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Pilgern - Neues entdecken - Neu werden. Amen. Wer mal mit etwas Abstand auf sein Leben blicken möchte, der gehe den Jakobsweg. Der eigene Weg entsteht im eigenen Gehen und Entscheiden und führt neben schönen, aufregenden und erlebnisreichen Naturpfaden und Ortschaften auch ins Innere der Beweggründe, warum der Mensch nach Lebenssinn und Selbstfindung sucht. Alles, was Augen und Ohren erfreut, das erfreut dann ja wohl auch die Seele. Dieses Buch ist mehr als ein Reisebericht mit Erlebnissen. Der weitgereiste Autor gibt einen kleinen Exkurs in Wissenschaft & Mystik, Meditation, Ernährung im Einklang mit den Naturgesetzen und geht der Frage nach: Woher kommen wir, wohin gehen wir und wer sind wir. Warum gibt es überhaupt etwas? Gibt es einen GOTT? Das Buch ist durchzogen mit Aphorismen, mit Sinnsprüchen aus unterschiedlichen Bereichen, die Lebensäußerungen auf den Punkt bringen. Vielleicht erleichtern sie ja das eine oder andere Leben. Dann freut der Autor sich mit euch. Ahoi! Jeder wird seinen eigenen Schatten voraus auf den Weg werfen. Und dann achtet darauf, was der Weg mit euch macht mit Macht. "Buen Camino - Peregrino"!
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Seitenzahl: 187
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Der Autor:
Schiffsoffizier, Dipl.-Ing., Tauchsportlehrer
Sonstiges:
EKS´ler (Energo-Kybernetische-Strategie;
Managementlehre nach Walter Mewes), Psychotherapie,
Psychophysiognomie, Gesundheitsberater,
Reiki-Meister / Lehrer
Wander-Fasten-Leiter
Die Vorwörter
Mein Jakobsweg
09.10.2011 Auf nach Orisson (ca. 8 km)
10.10.2011 Auf nach Roncevoux (Roncesvalles) (ca.18 km)
11.10.2011 Auf nach Zubiri (ca. 22 km)
12.10.2011 Auf nach Pamplona (ca. 19,5 km)
13.10.2011 Auf nach Zariquiegui (ca. 12 km)
14.10.2011 Auf nach Puente la Reina (ca. 13 km)
15.10.2011 Auf nach Estella (ca. 23 km)
16.10.2011 Auf nach Los Arcos (ca. 22 km)
17.10.2011 Auf nach Viana (ca. 20 km)
18.10.2011 Auf nach Navarrete (ca. 23 km)
19.10.20011 Auf nach Najera (ca. 17 km)
20.10.2011 Auf nach Santo Domingo de la Calzada (ca. 22 km)
21.10.2011 Auf nach Granon (ca. 7 Km)
22.10.2011 Auf nach Tosantos (ca. 22 km)
23.10.2011 Auf nach Villafranca (ca. 7 km)
24.10.2011 Auf nach San Juan de Ortega (ca. 12 km)
25.10.2011 Auf nach Burgos (ca. 28 km)
26.10.2011 Burgos
27.10.2011 Auf nach Hormilos del Camino (ca. 20 km)
28.10.2011 Auf nach Castrojeriz (ca. 20 km)
29.10.2011 Auf nach Carrion de los Condes (ca. 21 km)
30.10.2011 Auf nach Calzadilla de la Cueza (ca. 18 km)
31.10.2011 Auf nach Sahugun (ca. 22 km)
01.11.2011 Auf nach El Burgo Ranero (ca. 18 km)
02.11.2011 Auf nach Leon (ca. 38 km)
03.11.2011 / 04.11.2011 in Leon
05.11.2011 Auf nach Villadangos del Paramo (ca. 26 Km)
06.11.2011 Auf nach Hospital de Orbigo (ca. 11 km)
07.11.2011 Auf nach Astorga (ca. 17 km)
08.11.2011 Auf nach Rabanal del Camino (ca. 22 km) (5€)
09.11.2011 Auf nach El Acebo (ca. 17 km) (5€)
10.11.2011 Auf nach Ponferrada (ca. 17 km) (Spende)
11.11.2011 Auf nach Villafranca del Bierzo (ca. 23km) (8€)
12.11.2011 Auf nach Ruitelan (ca. 22 km) (5 €)
13.11.2011 Auf nach O´ Cebreiro (ca. 12 km) (5€)
14.11.2011 Auf nach Triacastela (ca. 22 km) (5€)
