Plüschies Alive! - Tanja Kummer - E-Book

Plüschies Alive! E-Book

Tanja Kummer

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Beschreibung

Aaaand action! heißt es, sobald du dein Kinderzimmer verlässt und die Tür hinter dir zufällt. Sag jetzt nicht, du dachtest immer, dass deine kuscheligen Plüschies und mutigen Spielsachen die großen Abenteuer nur mit dir erleben? Dann hast du keine Ahnung. Denn sobald kein Trampler mehr in Sicht ist, wird mit allen Mitteln am Kuschelfaktor geschraubt, ob in Barbies Schönheitssalon oder mit einer alten Banane im Fell des Gegners.In Teams oder als Einzelplayer erleben sie die wildesten Reisen durch Zimmer, Wohnungen und Gärten mit nur einem Ziel: Alive!

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Seitenzahl: 337

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum
Vorwort
Geli Grimm
Improvisieren und locker bleiben
Michaya Angel
Das neue Plüschie
Julia Freyer
Mister – Oder die Suche nach dem abgetrennten Arm
Johanna Brenne
Das Wort mit A
Lana Eggerstedt
Anarchie im Plüsch
Michaela Göhr
Operation Verjüngungskur
Daniela Gornyk
Nancy macht die Welle
Nicole Höllrigl
Lang lebe der Plüsch!
Peter Kirschstein
Billfur Brown und das verschwundene Horn
Katja Rocker
Eine grüne Bescherung
Svantje Koch
Weltherrschaft
Christiane Richter
Jeder gegen jeden – Und alle gegen einen
Simon Schneider
Für eine Handvoll Watte
Mala Jay Suess
Hundstage
Melanie Ruhrmann Petri
Gruppentherapie
Tanja Kummer
Nachts im Spielzeugmuseum

Impressum

Plüschies Alive

ISBN 978-3-945230-84-8

1. Auflage, Allmersbach im Tal 2025

Cover: Holger Much

Satz und Layout: Tanja & Marc Hamacher

Lektorat: Tanja & Marc Hamacher

Druck: Winterwork, Borsdorf

© 2025, Leseratten Verlag, Allmersbach im Tal

www. leserattenverlag.de

Der Leseratten Verlag ist Fördermitglied beim

PAN Phantastik-Autor:innen-Netzwerk e.V.

Weitere Infos unter:

www.wir-erschaffen-welten.net

Vorwort

Plüschies?

Lebendige Stofftiere?

Wie kommt man auf so eine bekloppte Idee?

Ein Auslöser dafür ist diese häufig auf Buchmessen (nicht auf den nerdigen Cons, wo man uns kennt – wir lieben euch Nerds!) gestellte Frage: »Das sind doch Kinderbücher, oder?«

Nein. Und trotzdem sind wir schuldig im Sinne der Anklage, denn die Kombi der Cover und der Name des (Leseratten) Verlages, kann schon ein wenig irreführen.

Also war die Idee etwas zu machen, an dem vermutlich auch Erstleser:innen Spaß haben könnten. Es war beim Essen in Weinheim, als das Eheeinhorn (Tanja Hamacher/Kummer) und ich darüber gehirnstürmten, was denn eine gute Idee für die dann neueste Ausschreibung sein könnte. Vielleicht ein Garn for kids? Oder doch ein Jahr Pause aufgrund von mangelnden Ideen?

Irgendwann driftete die Diskussion zu Filmen. Hier im Haus sind vor allem die Filme aus den Anfangszeiten von Pixar immer wieder gern gesehen. Allem voran Toy Story mit seinen Fortsetzungen. Gleichzeitig wanderten meine Erinnerungen an frühe Zeiten des Studiums, als ich hier und da an Rollenspielabenden teilnahm. Auch an Runden des Systems Plüsch, Power & Plunder, wo mehr oder weniger all die eigentlich zu ernsten Systeme von DSA, AD&D oder Rolemaster durch den Kakao gezogen wurden. Bei PP&P war nichts ernst, es gab keine Grenzen des Unsinns, die Geschichten und das ganze Umfeld von den Plüschies war mehr als skurril. Eigentlich genau das, was ich mit dem Verlag auch versuche zu verwirklichen. Die Garne, German Kaijuversum, Wikinger im Weltraum, bekloppte Kneipen … all das ist liebevoller Klamauk mit Herz und hoffentlich hier und da treffendem Humor.

So kam es zu dieser Ausschreibungsidee. Plüschies als Hauptdarsteller wurden gesucht und gefunden. Die unterschiedlichsten Geschichten aus den bunten und lauten Kinderzimmern. Geschichten über das, was passiert, wenn wir Trampler nicht hinschauen. Geschichten voller Machtkämpfe und Sorgen und hier und da mit Tiefgang. Wobei eine Sache immer wichtig ist: Alles für das Kind!

Das Online-Banner zu der Ausschreibung wurde von Chris Schlicht gemalt, die mir dann aber wenig später mitteilte, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein wird, weitere Cover für den Verlag anzufertigen. Ich vermisse sie und wünsche ihr alles Liebe und Gesundheit. Parallel dazu meldete sich ein guter Freund mit den Worten: »Teddys? TEDDYS? ICH WILL TEDDYS MALEN!!!!« So ist das manchmal mit Fügungen. Und so warf sich der Fürst des finsterbunten Pinselstriches fast ein wenig in den Staub, obwohl er es nicht hätte machen müssen. Er hatte den Job. Holger Much war also dabei und mein Auftrag war so kurz wie einfach: »Ich will, dass es vor Niedlichkeit trieft und trotzdem volle Plüschie-Action.« Und das Ergebnis ist toll. Meint ihr nicht? Klappt das Buch einfach jetzt sofort schnell noch einmal zu und schaut. All die Details und kleinen, versteckten Figuren. Ich liebe es. Und das alles ohne KI.

Der größte Dank geht an das Eheeinhorn, die nicht nur selbst eine vielfältige Geschichte voller Nerdfiguren geschrieben hat, sondern auch für Lektorat und Buchsatz verantwortlich ist. Ohne Tanja gäbe es den Verlag nicht. Und viel weniger Kekse. Und Frikadellen. Beim Gegenlesen dieses Vorwortes wird sie in Panik geraten, denn genau jetzt wird sie erfahren, dass ich sie irgendwann zwingen werde, Teile ihrer Geschichte zu lesen. Inklusive der Connor MacLeod-Actionfigur mit Sprachfehler. Ja, das – was gerade aus diesen Zeilen strahlt – ist mein bösartiges Grinsen. [Fußnote 1]

Abschließend gilt mein Dank allen Autor:innen, die im Buch vertreten sind, aber auch allen, die es knapp nicht geschafft haben. Ohne eure Kunst entsteht keine Literatur, keine Bücher, kein Verlag – keine Lesemagie. Macht weiter. Lasst nicht nur Verleger, sondern vor allem Kinderaugen strahlen. Und nun viel Spaß mit den Abenteuern der Plüschies.

