JOHN ETTER - Lottosechser - John Etter - E-Book

JOHN ETTER - Lottosechser E-Book

John Etter

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

John Etter - Lottosechser Eine zufällige Bekannte verschwindet spurlos in der wunderschönen Umgebung in Tirol. Was hat der zukünftige Ex-Ehemann damit zu tun - und warum? Was spielen sogenannte Genmanipulationskits, krumme Geldgeschäfte und ein ominöser Lottogewinn für eine Rolle? Machen Sie sich gemeinsam mit John Etter auf den Weg durch den spannenden Ermittlungsdschungel. Lernen Sie dabei die herrliche Umgebung in Tirol und sonderbare Tatsachen in Bezug auf Genmanipulation kennen. Erleben Sie zudem die wundersame Entpuppung einer "zurückhaltenden" Frau zu einem herrlichen Schmetterling. Spannendes Abenteuer in der herrlichen Umgebung von Maurach am Achensee im Tirol. Spannend, realitätsnahe, unterhaltsam. Ein echter John Etter eben.

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Seitenzahl: 193

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JOHN ETTER - Lottosechser

John EtterErstes KennenlernenWanderung mit StörfaktorenSommerflaute?Einfach wegWie sag ich‘s meinem Weib?Wellness mit UnterbrüchenFundstückWellness purNachtschichtMaximilian Drehers GeständnisFrühstück mit UnterbrechungAlinas TraumtagDer Nutzen des KokonsTrackerAngelas ErwachenPolizei InnsbruckDrehers ErwachenEnt-spannungAngespanntBefreitReichVerfolgtGenussVerschwundenIm KrankenhausWartezeitenDas darf nicht wahr seinDer große FehlerSpielhölleDefinitiv vermisstIn Sicherheit?AufgetauchtKein EndeLösung?ZusammenkunftEndspurtMayrs AuftrittTraumzeitWeitere Romane:John Etter – Stummer SchreiJohn Etter - VIRUSDer SchlampDie Marko Marugg StoryDie ErbschaftVersenktTORTURA - ZeitreiseabenteuerTitel - 1VerbranntDie kleine Landmaus KaraISBN 978-3741800948Titel - 2MEINE ORDNUNG! MEIN BUCHDeine Bucket-Liste!Die Fehler im Geldsystem.Danke

John Etter

Privatdetektiv

LOTTOSECHSER

Text: © Silvio Z.. www.silvioz.ch www.john-etter.ch

Umschlaggestaltung: © Silvio Z.

Erstes Kennenlernen

Zum ersten Mal seit drei Jahren fuhr Andreas wieder die Hauptstraße nach Maurach am Achensee hoch. Schon viele Male war er in den letzten zwanzig Jahren diesen Weg hochgefahren, aber noch nie allein.

Er nahm immer die zweite Ausfahrt nach Maurach auf der Autobahn und fuhr so am Panoramarestaurant Kanzelkehre vorbei. Diese Straße fuhr er lieber, als den Weg durch Jenbach. Den Weg nahmen sie manchmal, wenn sie zurück in die Schweiz fuhren.

Er schaute auf den Beifahrersitz. So sehr er es sich auch wünschte, seine Frau saß nicht mehr da. Brigitte, mit der er fast die silberne Hochzeit gefeiert hätte, wäre der Krebs nicht schneller gewesen, fehlte.

Die letzten Jahre hatten ihn mehrfach durchgeschüttelt. Zuerst kam der Tod von Brigitte, die ihm innert weniger Monate entrissen wurde. Viele Wochen hatten sie gebangt, gehofft und am Schluss doch verloren. Er seine geliebte Frau und sie das ausgefüllte Leben an seiner Seite.

Danach stürzte er sich in seine Arbeit als Kommissar der Kriminalpolizei Zürich und konnte so den Tod Brigittes einigermaßen verdrängen und an den freien Tagen den Verlust verarbeiten. Es wenigstens versuchen.

