It’s All Good - Lars Amend - E-Book
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It’s All Good E-Book

Lars Amend

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  • Herausgeber: Kailash
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Das Leben, von dem wir alle träumen, ist gar nicht so weit weg. Es liegt direkt vor unseren Füßen. Wir müssen seine Schönheit nur wieder in all ihren Facetten erkennen. Bestseller-Autor und Life-Coach Lars Amend möchte zu diesem Perspektivwechsel aufrufen. It’s All Good ist eine Liebeserklärung an den Augenblick, ein Appell, sich einfach mal aus der Jammer-Spirale auszuklinken. Ein Plädoyer, sich wieder auf Werte zu besinnen, wie z. B. Dankbarkeit für die Großartigkeit der Welt, Wertschätzung der Familie, Mut, für seinen Traum einzustehen. Zahlreiche kreative Impulse wie Morgenroutinen oder Glücks-Challenges helfen dabei zu erkennen: Du brauchst nichts und musst nichts sein, außer du selbst. Es ist alles nur eine Frage der Perspektive. Alles ist gut so, wie es ist.

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Seitenzahl: 395

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Lars Amend

IT’S All GOOD

Ändere deine Perspektive und du änderst deine Welt

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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Deutsche Erstausgabe© 2019 Kailash Verlag, München in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHNeumarkter Str. 28, 81673 MünchenLektorat: Dr. Diane Zilliges Umschlaggestaltung: ki 36, Sabine Krohberger Editorial Design, MünchenSatz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, GermeringISBN 978-3-641-24210-7V002www.kailash-verlag.de
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Inhalt

Der Weg der köstlichen Ungewissheit

Der verrückteste Sommer meines Lebens

Dieses bescheuerte Herz

Nur noch vierundzwanzig Stunden

Was ist ein gelungenes Leben?

Magische sieben Atemzüge

Die Sache mit der Zeit

Die Kraft der Verletzlichkeit

P-Diddy, Sokrates und ein wundersamer Test

Und wieder geht’s ums Glück

Weg mit deinen Sorgen! It’s all good

Danksagung

Literaturverzeichnis

Falls du auf ein Zeichen wartest, du hältst es in deinen Händen.

Lars

I wouldn’t change a thing

Even if I could

You know what they say?

It’s all good!

Bob Dylan

Wo sich Dunkelheit befindet, sei das Licht. Wo sich Leiden befindet, bringe Frieden. Wo sich Einsamkeit befindet, sei die Liebe.

Millionen Menschen stehen heute vor gewaltigen Aufgaben: Schule, Beruf, Familie, Erfolgsdruck, Gewichtsprobleme, Schönheitsideale, Konkurrenzkämpfe, Zukunftsängste, psychische Krankheiten, Abhängigkeiten in jeglichen Formen. Ja, diese Welt kann manchmal ganz schön wehtun. Sie kann einsam, dunkel und bitterböse sein. Dennoch tragen wir eine Verantwortung dafür, eine Stimme der Hoffnung zu sein, ein Krieger des Lichts.

Ich möchte dir mit diesem Buch helfen, wieder die Kontrolle über dein Leben zu übernehmen, damit auch du in deiner Welt Leichtigkeit, Sicherheit und Freude verbreiten kannst. Es ist nicht einfach, alles andere als das. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich, weswegen wir uns mit Wissen, Weisheit und einer großen Portion Gelassenheit ausstatten müssen, um gute Gewohnheiten zu etablieren und uns mit jenen Menschen zu umgeben, die das Meisterstück in uns sehen, das wir schon jetzt sind.

In Liebe,

dein Lars

Der Weg der köstlichen Ungewissheit

Stell dir vor, du könntest nachts wieder schlafen – tief und fest und entspannt. Stell dir vor, du würdest dich abends wieder auf den nächsten Morgen freuen und die Aufgaben, die dort auf dich warten, voller Euphorie angehen. Stell dir vor, du würdest wieder in einer erfüllten Partnerschaft sein und richtig guten Sex haben. Stell dir vor, du würdest dir nicht mehr so einsam und verloren vorkommen. Stell dir vor, du würdest dich wieder wohl in deinem Körper fühlen. Stell dir vor, du würdest ab sofort in kritischen Situationen die Ruhe bewahren und cool und besonnen handeln. Stell dir vor, deine Ängste würden dich nicht mehr lähmen, sondern antreiben. Stell dir vor, die Meinung anderer, Ablehnung und Zurückweisung hätten keinen zerstörerischen Einfluss mehr auf deine Seele. Stell dir vor, du hättest Zugang zu einem geheimen Ort, an dem völlige Stille herrscht, fern von Vergangenheit und Zukunft, und du dürftest diesen Ort jeden Tag besuchen, um Frieden zu finden. Stell dir vor, du hättest mehr Energie, um die großen Aufgaben deines Lebens zu meistern. Stell dir vor, du würdest die Person, die du jeden Tag im Spiegel siehst, wieder so richtig gern haben. Stell dir vor, du könntest diesen Augenblick, während du diese Zeilen liest, voll und ganz genießen. Stell dir vor, du könntest glücklich sein, ohne dass etwas außergewöhnlich Schönes passieren muss.

Wie fühlt sich diese Vorstellung an?

Dieses Leben, von dem wir alle träumen, ist gar nicht so weit weg. Tatsächlich liegt es in diesem Augenblick direkt vor unseren Füßen. Auch wenn wir durch den Lärm unserer Gedanken zu oft abgelenkt sind, um diesen Schatz wahrzunehmen, er ist da. Es ist nicht einfach, ihn in der Hektik des Alltages zu sehen, aber es ist möglich. Ich weiß, dass du das für unmöglich hältst, weil du schon alles ausprobiert hast und immerzu gescheitert bist. Deswegen verrate ich dir jetzt etwas, in der Hoffnung, dich damit zu beruhigen: Auch ich schaffe das nicht immer. Ja, du hast richtig gelesen: Auch ich schaffe das nicht immer. Es gibt Tage, an denen ich keine Antworten finde. Nicht für meine liebsten Freunde, nicht für meine Klienten, nicht für mich. Es gibt Tage, an denen ich nichts weiß, völlig ratlos, lustlos und müde bin, an denen die Dunkelheit vollständig Besitz von mir ergreift. Und es ist okay. Ich habe gelernt, dass diese Phasen ein Teil des Lebens sind und nie ganz verschwinden werden. Die Dunkelheit wurde erfunden, damit wir nachts das Strahlen der Sterne sehen können. Jedenfalls ist das meine Interpretation. Von Eminem habe ich gelernt, dass sich alles ändert, sobald du deine Schwächen laut aussprichst, vollkommen zu dir stehst, einen Scheiß darauf gibst, was irgendwer darüber denken könnte, und die Perspektive auf dein Leben wechselst.

Warum, glaubst du, mache ich das alles? Warum helfe ich Menschen, ein besseres Leben zu führen? Ich verrate es dir: Ich rette mich damit selbst. Wenn ich meine Klienten coache, coache ich immer auch mich selbst. Wenn ich Bücher schreibe oder Motivationssprüche auf Instagram poste und das Wort »Du« verwende, meine ich immer auch mich damit. All das tue ich für mich, weil ich weiß, dass es keinen Unterschied gibt zwischen dir und mir. Meine Ängste sind deine Ängste, meine Träume sind deine Träume, meine Fragen sind deine Fragen. Die Luft, die ich ausatme, ist die Luft, die du einatmest. Wir sind alle miteinander verbunden, und wir sind eine Armee von Millionen. Gib auf Instagram den Hashtag #motivation ein, und du bekommst mehr als 174 Millionen Beiträge angezeigt, und es werden jeden Tag mehr.