Allmersbach, August 2025

Marc Hamacher

Geli Grimm

Seit Kindertagen empfindet Geli Grimm eine tiefe Zuneigung zu Kuscheltieren. Ihr ältester Begleiter, ein teils schon fadenscheiniger Teddybär, thront auf einem Ehrenplatz in ihrer Gen X-Wohnung.

Bis zu ihrem 17. Lebensjahr kamen 42 Wegbegleiter unterschiedlichster Größe zusammen, die mit der Autorin in deren erste eigene Wohnung zogen. Doch dem Lauf der nächsten vier Jahrzehnte geschuldet schrumpfte die Anzahl ihrer treuen Freunde auf ein kläglich überschaubares Maß zusammen. Einzig der Teddybär aus Kindertagen, die gelbe Lieblings-Plüschmaus ihrer Teenagerzeit, ein kleiner Grisu und der zur Geburt ihres ersten Sohnes dazu gestoßene Hasibal haben noch einen festen Platz in ihrem Heim. Darüber hinaus fristen einige wenige Begleiter ihres Lebens ein trostloses Dasein in Erinnerungskisten im Keller.

Kein Therapeut hat es bisher geschafft, Geli Grimm von den über Jahrzehnte aufgestauten Selbstvorwürfen zu befreien. Erst durch die Ausschreibung des Leseratten Verlags bot sich ihr die Möglichkeit, ihre Schuldgefühle aufzuarbeiten. Mit diesem neu gewonnenen Selbstvertrauen will sie nun Aufklärungsarbeit leisten: Plüschies sind keine Phase, sie sind Familie!

www. geli-grimm.de

Improvisieren und locker bleiben

Vor einigen Jahren wurden vier ehemalige Mitglieder einer Plüschie-Kindergarten-Spezialeinheit von einem mächtigen Plastikspielzeug-Clan beschuldigt, einen derer geheimen Katzenpisse-Munitionstanks trocken gelegt zu haben. Seitdem werden Hasibal, Bee-A, Spaceman und Mörduck durch militärische Kräfte des Plastikspielzeug-Clans gejagt. Zu ihrer Sicherheit sind sie untergetaucht. Aber sie helfen anderen: Beseelte Plüschies in Not suchen nach den Besten – dem B-Team.

Huskilie machte große Augen, während Plüschküken Minime nervös herumzappelte. »Die Trampler wollen dieses Zimmer leer räumen?«, fragte der Stoffhund ungläubig nach.

Minime nickte eifrig und setzte eine Begründung nach: »Sie haben von Renovieren gesprochen. Dem Mini-Trampler wurde ein Limit gesetzt, wie viele seiner Kuscheltiere er behalten darf. Noch heute soll er mit der Auswahl beginnen.«

»Und die anderen?«, wollte Huskilie wissen.

Minime senkte den Blick. »Die werden in die Wäscherei gebracht und kommen in einen Kindergarten.«

Die Nachricht ging im Kinderzimmer herum wie ein Lauffeuer.

Unter den beseelten Plüschies breitete sich ein banges Gefühl aus. Was, wenn man selbst oder einer der Liebsten zu den Aussortierten gehören würde?

Leo, das dienstälteste Kuscheltier im Kinderzimmer, ergriff das Wort: »Hier ist unser Zuhause. Davon abgesehen übersteht niemand von uns die linksdrehenden Phosphatkulturen im Waschmittel der Wäscherei, ohne süchtig zu werden. Wir müssen dringend etwas unternehmen.«

»Aber was können wir tun?«, kam die Nachfrage aus den Reihen der Plüschies.

Der teils schon fadenscheinige Plüschlöwe stieß einen leisen Seufzer aus. »Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals das B-Team ins Gespräch bringen würde.«

Sheila, die Schmiere stand, kündigte die Ankunft des kleinen Tramplers Leon an. Der Pfiff des batteriebetriebenen Stoffvogels mit Stimmfunktion unterbrach die Zusammenkunft der besorgten Plüschies. Eilig tummelten sich die Stofftiere auf ihre angestammten Plätze.

Mit missmutiger Miene stapfte Leon in sein Zimmer, pfefferte den Schulranzen in die Ecke und ließ sich in die Masse seiner auf dem Sofa platzierten Stofftiere fallen. Durch den Schwung in Bewegung gebracht fielen einige von ihnen zu Boden. Unter ihnen auch Huskilie, Eddi das Erdmännchen, die Stoffmaus Oskar sowie Plüschvogel Sheila. Sie nutzten die Chance, um sich vorsorglich Schutz unter dem Sofa zu suchen.

Kaum saß der kleine Trampler, folgte auch schon seine Mutter. Mit dabei trug sie zwei große Kartons, welche sie im Zimmer abstellte. Mit Entsetzen nahmen die Plüschies die Anweisung zur Kenntnis: In den einen Karton gehörten die Aussortierten, in den zweiten die Ich-bin-mir-noch-nicht-sicher-Stoffspielzeuge. Und auf dem Sofa sollten zwanzig von ihnen Platz finden, die bleiben durften. Die Stofftiere erhielten allerdings eine Gnadenfrist bis nach dem Mittagessen.

»Leute, wir sind verloren«, jammerte Schäfchen drauf los, kaum dass die Trampler das Zimmer verlassen hatten.

»Shhh, ganz ruhig«, versuchte Leo der ängstlichen Bekundung entgegenzuwirken. »Ihr habt doch gehört, dass die Trampler noch von den Nachbarn weitere Stofftiere sammeln wollen, ehe es in die Wäscherei geht. Bis dahin finden wir eine Lösung.«

Huskilie war beeindruckt. An Leos Stelle würde er bestimmt nicht so ruhig reagieren. Immerhin rechneten alle damit, dass Leo als Erstes in den bedrohlichen Karton wandern würde. Die Näherin hatte zwar schon des Öfteren Wunder gewirkt und den alten Stofflöwen immer wieder in Form gebracht. Doch bei einer so radikalen Herabsetzung des Kuscheltierbestandes zweifelte kaum einer an Leos Abschied. Zumal der kleine Trampler ihm schon lange keine Beachtung mehr schenkte. Als Leons unangefochtenes Lieblingsstofftier seit Monaten galt Stutch. Er war nach einem Familienurlaub der Trampler im Kinderzimmer eingezogen und mit seinen mindestens fünfzig Zentimetern eine ähnlich imposante Erscheinung wie Leo, Teddybär Samson und der Plüschpanda Ozzi.

»Erzähl uns mehr von diesem B-Team. Warum denkst du, sie würden uns helfen und wie können wir Kontakt zu ihnen aufnehmen?«, hakte Huskilie nach.

Die Aufräumaktion gestaltete sich als harter Schlag für die Gemeinschaft. Wie erwartet fand sich Leo im Karton der Aussortierten wieder.