Nach etwa zwei Jahren fühlte er sich wieder halbwegs im Privaten auch als brauchbarer, umgänglicher Mensch, der er nach dem Tod seiner Frau nicht immer war. Er verkehrte wieder vermehrt mit seinen Freunden, welche meist auch Polizisten oder ehemalige Kollegen waren und ihm seine Launigkeit verständnisvoll vergaben.

Doch es wurde sein letztes Jahr als Polizist.

Anlässlich einer Razzia in einem Spiellokal wurde er angeschossen und, obwohl er schnell wieder auf den Beinen war, nahm man die Gelegenheit wahr, ihn in die Frühpension zu schicken. Unzählige Gespräche mit den Vorgesetzten und den Regierungsbehörden fruchteten nichts. Spargründe der Stadt waren wichtiger als ein einzelner Kommissar, der jahrelang seinen Dienst tadellos leistete.

Vor einer Woche hatte er seinen letzten Arbeitstag. Es fand eine ihn unnötig scheinende Abschiedsfeier statt und seine Kollegen hatten gesammelt. Alle wussten von seiner Vorliebe zu den Bergen im Tirol, vom Genießen in Wellnesshotels und den häufigen Aufenthalten in der für ihn besten Oase, der Alpenrose in Maurach. Eine Woche Aufenthalt hatten sie gespendet und bereits gebucht. Sein Freund und ehemaliger Kollege Bruno Bär hatte alles so geplant, dass er nichts anderes vorhatte. Er hätte Bruno bei einem kleinen Umbau einer angeblich erworbenen Hütte in seiner alten Heimat, der Innerschweiz, helfen sollen. So war der vorgeschobene Plan. Und dann hielt er den Gutschein der Alpenrose zitternd in Händen.

Noch nie war er ohne Brigitte in der Alpenrose und es kam ihm während der gesamten Anfahrt immer noch merkwürdig vor, alleine dorthin zu fahren. Häufig hatten sie unterwegs im Trofana Tyrol, einer der außergewöhnlichsten Raststätten an der Autobahn bei Mils, noch einen Kaffee getrunken. Doch darauf verzichtete er ganz bewusst. Zu alleine hätte er sich da gefühlt und nun hatte er auch Angst, dass ihn dieses Gefühl auch in der Alpenrose begleiten würde. Eine Stunde nach dem Trofana war er nun schon am Ziel und sah zum ersten Mal auf der linken Seite den neu gebauten Wellnesstempel mit großem Schwimmbad und diversen anderen Angeboten der Alpenrose und das ebenfalls neu erbaute Cocoon.

„Imposant und passend“, murmelte Andreas zu sich selbst, fuhr am großen Brunnen vorbei und stellte den Wagen vor dem Eingang in der Alpenrose ab. Wie immer ließ er ihn gleich offen, denn er wusste von den vielen Besuchen in den Jahren davor, dass alles nach der Anmeldung an der Rezeption schnell gehen würde. Er könnte, wenn das Zimmer schon frei war, den Schlüssel in Empfang nehmen und sich ab da wieder wie zu Hause fühlen. Alle seine Wünsche würden erfüllt werden.

Andreas stand vor dem Eingang und schaute sich um. Vieles hatte sich in den letzten drei Jahren getan. Gegenüber dem Eingang stand der ganz neue Teil der Wellnessresidenz, das sogenannte „Cocoon“. Er wurde immer via News vom Team der Alpenrose informiert und wusste Bescheid, dass dieses Gebäude jetzt dastehen würde, aber jetzt sah er es zum ersten Mal vor sich.

Wie alles, was er bisher in dieser Wellnessoase jeweils neu entdeckte, war auch dieser Gebäudekomplex völlig außergewöhnlich und trotzdem passend zu den ursprünglichen Gebäuden.

„Na, gefällt‘s?“, wurde er in seinen Gedanken unterbrochen.

Neben ihm stand Burgi, der gute Geist der Alpenrose. Andreas drehte sich zu ihr um und umarmte sie wie eine alte Bekannte. Sie war es auch. Burgi war immer da, wenn ein Gast sich etwas in der Alpenrose wünschte und Andreas und Brigitte kannten sie nun schon seit ewig, so kam es ihm vor.

