jugi@work - Gilles Mebes - E-Book

jugi@work E-Book

Gilles Mebes

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Beschreibung

Die Geschichte des Kinder- & Jugendzentrums Weingarten in Freiburg i.Br., erzählt von den Menschen, die hier tätig sind oder waren. Das Buch erscheint zu Ehren des JUGILÄUM:50, dem 50jährigen Bestehen, das eigentlich im Jahr 2020 hätte gefeiert werden sollen - doch die Corona-Pandemie hat es verhindert. Eine Feier wird wohl nicht mehr stattfinden, dafür ist zu viel Zeit verstrichen. Stattdessen zeigt das Buch nun in zeitloser Weise, wie lebendig das Jugi in den fünf Jahrzehnten seines Bestehens war und geblieben ist. Überraschend lebendig ist auch die Erinnerung derer, die es mitgestaltet haben. Es hat sie bis heute nicht losgelassen.

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Inhaltsverzeichnis

Editorial.

Rüdiger Beinroth –1969-1973

Wolfgang Stahlberg –1971-1974 & 1986-2009

Anita & Gerd Hatterscheid –1968-1973

Christa Leypoldt –1971-2006

Volkmar Staub –1979-1982

Akki Müller –1980-1986 & 1993-2019

Andreas Tholl–seit 1995/96

Stefan Glimsche – seit 1999

Regina Barth – seit 2000

Kristina Welss – seit 2013

Peter Winkler – seit 2019

Bujar Qoray – seit 2008

Franziska Kratz – seit 2019

Emilo Kobi – ehemaliger Besucher.

Johanna Blum – Praktikum 2020

Andrea Lorch – seit 2010

Bahrije Beljulji – Praktikum 2019–20

Karin Seebacher – seit 2001

Guenter Mebes – seit 2017

Chronik

Redaktionelle Mitarbeit

Gesamtseitenzahl

Editorial: Projekt, Vorgehensweise, Umsetzung.

Im Jahr 2020 wäre im Kinder- & Jugendzentrum Weingarten (Jugi) eigentlich dessen 50-jähriges Bestehen gefeiert worden – hätten nicht die Covid-19-Pandemie und die wiederholten „Lockdowns“, ein nun in den allgemeinen Wortschatz übernommener Begriff, einen fetten Strich durch die Vorfreude gezogen. So kam schon bald die Frage auf: Was tun, um das bemerkenswerte „JUGILÄUM:50“ nicht ganz zwischen Öffnungs- und Schließungsphasen, zwischen Hygienekonzept und Notbetreuung, zwischen Kurzarbeit und Homeoffice ins Vergessen absinken zu lassen? Die Welt, die Stadt Freiburg i.Br. und das Jugi hatten dringendere Aufgaben zu lösen als das Problem, wann und wie eine „Jugiläumsfeier“ stattfinden könnte.

Meine Chefin Karin Seebacher wollte mich wohl beschäftigen und erteilte mir irgendwann im Frühjahr 2020 den Auftrag, das Jugi-Archiv in Ordnung zu bringen. Es stellte sich heraus, dass es teilweise eines war, auch gut geordnet, was jedoch nur für das erste Jahrzehnt der Archivierung gait. Da waren Leute wohl an einer intensiven Dokumentation interessiert gewesen. In den folgenden Jahren ließ das Bemühen mal nach, mal lebte es wieder auf, aber eine Systematik war nicht mehr zu erkennen. Ein buntes Gemisch aus Dokumenten und Fotografien, Zeitungsbelegen und Briefwechseln füllte die Ordner. Ich brachte den Bestand mal insoweit in eine Übersichtlichkeit, als ich das Vorgefundene in Jahrzehntordnem zusammenfasste und auch die Fotografien datierte. Immerhin gewann ich einen ersten Überblick über das vielfältige und oft auch wilde Geschehen, das sich im Jugi abgespielt hatte.

Bei all dem wochenlangen Tun kam bei mir bald der Gedanke auf, das Material in einem „Jugiläumsbuch“ zu verarbeiten. Der Begriff ist nicht falsch geschrieben, denn auf der Suche nach einem Titel kam ich bald auf ebenso einfache wie naheliegende Idee: „JUGILÄUM:50“. Jeder, der das Jugi kennt, weiß damit auch sofort, was gemeint ist. Die Grafik auf der Umschlagrückseite weist darauf hin.

Ich wollte aber keine simple Chronik verfassen, wie sie in all den Jubiläumsbroschüren zu Stadtteil- und Stadtgeburtstagen erscheinen. Mir war klar: Es sind die Menschen, die das Jugi ausmachen; solche, die hier arbeiten, die hier täglich zugange sind und waren. Die Geschichte des Jugi durch diese Leute erzählen zu lassen, erschien mir nur folgerichtig. Der Vorschlag wurde denn auch von alien Beteiligten begrüßt und so machte ich mich ans Werk.

Ich führte mit den Personen, die im Buch auftauchen, jeweils ein Interview, manchmal auch mehrere, einige über Telefon, doch die meisten in einer leibhaftigen Begegnung – ja, sowas gibt es noch inmitten der Pandemie!

Anschließend übersetzte ich die Aufnahmen ins Schriftliche, um einen flüssig lesbaren Text zu erstellen, der in einem einheitlichen Stil verfasst ist, jedoch den Sprachduktus, die Haltung und die Einstellung des und der Interviewten möglichst authentisch wiedergibt. Da und dort interpretierte ich Aussagen im Sinne der Urheber. Die Teilnehmer bekamen die Möglichkeit, das Transkript zu korrigieren, was die meisten in Anspruch nahmen. Wo die Korrekturen jedoch zu sehr ins Redaktionelle eingreifen wollten, habe ich sie an manchen Stellen nicht übernommen, was ich zuvor auch klar angekündigt hatte. Meistens ging es allerdings um einzelne Ausdrücke und Formulierungen, die geändert werden sollten, so dass ich dies berücksichtigte.

Ich hätte gerne noch mehr Leute interviewt, insbesondere solche, die bereits als Kinder und Jugendliche das Jugi besucht und später im Haus gearbeitet hatten. Aber die Beschränkungen in Zeiten der Pandemie erschwerten die Kontaktaufnahme. Dennoch bildet die Auswahl die gesamten fünf Jahrzehnte ab und die „Säulen des Betriebs“ kommen alle zu Wort, soweit sie dazu in der Lage waren, denn manche, die erwähnt werden, sind leider verstorben.

Zu den jeweiligen Texten habe ich Grafiken entworfen, aus Fotografien und bevorzugten Motiven oder Symbolen zusammengesetzt. Ich wollte keine bloßen Portraits zeigen, sondern die jeweilige Person in der Wahl eines Leitmotivs durchscheinen lassen. Diese Herangehensweise verstärkt den persönlichen Eindruck der Texte, finde ich.

Nun ist die Geschichte des Jugi also in diesen Interviews dargelegt, eigentlich so, wie ich es mir vorgestellt hatte – und dennoch ganz anders, weil kein Text vorhersehbar war, so wenig wie die Ergebnisse der grafischen Arbeiten. Ich kann sagen, dass ich aus den Aussagen viel gelernt habe. Jedes Gespräch war eine Begegnung, wie sie im Arbeitsalltag kaum möglich gewesen wäre. Auf diese Weise habe ich einen nachhaltigen Eindruck von der Bandbreite der Charaktere und ihrer Erfahrungen gewonnen; ich habe Sicht- und Herangehensweisen, Lösungsansätze und persönliche Entwicklungen kennengelernt, die mich stark beeindruckt haben, gerade weil sie teilweise meinem eigenen Erleben völlig widersprachen.

Vielfalt ist ein gern und fast beliebig gebrauchtes Wort unserer Zeit, ebenso wie Toleranz und Weltoffenheit; sie alle werden nun überall und jederzeit beschworen, ohne dass überhaupt noch Unterschiede gemacht werden. Unterschiede aber machen die Menschen überhaupt erkennbar. Dass sie alle gleich seien, heißt letztlich doch nur, dass der Einzelne in seiner Besonderheit nicht wahrgenommen wird. Jeden Menschen, der ins Jugi kommt, in seiner Charakteristik, seinen Potentialen, seinen Bedürfnissen wahrzunehmen, das ist es jedoch, was die Menschen im Jugi seit nun über fünfzig Jahren praktizieren. Nicht gerade dann, wenn hundert oder zweihundert Kinder durchs Haus toben, aber immer dann, wenn Jugi-Mitarbeitende gebraucht werden. Und sie werden noch viel gebraucht im Stadtteil, der sich in den fünfzig Jahren stark verändert hat, sich immer wieder wandeln und an die Zeitläufte anpassen musste. An vielen Stellen funktioniert das Miteinander heute besser als früher, obwohl es eigentlich ständig neu eingeübt werden muss.

Am guten Miteinander, das kann ich als eingefleischter Eigenbrötler bezeugen, hat das Jugi einen starken Anteil. Seine Mitarbeitende, Frauen und Männer, geben dafür das beste Beispiel ab. Ich glaube, die Menschen in Weingarten wissen das, weshalb das Haus viel Respekt und Anteilnahme erfährt. Und dies will in einem Stadtteil wie Weingarten, wo das bloße Nebeneinander noch immer viel Raum einnimmt und sich aus geringem Anlass in ein Gegeneinander umschlagen kann, wirklich etwas bedeuten.