Es traf erfreulicherweise überwiegend die Unbeseelten. Doch als der Mini-Trampler Butterblume zu den Aussortierten packte, erstarrte Huskilie vor Entsetzen. Seit er denken konnte, lebte das weiße Einhorn mit den rosafarbenen Herzchennasenlöchern als ihre Näherin mit ihnen im Zimmer und hatte schon so einige Wunder vollbracht. Wenn auch nicht sehr gesprächig, so war Butterblume dennoch sehr beliebt.

Huskilie, Eddi und Sheila blieben unentdeckt. Auch einigen anderen Plüschies wie dem Schweinchen Bacon gelang es, sich zu tarnen oder ein Versteck zu finden. Weitere von ihnen, wie Minime, die Schildkröte Schildi, Schäfchen, Ozzi und Samson, landeten auf dem Sofa. Stutch thronte auf dem Bett. Und für jene aus dem zweiten Karton bestand noch Hoffnung.

Als der kleine Trampler das Zimmer verließ, um seiner Mutter Bescheid zu geben, ergriff Huskilie die Gunst des Augenblicks: »Leo, Butterblume … wir finden eine Lösung. Irgendwie bekommen wir das hin. Versprochen!«

Aus dem Karton ertönte Butterblumes optimistisch klingende Stimme: »Einfach improvisieren. Bleibt locker, habt Spaß und dann wird alles gut.«

Als Leon im Tiefschlaf lag, versammelten sich die verbliebenen Plüschies am Fußende des Bettes, um Kriegsrat zu halten. Huskilie ergriff zuerst das Wort: »Ihr habt Leo gehört. Über die Wäscherei können wir Kontakt zu dem B-Team aufnehmen.«

»Und wie kommen wir in die Wäscherei?«, wisperte Minime.

Es trat eine kurze Stille ein, ehe sich Stutch leise räusperte und seinen Vorschlag in die Runde warf. »Ich stelle mich zur Verfügung.«

Huskilie befiel da so eine Ahnung. »Du hast nicht vor zu tun, was ich denke?«

Stutch grinste breit. »Ich denke schon. Wir wissen doch alle, auf den ollen Kater ist Verlass. Irgendwann in der Nacht wird er irgendwo ins Wohnzimmer pissen. Ihr müsst mir nur helfen, da rein zu kommen.«

Sheila blickte betroffen drein. »Du willst wirklich in die …? Du weißt schon, dass sie dich in die Wäscherei bringen werden?«

»Das ist der Plan. Der Mini-Trampler liebt mich zu sehr, als dass sie nichts tun würden. Für die Waschmaschine bin ich zu groß und die Badewanne ist keine Option. Sie würden mich nie ordentlich trocknen können.«

So stand der kleine Verbund an Kuscheltieren Seite an Seite, um Stutch durch zwei verschlossene Türen hindurch den Zugang ins Wohnzimmer zu ermöglichen.

»Okay, das ist der Plan. Wir tauschen Stutch gegen Samson aus, damit der kleine Trampler nicht ins Leere greift. Dann verschaffen wir uns Zugang zum Wohnzimmer. Wer traut sich das zu?« Huskilie sah fragend in die Runde.

Ozzi meldete sich: »Kinderspiel. Das übernehmen Monchi und ich. Ich mache einfach den Berserker-Move, befördere unser kleines Plüschäffchen gen Türklinke. Das geschickte Kerlchen meistert dann unser Türklinkenproblem.«

»Bist du dir sicher, Ozzi? Du gehörst mit Leo zusammen zu unseren Dienstältesten«, fragte Huskilie besorgt nach. Er vermied es, auf die vielen Einsätze der Näherin hinzuweisen, die der Panda an sich zu verbuchen hatte.

Doch Ozzi lachte nur. »Ihr Jungspunde. Traut uns Alten wohl gar nichts mehr zu. Lass mich mal machen.«

Huskilie gab sich geschlagen. »Nun gut. Wenn die Aktion Katzenpisse erfolgreich verlaufen ist, kehren wir ins Kinderzimmer zurück. Die Türen bleiben offen.«

»Ich lege mich dann neben das Bett auf den Boden, so als wäre ich hinaus gefallen«, brachte Stutch seinen nächsten Schritt mit verschmitztem Grinsen zum Ausdruck.

»Und ich schleiche mich aus dem Bett an meinen alten Platz, damit der Mini-Trampler nichts bemerkt«, vollendete Samson den Plan.

Schäfchen stieß einen besorgten Seufzer aus. »Ich hoffe, der Plan funktioniert, Huskilie. Was, wenn der Kater dieses Mal nicht …«

»Du hast doch Butterblume gehört. Einfach locker bleiben und Spaß haben. Am Ende wird schon alles gut«, wirkte Huskilie beruhigend auf die Mitstreiter ein.

Huskilie atmete tief durch. Bisher verlief alles nach Plan. Einzig Ozzis Zustand machte dem Stoffhund Sorgen. Als der Panda Monchi per Räuberleiter zur Türklinke hochschleuderte, vernahm Huskilie beide Male ein verdächtiges Knirschen.

Doch Zeit zum Nachdenken blieb nicht. Ein Jeder machte sich zielstrebig auf die Suche nach dem bedrohlichen Ammoniakgeruch von Katzenpisse. Eddi wurde am Bein des Wohnzimmertisches fündig.

»Wow, da hat er sich aber nicht lumpen lassen«, zollte Huskilie der Lache am Boden seine Anerkennung. Nur um gleich darauf mitleidig gen Stutch zu blicken.

Dieser nickte kurz, ehe er die Pfütze näher in Augenschein nahm. »Würdet ihr … ich meine nur … könntet ihr euch vielleicht umdrehen? Ich möchte nicht, dass ihr mir dabei zuseht.«

Seine Mitstreiter reagierten verständnisvoll und wendeten sich von Stutch ab. Huskilie war insgeheim froh, nicht zusehen zu müssen, wie sich sein Freund in der Katzenpisse suhlte.

Der nächste Morgen verlief wie erwartet. Leon wunderte sich über den am Boden liegenden Stutch, griff nach ihm und brüllte kurz darauf los. Es dauerte nicht lange, bis die Mutter ins Zimmer gestürzt kam und sich ebenso entrüstet zeigte.

Huskilie murmelte vor sich hin: »Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.«

Von nun an hieß es für die Plüschies: Warten.

Stutch musste es gelingen, Kontakt zu dem B-Team aufzunehmen, ehe er mit nichtionischen Tensiden in Berührung kam und den Verstand verlor.

Zum ersten Mal nach seinem heroischen Einsatz und dem Einzug in der Wäscherei blinzelte Stutch. Die Trampler hatten Feierabend.

Er fühlte sich unwohl. Die Katzenpisse verklebte seinen kuscheligen Plüsch. Die Neugier jedoch überwog. Stutch befand sich in einem Wäschekorb, einsortiert in einem Regal mit weiteren schwierig zu reinigenden Gegenständen. Vorsichtig hob er den Kopf, um einen Überblick über den Raum zu bekommen.