„Ja, sieht fantastisch aus, und auch wenn es viel Neues hat, sieht es für mich immer noch nachNach-Hause-Kommenaus. Und für mich wird es das wohl bleiben“, antwortete Andreas.

„Das freut mich zu hören, Andreas und ich begrüße dich ganz herzlich. Schön dich wieder bei uns zu haben.“

„Ja, wirklich schön wieder hier zu sein, auch wenn es diesmal ein etwas anderes Ankommen für mich ist.“

„Das verstehe ich und es tut mir leid, dass dir das mit Brigitte widerfahren ist. Ihr ward ein Traumpaar. Nichtsdestotrotz, du kennst mich ja nun auch schon Jahrzehnte, wir werden darauf schauen, dass du einen tollen Urlaub genießen kannst. Komm rein.“

Burgi begleitete Andreas an die Rezeption, tuschelte noch etwas mit der Dame am Empfang und verabschiedete sich mit einem „Wir sehen uns“.

„Jaja die Burgi, immer unterwegs für ihre Gäste“, meinte Andreas zur hübschen Dame mit dem ausladenden Dirndl hinter der Rezeption.

„Herzlich willkommen in der Alpenrose“, antwortete diese, streckte die Hand zur Begrüßung entgegen und nahm gleich den Wagenschlüssel in Empfang. Sie übergab ihm die Zimmerkarte, die Hotelunterlagen und fragte nach seinem Willkommens-Drink-Wunsch.

„Ein Glas Prosecco, wie immer, dann fühle ich mich wieder angekommen.“

Wenig später saß er auf einem der ebenfalls neuen bequemen Sessel, genoss den Sekt und schaute nach draußen in den einladenden Garten. Die Gedanken gingen zurück in die Vergangenheit, als er mit Brigitte zum ersten Mal in der Alpenrose war. Damals war alles noch etwas kleiner und es gab noch kein so großes Angebot. Aber das spielte keine Rolle, sie hatten sich und sie vermissten auch nichts. Jahr für Jahr kamen sie wieder und die Alpenrose veränderte sich. Immer wieder entdeckten sie Neues und waren immer positiv überrascht von den Veränderungen.

Nachdem er das Glas geleert hatte, ging er nach oben in sein Zimmer. Er kannte den Weg, war es eines der Zimmer, die er auch früher schon bewohnt hatte. Seine Kollegen hatten für ihn eine Residenzsuite gebucht, die ihm im Moment zu groß für ihn alleine vorkam. Trotzdem setzte er sich zufrieden auf den großen Sessel in der Ecke und schaute sich um. Es war alles da. Das wohlige Urlaubsgefühl, das Angekommen sein und die Vorfreude auf das gute Essen am Abend.

Andreas hatte sich schon im Vorfeld Gedanken darüber gemacht, wie er die Tage verbringen wollte, und hatte für den nächsten Tag eine erste kurze Wanderung am Rofan eingeplant. Heute Nachmittag würde er die verschiedenen Saunen besuchen, um sich zu entspannen. Auch als er mit Brigitte hier war, waren sie alleine unterwegs in den Saunabereichen der Anlage. Brigitte besuchte die verschiedenen Holzsaunas und er war vermehrt in den anderen Saunas unterwegs. Andreas war leichter Asthmatiker und genoss das feuchte Klima in den heimeligen Dampfbädern, der Steinsauna und auch im Solebad konnte er sich bestens entspannen. Im ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit neu gebauten Teil gab es noch ein zweites Solebad, in dem man sich draußen aufhalten konnte, dieses würde er natürlich auch in Augenschein nehmen.

Gegen siebzehn Uhr stand er vor dem Eingang des Hotels und beschloss, noch etwas durch Maurach zu spazieren. Oben auf der Hauptstraße schaute er sich um. Maurach selbst hatte sich auf den ersten Blick nicht groß verändert und er lief in Richtung Rofanbahn. Dort traf er auf eine hübsche Mittvierzigerin, die sich den Plan ums Rofangebiet ansah.

„Wandern?“, fragte Andreas.