Hinweise: Auf Wunsch der Mitarbeitenden und in meiner Rolle als Herausgeber habe ich im Text die Gender-Schreibweise angewendet, die ich als Autor jedoch nicht wählen würde.

Rechtschreib- und Satzzeichenfehler bitte ich zu entschuldigen; trotz mehrmaligen Korrekturlesens kann es sein, dass einige solcher Fehler übersehen wurden.

Ich wünsche viel Anregung bei der Lektüre!

Gilles Mebes

Information zum Herausgeber und Autor:

Gilles Mebes (*1958) arbeitet seit 1985 als Autor von Büchern, Hörspielen, Musicals, Zeitungsartikeln und sonstiger Literatur aller Art sowie als Spieleerfinder. Zahlreiche Veröffentlichungen durch Verlage, den SWR, Badische Zeitung, in der Allmende u.a. Er gewann einige Literaturpreise & Stipendien, u.a.: Förderstipendium des Kultusministeriums & Förderpreis der Kunststiftung Baden-Württemberg; Förderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung; Scheffelpreis der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe.

Rüdiger Beinroth (Jahrgang 1944)

Mitarbeiter von 1969 bis 1972, Gründungsmitglied.

Aufgenommen am 10.08.2020

Ich stamme aus Lahr und lebe heute in Ostwestfalen. Zur Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde (DBG), in der ich meine Arbeit als Sozialarbeiter aufnahm, kam ich durch Vermittlung des Direktors der Höheren Fachschule für Sozialarbeit. Er kümmerte sich gern um die berufliche Zukunft seiner Studierenden, kannte auch meine besondere Ausrichtung auf Gemeindearbeit sowie das geplante Projekt der DBG, das in Freiburg-Weingarten realisiert werden sollte. Der Direktor meinte daher, dass ich dort gut hinpassen würde. Damals gab es viele Bemühungen, Modellprojekte in der evangelischen Kirche einzurichten, worin eine praktische Auslegung der kirchlichen Arbeit umgesetzt werden sollte.

Da ich bereits seit 1965 in der Opfinger-Siedlung (heute: Auggener Weg) tätig gewesen war, die damals noch aus Barracken bestand, kannte ich bereits Leute wie den Pastor Quinke, die später den Diakonieverein gründen sollten. Vielleicht war der Umstand, dass ich ursprünglich Heizungsbauer gelernt hatte, also einen handwerklichen Beruf, ein weiterer Grund für die Empfehlung; man ging wohl davon aus, dass ich mit einfachen Leuten aus dem Arbeiter- und Hilfsarbeitermilieu umgehen könne. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete, derweil schon alle wussten, dass ich anfangen würde. Ich bekam auch gleich eine Wohnung und so wurde mir der Start leichtgemacht.

1968 wurden zwei Barracken auf dem Gelände der heutigen Fachhochschule eingerichtet, die als Vorläufer des späteren Kinder- und Jugendzentrums (Jugi) fungieren sollten. Eine davon hatte als Architektenbüro für die umliegenden Baustellen gedient. Die Teile der zweiten Behausung waren irgendwo eingelagert gewesen und wurden mit Hilfe eines ehemaligen Mitglieds des Reicharbeitsdienstes aufgestellt, der wusste, wie sowas zu bewerkstelligen sei. Im Frühjahr 1969 wurde das Jugi dann offiziell eröffnet.

Es gab viele Ideen, was die Gemeinde für die Jugend des Stadtteils tun sollte, doch es gab noch keine Strukturen dafür. Die Gesamtkirchengemeinde sah unsere Arbeit im Freiburger Westen eher skeptisch. Es gab jedoch in Pfarrer Quinke einen Mann, der sich von Beginn an um eine Verbindung zur katholischen Kirchengemeinde bemühte, was günstig für das Projekt war, denn die katholische Jugendarbeit im Stadtteil war recht weit entwickelt. Es gab dort erfahrene Kräfte, die Jugendarbeit organisierten. Wir entwickelten dann gemeinsam ein Konzept für die Offene Jugendarbeit, was uns von anderen Stadtteilen unterschied; als Beispiel dient Landwasser, wo damals eine Zusammenarbeit der Kirchengemeinden überhaupt nicht stattfinden konnte. In Weingarten jedoch existierte bereits ein katholischer Jugendkreis, der sich in der Kinderarbeit engagierte, und auch die Anwerbung ehrenamtlicher Mitglieder stellte kein Problem dar. Wir entwickelten gemeinsam das neue Konzept, das bestehen sollte aus offener Jugendarbeit, aus Interessengruppen und aus traditioneller Gruppenarbeit, wobei letztere stärker an die Kirchen angebunden sein sollten.

Das Vorhaben ließ sich sehr gut an, bis die Jugendlichen aus der Sinti-Siedlung auftauchten und Einlass sowie Teilhabe begehrten. Die anderen Jugendlichen aus dem Stadtteil waren damit nicht einverstanden und fühlten sich bedrängt, bald auch mit Gewalt ausgeschlossen, was der Wirklichkeit entsprach, denn die Sinti versuchten, den Zugang zu dominieren. Es gab dann ständig Ärger, auch Schlägereien, und die „deutschen“ Jugendlichen blieben weg. Die Unterscheidung in „Deutsche“ und „Zigis“ oder „Sintis“ wird von den Sinti selbst bis heute aufrechterhalten, sie nennen alle Nicht-Sintis „Gatschos“.

Trotzdem blieb ein Kern von deutschen Jugendlichen erhalten, die einen Platz suchten, um sich zu treffen. Sie standen sonntags vor meiner Tür – ich wohnte im obersten Stock eines Hochhaus mit Blick aufs Jugi - und bettelten um Einlass, wobei sie einen Song auf dem mitgebrachten Kassettenrekorder abspielten: „Barfuß im Regen“ von Michael Holm, ein damals berühmter Schlagersänger. Sie wüssten nicht, wo sie hinsollten, klagten sie, worauf ich dann hinabging und ihnen die Baracke aufschloss.

Das lief alles natürlich nicht so artig und gesittet ab, wie sich das manche vorstellten oder sich zu erinnern glaubten, dass es früher so gewesen sei. Jungs und Mädchen kamen quasi unbeaufsichtigt zusammen, was im Jahr 1969 vielen Erwachsenen suspekt vorkam, die dann alle möglichen moralischen Bedenken äußerten. Ich konnte die Jugendlichen verstehen, weil sie ja irgendwo unterkommen mussten, denn in den Wohnungen ihrer Familien waren sie meistens nicht gelitten und einander treffen konnten sie sich dort schon gar nicht. Meistens waren auch die Wohnverhältnisse viel zu beengt. Das Binnenklima in den Familien war ja oft nicht auszuhalten. Dazu kam der Ärger, den die Jugendlichen verursachten, insbesondere eben die Sintis, die sich nicht nur mit anderen, sondern auch untereinander angriffen; dabei ging es oft um Mädchen und der unscheinbarste Anlass genügte, um Schlägereien auszulösen.

Irgendwann spitzte sich die Lage so sehr zu, dass wir die Baracken schließen mussten. Wir mussten uns ein neues Konzept überlegen, um die Jugendarbeit weiter leisten zu können. Uns kam dabei zugute, dass wir eine Art von offener Gesprächskultur etabliert hatten, die uns ermöglichte, alle Probleme anzusprechen. Wir fragten uns, was den Jugendlichen zuzumuten sei an Regeln, was ihnen abverlangt werden dürfte an Verhaltensweisen.

Der Diakonieverein spielte in der Lösungsfindung eine wichtige Rolle, denn für das, was wir vorhatten, brauchten wir einen Träger. Von den Kirchen kam zu jener Zeit wenig Gesprächsbereitschaft, doch die Stadt Freiburg war an einer schnellen Besserung der Verhältnisse interessiert und heilfroh, dass jemand das Problem angehen wollte. Sie stellte genug Geld in Aussicht, so dass wir mit deren Vertretern sehr gut verhandeln und Ergebnisse erzielen konnten. Dr. Mehl als Leiter des Sozial- und Jugendamts und der Dezernent Kiefer standen voll hinter dem Plan. Der Vertrag kam dann auch glücklich zustande, gerade weil die Stadt viel Entgegenkommen zeigte und siebzig Prozent der Kostenanteile am Diakonieverein übernahm. Dass da ein Trick angewendet wurde, wussten nur Eingeweihte, denn die bisherigen Standardbetriebskosten der Einrichtung gingen über die fünfzehn Prozent hinaus, welche die evangelische Landeskirche zukünftig übernehmen sollte, bisher jedoch allein beigesteuert hatte. Das heißt, dass die Kirche im Grunde Geld einsparte durch das neue Modell und zwar zulasten der Stadt.