15.11.2011 Auf nach Sarria (ca. 24 km) (5€)
16.11.2011 Auf nach Portomarin (ca. 26 km) (10 €)
17.11.2011 Auf nach Palas de Rei (ca. 28 km) (20€)
18.11.2011 Auf nach Castaneda (ca. 25 km) (10€)
19.11.2011 Auf nach Arca – Pedrouzo (ca. 26 km) (10€)
20.11.2011 Auf nach Santiago de Compostela (ca. 26 km) (12€)
21.11.2011 Santiago de Compostela
Meditation
Gottes Aufgabe
Wissenschaft und Mystik
Geistheilung / Geistchirurgie
Geistiges Reich
Ernährung im Einklang mit den Naturgesetzen
Rezepte
Mein Sichtrad
Literatur
Auch das noch
Ich bin bereits seit langer Zeit, den Jakobsweg zu gehen, bereit. Eigentlich habe ich keine besonderen Erwartungen, aber in mir ist Neugier und Aufbruchstimmung. Ich will den Weg gehen aus spirituellen, philosophischen und sportlichen Gründen. So als Leitlinie. Vielleicht entwickeln sich ja unterwegs auch noch andere Gründe, die mich aufhorchen lassen. Nun – jeder Mensch nimmt sich selbst mit, wenn er in die Ferne schweift.
Ich möchte auch wissen, was der Jakobsweg mit mir macht mit Macht. Na ja, so machtlos wird wohl nichts vorüber gehen. Ich stelle mich darauf ein; dieser Weg ist mehr als nur ein Weg. Außerdem möchte ich meinen Kindern einige dicke Steine aus dem Weg räumen, soweit die geistigen Gesetze es erlauben. Kein normaler sterblicher Mensch kommt als Heiliger auf die Welt. Jeder Mensch hat ein gewisses Maß an Unvollkommenheit im Gepäck, das muss man jedem zugestehen, und jedes Urteil kann deshalb nur relativ sein. Der »karmische Rat« wird es schon im Sinne des Schöpfers richten. Ich gehe später näher darauf ein.
Da irgendwo voraus soll es das »Cruz de Ferros« geben. Wer will, wer hat darf dort seinen voll besprochenen Stein ablegen und sich somit von seelischer Last erleichtern. Ich glaube nicht, dass die »geistige Welt« jedem sogleich jeden Unsinn verzeiht. Aber jeder, der bis dahin zu irgendeiner Einsicht gekommen ist, hat ein gewisses Maß an Vergebung und Erleichterung zu erwarten. Das Gewissen ist voller Wissen, und dieses Wissen ist sehr gerissen, denn es meldet sich immer wieder. Einige der Erdenbürger sind allerdings noch immer auf der Suche nach ihrem Gewissen. Aber dafür ist letztendlich jeder selbst verantwortlich. Vieles verstehen bedeutet auch, vieles verzeihen. Und das gilt auch für die »geistige Welt«. Dabei geht es für den Einsichtigen um die Möglichkeit, ein Manko, eine Ungerechtigkeit wieder auszugleichen. Da schaue ich nochmal genauer hin. Später.
Denn – ich habe gehört, dass viele Pilger unbedingt etwas ausgleichen wollen. Wir brauchen Freiheit zu positivem Tun und Sein. Freiheit ist der Weg auf der Suche nach einer inneren Heimat, einem Ort, an dem wir uns selbst ohne Scheu und ohne Vorgabe so begegnen können, wie wir vom Ursprung her sind. Wenn wir etwas sein wollen, was wir im Grunde genommen nicht wirklich sind, dann sind wir nicht mehr frei. Freiheit kann auch bedeuten, frei von der Meinung oder dem Wohlwollen anderer zu sein. Segensreich für jedes Individuum ist die Möglichkeit, sich nach eigenen Wünschen freiwillig entwickeln zu können, statt sich nach Vorgaben anderer entwickeln zu müssen.
Viele Menschen übernehmen ungeprüft für sie Unbekanntes und lehnen ungeprüft für sie Unbekanntes ab.