Die Mittvierzigerin drehte sich zu ihm um und nickte, die Augen auf den Boden gerichtet. Obwohl sie sich etwas zurückhaltend gab, gab sie sich einen inneren Ruck und ergänzte das Nicken.

„Ja, ich musste einfach etwas raus und weg von zu Hause, um meinen Kopf freizubekommen. Jetzt suche ich ein paar schöne Orte in der Umgebung, an denen ich mich wohlfühlen kann. Almen oder Restaurants oder Ähnliches in einer schönen Umgebung.“

„Um den Kopf freizubekommen, ist spazieren in dieser Umgebung sicher gut, aber ich glaube, für heute ist es vielleicht etwas spät“, meinte Andreas.

„Ja, ich übernachte in der Nähe. Eine Freundin wohnt üblicherweise hier und hat mir während ihrem Urlaub in Italien den Schlüssel überlassen.“

In der Zwischenzeit hatte sie den Blickkontakt von Andreas erwidert.

„Vielleicht sehen wir uns morgen. Ich habe auch vor, in dieser Gegend wandern zu gehen.“

„Angela, Angela Dreher“, stellte sich die Dame vor und streckte ihm die Hand scheu hin.

„Freut mich, Andreas, und wie man sicher hört, Schweizer.“

Andreas musterte sein Gegenüber und dachte als Erstes, dass diese Frau mit diesem hübschen Gesicht eindeutig underdressed war. Eigentlich unpassend, aber Andreas hatte in seinen Berufsjahren genügend Menschenkenntnisse angesammelt, um gleich zu wissen, dass in dieser Frau mehr steckte, als auf den ersten Blick zu erkennen war.

Nach einer kurzen Pause meinte Angela: „Ich wohne unten in Innsbruck und musste einfach raus. Ich kenne mich hier nicht groß aus und darum stehe ich hier vor der Tafel.“

„Nun, ich komme schon seit etwa zwanzig Jahren immer wieder hierher und kenne schon viele Hügel, Almen und Gaststätten in der Umgebung. Wobei wir … ich meine ich, sehr selten außerhalb des Hotels etwas gegessen habe. Was möchten Sie den tun?“

„Einfach raus in die Natur, nicht zu streng gehen und das Leben Leben sein lassen.“

„Da könnte ich Ihnen auch die Karwendel-Bergbahn empfehlen. Da können Sie rauffahren und es gibt viele verschiedene Routen unterschiedlichster Schwierigkeit, die man genießen kann. Oder Sie können hier am Rofan Ihren Mut testen, da gibt es den Air Rofan, einen Skyglider, an dem sie etwa 600 Meter weit vom Gschöllkopf in die Tiefe rasen können.“

„Nein, das ist nichts für mich, aber das mit der Karwendel-Bergbahn tönt interessant. Eigentlich eine Schande, dass ich als gebürtige Tirolerin diese Gegend kaum kenne und mir von einem Schweizer Tipps holen muss.“

Man sah ihr an, dass sie für den nächsten Satz den ganzen Mut aufbrachte. „Wo gehen Sie morgen wandern?“

„Ich hatte nichts Fixes vor. Möchten Sie, dass ich Sie begleite?“ Andreas war über seine eigenen Worte überrascht.

Jetzt sprang Angela über ihren Schatten und wunderte sich selbst über ihren Mut.

„Wenn Sie Zeit und Lust haben, es nicht eine Marathonwanderung sein sollte und sich nicht darüber stören, dass ich nicht allzu viel rede, da ich einige Gedanken sortieren muss … .“

„Ich habe Zeit“, antwortete Andreas spontan. „Wir können uns hier treffen, gemeinsam nach Pertisau und mit der Karwendel-Bergbahn hochfahren. Dann können wir vor Ort immer noch entscheiden, wohin wir wie lange wandern wollen. Ich bin kein Profiwanderer und ebenfalls froh, wenn es nicht allzu streng wird.“

„Sicher, so spontan?“, fragte Angela immer noch über den eigenen Mut überrascht.

