Jakob Wolff - Raubkunstjäger - Tanja Kummer - E-Book

Jakob Wolff - Raubkunstjäger E-Book

Tanja Kummer

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Beschreibung

Wir schreiben das Jahr 1945. Jakob Wolff sucht einen Weg von Amerika nach München, um sein Exemplar des Hexenhammers wieder an sich zu bringen. Dazu meldet er sich freiwillig als Feldsanitäter und kommt an die vorderste Front. Um sich direkt nach Kriegsende unauffälliger im deutschen Besatzungsgebiet bewegen zu können, wechselt er zu einer Einheit, deren Aufgabe es ist, Raubkunst aufzuspüren. Dabei macht Jakob eine geradezu magische Entdeckung.

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Wie alles begann …
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Hexenmeister

Jakob Wolff

-1945-

Raubkunstjäger

Tanja Kummer

Raubkunstjäger

ISBN 978-3-945230-51-0

Cover: Marc Hamacher

Satz und Layout: Tanja Hamacher

Lektorat: Tanja & Marc Hamacher

© 2020, Leseratten Verlag, Allmersbach im Tal

www. leserattenverlag.de

Wie alles begann …

Jakob Wolff (*1466), Sohn von Hexenmeister Markus Wolff, wächst in Speyer auf und hofft, die Apotheke seines Vaters eines Tages zu übernehmen. Genau wie bei seinem Vater ist es sein magisches Erbe als Hexer, den Zustand eines Menschen (körperlich & geistig) durch Berührung zu fühlen. Als sein Vater 1486 von den Mitgliedern seines Hexenzirkels ermordet wird, betrügen sie Jakob auch um sein Erbe. Mit nur wenig Hab und Gut verlässt er Speyer. Darunter ein handschriftliches Exemplar des Hexenhammers von Heinrich Kramer, welcher die Hexenverfolgung legitimiert. Man soll seine Feinde so gut kennen, wie sich selbst, um sich bestmöglich gegen sie verteidigen zu können, so der Leitspruch von Jakobs Vater. Darum verstecke Markus all sein Wissen auf den leeren Rückseiten des präparierten Papiers, sodass dieses nur von Hexen und Hexern gelesen werden konnten.

Während seiner Wanderschaft kommt Jakob nach Harzenberg. Dort hält der Dorfverwalter ein Mädchen im Keller gefangen, das eine Hexe sein soll: Lieselotte Wagner. Tatsächlich entpuppt sich die junge Frau als eine seiner Art und Jakob schmiedet einen Plan, um sie vor dem Vorwurf zu entlasten. Nachdem ihm das gelungen ist, ziehen beide weiter und lassen sich in Greiz nieder. Dort leben sie als angebliche Geschwister und sie steigen in der Gesellschaft auf. Um seine aufkommenden Gefühle für Lilo zu unterdrücken, stürzt Jakob sich in eine Ehe mit einer gönnerhaften Witwe. Ihrem Sohn Karl missfällt das, vermutet er in Jakob doch einen Erbschleicher. Darum beginnt er Lilos Ruf zu schädigen. Jakob versucht die Situation zu retten und es kommt ungeplant zu einer Liebesnacht zwischen Jakob und Lilo. Dabei werden sie entdeckt und Jakob verhaftet. Nach Verhör und Folter wird Jakob wegen Ehebruch und wegen Hexerei angeklagt und zum Tode verurteilt.

Lilo sucht in ihrer Verzweiflung nach einem Zauberspruch, mit dem sie Jakob retten kann. Sie mischt einen Trank und verflucht damit Karl, damit dieser an Jakobs statt bei der Hinrichtung stirbt. Danach fliehen Lilo und Jakob in den Norden und beginnen ein neues Leben.

Knapp ein Jahr später tauchen plötzlich Jakobs Wunden von der Folterung wieder auf. Jakob erfährt nun von Lilo, dass ihr bei der Ausführung des Zaubers einige Fehler unterlaufen sind. Diese zwingen Jakob dazu, dem Teufel jedes Jahr ein neues Opfer zu bringen, um weiterleben zu können. Seitdem suchen er und Lilo eine Möglichkeit den Fluch zu brechen … oder aber nach einem Opfer.