»Hallo? Ist hier jemand?«, versuchte er es zaghaft. »Ich bin Stutch und suche das B-Team. Wir sind Opfer von Tramplern, die unsere Gemeinschaft schwächen wollen. Sie haben bereits unsere Näherin und wir wissen nicht mehr weiter.«

Lange Zeit tat sich gar nichts. Doch dann vernahm Stutch ein leises Hüsteln. Vorsichtig lugte er über den Rand des Wäschekorbes.

»Psst, hier drüben«, machte sich ein kurioser Stoffhase bemerkbar, der durch eine in seinem Mundwinkel befindliche Karotte hindurch nuschelte und einen bis fast über die Augen gezogenen Strohhut trug.

Huskilie und seine Freunde hofften schon seit zwei Tagen auf eine Nachricht, gleich welcher Art. Aus dem Karton Ich-bin-mir-noch-nicht-sicher waren weitere beseelte Plüschies wie die Schlange Q und der paillettenbesetzte Truthahn George zu den Aussortierten gekommen. Der Rest befand sich verteilt auf dem Sofa, im Regal und auf dem Bett. Die Verluste gestalteten sich überschaubar.

»Der Karton soll zur Zwischenlagerung in den Keller gebracht werden, haben sie gesagt. Noch steht er im Flur neben der Eingangstür.« In Schäfchens Stimme schwang Unsicherheit und eine unausgesprochene Frage mit.

Huskilie nickte. »Ich habe schon überlegt, was wir tun können, wenn Stutch keinen Erfolg hat. Wir müssen wenigstens Butterblume retten«, sprach er aus, was alle dachten. Eine Gemeinschaft wie ihre war auf eine Näherin angewiesen. Außerdem liebten alle das Einhorn.

Die Türklingel unterbrach ihre Besprechung und sie erstarrten in ihren Bewegungen. Einzig Eddi schaffte es noch mit einem Sprung aus der Kinderzimmertür direkt neben den Saugroboter unter der Flurvitrine. Er hangelte sich weiter und fand ein Versteck zwischen den Schuhen der Trampler. Dort lugte Eddi hervor, als Leons Mutter die Haustür öffnete.

Das Erdmännchen sah die Beine von Besucher- und Muttertrampler. Sein Blickwinkel reichte bis zu den Knien dieser Beine und schloss damit auch die Oberseite des Kartons ein. Er konnte beobachten, wie der Karton geöffnet wurde und weitere Kuscheltiere hinein fielen. So viele, dass sich ein Berg bildete.

Die Trampler quasselten derweil und waren mit sich selbst beschäftigt. Eddi gelang es, sich dem Karton zu nähern. Über dessen Rand hinaus hing ein seltsam anmutender Stoffhase, der ihm zuzwinkerte.

Eddi rieb sich die Augen. Als er erneut zum Karton blickte, lächelte der Hase und winkte ihm mit einer Karotte zu. Zwar wusste Eddi nicht, was es zu bedeuten hatte, doch es handelte sich augenscheinlich um ein beseeltes Plüschie. So schnell er konnte, pirschte sich Eddi in den Sichtschatten des Kartons. Jetzt oder nie, dachte er und schlug blitzschnell zu. Mit einem gezielten Griff nach einem der herunterhängenden Schlappohren zog er den Plüschhasen zu sich auf den Boden. Einen Lidschlag später befanden sich beide versteckt unter dem Schrank.

Kaum fiel die Haustür hinter den Tramplern ins Schloss, bildeten im Kinderzimmer die Plüschies um Huskilie und den Neuankömmling herum einen Pulk. Alle beäugten den strohhutbedeckten Plüschhasen neugierig.

»Bist du vom B-Team?«, platzte aus Minime die Neugier hervor.

Ihr Gegenüber nickte lächelnd. »Darf ich mich vorstellen: Hasibal. Allerdings müssen wir zur Vollständigkeit noch den Rest meines Teams hier einschmuggeln. Hat jemand eine Idee, wie wir das anstellen können?« Während er sprach, hatte sich Hasibal seines Strohhutes entledigt, die Karotte weiter in den Mundwinkel geschoben und sich nebenbei mit strategischem Blick im Raum umgesehen. Und ehe jemand überhaupt die Möglichkeit zur Antwort gehabt hätte, fuhr er fort: »Nicht? Ist nicht schlimm. Ich denke, da gibt es eine einfache Möglichkeit. Lässt sich das Fenster dort drüben öffnen?«

»Das schon. Aber es ist viel zu hoch. Selbst für so mutige Plüschies wie Monchi sehe ich keine Chance, da hochzuklettern«, äußerte sich Huskilie auf die Frage von Hasibal.

»Klettern? Ach, i wo! Ich habe im Regal eine Drohne gesehen. Wir müssen Mörduck nur die Fernbedienung zukommen lassen und die Drohne einschalten. Versteht einer von euch etwas von Elektronik?«

Es dauerte nicht lange, da stand Hasibals Plan: »Wir holen die Jungs rein, stürmen den Karton und befreien eure Kameraden.«

Es blieb ihnen nur ein kurzes Zeitfenster, während die Trampler außer Haus waren. Daher leitete er die Plüschies an, einige der Spielzeuge zusammen zu tragen: »Besorgt eines der Holzschwerter. Dann brauchen wir ein Springseil. Die Drohne samt Fernbedienung muss vom Regal herunter … Gibt es irgendwo Gummibänder, ein Wollknäuel oder zur Not auch Klebeband?«

Motiviert von Hasibals selbstsicheren Auftreten beschäftigte sich schon bald ein jeder mit einer für sich passenden Aufgabe.

Sheila und Monchi balancierten auf der Fensterbank sitzend das Holzschwert unter den Fenstergriff aus, um diesen zur geöffneten Position hin zu verschieben. Währenddessen befestigte Oskar die Schnur eines Lenkdrachens an der Fernbedienung. Andere Plüschies räumten den Fußboden frei, um der Drohne genügend Spielraum für ihren Start zu geben. Inzwischen stand das Fenster offen und Hasibal blickte vom Rand der Fensterbank nach unten.

»Seid ihr so weit, Mörduck?«

Huskilie konnte die Antwort nicht verstehen, doch Hasibals Einsatzbefehl, die Fernbedienung hinab zu lassen, trieb die Aktion weiter voran. Also widmete er sich seiner nächsten Aufgabe: »Habt ihr die Sicherung schon angebracht? Dann her mit dem Seilende.«

In einer Kunststoffbausteine-Kiste hatte Huskilie eine Seilwinde gefunden. Superkleber und Oskar sei Dank hielt die Konstruktion bombenfest. So konnte Huskilie die Schnur auf die Seilwinde wickeln.

»So, auf drei geht es los! Macht euch bereit, Mörduck.«

»Auf drei oder bei drei?«, tönte eine Stimme von unten.

Huskilie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wie war das doch gleich? Locker bleiben und Spaß haben. Huskilie spürte einen Keim von Hoffnung, als er Oskar dabei beobachtete, wie dieser mit mehr Stärke, als man seinen Ärmchen zutrauen mochte, die Seilwinde bediente. Sie standen dieser großen Aufgabe nicht mehr alleine gegenüber.