Ich möchte auch den Zusammenhang zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt beleuchten und lasse Naturwissenschaftler und Geistheiler zu Wort kommen. Eigene Nachforschungen und Erlebnisse runden das Weltbild ab. Jedenfalls, die erlebten Durchgaben aus einer anderen Welt, die allerding zu der uns bekannten dazugehört, haben meine Sicht der Dinge verändert. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass hinter allem für uns Sichtbaren, hinter allen Formen, gestaltende Kräfte wirksam sind. Und es sind immer die feineren Kräfte, die gröbere Kräfte steuern.
Dieses Buch soll mehr sein als ein Reisebericht mit Erlebnissen. Es soll helfen, die Themen, die mir am Herzen liegen, zu beleuchten und vorzutragen. Woher kommen wir, wohin gehen wir, wer sind wir, wollen viele wissen. Dabei – die meisten Menschen machen sich Gedanken darüber, was nach dem Ableben ist, sie fragen aber nicht, wo sie denn vorher gewesen sind. Hat das Leben auf Erden einen Sinn? Lohnt es sich, sich anzustrengen und ein guter Mensch zu sein? Liegt das Böse wie das Gute bereits im Menschen angelegt? Können, sollen wir das Böse dennoch überwinden? Die Menschheitsgeschichte ist bis zum heutigen Tag voller Gewalt und Schikane. Ich meine damit die Gewalt gegen Menschen, aber auch die Gewalt gegen unsere Mitgeschöpfe, die Tiere. Schrecklich! In der Achtung, Behandlung und in der Gesetzgebung von sogenannten Nutztieren im Verhältnis zu Haustieren herrscht große Widersprüchlichkeit.
Lassen Menschen sich willkürlich einteilen in Freund und Feind? Steckt dahinter eine Kette von Ursache und Wirkung? Mit zunehmendem Alter entsteht in vielen der Wunsch irgendetwas wieder gutzumachen, was man möglicherweise im Leben verpatzt hat. Also, seht das Alter auch als Chance und nicht nur als Belastung. Wenn die Haut so langsam schrumpelt, dann sollte die Seele aufblühen und nochmal so richtig als Sonne weit ins Land und in alle Herzen scheinen. Und somit möchte ich auch älteren Menschen Mut machen und sie auf den Jakobsweg locken. Buen Camino! …. Die Menschen müssen sich nicht auf bestimmte Weise verhalten; sie sind aber auf bestimmte Verhaltensweisen programmiert. Die Menschen wurden so, sie sind so, und sie werden noch lange so bleiben. Machen wir das Beste daraus.
Macht euch die Erde untertan bedeutet nicht, macht sie kaputt in eurem Wahn.
Alle Sinnsprüche in Kursivschrift ohne Namen sind vom Autor.
Ach! Ich pilger jetzt erst mal los. Bis später!
Wohlauf in Gottes schöne Welt, lebe wohl, ade. Wo ist denn bloß mein Jakobsweg? Mehr als nur ein Weg? Wer mal mit etwas Abstand auf das Leben schauen möchte, der gehe den Jakobsweg. Es ist fast nie zu spät dafür. Mal eben aussteigen. Wie jeder besondere Weg, so beginnt auch der Jakobsweg im Kopf. Am Anfang ist da so eine Idee, aber dieser Anfang liegt schon weit zurück. Aber jetzt: Jetzt will ich diese Idee verwirklichen. Der Rucksack ist gepackt.
Erkenne, wo du stehst, wohin du willst. Mach einen Plan. Und dann – geh! Und - sei offen für jede Überraschung. Erkenntnisse und Erleuchtung in Aussicht. Ein fröhliches Lied auf den Lippen ist doch immer recht hilfreich.
Also: Vom Seeweg rauf auf den Jakobsweg; so sagt ein Seemann. Mal sehen, ob der Weg wirklich das Ziel ist. Der Weg das Ziel? Und geht es mal so recht nicht weiter, dann hilft ja wohl die Jakobsleiter. Jeder Seemann weiß, dass es sich dabei um eine Strickleiter handelt. Die Jakobsleiter dient dem Zweck, Höhen und Tiefen zu überwinden. Zum Beispiel, um an einer Bordwand hoch und runter zu krabbeln. Der hl. Jakob weiß das sicherlich. Und nun wissen es auch die Pilger. Die Jakobsleiter wird aber auch als eine Art Verbindung zwischen Himmel und Erde beschrieben. Ich bleibe zunächst mal hier auf Erden.