Wir müssen aufhören, Krieg gegen uns selbst zu führen!

So viele Menschen leiden, um eine Fassade aufrechtzuerhalten. Es wird ein Bild voller Lügen und Selbstbetrug gezeichnet, nur um es anderen recht zu machen, um zu gefallen, um einen Hauch von Bestätigung und falscher Liebe abzubekommen. Jeder macht es, und jeder glaubt, er sei damit der Einzige. Als Demi Lovato wegen Depressionen und einer Überdosis Heroin fast gestorben wäre, habe ich mir ihre letzten dreißig Instagram-Posts angesehen: schöne heile Welt. Alles Schwindel, alles Fake, um ein Leben zu erzählen, das es gar nicht gibt. Mit diesem Buch möchte ich ein Zeichen setzen. Mut, Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Selbstbewusstsein, Geduld, Dankbarkeit, Hilfsbereitschaft, Einfühlungsvermögen – all diese Werte müssen wieder cool werden. Es muss wieder cool werden, für seinen Traum einzustehen, auch wenn das Umfeld ihn nicht versteht. Es muss wieder cool werden, weite Wege zu gehen und sich mit all seinen Schwächen zu lieben. Es ist so wichtig, deswegen kämpfe ich dafür.

Ich weiß, dass viele Menschen zu mir aufsehen. Meine Biografie klingt für Außenstehende auch ziemlich spannend: Frankfurt, London, Rio de Janeiro, Berlin. Platz 1 Spiegel-Bestseller. Bücher mit Bushido, den Scorpions, Paulo Coelho. Mein erster Versuch als Schriftsteller wurde sofort von Bernd Eichinger mit Starbesetzung verfilmt. Über einen Teil meines Lebens wurde ein Kinofilm gedreht, und Elyas M’Barek spielt darin die Hauptrolle: mich! Als er 2017 kurz vor Weihnachten in die Kinos kam, gab es nur einen Film, der erfolgreicher war: »Star Wars«! Allein in Deutschland haben über zwei Millionen Zuschauer »Dieses bescheuerte Herz« gesehen. Unsere Geschichte lief weltweit im Kino. Im Januar 2019 waren wir für den Bayerischen Filmpreis nominiert, und wir haben internationale Festivalpreise gewonnen. Ich werde ins Fernsehen eingeladen, gebe Interviews und treffe mich mit prominenten Menschen, von denen mich manche sogar dafür bezahlen, dass ich sie auf ihrem Lebensweg begleite. It’s all good! ist mein elftes Buch in elf Jahren. Was für ein Tempo! Für die »Men’s Health« bin ich sogar »einer der Top-Motivatoren Deutschlands«.

Und jetzt?

Bitte lass dich davon weder blenden noch beeindrucken. All das bedeutet gar nichts. Ich bin nicht besser als du. Ich weiß nicht mehr als du. Ich habe es auch nicht »geschafft«, wie man so schön sagt. Und erst recht bin ich kein Guru. Ich bin einfach nur ein normaler Dude, der immer neugierig geblieben ist und durch jede Tür geht, die er auf seinem Weg findet. Nicht mehr und nicht weniger. Warum ich das schreibe? Warum ich mich derart verwundbar zeige? Weil die anderen es nicht tun. Ich möchte dir damit die Angst nehmen und sagen: Du bist nicht allein! Brenn das Podest ab, auf das du mich oder andere Menschen stellst, die du bewunderst. Oder stell dich selbst darauf. Werde zu deinem eigenen Vorbild! Weißt du, warum ich so erfolgreich bin? Weil ich mache, worauf ich Lust habe, weil ich meinen Weg gehe, weil ich nichts persönlich nehme und alles, was mir passiert, was ich fühle und erlebe, aus der Position eines Beobachters wahrnehme. Manchmal geht es mir dabei gut, manchmal nicht so sehr, aber eines weiß ich gewiss: It’s all good!

Dieses Buch ist eine Hommage ans Leben, eine Liebeserklärung an die Schönheit des Augenblicks. Das Zauberwort und der Schlüssel zu diesem Glück lautet Ehrlichkeit. Frag dich selbst: Bist du zu 100 Prozent ehrlich zu dir? Lebst du wirklich dein Leben? Diese Ehrlichkeit wird dich, wenn du den Klang ihrer Stimme zulässt, wieder frei atmen lassen. Sie wird dir Seelenfrieden bringen. Du wirst die Magie des Lebens wieder in all seinen Facetten sehen, genießen und lieben. Es ist ein Leben, in dem du nichts brauchst, außer dich selbst. In dem du nichts sein musst, außer du selbst. Wie gesagt, es ist alles schon da. Es ist nur eine Frage der Perspektive.

Ich möchte dir davon erzählen, wie sich meine Perspektive auf das Leben grundlegend verändert hat, und dir dann vor allem in der zweiten Hälfte des Buches viele Beispiele und Ideen, Listen und Challenges an die Hand geben, damit dieses Licht in deinem Leben ebenso strahlen wird.

Du bist nicht verloren, du stehst lediglich am Anfang deiner Reise

Auch wenn du dich gerade etwas verloren fühlst, du bist es nicht. Vielleicht weißt du noch nicht genau, wohin du gehen sollst, was deine Bestimmung im Leben ist. Vielleicht hasst du deinen Job. Vielleicht gehst du immer noch zur Schule oder hast gerade zum dritten Mal an der Uni deine Studienfächer gewechselt. Vielleicht herrscht in deinem Kopf so viel Durcheinander, dass du wegen all dem Lärm nicht hören kannst, was du wirklich willst. Oder vielleicht hast du schon eine genaue Vorstellung von dem, was du willst, weißt aber nicht, wie du es umsetzen sollst. Oder du hast Angst davor, was die Menschen in deinem Umfeld davon halten könnten. Weißt du was? Du wirst es herausfinden. Du bist noch nicht tot. Du lebst. Du atmest. Du lächelst. Du wirst deinen Weg finden. Du wirst dich finden. Wie oft habe ich den letzten Satz schon gehört: Du wirst dich finden. Ich habe ihn gerade selbst unbewusst verwendet. Doch dieser Satz funktioniert so nicht, weil er falsch ist. Ich hätte ihn einfach löschen können, aber ich möchte ihn stehen lassen, um gemeinsam mit dir für einen kurzen Moment darüber nachzudenken.