»Okay, die Fernbedienung ist angekommen. Startet die Motoren, ich mache mich mit der Maschine vertraut«, meldete sich Mörduck erneut.

Hasibal gab das Kommando zum Drohnenteam. Schildi verstand sich am besten auf Elektronik und übernahm die Zündung. Kurz darauf setzten sich die Rotoren in Bewegung. Ehrfürchtig traten die Plüschies zurück. Schäfchen stellte sich hinter die Bausteinekiste und schielte um deren Eck herum auf das Geschehen.

Langsam erhob sich die Drohne. Zuerst nur wenige Zentimeter, und sie taumelte leicht hin und her. Doch schnell brachte Mörduck das Fluggerät unter Kontrolle. Souverän glitt die mit einer Kamera ausgerüstete Drohne zum Fenster, hindurch und hinab. Wer von den Plüschies es schaffte und sich traute, suchte die Fensterbank auf, um einen Blick nach draußen zu erhaschen.

»Wir brauchen etwas Zeit. Bee-A wird als erster kommen«, hörten sie Mörduck aus der Tiefe. »Nur Stutch wartet leider noch in der Wäscherei, schonend gereinigt und fertig zur Abholung.«

Huskilie schob seinen Kopf über die Fensterbank und beobachtete fasziniert, wie eine Stoffente mit Baseballcap und ein fluffiger Fuchs eine Plüschige Hummel an der Drohne festbanden. Von der Hummel ging kein sichtbares Lebenszeichen aus.

Als die Drohnen-Hummel-Konstruktion kurz darauf etwas unsanft auf dem Schreibtisch landete, bemerkte Huskilie ein Schmunzeln in Hasibals Gesicht.

»Und wieder hat er sich austricksen lassen«, bemerkte der möhrchenknabbernde Stoffhase amüsiert.

»Wieso austricksen lassen?«, fragte Minime nach.

»Bee-A hat Flugangst. Leider ist es für uns manchmal unumgänglich, sich in die Lüfte zu erheben. Dann müssen wir Mittel und Wege finden, Bee-A von der Notwendigkeit eines Fluges zu überzeugen«, gab Hasibal Auskunft.

»Welche Art von Mittel und Wege?«, wollte Schäfchen wissen.

Hasibal knabberte stoisch an seiner Karotte und nuschelte durch den Mundwinkel: »Kernseife. Knockt dich kurz aus, macht aber nicht süchtig. Ihr solltet ihm anfangs nur aus dem Weg gehen, wenn er wieder zu sich kommt. Dann ist er meist ein wenig … brummelig.«

Nachdem es auch Spaceman und Mörduck ins Kinderzimmer geschafft hatten, beseitigten die Plüschies sämtliche Spuren ihrer Mission. Das Fenster wurde geschlossen, die Drohne an ihren ursprünglichen Platz gebracht und die festgeklebte Seilwinde so gut als möglich getarnt. Die Neuankömmlinge fanden passende Verstecke, noch ehe die Tramplerfamilie wieder ihr trautes Heim betrat. Und Eddi übernahm seinen Spionageposten zwischen Saugroboter und Schuhen. Was er von dort aus beobachten konnte, beunruhigte ihn zutiefst: Der männliche Trampler schnappte sich den Karton der Aussortierten und verschwand damit durch die Wohnungstür.

»Mhh, war schon mal jemand von euch im Keller?« Hasibal blickte fragend in die Runde.

»Wir wissen aus Erzählungen, wo der Keller ist. Es geht die Treppe runter, dann links den Gang entlang. Der Keller ist genau unter dieser Wohnung hier. Der Schlüssel zur Kellertür hängt an der Wand neben dem Badezimmer. Der mit dem blauen Anhänger«, berichtete Huskilie dem B-Team.

»Lassen wir die Details erst einmal beiseite und erfassen die Situation. Im Karton der Aussortierten befinden sich neben eurer Näherin noch drei weitere Beseelte, die es zu retten gilt«, fasste Hasibal die Problematik zusammen.

Eddi meldete sich zu Wort: »Wir haben aber nur bis morgen Abend Zeit. Übermorgen kommt der Karton zur Reinigung.«

»Das macht es nicht einfacher, aber auch nicht unmöglich. Wir müssen die Nacht durcharbeiten und den morgigen Tag für uns nutzen«, zeigte sich Spaceman zuversichtlich.

Nachdem Leon eingeschlafen war, schritten die Plüschies zur Tat. Huskilie beobachtete erfreut, wie seine Kameraden geflissentlich ihre Aufgaben erledigten. Sie trugen aus Spielzeugschubladen, Bausteinekisten, Elektronikspielzeugkästen, der Murmelschublade und allen möglichen Ecken zusammen, was sie für ihre Befreiungsaktion benötigten.

Huskilie wusste von einem alten Skateboard, welches hinterm Sofa einstaubte. Mit einem Schraubendreher aus dem Elektronikkasten befreiten er und der mechanikaffine Bee-A das Brett von seinem Unterbau. Viel Klebeband sollte der Lenkdrachenschnur Halt am Skateboard geben. »Damit können wir das Brett dann die Treppen wieder hochziehen«, erklärte Bee-A den Umbau.

Zeitgleich klebten Hasibal, Schäfchen und Monchi Bauklötze leicht versetzt aufeinander. »Passt bloß auf, dass das Zeug nicht an euer Fell kommt«, warnte Hasibal. »Unangenehme Sache, wenn du den getrockneten Kleber wieder abreißen musst.«

Um den unteren Klotz wickelten sie ein Gummiband und fixierten es mit Reißzwecken. Dann kam ein Löffel einer aussortierten Spielzeugküche zum Einsatz. Monchi schob den Stiel so unter das Gummi, dass der Löffel wie ein Katapult in Aktion treten konnte.

Mörduck und Schildi tüftelten derweil an einer Seilwinde aus einem Konstruktionsbaukasten herum. Im Elektronikkasten befanden sich genügend Utensilien, um einen elektrischen Antrieb anzuschließen. »Kleinigkeit«, murmelte Mörduck, während er einige Drähte um eine Blockbatterie zwirbelte. »Und jetzt flansch das mal da drauf. Dann sollte sich das Baby auf Knopfdruck drehen.«

Nach ihren erfolgreichen Vorbereitungen kümmerten sich Spaceman, Eddi und Oskar darum, die Ausrüstung zu verstecken. Huskilie kontrollierte das Kinderzimmer selbst noch einmal auf verräterische Spuren. Bis Hasibal die Nachtruhe ausrief: »Macht euch bereit für einen ereignisreichen Tag morgen.«

Am nächsten Tag startete die Befreiungsaktion, kaum dass die Trampler-Familie die Wohnung verlassen hatte.

Ozzi und Monchi machten sich an ihren bewährten Räuberleiterschwung, um die Kinderzimmertür zu öffnen. Diesmal jedoch verlief es nicht so reibungslos. Es knirschte verdächtig und Ozzi zuckte beim Ausstrecken des Armes zusammen, sodass Monchi gerade mal so die Türklinke erreichte.

