Jeden Tag ein neues Ja - Ira Schneider - E-Book

Jeden Tag ein neues Ja E-Book

Ira Schneider

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Beschreibung

Wünscht ihr euch mehr Verbundenheit und ein tieferes Verständnis füreinander? Seid ihr neugierig, eure gemeinsame Berufung zu entdecken? Dieses Buch unterstützt euch mit vielen Übungen, psychologischem Wissen und persönlichen Einblicken dabei, eure Beziehung zu gestalten, hilfreiche Gewohnheiten zu entwickeln und an einem festen Fundament für eure Paarbeziehung zu bauen. Das bedeutet auch, altes Gepäck aus der Herkunftsfamilie anzuschauen und gemeinsam aufzuarbeiten. Dieses Buch ist ein Begleiter für eine Reise hin zu einem liebevollen und nachhaltigen Miteinander. Macht euch auf den Weg, euer Ja füreinander täglich lebendig werden zu lassen!

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Seitenzahl: 260

Veröffentlichungsjahr: 2024

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IRA SCHNEIDER arbeitet als Paartherapeutin und Autorin. Zudem ist sie als Dozentin an der team-f-Akademie und in einer psychologischen Beratungsinstitution für Paare, Einzelne und Familien tätig. Gemeinsam mit ihrem Mann leitet sie die Paararbeit der Stadtkirche 316.

www.schneider-ira.com

Wollt ihr einander emotional nah sein – euer Leben lang?

Dieses Buch begleitet euch auf der Reise hin zu einem liebevollen und nachhaltigen Miteinander. Unterwegs werdet ihr auch Gepäck aus den Herkunftsfamilien aufarbeiten und euch auf die Suche nach eurer gemeinsamen Berufung machen. Viele Übungen, psychologisches Wissen und persönliche Einblicke unterstützen euch dabei, eure Beziehung bewusst zu gestalten, hilfreiche Gewohnheiten zu entwickeln und an einem festen Fundament für euch als Paar zu bauen.

Lasst euer Ja füreinander täglich lebendig werden!

Stimmen zum Buch

»Hoch inspirierend und lesenswert – ein absolutes Must-read für jedes Paar, das die Liebe und das Leben liebt.«

MARCUS BEIER, Redakteur bei FAMILY

»Ein wertvolles Buch, das Paare in die Tiefe führt.«

SUSANNE MOCKLER, Paartherapeutin und Autorin

»Ira Schneider ist Expertin und Überzeugungstäterin. Das merkt man dem Buch in jeder Zeile an.«

CHRISTOF KLENK, Redaktionsleiter von P&S

»Ein wertvolles Buch, das Paare in die Tiefe führt. Es lädt ein, Beziehungsmuster zu reflektieren und ein ganzheitliches JA zueinander zu etablieren. Ira Schneider schreibt sehr persönlich und zugleich fachlich kompetent – ihre paartherapeutische Expertise fließt auch in vielen praktischen Anregungen zur Stärkung der Beziehung ein.«

SUSANNE MOCKLER, Paartherapeutin und Autorin

»Ein inspirierender Ratgeber voller Leidenschaft für starke Ehen! Die persönliche Geschichte der Autorin verleihen diesem Buch Authentizität und Tiefe. Die gelungene Mischung aus Theorie und praktischen Anwendungen macht es zu einem wertvollen Begleiter für alle, die ihre Partnerschaft vertiefen möchten.«

MARC BARETH, Leiter FAMILYLIFE Schweiz

»Ira Schneider trifft den Nagel auf den Kopf: Eine gelingende Beziehung, eine erfüllte Ehe ist weder ein Zufallsprodukt, noch kommt sie von ganz allein. Es bedarf der ständigen Hinwendung, der Pflege und des Ja-Sagens. Mit hilfreichen Tipps, Fragebögen, persönlichen Einblicken und immer wieder einem freudigen Augenzwinkern begleitet Ira Schneider Paare auf dem Weg und hilft ihnen, ihre Beziehung und ihre Liebe bewusst zu leben, zu gestalten und immer wieder neu zu entdecken. Hoch inspirierend und lesenswert – ein absolutes Must-read für jedes Paar, das die Liebe und das Leben liebt.«

MARCUS BEIER, Redakteur bei FAMILY

»Dieses Buch fordert Paare heraus, der Ehe einen ganz besonderen Stellenwert zu geben. Wer gedacht hat, dass Ehe etwas Verstaubtes sein muss, erlebt etwas Erfrischendes. Eher wird ihr Potenzial deutlich – Ehe als bunt bemalte Leinwand statt trübem Grau. Mit persönlichen Beispielen nimmt Ira ihre Leserschaft mit in ihre Ehe und ermutigt zum proaktiven Gestalten und gemeinsamen Entdecken der Schönheit der eigenen Ehe. Viele praktische Anregungen lassen das Buch zu einem alltagstauglichen Begleiter werden!«

SEBASTIAN TROMMER, Theologe & Leiter der team-f Akademie

»Ira Schneider ist Expertin und Überzeugungstäterin. Das merkt man dem Buch in jeder Zeile an. Sie setzt sich leidenschaftlich für Ehe und Partnerschaft ein, scheut sich nicht davor, ihre eigenen Erfahrungen einzubringen und legt als Paartherapeutin mit vielen guten und praktischen Anregungen die Grundlage dafür, dass auch andere davon profitieren können. Paare erwartet hier keine trockene Lektüre, sondern eine spannende Reise, von der ihr Miteinander profitieren wird!«

CHRISTOF KLENK, Redaktionsleitung von P&S – Magazin für Psychotherapie und Seelsorge

David, deine unerschütterliche Liebe und unsere innige Verbundenheit bleiben mir rätselhaft.