Liegt das Glück des Menschen nicht auch in der Zielsetzung begründet? Ich will das herausfinden. Also steige ich in Hamburg am 06.10.11 um 05:00 Uhr in den Bus und los geht die Fahrt nach Bayonne in Frankreich. Zielsetzung: Behausung → ZOB → Bayonne → Saint Jean-Pied-de Port → Catedral Santiago de Compostela kurz vor den Altar. Ja, und die vielen kleinen Orte mit den Herbergen und Cafe Bars gehören doch auch dazu. Davon gehe ich jetzt aus. Aber das ist dann immer pure Gegenwart, eingeschlossen in Vergangenheit und Zukunft zum jeweiligen Zeitpunkt. Ich habe schon so eine gewisse Vorahnung und die ist ganz real.
Vieles ist noch nicht bewiesen, aber sinnvoll erahnt.
Das Gestern und das Morgen liegen doch im Jetzt verborgen.
»Vor der Schöpfung gab es weder Zeit noch Dauer.« (Spinoza)
Am 07.10.11 um 04:00 Uhr in der Früh stehe ich an einem Kreisel in Bayonne, dunkel, feucht und kalt. Jetzt muss ich nur noch den Hauptbahnhof finden. Der Busfahrer darf aus organisatorischen Gründen nicht am Hauptbahnhof halten. Ich habe im Bus keinen Stern gesichtet und mit Blick zum Himmel auch nichts Leuchtendes. Aber ich bin schon mal in Bayonne in Frankreich und es läuft mir ein seltsamer, freudiger Schauer über den Rücken. Wer geht, findet seinen Weg.
La, la, la, la, la, 3 Teenager (2 Mädchen, 1 Junge) steuern singend auf mich zu und fragen nach einer Zigarette. »No fumare«, und das wird auch freundlich akzeptiert. Sie haben in einer naheliegenden Disco ein wenig gefeiert. Nett, fröhlich und weiterziehend. Ich lese einmal »Gare« auf einem Schild und dann nur noch andere Richtungshinweise. Nach einer halben Stunde Fußmarsch kommt mir wieder eine kleine Gruppe Jugendlicher entgegen, fröhlich und nett, eben gut drauf. Das tut richtig gut. Es ist wachrüttelnder als eine Tasse Kaffee. Obwohl – die hätte ich jetzt auch sehr gerne. Ich frage auf Englisch nach dem Weg zum Bahnhof und werde prompt von einem Mädchen untergehakt und schon geht die Reise los. »Wir bringen dich dorthin«: meinte die süße Kleine oder die kleine Süße auf Englisch. Das Leben macht doch so richtig Spaß. Es entwickelt sich eine heitere Konversation; englisch, spanisch, französisch, deutsch, von allem ein bisschen und vor allem, lustig. Ich erfahre, dass die Mädchen und Jungen nach 3 Stunden Schlaf auch noch in die Schule müssen. Na, das wird wohl ein sehr anstrengender Tag. Für mich sicherlich auch. Am Bahnhof angelangt – alles geschlossen. Es folgt ein herzlicher Abschied von den Mädchen mit Wangenluftküsschen hier und Wangenluftküsschen da und by, by. Wie gesagt, die haben ja noch einen anstrengenden Tag vor sich.
Ich schlendere so hin und her und entdecke eine Gestalt am Boden kauernd, neben sich einen Rucksack. »Nun sag bloß du willst auch den Jakobsweg gehen?« Ja – da kauert Claudia aus Berlin. Wir haben uns sofort eine Menge zu erzählen; Ernährung, gesunde Lebensweise, Sinn des Pilgerns und des Lebens überhaupt. Dann wird es immer ruhiger. Die Müdigkeit breitet sich aus. Verständlich – nach 24 Stunden Busfahrt und den Vorbereitungen. Vor der Abfahrt ist man ja auch schon etwas länger in Aktion gewesen. Wir sind uns einig – eine so lange Busfahrt ist sehr, sehr anstrengend. Es trudeln noch ein paar Pilger aus Deutschland ein. Ja – und alle haben den Jakobsweg im Sinn. Ich bin offensichtlich unter Gleichgesinnten, auch ein erhebendes Gefühl. Die Uhrzeiger rücken auf 06:00 Uhr zu. Endlich – die Türen öffnen sich und der Weg zum Kaffeeautomaten ist frei. Wir gönnen uns ein belebendes Getränk. Die Fahrkarte ziehe ich mir für ca. 10 Euro aus dem Automaten. Um 08:18 Uhr beginnt die Fahrt von Bayonne nach St. Jean-Piet de Port, das sind so schlappe 55 km. Aus welchen Gründen auch immer wird für diesen Tag der Bus eingesetzt. Es ist wie ein kleiner Ausflug durch eine schöne, bergige Landschaft. Herrlich – diese Eindrücke. Die Müdigkeit macht diesen herrlichen Eindrücken Platz. Augen und Ohren sind weit auf Empfang gestellt. Gedanken tauchen auf, werden durch andere abgelöst, werden verknüpft, geordnet und immer weiter so. Die Seele findet ihre Nahrung.