»Sorry Leute, ich glaube, ich bin raus aus der Nummer.« Eine aufgeplatzte Naht an seinem Arm untermauerte Ozzis Befürchtung.

»Keine Sorge. Wir haben immer einen Plan B. Schäfchen, Bacon, wir brauchen jetzt das Katapult. Oskar, halte dich bereit«, erteilte Hasibal weitere Anweisungen.

Schon kurze Zeit darauf positionierten sie das Katapult im Flur in Richtung Schlüsselbord.

»Auf gehts. Bist du bereit?«, fragte Hasibal nach und drückte den Löffel hinab.

Oskar nickte und erklomm dessen Mulde.

»Geronimoooo!«, stieß er laut hervor und Hasibal ließ das Katapult seinen Dienst tun.

Mit ausgestrecktem Körper bewältigte Oskar den Flug, eierte dabei allerdings etwas unbeholfen durch die Luft und knallte dann mit voller Wucht über dem Bord mit dem Rücken und kopfüber gegen die Wand. Die Plüschies am Boden rissen erschrocken die Augen auf, als Oskar abprallte. Er versuchte, nach dem Bord zu greifen, und fuchtelte wie wild mit seinen Pfoten herum. Doch seine Arme waren zu kurz. In freiem Fall rauschte er dem Boden entgegen.

Oskar krümmte seinen Körper zu einer Kugel. In dieser Form plumpste er auf den Boden, nur um davon abzuprallen und nach oben zu schnellen – was jeden echten Gummiball vor Neid hätte erblassen lassen.

Die Plüschies verfolgten gebannt, wie Oskar sich auf dem Weg nach oben erneut streckte. In uneleganter Manier schoss er mit dem Kopf durch zwei Haken hindurch. Einer der Haken riss sein Fell kaputt und bohrte sich an der Schulter in die Füllung. Durch die Reihen der Plüschies am Boden ging ein entsetzter Aufschrei.

Minime jubelte Oskar zu: »Das war spektakulär!«

Oskar lächelte gequält zurück. »Alles geplant. Genau hier wollte ich landen. Direkt neben dem Kellerschlüssel.« Sprachs und nestelte das Objekt der Begierde vom Haken. Kurz darauf hatte Oskar auch sich selbst vom Haken gelöst. Diesmal rollte er sich nicht ganz so straff zusammen, um nicht wieder mit ganzer Kraft vom Boden abzuprallen.

»Und wie kommen wir jetzt durch die Haustür? Die Trampler schließen sie ab, wenn alle die Wohnung verlassen«, meldete sich Schäfchen zu Wort.

»Das überlassen wir unserem guten Mörduck. Ich glaube, er und Sheila haben da schon etwas vorbereitet«, antwortete Hasibal gelassen. »Wir benötigen aber noch einmal das Katapult. Und eine Büroklammer.«

Mit großer Ehrfurcht traten die Plüschies durch die geöffnete Haustür in das Treppenhaus hinein. Der Blick nach links offenbarte ihnen die Tür in die große, weite Welt. Rechts von ihnen erstreckte sich die Treppe in den Keller.

»Ganz schön hoch«, murmelte Sheila. Schlösser knacken oder mechanische Dinge waren kein Problem für sie. Für Hindernisse, die es kletternd zu bewältigen galt, mangelte es ihr allerdings an Mut.

Anders Minime. Das Plüschküken plapperte bereits enthusiastisch drauf los: »Na komm, da springen wir runter. Stufe für Stufe.«

Bee-A konnte Minime gerade noch ausbremsen. »Nicht so schnell. Wir brauchen das Skateboard. Und ein Team, welches auf dem Ding nach unten rauscht.«

Sie einigten sich darauf, dass Huskilie, Sheila, Schildi, Bacon und Eddi Hasibal sowie Bee-A in den Keller begleiteten. Mörduck und Spaceman übernahmen mit Minime, Schäfchen und Monchi die Sicherung der Rückkehr. In Kontakt blieben sie über Walkie-Talkies, deren Bedienung durch Mörducks und Schildis Elektronikkenntnisse sicher gestellt werden konnte.

Oskar und Ozzi hüteten derweil das Krankenlager und hofften auf die unversehrte Rückkehr der Näherin.

»Nun dann, auf gehts!«, feuerte Huskilie die Seinen an. »Holt das Skateboard und die Seilwinde. Und vergesst den Klebstoff nicht!«

Innerhalb kurzer Zeit stand das Board, verbunden mit der gesicherten Winde, auf dem Treppenabsatz bereit.

Einem puzzleartigen Computerspiel gleich suchten sich die sieben Plüschies einen standsicheren Platz auf dem Brett. Und während Schäfchen und Monchi das Holzbrett voran schoben, feuerten Mörduck, Spacemann und Minime die Kellertruppe an.

»Hoka Hey!«, antwortete diese lautstark, als sich das Brett in Bewegung setzte und die Treppe hinunter rauschte. Von nun an waren sie auf sich gestellt.

Relativ unbeschadet, nur ein wenig durchgerüttelt, ließen sie die erste Treppe hinter sich. Der zweite Treppenabsatz gestaltete sich schwieriger. Es gab niemanden, der sie anschob. So stellte sich Huskilie zur Verfügung.

»Wir machen es wie im Bobsport. Ich schiebe euch an und springe zum Schluss noch aufs Brett.«

Als ein Jeder sicher stand, sorgte Huskilie auf dem Brett für einen sicheren Tritt mit den Vorderpfoten. Seine Hinterläufe benötigte er für die Schubkraft. Dann setzte er zum Sprint an. Geschmeidiger als erwartet brachte Huskilie das Board in Schwung. Leider so schnell, dass er nicht mithalten konnte, und mit den Vorderpfoten abrutschte.

Während das Brett an Geschwindigkeit aufnahm, knallte Huskilie mit dem Kopf auf das Board, verlor den Halt und polterte den anderen stufenweise hinterher. Unten angekommen kam er nicht umhin, einige Blessuren verbuchen zu müssen. Außerdem hatte die Befestigung der Schnur nicht standgehalten.

»Lasst mich hier. Ich versuche, das zu reparieren. Nehmt mich auf dem Rückweg mit. Die Näherin hat Priorität«, wiegelte Huskilie die Hilfsversuche der anderen ab.

»Er hat recht. Wir müssen noch das Schloss der Kellertür knacken, uns Zugang zum Karton verschaffen und dann alle irgendwie hier wieder raus kommen«, erhielt Huskilie Unterstützung von Bee-A. Und so machte sich der Rest des Teams auf den Weg zur Kellertür. Dort angekommen, standen sie erst einmal vor einem Problem.

»Mhh, den Schlüssel habe ich ja, damit knacke ich das Schloss mit einem Flügelschlag. Aber selbst Bacon mit seiner Stärke könnte mich nicht bis zur Türklinke befördern«, äußerte Sheila ihre Sorgen. Hasibal und Bee-A jedoch grinsten sich so breit an, als wäre die Tür bereits geöffnet.