IRA SCHNEIDER

Jeden Tag ein neues Ja

Unsere Ehe als Gestaltungsraum entdecken und eine Segenslinie ziehen

SCM Hänssler ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7649-1 (E-Book)

ISBN 978-3-7751-6240-1 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© 2024 SCM Hänssler in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-haenssler.de · E-Mail: [email protected]

Hauptübersetzung:

Hoffnung für alle ® Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.

Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis –

Brunnen Basel.

Weiter wurden verwendet:

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (LUT 2017)

Neues Leben. Die Bibel © der deutschen Ausgabe 2002 / 2006 / 2017

SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH (NLB)

Lektorat: Mirja Wagner, www.lektorat-punktlandung.de

Umschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, spika-design.de

Titelbild: freepik.com, prolesolesya

Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Inhalt

Für euch!

Eintauchen

Die Paarwelt formen: Eure Paarbiografie entdecken und den Gestaltungsraum füllen

Jeden Tag ein neues Ja: Gewohnheiten und Rituale schaffen

Ehe mit Vision: Eine Segenslinie ziehen

Zwischen Verbindung und Abgrenzung: Grenzen setzen und bewahren

Durch Sprache nah, durch Sprache Paar: Das Sprachrepertoire weiten

Konflikte und ihre Chancen: Von der Spannung zur Nähe finden

Biografische Spuren: Den Rucksack auspacken

Unser seelisches Innenleben als Schlüssel: Im Prozess bleiben

Dranbleiben: Mutige Schritte wagen

Abschlussbrief

Anmerkungen

Für euch!

An alle, die Ja dazu sagen, ihr Potenzial als Paar zu entdecken und auszuschöpfen.An alle, die eine nachhaltige Liebe gemeinsam gestalten wollen.An alle, die begreifen, dass der echte Unterschied im Unsichtbaren seinen Samen trägt.An alle, die der nächsten Generation dabei ein heiles und verheißungsvolles Erbe hinterlassen wollen.An alle, die beweglich sein wollen und ihr Band der Verbindung stärken wollen.An alle, die eine Resonanz der Innigkeit, Nähe und emotionalen Intimität zulassen wollen.An alle, die heute bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, um anderen Paaren den Weg in ein hoffnungsvolles Morgen zu bereiten.Für die, die jetzt schon ihr Inneres bereit machen wollen für eine Paarreise, die noch kommen möge.Für die Verliebten, die von vorneherein ihrer Liebe eine Begleitung schenken wollen.Für die Verlobten, die sich in ein Abenteuer stürzen.Für die Verheirateten, die miteinander unterwegs sind und ihre Paarwelt weiter formen wollen.Für die Kämpfenden, dessen Seelen schmerzvolles Leid spüren.Dieses Buch ist für alle, die Ja sagen. Taucht ein in euer Paarsein!

Eintauchen

Meine und eure Geschichte, die eines jeden Menschen, puzzelt sich aus vielen einschneidenden Momenten zusammen, etliche rote Fäden ziehen sich von der Vergangenheit bis in die Gegenwart. Jede einzelne Geschichte ist dabei unglaublich vielschichtig und Teil des eigenen Lebenspfades. Nicht immer sind die Geschichten von Leichtigkeit durchwoben, manche sind von unbändigem Schmerz durchtränkt. Und dennoch: Sie sind ein Teil von uns und prägen uns. Warum sind mir Paarbeziehungen also so ein dringendes Anliegen? Warum habe ich dieses Buch geschrieben? Um das zu beantworten, nehme ich euch gleich zu Beginn mit an einen Ort, mit in eine schwere Zeit, über die ich als Kind viele Jahre geschwiegen habe. In all ihrer Schwere zeigt diese Geschichte aber auch: Aus Schmerzhaftem kann Gutes erwachsen. Insofern ist sie auch eine Geschichte der Hoffnung – wenngleich auch die Hoffnung zunächst noch auf sich warten ließ.

Der hellrote Koffer

Nichts ahnend komme ich vom Puppenspielen bei meiner Nachbarin nach Hause. Völlig überrumpelt blicke ich in mein Kinderzimmer. Der hellrote Koffer liegt auf meinem Bett. »Pack alles ein, was dir wichtig ist«, flüstert meine Mutter mit ernster und bedachter Stimme. Also nehme ich Happy, meinen Stoffhasen, der darf auf keinen Fall fehlen, und lege ihn und einige andere Dinge in meinen Koffer. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ich viele meiner Spielsachen nie wiedersehen werde. Weiß nicht, was in den nächsten Stunden passieren wird. Weiß nicht, wohin die Reise wirklich gehen wird.