„Ja, und wenn es nicht passt, kann jeder das tun, was er will. Für mich stimmt es. Wollen wir etwas trinken gehen, um uns etwas näher kennenzulernen?“

„Tut mir leid, ich habe mit einer Kollegin zum Essen abgemacht, aber vielleicht später auf einen Drink? Wo sind sie einquartiert?“

„Gleich da unten, in der Alpenrose. Wir können uns ja an der Bar treffen, wenn sie mögen. Ich werde wohl bis etwa 23 Uhr dort sein. Und sonst, um welche Zeit morgen?“

„Ich denke, ich werde es vor 23 Uhr schaffen und sonst morgen um neun Uhr hier?“

„Abgemacht. Bis später oder bis Morgen, ich freue mich.“

„Ich mich auch. Bis bald.“

Andreas ging zurück zur Alpenrose und schon bald saß er in der „Andreas-Hofer-Stube“, seiner Lieblingsstube in der Alpenrose. Nicht weil er denselben Vornamen hatte, sondern weil er das gemütliche Ambiente hier besonders schätzte. Es gab einige solcher Stuben und Speisesäle, aber diese hier hatte es ihm schon immer angetan.

Bei der Auswahl der Nahrungsmittel setzte die Alpenrose schon immer auf Regionalität. Ob Gemüse, Fleisch, Milchprodukte oder heimische Fische, die meisten ihrer Lieferanten kannten sie persönlich und so konnten sie ihren Gästen gesunde Frische und beste kulinarische Qualität garantieren. Was sie auch immer taten, das zeigte Andreas Waage immer nach den Urlauben an. Obwohl, er hätte sich auch für weniger Kalorien entschließen können, wollte dies aber nicht. Wenn schon Urlaub, dann richtig, auch beim Essen.

Bei der reichhaltigen Auswahl an Speisen blieben keine seiner Wünsche offen und auch die reichhaltige Weinauswahl beglückte ihn. Jedes Mal ließ er sich die Weinkarte bringen und fand immer eine Kostbarkeit. Und wenn er mal nicht richtig wusste, was er wollte, berieten ihn die Sommeliers. Aber auch das Servicepersonal kannte sich aus. Diese wurden regelmäßig von Sommeliers ausgebildet und kannten die Weine, die sie auftischten. Auch diese aufmerksame Art behagte Andreas.

Für heute ließ er sich einen 2015 The Legend von Erich Scheibelhofer am Neusiedlersee bringen. Diesen hatte er noch vom letzten Aufenthalt in bester Erinnerung und auch dieser Jahrgang schien exzellent. Er beobachtete das dunkle Granatrot mit rubinroten Reflexen. Dann schmeckte er das duftige Cassis und dunkle Edelholz- sowie eine leichte Arabicanote und etwas Nugatpraline. Dieser Wein hatte einen straffen Körper mit eleganter, feinstoffiger Struktur. Das alles dachte Andreas so vor sich hin und bemerkte, dass er diese Worte früher an seine Frau gerichtet hätte. Sie machten sich jeweils einen Spaß daraus, die Weine, die sie verkosteten, so richtig auseinanderzunehmen. Ideenreich und fantasievoll waren auch so ihre gemeinsamen Nachtessen.

Etwas Wehmut kam in Andreas auf, doch es war genau der richtige Wein, um den Urlaub zu beginnen.

Da er heute etwas genießen wollte, das nicht auf der Karte stand und auch am Buffet nicht erhältlich war, bestellte er bei der aufmerksamen Kellnerin im hübschen Dirndl seine Leibspeise, wenn er in der Alpenrose war. Wiener Schnitzel mit Pommes. Jedes Mal im Urlaub war dies mindestens einmal auf seinem Teller und es hätte gefehlt, hätte er es dieses Mal nicht bestellt. Beim Gedanken an das Fehlen wurde er etwas sentimental - Brigitte fehlte.

Die Gedanken an Brigitte verflogen nach dem Essen, als er sich mit der angefangenen Flasche The Legend und dem Glas aufmachte, um in die Rondo Bar zu gehen.

„Wie heißt sie nur schon wieder“, sagte er leise zu sich.

„Wer?“, fragte in diesem Moment die hinter ihm stehende Burgi, die Feierabend machen wollte.