»Bacon, du bildest die Basis am Boden. Bee-A und ich klettern auf deinen Rücken und bilden für Eddi eine stabile Grundlage. So müssten wir hoch genug kommen, damit Sheila die Türklinke erreicht.«

»Eine Cheerleaderpyramide!«, rief Sheila begeistert aus. »So schaffen wir das!«

Nicht nur die Tür bewältigten die Plüschies, sie fanden auch sehr schnell den Karton mit den Aussortierten. Sheila rief aufgeregt nach Leo, der Näherin und den weiteren Freunden. Die Freude war groß, als alle Antwort gaben.

Die Kellercrew verschaffte sich Zugang zum Kartondeckel. Der Kellerraum der Trampler erwies sich als wahre Schatzkammer an Hilfsmitteln.

Es bedurfte noch ein wenig Geschicklichkeit, die Klebestreifen vom Karton zu lösen. Letztendlich waren ihre Bemühungen jedoch von Erfolg gekrönt. Butterblume, die Schlange Q und George konnten aus dem Karton gerettet werden. Einzig Leo bereitete ihnen Schwierigkeiten. Er lag zu unterst und es würde Zeit kosten, ihn freizubekommen.

Mitten in ihre Überlegungen hinein, wie sie dem Stofflöwen helfen konnten, ertönte aus dem Walkie-Talkie Mörducks Stimme: »Kellercrew, wir haben ein Problem.« Schildi begab sich außer Hörweite, um die anderen nicht von ihrer Mission abzulenken. »Was ist passiert?«

Huskilie kämpfte immer noch mit der Befestigung der Schnur. Zeitgleich arbeiteten Mörduck und Spaceman an einem Plan B, sollten die Reparaturversuche scheitern. Deswegen fehlte Spaceman die Zeit für das unscheinbare Plastikchamäleon, welches versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Auf Plastikspielzeuge war das B-Team im Allgemeinen nicht gut zu sprechen.

»Bitte, du musst mir zuhören. Ich will doch nur helfen«, versuchte es das kleine Spielzeug immer wieder. Bis Spaceman endlich nachgab.

»Also gut. Du siehst, wir haben hier eine Menge zu tun. Was ist es, das du mir so dringend sagen willst?«

»Oberst Lünsch ist mit einer Armee von Spielzeugsoldaten auf dem Weg hier her. Ihr seid verraten worden«, platzte es aus dem Chamäleon heraus.

Spaceman hielt alarmiert inne. »Und wieso erzählst du mir das? Du bist auch ein Plastikspielzeug.«

Das Chamäleon sah Spaceman tief in die Augen. »Ich glaube daran, dass Plastik-, Plüsch-, Metall-, Elektronik- und was auch immer für Spielzeuge in Frieden miteinander existieren können.« Und nach einer kurzen Pause fügte es hinzu: »Außerdem bin ich ein riesiger Fan vom B-Team. Ihr seid einfach spitze!«

Nachdem sich Spaceman mit Mörduck, Minime, Monchi und Schäfchen beraten hatte, entschieden sie, dem Plastikspielzeug Glauben zu schenken. Der Aussage des Chamäleons nach blieb nur noch wenig Zeit. Oberst Lünsch und seine Truppen beabsichtigten, sich über einen Trampler einschleusen zu lassen. Waren sie erst einmal im Treppenhaus, dann wäre zumindest der Kellercrew jede Fluchtmöglichkeit in die Wohnung zurück verbaut.

»Wir müssen umdisponieren und uns vorbereiten«, ergriff Mörduck die Initiative sowie das Walkie-Talkie.

»Leute? Hey, Leute, hört doch mal«, versuchte sich Schildi, Aufmerksamkeit zu verschaffen. »Hasibal. Bee-A. Huhu! Wir haben einen Verräter in unseren Reihen. Ich soll sagen, Oberst LÜNSCH ist auf dem Weg hierher …«

Mit einem Mal hatte Schildi die volle Aufmerksamkeit von den Mitgliedern des B-Teams. Bee-A kam ihm sogar ziemlich nahe und wirkte dabei sehr bedrohlich.

»Sag das noch mal!«, brummte er Schildi an.

Hasibal jedoch ging sehr schnell dazwischen: »Keine Zeit für lange Reden oder Streitigkeiten. Wenn das stimmt, müssen wir sofort handeln.«

Schildi fasste so kurz wie möglich zusammen: »Spaceman wurde gewarnt. Lünsch wird über den Haupteingang ins Treppenhaus kommen. Die oben bringen alles in Sicherheit, was dem Feind, so sagte Mörduck, nicht in die Hände fallen darf. Und er meinte noch so etwas, wie einen Fluchtweg schaffen, in der Verteidigung seien wir auf uns selbst gestellt und wir sollen uns zum Kellerfenster hin verschanzen und versuchen, das Ding aufzubekommen. Und ich glaube, er äußerte etwas von wir sollen drohen.«

»Ich glaube, er meinte, er schickt uns die Drohne«, entgegnete Hasibal gelassen.

»Ja, das ergibt mehr Sinn«, stimmte Schildi zu.

Bee-A brauste auf: »Verschanzen und flüchten? Dass ich nicht lache. Wir brechen durch ihre Linien und werfen sie in den Keller. Da können sie dann verrotten.«

Hasibal knabberte an seiner Karotte. »Ein hervorragender Ansatz, mein lieber Bee-A. Allerdings verrottet Plastik nicht so schnell. Besser wir sehen zu, aus dem Keller raus zu kommen.«

Die Stoffhummel grummelte. Doch Hasibal kam bereits mit einem Plan daher: »Keine Sorge. Du kommst schon auf deine Kosten. Wir fahren zweigleisig. Ich habe in der Ecke des Kellers eine aussortierte Rennbahn für Spielzeugautos gesehen. Bee-A, hol Huskilie und seht zu, dass ihr das Ding am Fuß der Treppe zum Laufen bekommt. Ihr anderen kommt mit mir. Wir werden jetzt zu Bergsteigern.«

In der oberen Etage waren die Plüschies ebenfalls fleißig mit den Vorbereitungen beschäftigt.

Monchi positionierte ein ferngesteuertes Fahrzeug im Flur unter den Briefkästen. Spielzeugfahrzeuge waren seine Leidenschaft.

Mörduck konzentrierte sich derweil voll und ganz auf die Drohne. Zu ihrer Ausrüstung gehörte ein kleiner Greifarm, der sich ebenfalls über die Fernbedienung steuern ließ. Er musste nur noch montiert werden.

»Ich übernehme schon einmal das Fenster, dann kannst du gleich starten, sobald der Haken hängt«, stellte Monchi seine Fertigkeiten als nächstes zur Verfügung.