Wir nehmen den Zug. Meine Mutter sagt, wir werden Verwandte in Frankfurt besuchen. Stattdessen werden wir in einer anderen Stadt am Bahnhof von einer fremden Frau abgeholt. Sie führt uns in ein großes, hellhöriges Gebäude. Dort gibt es keine freien Schlafräume mehr. Im Erdgeschoss gibt es einen Raum mit einem Bällebad. Dort wird nun unser Schlafplatz für die nächsten Tage sein. Vor lauter Angst versteckt meine Mutter Portemonnaie und Schlüssel unter dem Kopfkissen. Ich verstehe nicht wirklich, wo wir sind. Aber eins verstehe ich: Wir werden nicht zu unserem alten Leben zurückkehren.

Dies war die Nacht, in der ich alles verlor. Ich verlor meine heil geglaubte Familie. Ich verlor meinen Vater, den ich so schnell nicht wiedersehen würde. Ich verlor meine Freundschaften aus der Schule, dem Hort und der Nachbarschaft. Es gab keinen Abschied. Kein Tschüss. Kein Auf-Wiedersehen. Kein festes Umarmen und Loslassen. Kein Daraufvorbereiten. Keine freie Entscheidung. Kein Verstehen. Da stand nun mein achtjähriges Ich. Ängstlich und orientierungslos. Nichts ahnend und haltlos. Verloren und voller Fragen. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen Raum für meine Tränen. Alles, was mir wichtig war, war, dass Mama sich sicher fühlte. Ich kannte Gott nicht und fühlte mich zutiefst einsam und allein. In dieser Nacht zerbrach nicht nur die Ehe meiner Eltern, sondern alles, was ich hatte. Ich verlor die Kontrolle über mein noch zartes und junges Leben. Es lagen Jahre voller Tränen vor mir. Ich befand mich mitten auf der Flucht, gemeinsam mit meiner Mutter in einem Frauenhaus, und im Trennungskrieg meiner Eltern, der noch viele Jahre nach der Trennung tobte und in dem ich mich zerrissen fühlte. Ich weiß, wie es ist, mit leeren Händen dazustehen und darauf angewiesen zu sein, dass Gott sie füllt. Ich weiß, was es bedeutet, wenn alles in Scherben liegt, mit Gott gemeinsam jeden Splitter aufzuheben und neu zusammenkleben zu müssen.

Warum erzähle ich das alles? Zum einen, weil es deutlich macht, warum Ehe mein Anliegen geworden ist. Zum anderen, weil ich glaube, dass ein gewisses Maß an Verwundbarkeit Nähe schafft. Es kann überwältigend sein, so viele Tipps und Ideen in einem Ratgeber entgegengeworfen zu bekommen. Wenn der Mensch dahinter nicht greifbar wird, kann schnell der falsche Gedanke aufkommen, dass bei mir oder anderen alles glattläuft. Aber das stimmt nicht. Jeder Mensch hat seine Geschichte, hat sein Päckchen zu tragen. Doch ich habe durch die Geschichte meiner Eltern gelernt, dass meine Ehe keine Krise erleben muss, damit ich an ihr arbeite. Mein Mann und ich setzten ab Tag eins auf Prävention. Genauso wenig muss eure Paarbeziehung in eine schwere Krise geraten, und wenn ihr aktuell in einer Krise seid, ist es noch lange nicht das Ende, sondern eine Chance zu wachsen. Wenn ich hier ein Buch über Ehe schreibe, dann also zum einen, weil ich die Abgründe der zerbrochenen Liebesbeziehung meiner Eltern über Jahre hinweg miterleben musste, und zum anderen, weil ich durch Gottes unerschöpfliche Kraft eine unaufhaltsame Hoffnung im Herzen trage.

Euer nachhaltiges Anliegen

Bevor es nun aber richtig losgehen soll, möchte ich erst einmal Hallo sagen. Darum: Hallo, ihr beiden, ich bin begeistert, dass ihr euch und eure Liebe zueinander ernst nehmt und offen seid für einen gemeinsamen Lernweg. Es ist mir eine Ehre, euch auf diesem Weg ein Stück zu begleiten.

Vielleicht fragt ihr euch, was euch hier erwartet. Dieses Buch ist euer Begleiter hin zu einem tieferen und verbindlicheren Ja zueinander. Ich wünsche mir, dass euch dieses Ja an jedem Tag begleitet und sich als eine Haltung, als eine tiefe Ja-Gesinnung, verankert. Diese Gesinnung braucht einen gestalteten Erfahrungsraum, will also geformt werden. Und dieses Buch ist genau dafür da. Ihr könnt es allein oder auch zu zweit lesen, so, wie es für euch passend ist. Es lädt euch ein, zu gestalten und vor allem zu wählen, was euch dabei guttut. Ich decke euch den Tisch mit Ideen und schenke euch einen Blumenstrauß an Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei dürft ihr gern auch zu Kapiteln vorblättern, wenn bestimmte Themen für euch gerade wichtig sind.