1.

Februar 1945

Irgendwo an der französisch-deutschen Front

Es ist nicht mein erster Weltkrieg, aber er könnte verdammt nochmal mein letzter sein!, dachte Jakob verzweifelt und lauschte dem Klang des Gewehrfeuers um ihn herum. Es gab keine erkennbare Feuerpause. Der Beschuss war anhaltend. Endlos. Tödlich.

Er und zehn andere Soldaten waren während der Kampfhandlungen mit der deutschen Wehrmacht von ihrer Einheit getrennt worden. Sie hatten versucht, zum Basislager zurückzukehren. Doch die Lage war mehr als unübersichtlich gewesen. Obwohl die Deutschen auf der Flucht waren, kämpften sie scheinbar unwillkürlich und hartnäckig um Stellungen. Immer wieder war ihre Gruppe in kleinere Gefechte verwickelt worden. Wenn sie konnten, hatten sie gekämpft. Wenn der Feind in der Überzahl war, dann waren sie geflohen. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie drei Männer verloren. Darüber hinaus war ihr Sergeant angeschossen worden. Obwohl Jakob als Feldsanitäter getan hatte, was er hatte tun können, war der Mann unter seinen Händen verblutet. Zudem hatte er den Inhalt seiner Sanitätertasche dabei so gut wie aufgebraucht. Mehr als ein paar Pflaster waren nicht mehr drin. Notgedrungen hatten sie die Gefallenen zurückgelassen und den Rückzug angetreten. Dabei verschossen sie alles, was ihnen an Munition geblieben war.

Seit zwei Tagen versteckten sie sich nun in einer ausgebombten und verlassenen Ortschaft. Sie lebten von dem Wenigen, was die Menschen hier zurückgelassen hatten und das nicht vernichtet oder verdorben war.

Vor einer Stunde etwa hatte der Späher vorrückende Soldaten gemeldet. Und obwohl Jakob es für unmöglich gehalten hatte, waren sie doch von den Deutschen entdeckt worden. Seitdem beschoss die Wehrmacht ihren kleinen Trupp, rückte aber nicht weiter vor. Offenbar wussten sie nicht, wie viele Soldaten der Alliierten hier wirklich lauerten. Anderseits würde es den Deutschen schon sehr bald komisch vorkommen, dass sie nicht zurückschossen. Vielleicht waren sie aber auch inzwischen paranoid geworden und vermuteten hinter dem passiven Verhalten eine Falle der Amerikaner. So oder so – ihre Zeit lief ab.

Der Schutthaufen eines eingestürzten Hauses diente ihnen als Feuerschutz. Rücklings oder bäuchlings lagen sie auf dessen Steigung. Der Beschuss ließ einen Teil des Putzes von der Hauswand hinter Jakob abspringen. Nun sah er zu seinem Vorgesetzten hinüber. Der Mann war jung, kaum zwanzig. Er nickte einem anderen Soldaten zu, der ein weißes, fast sauberes Halstuch, an den Lauf seines Gewehres gebunden hatte.

»Tut es nicht«, flehte Jakob eindringlich. »Sie werden uns nicht am Leben lassen.«

Der Junge nickte, zog seine Handschuhe aus, blies sich in die kalten Hände und rieb sie, wohl damit das Taubheitsgefühl verschwand.

»Ich habe keine Wahl«, sagte der Soldat mit starkem Südstaaten-Akzent. Der Mann stand so unter Stress, dass Jakobs Argumente nicht bis in sein Gehirn vordrangen. Jede Debatte war sinnlos. Doch dass sein Entschluss zum Tod ihrer gesamten Gruppe führte, schien dem Mann nicht klar zu sein. Offenbar klammerte er sich an die Hoffnung, dass die Deutschen sie als Kriegsgefangene mitnahmen. Allemal besser, als hier zu erfrieren oder zu verhungern. Doch die Wehrmacht befand sich auf dem Rückzug. Und an ihrer Stelle würde sich Jakob da nicht mit ein paar Kriegsgefangenen belasten. Jakobs Vorgesetzter aber verweigerte sich dieser Überlegung. Und er fand das geradezu lächerlich – denn jeder wusste von den Gräueltaten, welche die Deutschen begangen. Eine Kugel in den Hinterkopf – genau das erwartete sie. Was allerdings ein ziemlich gnädiger Tod wäre.