Ein ökumenischer Beraterkreis kam uns zu Hilfe, dem u.a. die beiden Rektoren der pädagogischen Fachhochschulen angehörten. Sie sprangen uns bei, wenn es Schwierigkeiten gab, insbesondere bei Differenzen zwischen den beiden Kirchen. Der Kreis lud dann die Vertreter des katholischen Ordinariats (Verwaltungsapparat der Diözese) und der evangelischen Landeskirche zu einem informellen Gespräch, an dem auch wir als Mitarbeitende des Gemeindezentrums sowie die Pfarrer und andere teilnahmen. Aus diesen Treffen ging dann das Konzept zur Gründung des Diakonievereins und seiner Einrichtungen hervor -und ohne die Mithilfe des Beraterkreises wäre sie wahrscheinlich nie erfolgt. Auch die Aufteilung der Sozialarbeit wurde dort beschlossen, dass nämlich die Erwachsenenarbeit bei der katholischen, die Jugendarbeit bei der evangelischen Seite angesiedelt und dann auch noch das Nachbarschaftswerk als dritte Instanz die Sinti-Betreuung übernehmen sollte und dergleichen mehr. Dazu fanden Konferenzen im Stadtteil statt, z.B. mit Vertretern des Jugendhilfswerks, um zu beraten, wie die Jugendarbeit in Weingarten anzugehen sei.

Ich hatte jedenfalls reichlich zu tun und übernahm dann auch noch die Geschäftsführung des Jugendzentrums, das jedoch nur einen Teil der Gemeindearbeit darstellte. Ich befand mich quasi im Auge des Orkans, denn die Gespräche, Probleme und Beschlüsse jagten einander. Pastor Quinke war in dem Triumvirat der nächste, der die Dinge entscheidend vorantrieb. Der dritte und ruhende Pol in all dem hektischen Treiben bildete Siggi Müller, der Hausmeister, der eigentlich als technisch-pädagogischer Mitarbeiter fungierte; als endlich der Neubau stand und die Betriebsamkeit von den Baracken in das Haus übersiedelte, spielte er von Beginn an die Rolle des Hausvaters. Er strahlte durch seine gutmütige und väterliche Art aus und seine Frau, die ähnlich gestrickt war und viel Empathie zeigte, stand ihm jederzeit bei, obwohl sie eigentlich nur einen spärlich bezahlten Lohn für einige Nebenerwerbsstunden erhielt. Siggi Müller besaß die Gabe, die Konflikte zwischen Betreuenden und Jugendlichen zu entschärfen; ich reagierte eher aufbrausend, wenn mir jemand respektlos gegenübertrat, doch Siggi ging dazwischen und besänftigte beide in unnachahmlicher Weise.

Tatsächlich war Frau Müller als einfache Putzfrau gemeldet und wurde als solche bezahlt, obwohl sie ständig im Haus arbeitete. Die Frage war nämlich stets, wie wir die Leute überhaupt entlohnen konnten, denn die Anzahl der Stellen war eng begrenzt. So wurde der Kirchendiener eingespart, stattdessen der Hausmeister eingestellt. Zudem wurden die einzelnen Stellen noch nicht vom selben Träger, sondern von unterschiedlichen Instanzen finanziert, was dann auch wieder für Diskussionen sorgte, denn die Gehälter unterschieden sich teilweise drastisch voneinander, obwohl alle einen erheblichen Arbeitsaufwand leisten mussten. Das Team war eigentlich der Meinung, dass alle gleich bezahlt werden müssten, aber das ließ sich nicht durchsetzen.

Das Konzept der Dreiteilung, das wir uns am grünen Tisch ausgedacht hatten, funktionierte in der Praxis natürlich nicht, denn die Interessen ließen sich nicht klar in Zuordnungen aufteilen. Die Jugendlichen erzählten uns viel davon, was sie alles machen wollten, und wir dachten, dass sie sich nun auf irgendwelchen Listen in die Interessengruppen eintragen würden. Das taten sie natürlich nicht, denn sie wollten sich nicht irgendwo eingliedem lassen, sondern sich einfach nur treffen und je nach Lust und Laune mal Billard oder Gitarre spielen oder irgendwas anderes bzw. auch gar nichts unternehmen. Erst als die Kinderarbeit begann, konnten wir diese in feste Gruppen einteilen, mit den Kids funktionierte das wunderbar. Da gab es dann auch Musikunterricht, z.B. bei der Schwester des Pastor Quinke. Selbst musikalische Früherziehung mit dem sog. Orff-Instrumentarium (einfache Rhythmus- & Klanggeräte) war damals möglich. Diese aber fand erst im Neubau statt, denn in den Baracken waren die Verhältnisse viel zu beengt gewesen. Wir gaben dann auch bereits 1971, im Jahr der Einweihung, ein erstes gedrucktes Programmheft heraus, handlich gestaltet, worin alle Angebote aufgelistet waren.

In den Baracken hatten sogar eine ganze Zeit lang Gottesdienste stattgefunden, obwohl die Umstände weiß Gott nicht dem Sonntagsstaat der Besuchenden angemessen erschienen. Die Umgebung bestand aus gestampfter Erde, sie war weder asphaltiert noch gepflastert. Eines Tages bekamen wir eine gesalzene Wasserrechnung von der Stadt, in der ein übermäßig hoher Wasserverbrauch ausgewiesen war. Er konnte überhaupt nicht mit den bisherigen Zahlen verglichen werden, doch das Wasserwerk bestätigte die Richtigkeit der Angaben. Weil der Wasserzustrom in den Baracken nur noch spärlich floss, kam ein Verdacht auf: Ich ging der Sache nach und drückte mein Ohr an den Boden, vernahm auch tatsächlich ein Rauschen, wo ich einen Rohrbruch vermutete. Da ich Heizungsbauer gelernt hatte, grub ich die Stelle kurzerhand auf und entdeckte tatsächlich eine defekte Leitung, die ich – gelernt ist gelernt – wieder zusammenflickte. Der Schaden war quasi ambulant behoben, was mir allerdings Ärger einbrachte, denn eigentlich hätte ein Fachbetrieb damit beauftragt werden müssen. Damals packte man eben an, wenn es erforderlich erschien, und sparte sich den Papierkrieg.

Pastor Quinke lebte übrigens in einer Art von „Schizophrenie“, denn einerseits unterstützte er vorbehaltlos die ökumenische Arbeit im Stadtteil, mit der er versuchte, die vielen unterschiedlichen Gruppen zusammenzuhalten; andererseits organisierte er als Vorsitzender der Evangelischen Allianz einen Auftritt des radikalen Erweckungspredigers Billy Graham. Quinke versuchte also, die traditionelle und die moderne evangelische Theologie gleichzeitig zu leben. Übrigens unterschieden sich die Mitgliedszahlen der Kirchen in Freiburg nur um gerade tausend Gläubige, die es auf der katholischen Seite mehr gab.

Das Ursprungskonzept der Ökumene galt für den ganzen Stadtteil Weingarten, derweil sich die Stadt völlig aus der Sozialarbeit heraushielt. Sie funktionierte vor allem deshalb so gut, weil es viele beherzte Menschen gab, welche die Ökumene mittrugen, so auch der katholische Pfarrer Hilbert, die Vertreter der Gemeindeleitung und viele andere mehr. Auf dieser Ebene gab es eigentlich erstaunlich wenig Probleme, dafür umso mehr auf den höheren Ebenen der Landeskirchen, die sich nicht immer grün waren. Ich nahm damals an alien möglichen Sitzungen teil und trat recht forsch dabei auf, weil ich jung und recht unerschrocken war im Umgang mit Autoritäten – damals an sich keine Selbstverständlichkeit, aber für mich und meine Generation schon, indem wir alles, was sich uns gegenüber eine übergeordnete Stellung anmaßen wollte, infrage stellten. Ich habe mich allerhand getraut, worüber ich noch heute überrascht bin, auch weil ich heute mehr um mögliche Folgen weiß als damals. Allerdings bewegte ich viel damit, indem ich versuchte, mich auf die eine oder andere laute Art durchzusetzen. Ob dies heute noch möglich wäre, bezweifle ich.

Ich verabredete als evangelischer Sozialarbeiter z.B. einen Termin beim katholischen Ordinariat und legte dessen Vertreter dabei einen Vertragsentwurf über die Zusammenarbeit der Kirchengemeinden vor – dies alles ohne Absprache, sondern eigenmächtig und ohne irgendwelche Rechtswege und Hierarchien zu berücksichtigen. Der Mensch empfing mich sogar und hörte sich meine Vorschläge an und fand alles recht interessant. Heute würde ich dies, wissend um die Zuständigkeiten und Empfindlichkeiten der Hierarchien, wohl nicht mehr so blauäugig wagen.

Ich krachte natürlich da und dort mit Leuten zusammen, die zwar anders an die Sache, aber ebenso vehement und engagiert herangingen wie ich, z.B. mit Wolfgang Stahlberg. Er legte seine Rolle als Sozialarbeiter und später als Geschäftsführer anders aus, als ich sie ursprünglich angedacht hatte. Natürlich glaubte ich damals, dass alles in meinem Stil weiterlaufen solle. Solche Differenzen sind wohl dem Ungestüm der Jugend geschuldet, da nimmt man Worte und Haltungen ernster als im reifen Alter, wenn die Taten und Leistungen zählen. Wolfgang Stahlberg hat unzweifelhaft viel für den Diakonieverein und den Stadtteil geleistet.