Es ist doch so: Du kannst dich nicht wie einen vergessenen Zehn-Euro-Schein in einer alten Winterjacke wiederfinden. Du bist nämlich nie verloren gegangen, selbst wenn es sich manchmalgenau so anfühlt. Dein wahres Selbst ist genau da, wo es jetzt sein soll. Es wurde nur unter einem riesigen Berg von äußeren Einflüssen begraben: unter all den Erwartungen an dich, deiner kulturellen Prägung, der Meinung anderer Menschen, die dir wichtiger ist als deine eigene, unter den ungenauen und teilweise falschen Schlüssen, die du als Kind gezogen hast und die zu jenem Selbstbild geführt haben, das du heute von dir hast. »Finde dich selbst«, bedeutet in Wahrheit: »Kehre zu dir zurück.« Es lohnt sich sehr, über diesen feinen Unterschied nachzudenken. Schaffe Raum für Neues und glaube nicht alles, was deine innere Stimme zu dir sagt. Setz dich in einen großen Bagger und schaufle all die giftigen Lügen aus deinem Kopf, damit sie dort nicht länger ihr Unwesen treiben. Und dann, wenn du wieder frei durchatmen kannst, erinnere dich an den Menschen, der du einmal warst, bevor die Welt Hand an dich gelegt hat.

Wann immer ich zweifle oder kurzfristig den Zugang zu mir verloren habe, hebe ich meinen Kopf und blicke in den Himmel. Auch wenn die Sonne an schlechten Tagen von dunklen Wolken verdeckt wird, weiß ich sicher, dass sie da ist, weil sie immer da ist. So viel Hoffnung steckt in diesem Bild, zu wissen, dass die Sonne immer da ist, auch wenn sie manchmal nicht zu sehen ist. Genauso verhält es sich mit den Dingen, von denen du glaubst, dass sie in deinem Leben fehlen. Sie sind schon längst da.

»Ich bin von zwei widersprüchlichen Gefühlen ergriffen: Es gibt so viel Schönheit auf der Welt, dass es unglaublich ist, dass wir auch nur für einen Moment unglücklich sind. Es gibt so viel Scheiße auf der Welt, dass es unglaublich ist, dass wir auch nur für einen Moment glücklich sind.«

ZADIE SMITH

Das Leben ist voller Gegensätze und Widersprüche. Und genau diese Tatsache macht das Leben, deine Zukunft, dieses Buch ja so spannend. Es handelt von Nichttun und Vollgasgeben, von entspannter Meditation und anstrengender Arbeit. Beide Seiten stimmen, beide haben ihre Berechtigung, und beide sollten ihren Platz auch in deinem Leben haben. Das Geheimnis für ein erfolgreiches Leben besteht darin, herauszufinden, wann der richtige Zeitpunkt zum Ausruhen und wann der richtige Zeitpunkt zum Handeln ist. Wenn ich morgens meine Augen öffne und feststelle, dass ich noch am Leben bin, erfüllt mich das mit Dankbarkeit. Dann schließe ich sie wieder, atme tief durch die Nase ein, warte einen kurzen Moment und atme durch den Mund wieder aus. Das mache ich sieben Mal (dazu kommen wir später noch), öffne meine Augen und stehe auf. Mit diesem kleinen Achtsamkeitsritual habe ich, noch bevor ich aufgestanden bin, bereits den ersten kleinen Sieg des Tages eingefahren. Mein Geist ist wach, und meine Zellen haben ihre erste Minidosis an Dopamin erhalten – Frühstück mit Glückshormonen. So starte ich als Champion in den Tag … jeden Tag.

Ich weiß genau, was dieses Leben ist: eine einmalige Chance. Jeder Tag ist ein Geschenk, ein Wunder. Wir leben nur einmal, aber die meisten Menschen verhalten sich nicht so. Sie schlafwandeln durch den Tag, als wäre dieser irre Zufall – am Leben zu sein – das Normalste der Welt. Demut und Dankbarkeit sind die beiden großen Konstanten in meinem Leben. Ich habe einen engen Bezug zu meinen Gefühlen. Ich liebe sie. Ernsthaft, ich liebe sie. Ich liebe mein Ego auf der einen Seite, und ich liebe meine Bescheidenheit auf der anderen Seite. Ich glaube, dass ich der Größte bin, glaube gleichzeitig aber auch, dass es kaum jemand bemerken würde, wenn ich morgen spurlos von der Bildfläche verschwinden würde. Diese Art zu denken ist entscheidend. Die Polaritäten des Lebens. Das Yin und das Yang. Greife nach den Sternen, aber lass dabei die Kirche im Dorf. Ich tue alles dafür, um eine Legende zu werden, wohlwissend, dass es bedeutungslos ist, eine zu sein. Es ist auch zweitrangig, ob ich dieses Vorhaben erreiche, es kommt einzig und allein darauf an, die Tage, an denen ich es versuche, voll und ganz zu genießen. Der Weg ist entscheidend, nicht das Ziel.

Lass uns herausfinden, was dich antreibt, was dich morgens aufstehen lässt. Die gute Nachricht lautet: Es gibt weder Richtig noch Falsch. Du musst nicht so werden wie ich oder sonst jemand auf der Welt. Wie langweilig wäre das bitte? Lebe dein Leben nach deinen Werten, nicht nach meinen. Kehre zu der Harmonie zurück, die gut für dich und dein Seelenwohl ist. Wenn du keine Lust hast, siebzig Stunden in der Woche für deinen Traum zu arbeiten, dann mach es nicht. Keine Rechtfertigungen. Niemals! Und wenn du glücklich mit deiner aktuellen Situation bist, dann reiche ich dir die Hand und rufe lautstark und voller Bewunderung, sodass es jeder deutlich hören kann: »Bravissimo und herzlichen Glückwunsch, ändere auf gar keinen Fall auch nur irgendwas!«

Falls du aber keiner dieser erleuchtenden Superhelden bist, möchte ich dir Mut zusprechen. Du musst nämlich nicht perfekt sein, um andere Menschen zu inspirieren. Ganz im Gegenteil: Inspiriere sie, indem du ihnen erzählst, wie du mit deinen eigenen Fehlern, Makeln und Schwächen umgehst. Während du offen über deine Ängste, deine Zweifel und Nöte sprichst und andere dazu ermutigst, es dir gleichzutun, startest du den Prozess deiner inneren Heilung. Du reparierst dich selbst. Ja, es funktioniert. Und weißt du was? Es ist okay. Du bist okay. It’s all good.

Im Leben kann so schnell so viel passieren, wenn du deinen Fokus auf die richtigen Dinge lenkst und nach einem System vorgehst, das echte Resultate verspricht. Ich kann mich selbst noch gut an jene Tage erinnern (ich werde dir gleich von ihnen erzählen), an denen ich für all das gebetet habe, was heute Teil meines Lebens ist. Früher war ich schüchtern, voller Ängste und Unsicherheiten, habe mich selbst kleingemacht, mir vieles nicht zugetraut und es auf die Zukunft verschoben. Oft dachte ich: »Oh, Gott, niemals könnte ich diese Traumfrau ansprechen oder einen eigenen Bestseller schreiben oder Gast in einer Talkshow sein oder auf einer Bühne stehen und vor Hunderten von Menschen sprechen und dafür sogar noch Applaus entgegennehmen.« Nicht einmal in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir vorstellen können, dass Dinge, die einmal zu den schmerzhaftesten Erfahrungen meines Lebens gehörten, mir heute am meisten Freude und Zufriedenheit bringen. Früher hatte ich Angst vor dem Leben, heute liebe ich jede einzelne Minute. Früher fand ich Ablehnung ganz furchtbar, heute spornt sie mich an. Du hast ja keine Vorstellung davon, was alles möglich ist, wenn man hinter dem Schmerz der Vergangenheit plötzlich einen Sinn erkennt.