Ein Gedanke ist die Reproduktion einer Sinneswahrnehmung.
Daraus ergeben sich Vorstellungsbilder.
Denken ist dann das Ordnen von Vorstellungsbildern.
Durch fortwährende Rückkopplungen vermehren sich Erkenntnisse.
Und ich stelle mir vor, dass ich diese Höhenunterschiede sehr bald mit Rucksack auf dem Rücken, mit eigener Muskelkraft bezwingen muss, weil ich das so will. Und immer wieder: Gedanken – Vorstellungsbilder – Denken. Dieser Vorgang lässt sich so einfach gar nicht anhalten. Das gelingt nur in einer tiefen Meditation. Aber darauf möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. Das Thema »Meditation« braucht ein ganz eigenes Kapitel.
Nach ca. 1 Std. Fahrtzeit ist es dann soweit. Aktion – alle aussteigen. In Saint-Jean-Pied-de Port wandere ich durch die alten, schmalen Gassen und stehe plötzlich neugierig vor einem kleinen Pilgerbüro. Hier herrscht bereits reges Treiben. Die einen strömen hinein, die anderen strömen hinaus. Alle lustig, alle fröhlich – herrlich. Ja, so macht das Leben Spaß! Ich gönne mir einen großen, tiefen Atemzug, spüre dem nach und trete ein.
Was hält die Menschen davon ab, immer fröhlich, immer lustig zu sein? Diese Frage muss sich zunächst einmal jeder selbst beantworten, durch eine intensive Innenschau. Mir fällt bestimmt noch etwas dazu ein – später.
Und dann wohl das Übliche: Anmeldung, Pilgerausweis, Unterkunftsliste und Tipps und Tricks. Im Office spricht man Französisch, Spanisch, Englisch, ja sogar ein bisschen Deutsch. Ich finde eine kleine Herberge für 15 € pro Nacht inkl. Frühstück. Frühstück? Glück gehabt: Ich bewohne einen 5-Betten-Raum ganz alleine. Also – keine anderen Schnarcher um mich herum. Das hat mir Stefanie aus der Schweiz verschafft. Stefanie ist hier hängen geblieben. Der Besitzer dieser Herberge hat sie irgendwie eingefangen und sie hat sich offensichtlich gerne einfangen lassen. Ja, auch das hat etwas mit dem Jakobsweg zu tun. Nun hilft sie bereits seit 3 Wochen bei allen anfallenden Arbeiten. Viel Glück auf dem Weg durch das Leben. Auf mich wartet der Jakobsweg. Die einen sind Gebliebene, die anderen sind Getriebene. Ja, so treibt mich der Wind des Lebens. Der Mensch sucht irgendwie das Glück, ohne genau zu wissen was das überhaupt ist. Aber dazu später. Mir fällt bestimmt noch etwas dazu ein.
Ich halte ein ausgedehntes Mittagsschläfchen, tief und fest. So nach ca. 3 Stunden ist die Lebensenergie in den Zellen soweit aufgebaut, dass es mich nach Taten drängt. Und los gehts auf Besichtigungstour. Hier ein Häppchen und ein Bierchen und so schlängelt man sich durch den kleinen Ort, der voller Pilger ist, begleitet von einer permanenten, unterschwelligen Aufbruchstimmung. Ich habe den Wunsch, an diesem Ort noch ein wenig zu verweilen. Bloß keine Hetze. Abends bin ich dann in lustiger Gesellschaft. Da steht Stephen aus Schottland an der Bar und erzählt aus seinem Leben. Er lebt mit seiner Familie bereits seit 5 Jahren in St-Jean-Pied-de-Port und baut gerade ein Haus. Stephen ist EDV-Fachmann, schwärmt von dieser Gegend und will auch nicht mehr von hier fort. Den Jakobsweg will er irgendwann einmal gehen.