Irgendwann kam auch Christa Leypoldt als Erzieherin dazu, später als Leiterin des Kinderbereichs. Mit den Kindern und Jugendlichen unternahmen wir dann regelmäßig schöne Ausflüge, z.B. nach Frankreich in den Jura, in die Wutach-Schlucht oder an den Hochrhein. Irgendwie war es eine recht wilde Zeit, alles war im Fluss und vieles wurde ausprobiert, was heute nicht mehr möglich wäre. Wir erzielten damals – das darf man eigentlich keinem verraten – sogar Überschüsse, die wir beiseite schafften im Einverständnis mit Dr. Mehl, der ja eigentlich den größten Geldgeber vertrat, der nicht bloß beide Augen zudrückte, sondern die Sache unterstützte. Ich legte zwei Sparbücher an, die tatsächlich auf meinen Namen liefen, und dort brachten wir die Beträge unter, die vom Etat übrig geblieben, also nicht verbraucht worden waren. Dr. Mehl wollte die Zuschüsse nicht zurückverlangen, sie seien ja nun mal bezahlt und man könne sie sinnvoll verwenden, meinte er dazu. Nach einer Weile schaffte ich davon einen VW-Bus fürs Jugi an. Wir waren mindestens zu dritt bei diesem „Komplott“, denn der Kassierer des Diakonievereins, ein prima Kerl übrigens, wusste Bescheid, er musste die Buchungen ja so „verstecken“, dass sie nicht auffielen. Der Mann erledigte die Verwaltung ansonsten völlig korrekt und perfekt, weshalb es wohl auch gelang, die „Ersparnisse“ abzuzweigen, denn gegen den Kassierer hegte niemand je den geringsten Verdacht. Die Sache war ja an sich nicht kriminell, sondern firmierte unter „kreativer Buchführung“. Als ich die Stelle aufkündigte, gab ich natürlich auch die Sparbücher auf. Heute würden solche Vorgänge sofort unter Korruptionsverdacht stehen.

Das Gewaltthema im Umgang mit den Sintis führe ich unter anderem darauf zurück, dass sie sich schon immer als verfolgte Minderheit sahen. Zudem lebten sie nach ihren eigenen Regeln, die mit denen der „Gatschos“, also der Deutschen oder allgemein der Nicht-Sintis, in Konflikt gerieten. Eine Regel lautete: Man darf keine Freunde beklauen, aber man darf grundsätzlich schon stehlen, bloß eben nicht in den eigenen Reihen. Sie konnten einen auch übers Ohr hauen, aber nicht, indem sie jemanden direkt schädigten, sondern auf raffiniertere Weise. Ein Beispiel: Ein Freund von mir brauchte eine Heckklappe mit Fenster für seinen VW-Bulli, also sprach ich einen guten Bekannten unter den Sinti an, von dem ich wusste, dass er als Schrottsammler und Altmetallhändler arbeitete. In diesem Gewerbe waren und sind ja viele der Familien tätig, auch als Hausierer und Möbelsammler. Der Mann meinte, das sei kein Problem. Ich fuhr auf einen Schrottplatz, der als Treffpunkt ausgemacht worden war, und lud die Heckklappe ein, die der Bekannte zuvor von einem bereits dastehenden VW-Bus abgeschraubt hatte. Ich bezahlte zwanzig Mark und die Sache war erledigt. Erst später merkte ich, dass ich gar nicht auf dem Schrottplatz dieses Händlers gewesen war, sondern irgendwo anders, will heißen: Der Mann hatte die Heckklappe eines wildfremden Fahrzeugs gestohlen und dies unter meinen Augen. Aber er blieb mit dieser Aktion innerhalb der in seinen Kreisen üblichen Moralvorstellungen, denn mich als Freund oder guten Bekannten hatte er ja nicht übers Ohr gehauen.

Im Jugi war das schwieriger, weil sich die Beziehungen zu den jugendlichen Besuchenden unverbindlicher gestalteten, jedenfalls nicht mehr so eng wie zu Familien in der Opfinger-Siedlung, die bereits seit Jahren mit mir vertraut gewesen waren. Sintis konnten sich damals auch nur in und mit Hilfe der Gruppe durchsetzen, da sie meist wenig Schulbildung vorweisen konnten, also weder das Wissen noch die Wortgewandtheit mitbrachten, die man in bürgerlichen Kreisen voraussetzt. Es gab viele Schulabbrecher in ihren Reihen, ein Umstand, den die Sinti nicht unbedingt als Nachteil ansahen. Dafür hatten sie viel praktische Erfahrung durch harte körperliche Arbeit, denn nicht wenige mussten bereits im Grundschulalter zum Einkommen beitragen, indem sie den Eltern bei der Arbeit halfen. Dies täuschte aber nicht darüber hinweg, dass sie stets mit einer Art von Minderwertigkeitsgefühl behaftet waren, weshalb sie sich gegenüber den „Gatschos“ aufbliesen und ihre körperliche Kraft und Unerschrockenheit demonstrierten. Sie hielten ja eisern zusammen, dies war eine Art Grundgesetz bei ihnen, auch wenn es den einen oder anderen unverschuldet in Konflikt mit der Polizei brachte. Bei Auseinandersetzungen wurde stets die Frage gestellt: Gehst du mit uns oder stehst du gegen uns? Wer nicht mitging, wer sich nicht an den Kodex hielt, wurde mit Verbannung bestraft, dies regelrecht im Sinne eines mittelalterlichen Strafrechts. Und da eine Verbannung bedeutete, dass das Opfer dann weder in seiner Herkunftsgemeinschaft noch in einer anderen Gruppe, nämlich der Mehrheitsgesellschaft anerkannt und willkommen war, blieb vielen auch gar nichts anderes übrig, als sich dem ungeschriebenen Gesetz zu beugen.

In Subkulturen ist es ja oft so, dass sich Gewalttäter als Opfer darstellen, als Verfolgte und Angegriffene, und sich dann über Benachteiligung beklagen; dass es jedoch ihr eigenes Verhalten ist, nicht in jedem Fall das Vorurteil der anderen, das zur Ablehnung führt, wollen sie nicht wahrhaben. Eine Reflektion darüber fand unter den Sintis eigentlich nie statt, da fehlte vielleicht auch einfach die geistige Bildung. Wir gingen denn auch daran, den Mangel an Bildung zu beheben, indem wir den Kindern und Jugendlichen eine eigene Schule im Auggener Weg einrichteten, in der sie unter sich bleiben konnten. Den Jungs verschafften wir praktische Ausbildungsmöglichkeiten im handwerklichen Bereich, während die Mädchen stärker auf die schulischen Inhalte ansprangen und eigentlich recht gern die Schulbank drückten. Die Einrichtung musste als Sonderschule geführt werden, damit kleine Klassen mit Sonderförderung gebildet werden konnten. Wir hielten sie damals für eine gute Idee, doch wir konnten nicht vorausahnen, dass sie nicht etwa die Integration fördern würde, sondern die weitere Separierung von der übrigen Gesellschaft. Die ganz neu erbaute Schule sorgte teils für Neid, teils für starke Kritik bei der umliegenden Wohnbevölkerung an der Bevorzugung der Sintis und im Ergebnis stellte sich heraus, dass sie sich rasch zu einem Konfliktherd entwickelte. Erst nachdem die Sinti-Kinder in die Adolf-Reichwein-Schule eingegliedert wurden, kam eine allmählich spürbare Eingliederung zustande.

Damals lief noch vieles anders als heute, dies teilweise unter heute nicht mehr vorstellbaren Umständen. So schlossen wir beispielsweise einen Vertrag mit der Brauerei Feierling ab, die uns einen Tresen mit Zapfanlage für den Clubraum im Jugi spendierte; dafür mussten wir dort aber Feierling-Bier ausschenken. Die Sache war höchst umstritten, doch ich habe die Vereinbarung verteidigt. Einige Leute im Ältestenkreis stellten den Alkoholausschank in Frage, aber akzeptiert wurde er dennoch von der Mehrzahl der Leute, die darüber zu entscheiden hatten. Die öffentliche Meinung stellte solche Dinge nicht infrage, so wenig wie das Rauchen. Meiner Ansicht nach war der Bierkonsum im Jugi selbst auch gar nicht das Problem, denn die paar Gläser, die die Leute dort tranken, machten sie nicht betrunken, wenn sie sich nicht schon vorher allerhand hartes Zeug eingeschenkt hatten. Die Krawallmacher kamen ja oft schon angetrunken ins Jugi.

Dazu kam die Problematik, dass die Jugendlichen oft frustriert waren, wenn sie zu uns kamen, weil sie zuhause Stress hatten mit den Eltern. Ich nahm immer wieder Jugendliche bei mir auf, sie durften in meiner Wohnung ein oder zwei Nächte schlafen, bis sich die Lage in der Familie beruhigt hatte. Die Eltern kamen dann an und fragten, wo ihr Sohn sei, und ich teilte ihnen mit, dass er gut untergebracht sei und sie sich keine Sorgen machen müssten. Die Jungs kehrten ja auch bald wieder zurück. Heute würde ich das nicht mehr machen, aber damals war meine Einstellung eine eher naive, muss ich sagen.

Ich war auch recht unbekümmert darin, Leute anzustellen, die nicht so ganz den Vorstellungen der Ältesten in der Kirchengemeinde entsprachen. Das hing dann oft mit dem Lebenslauf zusammen. Die Anstellung von Christa Leypoldt steht hier exemplarisch da, denn sie lebte in für damalige Moralvorstellungen höchst problematischen Umständen. Wäre es danach gegangen, dann wäre Christa nie im Jugi gelandet, doch ich kannte sie von ihrer Arbeit im Nachbarschaftswerk her und wusste, dass sie äußerst geeignet dafür war, im Jugi zu arbeiten. Die Einschätzung hat sich auch voll bewahrheitet und eigentlich mehr als das, denn Christa entwickelte sich zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Jugi. Der Werdegang der Einrichtung und ihre Geltung im Stadtteil ist ohne Christas Einwirken gar nicht vorstellbar.