»In einem Jahr wirst du dir wünschen, heute angefangen zu haben.«

KAREN LAMB

Wenn du in einem Jahr an diesen Augenblick zurückblickst, wirst du hoffentlich ähnlich denken. Alles ist nur eine Momentaufnahme: Gefühle, Gedanken, Beziehungen, Begegnungen. Schon der nächste Augenblick kann dein ganzes Leben verändern. Dieses Gefühl der nie enden wollenden Hoffnung lässt mich durchhalten und stets an ein gutes Ende glauben. Ja, ich glaube an das, was ich schreibe, bin mir aber voll und ganz bewusst, dass das Gegenteil meiner Worte ebenso wahr sein kann.

Ich werde dir in diesem Buch erzählen, dass Erfolg in Form von Geld, Status und Anerkennung keine übergeordnete Rolle in deinem Leben spielen sollte, und werde dir wenig später prominente Beispiele nennen, die ebendiesen Erfolg erreicht haben, und was du von ihnen lernen kannst. Ich werde dir sagen, dass du jeden Tag in tiefer Dankbarkeit für deinen Traum kämpfen sollst, aber dass du diesen Kampf nicht unbedingt gewinnen musst. Das Leben ist wahnsinnig kompliziert und unfassbar einfach zugleich. Oscar Wilde bringt es noch präziser auf den Punkt: »Das Leben ist nicht kompliziert. Wir sind es. Das Leben ist einfach, und das Einfache ist stets das Richtige.«

Wir machen uns das Leben oft selbst schwer, stehen unseren eigenen Plänen im Weg, wollen zu viel und träumen zu wenig. Lass uns das ändern. Lass uns wieder träumen. Lass uns große Ziele anvisieren, ohne dass wir sie erreichen müssen. Lass uns in der Sonne liegen und all die schönen Dinge aufzählen, die wir sehen. Lass uns ganz im Sinne von Oscar Wilde das Richtige tun. Ich kann dir nicht versprechen, dass sich auf dieser Reise all deine Probleme lösen werden, aber ich kann dir felsenfest versprechen, dass du dabei nicht allein sein wirst. Lass uns ehrlich miteinander sein. Lass uns neue Routinen etablieren. Lass uns zusammen meditieren und kleine Challenges angehen. Lass uns das Leben zelebrieren und uns gegenseitig von unseren großen und kleinen Abenteuern erzählen. Ich fange auch gerne damit an.

Unmöglich?

Vorher möchte ich aber gerne noch ein Wort aus unserem Wortschatz streichen: unmöglich! Mir ist das wichtig, weil dieses Wort keinen Raum für Magie, Fantasie, Überraschungen und Kreativität zulässt. Was ist schon unmöglich? Ich habe drei Fragen an dich:

Glaubst du, dass man es schaffen kann, in nur vierzehn Tagen einen Roman zu schreiben, der alle Rekorde brechen und zu den meistgelesenen Büchern aller Zeiten gehören wird? Glaubst du, dass es möglich ist, in nur einem Monat ein musikalisches Meisterwerk zu produzieren, das das meistverkaufte Album aller Zeiten wird? Glaubst du, dass es möglich ist, mit nur fünf Worten eine Geschichte zu erzählen, die die ganze Welt zu Tränen rühren wird?

Auf den ersten Blick ziemlich unmöglich, oder? Und doch ist alles genau so passiert. Paulo Coelho hat seinen Roman Der Alchimist, das zu den meistgelesenen Büchern aller Zeiten gehört, in nur zwei Wochen geschrieben. Quincy Jones hat das legendäre »Thriller«-Album von Michael Jackson in nur vier Wochen produziert, und Ernest Hemingway hat tatsächlich darauf gewettet, mit nur fünf Worten eine Geschichte erzählen zu können, die die ganze Welt zu Tränen rühren würde. Niemand traute es ihm zu, also nahm der berühmteste Schriftsteller seiner Zeit einen Stift in die Hand und schrieb auf ein Blatt Papier: »Zu verkaufen: Babyschuhe. Nie getragen.«

Eins zu vierhundert Billiarden

Das Baby in Hemingways kleiner Fantasiegeschichte hat den Sprung in diese Welt nicht geschafft, du hingegen schon. Du bist hier. Du hältst dieses Buch in den Händen. Du pumpst Sauerstoff durch deine Lunge. Weißt du eigentlich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, als Mensch geboren zu werden?Die Zahl ist so gigantisch groß, dass man sie sich nicht einmal vorstellen kann: eins zu vierhundert Billiarden. Im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch gibt es dafür übrigens das Wort Quadrillion. Es macht wirklich Spaß, darüber nachzudenken: Die Wahrscheinlichkeit geboren zu werden ist in etwa so hoch, als würden zwei Millionen Menschen an einem langen Tisch sitzen, gleichzeitig Würfel werfen, die nicht sechs, sondern eine Billion Seiten haben, und jeder der zwei Millionen Würfel würde dabei auf der gleichen Seite landen, zum Beispiel auf der Zahl 1 983 762.

Es ist wahrscheinlicher, dass du zwanzigmal nacheinander sechs Richtige im Lotto tippst, als das Licht der Welt zu erblicken. Deine Mutter hätte in dem einen entscheidenden Moment, neun Monate vor deiner Geburt, auch einfach nur kurz aus dem Bett aufstehen können, um sich noch ein Glas Wein zu holen. Hat sie aber nicht. Deswegen bist du jetzt hier. Wenn du also deine Perspektive auf deine aktuelle Situation wechselst, von der du glaubst, sie sei so wahnsinnig schlimm, bedenke bitte, dass du den größten Jackpot des Universums schon längst geknackt hast. Du hast etwas geschafft, was mathematisch tatsächlich so gut wie unmöglich ist. Dennoch bist du hier. Laut dem Duden ist ein Wunder ein »außergewöhnliches, den Naturgesetzen oder aller Erfahrung widersprechendes und deshalb der unmittelbaren Einwirkung einer göttlichen Macht oder übernatürlichen Kräften zugeschriebenes Geschehen oder Ereignis, das Staunen erregt«. Auch wenn du es abstreitest, aber per Definition bist du ein echtes Wunder. Du hast den schwierigsten Kampf deines Lebens bereits gewonnen. Du hast die härteste Prüfung mit Bravour bestanden. Du hast es auf die Erde geschafft, und du bist nicht als Schimmelpilz oder Eintagsfliege oder Darmbakterium hergekommen. Du wurdest als menschliches Wesen geboren und bist durch einen weiteren riesigen Zufall in einem der reichsten, sichersten und schönsten Länder dieser Erde aufgewacht. Dieses Geschenk des Universums ist so unbeschreiblich groß, dass noch kein Wort dafür erfunden wurde, um nur annähernd die Bedeutung widerzuspiegeln, die es verdient. Meine Frage an dich lautet nun: Was machst du ab sofort mit dieser Information?

Du bist ein Wunder!