Vor euch liegt nun eine Reise hin zu mehr Verbundenheit, auf der ihr seelische Nahrung füreinander erhaltet. Dieses Buch nimmt euch mit zu neuen, aber auch vertrauten Orten, manchmal sogar mit zu alten und vergangenen Seelenorten. Zum Glück seid ihr zwei auf dieser Reise nicht allein: Gott sitzt mit im Boot. Er ist nicht nur der Dritte im Bunde, er ist der, der euch verbindet. Erst wegen ihm gibt es euren Bund. Seid gewiss: Ihr als Paar seid goldrichtig!

Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass ihr hier seid, um eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Es braucht ein Anliegen und eine Berufung, um einen Bund zu leben, der andere bereichert. Um aber ein Anliegen zu entwickeln, braucht es die Möglichkeit, das persönliche Innere in Worte zu fassen. Ein Sprachwerk, das hilft, durch den Alltag zu kommen, und eines, das emotional verbindet. In diesem Buch werdet ihr viele Impulse bekommen, die euch dabei helfen können, genau diesen Sprachraum zu entfalten.

Mein Herzschlag ist da, wo meine größte Wunde sich versteckt hat. Ich kenne den tiefen, zerstörerischen, brennenden Schmerz einer kaputten Ehe in all ihren Facetten und mit all ihren denkbaren und undenkbaren Konsequenzen. Nicht aus meiner eigenen Ehe, aber aus dem Zerbruch der Ehe meiner Eltern.

Da gab es, noch bevor ich das Licht der Welt erblickte, diesen unausgesprochenen und doch zugleich unentrinnbaren Auftrag an mich, die Ehe meiner Eltern zu retten und ihren Mangel, den sie in ihrem Zerbruch erlebten, zu stillen. Diesen Auftrag versuchte ich jahrelang auszufüllen. Unbewusst sicherte er mir meine Daseinsberechtigung zu. Dieses übertragene emotionale Erbe lenkte ganz unbewusst mein Verhalten als Kind.

Über die Jahre hinweg konnte ich mich von diesem Auftrag ablösen und meinen erfahrenen Schmerz in ein segensreiches Anliegen umkehren: meine eigene Ehe zu schützen und zu pflegen und anderen Menschen bezüglich ihrer Ehen als Fachperson zu helfen. Aber ich kenne den verheerenden Schmerz und die zerrütteten Überreste, die ein solcher Zerbruch hinterlässt. Ich kann nachempfinden, was es heißt, in einem Familiensystem voller Störungen aufgewachsen zu sein, und welches unsichtbare Leid all das nach sich ziehen kann. Zudem kenne ich die Brisanz, die eine Scheidung innerhalb einer Schamkultur bedeutet, denn meine Eltern sind in Albanien geboren und aufgewachsen und ich hier. Ja, ich habe in all den Jahren viel Leid erfahren müssen, dadurch habe ich aber auch Verständnis gewonnen, Wissen erlangt, eine Betroffenheit gespürt und letztendlich eine Vision entfalten dürfen. Ich persönlich erkenne mein Anliegen darin, den Schmerz in Ehen zu lindern und Paare in ein nachhaltiges Miteinander zu begleiten.

Als ich mit meinem Mann zusammenkam, war mir aufgrund meiner Kindheitserfahrungen von Anfang an bewusst, welche Verantwortung in unseren Händen liegt. Wie groß und kraftvoll die Aufgabe ist, eine Ehe zu führen, und welchen Schaden die fehlende Bereitschaft zur eigenen Korrektur und Reflexion bewirken kann. Die Scherben meiner Eltern konnte ich nicht aufsammeln. Das hätte nie meine Aufgabe sein sollen. Aber ich durfte eine neue Aufgabe annehmen, nämlich meine Paarbeziehung ab dem ersten Tag gemeinsam mit meinem Mann in eine nachhaltige Segenslinie zu führen.

All die Möglichkeiten, die auf dem Weg eines warmen und weichen Miteinanders liegen, möchte ich an euch weitergeben und euch zur Verfügung stellen, und zwar feinfühlig als Paartherapeutin und zugleich als leidenschaftlich liebende Ehefrau. Jährlich führe ich um die vierhundert Gespräche. Die Hälfte davon sind Paargespräche. Davon habe ich zahlreiche mit meinem Mann gemeinsam geführt. Die Bandbreite ist vielfältig: Einige Paare sind jung, andere mitten im Familienleben und andere in ihren Fünfzigern oder Sechzigern. Und so gieße ich einen kleinen Teil des Wissens, das ich im Studium und in meinen Weiterbildungen erworben habe, und meine Erfahrungen als Paartherapeutin sowie als Ehefrau behutsam in diesen Text und schenke euch all dies mit diesem Buch.