Ich sprach mich jedenfalls entschieden für sie aus, denn ich fand sie patent und kompetent. Meine Entscheidung wurde auch vom Diakonieverein nie in Zweifel gezogen, auch nicht von Pfarrer Quinke, denn beide waren in dieser Hinsicht progressiv eingestellt. Christa war ein bemerkenswerter Mensch und kümmerte sich wenig um anderer Leute Ansichten; sie brachte z.B. manchmal ihr Kind mit zur Arbeit, was damals höchst ungewöhnlich war, aber es wurde akzeptiert. Daher konnte sie auch sofort einen Kreis von alleinerziehenden Müttern bilden und den Frauen beratend zur Seite stehen, denn sie wusste aus eigener Erfahrung, wie schwer ihre Situation oft zu bewältigen war. Sie trat stets sehr glaubwürdig auf. Zudem erwies sie sich nicht nur charakterlich als herausragend, sondern auch fachlich in ihrer Eigenschaft als Erzieherin und sie hat sich im weiteren Verlauf auch immer weiter darin qualifiziert. Nicht umsonst spielte sie im Jugi schließlich eine unverzichtbare Rolle.

Bevor der zweite Bauabschnitt dazukam, fanden die Partys in der Kirche im Obergeschoss statt. Da immer eine Menge Müll herumlag, drinnen und draußen im Hof, musste bis zum Morgen klar Schiff gemacht werden. Da war auch eine Lüftung eingebaut, die innerhalb einer halben Stunde einen kompletten Luftaustausch bewältige. Dann wurde die massive Trennwand in den Spalt versenkt, dabei musste aufgepasst werden, dass die darin eingelassene Tür geschlossen war, sonst wurde sie aus den Angeln gehoben und stand schließlich allein im Raum. Heute ist da wohl eine Sicherung eingebaut, die das Herabfahren bei offener Tür verhindert. Anfangs trieb übrigens kein Motor die Trennwand an, sondern wir mussten eine Kurbel von Hand drehen. Dass die Räume multifunktional sein sollten, entsprach voll dem Konzept; so wurde eben nach jeder Veranstaltung sauber gemacht und entsprechend dekoriert, will heißen, dass in der Kirche dann auch das Kreuz wieder aufgehängt wurde, das vor der Party abgenommen worden war.

Wichtig und besonders war für mich, dass unheimlich viele Leute mitgemacht haben im Gemeindezentrum, das ja im Jugi untergebracht war. Die mussten auch nicht extra gefragt werden, sondern kamen einfach und beteiligten sich. Sie gingen auch in den Gottesdienst, ob sie nun evangelisch waren oder nicht. Für mich war genau dies Kirche, eben weil sie sich im praktischen Leben verwirklichte. Im Oberkirchenrat fand ich damit volle Unterstützung. Manche im Ältestenrat hielten die Arbeit eher für einen Übergang zum Eigentlichen, was bedeutete, dass die beteiligten Menschen schließlich zur evangelischen Religion bekehrt werden sollten. Meiner Intention entsprach dies jedoch nicht.

Ich selbst bin stark vom CVJM (Christlicher Verein junger Männer, engl: YMCA) geprägt worden und hätte mich wohl auch nie zum Sozialarbeiter entwickelt, wenn ich dort nicht bereits als Jugendlicher tätig gewesen wäre. Den missionarischen Eifer mancher Kirchenvertreter und Theologen trage ich nicht mit, ich vertrete eine eher philosophische Interpretation des Glaubens und des Gottesbildes. Ich ließ daher auch mein Kind nicht taufen, weil ich denke, dass Kinder später selbst entscheiden sollten, ob sie einer Kirche angehören wollen. Ich stieß mit meiner Haltung natürlich auf viel Unverständnis, doch in einer evangelischen Einrichtung war mein Handeln damals möglich – in einer katholischen wäre es undenkbar gewesen. Im Jugi hatte ich damit also keine Probleme, doch in der Gemeindearbeit kollidierten meine Vorstellungen immer mehr mit denen des Pfarrers und des Ältestenrats.

Es kam immer wieder zu Konflikten über pädagogische Inhalte und Vorgehensweisen, die mich schließlich veranlassten, das Haus zu verlassen. Insbesondere die Katholiken verlangten eine stärkere konfessionelle Ausrichtung hin zu einer fast missionarischen Tätigkeit, was den neuen Ideen, die in der Sozialarbeit entwickelt worden waren, grundlegend widersprach; letztere propagierten eine überkonfessionelle, auch niedrigschwellige Arbeit mit Kindern und die aufsuchende Arbeit mit Jugendlichen, bei der die persönliche Bindung im Vordergrund stand, nicht eine Betreuungsstruktur im herkömmlichen Sinn. Schließlich kündigte ich meine Stelle. Meine engsten Freunde damals waren übrigens in der DKP zugange, was vielleicht ein Licht wirft auf die unterschiedlichen Vorstellungen zwischen mir und den Kirchenleuten, die hier kollidierten, insbesondere wo sie sich mit Gemeindearbeit und ihren Zielen beschäftigten.

Es kamen sehr viele Besuchende aus anderen Einrichtungen, auch aus anderen Städten zu uns, um sich unsere Arbeit im Jugi und im Stadtteil anzusehen, denn insbesondere das gut funktionierende ökumenische Modell und die offene Arbeit galten als beispielgebend. Auch vom Südwestfunk erfuhren wir viel Unterstützung. Walter Mossmann (bekannter Freiburger Liedermacher) war damals freier Redakteur beim Südwestfunk und hat einige Reportagen gemacht über unsere Jugendarbeit. Dessen Schwester wohnte damals im Rohrgraben unweit des Jugi als Frau eines „Karriereanwalts“ und war bei uns als ehrenamtliche Mitarbeiterin tätig; sie konnte auch eine ganze Reihe von gut situierten Nachbarn, unter anderem einige Universitätsprofessoren, dazu motivieren, sich ebenfalls bei uns zu engagieren. Im Rohrgraben hatte die VW-Stiftung Wohnhäuser für akademische Nachwuchskräfte errichtet, in denen die Bewohner, wenn sie zu Professoren aufstiegen, auch gern wohnen blieben; sie mussten dann gerade mal zwei Mark zusätzlich pro Quadratmeter an Miete bezahlen. Diese Leute halfen uns, wo sie konnten. Den Vorsitz im Elternbeirat hatte beispielsweise ein Psychologe übernommen, bei dem ich später in Bielefeld studiert habe.

Auch im Ältestenkreis waren einige Akademiker vertreten, die sich einem gesellschaftlichen Anspruch verpflichtet fühlten. Sie vertrugen sich ganz gut mit den gewöhnlichen Leuten, auch wenn die Diskussionskultur eine ganz andere war. Mit der Zeit nahmen die Akademiker jedoch überhand, sie dominierten dann den Ältestenrat.

Wenn ich noch eine Episode erzählen soil, dann fällt mir ein Erlebnis ein, das mir stark in Erinnerung geblieben ist: Einmal hat sich ein betrunkener Jugendlicher sehr respektlos mir gegenüber benommen, hat auch randaliert und ließ sich nicht von Worten beeindrucken. Da habe ich ihm, aus einem Reflex heraus und weil er mich grob beleidigte, eine gescheuert und ihn die Treppe hinuntergeschmissen. Das war natürlich falsch, aber es passierte eben. Seine Gruppe wollte dann auf mich losgehen, was zum Glück verhindert werden konnte. Später haben wir die Situation in einem Gespräch geklärt. Einmal hat auch ein Jugendlicher unter dem Tresen durchgegriffen, mit der Hand mein Hemd gepackt und es zerrissen. Es gab immer mal wieder Übergriffe von Seiten der Jugendlichen, vor allem wenn sie angetrunken waren. Viele hatten eine kurze Lunte und waren schnell mit der Faust zugange.

Was mir auch in Erinnerung blieb: Vor dem Eingang lag am Sonntagmorgen oft ein Obdachloser, immer derselbe, der dort übernachtete; die Müllers kümmerten sich ein wenig um ihn, aber sie konnten ihn nicht dazu bringen, seine Situation zu verändern. Man kann eben nicht jeden retten, insbesondere dann nicht, wenn er gar nicht gerettet werden will.

Aufgefangen wurden die schwierigen Umstände von einem guten Team im Jugi und im Diakonieverein. Ich habe dort sehr viel Herzblut gelassen, mich auch sehr verausgabt. Sicher war dies ein Umstand, dass ich ziemlich bald die Stelle aufgab. Aber die Erfahrung hat mich sehr geprägt und sie hat mich jetzt, da ich mich mit der Sichtung von Unterlagen auf das Interview vorbereitete, auch wieder stark beschäftigt, was eigentlich ungewöhnlich ist, denn im Jugi selbst war ich nur zwei Jahre tätig. Die Zeit war eben sehr intensiv und sicherlich bestimmend für meinen weiteren Lebensweg, der mich räumlich weit weg von Weingarten führte. Aber geistig und mit dem Herzen bin ich dem Stadtteil und seinen Menschen noch immer sehr nahe und wenn das „Jugiläum:50“ endlich gefeiert werden kann (wegen Corona musste es verschoben werden), werde ich bestimmt dabei sein.