Denk ruhig noch ein bisschen darüber nach. Ich nehme solange wieder die Vogelperspektive ein und betrachte uns von ganz weit oben: Wir fliegen auf einer Kugel aus Eisen, Sauerstoff, Silizium und Magnesium mit einer Geschwindigkeit von rund 107.000 Kilometern pro Stunde durch den Weltraum und sind mit unserer Erde in der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, nur ein winziges Objekt zwischen einhundert Milliarden Sternen. Unsere Spezies ist nur eine von mehr als einer halben Milliarde, die jemals existiert haben. Ich muss es noch einmal schreiben, weil mich diese Zahl wirklich beeindruckt: Die Chance, als Mensch geboren zu werden, liegt bei eins zu vierhundert Billiarden. Eine Billiarde sind übrigens eintausend Billionen. Anstatt also schlecht gelaunt in der S-Bahn zu sitzen, sollten wir uns jeden Tag freudestrahlend in den Armen liegen und ein großes Fest feiern. Genieße jede Sekunde dieses Lebens. Du wirst nämlich so schön, wie du jetzt bist, nie mehr wieder existieren. Wann immer du also etwas Motivation brauchst, um deinen hübschen Hintern vom Sofa zu schieben, lies dir diesen Abschnitt noch einmal durch und wirf endlich deinen Glücksmotor an.

Das kleine Glück

Vielleicht denkst du jetzt: Was bringt mir mein toller Erfolg aus der Vergangenheit, an den ich mich leider gar nicht mehr erinnern kann, so gigantisch er auch gewesen sein mag, wenn ich mich in der Gegenwart trotzdem nicht richtig glücklich fühle? Du weißt gar nicht, wie sehr ich deine Gedanken verstehe. Ich weiß, wie du dich fühlst. Voller Sehnsucht blicken wir auf diejenigen, die ihr Leben im Griff zu haben scheinen, deren Karriereplanung funktioniert, die verheiratet sind und eine glückliche Familie haben oder die im Rampenlicht stehen, die Großes vollbringen, die unsere Welt zu einem besseren Ort machen und für die das Licht stets etwas heller zu scheinen scheint – Beyoncé, Malala, der Dalai Lama und all die anderen inspirierenden Menschen, die in ihren Bereichen hervorstechen. Unser eigenes Leben und unsere eigenen Leistungen erscheinen im Vergleich so klein, so unwichtig, geradezu lächerlich. Wir träumen von diesem einen magischen Moment, der alles verändert, der uns ebenfalls eine bedeutungsvolle Zukunft verspricht, der uns nach ganz oben katapultiert an einen fast schon mystischen Ort, von dem wir glauben zu wissen, dass dort die große Erfüllung auf uns wartet. Doch wenn wir kurz darauf aus unserem Traum erwachen, warten lediglich die kleinen Aufgaben des Alltags: Miete zahlen, das Kind zur Kita bringen, Abendessen kochen. Weit davon entfernt, zu unserer wahren Größe emporzusteigen, über die man überall liest, scheinen wir doch bloß die Arschkarte gezogen zu haben und Gefangene des Gewöhnlichen zu sein, verdammt dazu, in einer langweiligen Welt der Bedeutungslosigkeit unterzugehen.

Mit dieser Art zu denken muss endlich Schluss sein! Wir müssen lernen, unsere Welt, aber vor allem uns selbst mit anderen Augen zu sehen. Es gibt so viele unterschiedliche Lebenswege, einige sind glorreich, golden und erhaben, andere erscheinen uns banal, grau und alltäglich. Es ist nicht unsere Aufgabe, den Wert unseres Weges zu beurteilen. Unsere Aufgabe ist es, unseren Weg mit Würde und Liebe im Herzen zu gehen. Feiere deine Helden, aber lass dich vom Rampenlicht, das sie umgibt und so schön erstrahlen lässt, nicht blenden. Wir müssen wieder lernen, dem kleinen Licht zu vertrauen, das uns den Weg leuchtet – unseren Weg. Wenn wir das schaffen, strahlt es automatisch auf all die Menschen um uns herum ab und macht auch ihren Weg ein bisschen heller. In diesen Momenten des Teilens liegt das kleine, vielleicht wahre Glück.

»Einige Geschichten haben keinen klaren Anfang,  keine Mitte und kein Ende. Im Leben geht es darum, nicht alles wissen zu müssen, sich ändern zu können, den Augenblick zu leben und das Beste daraus zu machen, ohne zu wissen, was als Nächstes passieren wird. Was für eine köstliche Ungewissheit.«

GILDA RADNER

Ich gehe den Weg der köstlichen Ungewissheit nun seit vielen Jahren und merke, wie gut das meiner Seele tut. Das war nicht immer so. Es gab eine Phase in meinem Leben, in der ich die Freude verloren hatte. Ich war müde vom Leben, müde vom Dasein, müde von meinen eigenen absurden Erwartungen, müde von meinen Beziehungen, die mich nirgendwohin führten, müde von meiner Traurigkeit. Ich war vollkommen im Zustand der Schwere gefangen und im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde. Falls du mein Buch Why not? gelesen hast, erinnerst du dich vielleicht, denn ich beschreibe diese Zeit darin. Ich lief damals in die verkehrte Richtung, hatte keine Verbindung zu meinem wahren Ich, versuchte, den falschen Menschen zu gefallen, und suchte Liebe, Zuspruch und Bestätigung an den falschen Orten. Ich glaubte, dass ich Erfolg im Außen brauchte, um wieder Glück im Inneren zu spüren, und war völlig auf dem Holzweg. Nicht umsonst heißt es, dass man auf der Suche nach dem Glück selten glücklich ist. Ich war derart unglücklich, dass ich in meiner Lebensversicherung den Namen des Begünstigten ändern ließ. Nur für den Fall der Fälle. Dann traf ich Paulo Coelho. Mein Mentor Rudolf Schenker, der Gründer und Gitarrist der Rockband The Scorpions, hatte dieses Treffen arrangiert. Es mag kitschig klingen, aber ich weiß nicht, wo ich heute stünde, hätte Rudolf mich damals nicht angerufen und überredet, ins Flugzeug zu steigen und nach Genf zu kommen, wo er mit seiner Band einen Auftritt hatte. Dass mein großes Idol auch dort sein würde, verschwieg er. Es sollte eine Überraschung werden. So befand ich mich kurz darauf mit Rudolf Schenker und Paulo Coelho in einem kleinen Backstageraum und philosophierte über das Leben. Im Vorwort, das Paulo Coelho für unser Buch Rock Your Life geschrieben hat, steht:

»Als ich fünfzehn Jahre alt war, sagte ich zu meiner Mutter: ›Ich habe meine Berufung gefunden. Ich möchte Schriftsteller werden.‹

›Mein Sohn‹, antwortete meine Mutter mit traurigem Blick, ›dein Vater ist Ingenieur. Er ist ein Mann der Logik, ein Mann der Vernunft, mit einem präzisen Blick für die Welt. Weißt du, was es bedeutet, ein Schriftsteller zu sein?‹

›Jemand, der Bücher schreibt‹, erwiderte ich.