»Spaceman mein Freund, schau mal, was ich hier gefunden habe«, rief Minime begeistert aus und brachte ihm eine Schachtel mit Magneten. »Die sind mächtig heftig. Die Trampler spielen damit. Legen sie nacheinander auf den Tisch. Und wenn sich zwei davon zu nahe kommen … zwusch-klack!«

Über Spacemans Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »In Ordnung, hört mir zu. Unser Kellerteam wird sich zu verteidigen wissen. Sie werden durch das Kellerfenster entkommen. Wir müssen nur verhindern, dass Oberst Lünsch in unser Tramplerquartier eindringt. So lange es möglich ist, werden wir ihn und seine Truppen im Treppenhaus in Schach halten. Doch die eigentliche Aufgabe, die höchste Priorität hat: Wir holen unsere Leute mit der Drohne hoch.«

Oberst Lünsch war eingetroffen, geliefert von einem Boten der Trampler. Dieser hatte einen lädierten Pappkarton einfach vor die Hauseingangstür geworfen. Für Oberst Lünsch und seine grünen Spielzeugsoldaten stellte ein Entkommen aus dem zugeklebten Karton kaum ein Hindernis dar.

Die Kellercrew befand sich währenddessen noch in der Vorbereitungsphase. Bee-A und Huskilie vervollständigten die Rennbahn mit zwei strategisch installierten Beschleunigern. Hasibal und der Rest der Truppe bauten derweil aus Teilen des Kellerinventars einen Zugang zum Fenster. Werkzeug fand sich genug, sodass Sheila zuversichtlich ans Werk ging.

Eddi platzierte einige Mausefallen, die es im Keller im Überfluss gab. Und Schildi wurde von Mörduck immer auf den neusten Stand der Dinge gebracht.

»Sie sind im Anmarsch. Formieren sich da draußen gerade. Ich kann durch die Scheibe noch nichts erkennen. Aber doch, warte … ich fasse es nicht. Die kommen durch den Zeitungsschlitz!«

»Feind im Anmarsch«, gab Schildi weiter und spornte den Trupp umso mehr an.

Es erleichterte sie, Sheilas begeisterten Ausruf zu hören: »Geschafft! Einer nach dem anderen kann jetzt raus.«

Eddi gab die Information an Bee-A und Huskilie weiter. »Wir müssen nicht mehr lange durchhalten. Die ersten werden bereits evakuiert.«

»Dann nimm diesen zerfledderten Plüschhund hier mit. Ich schaffe das alleine. Gebt mir Bescheid, wenn alle draußen sind«, wies Bee-A das Erdmännchen an.

Ehe Huskilie empört antworten konnte, ertönten von oben erste Kampfgeräusche.

»Was ist das?«, fragte Eddi verunsichert.

»Das klingt nach den üblichen Gewehrschüssen der grünen Spielzeugsoldaten«, gab Bee-A eine Erklärung ab. »Und jetzt macht euch vom Acker.«

Unversehens erfüllte ein lauter Knall das Treppenhaus, dem weitere heftige Salven folgten. Huskilie beschloss, der Aufforderung der grummeligen Plüschhummel lieber nachzukommen. Ehe er jedoch den Aufstieg zum Kellerfenster in Angriff nahm, hielt Huskilie kurz inne. Durch ein Loch im Karton blinzelte ihm Leo zu.

»Hey, alter Haudegen. Du bist ja immer noch hier«, stieß Huskilie mit rauer Stimme hervor. Der Stofflöwe hingegen antwortete eher unbekümmert: »Gräme dich nicht. Abschied ist ein natürlicher Teil des Seins. Ich habe meine Sache hier getan. Es wird Zeit, das Zepter weiter zu reichen. Und denke immer daran: Die Furcht vor Verlust ist ein Pfad zur dunklen Seite.«

Huskilie lächelte wehmütig. »Mach’s gut, und danke für alles, mein Freund.«

Monchi hatte bis zur Aufstellung der ersten Kompanien gewartet. Kaum standen vier mal fünfzig Einheiten bereit und feuerten auf den Befehl von Oberst Lünsch eine Warnsalve in die Luft, ergriff Monchi die Fernbedienung. Er ließ den ferngesteuerten Wagen gekonnt aus seiner Ecke heraus flitzen und schleuderte damit die ersten Einheiten ähnlich wie Bowlingfiguren zur Seite. Schäfchen, die hinter der Tür hervorlugte, jubelte begeistert.

Oberst Lünsch reagierte wie erwartet: Er brachte weiteres Kanonenfutter an die Front. Seine Einheiten formierten sich in dichterer Gliederung. Statt 200 standen ihnen jetzt bestimmt 2000 Mann entgegen.

Es stand außer Frage, mit ihrem Überraschungsmoment ein zweites Mal punkten zu können. So blieb Monchi nur eins zu tun: »Spaceman, schließen wir die Tür?«

Der plüschige Fuchs nickte Monchi verschmitzt zu.

»Nur noch einen Augenblick. Ich möchte sehen was passiert, wenn sie dem ersten Magneten begegnen …« Es dauerte nicht lange, bis Spacemans Wunsch erfüllt wurde. Oberst Lünsch ließ seine grünen Spielzeugsoldaten direkt ins Verderben laufen. So eng aufgestellt blieb es nicht aus, bis die erste Einheit an einen der Magneten geriet. Dieser schlitterte leicht über den Boden und geriet in den Bereich der Anziehungskraft eines weiteren Magneten. Ein hartes Knallgeräusch hallte durch das Treppenhaus und einige der Soldaten wurden von den Beinen gerissen, flogen dabei teils durch die Luft und rissen weitere Kameraden mit sich. Zeit für Spaceman, der Kettenreaktion ihren Lauf zu lassen und Schäfchen ein charmantes Lächeln zu schenken: »Jetzt – mach mir den wilden Krieger, meine Liebe!«

Schäfchen reagierte mit einem Knicks, schmunzelte leicht und sprang dann mit ganzer Kraft gegen die Haustür. Während die Tür mit einem lauten Rumms ins Schloss fiel, prallte Schäfchen ab und hüpfte vor Begeisterung durch den Flur.

»Wunderbar! Was für ein starkes Schaf. Überhaupt. Ihr seid einfach fantastisch. Und jetzt die Tür verbarrikadieren. Oberst Lünsch darf auf gar keinen Fall Zutritt zur Wohnung bekommen, bevor die Trampler zurückkehren«, zeigte sich Spaceman enthusiastisch über dein Einsatz der Plüschies.

Bee-A hielt die Stellung am Fuße der Treppe. Erst, als sich erste Einheiten von Oberst Lünsch am Treppenabsatz zeigten, schickte Bee-A die Spielzeugautos auf die Piste. Ein selbstzufriedenes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als die Wagen nur wenige Zentimeter über die oberste Stufe schossen und dabei ein um den anderen grünen Spielzeugsoldaten mit sich rissen.

Gerade, als Bee-A sich fragte, wie lange er noch die Stellung halten müsse, ertönte Sheilas Signal zum Rückzug. Eddi erwartete ihn bereits am Mausefallen-Parkour. So schnell Bee-A konnte, folgte er dem Erdmännchen auf dem schmalen Pfad durch das Labyrinth. Und das genau im richtigen Moment.