Die Zeit schreitet fort und so gegen 22:00 Uhr kommt eine Gruppe Basken ins Lokal, laut, lustig und so richtig in Feierlaune. Na klar! Ein hübsches Baskenmädchen wird sehr bald 26 Jahre alt. Ich bin mitten im Geschehen und lasse es geschehen und singe dem Geburtstagskind ein deutsches Geburtstagslied. Es wird auf einmal sehr ruhig und dann durch den tosenden Beifall wieder sehr laut. Der deutsche Gesang kommt gut an. Mein Sektglas wird immer wieder aufgefüllt, dafür sorgt das Geburtstagskind. So und jetzt nochmal von allen Gästen das »Happy Birthday to you« - und so weiter und so schön. Es ist 02:00 Uhr und die Party ist zu Ende. Na ja – das reicht ja auch. Schließlich habe ich eine anstrengende Wanderung vor mir. Die Lokale schließen, es wird immer ruhiger und ruhiger im Ort.
Der Mensch ist gut, der Mensch ist schlecht,
ist oft im Fischteich wie ein Hecht.
Und kann er nicht im Fischteich sein,
fällt selbst die Menschlichkeit ihm ein.
Und plötzlich lernt er auch das Beten,
in frühen Stunden wie in späten.
Das ist mir heute ganz spontan eingefallen. Ich erwarte auf dieser Wanderung noch etliche Blitze. Achtung! Was für den einen ist der Blitz, für andere ein schlechter Witz. Der Empfänger hat immer die Deutungsvollmacht. Ja, so ist sie, die duale Welt. Wäre alles grün, könnten wir grün nicht erkennen.
07:00 Uhr: Mein Wecker holt mich zurück aus meiner Traumwelt.
Frisch aufgewacht, das Kreuz gemacht und
dann mit Schwung den hellen Sprung.
Ich freue mich, dass ich um mich selbst wissend in der Welt bin. Ein sehr schönes, gesundes Gefühl. Ja - das ist Selbstbewusstsein. Man ist sich selbst bewusst, dass man lebt. Niemand muss es bestätigen.
Zähne putzen, waschen und runter gehts an den Frühstückstisch. Hier sitzt schon internationales Publikum in angeregter, freundlicher Unterhaltung. Es gibt ein typisches französisches Frühstück. Gegenüber an der Ecke ist ein kleiner Supermarkt. Hier finde ich mein Vollkornbrot (pan comlete). Ich brauche ja schließlich eine kleine Kraftquelle. Den Rest kann ich aus der Bauch- und Hüftregion so nach und nach zuschießen. Da hat sich in letzter Zeit viel potenzielle Energie angesammelt und kann nun für einen guten Zweck umgewandelt werden in kinetische Energie.
09:30 Uhr Abmarsch – nach oben ist mein Blick gerichtet. Oh, welch steiler Weg; Kondition, wo bist du? Ich hoffe, dass sie sich so nach und nach aufbauen wird. Die Zeiten bis zur nächsten Pause werden immer kürzer, die Pausen immer länger. Und dann endlich liegt die Herberge Orisson in der Kurve. Welch ein Lichtblick!
Welch eine Freude! Ich hab das erste Stück geschafft. Nun bin ich geschafft. Eigenes Übergewicht plus Rucksack (ca. 12 kg) zehren doch sehr an den Kräften. Ach, hätte ich doch vorher mal ausreichend trainiert. Eine späte Erkenntnis. Ich spüre meinen ganzen Körper, viele Muskeln, Sehnen und Bänder – Aua, Aua. Also – das ist doch etwas, das entwicklungsfähig ist.
Auf Mut und Vertrauen will ich bauen.
Je später du zur Einsicht gelangst,
desto weiter bist du achterausgesegelt,
umso mehr musst du wieder wettmachen.
Um es mal maritim auszudrücken.
Es ist zwar noch früher Nachmittag – aber mir reichts. Bis zur nächsten Herberge müsste ich noch 18 km humpeln. Mein Körper sagt mir; ich soll hier bleiben. Gut!