›Dein Onkel Haroldo, der Arzt, schreibt auch Bücher. Und einige hat er sogar veröffentlicht. Studiere erst einmal Ingenieurwissenschaften. Dann wirst du die Möglichkeit haben, in deiner Freizeit zu schreiben.‹

›Nein, Mutter. Ich möchte nur Schriftsteller sein. Kein Ingenieur, der Bücher schreibt.‹

›Aber kennst du irgendeinen Schriftsteller? Hast du jemals einen Schriftsteller gesehen?‹

›Nein, nie. Nur auf Fotos.‹

›Und wie möchtest du ein Schriftsteller werden, wenn du nicht einmal genau weißt, was das ist?‹

Nun, ich habe an das Unmögliche geglaubt.«

Paulo Coelho lebte meinen Traum. Ich wollte auch an das Unmögliche glauben und ein Schriftsteller werden. Streng genommen war ich es schon, aber es fühlte sich eben nicht so an. Denn wenn ich ehrlich sein soll, wollte ich nicht nur ein Schriftsteller sein, ich wollte ein berühmter und erfolgreicher und anerkannter Schriftsteller sein. Das war mein Traum. Davon machte ich mein Glück abhängig. Wie gesagt, ich suchte die Anerkennung im Außen, im Applaus, an den falschen Orten – und da sie nicht kam wie erhofft, kamen die Dämonen.

Ein Grund, warum ich Paulo Coelho so verehre, liegt in seiner Fähigkeit, mit einfachen Geschichten die Herzen von Millionen Menschen auf der ganzen Welt zu erobern. Er schreibt, was so viele Menschen fühlen, wovon sie träumen und was sie sich für sich selbst wünschen. Und ich bin einer von ihnen. Ein weiterer Grund, der mich fast noch mehr beeindruckt, ist seine persönliche Lebensgeschichte, seine Willenskraft und sein Durchhaltevermögen. Talent ist das eine, aber niemals seinen Traum aufzugeben und auch in scheinbar aussichtslosen Situationen stets an sich zu glauben, ist etwas völlig anderes. Als sein Buch Der Alchimist vor über dreißig Jahren in seinem Heimatland veröffentlicht wurde, hat das niemanden interessiert. Ein Buchhändler aus dem Nordosten Brasiliens erzählte Paulo Coelho, dass er in der ersten Woche, in der sein Buch erschien, exakt ein Exemplar verkauft habe und dass es ein weiteres halbes Jahr gedauert habe, bis das zweite Exemplar über den Tresen ging – und zwar an die gleiche Person, die schon das erste Buch erworben hatte. Am Ende des Jahres war allen Beteiligten klar, dass das Buch ein kommerzieller Flop war. Der Verlag entschied sich sogar zu einer ungewöhnlich drastischen Maßnahme: Sie beendeten die Zusammenarbeit und kündigten den Buchvertrag auf. Paulo Coelho stand mit seiner Geschichte wieder auf der Straße. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits einundvierzig Jahre alt – und verzweifelt. »Aber ich habe nie den Glauben an das Buch verloren«, schreibt er im Vorwort der amerikanischen Jubiläumsausgabe. »Ich war auch nie unentschlossen, was meine Vision anging. Warum? Weil alles von mir in diesem Buch steckte, mein ganzes Herz, meine ganze Seele. Ich lebte meine eigene Metapher: Ein Mann bricht zu einem Abenteuer auf, von einem magischen Ort träumend, wo er einen unbekannten Schatz zu finden hofft. Und am Ende seiner Reise erkennt der Mann, dass er den Schatz, nach dem er so lange gesucht hatte, schon die ganze Zeit bei sich trug. Ich bin Santiago, der Hirtenjunge, der nach seinem Schatz sucht, genau wie du der Hirtenjunge bist, der nach seinem sucht.«

Paulo Coelho begann, sich nach einem neuen Verleger umzusehen, und klopfte an jede Tür, die er finden konnte. Nach unzähligen Absagen hörte er schließlich das eine Ja, auf das es ankommt, und war wieder im Spiel. Der Alchimist bekam seine zweite Chance. Langsam, aber stetig fand das Buch vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda seine Leserschaft – zuerst dreitausend, dann sechstausend, dann zehntausend. Eines Tages entdeckte ein Tourist das Buch und nahm es mit nach Amerika, um dort nach einem Verlag für die englischsprachige Ausgabe zu suchen. Das Buch erschien tatsächlich in den USA und verkaufte sich, wie schon in Brasilien, hauptsächlich über persönliche Empfehlungen. Dann wurde Bill Clinton, als er noch Präsident war, dabei fotografiert, wie er mit einer Ausgabe des Buches unter dem Arm aus dem Weißen Haus kam, und Madonna schwärmte in einem Interview mit der »Vanity Fair«über ihr neues Lieblingsbuch. Na ja, der Rest ist Geschichte. Der Alchimist zählt zu den zehn besten Büchern des 20. Jahrhunderts, erschien in über achtzig Sprachen und ist das am häufigsten übersetzte Buch eines noch lebenden Schriftstellers. Insgesamt hat dieser Mann, der im Alter von einundvierzig Jahren noch vor dem Nichts stand, bis heute mehr als 215 Millionen Bücher verkauft.

»Gib jetzt nicht auf«, sagte Paulo Coelho zu mir in jener Nacht in Genf. »Ich sage dir, alles wird gut, wenn du dich auf den Weg begibst, auf deinen Weg, und den Glauben nicht verlierst. Sende Liebe in die Welt, und diese positive Energie wird den Weg zu dir zurückfinden.«

Wenn Paulo Coelho mit dir redet, dann hörst du zu, und wenn er dir einen Ratschlag erteilt, dann hörst du noch genauer zu. Seine Worte haben Wirkung hinterlassen, aber nicht sofort. Es dauerte. Entscheidend war, dass der Keim an jenem Abend in Genf in mir gesät wurde. Ich musste nur noch darauf warten, bis diese Information nicht nur in meinem Herzen, sondern auch in meinem Gehirn ankommen würde. Dort wohnte nämlich immer noch diese verdammte Stimme, die mir permanent einzureden versuchte, dass ich es erst gar nicht versuchen sollte, dass ich es nie schaffen würde und dass Paulo mit seinem Erfolg einfach nur wahnsinniges Glück gehabt hat. Wie Pumuckl in seinen wildesten Tagen hüpfte die Stimme durch meinen Kopf, trieb ihren Schabernack und hinterließ ein riesengroßes Durcheinander. Der Brainfucker, so hatte ich diese Stimme getauft, machte seinem Namen alle Ehre, und er war derartig mächtig, dass sogar Paulo Coelho erst einmal nicht gegen ihn ankam.

Deine innere Stimme

Ich wünsche mir an dieser Stelle nur eines: Bitte glaube mir, wenn ich sage, dass diese Stimme, die auch zu dir spricht, eine Lügnerin ist. Als du ein Baby warst, gab es diese Stimme noch nicht. Sie wurde dir von deinem Umfeld, deinen Lehrern, deinen Eltern, deinen Freunden, in den Kopf gepflanzt, sodass du nun glaubst, dass das wirklich du bist, der dort spricht. Nein, bist du nicht. Das ist nicht deine Stimme. Du bist so viel besser, so viel klüger, so viel schöner und so unendlich viel stärker, als du glaubst. Und weißt du was? Jeder hat eine solche Stimme. Es scheint sogar so, als hätte sich die Natur hier einen Spaß mit uns Menschen erlaubt, um uns das Leben auf der Erde mit voller Absicht etwas unterhaltsamer zu machen.

Noch einmal, weil es so wichtig ist: Jeder Mensch hat diese innere Stimme. Auch die Besten der Besten. Warum haben denn so viele Spitzensportler ihren persönlichen Mentaltrainer? Weil selbst Weltmeister diese Stimme hören und Wege finden müssen, um sie auszuschalten.