Mein Leitmotiv? Mein optimistischer Glaube an den Menschen. Als Symbol dafür steht für mich der Olivenbaum mit dem Ölzweig, das Zeichen des Friedens. Unter seinem Sinnbild spielte und spielt sich mein Leben ab.

Wolfgang Stahlberg (Jahrgang 1944)

Mitarbeiter in der Zeit von 1971-1974 & 1986-2009

Aufgenommen am 18.07.2020

Nach Abschluss der Lehre als Maschinenschlosser ging ich für zwei Jahre zur Bundeswehr. Danach absolvierte ich zuerst eine Ausbildung zum Sozialarbeiter, nachfolgend in den 1980er Jahren ein Studium bis zum Abschluss Diplompädagoge. Ich arbeitete vom 1.4.1971 bis zum 30.6.1974 im Jugi, zunächst als Sozialarbeiter, später als Geschäftsführer. Es war meine erste Arbeitsstelle als Sozialarbeiter. Ich bin nach dieser Zeit aus Freiburg weggezogen. Im Januar 1986 kam ich wieder nach Weingarten zurück als Sozialarbeiter der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde (DBG) und Geschäftsführers des Diakonievereins der DBG, heute Diakonieverein Südwest.

Ich gehöre zu den sogenannten 68em, also jener Generation, die in der Zeit um 1968 herum und in den damit verbundenen gesellschaftlichen Umwälzungen, die damals ihren Anfang nahmen, studierten oder anderweitig in Ausbildung waren. Die Veränderungen wirkten auch in die Kirchenstrukturen hinein, in denen ich großgeworden war. Herr Quinke war zu dieser Zeit evangelischer Pfarrer in Weingarten, dem damals neu entstehenden Stadtteil, zuständig für die 1966 gegründete Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde. Er erkannte, dass diese neue Gemeinde ein anderes Modell der Leitung bedurfte: das sog. Gruppenamt. Dieses sollte eine gleichberechtigte Leitung in der Gemeindearbeit im Stadtteil gewährleisten, bestehend aus Seelsorge, Nachbarschafts- & Sozialarbeit. Das Gruppenamt setzte sich aus dem Ältestenkreis der Kirchengemeinde, dem Pfarrer, den pädagogisch - technischen Mitarbeiterinnen und einem Sozialarbeiter zusammen. Der pädagogisch-technische Mitarbeiter jener Zeit war Siegfried „Siggi“ Müller, eine im Stadtteil legendäre Persönlichkeit, die viel zu früh in den 1990er Jahren verstarb. Leider wurde diese Stelle nach seinem Weggang gestrichen und je eine Stelle für einen Hausmeister im Jugi und einen Kirchendiener im DBG-Haus geschaffen.

Mit Siggi war ich bereits in der evangelischen Jugendarbeit in Waldshut-Tiengen tätig gewesen, wo ich aufwachsen bin. Im Herbst 1970 sprach mich Siggi an, ob ich nicht ins Jugi kommen wolle. Da mein Berufswunsch die Jugendarbeit war, ergriff ich diese Gelegenheit.

Dazu kam, dass sich die Sozialarbeit inzwischen gründlich gewandelt hatte und auch weiter veränderte. Es flossen mittlerweile viele wissenschaftliche Erkenntnisse ein. Auch die Jugendarbeit wurde als eigenes Sozialisationsfeld definiert. Bahnbrechenden Einfluss übte dabei auch das Buch aus: „Was ist Jugendarbeit? - 4 Versuche zu einer Theorie“ von C. Wolfgang Müller u.a., erschienen im Jahr 1965. Jugendliche, die sich der strukturierten Freizeitgestaltung in Vereinen und Kirchen entzogen, waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht als Thema in der Jugendarbeit aufgetaucht. In ihrer neuen Ausrichtung beschäftigte sie sich vor allem mit der proletarischen Bevölkerung, also konkret mit Lehrlingen, jungen Hilfsarbeitern und Jugendlichen ohne Schul- oder Berufsabschluss.

Der Sozialarbeiter Rüdiger Beinroth war damals Mitglied im Gruppenamt und trieb zusammen mit Siggi Müller und Pfarrer Quinke die Gemeinwesenarbeit entscheidend voran. Deren Arbeit hat mich ebenfalls stark beeinflusst und beeindruckt. Zudem war mir der Glaubensspruch, von Dietrich Bonhoeffer formuliert, ein nachhaltiger Antrieb, dass „Kirche nur sein könne, wenn sie für die Welt da Ist“. Die ökumenische Gestaltung der Gemeindearbeit bildete ebenfalls einen wichtigen Aspekt, sie stellte einen sehr belebenden Ansatz dar, da sich die Kirchen und ihre Mitglieder bis dahin noch immer ablehnend, wenn nicht gar feindlich gegenübergestanden hatten. Als Mischehen wurden damals nicht Eheleute verschiedener Herkunft oder Hautfarbe bezeichnet, sondern wenn sie unterschiedlichen christlichen Konfessionen angehörten.

Als ich die Stelle antrat, war der erste Bauabschnitt, der südliche Flügel (heute der hintere Teil mit Kirche, Aula, Jugendclub etc.) fertiggestellt und bezogen. Die Betreuung hatte bis dahin in zwei Baracken stattgefunden, wo auch die klassische Gemeindearbeit sowie die Gottesdienste untergebracht waren. Die tägliche Arbeit mit den Jugendlichen war damals noch von deren ständiger Gewaltbereitschaft und Aggressivität geprägt, insbesondere von Angehörigen der Sinti ausgehend – ein Thema, das sich als roter Faden durch die folgenden Jahrzehnte hinzog .So musste dann auch bald, obwohl dies unter uns Mitabeitenden im Jugi als verpönt galt, die Polizei zu Hilfe gerufen werden. Dies geschah in meiner Zeit jedoch nur zwei oder drei Mal.

Den gewaltbereiten Jugendlichen standen die friedfertigen gegenüber. Deren Bedarf an Ansprache, pädagogischer Begleitung und Mitwirkung in der Gestaltung der Freizeitaktivitäten überstieg schnell die Möglichkeiten des Jugi und forderte die Mitarbeitenden heraus. Es kam später sogar zu Ehen zwischen diesen Jugendlichen. Besonders erwähnen möchte ich zwei häufige Besuchende, die sich im Jugi kennen und lieben gelernt hatten. Die Ehe besteht noch immer und eine Tochter arbeitet sogar im Kinderhaus. Ich habe heute noch Kontakt zu ihnen. Die Arbeit mit diesen Jugendlichen machte mir natürlich viel Spaß, was auch für die damals noch ungewohnte ökumenische Zusammenarbeit galt.

Der große Bedarf verhinderte, dass als zweiter Bauabschnitt eine Kirche errichtet wurde. Stattdessen wurde das Gemeindezentrum auf Wunsch der Stadt Freiburg und mittels finanzieller Unterstützung um den Nordflügel erweitert, so dass das Gebäude die heute noch aktuelle Gestalt annahm. Im Team und auch zusammen mit Jugendlichen haben wir diese Erweiterung geplant und begleitet. Ich habe noch das Richtfest erlebt. Kurz danach verließ ich das Jugi, da ich die Arbeit physisch und psychisch nicht mehr durchstehen konnte. Die ständige Gewaltbereitschaft in den nie nachlassenden Konflikten zwischen den Jugendlichen der Sinti-Siedlung und der neuen Wohngebiete, die sich auch gegen das Jugi-Personal richtete, war für mich nicht mehr tragbar.

Ich war immer sehr froh, wenn wir die diversen Disko-Tanzabende, gerade an Fasnacht, ohne schlimmere Vorfälle überstanden hatten; mit Schlägereien und Üblerem war stets zu rechnen. Der Alkohol, der damals im Jugi noch ausgeschenkt oder oft auch schon vorher konsumiert wurde, trug ein erhebliches Maß dazu bei. Die eigentlich naheliegende Idee, den Ausschank zu unterbinden, war damals nicht umzusetzen. Kurzum: Die Arbeit im Jugi glich, vor allem in der Offenen Türe für Jugendliche, einem Tanz auf dem Vulkan, nicht nur wegen der Jugendlichen, sondern weil sich im auch als Gemeindezentrum genutzten Gebäude oft die Wege aller Altersklassen und Bevölkerungen des Stadtteils kreuzten. Das Raum- und Betreuungsangebot war oft überlastet, die Anforderungen gingen über jedes Maß hinaus und musste unter einen Hut gebracht werden, von der Hausaufgabenbetreuung bis zu den Veranstaltungen für die Erwachsenen. Dazu kamen noch Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen, festliche Anlässe in großer Zahl und immer auch die Abstimmung mit alien Beteiligten im Gruppenamt und anderen Gremien.

Im Keller wurde später eine Diskothek mit einer Beschallungsanlage eingebaut, was die Gruppen von Besuchenden voneinander trennte und Konflikte entschärfte, denn oft fühlten sich die Jugendlichen von den Erwachsenen beobachtet oder schief angesehen.