Manchmal ist ein Buch auch eine stellvertretende und übersetzende Stimme. Es kann die Worte aussprechen, die vielleicht gerade fehlen. Das hier ist eine Einladung an euch, gemeinsam loszuziehen und eure Paarbeziehung zu gestalten. Dabei schenkt euch dieses Buch einen Blick auf einen Gott, der euch als Paar in allem zur Seite steht. Schon das allein macht Mut und weckt den Wunsch, sich als Paar ins Abenteuer Ehe zu stürzen. Gottes treuer Zuspruch an euch ist: »Und doch ist es Gott allein, der beides in euch bewirkt: Er schenkt euch den Willen und die Kraft, ihn auch so auszuführen, wie es ihm gefällt« (Philipper 2,13).

Zudem gibt euch dieses Buch drei verschiedene Dinge mit an die Hand:

• Psychoedukatives Wissen: Ihr werdet fachliche und paartherapeutische Inhalte zahlreicher Studien, Lese- und Weiterbildungsstunden entdecken. An dieser Stelle ist mir Folgendes wichtig zu betonen: Ich stelle euch hier viel unterschiedliches Wissen zur Verfügung. Etliches davon habe in Vorlesungen und Weiterbildungen gelernt, und natürlich habe ich die Dinge nicht neu erfunden. Vieles habe ich aufgesaugt und kann nicht mehr genau zuordnen, was ich wann und wo gehört oder gelesen habe, dennoch habe ich versucht, alles transparent zu belegen. Zudem werdet ihr auch viele von mir selbst entwickelte und in der Paartherapie bewährte Methoden und Reflexionsfragen entdecken.

• Alltagseinblicke: Ich schenke euch hier und da in Absprache mit meinem Mann kleine Einblicke in unsere Ehe und in das, wie wir unsere Ja-Gesinnung in unserem Leben gestalten.

• Übungsfelder und Fragen: Immer wieder wird es praktische Abschnitte geben, in denen ihr aktiv werden könnt. Euch erwarten zwischendurch Kästen mit Fragen, die ihr beantworten und über die ihr euch austauchen könnt. Hier begebt ihr euch sozusagen auf euer ganz eigenes Übungsfeld. Am besten legt ihr euch jeder ein Notizbuch und einen Stift parat, damit ihr eure Antworten und Gedanken jeweils notieren könnt.

Allein die Tatsache, dass ihr gemeinsam als Paar oder auch erst mal für euch selbst zu einem Buch über Paarbeziehung greift, offenbart schon, dass ihr eine Ja-Gesinnung habt und diese entfalten wollt. Ihr habt ein Anliegen und den Wunsch einer Ehe, die gelingt. Das ist bereits ein zutiefst edles und nachhaltiges Anliegen.

Die Ja-Gesinnung

Da Gott sein Konzept von Ehe für sehr gut erklärt hat, schaue ich am liebsten auf ihn. Gott ist der Erfinder von Ehe. Gott ist der Eheexperte schlechthin. Die Bibel nennt Jesus »Wunderbarer Ratgeber« (Jesaja 9,5). Wie sehr liebe ich diese Stelle. Er überträgt uns aber auch ganz viel Verantwortung. Wir dürfen entscheiden, wie wir Beziehungen gestalten wollen. Wenn es aber um Veränderungsprozesse geht, dann hat er einen besonderen Rat für uns: »Lasst euch in eurem Denken verändern und euch innerlich ganz neu ausrichten« (Epheser 4,23). Genau das führt mich zu dem schon genannten Begriff: die Ja-Gesinnung.

Was meine ich damit? Kurz: Es ist eine Haltung und eine Art zu denken, die bereit ist, die Paarbeziehung mit allem Wohltuenden, das im Rahmen der Möglichkeiten liegt, zu versorgen. Das bedeutet nicht, völlig grenzenlos ineinander zu verschmelzen, sondern sich innerhalb gesunder Grenzen großzügig einander zuzuwenden und sich gegenseitig seelisch zu nähren. Es ist die Bereitschaft, mit allen Schätzen, die einem emotional, materiell und zeitlich zur Verfügung stehen, seinem Lieblingsmenschen liebevoll zu begegnen und dranzubleiben. Drei besondere Merkmale zeichnen die Ja-Gesinnung aus:

1. Die Ja-Gesinnung priorisiert das Paarsein.

2. Sie legt einen Fokus auf Verbindung und ist bereit, sich emotional zu engagieren, um durch seelische Nahrung in Form von Sprache emotionale Nähe herzustellen.

3. Sie ist so tief in einem Menschen verankert, dass die Bereitschaft, das Paargeschehen zu nähren, zu einem festen Charakterzug wird. Das ist die höchste Stufe der Ja-Gesinnung.

Dieses Buch unterstützt euch dabei, eure Ja-Gesinnung zu schulen, und lädt euch ein, das große Ja, das sich Paare geben, in viele kleine Jas aufzuteilen. Diese vielen kleinen Jas werdet ihr im Laufe des Buches noch kennenlernen.

Von Spaziergängen und Wanderwegen

Ja zu sagen bedeutet, sich all dem Schönen zu widmen, das eine Paarwelt zu bieten hat. Dieses Buch lädt euch ein, euer Paarsein zu feiern – all das Leichte, Fluffige und Blumige zu genießen. Ich nehme euch mit auf Spaziergänge, auf kurze und längere, durch all die schönen Landschaften, die euer Paarsein zu bieten hat.