Jakob bekam bei diesen Gedanken eine Gänsehaut. Was nur hatte er sich dabei gedacht, sich freiwillig für den Kriegsdienst zu melden? Warum hatte er ausgerechnet jetzt in sein Geburtsland zurückkehren wollen? Ins Deutsche Reich. Zu den Nazis.

Er seufzte und dachte an die fein geschwungene Handschrift des Briefes, der ihn viel zu spät erreicht hatte. Mit Sicherheit hatte sie ihn schon eher aufgeben wollen; dem Datum nach hatte er über ein halbes Jahr gebraucht, um zu ihm zu gelangen. Jakob konnte nur mutmaßen, dass es ihr nicht möglich gewesen war, den Brief zuvor auf verlässlichem Wege zu verschicken.

»Sie werden kommen und uns abholen.« Diese Zeile hatte sich voller Sorge und Angst um sie in seine Seele gebrannt. »Nach den Zigeunern und den Juden sind jetzt wir dran! Und es gibt keinen Weg mehr hinaus. Ich hätte auf Dich hören sollen.«

Ja, verdammt! Genau das hättest du tun sollen, dachte Jakob zu gleichen Teilen besorgt wie wütend.

»In dem Buch, das Du mir geliehen hast, habe ich all die Zeit sehr gerne gelesen. Bis zuletzt war es mir eine anregende Lektüre. Jetzt werde ich es in München zurücklassen müssen, genau wie mein bisheriges Leben.«

Sie sprach vom Hexenhammer. Jene Abschrift, die einst sein Vater vom Original hatte anfertigen lassen. Und in dem zuerst sein Vater Markus und dann er selbst all sein Wissen als Hexenmeister versteckt hatte. Unsichtbar für einen normalen Menschen. Nur lesbar für jene, die eine Gabe besaßen. Ein magisches Talent. Ihr Erbe als Hexen und Hexer.

All die Jahrhunderte über war das Buch mehr oder weniger in seinem Besitz gewesen. Hin und wieder hatte Jakob das Buch zu belastend gefunden und es an einem sicheren Ort oder in einem Versteck zurückgelassen. Diesmal aber bestand tatsächlich die Möglichkeit, dass der Krieg es verschlungen haben könnte. So wie die Bomben unzählige Leben beendet und Städte bis auf die Grundmauern zerstört hatten. Die Brutalität des Zweiten Weltkriegs hatte eine Stufe nie geahnter Gewalttätigkeiten erklommen. Und das nur gemessen an dem, was er bis jetzt gehört hatte. Er ahnte allerdings, dass die Dinge viel schlimmer standen.

Natürlich hätte Jakob auf das Ende des Krieges warten können – wann immer das war. Womöglich wäre es dann sicherer und einfach gewesen, nach München zu kommen, um den Hexenhammer zu holen.

Nichts ist sicher oder einfach in dieser Welt, dachte er pessimistisch.

Nein. Er hatte nicht warten können. Dieses Buch war ihm so wichtig wie sein eigenes Leben. Es mochte sein, dass er es gelegentlich weggab. Doch er war immer zum Hexenhammer zurückgekehrt. Immer. Und er hatte es immer vor der Vernichtung oder einem Missbrauch seines Inhaltes beschützt – zumindest so gut wie es in seiner Macht gestanden hatte. Doch dieses Buch, in den falschen Händen, würde diese Welt … ja was eigentlich? Brennen lassen? Das tat die Welt schon. Lichterloh. War der Hexenhammer also womöglich bereits in den falschen Händen? Wenn ja, dann wäre es seine Aufgabe, sich darum zu kümmern.

Deshalb hatte er kommen müssen. Unverzüglich. Er musste wissen, was aus dem Hexenhammer geworden war.