Leicht errötend erzählte Andreas von der Begegnung mit der Frau bei der Rofan-Talstation.

„Das finde ich gut. Du schaust wieder nach vorn und lebst dein Leben weiter. Ich wünsche dir einen schönen Abend und hoffe, dass du morgen einen wunderschönen Wandertag hast. Gute Nacht Andreas.“

„Gute Nacht Burgi, schlaf auch gut.“

Andreas setzte sich an den ersten Tisch, gleich beim Eingang, damit ihn seine neue Bekannte gleich sehen konnte. Er beobachtete die Menschen, die meist zu zweit, zu viert oder als Familie die Bar betraten. Die Livemusik spielte im Hintergrund Melodien, die er kannte und immer wieder gerne hörte.

Kurz vor zehn Uhr betrat Angela in einem etwas älteren, aber durchaus eleganten Deux-Piece, die Rondo-Bar.

„Hallo Andreas“, begrüßte sie ihn in leisen Worten.

„Wartest du schon lange?“

„Hallo Angela. Schön, dass es klappt. Nein, ich habe mich erst vor kurzem hingesetzt und beobachte etwas die Menschen. Komm, setz dich. Willst du auch etwas von diesem Wein?“

Angela nickte und Andreas winkte einem der eleganten Kellner zu, dass er noch ein Glas bringen solle, und schon bald waren sie tief in Gespräche verwickelt.

Angela erfuhr vom schmerzlichen Verlust Andreas‘ und sie erzählte ihm von der bevorstehenden Scheidung, die wohl ziemlich hässlich werden würde. Sie war kürzlich zu viel Geld gekommen und wollte nicht, dass ihr zukünftiger Ex-Mann, der eher zur Gattung arbeitsscheue Abzocker, Spieler und Betrüger gehörte, etwas davon erfuhr, geschweige denn etwas davon erhalte. Bisher war immer sie für seine Schulden aufgekommen, doch damit wäre es jetzt vorbei. Dieser hätte immer wieder mit zwielichtigen Gestalten zu tun und habe in der jüngsten Vergangenheit begonnen, sich als Pseudowissenschaftler und Weitervermittler von zwielichtigen Produkten zu betätigen.“

„Was meinst du mit dem Ausdruck Pseudowissenschaftler“, fragte Andreas nach.

„Nun, irgendwie ist er an Informationen gekommen, dass man sich auf ganz legalem Weg im Internet sogenannte – hmm – wie soll ich das erklären, ist schwierig. Ähm, nun ja, irgendwie sind es wie Bastelsets zur Genmanipulation. Die kauft er irgendwo in den Staaten ein und vertreibt sie weiter in den Osten.“

„Tönt ziemlich nach Spielzeug, nicht?“, unterbrach Andreas.

„Das ist ja das Schlimme. Ich habe mich vor ein paar Wochen dann doch noch etwas genauer damit auseinandergesetzt und bemerkt, dass es in keiner Art und Weise ein Spielzeug ist. Leider. Da können Krethi und Plethi, also jeder, damit ganz Schlimmes anstellen. Gib mal, wenn du Zeit hast, auf GoogleGenetic Engineering Home Lab Kitein und du wirst sehen, dass es kein Witz ist. Nachdem ich mich also schlaugemacht und auch herausgefunden hatte, dass er unser ganzes Geld, also vor allem meines in einen Firmenaufbau gesteckt hatte, ohne mich zu informieren, war es für mich nach all den Sequenzen in unserer Beziehung endlich so weit, dass ich mich scheiden lassen wollte.“

Angela redete sich richtig in Rage und Andreas notierte sich auf seinem Notizblock, den er immer bei sich trug den Namen des Genmanipulationssets.