»Höre auf deinen Körper, er ist klüger als du denkst.« (Finnland)
Die Herberge bietet Bett mit Abendessen und Frühstück und einen 5 Minuten-Chip zum Duschen für 31 Euro (oder Teuro). Ich habe keine andere Wahl - und bezahl. Duschen, frische Kleidung und ab aufs Bett. Diese 3 Dinge sind nun das Wichtigste. Ein Gefühl der Bescheidenheit und Dankbarkeit macht sich in mir breit, wie in einer tiefen transzendentalen Meditation. Abends dann so gegen 19:00 Uhr Abendmahl in gemütlicher, lustiger Runde. Die Pilger haben sich alle ein wenig erholt und können ihre Aufmerksamkeit nun auf die kulinarischen Genüsse lenken. Wer oder was lenkt denn da? Vater mit Tochter sitzen neben mir und sie erzählen mir etwas aus dem Leben.
Ach, her je! Mit 31 Teuro habe ich ja gar nicht gerechnet. Nun habe ich kein Geld mehr im Portemonnaie und es befindet sich in dieser Wildnis auch keine ATM. Das ist mal wieder ein recht fremdes Gefühl, so ganz ohne Geld in der Welt. David, der Amerikaner, bemerkt meine Situation und gibt mir wie selbstverständlich 40 € - einfach so und so wie ich. Ja – so handle auch ich in bestimmten Situationen. Manchmal bekomme ich das Geld zurück, aber manchmal auch nicht. Glück oder Pech. 22:00 Uhr - Licht aus und das Schnarchkonzert kann beginnen. Ich liege in einem Raum mit vier Betten und schlafe tief und fest einen erholsamen Schlaf.
07:00 Uhr und wieder mal heißt es:
Frisch aufgewacht, das Kreuz gemacht und
dann mit Schwung den hellen Sprung.
Das Frühstück kann man wiederum nicht als Energielieferant bezeichnen. Na ja, die Wasserflasche kann ich füllen und den Rest muss der bereits reduzierte Speckgürtel liefern. Bei nächster Gelegenheit werde ich mir für alle Fälle ein Multi-Vitamin-Präparat kaufen und dann so jeden 2. Tag zum Essen einwerfen. Vorbeugende Sicherheitsmaßnahme nenne ich das. Mit vielen Kalorien wenig leisten oder mit wenig Kalorien viel leisten. Was ist denn nun besser für die Gesundheit? Ich werde es beobachten.
Gesundheit ist ein dynamischer Prozess
zwischen Angriffen und Abwehr.
Reduziere die Angriffe und stärke die Abwehr.
Um 08:00 Uhr verlasse ich die Herberge mit schmerzenden Gliedmaßen. An allen Ecken und Kanten machts Aua! Jedoch – ich bin nicht sauer. Ich hoffe darauf, dass die Schmerzen über kurz oder lang nachlassen. Und tatsächlich – so nach ca. 20 Minuten bin ich fast schmerzfrei. Die komplizierte Konstruktion Mensch muss sich erst einmal einlaufen, ohne dabei sofort einzulaufen. Eine sehr schöne Erfahrung. Das schlägt doch sofort positiv auf das Gemüt, woraus ein starkes Lebensgefühl erblüht. Und so wandere ich durch die Natur und schaue dabei gar nicht auf die Uhr. Das Dopamin fließt und wirkt. Herrlich - diese Einheit im »Sein« mit der Natur. Das ist Freiheit! Das ist Frieden! Und somit ist der Jakobsweg ein Teil des täglichen »Seins«. Manchmal bedeutet Glück einfach nur zu überleben, den Hunger ein wenig zu stillen, eine warme Dusche, ein Bett und ausruhen. Zum Glück gibt es das Glück und das hat auch etwas mit Bescheidenheit und mit Genügsamkeit und geistiger Disziplin zu tun. Das Glück, im Lotto zu gewinnen, ist etwas ganz, ganz anderes.
Es sind oft die kleinen Sachen, die das Leben leichter machen.
Ich fühle mich eins mit der Ursache von allem, was existiert.
Es gibt Menschen, die diese Ursache GOTT nennen. Das sehe ich auch so. Was in der Vorstellung des Menschen vorhanden ist, muss ja nicht zwingend fassbar sein. Ich gehe an anderer Stelle noch einmal darauf ein.
Was man nicht versteht, überschätzt oder unterschätzt man häufig.