»Wenn du in dir eine Stimme hörst, die sagt ›Du kannst nicht malen‹, dann musst du unter allen Umständen malen, und die Stimme wird verstummen.«

Vincent van Gogh hat das gesagt, einer der bedeutendsten Maler aller Zeiten. Seine ersten Ausstellungen in Antwerpen waren übrigens allesamt Flops. Er verkaufte kein einziges Bild. Seine innere Stimme sprach zu ihm: »Siehst du, ich sage es dir schon die ganze Zeit. Du bist ein Versager, niemand mag deine Bilder. Du kannst es einfach nicht. Du bist nicht mal ein richtiger Künstler.« Stell dir vor, Vincent van Gogh hätte auf diese innere Stimme gehört. Stell dir vor, Paulo Coelho hätte auf all die Stimmen gehört, die zu ihm sagten, er solle nicht an seinen Traum glauben und aufgeben.

In einer perfekten Welt würden wir bereits in der Schule lernen, wie wir mit dieser inneren Stimme umzugehen haben. Stell dir vor, ein Lehrer würde dir in aller Ruhe erklären, wo diese Stimme herkommt und dass du nicht diese Stimme bist, die pausenlos zu dir spricht und dir einzureden versucht, was du alles nicht kannst oder nicht bist. Stell dir vor, du hättest das Fach »Meine innere Stimme« von der ersten Klasse bis zum Ende deiner Schulzeit. Stell dir vor, du hättest im Alter von sechzehn Jahren bereits über zehn Jahre Training in dieser Königsdisziplin des Lebens.

Immerhin weißt du jetzt, was zu tun ist. Ich wusste es damals noch nicht, als ich aus Genf zurück nach Berlin flog.

Der verrückteste Sommer meines Lebens

Vor meiner Wohnungstür lag ein Päckchen. Ich stellte meine Einkaufstüten ab, hob es von der Fußmatte auf und nahm es mit hinein. Da ich keinen Absender darauf entdecken konnte, legte ich es achtlos neben den Kühlschrank auf einen Stapel alter Zeitschriften, die ich schon seit Langem entsorgen wollte, wozu ich aber nie die Muße fand. Ich stellte das kleine Küchenradio an, verstaute die Lebensmittel und ließ die Espressomühle ihren gewohnten Duft verströmen, der mir allerdings immer seltener ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Seit Genf waren drei Monate vergangen, und die Motivation, mein Leben umzukrempeln, die ich an jenem Novembertag in der Schweiz noch deutlich spürte, hatte sich mit der Rückkehr in mein gewohntes Umfeld schleichend, aber stetig in Luft aufgelöst. Ich kam mir wie ein Junkie vor, der einen kurzen Hoffnungsschimmer verspürt hatte, aber schon bei der nächstbesten Gelegenheit rückfällig geworden war. Oder wie ein Besucher eines dieser Motivationsseminare, auf denen man barfuß über heiße Kohlen laufen muss. Vor Ort ist man von der Gruppendynamik ergriffen und fühlt tatsächlich eine Veränderung, aber schon auf der Zugfahrt nach Hause schleichen sich die alten Gewohnheiten und Denkmuster wieder ein und verströmen ihr zermürbendes Gift.

Eckhart Tolle

Ich musste an ein Erlebnis aus dem Jahr 2007 denken. Während ich an dem Buch mit Rudolf Schenker schrieb, saß ich in einem kleinen Surferdorf in Südfrankreich und las zum ersten Mal Jetzt! Die Kraft der Gegenwart von Eckhart Tolle. Ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen, so sehr berührten mich seine Worte. Auch Eckhart Tolle hatte unter Angstzuständen und Phasen lebensmüder Depressionen gelitten. Auch in ihm war der Gedanke herangewachsen: »Ich kann mit mir selbst nicht weiterleben.« Was er über sein spirituelles Erwachen schrieb, hatte ich in dieser Klarheit noch nie gehört, und es erschuf in mir augenblicklich eine Form des inneren Friedens. Seine persönliche Geschichte war, wie schon bei Paulo Coelho, Balsam für meine Seele.

Anstatt an meinem Buch weiterzuarbeiten, suchte ich auf Eckhart Tolles Homepage nach einer Kontaktadresse und schrieb ihm einen Brief – keine E-Mail, sondern einen altmodischen, handgeschriebenen Brief. Ich hatte so etwas noch nie getan, aber in dem Augenblick fühlte es sich richtig an. Just do it! So lautete mein erster Gedanke, also tat ich es, bevor ich zu lange darüber nachdenken konnte und mir wieder tausend Gründe einfallen würden, warum das eine alberne Idee war. Fanpost nach Vancouver schicken? Wie alt bist du? Zwölf? Zum Glück schafften es Gedanken wie diese erst gar nicht in mein Bewusstsein. Ich schickte den Brief auf seine Reise ins entfernte Kanada und machte mich wieder an die Arbeit. Da Rudolf ebenfalls ein großer Fan von Eckhart Tolle war, erwähnte ich zwei seiner Bücher, Jetzt! Die Kraft der Gegenwart und Eine neue Erde als Literaturempfehlung am Ende unseres Buches und dachte nicht weiter darüber nach. Bis ich eine Mail von Joachim Kamphausen bekam, einem deutschen Verleger von Eckhart Tolle, der unsere versteckte Hommage gelesen hatte. Er plante in Hannover eine Veranstaltung mit ihm und lud uns dazu ein. Rudolf und ich waren ganz aus dem Häuschen und freuten uns wie kleine Kinder auf Weihnachten. Der Titel des Vortrags hieß »Leben im Jetzt, aber wie?«, und der Kuppelsaal war mit viertausend Besuchern restlos ausverkauft.

»Es ist nichts falsch daran, sich Ziele zu setzen und Dinge erreichen zu wollen. Falsch ist es, wenn du daraus einen Ersatz machst für das Fühlen des Lebens, des Seins, denn zu dem findest du nur über das Jetzt Zugang.«

ECKHART TOLLE

Als der Auftritt vorbei war, wurden Rudolf und ich hinter die Bühne geführt, wo Eckhart Tolle schon auf uns wartete. Mir wurde augenblicklich warm ums Herz, und Rudolf ging es ebenso. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren, umarmten wir uns zur Begrüßung. Dann sagte Eckhart Tolle: »Du bist also Lars. Ich habe deinen Brief erhalten. Vielen Dank. Euer Buch habe ich auch gelesen. Es hat mir gut gefallen. Wann immer ihr in Vancouver seid, ihr seid herzlich eingeladen.« Wow! Ich war sprachlos. Vielleicht hatte ich sogar eine kleine Träne im Auge. Während des Abendessens saßen wir an einem runden Tisch, sodass bei der Unterhaltung jeder jeden sehen konnte. Eckhart saß zwei Stühle neben mir. Ich fragte ihn, wie er sich seinen großen Erfolg erklärte, und interessanterweise ähnelte seine Antwort der Paulo Coelhos: »Mund-zu-Mund-Propaganda.« Nach einer kleinen Pause lächelte er verschmitzt und fügte hinzu: »Und natürlich hat es geholfen, dass Oprah Winfrey mich entdeckt und in ihre Show eingeladen hat.«

»Kennst du das Foto von Jay-Z, wo er neben Oprah steht und dein Buch in den Händen hält?«, fragte ich und konnte es immer noch nicht glauben, dass ich mit Eckhart Tolle beim Abendessen saß.