Die Arbeit war also gleichermaßen vielfältig wie überbordend, sie beanspruchte die Mitarbeitenden eigentlich in unschöner Regelmäßigkeit über ihre Kräfte hinaus, so dass von Beginn an eine große Fluktuation herrschte – derweil einige bestimmende Persönlichkeiten dennoch über Jahrzehnte bei der Stange blieben und die Entwicklung prägten. Auch ich kam schließlich nach zwölf Jahren zurück, wenn auch nicht mehr direkt ins Jugi, sondern in die Gemeindearbeit und dann auch in ein Umfeld, das sich allmählich zum Besseren, weil Friedlicheren gewandelt hatte – wobei der Sozialarbeit mit alien ihren Tätigkeitsfeldern ein wesentlicher Anteil daran zuzumessen ist.

Als ich 1986 zurückkehrte, als Sozialarbeiter der DBG und Geschäftsführer des Diakonievereins, waren im Verein etwa zehn bis zwölf hauptamtliche Mitarbeitende beschäftigt, verteilt auf zwei Einrichtungen. Neben dem Jugi war auch die mobile Jugendarbeit Weingarten-Ost entstanden, welche damals noch als Jugendanlaufstelle firmierte. Als ich nach mehr als 24 Jahren am 31. Dezember 2009 meine berufliche Laufbahn beendete, umfasste das Netzwerk der sozialen Institutionen des Diakonievereins fünf Einrichtungen mit über achtzig Mitarbeitenden. Ich erwähne dies, weil diese Entwicklung bemerkenswert ist: Mich hat dabei vor allem der Umstand befriedigt, dass die Sozialarbeit im Stadtteil nicht „den Dietenbach hinunter“ ging, wie zeitweise stark zu befürchten war, sondern sich im Gegenteil als ein das Gemeinwesen ungemein konsolidierendes und befriedendes Element erwies.

1971, also zu Beginn meiner Tätigkeit glaubte ich – enthusiastisch und selbstbewusst, wie ich aus dem Studium herauskam - ich hätte das pädagogische Handwerk perfekt gelernt und wüsste genau, wie die Jugendlichen anzupacken seien. Ich glaubte auch, mit Verständnis komme man weiter als mit Konsequenz, was sich bald als Irrtum herausstellte; als ich z.B. ein Hausverbot, ausgesprochen von einem Kollegen, wieder aufhob, weil ich der Meinung war, dass harte Maßnahmen nicht angebracht seien, führte dies sofort zu neuer Gewalttätigkeit derer, die gerade deshalb ausgeschlossen worden waren. Überhaupt war die latente und jederzeit ausbrechende Gewaltbereitschaft ein Merkmal jener schwierigen Anfangszeit im Jugi, oft von den Sintis provoziert, aber auch von anderen Jugendlichen ausgeübt, insbesondere wenn Alkohol im Spiel war. Aufgefangen wurde ich von einem sehr guten Zusammenhalt des Mitarbeitendenteams, worin jeder für jeden einstand; dies half uns im Umgang mit den zahlreichen Vorkommnissen wesentlich. Auch das Bild, das wir von der Polizei hatten, wandelte sich von einem eher zeit- und generationstypischen Misstrauen zu einem echten Vertrauensverhältnis, weil die Polizisten nicht mehr als Staatsautorität auftraten, sondern als Partner eines gemeinsamen Bemühens, den Alltag im Jugi friedlich zu gestalten.

Die Verhaltensweisen der Sinti-Jugendlichen leiteten sich auch aus den unwürdigen Lebensverhältnissen ab. Sie hausten damals zum Teil noch in einer Barackensiedlung beim Mundenhof ohne fließendes Wasser, in katastrophal hygienischen Verhältnissen, wo es vor Ratten nur so wimmelte. Die Leute protestierten immer wieder dagegen. Der damalige Leiter des Jugend- und Sozialamt, Dr. Mehl, ergriff dann zusammen mit dem Sozialbürgermeister Kiefer die Initiative, um im Auggener Weg neue Wohnhäuser zu errichten, doch der Umzug der Sinti nach Weingarten führte wiederum zu einigen Auseinandersetzungen mit den bereits ansässigen Bewohnern.

Ich habe keine Antwort darauf, warum sich die Gewaltbereitschaft und Aggressivität in den Sinti-Familie über mehrere Generationen fast unvermindert erhalten hat. Ich kann nur spekulieren, dass ihr Status als benachteiligte Bevölkerungsgruppe, die prekären Wohnverhältnisse und die Veränderungen, denen sie sich ausgesetzt fühlten, für erheblichen Druck sorgten. Auch die Geschichte – der Genozid - spielte noch eine erhebliche Rolle. Die Familien selbst lehnten oft einen Wandel ab, indem sie z.B. die Kinder nicht auf andere Schulen schicken wollten als auf jene, in der einige Jahre lang alle Sinti-Kinder zusammengefasst unterrichtet wurden.

Im Jugi war die Situation oft schwierig, weil die Sinti, wenn sie ob ihres nicht hinnehmbaren Verhaltens in die Schranken gewiesen wurden, die Mitarbeitenden sofort als „Nazis“ und „Faschisten“ beschimpften. Andere Jugendliche hingegen empfanden die Sintis als bevorzugte Gruppe, weil die Stadt extra eine eigene Siedlung für sie erbaut hatte. Doch wer diese Wohnadresse nannte, bekam nur sehr schwer eine Lehrstelle, weil die Straße als „Zigi-Ghetto“ verschrien war. Drogenkonsum nahm neben dem Alkoholmissbrauch in den 1970er-Jahren auch in den Sinti-Familien erheblich zu, was ein ernstes Problem darstellte - wobei ich mich allerdings auch an eine eher amüsante Episode in diesem Zusammenhang erinnere: Auf einem Jugi-Fest trat eine Sinti-Band auf, die in der Pause irgendein „Zeugs“ einwarf und dann plötzlich dreimal so flott aufspielte...

Ich wurde auch, als ich noch im Jugi arbeitete, einmal von Jugendlichen abends mitten in der Stadt mit Fäusten traktiert, bloß weil ich sie zuvor im Jugi zurechtgewiesen hatte. Allerdings bleibt auch hier zu erwähnen, dass sie sich bei mir entschuldigten und dass sich ausgerechnet diese Jungs später sehr gut entwickelt, alle einen Berufsabschluss sowie eine feste Anstellung erlangt und sich solide im bürgerlichen Leben eingerichtet haben.

Meine Haltung ist bis heute sehr ambivalent geblieben: Einerseits kann ich ein gewisses Verständnis aufbringen, andererseits war ich froh, mit dem Thema nicht mehr konfrontiert zu sein, weil es sich für mich als Fass ohne Boden darstellte. Als ich 1986 zurückkam, hatte sich die Situation jedoch schon erheblich beruhigt, die Arbeit des Diakonievereins hatte Früchte getragen. Auch die Haltung der Polizei hatte sich verändert, sie ging mit den Leuten sensibler um als früher. Einmal hatte sie z.B. eine Razzia ausgerechnet am Tag der Ausschwitz-Befreiung durchgeführt, was für viel Unmut in der Sinti-Gemeinde sorgte, dem jedoch die Polizei mit völligem Unverständnis begegnete. Die Spannungen zwischen den Jugendlichen nahm übrigens etwas ab, nachdem sie zeitweise voneinander getrennt worden waren: Die Betreuung der Sintis wurde vom Nachbarschaftswerk übernommen, so dass sie in der Zeit der Offenen Tür und an bestimmten Tagen nicht mehr den anderen begegneten.

Während meiner ersten Zeit im Jugi war der Ablauf im Gemeindezentrum die Woche über eng getaktet, auch am Wochenende fanden neben den sonntäglichen Gottesdiensten oft Veranstaltungen statt. Montag blieb das Haus geschlossen, doch ab Dienstag war reger Betrieb, was für unser Team bedeutete, dass die Arbeitswoche mit der üblichen Dienstbesprechung begann und sich danach um 14 Uhr mit der pädagogischen Arbeit fortsetzte, zuerst im Schularbeitskreis bei der Hausaufgaben- und Lernhilfe. Um 16 Uhr folgte die Offene Tür für die Kinder, in der sie also ohne vorige Anmeldung ins Jugi kommen und sich beschäftigen konnten, was ebenfalls zwei Stunden lang andauerte. Danach musste umgebaut werden, denn um 19 Uhr begann die Offene Tür für Jugendliche, die um 22 Uhr schloss. Aus dem Haus gingen wir dann oft eine, mal zwei Stunden später nach dem Aufräumen und der Nachbesprechung des Tages. Ich arbeitete in diesem Rhythmus in einer Vier-Tage-Woche, die mich voll in Anspruch nahm; private Unternehmungen fanden kaum mehr Platz. Dazu kamen Einsätze am Wochenende in der Disko, bei Sonderveranstaltungen, Festen und Sitzungen. Diese Belastung, zusammen mit den häufig zu schlichtenden Gewaltexzessen, die mit Fäusten und Stichwaffen ausgetragen wurden, sorgten mit der Zeit bei mir für eine immer tiefer reichende Erschöpfung von Seele und Körper.

Damals gehörten Christa Leypoldt, Siggi Müller und dessen Ehefrau zum Leitungsteam des Jugi. Siggi Müller nahm dabei nicht nur die Rolle eines Hausmeisters ein, sondern übte auch pädagogische Funktionen aus. Er erfüllte überhaupt eine herausragende Rolle gerade im Umgang mit den Jugendlichen, die ihn als Autoritätsperson respektierten. 1971 wechselte Frau Leypoldt vom Nachbarschaftswerk ins Jugi, was für das Haus ein großer Glücksfall und Gewinn war. Sie übte dann auch über bald vier Jahrzehnte ihre Tätigkeit aus, zuerst als Leiterin des Kinderbereichs, später als Jugi-Leiterin. Ebenfalls zu nennen ist Rüdiger Beinroth, der eine wichtige Rolle in jener turbulenten Anfangsphase spielte; nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen anderen Mitarbeitenden. Zwischen Pfarrer und Sozialarbeitenden kam es allerdings immer wieder zu Konflikten über pädagogische Inhalte und Vorgehensweisen, die schließlich Rüdiger Beinroth veranlassten, die Gemeinde zu verlassen.