„Das verstehe ich schon. Ich werde mich mal darüber informieren. Und darum bist du heute hier in Maurach?“

„Nein, es ist noch viel komplizierter. Ich habe vor etwa einer Woche im Lotto eine schöne Summe gewonnen und du weißt ja, dass, wenn ich das Geld erhalte, er noch rechtlich Anspruch auf die Hälfte hat. Und dazu will ich es nicht kommen lassen. Ich habe ihm schon vor dem Gewinn darüber informiert, dass ich die Scheidung haben will und er hat mir eröffnet, dass er sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen wehren würde. Du siehst, im Moment geht es in meinem Leben rund, und weil er manchmal gewalttätig gegen mich wird, bin ich nun übergangsweise zu einer Freundin gezogen.“

Andreas war die innere Zerrissenheit und Anspannung in Angela deutlich anzuspüren.

„Mein Gott“, meinte sie.

„Ich rede und rede und kenne mich selbst so nicht. Wenn du nicht magst, unterbrich mich bitte. Irgendwie hat sich so viel aufgestaut und muss einfach raus.“

„Alles gut, ich kenne das“, antwortete Andreas.

Nachdem die Flasche geleert war, bestellten sich beide noch einen Drink.

„Hallo Herr Bircher, schön Sie wieder bei uns zu sehen“, begrüßte ihn der Juniorchef.

„Hallo Wolfg... Herr Kostenzer“, begrüßte ihn Andreas und fühlte sich plötzlich etwas unwohl, was Wolfgang auffiel.

„Alles in Ordnung?“

„Ja, schon aber, irgendwie ist es komisch, dass mir der Vorname rausgerutscht ist. Ich kenne Sie von klein auf und habe früher immer den Vornamen gesagt und nun steht ein junger, fescher Mann vor mir und es ist, wie wenn ich mich mit deinem, äh, Ihrem Vater vor zwanzig Jahren unterhalten würde.“

„Kein Problem, alles gut. Sonst stimmt alles bei euch?“

„Ja, alles bestens, wie immer.“

Angela fragte nach, ob dieses Hotel ein familiengeführtes Hotel sei.

Wolfgang setzte sich kurz hin und erzählte. „Wisst ihr, die Alpenrose startete als „normales“ Hotel 1959. Vorher war es mal ein Schulhaus und ein Postamt. Mein Vater, Wolfgang Senior, hat das Hotel dann 1977 übernommen. Ab da wurde das Hotel immer wieder erweitert. Anfangs gab es eine Hotelbar und einige Komfortzimmer und 1980 wagte er als junger Unternehmer den ersten großen Umbau. 1981 kam auch seine Schwester Heidi mit einem Rucksack voller Ideen wieder nach Hause und wurde die Stütze im Restaurant. Schon 1983 wurde die Alpenrose mit einer Haube von Gault Millau ausgezeichnet. Die vorzügliche Küche und der aufmerksame Service sprachen sich herum. Und, das muss ich gleich als Aktualität anfügen, ist seit einiger Zeit wieder ein Top-Koch, Markus Wanner, für beide Küchen verantwortlich. Sowohl hier wie auch für das Cocoon. In den letzten Jahren hat er es auf 17 Punkte und zwei Hauben gebracht. Aber sagt mal, langweile ich euch nicht?“

„Nein, ich höre gerne zu. Dieser Wellnesstempel scheint etwas Besonderes zu sein, wenn ich die Begeisterung in der Stimme richtig deute“, meinte Angela und Andreas nickte zustimmend.

„Na dann gebe ich noch einiges zum Wellnessbereich zum Besten. 1984 folgte der Bau des ersten Freischwimmbades und des Raritätenkellers und anfangs der neunziger Jahre fand dann der große Umbau zur Wellnessresidenz statt. 1998 wurde die Ruheoase „Stille Alm“ mit Panoramalift gebaut und ab da gab es laufend Erneuerungen, Erweiterungen und Umbauten.“

Angela sah ihn mit großen Augen an.

„Wow, man bemerkt auch bei Ihnen, dass sie mit Herzblut und Einsatz dabei sind. Danke für die Ausführungen.“

„Aber gerne. Ich danke für ihr Interesse und wünsche einen angenehmen Abend.“

Andreas und Angela sahen ihm nach.

„Freundlicher junger Mann“, meinte Angela.