»Nein, kenne ich nicht«, sagte er.

Ich holte mein Smartphone aus der Hosentasche und zeigte ihm das Foto. Er nickte und lächelte.

»Bestimmt hat Oprah es ihm geschenkt. Das macht sie gerne. I love her.«

Nach dem Essen bestellten wir noch Espresso, machten Erinnerungsfotos, und Rudolf und ich fuhren glücklich beseelt nach Hause. Zum Glück hatte ich damals in Südfrankreich nicht lange nachgedacht, sondern sofort gehandelt. Was ein einziger Brief alles bewirken kann! Zeig der Welt, dass es dich gibt, und warte ab, welche Überraschung sie für dich bereithält. Das habe ich an jenem Abend gelernt. Die wahre Herausforderung besteht jedoch nicht darin, diese besonderen Abende des Lebens zu genießen, sondern diese Energie zu speichern und mit in den nächsten Tag zu nehmen. Es ist doch so: Wir gehen auf Seminare, Workshops und Konzerte, besuchen Lesungen und sind unter Menschen, die die gleichen Träume haben wie wir. Wir fühlen uns beschwingt, bestärkt und hochmotiviert, aber schon am nächsten Tag kommt der Reality Check, und das ganze Theater, das wir doch so gerne hinter uns lassen möchten, fängt von vorne an.

Bei mir war jedenfalls alles wie immer: Ich stand morgens auf, sah zu, dass ich irgendwie den Tag durchbrachte, und dämmerte irgendwann nach Mitternacht vor laufendem Fernseher wieder ein. Ich wusste, dass ich gerade die beste Zeit meines Lebens verschlief, und doch fühlte ich mich immer noch nicht in der Lage, etwas dagegen zu tun. Es klingt verrückt und unlogisch, ich weiß, und dennoch schaffte ich es nicht, mein Leben zu ändern.

Die helle Morgensonne schimmerte golden auf der weißen Eisschicht des Spreekanals, die peu à peu vom nahenden Frühling aufgefressen wurde. Bald schon würden die Enten wieder auf dem Fluss landen, dachte ich und fühlte eine leichte Wärme in mir aufsteigen. Vielleicht lag es auch nur daran, dass ich direkt an der Heizung stand. Mein Handy vibrierte lautlos in meiner Hosentasche. Ohne meinen Blick vom Fenster abzuwenden, hielt ich es an mein Ohr.

»Hallo?«

»Hier ist die alte Socke.«

»Rudolf, alter Rockstar. Schön dich zu hören.«

»Yo, was gibt’s heute Gutes?«

»Ich beobachte, wie unten im Fluss das Eis schmilzt. Ist ziemlich gut.«

»Ja, kann man machen.«

»Ja, kann man machen.«

»Und sonst?«

»Außer dem Beobachten?«

»Ja.«

»Nichts.«

»Reicht ja auch.«

»Ja, manchmal. Und du?«

»Wir sind gerade in Paris gelandet. Morgen geht’s weiter nach Chile und Argentinien, von dort fliegen wir nach Indien und dann in den Himalaja. Die volle Ladung Rock Your Life. Ich muss schon wieder los. Wollte mich nur schnell melden. Also Junge, bleib am Ball!«

»Mach ich, Rudolf. Mach ich.«

Ohne mich zu rühren, blieb ich noch eine Weile am Fenster stehen, hoffend, eine Ente würde sich vielleicht doch trauen, eine Landung auf dem glatten Eis durchzuführen, was sicher lustig ausgesehen hätte, aber zum Glück für die Ente nicht geschah. »Geld war für mich immer nur der Treibstoff, um von A nach B zu kommen«, erinnerte ich mich an einen Satz von Rudolf und wünschte mir in dem Moment, ebenso locker darüber denken zu können.

Plötzlich kam mir das Päckchen wieder in den Sinn. Ich zog es unter dem Zeitungsstapel hervor, der mittlerweile weiter gewachsen war, und setzte mich damit an den Küchentisch. Als ich den Inhalt in den Händen hielt, staunte ich nicht schlecht. Es war Aleph, der neue Roman von Paulo Coelho. Kein Absender, kein Grußwort, keine Karte, nichts – nur das Buch. Ich schüttelte sicherheitshalber noch einmal das Päckchen und schaute prüfend hinein, doch dort gab es nichts weiter zu entdecken. Ob Paulo es mir geschickt hatte? Für eine Millisekunde überlegte ich, Rudolf anzurufen, fand die Ungewissheit dann aber doch spannender. Wahllos blätterte ich in dem Buch umher, bis ich auf Seite 23 stehenblieb und die erste Stelle laut vorlas, auf die mein Auge traf: »Eigentlich sollte ich glücklich sein: Ich bin erfolgreich in einem sehr unsicheren Beruf, in dem ein hoher Konkurrenzdruck herrscht; bin seit siebenundzwanzig Jahren mit der Frau, die ich liebe, verheiratet; erfreue mich bester Gesundheit; bin von Menschen umgeben, denen ich vertrauen kann, und werde von meinen Lesern freudig begrüßt, wenn ich ihnen auf der Straße begegne. Es gab Zeiten, in denen mir das genügte, aber in den letzten zwei Jahren genügte es mir immer weniger. Ob das nur eine vorübergehende Krise ist?«

Verwirrt klappte ich das Buch zu. Was hatte das zu bedeuten? Hatte es überhaupt etwas zu bedeuten? Meine Blicke wanderten ziellos umher, bis sie auf der Innenseite des Umschlages landeten: »Ich habe mich auf diese Reise begeben, nicht um herauszufinden, was in meinem Leben fehlt, sondern, weil ich wieder König in meinem eigenen Reich sein und mich und die Welt um mich herum neu spüren wollte.«

Paulo Coelho hat seine persönliche Krise also überwunden, indem er wochenlang mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland reiste, dachte ich weiter darüber nach und versuchte, dieses Bild irgendwie auf mich zu übertragen. Ob ich auch verreisen sollte? Und wenn ja, wohin? Mit welchem Ziel? Ich wusste es nicht. Ich wollte auch gar nicht. Auf der anderen Seite waren gerade alle unterwegs: Rudolf, Paulo, die Enten – nur ich nicht. Aufgeregt lief ich umher und suchte nach Antworten, die nirgendwo zu finden waren. Ich schlief vor dem Fernseher ein und wachte erst am nächsten Morgen wieder auf. Draußen war es noch dunkel. Ich sprang auf, schaltete den Fernseher auf lautlos und ging in die Küche, um die Espressomaschine anzustellen. Sie war noch auf Temperatur, da ich vergessen hatte, sie am Abend vorher auszustellen. Ich sprang unter die Dusche und war zehn Minuten später hellwach.

Der Fremde auf Facebook

Der erste Espresso nach dem Aufstehen ist entscheidend. Sein Geschmack gibt den Ton des ganzen Tages vor. Ich gab mir an diesem Morgen besonders viel Mühe beim Mahlen der Bohnen, presste mir einen frischen Orangensaft, stellte das Radio an und summte den Refrain eines Achzigerjahre-Klassikers mit. Ich hatte gute Laune.