Wer jedoch eine Weile gemeinsam durchs Leben tanzt, erfährt auch Herausforderungen. Nicht nur ältere Paare, sondern auch viele junge Paare wissen unabweislich: Jedem Paar begegnen Stolpersteine. Das Leben, das uns von außen vor Herausforderungen stellt, aber auch unser emotionales Gepäck, die Anteile, die wir mitbringen, können überwältigend sein. Genau deswegen nimmt euch dieses Buch nicht nur auf Spaziergänge mit, sondern auch auf Wanderwegen, die euch zu Überwindern machen. Gemeinsam machen wir uns mit eurem Gepäck auf durch die Berge und Täler. Dabei gilt es, sich auch den inneren und äußeren Gepäckstücken behutsam zuzuwenden. Viele sind ständig auf der Suche nach neuen Tools, nach etwas, das schnell hilft. Das alles hat seine Berechtigung. Für Wanderwege dagegen braucht man Zeit, um sie zu bewältigen. Genauso kostet es Zeit und Bereitschaft, sich den biografischen Spuren zuzuwenden. Aber es lohnt sich.

Dieser Wanderweg kann für jedes Paar zu einer noch verbundeneren Zukunft führen, denn etwas, das fast jedes Paar nach einigen Sitzungen feststellt, ist, dass man innerhalb einer Beziehung mit seinem Gegenüber so spricht, wie früher mit einem selbst gesprochen wurde, oder dass man sein Gegenüber so erlebt, wie man Bindungspersonen in seiner Kindheit und Jugend erlebt hat. Da wiederholt sich etwas, da wird etwas Altes aktualisiert: Geborgenheit und Schmerz. Macht und Ohnmacht. Vertrauen und Angst. Zuwendung und Abwendung.

Das Gemenge unserer kindlichen Erfahrungen, und zwar sowohl der wohltuenden als auch der schmerzlichen, vermischt sich mit unserem Hier und Jetzt. Muss uns das beunruhigen? Auf keinen Fall: Mit unserem Gegenüber können wir Uraltes überschreiben, ein zutiefst heilsames Korrektiv erleben und neue Beziehungserfahrungen über alte legen. Wir können unseren Lebenspfad neu beschreiben.

Was wir nicht verkennen dürfen, ist, dass wir unsere Prägung nicht einfach abschneiden, uns umdrehen und nach vorne schauen können, als wäre sie bedeutungslos. Sie bleibt bei uns. Sie zählt. Sie ist nicht egal. Sie richtet sich ein und beeinflusst unbewusst unser Handeln und Fühlen im Hier und Jetzt. Wir können sie nicht mal eben wie ein Gewand abstreifen. Nein, sie kommt in einem anderen Kleid immer wieder ans Tageslicht.

Die vergangenen Erfahrungen jedes Einzelnen in seinem ursprünglichen familiären Umfeld und in seiner frühkindlichen Entwicklung haben mit den größten Einfluss auf eine Paarbeziehung. Das Gute ist aber: Alles, was wir verstehen, kann uns daran hindern, unbewusst alte verinnerlichte Reaktionsmuster zu wiederholen. Genau darum wird es in einigen der Kapitel gehen. Denn eins ist paradoxerweise wahr: Zurückblicken bringt Paare nach vorne.

Ob ihr zu Beginn lieber erst einmal spazieren gehen und euch der gemeinsamen Wundertüte des Gestaltens widmen wollt oder gleich mit der Wandertour starten wollt, ist euch überlassen. Ihr entscheidet, was ihr gerade am meisten braucht. So oder so: Ich freue mich auf die gemeinsame Reise mit euch.

Die Paarwelt formen: Eure Paarbiografie entdecken und den Gestaltungsraum füllen

Liebeshormone versus Realität

Wie in vielen Liebesbeziehungen seid auch ihr vermutlich in einem Höhenflug voller explodierender Liebesgefühle durchgestartet. Ich zumindest erinnere mich noch gut an all die Abende, in denen es für mich unmöglich war, aus Braunschweig noch den letzten Zug nach Hannover zu bekommen. David und ich hatten uns aus unseren stundenlangen Gesprächen einfach nicht lösen können, und nicht selten hat er mich noch nachts um 2 Uhr mitten in der Woche nach Hause gefahren. Ein Whatsapp-Chat ist mir noch in lebhafter Erinnerung: Um 4.30 Uhr schrieb er »Gute Nacht« und um 5.20 Uhr »Guten Morgen«. Wenige Stunden später saß ich schon wieder im Zug zu ihm. Ja, verliebt sein ist wie eine Droge! Es ist beflügelnd, es ist aufregend und es ist ein Gefühl der puren Ekstase. Uns schossen all die wunderbaren Gedanken, die wahrscheinlich viele Paare kennen, durch den Kopf: Der andere liebt mich tatsächlich. Wow! Er will mich! Sie will mich!