Ihr Brief hatte ihn kurz vor Weihnachten erreicht. Jakob hatte augenblicklich mit den Planungen begonnen. Als Soldat an die Front zu kommen war unter diesen Bedingungen keine Herausforderung. Eine Solche hatte eher darin bestanden, dass er direkt eingesetzt wurde, denn ein ungeübter Freiwilliger erhielt – selbst zu diesen Zeiten – erst eine Grundausbildung. Doch Jakob hatte keine Zeit zu verlieren. Also meldete er sich als Feldsanitäter, die zahlreich gesucht wurden und schneller an die Front kamen.

Jetzt allerdings fragte er sich, ob er nicht vielleicht doch vorschnell und unüberlegt gehandelt hatte. Er wollte nicht vorgreifen, aber sie waren in einer ziemlich aussichtslosen Lage. Glaubte er etwa, unsterblich zu sein?

Jakob lachte humorlos.

Ja, mit 478 Jahren kann man schon mal so verwegen sein, das zu denken. Inzwischen bin ich jedenfalls mehr als lebensmüde, dachte er und sah zu, wie die Gewehrspitze höher wanderte und den Schutthaufen überragte.

Augenblicklich verstummte der Beschuss. Er hörte die Deutschen brüllen, doch die Stimmen waren zu weit weg, als dass er verstehen konnte, was sie sagten. Minutenlang unterhielten sie sich.

Dann war da ein anderes Geräusch. Etwas Großes, das sich langsam ihrem Versteck näherte. Offenbar glaubten die Deutschen wirklich, dass ihre Kapitulation eine Falle war. Sie schickten einen Panzer vor, während die Soldaten im Schutz des Kampffahrzeuges nachrückten.

Er könnte weglaufen. Die anderen zurücklassen. Darauf hoffend, dass die Nazis ihn nicht jagen und erschießen würden. Ein Einzelner. Kaum der Zeit und den Aufwand wert. Noch waren sie ein paar Häuser die Straße hinunter entfernt. Der Schutthaufen, hinter dem er und die sechs Männer halb erfroren ausharrten, verhinderte die Sicht auf ihn. Die Deutschen würden nicht gleich sehen können, dass er floh. Seine Kameraden allerdings schon. Aber was könnten diese schon tun? Ohne Munition konnten sie nicht mal einem Deserteur in den Rücken schießen.

Trotzdem. Er würde bei ihnen bleiben.

Jakob wagte einen Blick am Schutthaufen vorbei, die Straße hinab. Für ihn ein leichtes, da er am äußersten Rand lag. Ihr weißes Halstuch sollte sie eigentlich vor Beschuss schützen – eigentlich.

Er beobachtete, wie sich dreißig, vielleicht mehr Soldaten ihrer Position näherten, die Gewehre im Anschlag. Der Panzer vorweg. Seine Ketten rollten über den mit Schnee bepuderten Schuttweg, der einst mal eine befestigte Straße gewesen war. Über Hügel und durch einen Krater …

Die Explosion war gewaltig. Die Druckwelle vibrierte in Jakobs Körper, während in seinem Kopf nur ein schriller Pfeifton zu hören war. Auch stimmte etwas nicht mit dem Licht, denn alles um ihn herum schien plötzlich schwarz-weiß zu sein. Jakob blinzelte geblendet.

Dann war da eine zweite Erschütterung. Schnee und Schutt rieselte und hagelte auf ihn hinab. Außerdem spritzte ihm etwas Warmes, Feuchtes auf die eine Seite seines Gesichts.

Als Jakob neben sich sah, war der Soldat aus den Südstaaten verschwunden. Stattdessen lag dort nun ein riesiges, dampfendes Teil aus Metall. Es dauerte einen Moment, bis Jakob begriff, dass die Explosion ein Stück des zerfetzten Panzers dorthin katapultiert hatte. Und dass das, was darunter lag und er kaum erahnen konnte, ein Teil eines menschlichen Körpers war. Blut rann unter dem Wrackteil hervor und sammelte sich als dunkelrote Pfütze am Fuße des Schutthaufens. Sehr, sehr viel Blut.

Jakob schluckte schwer und konnte sein Glück kaum fassen. Allerdings breitete sich nun ein rasender Schmerz in seinem linken Arm aus. Ein langer Metallsplitter ragte aus dem Oberarm. Blut lief an seinen Fingern hinab und tropfte von dort in den Schnee.