„Ja, sehr. Es passt hier einfach alles für mich. Ich war in den letzten über zwanzig Jahren fast jedes Jahr mit meiner Brigitte hier, kenne die Geschichte des Hotels recht gut und habe große Teile des Wachstums immer wieder miterleben dürfen. Meine ersten Erinnerungen an die Alpenrose habe ich daran, als die „Stille Alm“ gebaut wurde. Das war mein erstes Mal hier in Maurach. Auch jetzt, und das ist auch für mich neu, da ich den letzten drei Jahren nicht mehr da war, kamen die beiden neuen Bauten auf der anderen Straßenseite dazu. Riesig und trotzdem stimmig. Ich freue mich darauf, diese morgen zu erkunden. Heute hatte ich noch nicht die Zeit dazu. Aber morgen nach der Wanderung mit dir bestimmt. Das heißt, wenn du noch Lust hast?“

„Ich freue mich, mit dir diese mir noch unbekannte Umgebung kennenzulernen.“

In Gestik und Mimik war Angela langsam etwas aufgetaut, was Andreas freute.

„Willst du mir etwas über dich erzählen?“, fragte Andreas.

„Tja, wo fange ich an?“, antwortete Angela und nahm einen großen Schluck The Legend aus ihrem Glas.

Auf Andreas machte es den Eindruck, als würde sie sonst nicht viel und auch nicht gerne über sich selbst reden.

„Tja, wie gesagt, bin ich noch verheiratet, schon lange nicht mehr glücklich und jetzt so weit, dass ich mich trennen will. Das wird ein großer und auch ein schwieriger Schritt. Darum habe ich mich etwas zurückgezogen, um meine Gedanken zu sortieren. Beruflich war ich viele Jahre in einer kleinen Unternehmung als Buchhalterin tätig. Leider ist der Chef verstorben und die Firma wurde liquidiert. Doch nach einem halben Jahr der Arbeitslosigkeit, hat es das Schicksal gut mit mir gemeint, und ich bin dank dem bereits angesprochenen Gewinn, demnächst unabhängig und auch deshalb so weit, mich endlich scheiden zu lassen. Kinder konnte ich leider nie welche haben und so kann ich jetzt richtig durchstarten und muss nur noch die Scheidung abwarten. Um mir meine Zukunft etwas auszumalen, habe ich das Angebot einer Freundin angenommen, hier in Maurach eine Auszeit zu nehmen. Mehr erzähle ich dir gerne, wenn du willst, morgen, wenn wir unterwegs sind. Ich erschrecke gerade etwas über mich selbst, dass ich in so kurzer Zeit so viel zu einem fast Fremden erzählt habe. Aber vermutlich musste es einfach mal raus. Ich hoffe, für dich ist es nicht zu viel?“

„Nein, gar nicht. Ich bin neugierig auf mehr von dir und freue mich auf einen tollen Wandertag“, antwortete Andreas und nahm den letzten Schluck der feinen Köstlichkeit aus dem Glas.

Der Abend ging schneller vorbei, als es sich Andreas gewünscht hatte und schon bald verabschiedete sich Angela von Andreas. Dieser zog sich, zur eigenen Überraschung gefühlsmäßig richtig aufgekratzt in sein Zimmer zurück.

Wanderung mit Störfaktoren

An diesem Morgen war Andreas schon lange wach. Er hatte im neuen Teil der Anlage bereits einige Längen schwimmen können, bevor er es sich am Frühstücksbuffet gut gehen ließ.

Er setzte sich mit seinem Notebook zu Tisch, was er nur tat, weil er alleine saß. Andreas googelte nach demGenetic Engineering Home Lab Kit.Innert Sekunden waren mehr als eine Million Seiten gefunden. Er klickte auf eine der ersten Seiten und landete sofort auf der Seite, auf der solche Kits zum Verkauf angeboten wurden.

„Merkwürdig, ich habe noch nie davon gehört und das wird ganz offen verkauft“, dachte er sich und schüttelte ungläubig den Kopf.

Dann tauchte er tiefer in das Thema ein. Er war nicht nur von Berufes wegen neugierig. Ihn interessierte Vieles auf dieser Welt. Und wenn es etwas gab, was er nicht kannte, musste er mehr darüber erfahren.