Mitten im Liebesstrom war uns aber eines bewusst: Wir müssen bewusst investieren. Wir befanden uns zwischen tanzenden Liebeshormonen und unserem realistischen Verstand. Das war der Zeitpunkt, an dem unsere Ja-Gesinnung anfing, sich zu formen. Wir waren in guter Gesellschaft durch unsere Freundschaften, bei denen wir miterleben durften, wie andere in ihre Ehen investiert haben. Immer wieder bin ich dankbar dafür, dass wir direkt zu Beginn unserer Beziehung den Beschluss gefasst haben, Arbeit in unsere Partnerschaft zu investieren. Unser gesunder Verstand hat uns also auf das hingewiesen, was wir in unserem Elternhaus nicht vorgelebt bekommen haben. Auch mein Mann ist ein Trennungskind. Sprich: Wie eine heile und liebevolle Ehe ein Leben lang halten kann, haben wir nicht am Modell lernen können. Daher dachten wir uns, dass es sinnvoll ist, sich direkt auf ein Lernabenteuer zu begeben.

Für mich ist es heute der größte Dienst als Christin, mit meinem Mann gemeinsam unsere Beziehung zu gestalten, denn ich durfte erkennen, welchen Stellenwert Ehe in Gottes Liebesplan mit uns Menschen hat. Eine gesunde Grundlage für die Menschen zu legen, die wir bereits prägen, die wir, wenn wir Eltern werden sollten, prägen werden und die anschließend andere wieder prägen werden, empfinden David und ich als unsere wichtigste und verantwortungsvollste Aufgabe, die uns von Gott übertragen wurde.

So saßen wir sechs Monate nach Beziehungsbeginn in einem Paarseminar und waren schockiert. Da saßen Paare, die dieses Seminar womöglich einige Jahre zu spät gebucht hatten: Paare in der Krise. Und dennoch saßen sie dort, waren einen Schritt gegangen. Das allein zählte. Nicht nur Intervention ist wichtig, sondern auch Prävention. Und genau das kann eine gut gepflegte und wohltrainierte gemeinsame Metaebene leisten: Sie ist sozusagen die Prophylaxe für bevorstehenden Ehekaries. Ehe ist eine echte Chance. Sie ist eine Plattform und ein immenser Gestaltungsraum, den ein Paar betreten, gestalten und erweitern kann.

Deswegen: Ihr habt Platz für eure Liebe, für eure Werte und ihr nehmt Einfluss auf andere, ob ihr wollt oder nicht. Von euch kann etwas ausgehen, das mit Gottes Hilfe zu fließenden Segensströmen werden kann, die in Dürrezeiten erfrischen und Saatböden für andere bereiten.

Eure Paarbiografie

Heute fiel mein Blick auf ein besonderes Bild von mir und meinem Mann. Es ist schon etwas älter und ich muss immer etwas schmunzeln, wenn ich es anschaue. Es ist vier Tage nachdem wir ein Paar geworden waren, entstanden. Ich war auf einer Hochzeit eingeladen und durfte ganz spontan noch mein plus-one mitbringen. Ich finde, man sieht uns unsere Schüchternheit und unser Hals-über-Kopf-verliebt-Sein an. Ich liebe dieses Bild und mag es, damit immer mal wieder durch die Zeit zu reisen.

Wisst ihr, was ich auch liebe? Frisch verliebte Paare und die Art, wie sie sich anhimmeln und nicht voneinander lassen können. Und Paare mitten in der Rushhour des Lebens, wie sie sich zwischen Kindern, Haushalt, Job und Schlaflosigkeit gegenseitig supporten. Paare, die Kinder im Teeniealter haben und Reife und Weisheit durch ihre Erfahrungen ausstrahlen. Und ältere Paare, die über die Jahre hinweg aneinander festgehalten haben und nun Entschleunigung, Zeit und ein leeres Nest mit Neuem füllen. Jedes Paar hat in jeder Lebensphase etwas Inspirierendes, und ich möchte gern von ihnen lernen.

Egal, zu welchem Zeitpunkt ihr dieses Buch in euren Händen haltet, Gott hält Wunderbares für euch bereit. Auch das, was jetzt noch nicht sichtbar ist. Gott schreibt mit jedem Paar eine ganz besondere Geschichte. Und ich freue mich, dass ich mit euch gemeinsam an dieser Geschichte ein wenig mitschreiben darf. Eine Geschichte, die sich wie eine Segenslinie durch die kommenden Generationen ziehen wird. Seid ihr bereit, euch auf das Abenteuer einzulassen? Wenn ich an Geschichten denke, denke ich an die Zukunft. Mein Blick richtet sich nach vorne. Doch in diesem Kapitel möchte ich euch erst mal dazu einladen, auf Zeitreise zu gehen und eure gemeinsame Paarbiografie neu zu entdecken. Ich bin fest davon überzeugt, dass ihr darüber staunen werdet, was euch als Paar ausmacht und was ihr bereits erlebt habt.