Trotzdem begann Jakob zu lachen. Es war ein irres, verstörtes Lachen, das mit tränenden Augen und einem tiefen Schluchzer der Trauer und Erleichterung endete.

Nach einer weiteren Minute, die er gebraucht hatte, um sich zu fangen, rappelte sich Jakob halb auf, schwankte um das qualmende, erstaunlich große Wrack des Panzers herum und suchte auf der anderen Seite nach Überlebenden. Doch die Männer waren alle tot. Von Trümmerteilen des Panzers erschlagen. Müde sank Jakob zu Boden und leckte sich die Lippen. Er hatte Durst, fühlte sich aber zu erschöpft zum Trinken. Auch gehörte sein Arm versorgt. Doch es war besser, den Splitter im Arm stecken zu lassen, solange ihm niemand helfen konnte, die blutende Wunde zu versorgen. Er hatte nicht vor, in dieser Dreckshölle zu verbluten. Anderseits blutete es auch jetzt schon ziemlich heftig. Also nahm er all seine Kraft zusammen und stolperte den Schutthaufen hinauf. Oben angekommen blieb er kurz stehen, sah auf die Straße hinab, wo weitere Trümmerteile des Panzers lagen. Feuer, schwarzer Rauch und zahlreiche qualmende Leichen. Der Wind trieb den beißenden Geruch von verbanntem Stoff, Haut, Haar und Treibstoff heran und Jakob würgte. Außerdem hörte er Schmerzenslaute von den armen Teufeln, die nicht das Glück gehabt hatten, sofort tot zu sein.

Jakob sah sich um und entdeckte endlich das weiße Halstuch, das noch immer am Lauf des Gewehrs befestigt war, die Hand des Mannes umschloss weiterhin den Kolbenhals der Waffe. Ächzend sank Jakob daneben nieder, löste das Tuch und wickelte es sich selber um den Oberarm. Mit einer Hand und seinen Zähnen zog Jakob es, so gut wie er konnte fest, doch die Wirkung war fast gleich null. Der Schmerz trieb in Wellen durch einen Körper und brachte ihn zum Schwitzen. Zugleich nahm der Schwindel zu.

Jakob schloss für einen Moment die Augen. Schluckte. Wartete. Schluckte noch mal und öffnete wie in Trance die Augen. Er war so müde. Unendlich erschöpft. Und er hatte einen Schock. Keine gute Kombination.

Er versuchte aufzustehen, doch er hatte Angst, das Gleichgewicht zu verlieren und den Schutthaufen hinabzustürzen. Stattdessen rutschte er über das lose Geröll hinab … und hätte trotzdem fast die Kontrolle verloren. Am Fuße des Schutthaufens legte er sich erschöpft nieder.

Seit sie von ihrer Einheit getrennt worden waren, hatte keiner von ihnen viel Schlaf bekommen. Geschweige denn die Möglichkeit gehabt, eine ausreichende Portion zu essen oder sich richtig aufzuwärmen. Durst und Hunger quälten ihn, doch mehr als das war er erschöpft. Und daher war alles, was er jetzt wollte, sich einfach nur etwas auszuruhen.

Müde schloss Jakob die Augen.

Ich werde erfrieren, sollte ich einschlafen, dachte er. Steh auf. Geh los. Such das Basislager. Du musst es finden.

Aber das tat er nicht. Stattdessen schlief er ein.

»Aufwachen, Soldat!«, forderte eine Stimme und rüttelte ihn unsanft.

Verwirrt öffnete Jakob seine Augen. Seine Lider ließen sich kaum heben und das, was er dann erkennen konnte, war verschwommen und farblos.

»Er lebt! Wir brauchen einen Sanitäter«, rief der Mann vor ihm.

»Doug?«, fragte Jakob leise.

»Du weißt noch, wer ich bin. Das ist gut. Was ist passiert, James?«

»Wir wurden getrennt und versuchten zum Basislager zurückzukehren. Aber da war immer wieder die Wehrmacht. Dann verloren wir Porter. Unsere Munition ging aus und schließlich fanden sie uns hier. Der Panzer muss ’nen Blindgänger überrollt haben«, berichtete Jakob knapp.