her.

Dann müssen Sie Ihr neues Mittel nämlich lediglich beim BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) anzeigen. Und das war’s auch schon. Sie müssen weder die Wirksamkeit noch die Sicherheit einer Behörde gegenüber nachweisen. Letztendlich tragen Sie zwar die Verantwortung, aber Sie müssen vorab keine Belege dafür liefern.

Beim Abfüllen brauchen Sie es dann auch nicht ganz so genau zu nehmen: Die Mengenangaben, die Sie auf die Verpackung drucken, können bis zu sage und schreibe 50 Prozent vom tatsächlichen Inhalt abweichen.

Na, das ist ja einfach, denken sich die Produzenten von Nahrungsergänzungsmitteln wohl von Jahr zu Jahr aufs Neue und haben alleine in Deutschland im Jahr 2018 unglaubliche 8000 neue Präparate kreiert. Insgesamt gingen 172 Millionen Packungen im Wert von 1,2 Milliarden Euro über den Ladentisch oder wurden vom Paketboten ausgeliefert: fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor. An diesem Erfolg sind die sozialen Medien nicht ganz unschuldig. Sie nutzen, dass es für viele von uns etwas Erquickendes hat, zu wissen, mit welchen Pülverchen und Pillen sich andere Menschen in einsame Hochform bringen. Besonders zufriedenstellend empfinden wir es, wenn dieser jemand berühmt ist oder zumindest eine stattliche Anzahl an Followern hat.

Der Markt ist riesig, weckt Begehrlichkeiten und ist nahezu unkontrollierbar. Denn das BVL prüft gar nicht alle Produktanmeldungen, die dort eingehen.

Wozu das führen kann, hat eine Reportage der ARD, die im September 2019 ausgestrahlt wurde, eindrucksvoll gezeigt:

Zwei Reporter haben ein Fake-Produkt (das angegebene Präparat wurde nie hergestellt und gelangte selbstverständlich auch nicht in den Handel) erfunden. Als dessen Inhaltsstoff gaben sie neben Vitaminen und Spurenelementen zusätzlich Stechapfelextrakt an. Stechapfel (lat.: Datura) ist eine hübsche, aber extrem giftige Pflanze. Der Verzehr führt zu bewusstseinserweiternden Halluzinationen, die sich zu fiesen Horrortrips auswachsen und – dosisabhängig – tagelang anhalten können. Die enthaltenen Substanzen Scopolamin und Hyoscyamin führen schon in niedriger Dosis zu teilweise lebensbedrohlichen Vergiftungen. Es kommt zu Symptomen wie Hautrötung, Pupillenerweiterung, Muskelzuckungen, trockenem Mund und extremem Durst, Verwirrtheit, Herzrhythmusstörungen und sogar Koma. Mögliche Atemlähmungen können tödlich enden.

Jetzt sollte man doch meinen, das müsste bei den Behörden irgendjemandem auffallen! Tatsächlich jedoch hätten die giftigen Pillen ein halbes Jahr lang an ahnungslose Konsumenten verscherbelt werden können, denn erst nach diesem Zeitraum erlangte die zuständige Behörde Kenntnis vom toxischen Inhaltsstoff. Und jetzt raten Sie, von wem? Die ARD-Redakteure selbst nahmen Kontakt zum Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf und informierten die zuständigen Stellen.

Vielleicht fragen auch Sie sich jetzt, wie so etwas geschehen kann. Die Sache ist die: Wenn ein Hersteller ein neues Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt bringen will und dieses beim BVL anzeigt, leitet dieses die Anzeige an das jeweilige Bundesland weiter, in dem der Hersteller sitzt. Für die anschließende Kontrolle sind die entsprechenden Landkreise bzw. kreisfreien Städte zuständig.

Diese müssen aber nur stichpunktartig prüfen.

Daher fiel den zuständigen Behörden ein giftiger Zusatz im Nahrungsergänzungsmittel nicht auf, obwohl er vom »Hersteller« deklariert wurde. Das Etikett hatte nichts verschwiegen.

Genauso verhängnisvoll sind gepanschte Nahrungsergänzungsmittel, deren Inhalt sich oft als bedrohlicher Überraschungscocktail entpuppt, weil die Produzenten eben nicht alle Zutaten auf dem Etikett angeben. Allesamt Präparate, die einen interessanten Markt bedienen: Gewichtsverlust und Potenzsteigerung gehen immer.

»Slimix« oder »Minimal« heißen die Mittel, die auf ganz natürliche Weise schnelle Schlankheit versprechen. Sie enthalten neben ein paar pflanzlichen Alibizutaten jedoch den Anti-Adipositas-Arzneistoff Sibutramin, der 2010 in Deutschland vom Markt genommen wurde, weil unter der Einnahme gravierende Nebenwirkungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle auftraten. Darüber hinaus hat man herausgefunden, dass der Gehalt des Sibutramins von Pille zu Pille höchst unterschiedlich war – das ist nicht nur riskant für die Gesundheit, sondern ein weiterer klarer Hinweis auf die mangelnde Seriosität des Herstellers. Das Mittel kann hierzulande übrigens nicht im Handel erworben werden; es ist allerdings in den Untiefen des Internets erhältlich.

Ebenfalls nur im Netz erhältlich sind »Black King Kong« und »Rammbock«, deren Indikation Sie sich wahrscheinlich denken können. Ob sich die Käufer beim Klick auf den Warenkorb das Produkt genau angesehen hatten? Hier werben die Hersteller ebenfalls mit Pflanzenkraft. Tatsächlich wirkt hier der verschreibungspflichtige Arzneistoff Sildenafil, besser bekannt als Viagra®. Sildenafil kann für sich alleine schon recht unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen, darunter Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Sehstörungen. In Kombination mit einer Reihe von Herzmedikamenten kann es zu lebensbedrohlichen Wechselwirkungen kommen.