Liebesgeschichte

Die schönste Liebesgeschichte aller Zeiten ist eure

»Also, erst sind wir hier entlanggelaufen. Nee, genau genommen da entlang. Und dann sind wir dort noch abgebogen.« So oder so ähnlich klangen die Freunde meines Mannes, als sie uns letztes Jahr besuchten. Sie erzählten mir, wie mein Mann sie den Pfad entlanggeführt hatte, auf dem er mich damals gefragt hatte, ob ich ihn heiraten würde. Abends, als wir alle noch beieinandersaßen und bevor sie mir berichteten, wo sie unterwegs gewesen waren, fragten sie mich, ob ich wohl erraten könne, an welcher Stelle sie zu dritt ein Foto gemacht hätten. Aus irgendeinem Grund ahnte ich sofort, dass es die Stelle war, an der er mir damals den Heiratsantrag gemacht hatte.

Nun ist dieser Antrag bald sechs Jahre her und nach wie vor spüre ich die Funken in meinem Herzen. Allein die Tatsache, dass er seinen Freunden so begeistert und liebevoll davon erzählt hatte, hat mich tief berührt. Zu wissen, dass er unsere gemeinsame Geschichte bewahrt und diese für ihn als besondere Erinnerungsspur verankert ist, bedeutet mir viel. Immer mal fragen uns Menschen: »Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?«, und diese Frage löst bei uns immer Begeisterung aus. Wir beantworten sie von Herzen gern, da dem Anfang unseres Zusammenkommens ein besonderer Schimmer der Freude innewohnt. Oder wie Hermann Hesse es in seinem Gedicht »Stufen« so schön formulierte: »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.«1 Was passiert da eigentlich zu Beginn?

Aus zwei Leben wird ein gemeinsames. Zwei Menschen, die vorher eigene Entscheidungen getroffen haben, entscheiden sich nun fortan, gemeinsam ihren Alltag miteinander zu verweben und in gemeinsamer Absprache zu führen.

Eure Geschichte ist von immenser Bedeutung

Vor allem in Paartherapien, wenn für das Paar die Hoffnung am Horizont kaum noch zu erkennen ist, sind die Fragen über den Beziehungsbeginn und darüber, was es war, was sie am Anfang zusammenbrachte und was sie sich voneinander wünschen, essenziell. Es ist übrigens unheimlich wichtig, dass Paare den Zauber ihres Beginns rückblickend nicht verleugnen oder bagatellisieren. Das bestätigt auch John Gottmann in seinen Forschungsergebnissen. Er fand heraus, dass 94 Prozent aller Paare, die den Anfang ihrer Liebesgeschichte weiterhin als solche betrachten, auch in Zukunft ihre Ehe glücklich gestalten.2

Das möchte ich euch an einem interessanten Beispiel verdeutlichen. Zwei Paare waren zu mir gekommen. Beiden stellte ich dieselben Fragen und beide reagierten unterschiedlich auf die Frage nach ihrem Beziehungsbeginn. Ihre Ausgangslage war ähnlich: Beide Paare hatten schwierige Jahre hinter sich und waren überflutet von jahrelanger Verletzung, Enttäuschung und Wut. Die Sitzungen verliefen zäh. Die Kooperation hielt sich in Grenzen und ich spürte kein Gefühl mehr bei den Paaren. Ich fragte mich, weshalb sie da waren und was ihr eigentliches Anliegen war. Oft gibt es nämlich auch in Therapieprozessen unausgesprochene Aufträge wie »Verändern Sie bitte meine Partnerin« oder »Sorgen Sie dafür, dass, wenn ich mich bald trenne, mein Partner nicht durchdreht«.

Bei dem einen sehr viel jüngeren Paar erlebte ich folgende Situation: Ich schaute sie ruhig an und fragte: »Was wünschen Sie sich voneinander?«

Es folgte Stille. Eine lange Stille. Ich hielt mit ihnen die Stille aus. Nach einer Weile gaben sie zu verstehen, dass ihnen keine Antwort einfalle.

Also fragte ich: »Was hält Sie noch zusammen?«

Wieder diese Stille. Ich hätte eine Stecknadel fallen lassen können und sie wahrscheinlich gehört.

Also fragte ich sie nach dem Beginn ihrer Beziehung: »Was haben Sie zu Beginn Ihrer Beziehung aneinander geschätzt?«

Erneut Stille. Da war dicke Luft. Da war Schwere. Da war tatsächlich wenig Hoffnung auf Besserung.

Ganz anders reagierte das andere, ältere Paar, das ebenfalls eine herausfordernde Zeit durchlebte. Sie konnten für einige Augenblicke Freude empfinden. Zuvor nahm ihr Schmerz sie noch ein, doch bei dieser Frage sprudelte es auf einmal aus ihnen heraus: »Das ist unsere Lieblingsgeschichte!«

Was für ein wunderbares Zeichen, wenn der Anfang der Paargeschichte positiv verankert ist.

Ein kleiner Einblick: Die Kennenlerngeschichte von mir und meinem Mann

Als hoffnungslose Romantikerin liebe ich alle Kennenlerngeschichten von Paaren, deswegen möchte ich euch auch einen kleinen Einblick in Davids und meine Geschichte geben. Und da es im Anschluss daran gleich um eure Geschichte gehen wird, kann sie euch vielleicht als ein Mutmacher dafür dienen, wie schön es sein kann, sich an die ersten Tage und Wochen zu erinnern.