Samstagabend fanden regelmäßig im großen Raum des Obergeschosses die gut besuchten Beat-Partys statt, auf denen es oft hoch herging. Die nichtkommerziellen Möglichkeiten, sich zu treffen, zu tanzen und miteinander anzubandeln waren damals dünn gesät. Diskothekenbesuch war für Jugendliche aus den sozial benachteiligten Schichten häufig nicht erschwinglich. Nach Ende der Party, noch in derselben Nacht, mussten wir dann die Räumlichkeiten säubern und umbauen, denn am nächsten Morgen um zehn Uhr fand hier der sonntägliche Gemeinde-Gottesdienst statt. Diese hektische Betriebsamkeit empfand ich jedoch nie als Belastung, sondern stellte für mich die Erfüllung eines kirchlich-seelsorgerischen Anspruchs in diesem Wohngebiet dar, das ja in der Stadt als sozialer Brennpunkt galt. Ein Beispiel dafür: Bis in die 90er Jahre verkehrte nur eine Buslinie zwischen Weingarten und dem Stadtzentrum, sie wurde vom Volksmund „Ghetto-Express“ getauft.

Wichtig war mir, das die katholische Jugendarbeit der St. Andreas-Gemeinde in die Arbeit des Jugi eingebunden war, dies durch einen eigenen Raum im Neubau, den sie nutzen konnte. Die evangelische Jugendarbeit belegte den Nachbarraum. Leider entschied sich die St. Andreas-Gemeinde dann, ein eigenes Jugendheim zu errichten. Doch beide konfessionellen Jugendgruppen beteiligten sich an dem alljährlichen Sommerfest des Jugi. Dies fand auch einmal während meiner Zeit auf dem Gelände der Sankt-Andreas-Gemeinde statt.

Die Sozialarbeit sollte die jungen Menschen dort abholen, wo sie in ihrer Entwicklung und in ihrem Selbstverständnis standen und wo sie sich (auch räumlich) trafen; diese aufsuchende Arbeit sollte dann im persönlichen Kontakt darauf hinwirken, dass die Jugendlichen eigene Gestaltungsmöglichkeiten entdeckten und verwirklichten, wobei das Jugi sich als Raum dafür anbot. In diese Richtung hat Rüdiger Beinroth sehr viel Pionierarbeit geleistet, gerade auch in der Gemeinwesenarbeit, die ich dann, da dieses Konzept schon von ihm eingeführt worden war, fortsetzen durfte.

Mir persönlich war in meiner Arbeit wichtig, dass Kirche sich aufmacht, um nicht bloß Kirche und Gottesdienstraum zu sein, sondern sich im Alltag als gestaltende Kraft erweist, dies im Sinne des Leitspruchs des Diakonievereins Südwest: „Stark sein, um andere stark zu machen.“ Unser ganzes Team war damals von dieser Botschaft beseelt und das Jugi ist es bis heute, sonst hätte es nicht die fünfzig Jahre überstanden, die es nun feiern darf.

Jedoch waren die Bestrebungen der evangelischen Kirche auf Dekanats- und Landeskirchenebene, das Modell des Diakonievereins und damit auch das ökumenische Miteinander zu beenden, leider oft unübersehbar. Sie hätte die Einrichtungen am liebsten dem Diakonischen Werk übergeben, um eine stärkere Anbindung an die evangelische Sozialarbeit zu gewährleisten; dies mit der Begründung, das Diakonische Werk sei eigentlich für diesen Bereich zuständig. Noch kurz vor meinem Ausscheiden aus dem Berufsleben versuchte ich, solche Bestrebungen abzuwehren, die immer wieder von einzelnen Personen in der Kirchenhierarchie ausgingen. Für mich war diese Kritik aus den Reihen der Kirche besonders schmerzhaft, da ich der evangelischen Jugendarbeit entstammte und von ihr entscheidend geprägt worden war.

Dass ich 1986 zurückkommen würde, nachdem ich einige Jahre in Karlsruhe in der Jugendarbeit tätig gewesen war, hätte ich selbst nie erwartet. Ich folgte dem Wink eines Oberkirchenrats und landete in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde und seinem Diakonieverein, nun jedoch nicht mehr in der Jugendarbeit, denn ich fühlte mich, in der Mitte des Lebens stehend, zu entfernt von der Lebens- und Gedankenwelt der Heranwachsenden. Dennoch war ich in der Gemeindearbeit mit ihren Anliegen und Problemen befasst und half, die Mobile Jugendarbeit in Weingarten-Ost aufzubauen. Danach erweiterte sich das Aufgabenfeld des Diakonievereins auf das Kinderhaus und weitere Einrichtungen. Ich empfand diese Herausforderungen als sehr erfüllend, sie waren genau das, was ich gesucht hatte.

Wir hatten das Glück, dass im Vorstand des Diakonievereins Menschen tätig waren, die sehr viel vom „sozialen Geschäft“ verstanden, so z.B. der vor kurzem verstorbene Professor Walter, dem damaligen Rektor der Evangelischen Hochschule. Für mich war in der Arbeit beim Diakonieverein das „magische Dreieck“ wichtig: Klienten, Mitarbeitende und Finanzen. Von den Reinigungskräften über die Buchhaltung bis zum pädagogischen Fachpersonal sollte ein gutes Team möglichst eng Zusammenarbeiten, um in diesem schwierigen Umfeld zu bestehen Der Etat stieg auch jedes Jahr bis in die zweite Hälfte der 90er-Jahre hinein, als ein großer Einschnitt vollzogen und das Sozialbudget der Stadt Freiburg erheblich gekürzt wurde.

Blitzlichtartig fällt mir noch ein, dass sich die Schwerpunkte der Arbeit im Jugi stets nach den Interessen, Fähigkeiten und Vorlieben der Mitarbeitenden ausrichtete, weil sie dann in diesen Bereichen eine besondere Leidenschaft entwickelten, welche sich auf die Kinder und Jugendlichen übertrug. So gab es einen Sozialarbeiter, ein sehr begeisterter und fähiger Bergsteiger, der die Jugendlichen dazu brachte, mit ihm einige Steilwände der Region zu erklimmen. Die Eigeninitiative der Mitarbeitenden war stets ein bedeutender und entscheidender Faktor, indem sie bestimmte Themen aus sich heraus entwickelten und einbrachten, vom Kanufahren bis zur Heilpädagogik.

Wichtig war mir die Zusammenarbeit mit der katholischen Seite, die vertraglich abgesichert für das gemeinsame Wirken Verantwortung trug. Was politische Auseinandersetzungen betraf, so gab es in meiner Zeit nur einmal Streit zwischen Vorstand und Mitarbeiterinnen nach der Tschernobyl-Katastrophe, weil hier politische Aussagen nicht gern gesehen wurden. Auch mit Pfarrer Quinke führte ich immer wieder heftige inhaltliche Diskussionen, dennoch stand er stets zum Diakonieverein und zum Jugi, zu dessen Arbeit und zur ökumenischen Struktur. Nach 50 Jahren stelle ich fest, bei alien Diskussionen, Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten, bei alien Höhen und Tiefen: dass das Jugi ein fester Bestandteil in der sozialen Infrastruktur im Stadtteil Weingarten geworden ist, dass auch der Diakonieverein Südwest stetig gewachsen ist und neue Aufgaben und Einrichtungen übernommen hat. Er hat diesen Kurs auch gegen viele Kritiken und Übernahmeversuche, besonders aus kircheninternen Kreisen, verteidigt und Widerstände überwunden. Er ist zu einer Größe geworden, die aus dem Stadtteil Weingarten und jetzt auch aus Haslach nicht mehr wegzudenken ist.

Am Schluss bleibt zu erwähnen, dass es mir viel Spaß gemacht hat, als Sozialarbeiter zu wirken, es war erfüllend und ich habe keine Minute bereut. Bis zu meiner Verrentung im Jahre 2010 war ich mit Engagement und Begeisterung dabei – danach jedoch vermied ich jegliche Berührung mit diesem Bereich. Ich habe mich mit meiner Frau auf anderen Aufgaben ausgerichtet. Im Jahr 2015 zogen wir nach Nürnberg, um unsere Enkelkinder beim Aufwachsen zu erleben und zu begleiten. Meine Teilnahme beim Abschiedsfest für Akki Müller war für mich ein sehr freudiges Erlebnis, weil ich viele alte Weggefährten und Weggefährtinnen wieder getroffen habe und erfuhr, wie sehr wir einander, selbst nach mancherlei hart geführten Auseinandersetzungen, noch immer verbunden sind.

Ich habe meine Zeit nicht verschwendet – mit diesem Fazit bin ich sehr zufrieden.

Anita & Gerd Hatterscheidt (Jahrgang 1955 & 53)

Besuchende & freiwillig Helfende von ça 1968-1973.

Aufgenommen am 07.09.2020